L 4 KA 22/18

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4.
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
S 2 KA 69/16
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 22/18
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 12. De­zember 2017 wird zurückgewiesen.

 Der Kläger trägt die Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert des Klage- und Berufungsverfahrens wird auf jeweils 60.000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Streitig ist die fehlende Einbeziehung in die Auswahlentscheidung für die Nachbesetzung eines ausgeschriebenen halben Vertragsarztsitzes.

Der 1957 geborene Kläger nimmt als Facharzt für Laboratoriumsmedizin an der vertrags­ärzt­lichen Versorgung in Kiel teil.

Im Februar 2015 beantragte der Kläger beim Zulassungsausschuss für Ärzte in Schleswig-Holstein die Anstellung eines namentlich benannten Arztes als Nachbe­setzung für den ausge­schriebenen halben Vertragsarztsitz eines Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ). Kurz vor der Sitzung des Ausschusses wies er mit Schreiben vom 14. Juli 2015 darauf hin, dass der Arzt für eine Tätigkeit als angestellter Arzt nicht mehr zur Verfügung stehe und beantragte deshalb, ihm selbst den ausgeschriebenen halben Vertragsarztsitz mit der Maßgabe zu über­tragen, dass er „bis zum Zeitpunkt der Aufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit im Rahmen der übertragenen vertragsärztlichen Zulassung mindestens die hälftige seiner bisherigen vertragsärztlichen Zulas­sung abgegeben und auf einen Dritten übertragen hat.“

Im Anschluss ließ der Zulassungsausschuss den Beigeladenen zu 7. mit Wirkung ab dem 1. Oktober 2015 als Nachfolger für die zur Umwandlung in eine Zulassung ausgeschriebene halbe Angestelltenstelle des MVZ für einen halben Versorgungsauftrag zu und wies gleich­zeitig den zuletzt vom Kläger gestellten Antrag ab (Beschluss vom 15. Juli 2015; dem Prozess­bevollmächtigten des Klägers zugestellt am 17. Oktober 2015). Der hiergegen eingelegte Wi­derspruch blieb erfolglos. Der beklagte Berufungsausschuss für Ärzte in Schleswig-Holstein begründete seine mit einer Vollziehungsanordnung zugunsten des Beigeladenen zu 7. ver­bundene Entscheidung damit, dass in einem Zu­las­sungsverfahren nur die auf der Bewerber­liste eingetragenen Ärzte berücksichtigt werden könnten, sodass der nach der Weitergabe der Liste an den Zulassungsausschuss vom Kläger gestellte (Änderungs-)Antrag unzu­lässig sei. Außerdem verfüge der Kläger in dem maßgeb­lichen Bedarfsplanungsbereich bereits über eine Vollzulassung zur vertragsärztlichen Versor­gung; eine über eine Vollzulassung hinausgehen­de Zulassung sei aber nicht möglich (Beschluss des Beklag­ten vom 21. Januar 2016; dem Prozess­bevollmächtigten des Klägers am 2. März 2016 zuge­stellt).

