1. Auf den Sicherstellungszuschlag nach § 134a Abs. 1b SGB V sind Haftpflichtkostenausgleichszahlungen von Belegkliniken nach den für das zweite Halbjahr 2015 geltenden normenvertraglichen Bestimmungen nicht anzurechnen.
2. Es besteht keine Befugnis des GKV-Spitzenverbands, den Sicherstellungszuschlag durch Verwaltungsakt festzusetzen.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 13. Juni 2019 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 1.170,70 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung weiterer 1.170,70 EUR als Haftpflichtkosten-Sicherstellungszuschlag gemäß § 134a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) für das zweite Halbjahr 2015 hat.
Die Klägerin war im streitigen Zeitraum freiberuflich als Hebamme und zugleich als Beleghebamme im Krankenhaus der S Kliniken in S tätig. Sie ist Mitglied des Hebammenverbandes S1 e.V. In dieser Eigenschaft war sie ab 1. Juli 2015 im Rahmen einer Gruppen-Haftpflichtversicherung des Deutschen Hebammenverbandes e.V. in der Versicherungsform „freiberufliche Hebammen mit Geburtshilfe (außerklinische Geburten, Beleghebammen, Geburten im HgE)“ gegen Haftungsrisiken für Personen-, Sach-, Umwelt- und Vermögensschäden haftpflichtversichert. Der Deutsche Hebammenverband e.V. stellte ihr im Rahmen dieser Versicherung mit Rechnungsdatum vom 1. Juli 2015 als Versicherungsprämie für den Zeitraum 1. Juli bis 31. Dezember 2015 einen Betrag von 3.137,16 EUR in Rechnung, den die Klägerin am 14. Juli 2015 zahlte.
Mit Schreiben vom 15. Juli 2015 berechnete die Klägerin den S Kliniken einen nach dem Belegvertrag von der Klinik zu zahlenden Anteil der Klinik an den Haftpflichtkosten in Höhe von 1.337,94 EUR, mit dem sie bereits am 14. Juli 2015 das Konto der Klinik belastet hatte. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 7 der Verwaltungsakte Bezug genommen.
Mit dem am 17. Februar 2016 eingegangenen Schreiben vom 15. Februar 2016 beantragte die Klägerin beim Beklagten, dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen (§ 217a SGB V), die Festsetzung und Auszahlung des Haftpflichtkosten-Sicherstellungszuschlages gemäß Anlage 1.4 zum Vertrag nach § 134a SGB V für den Zeitraum vom 1. Juli 2015 bis 31. Dezember 2015.
Mit Bescheid vom 13. Mai 2016 setzte der Beklagte den Sicherstellungszuschlag für den Zeitraum vom 1. Juli 2015 bis zum 31. Dezember 2015 in Höhe von 1.031,11 EUR fest. Zur Begründung führte er insbesondere aus, der Berechnung sei eine bereinigte Versicherungsprämie in Höhe von 1.799,22 EUR zu Grunde zu legen. Dabei sei von dem Gesamtbetrag in Höhe von 3.137,16 EUR der Zuschuss des Klinikträgers in Höhe von 1.337,94 EUR abzuziehen. Nach Maßgabe von § 2 Abs. 4 und 4a der Anlage 1.4 zum Vertrag nach § 134a SGB V ergebe sich ein Auszahlungsbetrag in Höhe des bewilligten Betrags. Der Bescheid sei vorläufig und ergehe unter dem Vorbehalt des Widerrufs, da gegen den Beschluss der Schiedsstelle nach § 134a Abs. 4 SGB V vom 24./25. September 2015 Klagen vor dem Sozialgericht Berlin erhoben worden seien. Die Klage des Deutschen Hebammenverbandes e. V. (zum Az.: S 211 KR 4186/15) gegen den Schiedsspruch insgesamt und damit auch gegen die Regelungen zum Sicherstellungszuschlag ist nach wie vor anhängig und ruht zurzeit.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch und wandte sich gegen die Berücksichtigung der Zahlung der Klinik.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juli 2016 wies der Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Im Rahmen der Festsetzung des der Klägerin zustehenden Sicherstellungszuschlags seien Zahlungen Dritter auf die Berufshaftpflichtversicherung der Klägerin in Abzug zu bringen. In § 134a Abs. 1b Satz 1 SGB V sei geregelt, dass Hebammen den Sicherstellungszuschlag erhielten, wenn ihre wirtschaftlichen Interessen anderenfalls nicht ausreichend berücksichtigt würden. Der Gesetzgeber habe bei der Einführung des Sicherstellungszuschlags ausgeführt, dass der Zuschlag dazu diene, Hebammen, die wegen geringer Geburtenzahlen und hoher Haftpflichtprämien ansonsten finanziell überfordert wären, dauerhaft zu entlasten und damit auch in Zukunft eine flächendeckende Versorgung mit Geburtshilfe einschließlich der freien Wahl des Geburtsorts zu gewährleisten. Die Hebamme habe dabei zu gewährleisten, dass sie ihrerseits zur Reduzierung der Haftpflichtprämien beitrage, um unnötige Kosten für die Solidargemeinschaft zu vermeiden. Aus dieser gesetzlichen Intention und der darin enthaltenen Verpflichtung der Hebamme zur Wirtschaftlichkeit folge, dass die gesetzliche Krankenversicherung nur die auch tatsächlich entstandenen und bei der Hebamme verbleibenden Kosten für die Berufshaftpflichtversicherung ausgleichen müsse und dürfe. Dieses Ergebnis decke sich auch mit dem allgemeinen sozialversicherungsrechtlichen Wirtschaftlichkeitsgebot, welches für die Beziehung der Krankenkassen zu den Leistungserbringern in § 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V ausdrücklich normiert sei.
