Die zuteffende Kodierung von Krankenhausleistungen und deren Abrechnung stellen rechtliche Fragen dar, die keinem Beweis zugänglich sind und zu denen deshalb die Einholung eines Sachverständigengutachtens unzulässig ist. Eine Vergütung für ein solches Gutachten sieht das Gesetz nicht vor.
Die Vergütung des Antragstellers für sein im Verfahren L 4 KR 505/17 erstattetes Sachverständigengutachten vom 19. Juni 2018 wird auf 0,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Vergütung für ein im Berufungsverfahren vom Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen eingeholtes Gutachten zur Abrechnung von Krankenhausleistungen und deren Kodierung nach DRG (Diagnosis Related Groups)-Fallpauschalen.
In dem zugrundeliegenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Hildesheim (Az. S 2 KR 668/12) stritten die dortigen Beteiligten, die klagende Trägerin eines Krankenhauses (im Folgenden Klägerin) und die beklagte Krankenkasse (im Folgenden Beklagte), um die Erstattung der Kosten für die Behandlung einer bei der Beklagten versicherten Patientin, die die Klägerin auf der Basis der DRG-B76D (Anfälle, mehr als ein Belegungstag, ohne komplexe Diagnostik und Therapie, mit äußerst schweren CC, Alter >15 Jahre, ohne komplexe Diagnose oder mit schweren CC, Alter > 2 Jahre oder ohne schwere CC, ohne komplizierende Diagnostik, mit EEG, ohne komplexe Diagnose, mit angeborener Fehlbildung) mit insgesamt 3.508,21 Euro abgerechnet hatte.
Die 62-jährige Patientin war am 14. Juli 2009 im Krankenhaus notfallmäßig aufgenommen worden, nachdem sie vom Pflegedienst nicht ansprechbar im häuslichen Bereich vorgefunden worden war. Ursächlich war ein erneuter epileptischer Anfall bei bekannter Epilepsie. Bei Eintreffen des Notarztes und in der neurologischen Notaufnahme befand sich die Patientin in einem ausgeprägten positikalen (dies beschreibt die Phase nach dem Anfall) Zustand mit Schluckstörung, vorübergehende Aphasie (Sprachstörung) und einer initialen Hemiparese (Lähmung) der rechten Körperhälfte. Außerdem wurde ein Harnwegsinfekt diagnostiziert. Im Rahmen des Monitorings zeigten sich unauffällige Vitalparameter. Als möglicher Auslöser des epileptischen Anfalls wurde der vorbestehende Harnwegsinfekt diskutiert, der antibiotisch behandelt wurde. Außerdem wurde die antikonvulsive Therapie unverändert fortgeführt. Im Verlauf des Krankenhausaufenthalts kam es zu einer Entzündung an einer Venenverweilkanüle, die mit Kühlung behandelt wurde. Während des Krankenhausaufenthalts war die Patientin anfallsfrei. Sie wurde nach einer Woche am 21. Juli 2009 in deutlich gebessertem Allgemeinzustand aus dem Krankenhaus in die ambulante Weiterbehandlung entlassen.
Streitig war zwischen der Klägerin und der Beklagten zunächst die zutreffende Kodierung der Nebendiagnosen F07.0 (Organische Persönlichkeitsstörung) und N30.0 (akute Zystitis). Die Beklagte leitete deshalb eine Rechnungsprüfung ein. Der von der Beklagten beauftragte Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) kam dabei zu dem Ergebnis, dass die Kodierung der Nebendiagnose F07.0 nicht nachvollziehbar sei. Außerdem sei der Harnwegsinfekt mit der Nebendiagnose N39.0 (sonstige Komplikationen bei Eingriffen, anderenorts nicht klassifiziert) zu kodieren, was Auswirkungen auf die Kodierung der Fallpauschale habe. Statt der DRG-B76D hätte lediglich die geringer vergütete Fallpauschale DRG-B76E (Anfälle, mehr als ein Belegungstag, ohne komplexe Diagnostik und Therapie, mit schweren CC, Alter > 2 Jahre, ohne komplexe Diagnose oder ohne äußerst schwere oder schwere CC, ohne komplizierende Diagnostik, mit EEG, ohne komplexe Diagnose, ohne angeborene Fehlbildung) kodiert werden müssen.
Die Klägerin nahm daraufhin folgende Kodierungsänderungen vor: Die Kodierung N30.0 wurde in N39.0 und die von der Beklagten bemängelte Kodierung F07.0 wurde in F06.9 (sonst nicht näher bezeichnete organische, psychische Störung aufgrund einer Schädigung oder Funktionsstörung des Gehirns oder einer körperlichen Krankheit) geändert. Außerdem kodierte sie zusätzlich (erstmals) die Nebendiagnose T80.2 (Infektion nach Infusion, Transfusion oder Injektion zu therapeutischen Zwecken) aufgrund einer entzündlichen Braunülen-Einstichstelle und einer daraufhin durchgeführten Therapie mit Kühlelementen. Die Kodierung der Nebendiagnose T80.2 ermöglichte der Klägerin weiterhin die Abrechnung der Fallpauschale DRG-B76D.
Hierzu holte die Beklagte eine weitere Stellungnahme des MDK ein, der darin zu dem Ergebnis kam, dass die Nebendiagnose T80.2 nicht begründet sei. Eine Entzündung der Braunülen-Einstichstelle sei aus der Patientenakte nicht nachvollziehbar. Es habe lediglich eine Kühlung stattgefunden. Das Gefäß selbst sei anscheinend nicht betroffen gewesen, so dass die Reizung der Braunülen-Einstichstelle keine Komplikation darstelle, sondern regelhaft zu erwarten gewesen sei, wenn eine Braunüle eine Zeit lang liege.
Nachdem die Klägerin an ihrer Kodierung festhielt, verrechnete die Beklagte schließlich die streitbefangene Rechnung der Klägerin mit anderen Rechnungen über stationäre Behandlungen in Höhe von 1.296,05 Euro.
Diesen Differenzbetrag von 1.296,05 Euro machte die Klägerin daraufhin mit einer Leistungsklage beim SG Hildesheim geltend. Im Laufe des Klageverfahrens legte die Beklagte eine weitere Stellungnahme des MDK vor, in der dieser erklärte, die von der Klägerin gewählte Nebendiagnose T80.2 sei fehlerhaft. Stattdessen hätte die Diagnose I80.8 (Thrombose, Phlebitis und Thrombophlebitis sonstiger Lokalisation) gewählt werden müssen, die spezifischer zu der Behandlung der Patientin im Krankenhaus passen würde.
Das SG Hildesheim beauftragte mit Beweisanordnung vom 21. Februar 2017 die Chirurgin B., die im ärztlichen Gutachten vom 31. März 2017 angab, dass nach den erfolgten Kodierungsänderungen nur noch die nachkodierte Nebendiagnose T80.2 streitig sei und entsprechend die daraus resultierende DRG. Konkret sei seit Jahren zwischen dem MDK und Krankenhausärzten streitig, wie die Kodierung eines unstreitigen so bezeichneten Venenverweilkanülen-Infekts als postoperative Komplikation zu behandeln sei. Der MDK vertrete die Auffassung, dass die spezifische Kodierung grundsätzlich die Organebene betreffe, während die behandelnden Ärzte anführten, dass die T-Diagnosen spezifisch die Erkrankung als Komplikation eines Eingriffs darstellen. Bei einer dokumentierten Phlebitis (Venenentzündung) sei spezifisch die Nebendiagnose T80.1 zu benennen. Der Vergütungsbetrag sei daher anhand der DRG-B76D zu ermitteln. Einen streitigen medizinischen Sachverhalt hinsichtlich der dokumentierten Erkrankungen benannte die Gutachterin nicht.