Der Kläger hat am 4. April 2016 (einem Montag) Klage vor dem Sozialgericht (SG) Kiel er­ho­ben und dort geltend gemacht, dass der Beschluss des Berufungsausschusses in mehr­facher Hinsicht rechtswidrig sei. Formell-rechtlich sei der Beschluss (verfahrens-)feh­lerhaft, weil der Kläger trotz eines ausdrücklichen An­trags keine Einsicht in die Zulassungsunterlagen des Beigeladenen zu 7. und insoweit auch kein rechtliches Gehör erhalten habe. Materiell-recht­lich sei der Beschluss fehlerhaft, weil der Berufungsausschuss zu Unrecht von einem verfristeten (Änderungs-)Antrag und darüber hinaus von der Annahme ausgegan­gen sei, dass über einen vol­l­en Versorgungsauftrag hinaus keine vertragsärztliche Zulassung mehr erteilt werden könne. Tatsächlich sei der Kläger aber schon mit dem im Februar 2015 gestellten (Ursprungs-)Antrag in die Bewer­berliste des Zulas­sungsaus­schusses aufgenommen worden, weil er – und nicht der in dem Antrag namentlich benannte und damals zur Anstellung vorge­sehene Arzt – als Antragsteller für die Nachbesetzung der ausgeschriebenen halben Ver­tragsarztstelle anzusehen sei. Daneben eröffne die Regelung in § 103 Abs 4b Satz 2 Sozialge­setzbuch Fünftes Buch (SGB V) aF ausdrücklich die Möglichkeit, dass in einem gesperrten Bedarfsplanungsbereich ein bereits zugelassener Ver­tragsarzt einen ausgeschrie­benen Ver­tragsarztsitz „übernimmt“ und die vertrags­ärzt­liche Tä­tigkeit durch einen angestell­ten Arzt in seiner Praxis weiterführt. Um diesen gesetzgeberisch eingeräumten Gestaltungsspielraum nutzen zu können, hätte der Beklagte den Kläger in die Auswahlentscheidung um die ausge­schriebene halbe Vertragsarzt­stelle mit einbeziehen müssen.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 12. Dezember 2017 abgewiesen. Zu Recht habe der Berufungsausschuss den Antrag des Klägers bei der Nachbesetzung der ausge­schrie­benen halben Vertragsarztstelle nicht berücksichtigt. So sei der (Änderungs-)Antrag des Klägers nicht innerhalb der Bewerbungsfrist eingegangen und damit außerhalb der in Zulas­sungsverfahren nach § 26 Abs 4 Nr 2 Satz 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie (BedarfsplRL) allge­meingültigen Ausschlussfrist. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass der (Ur­sprungs-)Antrag des Klägers innerhalb der Bewerbungsfrist gestellt worden sei, weil insoweit als Antragsteller der dort na­mentlich benannte Arzt (und nicht der Kläger) anzusehen sei. Vor diesem Hintergrund habe der Beklagte dem Kläger auch keine Einsicht in die Zulas­sungs­unterlagen des Beigeladenen zu 7. gewähren müssen. Da der Kläger außerdem den ausge­schriebenen halben Vertragsarztsitz nicht in den Räumlichkeiten des MVZ habe fort­führen wollen, sondern in der eigenen Praxis, sei der Berufungsausschuss schließlich zutreff­end davon ausgegangen, dass dem Kläger über dessen Vollzulassung hinaus keine vertrags­ärzt­liche Zulassung mehr habe erteilt werden können.

Gegen das Urteil (zugestellt am 2. Januar 2018) wendet sich der Kläger mit der Berufung vom 25. Januar 2018 und macht ergänzend geltend, dass es sich bei einem vertragsärztlichen Nachbesetzungsverfahren hinsichtlich aller Bewerber um ein einheitliches Verwaltungsver­fahren handele. Der Berufungsausschuss hätte ihm daher entgegen der rechtsirrigen Auf­fassung des SG Kiel Akteneinsicht auch in die Zulassungsunterlagen des Beigeladenen zu 7. gewähren müssen. Schon aus diesem Grund und wegen der damit einhergehenden Ver­letzung des rechtlichen Gehörs könne das erstinstanzliche Urteil keinen Bestand haben. Darüber hinaus verkenne das SG Kiel, dass als Bewerber einer ausgeschriebenen Vertrags­arztstelle nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut in § 103 Abs 4b Satz 2 SGB V aF nicht der anzustellende Arzt, sondern der anstellende Vertragsarzt anzusehen sei. Daher sei der hier maßgebliche und bereits im Februar 2015 gestellt Antrag auch erkennbar innerhalb der Aus­schluss­frist nach § 26 Abs 4 Nr 2 Satz 2 BedarfsplRL gestellt worden. Ferner sei entgegen der Auffassung des SG Kiel zu beachten, dass es sich bei einer Nachbesetzung iSv § 103 Abs 4b Satz 2 SGB V aF um ein zweistufiges Verwaltungsverfahren handele. Zunächst gehe auf der ersten Stufe die ausgeschriebene Vertragsarztstelle auf einen bereits zugelassenen Vertrags­arzt über. Anschließend erfolge auf einer zweiten Stufe die Umwandlung der überge­gangenen Vertragsarztstelle in eine Angestelltenstelle. Da außerdem die Aufnahme der ver­tragsärzt­lichen Tätigkeit – hier: durch die Umwandlung in eine Angestelltenstelle – nach der Regelung in § 19 Abs 2 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) frühestens inner­halb von drei Monaten erfolgen müsse, habe dem Übergang der ausgeschriebenen Vertrags­arztstelle auf den Kläger auf der ersten Stufe auch der Umstand, dass zum Beschlusszeitpunkt des Berufungsaus­schusses noch kein Arzt für eine Anstellung habe benannt werden können, nicht entgegengestan­den. Insofern könne ein Vertragsarzt – das verkenne sowohl der Beklagte als auch das SG Kiel – ggf über mehr als eine Vollzulassung verfügen.