Gegen den Bescheid vom 13. Mai 2016 und den Widerspruchsbescheid vom 14. Juli 2016 hat die Klägerin am 16. August 2016 beim Sozialgericht Lübeck Klage erhoben.
Mit der Klage ist zunächst die Zahlung eines Betrags in Höhe von 1.337,96 EUR begehrt worden. Den Forderungsbetrag hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auf 1.170,70 EUR gemindert.
Zur Begründung der Klage hat die Klägerin im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beklagte nicht berechtigt sei, den Sicherstellungszuschlag aufgrund der Zahlung der Klinik zu kürzen. Eine Rechtsgrundlage für diese Verfahrensweise gebe es nicht. Die Berechnung der Höhe des Sicherstellungszuschlags werde in § 2 Abs. 4 der Anlage 1.4 des Vertrags nach § 134a SGB V abschließend geregelt. Dort sei die Berücksichtigung von Zahlungen Dritter nicht aufgeführt. Im Übrigen sei die antragstellende Hebamme nach der Anlage 1.4 vertraglich nicht verpflichtet anzugeben, ob sie überhaupt Zuwendungen durch Dritte erhalte. Der Beklagte könne die Anrechnung von Zahlungen Dritter auch nicht mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot gemäß § 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V begründen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot sei bereits im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen nach § 134a Abs. 1 Satz 1 SGB V bzw. durch den Beschluss der Schiedsstelle ausreichend berücksichtigt.
Sie hat beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 13. Mai 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juli 2016 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, an sie (weitere) 1.170,70 EUR zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat er u.a. darauf hingewiesen, dass aufgrund der am 22. Mai 2019 getroffenen Änderungsvereinbarung zum Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe gemäß § 134a SGB V u.a. eine Neufassung des Antragsformulars nach Anlage 1.4 (Antrag auf Auszahlung des Sicherstellungszuschlags) ergangen sei. Das überarbeitete Formular enthalte künftig ein Ankreuzfeld, mit dem die Hebammen zur Beifügung etwaiger Nachweise über gewährte Zuschüsse aufgefordert würden. Mit dieser Klarstellung im Antragsformular brächten die Vertragspartner zum Ausdruck, dass entsprechende Zuschüsse Dritter von den Haftpflichtversicherungskosten bei der Berechnung des Sicherstellungszuschlags abzuziehen seien. Von der Solidargemeinschaft anteilig zu tragen seien allein die bei der Hebamme tatsächlich verbleibenden Haftpflichtversicherungskosten. Bei der Neufassung des Antragsformulars handele es sich um eine Klarstellung und nicht um eine Neuregelung. Das komme darin zum Ausdruck, dass eine weitere inhaltliche Änderung der Anlage 1.4 zum Vertrag nicht erfolgt sei. Die Rechtsgrundlage für die Auszahlung des Sicherstellungszuschlags sei vielmehr unverändert geblieben.
Mit Urteil vom 13. Juni 2019 hat das Sozialgericht Lübeck den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat das Sozialgesicht ausgeführt:
„Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Beklagte hat die Höhe des Sicherstellungszuschlags gemäß § 134a Absatz 1b SGB V in unzutreffender Höhe festgestellt. Die Klägerin hat einen Anspruch auf einen weiteren Betrag in Höhe von 1.170,70 €.
Nach § 134a Absatz 1b Satz 1 SGB V erhalten Hebammen, die Leistungen der Geburtshilfe bringen und die Erfüllung der Qualitätsanforderungen nach Absatz 1a nachgewiesen haben, für Geburten ab dem 01.07.2015 einen Sicherstellungszuschlag nach Maßgabe der Vereinbarungen nach Satz 3, wenn ihre wirtschaftlichen Interessen wegen zu geringer Geburtenzahlen bei der Vereinbarung über die Höhe der Vergütung nach Abs. 1 nicht ausreichend berücksichtigt sind. Gemäß § 134a Absatz 1 Satz 1 SGB V schließt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Berufsverbände der Hebammen und den Verbänden der von Hebammen geleiteten Einrichtungen auf Bundesebene mit bindender Wirkung für die Krankenkassen Verträge u. a. über die Höhe der Vergütung und die Einzelheiten der Vergütungsabrechnung durch die Krankenkassen. In den Vereinbarungen, die nach Absatz 1 Satz 1 zu der Höhe der Vergütung getroffen werden, sind bis zum 01.07.2015 die näheren Einzelheiten der Anspruchsvoraussetzungen und des Verfahrens nach § 134a Absatz 1b Satz 1 SGB V zu regeln (§ 134a Absatz 1b Satz 3 SGB V). Dabei wird in der Anlage 1.4 zum Vertrag nach § 134a Abs. 1 Satz 1 SGB V in der Fassung des Beschlusses der Schiedsstelle nach § 134 a Abs. 4 SGB V vom 24./25.09.2015 der Ausgleich der Haftpflichtkostensteigerung nach § 134 a Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Abs. 1b SGB V geregelt.