In der nachfolgenden mündlichen Verhandlung stellten die Beteiligten im Verfahren S 2 KR 668/12 unstreitig, dass es a) bei der Behandlung der Patientin einen Ressourcenaufwand zur Behandlung der entzündeten Braunülen-Einstichstelle gegeben habe und dass sich b) eine Änderung der Nebendiagnose von T80.2 in T80.1 nicht auf die Höhe der Rechnung anhand der DRG-B76D auswirkt.
Mit Urteil vom 14. August 2017 verpflichtete das SG Hildesheim die Beklagte zur Zahlung des von der Klägerin geltend gemachten Betrages. Zwischen den Beteiligten sei nur noch die Frage streitig geblieben, ob die Klägerin die Nebendiagnose T80.2 habe kodieren und damit nach der DRG-B76D habe abrechnen dürfen oder ob sie die Kodierung I80.8 hätte wählen müssen, die zu der DRG-B76E und damit zu keinem weiteren Vergütungsanspruch der Klägerin führen würde. Der Unterschied in den beiden DRG-Fallpauschalen liege in der Frage, inwieweit mit der Grundbehandlung „Anfälle, mehr als 1 Belegungstag“ eine äußerst schwere CC (Komplikationen oder Komorbidität) einhergegangen sei oder nicht. Für die Kodierung einer äußerst schweren CC bei der DRG-B76D genüge bereits der Umstand, dass für die von der Klägerin gewählte Kodierung T80.2 die Nebendiagnosedefinition nach den Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) 2009 erfüllt und insoweit eine inhaltlich zulässige Nebendiagnose kodiert worden sei. Die Kammer sei zu der Überzeugung gelangt, dass die von der Klägerin erfolgte Kodierung der Nebendiagnose T80.2 und damit auch die Kodierung der Fallpauschale DRG-B76D rechtlich nicht zu beanstanden sei.
Hiergegen legte die Beklagte eine beim LSG zum Aktenzeichen L 4 KR 505/17 geführte Berufung ein. Die verbindlichen DKR (2010) gäben vor, dass T-Diagnosen stets nachrangig zu verwenden seien, wenn keine spezifischere Kodierung vorliege. Hier liege mit der I80.8 (Phlebitis) aber eine solche vor, weshalb T-Codes auch nach der Rechtsprechung subsidiär seien. Es werde insoweit auf die „zahlreichen (gerichtsbekannten) Kodiergutachten des Herrn C. aus Parallelverfahren zu den T-Codes verwiesen“. Die entgegenstehende Feststellung der vom SG Hildesheim beauftragten Gutachterin werde nicht geteilt.
In der Folgezeit beauftragte das LSG mit Beweisanordnung vom 24. April 2018 Herrn C. mit der Erstattung eines Gutachtens. Die Beweisfragen lauteten wie folgt:
„1. Welche Erkrankungen und Beschwerden des Patienten lagen in der Zeit der Krankenhausaufenthalte vom 14.07.2009 bis 21.07.2009 vor?
2. Welche Diagnosen und Prozeduren sind nach den jeweils gültigen medizinischen Klassifikationen ICD und OPS zu stellen?
3. Welche Haupt- und Nebendiagnosen (vgl. DKR D002f und DKR D003d) sind unter Berücksichtigung aller Untersuchungsbefunde nach Maßgabe der Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) entsprechend der festgelegten Falldefinitionen zu kodieren?
4. Insbesondere: Ist T80.2 zu kodieren?
5. Welcher DRG ist der Behandlungsfall hiernach zuzuordnen?
6. Stimmt Ihre Beurteilung des medizinischen Sachverhalts und der daraus folgenden Zuordnung mit den Ausführungen des Medizinischen Dienstes (MDK) der Beklagten oder mit denen des Krankenhauses überein? Aus welchen Gründen weichen Sie ggf. davon ab? Bitte begründen Sie dies ausführlich und setzen Sie sich dabei eingehend mit den Ausführungen des MDK und des Krankenhauses auseinander.
7. Welcher Vergütungsbetrag ergibt sich aus Ihrer Zuordnung? Um rechnerische Darlegung wird gebeten.“
Nach Mitteilung einer Verhinderung des beauftragten Gutachters bei gleichzeitiger Empfehlung des Antragstellers als Partner in der „D. - Ärzte, Berater im Gesundheitswesen PartG“ wurde der Antragsteller mit geänderter Beweisanordnung vom 24. Mai 2018 als Sachverständiger vom LSG beauftragt bei unveränderten Beweisfragen.
Am 21. Juni 2018 übersandte der Antragsteller an das LSG sein insgesamt 37 Seiten umfassendes Gutachten vom 19. Juni 2018. In diesem führte er die der Begutachtung zugrunde gelegten dokumentierten Erkrankungen und Befunde an. Einen insoweit streitigen und klärungsbedürftigen medizinischen Sachverhalt benannte der Antragsteller nicht. Die DRG-Hauptdiagnose sei unstreitig. Gleiches gelte für die Harnwegsinfektion und die Kodierung der Entzündung als Nebendiagnose. Streitig sei daher zwischen den Beteiligten im Verfahren L 4 KR 505/17 nur die korrekte Auswahl des ICD (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems)-Kodes für die Entzündung, also die Kodierung des ICD-Kodes T80.2 bzw. T80.1 mit der von der Klägerin erfolgten Abrechnung der G-DRG-B76D oder die Kodierung des ICD-Kodes I80.8 mit der von der Beklagten vergüteten G-DRG-B76E. Maßgeblich sei insoweit nach der ausführlich dargestellten und erläuterten Systematik, ob mit einem anderenorts in der ICD-10-GM (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems, German Modification) klassifizierten Kode eine medizinisch spezifischere Kodierung erfolgen könne, als mit einem Kode aus der ICD-Gruppe T80-T88. Nur wenn dies nicht möglich sei, sei dieser Kode zu verwenden. Bei einer Phlebitis stelle der ICD-Kode I80.8 die medizinisch spezifischere Klassifizierung im Vergleich zum ICD-Kode T80.1 dar, weil letzterer eine deutlich unspezifischere Kodierung darstellen würde. Diese Sichtweise decke sich z.B. mit der Urteilsbegründung des Sozialgerichts Nürnberg vom 3. Februar 2017 zum Aktenzeichen S 21 AS 582/14. Die ICD-Kodes T80.1 und I80.8 könnten nach den Deutschen Kodierrichtlinien auch nicht parallel kodiert werden. Hieraus resultiere die von der Beklagten vergütete G-DRG B76E. Daneben beinhaltete das Gutachten ausführliche Ausführungen zu im Ergebnis als unstreitig bezeichneten ICD-Kodes, z.B. zu G40.2 oder N39.0 bzw. zu im Ergebnis für die streitige DRG-Gruppierung als unerheblich bezeichneten ICD-Kodes, z.B. R21, R22.4 oder Y84.9.