Der Kläger beantragt,                                   

  1. das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 12. Dezember 2017 und den Be­schluss des Beklagten vom 21. Januar 2016 aufzuheben,

 

  1. den Beklagten zu verurteilen, über die Nach­folge für die zur Umwandlung in eine Zulassung ausgeschriebene halbe Angestelltenstelle an einem MVZ für Pathologie und Laboratoriumsmedizin in Kiel unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

 

Der Beklagte beantragt,

                        die Berufung zurückzuweisen. 

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen. Die Akten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat seine Klage zu Recht abgewiesen.

1. Alleiniger Gegenstand des Verfahrens ist der Beschluss des beklagten Berufungsaus­schus­ses vom 21. Januar 2016 (vgl zu dieser verfahrensrechtlichen Besonderheit in vertrags­arzt­rechtlichen Statusstreitigkeiten ua Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 16. Mai 2018 – B 6 KA 1/17 R – juris mwN), mit dem der Widerspruch des Klägers gegen den Be­schluss des Zulassungsausschusses vom 15. Juli 2015 zurückgewiesen worden ist. Dieser beinhaltet neben der Zulassung des Beigeladenen zu 7. auch die Ablehnung, den Kläger zur Nach­be­setzung der ausge­schriebenen halben Ver­tragsarztstelle eines MVZ in Kiel zuzulassen, damit er bis zur Aufnahme der damit einhergehenden vertragsärztlichen Tätigkeit den über­nom­menen Vertragsarztsitz durch einen noch zu benennenden und anzustellenden Arzt in seiner eigenen Praxis weiter­führen kann.

2. Die hier insbesondere gegen die Ablehnungsentscheidung des Berufungsausschusses ge­rich­tete Anfechtungs- und Neubescheidungsklage (§ 54 Abs 1 iVm § 131 Abs 3 Sozial­ge­richts­gesetz <SGG>) des Klägers ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. In der Sache kann die Klage jedoch keinen Erfolg haben. Die Entscheidung des Beklagten in dem angefochtenen Beschluss, die Bewerbung des Klägers auf die Nachbesetzung für die ausgeschriebene halbe Vertragsarztstelle abzulehnen und ihn nicht in die vom Ausschuss getroffene Auswahl­entscheidung (die seitens des Zulassungsgremiums zugunsten des damit als einzigen Bewer­ber ver­bliebenen Beigeladenen zu 7. ausgefallen ist) einzubeziehen, ist zwar nicht mit der vom SG angeführten Begründung, aber zumindest im Ergebnis nicht zu beanstanden.

3. Rechtsgrundlage für Entscheidungen der Zulassungsgremien über Anträge, in einem ge­sperrten Bedarfsplanungsbereich im Wege der Nachbesetzung eines ausgeschriebenen (hier: halben) Vertragsarztsitzes eine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung zu erhal­ten, sind die Vorgaben in § 103 Abs 4 SGB V (hier anzuwenden idF des Zweiten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Trag­weite vom 19. Mai 2020; BGBl I 2020, 1018).