Nach Maßgabe dieser Regelungen war der Beklagte nicht berechtigt, bei der Berechnung des Sicherstellungszuschlags die von der Klinik geleisteten Zahlungen in Abzug zu bringen. Eine Rechtsgrundlage für diese Verfahrensweise bestand jedenfalls für den streitbefangenen Zeitraum nicht. In § 2 der Anlage 1.4 zum Vertrag nach § 134a Abs. 1 Satz 1 SGB V ist nicht geregelt, dass die Leistungen Dritter bei der Berechnung des Sicherstellungszuschlags zu berücksichtigen sind. Dagegen werden in der Vorschrift eine Reihe von anderen Rechnungspositionen, die abzuziehen sind, erwähnt. Leistungen Dritter werden nicht genannt.
Nach allem ist festzustellen, dass der Beklagte nach dem Wortlaut der Anlage 1.4 zum Vertrag nach § 134a Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht berechtigt war, die streitbefangenen Züge vorzunehmen.
Eine Berechtigung der Beklagten zum Abzug der Leistungen der Klinik ergibt sich auch nicht aufgrund einer Auslegung der Anlage 1.4. Diese Regelung kann nicht im Sinne der Auffassung des Beklagten ausgelegt werden. Einer entsprechenden Auslegung steht der insoweit klare Wortlaut des § 2 der Anlage 1.4 entgegen. Auch unter dem Gesichtspunkt des Wirtschaftlichkeitsgebotes ergibt sich nichts anderes. Allein aufgrund des Wirtschaftlichkeitsgebotes gemäß § 70 SGB V kann § 2 der Anlage 1.4 nicht entgegen dem Wortlaut ausgelegt werden. Entscheidend ist, welche Regelungen die Vertragsparteien getroffen haben. Es ist davon auszugehen, dass der Wille der vertragschließenden Parteien im Wortlaut des Textes der Vereinbarung ausgedrückt wird. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass die Vertragsparteien das Wirtschaftlichkeitsgebot im Rahmen ihrer Vereinbarung berücksichtigt haben.
Diesem Ergebnis steht auch nicht die am 22.05.2019 vereinbarte Änderung entgegen. Die Änderung eines Antragsformulars führt nicht zu einer rückwirkenden Änderung einer vertraglichen Regelung. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die Änderungsvereinbarung im Sinne einer authentischen Interpretation den Inhalt der vertraglichen Regelungen vor dem Inkrafttreten der Änderung bestimmen sollte. (…)“
Gegen das ihm am 12. September 2019 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 8. Oktober 2019 Berufung beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingelegt.
Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein bisheriges Vorbringen. Ausgangspunkt – im Sinne einer Bemessungsgrundlage – für die Höhe des Sicherstellungszuschlags sei gemäß § 2 Abs. 4 der Anlage 1.4 die „ganzjährige Haftpflichtprämie des entsprechenden Versicherungsjahres mit Geburtshilfe ohne Vorschäden.“ Diese Vorgaben würden in ständiger Verwaltungspraxis durch ihn – den Beklagten – dahingehend ausgelegt, dass allein die um etwaige Zuschüsse Dritter bereinigte Haftpflichtprämie als Bemessungsgrundlage für den Sicherstellungszuschlag herangezogen werden könne. Als Bemessungsgrundlage komme unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots, der gesetzgeberischen Zielsetzungen bei der Ausgestaltung des Sicherstellungszuschlags und dem Willen der Partner des Hebammenhilfe-Vertrags nur die tatsächlich wirtschaftlich von der Hebamme getragene Haftpflichtprämie infrage. Zu Unrecht übergehe das Sozialgericht insbesondere das Wirtschaftlichkeitsgebot mit Rücksicht auf den vermeintlich eindeutigen Wortlaut des § 2 Abs. 4 der Anlage 1.4. § 70 SGB V sei als bundesrechtliche Auslegungsregel bei der Auslegung des untergesetzlichen Hebammenhilfe-Vertrags zwingend zu beachten, zumal im Bereich der Leistungsverwaltung ein strenger Vorbehalt des Gesetzes nicht gelte. Die Verpflichtung zur Wirtschaftlichkeit stelle ein übergeordnetes, stets zu beachtendes Prinzip als Ausprägung des Solidaritätsgedankens dar, dem eine Doppelkompensation der Haftpflichtversicherungskosten in eklatanter Weise widerspräche. Dass auch Hebammen dem Wirtschaftlichkeitsgebot verpflichtet seien, und zwar gerade auch im Bereich des Sicherstellungszuschlags, zeige § 134a Abs. 1b Satz 5 SGB V, der die Hebammen dazu verpflichte, bei geringer Geburtenzahl unterjährige Wechselmöglichkeiten der Haftpflichtversicherungsform in Anspruch zu nehmen. Würden – wie hier – die Haftpflichtversicherungskosten der Hebamme aber bereits durch Dritte ausgeglichen, bedürfe es eines zusätzlichen Ausgleichs durch den Sicherstellungszuschlag nicht; seine – des Beklagten – Verwaltungspraxis führe so auch im Falle der Klägerin zu gerechten Ergebnissen. Sie entspreche auch den gesetzgeberischen Willen, dem es ausweislich der Gesetzesbegründung zum GKV-Finanzstruktur- und Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetz lediglich um die Kompensation der gestiegenen Haftpflichtprämien, nicht dagegen darum gegangen sei, durch eine nicht erforderliche Doppelkompensation die Einkommenssituation der Hebammen allgemein zu verbessern. Der Abzug von Zuschüssen entspreche auch dem gemeinsamen Willen der Partner des Hebammenhilfe-Vertrags. Dabei sei zu berücksichtigten, dass er – der Beklagte – seit jeher von der Berücksichtigung von Zuschüssen ausgehe und dies auch in den auf seiner Homepage zur Verfügung gestellten Ausfüllhinweisen zum Antragsformular deutlich mache. Wenn nun mit der Änderungsvereinbarung vom 22. Mai 2019 das Antragsformular nach Anlage 1.4 neu gefasst und um ein Ankreuzfeld zur Frage des Nachweises von Zuschüssen zur Haftpflichtversicherung ergänzt worden sei, zeige dies, dass das Bedürfnis dafür von den Vertragsparteien anerkannt werde. Weil die Neufassung des Antragsformulars ohne inhaltliche Änderung der Vorgaben der Anlage 1.4 erfolgt sei, müsse von einer lediglich deklaratorischen Neufassung ausgegangen werden.