Das LSG übersandte das Gutachten ohne Anmerkungen noch am 21. Juni 2018 an die Beteiligten im Verfahren L 4 KR 505/17 mit der Bitte um Stellungnahme. Am 2. August 2018 nahm die Klägerin daraufhin ihre Klage zurück. Das LSG setzte den Streitwert des Rechtsstreits für beide Instanzen mit Beschluss vom 9. September 2019 auf 1.296,05 Euro fest.
Für die Erstellung seines Gutachtens machte der Antragsteller eine Vergütung in Höhe von insgesamt 4.766,00 Euro geltend. Im Einzelnen rechnete er folgende Positionen ab: 4 Stunden Aktenstudium, 31 Stunden Ausarbeitung des Gutachtens, 6 Stunden Diktat und Korrektur des Gutachtens. Er multiplizierte diese 41 Stunden mit dem Betrag von 100,00 Euro, weil er sein Gutachten der Honorargruppe M3 nach § 9 des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes (JVEG) zuordnete, verrechnete sich dabei aber zu seinen Ungunsten und machte nur einen Betrag in Höhe von 3.900 Euro geltend. Außerdem rechnete er Schreibgebühren in Höhe von 63,00 Euro, Kopierkosten in Höhe von 35,05 Euro, 6,99 Euro Portokosten sowie Umsatzsteuer in Höhe von 760,96 Euro ab.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) des LSG setzte am 10. Juli 2018 die Vergütung auf 3.777,25 Euro fest. Hierbei multiplizierte sie den Stundenaufwand von 41 Stunden jedoch lediglich mit dem Betrag von 75,00 Euro, was der Einstufung in die Honorargruppe M2 entsprach. Es habe sich lediglich um eine Begutachtung nach standardisiertem Schema ohne Erörterung spezieller kausaler Zusammenhänge mit einfacher medizinischer Verlaufsprognose und mit durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad gehandelt, die der Honorargruppe M2 zuzuordnen sei. Außerdem setzte sie die Kopierkosten lediglich in Höhe von 29,20 Euro an.
Dagegen hat der Antragsteller sich mit Schreiben vom 13. Juli 2018 gewandt, richterliche Festsetzung beantragt und geltend gemacht, dass es sich bei dem von ihm erstellten Gutachten um ein solches mit hohem Schwierigkeitsgrad gehandelt habe, dass nach der Honorargruppe M3 abzurechnen sei. Für die Abfassung des Gutachtens seien die Durchsicht und der Abgleich der im Quellenverzeichnis angegebenen, für die Kodierung maßgeblichen Klassifikationssysteme und Kodierrichtlinien notwendig gewesen. Diese würden sich jährlich ändern. Ebenso sei der Stand der sich ebenfalls kontinuierlich ändernden Kodierempfehlungen und Hinweise verschiedener Akteure im Gesundheitswesen (z.B. MDK, DKG, FoKA, Rechtsprechung) zum Zeitpunkt der Abrechnung des streitigen Krankenhausaufenthalts zu ermitteln und in die Diskussion mit einzubeziehen gewesen. Es handele sich um komplexe Zusammenhänge von Diagnose- und Prozedurenklassifikationen, den Deutschen Kodierrichtlinien und den Abrechnungsvereinbarungen sowie des deutschen DRG-Systems, die im konkreten Gutachten zu berücksichtigen gewesen seien. Entsprechende Begutachtungen seien von hohem Schwierigkeitsgrad und würden ein hohes Maß an Fach- und Systemkenntnis erfordern. Dies habe sich insbesondere in der Klassifizierung der Komplikation gezeigt, bei der bereits die medizinische Einordnung (Infektion, Entzündung) und Lokalisation (Gefäß, umgebendes Gewebe) zu diskutieren gewesen seien. Auch bei der Wahl der Hauptdiagnose seien komplexe kausale Zusammenhänge zu erörtern gewesen. Bezüglich der hirnorganischen Störung sei ebenfalls eine differentialdiagnostische Erörterung notwendig gewesen. Auch im weiteren Gutachten hätten sich weitere Abweichungen zur Kodierung der Beteiligten gefunden. Diese Abweichungen hätten stets auf ihre Relevanz für das DRG-Gruppierungs- bzw. Abrechnungsergebnis hin analysiert werden müssen. Hierfür sei die Kenntnis und Aufarbeitung des damaligen und aktuellen Standes der Diskussion in der gemeinsamen Selbstverwaltung notwendig gewesen. Es seien komplexe Zusammenhänge und unterschiedliche Positionen abgewogen worden.
Der Senat hat die Beteiligten mit Verfügung vom 14. Dezember 2020 auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) hingewiesen, inwieweit Gutachten im Rahmen von Krankenhausvergütungsstreitigkeiten eingeholt werden können. Danach seien die einzugebenden Diagnosen und Prozeduren sowie die sonstigen benötigten Sachverhaltsangaben als Tatsachen einem gerichtlichen Beweis zugänglich (BSG, Urteil vom 8. November 2011 – B 1 KR 8/11 R – juris RdNr. 20). Die Anwendung und Auslegung der Kodierrichtlinien würden dagegen als Rechtsfragen eingestuft, die keiner weiteren Sachaufklärung zugänglich seien (BSG, Beschluss vom 19. März 2020 – B 1 KR 65/19 B – juris RdNr. 6). Der Senat hat ferner darauf hingewiesen, dass eine Reduzierung der Vergütung des Antragstellers möglich sei.
Der Antragsteller hat hierzu mit Schreiben vom 21. Dezember 2020 Stellung genommen. Er könne der Rechtsprechung des BSG nicht entnehmen, dass es einem Gericht untersagt sei, eine Sachaufklärung über einen Gutachter vorzunehmen. Er besitze zwar keine medizinischen Fachkenntnisse auf dem Niveau eines Facharztes. Er habe aber seit 2007 für viele Sozial- und Zivilgerichte mehrere hundert Gutachten zur Anwendung und Auslegung der Deutschen Kodierrichtlinien verfasst und sei auf diesem Gebiet Experte. Nach seinem Verständnis habe er nach § 407 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 118 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) seiner Ernennung zum Gutachter Folge zu leisten, wenn er beauftragt werde und über die notwendigen Sachkenntnisse verfüge. Er könne dem Gesetz, insbesondere § 407a ZPO, nicht entnehmen, dass es Aufgabe des bestellten Gutachters wäre, die Rechtmäßigkeit des Gutachtenauftrags selbst festzustellen. Er habe in Bezug auf die korrekte Kodierung (Beweisfragen 2, 3, 4 und 6) und Abrechnung (Beweisfragen 5 und 7 inklusive rechnerischer Darlegung) als Experte Stellung nehmen sollen. Allein die Beweisfrage 1 habe primär medizinische Fragestellungen betroffen, obwohl medizinische Fragen in diesem Fall gar nicht streitig gewesen seien, so dass es hierfür gar keines Gutachtenauftrags bedurft hätte. Ob sich im Detail die Frage nach der korrekten Anwendung und Auslegung der Deutschen Kodierrichtlinien gänzlich ohne medizinische Würdigung als reine Rechtsfrage beantworten lasse, bezweifle er. In der Regel bedürfe es sowohl medizinischer Fachkenntnisse als auch Fachkenntnisse in Bezug auf das hoch komplexe Gefüge der Klassifikationssysteme, Kodierrichtlinien und Abrechnungsregeln, die ineinandergreifen würden. Ein rein medizinischer Sachverständiger wäre allerdings mit den Beweisfragen häufig überfordert, weshalb sich allenfalls die Frage stelle, ob die für Mediziner vorgesehene Honorargruppe M3 für diese Art von Gutachten überhaupt einschlägig sein sollte. Bislang scheine es jedoch Usus zu sein, diese Honorargruppe für komplexe Gutachten zur Anwendung und Auslegung der Deutschen Kodierrichtlinien anzusetzen. In Bezug auf die Kosten für Aktenstudium und der Recherche bei der Ausarbeitung des Gutachtens weise er darauf hin, dass Gutachten zur Anwendung und Auslegung der Deutschen Kodierrichtlinien immer ein gewisses Maß an Recherche bedürften. Dies sei im Übrigen unabhängig davon, ob man Experte auf diesem Gebiet sei. Die in der Rechnung angesetzten vier Stunden für das Aktenstudium erschienen ihm eher zu niedrig ausgefallen zu sein.