a) Dabei sind nach der mittlerweile stRspr des BSG für das auf eine Zulassung zur vertrags­ärztlichen Versorgung gerichtete Begehren eines Arztes grundsätzlich alle Änderun­gen der Sachlage bis zur mündlichen Verhandlung in der letzten Tatsacheninstanz sowie alle Rechts­änderungen bis zum Abschluss der Revisionsinstanz zu berücksichtigen (vgl hierzu beispiel­haft BSG, Urteil vom 2. September 2009 – B 6 KA 35/08 R – juris Rn 29 mwN). Das gilt auch für eine Zulassung im Wege der Praxisnachfolge über § 103 Abs 4 SGB V. Eine Ausnahme gilt aber, sofern dem jeweiligen Begehren – wie hier – notwendigerweise eine Abwehrklage in Gestalt einer Drittanfechtung der Begünstigung des Beigeladenen zu 7. vorangehen muss. Falls sich für die Zulassung des begünstigten Dritten die Sach- oder Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung vorteilhafter darstellt, ist dieser Zeitpunkt maßgeblich (vgl hierzu BSG, Urteil vom 5. November 2003 – B 6 KA 52/02 R – juris Rn 16 mwN). 

b) Anlass für die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens besteht dann, wenn die Zulassung eines Vertrags­arztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschrän­kun­gen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt wer­den soll (vgl hierzu die Regelung in § 103 Abs 3a Satz 1 SGB V). Nach dem Gesetzeswortlaut wird das Nachbesetzungsverfahren durch einen Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben in Gang gesetzt; dabei entscheidet der Zulassungsausschuss, ob überhaupt ein Nachbesetzungsverfahren für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll. Die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) hat ggf anschließend den (hier: halben) Vertragsarztsitz unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen (vgl hierzu die Regelung in § 103 Abs 4 Satz 1 SGB V).

c) Die Auswahl des Praxisnachfolgers richtet sich dabei nach den Vorgaben in § 103 Abs 4 Satz 4 ff sowie Abs 5 Satz 3 SGB V. Danach hat der Zulassungsausschuss unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen (§ 103 Abs 4 Satz 4 SGB V). Bei der Auswahl der Bewerber sind nach § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V ua die berufliche Eignung (Nr 1), das Approbationsalter (Nr 2) und die Dauer der ärztlichen Tätigkeit (Nr 3) zu berücksichtigen. Weiter zu berücksichtigende Kriterien sind eine Tätigkeit in unterver­sorgten Gebieten (Nr 4) sowie die Bereitschaft des Bewerbers, besondere Versorgungsbedürf­nisse zu erfüllen (Nr 7). Zusätzlich bestimmt die Regelung in § 103 Abs 5 Satz 3 SGB V, dass bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach Absatz 4 die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen ist.

d) In diesem Zusammenhang ist für das hier anhängige Verfahren von besonderer Bedeutung, dass nach den Vorgaben in § 103 Abs 4b Satz 4 SGB V eine derartige Nachbesetzung auch in der Form erfolgen kann, „dass ein Vertragsarzt den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in seiner Praxis weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen“ (zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des Berufungsausschusses noch geregelt in § 103 Abs 4b Satz 2 SGB V aF). Dazu ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung allerdings geklärt, dass bei einer der­artigen Bewerbung – entgegen der Auffassung des Klägers – hinsichtlich der voran­gestellt dargelegten Auswahlentscheidung zur Nachbesetzung des ausgeschriebenen Vertrags­arzt­sitzes auf die Qualifikation des anzustellenden (und nicht auf die des anstellen­den) Arztes abzustellen ist, weil sinnvollerweise nur Arztprofile derjenigen Personen mitein­ander ver­gli­chen werden können, die in fachlich-medizinischer Hinsicht die vertragsärztliche Tätigkeit auch tatsächlich ausüben sollen (vgl hierzu BSG, Urteil vom 13. Mai 2020 – B 6 KA 11/19 R – juris Rn 29/30 mwN).

4. Bei Berücksichtigung dieser Maßgaben ist die Entscheidung des Berufungsausschusses, den Kläger nicht in die bei dem Nachbesetzungsverfahren nach § 103 Abs 4 Satz 4 ff sowie Abs 5 Satz 3 SGB V erforderliche Auswahlentscheidung einzubeziehen, schon aus formal­juristischen Gründen nicht zu bean­standen.