Er beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 13. Juni 2019 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auch die Klägerin vertieft ihr bisheriges Vorbringen. Zunächst sei darauf hinzuweisen, dass die Anlage 1.4 von den Vertragspartnern des § 134a Abs. 1 SGB V nicht vereinbart, sondern auf Antrag des Beklagten durch einen Mehrheitsbeschluss der Schiedsstelle nach § 134a Abs. 3 und 4 SGB V festgesetzt worden sei, der vor dem Sozialgericht Berlin angefochten worden sei. Ein Sicherstellungszuschlag werde in der Anlage 1.4 jedoch ausdrücklich nicht beschrieben. Der Wille des Beklagten habe vielmehr darauf abgezielt, grundsätzlich allen geburtshilflich (freiberuflich) tätigen Hebammen eine finanzielle Unterstützung über die Anlage 1.4. zu gewähren. Es gehe somit nicht um die tatsächliche wirtschaftliche Einzelsituation; wäre der in diese Richtung deutende gesetzgeberische Wille berücksichtigt worden, dürfte die Anlage 1.4 in der festgesetzten Fassung nicht bestehen. Wenn der Beklagte beanstande, dass es zu Überkompensationen bei einzelnen Hebammen komme, sofern nicht im Wege der Auslegung korrigierend eingegriffen werde, übersehe er, dass er die vertraglichen Voraussetzungen für einen von der tatsächlichen wirtschaftlichen Lage im Einzelfall unabhängigen Bezuschussung selbst geschaffen habe. Den grundsätzlichen Ausführungen des Beklagten zum Wirtschaftlichkeitsgebot werde zwar nicht widersprochen. Die spezielleren Regelungen des § 134a SGB V und der Inhalt der Anlage 1.4 trügen diesem Gebot jedoch bereits vollumfänglich Rechnung. In dem Maße, in dem der Gesetzgeber die Versichertengemeinschaft nicht habe überlasten wollen, habe er normative Vorgaben in § 134a SGB V gemacht, die sich – insbesondere, was eine Pflicht zum unterjährigen Wechsel des Versicherungstarifs anbelange – auch in der Anlage 1.4 wiederfänden. Deren Regelungen seien hingegen keiner Auslegung zugänglich. Weil es auf die konkrete wirtschaftliche Situation der Hebammen nicht ankomme, stehe dem Beklagten auch kein Auskunftsrecht zu, das über diejenigen Nachweise hinausgehe, die nach der Anlage 1.4 zur Bestimmung des Zahlbetrags erforderlich seien.
Mit Schriftsätzen vom 11. Mai 2021 bzw. 7. Juni 2021 haben die Beteiligten einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Dem Senat haben die Verwaltungsakten des Beklagten vorgelegen. Auf diese Akten und auf die Gerichtsakte wird wegen des der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalts ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet über die Berufung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung, weil die Beteiligten dieser Vorgehensweise mit Schriftsätzen vom 11. Mai 2021 bzw. 7. Juni 2021 zugestimmt haben (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die Berufung hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht erhoben worden (§ 151 Abs. 1 SGG). Sie ist zulassungsfrei statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstands für den Beklagten 750,00 EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sind der Bescheid des Beklagten vom 13. Mai 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juli 2016 sowie der Anspruch der Klägerin auf Zahlung weiterer 1.170,70 EUR. Soweit die Klägerin ursprünglich einen höheren Betrag verlangt hat, hat sie an dem Begehren bereits erstinstanzlich nicht mehr festgehalten (§ 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG).
Die Berufung ist nicht begründet. Im Ergebnis zu Recht und mit im Wesentlichen zutreffender Begründung hat das Sozialgericht den Bescheid des Beklagten vom 13. Mai 2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14. Juli 2016 „geändert“ und den Beklagten dazu verurteilt an die Klägerin 1.170,70 EUR zu zahlen.