Der Antragsgegner hat von einer Stellungnahme abgesehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Beiakte L 4 KR 505/17 verwiesen.
II.
Die Vergütung der Sachverständigen, die vom Gericht herangezogen werden, richtet sich nach den Vorschriften des JVEG (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 JVEG).
Maßgeblich sind gemäß § 24 JVEG die Vorschriften des JVEG in der bis 31. Dezember 2020 geltenden Fassung (im Folgenden JVEG a.F.), weil der Antragsteller als Sachverständiger vom LSG mit Beweisanordnung vom 24. April 2018 vor dem Inkrafttreten der Neufassung des JVEG zum 1. Januar 2021 durch das Gesetz zur Änderung des Justizkosten- und des Rechtsanwaltsvergütungsrechts und zur Änderung des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht (Kostenrechtsänderungsgesetz 2021 – KostRÄG 2021) vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I 3229) herangezogen worden ist.
Der Antrag auf richterliche Festsetzung ist gemäß § 4 Abs. 1 JVEG a.F. statthaft und führt zu der Festsetzung der im Tenor genannten Vergütung.
1.
Das LSG entscheidet nach § 4 Abs. 7 Satz 2 JVEG a.F. in Senatsbesetzung, weil die Frage, wie ein Gutachten über die Abrechnung von Krankenhausleistungen und deren Kodierung nach DRG-Fallpauschalen im Zuständigkeitsbereich des LSG Niedersachsen-Bremen zu vergüten ist, grundsätzliche Bedeutung hat.
2.
Bei der Entscheidung sind alle für die Bemessung der Vergütung maßgeblichen Umstände zu überprüfen, unabhängig davon, ob sie angegriffen worden sind (Thüringer LSG, Beschluss vom 27. Januar 2021 – L 1 JVEG 1295/19 - juris RdNr. 10). Denn die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG a.F. stellt keine Überprüfung der von den Kostenbeamten vorgenommenen Ermittlung der Entschädigung oder Vergütung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung (Bayerisches LSG, Beschluss vom 11. Januar 2021 – L 12 SF 113/19 – juris RdNr. 27). Bei der Festsetzung durch die Kostenbeamten handelt es sich um eine lediglich vorläufige Regelung, die durch den Antrag auf gerichtliche Festsetzung hinfällig wird (Bundesgerichtshof <BGH>, Dienstgericht des Bundes, Entscheidung vom 5. November 1968, - RiZ (R) 4/68 – juris RdNr. 28). Damit wird eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungsweg sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis gegenstandslos (Bayerisches LSG, Beschluss vom 11. Januar 2021 – L 12 SF 113/19 – juris RdNr. 27). Das Gericht hat daher eine vollumfassende Prüfung des Entschädigungs- oder Vergütungsanspruchs vorzunehmen. Es ist bei der Festsetzung weder an die Höhe der Einzelansätze noch an den Stundenansatz oder an die Gesamthöhe der Vergütung in der Festsetzung durch den UdG oder den Antrag der Beteiligten gebunden; es kann nur nicht mehr festsetzen, als beantragt ist. Eine Reduzierung der von der Urkundsbeamtin festgesetzten Vergütung ist dagegen möglich.
3.
Die Vergütung ist im vorliegenden Fall auf 0,00 Euro festzusetzen. Das beauftragte und vom Antragsteller erstattete Gutachten bezog sich auf rechtliche Fragen, die keinem Beweis zugänglich waren und zu denen deshalb die Einholung eines Sachverständigengutachtens unzulässig war. Eine Vergütung für ein solches Gutachten sieht das Gesetz nicht vor.
a)
Gemäß § 8 Abs. 1 JVEG a.F. erhalten Sachverständige als Vergütung ein Honorar für ihre Leistungen (§§ 9 bis 11 JVEG a.F.), Fahrtkostenersatz (§ 5 JVEG a.F.), Entschädigung für Aufwand (§ 6 JVEG a.F.) sowie Ersatz für sonstige und besondere Aufwendungen (§§ 7 und 12 JVEG a.F.). Soweit das Honorar nach Stundensätzen zu bemessen ist, wird es gemäß § 8 Abs. 2 JVEG a.F. für jede Stunde der erforderlichen Zeit einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten gewährt (§ 8 Abs. 2 Satz 1 JVEG a.F.) und nach dem nach § 9 JVEG a.F. zu bestimmenden Stundenhonorar festgesetzt. Eine abweichende Vergütungsvereinbarung mit dem Gericht ist nur nach § 13 JVEG wirksam.
§ 9 Abs. 1 Satz 1 JVEG a.F. sieht entsprechend der Zuordnung zu einer bestimmten Honorargruppe Stundensätze zwischen 65 und 125 Euro für die Honorargruppen 1 bis 13 und Stundensätze zwischen 65 Euro und 100 Euro für die speziellen medizinischen Honorargruppen M1 bis M3 vor. Die Zuordnung einer gutachterlichen Leistung zu einer Honorargruppe bestimmt sich gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 JVEG a.F. nach der Anlage 1 des JVEG a.F. Ist die Leistung auf einem Sachgebiet zu erbringen, das in keiner Honorargruppe genannt wird, ist sie unter Berücksichtigung der allgemein für Leistungen dieser Art außergerichtlich und außerbehördlich vereinbarten Stundensätze einer Honorargruppe nach billigem Ermessen zuzuordnen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 JVEG a.F.); dies gilt entsprechend, wenn ein medizinisches oder psychologisches Gutachten einen Gegenstand betrifft, der in keiner Honorargruppe genannt wird (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 JVEG a.F.). Ist die Leistung auf mehreren Sachgebieten zu erbringen oder betrifft das medizinische oder psychologische Gutachten mehrere Gegenstände und sind die Sachgebiete oder Gegenstände verschiedenen Honorargruppen zugeordnet, bemisst sich das Honorar gemäß § 9 Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 1 JVEG a.F. einheitlich für die gesamte erforderliche Zeit nach der höchsten dieser Honorargruppen. § 9 Abs. 1 Satz 3 JVEG a.F. gilt jedoch entsprechend, wenn dies mit Rücksicht auf den Schwerpunkt der Leistung zu einem unbilligen Ergebnis führen würde (§ 9 Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 2 JVEG a.F.).