a) Vorgaben zu den formalen Anforderungen für Anträge auf Zulassung oder auf Erteilung einer Anstellungsgenehmigung sind in der Ärzte-ZV normiert. Dort beschreibt § 18 Ärzte-ZV die Anforderungen an einen Antrag auf Zulassung, während die Anforderungen an einen Antrag auf Anstellungsgenehmigung in § 32 Abs 2 Satz 2 Ärzte-ZV geregelt sind. Danach wird für Anträge auf Anstellungsgenehmigung wiederum die entsprechende Anwendung von § 4 Abs 2 bis 4 sowie von § 18 Abs 2 bis 4 Ärzte-ZV angeordnet. Nach den genannten Vorschriften müssen einem Antrag auf Anstellungsgenehmigung bei einem Vertragsarzt bzw einer BAG oder in einem MVZ die zur Eintragung in das Arztregister erforderlichen Angaben (wie Geburtsurkunde, Approbationsurkunde und Nachweise über die ärztliche Tätigkeit nach bestandener ärztlicher Prüfung) bzw gemäß den Vorgaben in § 95 Abs 2 Satz 8 iVm Satz 5 bzw Abs 9 Satz 1 SGB V sogleich ein Auszug aus dem Arztregister für den anzustellenden Arzt beigefügt werden. Weiterhin sind ein Lebenslauf, ein polizeiliches Führungszeugnis, Be­scheinigungen über bisherige Zulassungen oder Niederlassungen, eine Erklärung über ander­weitige Beschäftigungsverhältnisse sowie eine Erklärung zu etwaiger Drogen- oder Alkoholab­hängigkeit vorzulegen (vgl hierzu Ladurner, Ärzte-ZV, Zahnärzte-ZV, 2017, § 32b Ärzte-ZV Rn 35 f; Kremer/Wittmann, Vertragsärztliche Zulassungsverfahren, 3. Aufl 2018, Rn 1546 iVm Rn 1484). Gemäß diesen Vorgaben der Ärzte-ZV muss ein Antrag auf Genehmigung der An­stellung eines Arztes in einem MVZ oder bei einem Vertragsarzt zahlreiche personen­bezogene Angaben über den konkret anzustellenden Arzt enthalten. Die Erhebung dieser Daten ist erforderlich, damit die Zulassungsgremien beurteilen können, ob Gründe vorliegen, die der Erteilung einer Anstellungsgenehmigung entgegenstehen (zB eine Nichteignung iS von § 20 Ärzte-ZV sowie persönliche Ungeeignetheit gemäß § 21 Ärzte-ZV).

Dabei wird mit Erteilung der Anstellungsgenehmigung der öffentlich-rechtliche Status der Anstellung begründet. Für den angestellten Arzt erfolgt mit der Anstellungsgenehmigung eine förmliche Zuerkennung der Teilnahmeberechtigung an der vertragsärztlichen Versorgung (vgl hierzu BSG, Urteil vom 28. August 2013 – B 6 KA 36/12 – juris). In fachlich-medizinischer Hinsicht erfüllen angestellte Ärzte dieselbe Funktion wie niedergelassene Ärzte (vgl hierzu BSG, Urteil vom 12. Februar 2020 – B 6 KA 1/19 R – juris). Der angestellte Arzt wird in das Register angestellter Ärzte (§ 32 Abs 4 Ärzte-ZV) eingetragen und unterliegt der Fortbildungs­pflicht nach § 95 Abs 5 SGB V. An die Eignung von angestellten Ärzten werden gemäß § 32b Abs 2 Satz 3 iVm § 21 Ärzte-ZV keine geringeren Anforderungen gestellt als an die eines Vertragsarztes. In diesem Zusammenhang kommt die statusbezogene Annäherung von angestellten Ärzten und Vertragsärzten auch darin zum Ausdruck, dass angestellte Ärzte mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mindestens zehn Stunden, die gesetzlich Versicherte behandeln, heute nach § 77 Abs 3 SGB V eben­so wie Vertragsärzte Mitglied der jeweils zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) sind. Über die nach § 81 Abs 3 SGB V in der Satzung vorzusehenden Regelungen gelten für sie damit auch die von der KÄV abzu­schließenden Verträge, die dazu gefassten Beschlüsse und Bestimmungen sowie die in § 81 Abs 3 Nr 2 SGB V genannten Richtlinien (vgl zu alledem BSG, Urteil vom 13. Mai 2020 – B 6 KA 11/19 R – juris Rn 30 ff).