Allerdings ist die Klage – wohl entgegen der Auffassung des Sozialgerichts, das dazu jedoch keine Ausführungen macht – nicht als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 SGG), sondern im Sinne einer objektiven Klagehäufung (§ 56 SGG) als eine Kombination aus Anfechtungs- (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) und echter Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) statthaft. Denn die – hier der Höhe nach streitige – Auszahlung des Sicherstellungszuschlags nach § 134a Abs. 1b Satz 2 SGB V erfolgt realiter ohne vorherige Festsetzung durch Verwaltungsakt. Eine Befugnis des Beklagten, den Auszahlungsbetrag durch Verwaltungsakt i.S. des § 35 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) festzusetzen, ist nicht erkennbar. Die Regelungen des § 134a SGB V über die Versorgung mit Hebammenhilfe finden sich im Achten Abschnitt des Vierten Kapitels des SGB V, das die Beziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern regelt. Das Leistungserbringungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung ist geprägt von einem Gleichordnungsverhältnis zwischen Leistungsträgern und Leistungserbringern, das unabhängig vom öffentlich-rechtlichen Charakter dieser Rechtsbeziehungen (dazu noch Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöhe des Bundes, Beschluss vom 29. Oktober 1987 – GmS-OGB 1/86 – SozR 1500 § 51 Nr 47), der wegen der Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit auch für privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 51 Abs. 2 Satz 1 SGG) offenbleiben kann, eine einseitig Rechtsgestaltung durch einen Träger der öffentlichen Verwaltung nur dann zulässt, wenn dies gesetzlich klar und eindeutig bestimmt ist. Das ist hier nicht der Fall.
Vor diesem Hintergrund sind die angefochtenen Bescheide auf die begründete Anfechtungsklage insoweit, als sie die Klägerin beschweren (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG), schon deshalb aufzuheben, weil es dafür an einer tragfähigen Ermächtigungsgrundlage fehlt. Soweit der Klägerin mit Bescheid vom 13. Mai 2016 ein Betrag in Höhe von 1.031,11 EUR bewilligt wurde, ist die Klägerin hingegen nicht beschwert.
Auch die (echte) Leistungsklage ist zur Überzeugung des erkennenden Senats begründet. Über diesen bewilligten Betrag hinaus hat die Klägerin Anspruch auf einen weiteren Zahlbetrag in der Höhe von 1.170,70 EUR. Anspruchsgrundlage ist § 134a Abs. 1b SGB V i.V.m. § 2 Abs. 1 und 4 der Anlage 1.4 zum Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe nach § 134a SGB V in der seit dem 25. September 2015 geltenden Fassung.
Nach § 134a Abs. 1b SGB V erhalten Hebammen, die Leistungen der Geburtshilfe erbringen und die Erfüllung der Qualitätsanforderungen nach Absatz 1a nachgewiesen haben, für Geburten ab dem 1. Juli 2015 einen Sicherstellungszuschlag nach Maßgabe der Vereinbarungen nach Satz 3, wenn ihre wirtschaftlichen Interessen wegen zu geringer Geburtenzahlen bei der Vereinbarung über die Höhe der Vergütung nach Absatz 1 nicht ausreichend berücksichtigt sind (Satz 1). Die Auszahlung des Sicherstellungszuschlags erfolgt nach Ende eines Abrechnungszeitraums auf Antrag der Hebamme durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen (Satz 2). In den Vereinbarungen, die nach Absatz 1 Satz 1 zur Höhe der Vergütung getroffen werden, sind bis zum 1. Juli 2015 die näheren Einzelheiten der Anspruchsvoraussetzungen und des Verfahrens nach Satz 1 zu regeln (Satz 3). Zu treffen sind insbesondere Regelungen über die Höhe des Sicherstellungszuschlags in Abhängigkeit von der Anzahl der betreuten Geburten, der Anzahl der haftpflichtversicherten Monate für Hebammen mit Geburtshilfe ohne Vorschäden und der Höhe der zu entrichtenden Haftpflichtprämie, die Anforderungen an die von der Hebamme zu erbringenden Nachweise sowie die Auszahlungsmodalitäten (Satz 4). Dabei muss die Hebamme gewährleisten, dass sie bei geringer Geburtenzahl unterjährige Wechselmöglichkeiten der Haftpflichtversicherungsform in Anspruch nimmt (Satz 5). Die erforderlichen Angaben nach den Sätzen 3 bis 5 hat die Hebamme im Rahmen ihres Antrags nach Satz 2 zu übermitteln (Satz 6). Für die Erfüllung der Aufgaben nach Satz 2 übermitteln die Krankenkassen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen leistungserbringer- und nicht versichertenbezogen die erforderlichen Daten nach § 301a Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 bis 6 (Satz 7).
§ 2 der Anlage 1.4. zum Vertrag nach § 134a Abs. 1 Satz 1 SGB V in der Fassung des Schiedsspruchs vom 24./25. September 2015 hat folgenden Inhalt:
„§ 2 Höhe des Ausgleichs der Haftpflichtkostensteigerung
- Zur Erhöhung der Einzelfallgerechtigkeit für jede geburtshilflich tätige Hebamme werden die Regelungen zum Ausgleich der Haftpflichtkostensteigerung nach § 134a Abs. 1 Satz 3 und zum Sicherstellungszuschlag nach Abs. 1b SGB V gemeinsam umgesetzt.