b)
Das von dem Antragsteller erstellte Gutachten lässt sich weder unter Zugrundelegung der Anlage 1 zu § 9 JVEG a.F. noch nach der Ermessensvorschrift des § 9 Abs. 1 Satz 3 JVEG a.F. einer Honorargruppe zuordnen.
aa)
Das LSG hat den Antragsteller fast ausschließlich mit der Beantwortung reiner Rechtsfragen beauftragt. Dies betrifft die Beweisfragen der Beweisanordnung vom 24. April 2018 zu den Ziffern 2 bis 7, in denen das Gericht den Antragsteller danach befragt hat, welche Diagnosen und Prozeduren nach den jeweils gültigen medizinischen Klassifikationen ICD und OPS (Operationen- und Prozedurenschlüssel) zu stellen seien, welche Kodierung nach Maßgabe der Deutschen Kodierrichtlinien zu erfolgen habe, welcher DRG der Behandlungsfall zuzuordnen sei, ob seine Beurteilung der Kodierung mit derjenigen durch den MDK oder durch das Krankenhaus übereinstimme und welcher Vergütungsbetrag sich aus seiner Zuordnung ergebe unter Darlegung des Rechenweges. Auch das Gutachten des Antragstellers benennt und beantwortet als alleinige streitige und klärungsbedürftige kodierrechtliche Frage – entsprechend des auch in der Berufungsschrift der Beklagten ausdrücklich benannten alleinigen Kodierungsdissenses - die korrekte Auswahl des ICD-Kodes T80.2 bzw. T80.1 oder I80.8 für die unstreitige Entzündung, während ein streitiger und klärungsbedürftiger medizinischer Sachverhalt nicht benannt, sondern im Gegenteil die abrechnungsrelevanten Fragen der DRG-Hauptdiagnose, der Harnwegsinfektion und der Kodierung der Entzündung als Nebendiagnose ausdrücklich alle als unstreitig bezeichnet werden.
Derartige Gutachten zur Kodierung von Krankenhausleistungen und deren Abrechnung werden in Anlage 1 zu § 9 JVEG a.F. nicht aufgeführt. Sie können als Rechtsgutachten auch nicht erfasst sein, weil die gerichtliche Einholung von Rechtsgutachten, soweit nicht die in § 293 ZPO geregelten Ausnahmefälle eingreifen, unzulässig ist. Das von dem Antragsteller erstellte Gutachten lässt sich daher auch nicht nach § 9 Abs. 1 Satz 3 JVEG a.F. unter Berücksichtigung der allgemein für Leistungen dieser Art außergerichtlich und außerbehördlich vereinbarten Stundensätze einer Honorargruppe nach billigem Ermessen zuordnen. Diese Auffangvorschrift des JVEG a.F. zur Sachverständigenvergütung ist auf gerichtlich eingeholte, nicht § 293 ZPO unterfallende Rechtsgutachten nicht anwendbar.
bb)
Die Einholung eines Rechtsgutachtens durch das Gericht zu in Deutschland geltenden, deutschen Rechtsnormen ist dem gerichtlichen Sachverständigenbeweis wesensfremd. Der Sinn und Zweck des Sachverständigenbeweises besteht darin, dass der Sachverständige als Gehilfe des Richters seine besondere Sachkunde zur Verfügung stellt, um aus bestimmten Tatsachen konkrete Schlussfolgerungen zu ziehen, Kenntnisse von Erfahrungssätzen zu vermitteln oder mit besonderem Fachwissen Tatsachen festzustellen, und dadurch die Erkenntnismöglichkeiten des Gerichts zu erweitern (vgl. Bundesverwaltungsgericht <BVerwG>, Beschluss vom 12.Oktober 2010 – 6 B 26/10 - juris RdNr. 5; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 118 RdNr. 11a; Leopold in: Beck-online Großkommentar, SGG, Stand 1. Januar 2021, § 118 RdNr. 75; Roller in: Berchtold, SGG, 6. Aufl. 2021, § 118 RdNr. 18). Für Rechtsfragen lautet der Grundsatz des deutschen Rechtes dagegen „iura novit curia“, also dass der Richter das Recht kennen (bzw. selbständig feststellen), auslegen und anwenden muss (Prütting in: Münchener Kommentar, ZPO, 6. Aufl. 2020, § 293 ZPO RdNr. 2; Saenger in: Saenger, ZPO, 8. Aufl. 2019, § 293 ZPO RdNr. 2; Huber in Musielak/Voit, ZPO, 17. Aufl. 2020, § 293 ZPO RdNr. 1). Die Rechtsermittlung obliegt dem Richter selbständig und in vollem Umfange, soweit der Grundsatz des „iura novit curia“ gilt, insbesondere in dem weiten Bereich des deutschen Gesetzesrechts (Prütting in: Münchener Kommentar, ZPO, 6. Aufl. 2020, § 293 ZPO RdNr. 4). Dies bedeutet für das Gericht im Einzelnen, dass es entweder die genaue Kenntnis vom anzuwendenden Recht hat oder dass es dieses Recht ermitteln muss, sei es durch Studium von Literatur und Rechtsprechung oder durch Informationen von Kollegen, wissenschaftlichen Mitarbeitern oder anderen Fachleuten (Prütting in: Münchener Kommentar, ZPO, 6. Aufl. 2020, § 293 ZPO RdNr. 4). Diese Art der richterlichen Information über die Rechtslage ist ein interner Vorgang und hat keinerlei Verbindung zu einem Beweisverfahren (Prütting in: Münchener Kommentar, ZPO, 6. Aufl. 2020, § 293 ZPO RdNr. 4). Die Kenntnis des allgemein gültigen, in Deutschland geltenden deutschen Rechts und auch des gemäß Art. 25 bzw. Art. 59 Absatz 2 Grundgesetz (GG) transformierten Völkerrechts sowie des Rechts der EU wird vom deutschen Richter dabei bedingungslos gefordert (Geimer in: Zöller, ZPO, 33 Aufl. 2020, § 293 RdNr. 1; Huber in Musielak/Voit, ZPO, 17. Aufl. 2020, § 293 ZPO RdNr. 2). Soweit ein Gericht zur Beurteilung inländischen Rechts ein Sachverständigengutachten einholt, liegt deshalb eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne des § 8 Gerichtskostengesetz (GKG) vor, weil die Anwendung inländischen Rechts originäre richterliche Aufgabe ist, die einem Sachverständigen nicht überlassen werden darf. Ein Sachverständigengutachten im gerichtlichen Verfahren ist ein Beweismittel zur Feststellung von Tatsachen, nicht zur Feststellung der Rechtslage (OLG Düsseldorf – Beschluss vom 6. Juni 2006 - I-23 W 26/06, 23 W 26/06 - NJW-RR 2007, 1151 = juris RdNr. 17). Der Sachverständige hat nicht die Aufgabe, den entscheidungserheblichen Prozessstoff zusammenzustellen, zu ordnen oder in rechtlicher Hinsicht zu bewerten. Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass eine Beweisaufnahme nur über streitige Tatsachen, nicht aber Rechtsnormen durchzuführen ist, sieht das Gesetz nur in § 293 ZPO bezüglich der Feststellung ausländischen Rechts, Gewohnheitsrechts oder von Statuten vor. Für die Auslegung inländischen Rechts gilt dies nicht, auch wenn es sich um komplexe wirtschaftliche Zusammenhänge handelt (Oberlandesgericht <OLG> Brandenburg Beschluss vom 2. Oktober 2003 - 9 UF 221/02 - juris; OLG Düsseldorf – Beschluss vom 6. Juni 2006 - I-23 W 26/06, 23 W 26/06 - NJW-RR 2007, 1151 = juris RdNr. 17). Auch der Umstand, dass sich eine Materie zum „Spezialgebiet“ entwickelt hat, ist kein Grund, ein Gutachten einzuholen (Geimer in: Zöller, ZPO, 33 Aufl. 2020, § 293 RdNr. 1). Der qualifizierte Volljurist, der als Richter eingestellt worden ist, muss in der Lage sein, sich in auch für ihn fremde Rechtsgebiete einzuarbeiten (Spickhoff ZZP 112 (1999), 265, 268). Aus diesem Grund ist anerkannt, dass Kosten für vom Gericht bestellte Rechtsgutachten, die durch § 293 ZPO nicht gedeckt sind, den Parteien - wegen unrichtiger Sachbehandlung durch das Gericht – gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG nicht auferlegt werden dürfen (Geimer in: Zöller, ZPO, 33 Aufl. 2020, § 293 RdNr. 1). Entsprechend ist es auch Sache des Gerichts, über die Frage der richtigen Kodierung zu entscheiden und festzustellen, ob die von einem Krankenhaus abgerechnete Vergütung zutreffend oder unzutreffend war (vgl. BSG, Beschluss vom 19. März 2020 – B 1 KR 65/19 B – juris RdNr. 6: „Die Frage, ob der Wortlaut „biskuspidale Aortenklappe“ kodierrechtlich einschränkend auszulegen ist, ist eine dem medizinischen Sachverständigengutachten nicht zugängliche Rechtsfrage.“). Dies gilt auch für die Frage, ob eine Nebendiagnose für die Abrechnung zusätzlich zur Hauptdiagnose zu kodieren ist (BSG, Urteil vom 16. Juli 2020 – B 1 KR 16/19 R – juris RdNr. 19). Es darf nicht einem Sachverständigen überlassen werden, vielmehr darf dieser nur beauftragt werden, soweit die zugrundeliegenden tatsächlichen Voraussetzungen einer Klärung bedürfen.
cc)
Der Gesetzgeber hat in Kenntnis dieser Grundsätze konsequenterweise keine Honorargruppe für Gutachten zu inländischen Rechtsfragen in der Anlage 1 zu § 9 JVEG a.F. vorgesehen. Denn eine Vergütung nach dem JVEG a.F. für ein nach dem deutschen Recht unzulässig eingeholtes Gutachten zu inländischen Rechtsfragen würde anderenfalls den Grundsatz „iura novit curia“ unterlaufen und im Ergebnis die verfassungswidrige Übertragung der originär dem Richter obliegenden Aufgabe der Rechtsfindung und Rechtsauslegung (vgl. Art. Art. 92 Satz 1 Halbsatz 1 GG: „Die rechtsprechende Gewalt ist den Richtern anvertraut“) auf den Sachverständigen monetär honorieren.
Diese Wertentscheidung des Gesetzgebers darf auch nicht über die Auffangklausel des § 9 Abs. 1 Satz 3 JVEG a.F. umgangen werden, indem über diese Norm die gesetzlich nicht vorgesehene Vergütung von Rechtsgutachten zu inländischen Rechtsfragen ermöglicht wird. Dies würde dem Zweck der Auffangklausel auch nicht entsprechen. In der Begründung des Entwurfs des KostRMoG vom 11. November 2003 wurde als Grund für die Schaffung des § 9 Abs. 1 Satz 3 JVEG a.F. angeführt, dass die Aufzählung in der Anlage 1 zu § 9 JVEG a.F. schon im Hinblick auf die Vielzahl der Sachgebiete, auf denen Sachverständige heute tätig seien, nur die in der Praxis wichtigsten Sachgebiete erfassen könne, weshalb es einer Regelung für das Honorar derjenigen Sachverständigen bedurft hätte, die auf einem weniger häufig nachgefragten Sachgebiet tätig seien (vgl. BT-Drs. 15/1971, S. 182). Die Auffangvorschrift sollte damit also lediglich die Berücksichtigung solcher Sachgebiete ermöglichen, die aus Gründen der quantitativen Nachfrage durch die Gerichte nicht gesondert in den Honorargruppen aufgeführt worden waren. Die Zulässigkeit der Gutachtenbeauftragung auf dem nicht erfassten Sachgebiet setzt die Vorschrift dagegen wie selbstverständlich voraus.
c)
Soweit teilweise die Auffassung vertreten wird, die Abrechnung und Kodierung von Krankenhausleistungen nach DRG-Fallpauschalen stellten im Kern ein medizinisches Sachverständigengutachten dar, dessen Vergütung sich nach den Honorargruppen M1 bis M3 zu richten habe (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 4. Juli 2017 – L 2 SF 122/17 B E – juris RdNr. 6), folgt dem der Senat nicht. Zwar erkennt das LSG Berlin-Brandenburg, dass die Abrechnung selbst und die Subsumtion unter bestimmte Fallgruppen ein Verwaltungshandeln oder eine juristische Subsumtion darstellen (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 4. Juli 2017 – L 2 SF 122/17 B E – juris RdNr. 8). Es argumentiert jedoch, welche abrechenbare Leistung vorliege, entscheide sich auf medizinischem Gebiet, nämlich danach, welche Haupt- und Nebendiagnosen nach ärztlicher Feststellung vorliegen würden. Die Abrechnung und die Subsumtion unter bestimmte Fallgruppen seien daher im Ergebnis durch den medizinischen Sachverhalt vorgegeben, so dass es sich bei einem Gutachten zur Abrechnung und Kodierung von Krankenhausleistungen nach DRG-Fallpauschalen im Kern um ein medizinisches Gutachten handele (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 4. Juli 2017 – L 2 SF 122/17 B E – juris RdNr. 8). Diese Argumentation hält einer genaueren Betrachtung allerdings nicht stand. Welche Haupt- und Nebendiagnosen vorliegen obliegt gerade nicht ärztlicher Feststellung, sondern ist originärer Gegenstand der Kodierung. Gegenstand ärztlicher Feststellung ist allein, welche Beschwerden und Erkrankungen bei dem Patienten bestanden, der dem abzurechnenden Behandlungsfall zugrunde liegt. Hierzu können und müssen ggf. als Tatfragen gutachterliche Feststellungen im Wege des Sachverständigenbeweises nach § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 402 ff. ZPO eingeholt werden, wenn und soweit im Einzelfall z.B. konkrete Befunde, Krankheitsbilder und Behandlungen streitig sind. Die auf der Grundlage eines - ggf. unter Zuhilfenahme von medizinischem Sachverstand – hinreichend geklärten Sachverhalts dann zutreffende Anwendung und Auslegung der Kodierrichtlinien und damit auch die zutreffende Kodierung