b) Aus der statusbezogenen Annäherung zwischen Vertragsärzten und angestell­ten Ärzten sowie aus dem Umstand, dass die vertragsärztliche Tätigkeit bei der Anstellung eines Arztes in fachlich-medizinischer Hinsicht unmittelbar durch den angestellten Arzt ausgeübt wird, schließt die höchstrichterliche Rechtsprechung zutreffend, dass bei einer Auswahlent­schei­dung zwischen zulassungswilligen Ärzten und solchen, die – wie hier – von einem Ver­trags­arzt/BAG/MVZ auf dem Sitz eines Arztes angestellt werden sollen, sinnvoller­weise nur die Profile der Personen nach den Kriterien in § 103 Abs 4 Satz 4 ff sowie Abs 5 Satz 3 SGB V miteinander verglichen werden können, die an der vertragsärztlichen Versor­gung teilnehmen und daher in ihrer Person den Versorgungsauftrag erfüllen sollen. In Ergän­zung dazu wird das auch daran deutlich, dass zumindest teilweise ein Vergleich zwischen zulas­sungswilligen Ärzten und einem potentiell anstellenden Arzt/BAG/MVZ nicht möglich wäre, da weder eine BAG noch ein MVZ in das Arztregister eingetragen werden bzw über eine Approbation verfügen, sodass insoweit auch keine Vergleichswerte herangezogen werden könnten (vgl hierzu BSG, aaO, juris Rn 32/33).

c) Vor diesem Hintergrund ist der rechtliche Ansatz des Berufungsausschusses, den Kläger vorliegend nicht in die nach § 103 Abs 4 Satz 4 ff sowie Abs 5 Satz 3 SGB V erforderliche Auswahlent­scheidung einzubeziehen, im Ergebnis zutreffend. Insbesondere haben dem hier maß­geb­lichen (Bewerbungs-)Antrag des Klägers vom 14. Juli 2015 die nach § 32b Abs 2 Satz 2 iVm § 18 Abs 2 bis 4 Ärzte-ZV für eine Nachbesetzung iSv § 103 Abs 4b Satz 4 SGB V erforderlichen Unterlagen eines noch anzustellenden Arztes (Lebenslauf, polizeiliches Füh­rungszeugnis etc) nicht beigelegen, weil der Kläger – übrigens bis zuletzt – niemanden benannt hat, mit dem er die ausgeschriebene halbe Vertragsarztstelle über ein Anstel­lungs­verhältnis in seiner Praxis hätte weiterführen können. Damit ist der Antrag des Klägers zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des Beklagten nicht genehmigungsfähig gewesen und hat damit in dem Nachbesetzungsverfahren schon dem Grunde nach keine Berücksichtigung finden können. Auch eine Auswahlentscheidung zwischen dem Beigeladenen zu 7. und einem vom Kläger noch anzustellenden Arzt ist dem Berufungsausschuss wegen des unvollstän­digen Antrags vom 14. Juli 2015 nicht möglich gewesen.

Dafür, den Kläger nicht in die erforderliche Auswahlentscheidung einzu­beziehen, spricht ferner, dass der Berufungsausschuss ihm als einem in dem hier gesperr­ten Bedarfsplanungs­bereich bereits (voll-)zugelassenen Vertragsarzt nach der derzeit gelten­den Rechtslage weder eine weitere Teilzulassung noch eine Anstellungsgenehmigung für einen nicht benann­ten Arzt hätte erteilen können. Denkbar wäre bei einer solchen Konstella­tion allenfalls die Vergabe eines Status sui generis, bei dem einem Vertragsarzt/BAG/MVZ der im Rahmen einer Praxisnachfolge zu besetzende Vertragsarzt­sitz in Form einer vorläufig „arzt­losen Anstel­lungs­genehmigung“ abstrakt zugeteilt wird, um anschließend über eine unbeein­trächtigt von Zulassungsbeschrän­kungen und mittels Anstellung eines Arztes jederzeit besetz­bare „Arzt­stelle“ zu verfügen. Eine derartige Berechtigung müsste nach der später erfolgreichen An­werbung eines Arztes außerdem noch in einem zusätzlichen Verfahren in eine „echte“ Anstel­lungs­geneh­migung transferiert werden. Dabei würde die Erteilung einer insoweit „arztlosen Anstellungsgenehmigung“ zwar in etwa dem entsprechen, was der Kläger in dem hier anhän­gigen Verfahren anstrebt; allerdings ist eine solche Genehmigung bislang nicht gesetzlich vorgesehen und kann daher von dem Beklagten für einen im Rahmen der Praxisnachfolge zu besetzenden Vertragsarztsitz derzeit (noch) nicht erteilt werden.