- (…)
- (…)
- Zur Ermittlung des Ausgleichsbetrages für das Versicherungsjahr aufgrund der Berufshaftpflichtkostensteigerung wird das nachstehende Berechnungsmodell vereinbart:
Ganzjährige Haftpflichtprämie des entsprechenden Versicherungsjahres mit Geburtshilfe ohne Vorschäden (1)
./. 1.000 € (Höhe der Haftpflichtprämie mit Geburtshilfe bis 30.06.2010)
./. 5 % der ganzjährigen Haftpflichtprämie (von 1) (Abzug für Haftpflichtprämie ohne Geburtshilfe)
./. 7,5 % der ganzjährigen Haftpflichtprämie (von 1) (Abzug eines Anteils für Privatversicherte und Selbstzahler)
= Ausgleichsbetrag für das entsprechende Versicherungsjahr
(4a) Vom in Rechnung gestellten Haftpflichtbetrag für versicherte Hebammen mit Geburtshilfe sind bis zu 150 € für private Haftpflichtversicherungen abzuziehen, sofern die Versicherungsbedingungen solche Risiken versichern. (…)
(5) (…)“
Danach kann die Klägerin vom Beklagten die Zahlung weiterer 1.170,70 EUR für den Abrechnungszeitraum 1. Juli bis 31. Dezember 2015 verlangen. Die für diesen Zeitraum gezahlte Versicherungsprämie der Klägerin in Höhe von 3.137,16 EUR ist gemäß § 2 Abs. 4a der Anlage 1.4 zum Hebammenhilfe-Vertrag bereinigt worden um einen Betrag in Höhe von 49,38 EUR für in der Berufshaftpflichtversicherung mitversicherte private Risiken, dessen Höhe der Beklagte in seinem Bescheid vom 13. Mai 2016 zwar nicht erläutert hat, der aber zwischen den Beteiligten nicht mehr in Streit steht. Der verbleibende Betrag von 3.087,38 EUR wiederum ist nach § 2 Abs. 4 der Anlage 1.4 zum Hebammenhilfe-Vertrag zu bereinigen um einen Betrag von 500,00 EUR (die Hälfte von 1.000,00 EUR als fiktiv zugrunde gelegte jährliche Haftpflichtprämie mit Geburtshilfe bis 30. Juni 2010), einen fünfprozentigen Anteil (154,39 EUR) als Abzug für die Haftpflichtprämie ohne Geburtshilfe und einen siebenkommafünfprozentigen Anteil (231,58 EUR) als Abzug eines Anteils für Privatversicherte und Selbstzahler. Es verbleibt ein ausgleichspflichtiger Betrag von 2.201,41 EUR, auf den der Beklagte bereits einen Anteil von 1.031,11 EUR geleistet hat, so dass noch ein Restanspruch in Höhe von 1.170,70 EUR verbleibt.
Der rechnerischen Richtigkeit steht – zwischen den Beteiligten unstreitig – nicht entgegen, dass der Berechnung nur die Haftpflichtprämie für den Zeitraum 1. Juli bis 31. Dezember 2015 zugrunde gelegt worden ist, obwohl § 2 Abs. 4 der Anlage 1.4 zum Hebammenhilfe-Vertrag von der „ganzjährigen Versicherungsprämie“ spricht und § 2 Abs. 3 der Anlage 1.4 das Versicherungsjahr als mit dem 1. Juli beginnend und zum 30. Juni endend definiert. Die Regelung des § 2 Abs. 4 Anlage 1.4 dient insoweit nur der Festlegung eines abstrakten Berechnungsmodells, das in zeitlicher Hinsicht anzupassen ist, wenn die Hebamme von dem ihr zustehenden Recht Gebrauch macht, den Ausgleich ihrer Haftpflichtkostensteigerung unterjährig zu beantragen (§ 4 Abs. 1 Anlage 1.4). Folgerichtig, und weil die Hebammen von unterjährigen Wechselmöglichkeiten der Versicherungspolice Gebrauch machen müssen, bestimmt § 4 Abs. 4 der Anlage 1.4, dass die Berechnung des individuellen Ausgleichs der Haftpflichtsteigerung entsprechend der erforderlichen Berufshaftpflicht-Versicherungsmonate anteilig nach § 3 erfolgt. § 3 der Anlage 1.4 sieht als Ausgleichszeiträume u.a. die hier abgerechneten Quartale 1. Juli bis 30. September und 1. Oktober bis 31. Dezember vor.
Dem Anspruch der Klägerin nach § 2 Abs. 4 der Anlage 1.4 steht auch nicht entgegen, dass der Schiedsspruch, auf dem diese Bestimmung beruht, angefochten ist und der Rechtsstreit darüber zwischen dem Deutschen Hebammenverband e.V. und dem Beklagten noch beim Sozialgericht Berlin anhängig ist. Die Bestimmungen des Hebammenhilfe-Vertrags in der Fassung des Schiedsspruchs entfalten Rechtswirkungen, solange und soweit sie durch das Sozialgericht nicht aufgehoben worden sind. Es entspricht gerade dem Sinn und Zweck des Schiedsverfahrens, bei Unstimmigkeiten der Vertragsbeteiligten möglichst schnell zu einem zumindest vorläufig lauffähigen normenvertraglichen System zu gelangen, nach dem insbesondere die durch den Vertrag gebundenen Dritten ihre Vertragsbeziehungen zumindest vorläufig verlässlich abrechnen können. Dem würde es zuwiderlaufen, könnte die Klägerin ihren Anspruch erst nach dem rechtskräftigen Abschluss eines Rechtsstreits über den Bestand der normenvertraglichen Regelungen erwirken, an dem sie nicht beteiligt ist und dessen Ausgang sie nicht beeinflussen kann. Das bedeutet allerdings zugleich, dass der der Klägerin mit diesem Urteil zugesprochene Betrag nicht zwangsläufig endgültig zustehen muss. Etwaige Rückgewähransprüche, die aus einer ggf. nachträglichen Aufhebung des Schiedsspruchs bzw. einer Änderung der normenvertraglichen Regelung erwachsen könnten, bleiben durch das Urteil unberührt.