von Haupt- und Nebendiagnosen sind dagegen als Rechtsfragen dem Sachverständigenbeweis entzogen (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. August 2019 - L 15 KR 489/19 B - juris RdNr. 7 und Beschluss vom 9. Januar 2020 – L 15 KR 766/19 B – juris RdNr. 3). Diese Aufgabe der verbindlichen Auslegung von Rechtsnormen ist als Kernbereich der richterlichen Tätigkeit einer Delegierung auf Medizincontroller oder andere Hilfspersonen nicht zugänglich. Das LSG Berlin-Brandenburg vermengt insofern unzulässig zwei voneinander strikt zu trennende Bereiche und kommt deshalb zu einem unzutreffenden Ergebnis. Auch und gerade in Bereichen eines im Einzelfall schwierigen Zusammenspiels zwischen rechtlichen und medizinischen Fragen ist es die essentielle und nicht delegierbare richterliche Aufgabe und Verantwortung, in einem ersten Schritt den entscheidungserheblichen Prozessstoff zusammenzustellen und die für die jeweilige Abrechnungskonstellation relevanten streitigen Kodierungsvoraussetzungen zu identifizieren, in einem zweiten Schritt bei dabei ggf. relevanten medizinischen Fragen eine Aufklärung durch geeignete prozessrechtliche Ermittlungsmethoden, ggf. auch durch Beauftragung von nach den Vorgaben des JVEG zu erstattenden und zu vergütenden medizinischen Sachverständigengutachten, herbeizuführen und abschließend in einem letzten Schritt die danach für die jeweilige Abrechnungskonstellation relevanten rechtlichen Fragen auf der Grundlage des ausermittelten Sachverhalts zu entscheiden. Soweit hierzu, wie gerade im Bereich der hochkomplexen und schwierigen kodierungsrechtlichen Fragen im Bereich der Abrechnungsstreitigkeiten von Krankenhäusern, vertiefte spezialrechtliche Kenntnisse unerlässlich sind, müssen diese ggf. durch geeignete Fortbildungen erworben und vermittelt werden.
d)
Eine Zuordnung des Gutachtens des Antragstellers zu einer der drei medizinischen Honorargruppen M1 bis M3 kann sich auch unter keinem denkbaren Gesichtspunkt dadurch ergeben, dass vom Antragsteller in der ersten der sieben Beweisfragen eine medizinische Sachaufklärung erbeten wurde.
Welche Erkrankungen und Beschwerden der Patientin in der Zeit ihres Krankenhausaufenthaltes vom 14. bis 21. Juli 2009 vorlagen, war medizinisch unstrittig und damit nicht klärungsbedürftig. Der Antragsteller hat hierzu auch keinerlei Untersuchungen durchgeführt, sondern lediglich auf Seite 6 seines Gutachtens den sich aus den Akten ergebenden Gesundheitszustand der Patientin bei Einlieferung in das Krankenhaus in wenigen Zeilen referiert. Einen streitigen und klärungsbedürftigen medizinischen Sachverhalt hat der Antragsteller nicht benannt, sondern im Gegenteil die abrechnungsrelevanten Fragen der DRG-Hauptdiagnose, der Harnwegsinfektion und der Kodierung der Entzündung als Nebendiagnose ausdrücklich alle als unstreitig bezeichnet. Auf Seite 3 seines Gutachtens hat der Antragsteller auch selbst ausdrücklich darauf hingewiesen, dass in seinem Gutachten keine medizinische Beurteilung erfolge, ob das diagnostische und therapeutische Vorgehen als solches sachgerecht gewesen sei bzw. ob bei einem anderen Vorgehen auch ein anderer medizinischer Kenntnisstand hätte erreicht werden können oder müssen. Ein medizinisches Gutachten wurde demnach nicht erstattet. Nicht nachvollziehbar und im Ergebnis auch nicht relevant sind insoweit die vom Antragsteller im Vergütungsfestsetzungsantrag vom 13. Juli 2018 erfolgten Angaben zu schwierigen Diskussionen bzgl. der medizinischen Einordnung und Lokalisation, zu komplexen kausalen Erörterungen bei der Wahl der Hauptdiagnose und zu einer differentialdiagnostischen Erörterung bezüglich der hirnorganischen Störung. Unabhängig von der Frage, ob es sich insoweit um zusammengefügte Textbausteine handelt, hat der Antragsteller in der ergänzenden Stellungnahme vom 21. Dezember 2020 selbst eingeräumt, dass medizinische Fragen im Verfahren L 4 KR 505/17 nicht streitig gewesen seien, weshalb es hierfür gar keines Gutachtenauftrags bedurft hätte.
Es kann vor diesem Hintergrund dahinstehen, dass eine Zuordnung des Gutachtens des Antragstellers zu einer der drei medizinischen Honorargruppen M1 bis M3 selbst dann nicht in Betracht käme, wenn man die kurze Wiedergabe des unstreitigen medizinischen Sachverhalts als medizinisches Gutachten einstufen würde, weil dadurch die vom LSG irrtümlich für beweisbedürftig erachtete Beweisfrage 1 beantwortet wäre. Zwar sieht § 9 Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 1 JVEG a.F. vor, dass in den Fällen, in denen eine Leistung auf mehreren Sachgebieten zu erbringen ist oder das medizinische oder psychologische Gutachten mehrere Gegenstände betrifft und die Sachgebiete oder Gegenstände verschiedenen Honorargruppen zugeordnet sind, sich das Honorar einheitlich für die gesamte erforderliche Zeit nach der höchsten dieser Honorargruppen richtet. Eine solche einheitliche Zuordnung scheidet nach § 9 Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 2 JVEG a.F. jedoch aus, wenn dies mit Rücksicht auf den Schwerpunkt der Leistung zu einem unbilligen Ergebnis führen würde. Letzteres wäre hier der Fall, weil der Schwerpunkt der gerichtlichen Beweisfragen nicht medizinische Fragen, sondern die rechtlichen Fragen der zutreffenden Kodierung, Einstufung in die DRGs und die Berechnung der Vergütung betrafen.
e)
Der erfolgten Vergütungsfestsetzung auf 0,00 Euro steht auch nicht die Regelung des § 8a Abs. 2 Satz 2 JVEG a.F. entgegen.
Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 JVEG a.F. gilt eine Leistung eines Sachverständigen unwiderlegbar als verwertbar, soweit das Gericht die Leistung berücksichtigt hat (vgl. BT-Drs. 17/11471, S. 260: „Der Sachentscheidung für eine Verwertbarkeit im Hauptsacheverfahren soll präjudizierende Wirkung zukommen“; vgl. hierzu auch Binz in: Binz/Dörndorfer/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 4. Aufl. 2019, § 8a JVEG RdNr. 13 m.w.N.).