d) Etwas anderes ergibt sich vorliegend auch nicht aus den – erst nach der hier maßgeblichen Beschlussfassung durch den Berufungsausschuss vom Bundesgesetzgeber in das SGB V eingeführten – Vorgaben zur Konzeptbewerbung (§ 103 Abs 4 Satz 10 SGB V idF des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes vom 16. Juli 2015 bzw § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V idF des TSVG vom 6. Mai 2019). Deshalb kann aus Sicht des Senats dahingestellt bleiben, ob in diesem Verfahren die damit einhergehenden Neuregelungen zugunsten des Klägers bzw zu Lasten des Beigelade­nen zu 7. (vgl hierzu die vorangestellten Ausführungen unter Ziff 3.a) überhaupt anwendbar sind.

So ist bereits höchstrichterlich geklärt, dass die Einbeziehung einer bloßen Konzeptbewerbung eines Vertragsarztes/BAG/MVZ in ein Auswahlverfahren ohne Benennung und Vorlage von Unterlagen des Arztes, mit dem der begehrte Vertragsarztsitz versorgungswirksam ausgefüllt werden soll, näherer Regelungen durch den Bundesgesetzgeber bedarf, die bislang aber fehlen (vgl hierzu BSG, Urteil vom 13. Mai 2020 – B 6 KA 11/19 R – juris Rn 37 mwN). Bis dahin verbleibt es bei den bisherigen, für alle Bewerber gleich ausgestalteten Anforderungen an die Bewerbung um einen Vertragsarztsitz (Zulassung bzw Anstellungsgenehmigung) im Nachbesetzungsverfahren. Erleichterungen in Gestalt der Zulassung einer – hier seitens des Klägers schon dem Grunde nach nicht vorliegenden – Konzeptbewerbung kann der Bundes­ge­setz­geber zwar vorsehen, sie sind aber jedenfalls nicht zwingend zur Wahrung der Grundrechte im Bewerbungsverfahren geboten. Dabei kann ein Vertragsarzt/BAG/MVZ mit dem Konzept eines besonderen Versorgungsangebots bereits schon jetzt Kriterien erfüllen, die im Rahmen der Auswahlentscheidung zu berücksichtigen sind (§ 103 Abs 4 Satz 5 Nr 9 SGB V nF), und sich damit gegenüber Mitbewerbern eine bessere Position verschaffen. Dass dafür aber derzeit noch die rechtzeitige Suche nach einem geeigneten Arzt und dessen Benen­nung im Antrag auf Anstellungsgenehmigung (neben der Vorlage von Unterlagen gemäß § 32b Abs 2 Satz 2 iVm § 18 Abs 2 bis 4 Ärzte-ZV) erforderlich ist, belastet einen Vertrags­arzt/BAG/MVZ weder unverhältnismäßig noch unerträglich (so das BSG bereits für die Bewer­bung auf ausge­schriebene Stellen nach der partiellen Entsperrung eines Bedarfsplanungs­bereichs, Urteil vom 15. Mai 2019 – B 6 KA 5/18 R).   

5. Abschließend weist der Senat darauf hin, dass dem Kläger die Akteneinsicht nach § 25 Abs 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) in die Bewerbungsunterlagen des Bei­geladenen zu 7. durch den Berufungs­ausschuss auch nicht verfahrens­fehlerhaft verwei­gert worden ist (dazu a). Unabhängig davon hätte ein derartiger Verfahrensfehler die Entscheidung des Beklagten in der Sache ersichtlich nicht iSv § 42 Satz 1 SGB X beeinflusst, sodass eine Aufhebung des Beschlusses vom 21. Januar 2016 allein deswegen nicht in Betracht kommt (dazu b).