Dem Anspruch der Klägerin in der oben berechneten Höhe steht nicht entgegen, dass die Klägerin von den S Kliniken am 14. Juli 2015 für ihre Tätigkeit als Beleghebamme im zweiten Halbjahr 2015 nach dem mit der Klinik geschlossenen Belegvertrag einen eigenständigen Haftpflichtkostenausgleich in Höhe von 1.337,94 EUR erhalten hat. Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, regelt § 2 der Anlage 1.4 die Höhe des Ausgleichs der Haftpflichtkostensteigerung abschließend und lässt eine ergänzende Vertragsauslegung im Sinne der Rechtsauffassung des Beklagten nicht zu; weder der Sinn und Zweck des § 134a Abs. 1b SGB V noch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V lassen es zu, die geschriebenen Anspruchsvoraussetzungen für den Sicherstellungszuschlag um die ungeschriebene Voraussetzung des Fehlens einer anderweitigen Kompensation der Berufshaftpflichtversicherungskosten zu erweitern.
Dabei ist es bereits zweifelhaft, ob sich aus § 134 Abs. 1b SGB V eine hinreichend konkrete Zwecksetzung, die eine Anrechnung einer solchen Kompensation als geboten erscheinen lässt, überhaupt ergibt. Anspruch auf den Sicherstellungzuschlag sollen nach § 134 Abs. 1b Satz 1 SGB V – aber eben nach näherer Ausgestaltung durch die Vertragspartner nach Maßgabe der Vereinbarungen nach § 134a Abs. 1b Satz 3 SGB V – Hebammen haben, „wenn ihre wirtschaftlichen Interessen wegen zu geringer Geburtenzahlen bei der Vereinbarung über die Höhe der Vergütung nach Absatz 1 nicht ausreichend berücksichtigt sind“. Schutzzweck und Anspruchsberechtigung dem Grunde nach sind damit in der gesetzlichen Regelung nur äußerst unscharf umrissen. Immerhin knüpft die Regelung mit der Bezugnahme auf die Vergütung nach Absatz 1 auch an die Regelung des § 134a Abs. 1 Satz 3 SGB V an, wonach bei der Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen der freiberuflich tätigen Hebammen insbesondere Kostensteigerungen zu beachten sind, die die Berufsausübung betreffen. Die Regelung des § 134a Abs. 1b SGB V soll also eine Kompensation dafür schaffen, dass die ihrerseits der Kompensation besonderer berufsbezogener Kostensteigerungen dienende Vorschrift des § 134a Abs. 1 Satz 3 SGB V ihre Funktion nicht ausreichend erfüllt. Dabei ist zwar naheliegend, dass es insbesondere um die stark steigenden Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung freiberuflicher Hebammen geht. In der gesetzlichen Vorschrift selbst ist allerdings von den Beitragslasten durch die Berufshaftpflichtversicherung an keiner Stelle die Rede. Folglich liefern die gesetzlichen Bestimmungen auch keinen hinreichenden Anhaltspunkt für eine zwingende Bereinigung der möglicherweise auszugleichenden Haftpflichtbeiträge um eine anderweitige Kompensation durch Dritte.
Dass Anlass für die Einfügung des § 134a Abs. 1b SGB V durch das GKV-Finanzstruktur- und Qualitätsweiterentwicklungsgesetz (GKV-FQWG) vom 21. Juli 2014 (BGBl. I S. 1133) die finanzielle Überforderung durch hohe Haftpflichtprämien gerade für solche Hebammen gewesen ist, die eine zu geringe Zahl an Geburten aufweisen und deshalb von dem in § 134a Abs. 1 Satz 3 SGB V angelegten und durch Anlagen 1.1 und 1.3 zum Hebammenhilfe-Vertrag umgesetzten Vergütungsregelungen nicht hinreichend profitierten, ergibt sich lediglich aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 18/1657 S. 65). Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich um eine Gesetzesänderung handelt, die erst im Rahmen der Beratungen des Ausschusses für Gesundheit initiiert worden ist. Auch die dortigen Ausführungen lassen aber auf einen klar erkennbaren gesetzgeberischen Willen, Kompensationen durch Belegkrankenhäuser in die Berechnung des Sicherstellungszuschlags einfließen zu lassen, nicht schließen. Der Gesetzgeber hat diese Situation ersichtlich nicht bedacht, was nach dem in § 134a Abs. 1b Satz 3 SGB V angelegten System tendenziell die Verantwortung der Vertragspartner begründet, derartige Besonderheiten im Rahmen der Vereinbarung selbst zu regeln. Das ist unterblieben.
Der Beklagte kann sich zur ergänzenden Vertragsauslegung auch nicht auf das allgemeine Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V) berufen. Nach dieser allgemeine Grundsätze des Leistungserbringungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung statuierenden Vorschrift muss die Versorgung der Versicherten ausreichend und zweckmäßig sein, darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten und muss in der fachlich gebotenen Qualität sowie wirtschaftlich erbracht werden. Es handelt sich um eine allgemeine Rahmenvorschrift, die die Krankenkassen und Leistungserbringer im Sinne einer Optimierungsverpflichtung nochmals auf das allgemein ohnehin schon bestehende Wirtschaftlichkeitsgebot (§§ 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4, 12 Abs. 1 SGB V) festlegt (vgl. Engelmann in: jurisPK-SGB V, 4. Aufl. 2020, § 70 Rn. 23 m.w.N.), die aber grundsätzlich durch spezifischere Vorschriften näher konkretisiert wird bzw. zu konkretisieren ist. Zu diesen Vorschriften gehören auch normenvertragliche Regelungen wie diejenigen des Hebammenhilfe-Vertrags. Das bedeutet: Bei der inhaltlichen Ausgestaltung des Hebammenhilfe-Vertrags sind die Wertungen des § 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V zu beachten. Werden sie nicht beachtet, führt das aber nicht ohne Weiteres dazu, dass anstelle eindeutiger normenvertraglicher Regelungen die – in dieser Form ohnehin zu allgemeinen – Regelungen des Optimierungsgebots gelten bzw. zu einer auf dieses Optimierungsgebot gestützten Auslegung contra legem zwingen würden. Daran gemessen ist hier zwar tendenziell von einer Beeinträchtigung des Wirtschaftlichkeitsgebots auszugehen, weil die Überkompensation von Haftpflichtkostensteigerungen durch den Sicherstellungszuschlag gegen das Minimalprinzip verstoßen dürfte. Klar auf der Hand liegt eine Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebots jedoch wiederum nicht, weil einerseits § 134a Abs. 1b SGB V den Sicherstellungszuschlag nicht unmittelbar mit den Haftpflichtkostensteigerungen in Verbindung bringt und andererseits der Sicherstellungszuschlag nach der Präambel der Anlage 1.4 den Zweck der „einheitlichen und gemeinsamen Umsetzung der Vorgaben nach § 134a Abs. 1 Satz 3 und Abs. 1b SGB V“ verfolgt. Die Regelungen sollen also im Sinne einer Gesamtkompensation auch der Umsetzung des Auftrags dienen, allgemein Kostensteigerungen auszugleichen, die die Berufsausübung freiberuflicher Hebammen betreffen, und dies – so die Präambel weiter – in einem „unbürokratischen und verwaltungsunaufwändigen Verfahren“. Auch vor diesem Hintergrund lässt sich eine Vertragsauslegung gegen den eindeutigen Wortlaut im Sinne der Rechtsauffassung des Beklagten allein auf das allgemeine Wirtschaftlichkeitsgebot nicht stützen.
Weder die ständige Verwaltungspraxis des Beklagten noch die von ihm ins Feld geführten Ausfüllhinweise und das geänderte Antragsformular geben für die Auslegung etwas her. Die Anwendung von normenvertraglichen Bestimmungen unterliegt den allgemeinen für Gesetze geltenden Auslegungsmethoden der Rechtswissenschaft. Es ist nicht auf den subjektiven Willen der Beteiligten, sondern auf die objektive Erklärungsbedeutung abzustellen. Nicht mitvereinbarten Umsetzungshinweisen oder gar einer ständigen einseitig geübten Verwaltungspraxis nur eines Partners der Vereinbarung kommt dagegen keine Bedeutung zu (vgl. BSG, Urteil vom 18. Mai 2021 – B 1 KR 39/20 R – juris Rn. 20).
Gleiches dürfte auch für das vom Beklagten argumentativ herangezogene Formular zur Anlage 1.4 gelten. Zwar ist dort in der seit 29. April 2019 geltenden Fassung ein Ankreuzfeld vorgesehen mit dem Inhalt „ggf. Nachweis über Zuschuss zur Haftpflichtversicherung habe ich beigefügt“. Dies lässt unter Umständen eine ergänzende Vertragsauslegung unter Einbeziehung des allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebots zu, frühestens allerdings zukunftsbezogen für Abrechnungszeiträume ab dem 1. Juli 2019 bzw. allerfrühestens für Zeiträume ab 1. Juli 2018, die mit dem jetzt gültigen, geänderten Formular noch haben abgerechnet werden können. Da hier ein vor dem 1. Juli 2018 liegender Zeitraum streitig ist, kann der Senat die Frage letztlich offenlassen. Die Argumentation des Beklagten, dass die Änderung des Antragsformulars den Hebammenhilfe-Vertrag und dessen unveränderte Anlage 1.4 rückwirkend-klarstellend konkretisiere, ist vor dem Hintergrund, dass eine klarstellende Änderung der Anlage 1.4, die bei einer derartigen Regelungsabsicht naheliegender gewesen wäre, oder eine entsprechende Protokollnotiz unterblieben ist, sehr weit hergeholt und vermag den Senat nicht zu überzeugen.
Selbst wenn es durch § 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V zu füllende Auslegungsspielräume gäbe, erschiene es im Übrigen nach Ansicht des Senats treuwidrig, wenn sich der Beklagte in diesem Verfahren darauf berufen könnte. Der Senat berücksichtigt dabei, dass die Regelung des § 2 Abs. 4 der Anlage 1.4 auf Antrag des Beklagten durch die Schiedsstelle in dieser Form festgesetzt worden ist. Wäre dem Beklagten die Regelung einer Anrechnung von Zuschüssen zur Haftpflichtversicherung auf den Sicherstellungszuschuss wichtig gewesen, hätte er eine entsprechende Formulierung des § 2 Abs. 4 der Anlage 1.4 im Schiedsverfahren beantragen können. Dies hat er augenscheinlich unterlassen, was dafür spricht, dass er sich an dem Schiedsspruch umso mehr festhalten lassen muss.
Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Der Senat lässt die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zu.