a) Zutreffend macht der Kläger jedoch geltend, dass es sich bei einem Nachbesetzungsver­fahren gemäß § 103 Abs 4 Satz 4 ff sowie Abs 5 Satz 3 SGB V um ein einheitliches Verwal­tungs­ver­fahren handelt, zu dem grundsätzlich auch die (Bewerbungs-)Unterlagen des oder der Mitbewerber zählen. Das wird schon daran deutlich, dass es jedem Bewerber – also auch dem Kläger – bei der Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes vorrangig darum geht, von den Zulassungsgre­mien anstelle der Mitbewerber als Nachfolger ausgewählt zu werden. Aus diesem Umstand folgt zwangs­läufig, dass ein Bewerber nur dann überprüfen kann, ob eine von den Zulassungs­gremien getroffene Auswahlentscheidung auf zutreffende tatsächliche und rechtliche Grund­lagen gestützt worden ist, wenn er zuvor ausreichende Kenntnis von den die Mitbe­werber betreffenden Verwaltungsvorgängen sowie den idZ eingereichten Unterlagen erhalten hat (so auch Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30. November 2005 – L 10 KA 29/05 – juris mwN).

Demnach zählen in einem Nachbesetzungsverfahren die Bewerberunterlagen von Mitbewer­bern regelmäßig zu den „das Verfahren betreffenden Akten (…), deren Kenntnis zur Geltend­machung oder Verteidigung“ der rechtlichen Interessen eines unterlegenen Bewerbers iSv § 25 Abs 1 Satz 1 SGB X „erforderlich“ ist. Allerdings kann der Berufungsausschuss hiervon ausnahmsweise absehen, „soweit die Vorgänge wegen der berechtigten Interessen der Beteiligten oder dritter Personen geheim gehalten werden müssen“ (§ 25 Abs 3 SGB X). Davon ist vorliegend aus Sicht des Senats auch auszugehen, weil es auf der Hand gelegen hat, dass der Kläger – wie vorangestellt dargelegt – schon aus formaljuristischen Gründen (wegen des unvollständigen Antrags) nicht in die erforderliche Auswahlentscheidung des konkreten Nachbesetzungsverfahrens mit einzubeziehen gewesen ist. Die in den Unterlagen des Mitbewerbers enthalten Sozialdaten hat der beklagte Berufungsausschuss daher vor dem Kläger (ausnahmsweise) geheim halten können, ohne dadurch sein rechtliches Interesse auf eine Überprüfung der Entscheidung des Zulassungsgremiums zu verletzen, ihn in dem Nachbesetzungsverfahren nicht weiter zu berücksichtigen. 

b) Unabhängig davon ist ohne weiteres erkennbar, dass der vom Kläger angenommene Verfahrensfehler – unterstellt, er läge tatsächlich vor – die Entscheidung des Berufungsausschusses in der Sache nicht beeinflusst hat; allein deshalb kann eine Aufhebung des Beschlusses vom 21. Januar 2016 nach § 42 Satz 1 SGB X daher nicht beansprucht werden. Das wird insbesondere daran deutlich, dass sich neben dem Kläger nur der Beigeladene zu 7. auf die Nachfolge des ausge­schriebenen halben Vertragsarztsitzes bewor­ben hat. Die Entscheidung des Beklagten hat sich damit – nachdem der Kläger zu Recht nicht in die nach § 103 Abs 4 Satz 4 ff sowie Abs 5 Satz 3 SGB V erforderliche Auswahlent­scheidung einbezogen worden ist – auf eine „Auswahl“ zugunsten des als einzigen Bewerber verbleibenden Beigeladenen zu 7. beschränkt. Daran hätte auch die Einsicht des Klägers in dessen Bewerbungsunterlagen nichts geändert.

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 SGG iVm den §§ 154 Abs 1 und 2, 162 Abs 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs 2 SGG), sind nicht ersichtlich.

Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus der Anwendung von § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 1 SGG iVm den §§ 47 Abs 1 Satz 1, 52 Abs 1 bis 3 Gerichtskostengesetz (GKG) und berück­sichtigt, dass der quartalsbezogene Regelstreitwert von 5.000 Euro auch bei der Nachfolge­besetzung für einen halben Vertragsarztsitz in vollem Umfang als pauschalierter Berechnungs­parameter für drei Jahre bzw 12 Quartale anzusetzen ist.

Rechtskraft
Aus
Saved