Ob eine Berücksichtigung des Gutachtens des Antragstellers in einer Sachentscheidung des LSG dazu führen würde, dass das Gutachten nicht mehr als unzulässig angesehen werden dürfte und dem Antragsteller dann ein Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse nach den Vorschriften des JVEG a.F. zugestanden hätte, ist zweifelhaft, weil die Vorschrift des § 8a Abs. 2 Satz 2 JVEG a.F. lediglich die Verwertbarkeit des Gutachtens vermutet, den fehlenden Honorarstundensatz jedoch nicht ersetzen kann. Letztlich braucht dies vom Senat hier jedoch nicht entschieden zu werden, denn eine Sachentscheidung durch das LSG ist im Verfahren L 4 KR 505/17 nicht erfolgt. Nachdem das LSG das Gutachten des Antragstellers an die Beteiligten mit der Bitte um Stellungnahme übersandt hatte, nahm die Klägerin kurze Zeit später ihre Klage zurück, so dass das Verfahren ohne Sachentscheidung des LSG beendet wurde.
f)
Aufgrund der bereits erfolgten Vergütungsfestsetzung auf 0,00 Euro kann schließlich dahinstehen, ob und ggf. in welchem Umfang bei einer die streitgegenständliche Klageforderung in Höhe von 1.296,05 Euro um nahezu das dreifache überschreitenden Vergütungsforderung in Höhe von 4.766,00 Euro eine Herabsetzung der Vergütung gemäß § 8a Abs. 3 JVEG a.F. i.V.m. § 407a Abs. 4 Satz 2 ZPO nach pflichtgemäßem Ermessen zu erfolgen gehabt hätte sowie ggf. eine erhebliche Kürzung der vom Antragsteller nach § 9 Abs. 1 JVEG angesetzten insgesamt 41 Stunden (4 Stunden Aktenstudium, 31 Stunden Ausarbeitung des Gutachtens, 6 Stunden Diktat und Korrektur des Gutachtens).
Der Antragsteller hat allerdings nicht auf die erhebliche Differenz zwischen Klageforderung und Vergütungshöhe hingewiesen. Zudem beinhaltet das insgesamt 37 Seiten umfassende Gutachten die seitenlange Wiedergabe von Akteninhalten, ausführliche Ausführungen zu im Ergebnis als unstreitig bzw. als für die Streitfrage unerheblich bezeichneten ICD-Kodes sowie weiträumige grundsätzliche Darstellungen und Erläuterungen der Abrechnungssystematik im Bereich der Vergütung von Krankenhausleistungen. Unabhängig von der Frage, ob und in welchem Umfang es sich insoweit in weiten Teilen um allgemein verwendbare und verfügbare Textbausteine handelt, wird die vom Antragsteller selbst als allein streitige und klärungsbedürftige Frage der korrekten Auswahl des ICD-Kodes T80.2 bzw. T80.1 oder I80.8 im Wesentlichen auf nur wenigen Seiten benannt und beantwortet, weshalb auch nur dieser Gutachtenumfang überhaupt einer Vergütungsbemessung zugrunde gelegt werden könnte.
g)
Der Antragsteller hat auch keinen Anspruch auf Ersatz von Schreibgebühren, Kopierkosten, Portokosten und Umsatzsteuer.
Der Ersatz dieser Auslagen richtet sich gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 12 JVEG a.F. danach, ob sie notwendig waren bzw. hinsichtlich der Kopierkosten gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 JVEG a.F. danach, ob die gefertigten Kopien und Ausdrucke aus Behörden- und Gerichtsakten zur sachgemäßen Vorbereitung oder Bearbeitung der Angelegenheit geboten waren. Da hier bereits die Einholung des Gutachtens und damit die gesamte Gutachtenerstattung unzulässig war, scheidet auch der Ersatz der im Zusammenhang mit der Erstellung des Gutachtens entstandenen Auslagen aus.
h)
Anderweitige Rechtsgrundlagen, auf die eine Vergütung des Gutachtens des Antragstellers gestützt werden könnte, wie z.B. Gebührenordnungen o.ä., kommen nicht in Betracht. Das JVEG ist hinsichtlich der Vergütung gerichtlich herangezogener Sachverständiger abschließend (Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6. November 2014 – OVG 12 B 2.14 – juris RdNr. 24 ff.).
4.
Unabhängig von der allein nach dem JVEG vorzunehmenden Prüfung des Vergütungsanspruchs des Sachverständigen bleibt das Begehren des Antragstellers auch aus anderen Gründen ohne Erfolg. Denn im vorliegenden Fall steht seinem Vergütungsanspruch auch das aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch <BGB>) abgeleitete Missbrauchsverbot entgegen, weshalb sich ein Vergütungsanspruch des Antragstellers auch nicht aus dem Gesichtspunkt einer durch gerichtliche Beweisanordnung erfolgten Beauftragung oder vor dem Hintergrund früherer Beauftragungen ergeben kann. Der Senat kann daher auch offen lassen, ob sowie ggf. unter welchen genauen Voraussetzungen und Umständen Erklärungen, Bewertungen, Entscheidungen, Verfügungen und Anordnungen des ein Sachverständigengutachten beauftragenden Fachsenats überhaupt Auswirkungen sowie ggf. Bindungswirkungen für die gemäß § 4 JVEG a.F. originär für die Vergütungsfestsetzung zuständigen Urkundsbeamten bzw. Richter entfalten können.
Nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH und des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) unterliegt jede Rechtsausübung dem aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) abgeleiteten Missbrauchsverbot (BGH, Beschluss vom 10. Mai 2007 - V ZB 83/06 - BGHZ 172, 218 = juris RdNr. 12; Urteil vom 19. Dezember 2001 - VIII ZR 282/00 - BGHZ 149, 311 = juris RdNr. 36; BVerfG, Beschluss vom 5. Dezember 2001 – 2 BvR 527/99, 2 BvR 1337/00, 2 BvR 1777/00 - NJW 2002, 2456 = juris RdNr. 34). Als Ausfluss dieses auch das gesamte Kostenrecht beherrschenden Grundsatzes (vgl. BGH, Beschluss vom 20. November 2012 – VI ZB 1/12 - juris RdNr. 9) ist es rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig, solche Befugnisse auszuüben, die nicht den gesetzlich vorgesehenen, sondern anderen, nicht notwendig unerlaubten (BGH, Beschluss vom 29. Juni 2006 - IX ZB 245/05 - NJW-RR 2006, 1482 = juris RdNr. 12), aber funktionsfremden und rechtlich zu missbilligenden Zwecken dienen ( BGH, Urteil vom 14. Oktober 1991 - II ZR 249/90 - NJW 1992, 569 = juris RdNr. 20).
Grundsätzlich besteht nach § 407 ZPO, der über § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG auch in der sozialgerichtlichen Beweisaufnahme Anwendung findet, für einen vom Gericht bestellten Sachverständigen die Pflicht, der Ernennung Folge zu leisten, wenn er zur Erstattung von Gutachten der erforderten Art öffentlich bestellt ist oder wenn er die Wissenschaft, die Kunst oder das Gewerbe, deren Kenntnis Voraussetzung der Begutachtung ist, öffentlich zum Erwerb ausübt oder wenn er zur Ausübung derselben öffentlich bestellt oder ermächtigt ist. Allerdings ist der Sachverständige nach § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 407a Abs. 1 ZPO auch verpflichtet, unverzüglich zu prüfen, ob der Auftrag in sein Fachgebiet fällt und ohne die Hinzuziehung weiterer Sachverständiger sowie innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist erledigt werden kann, und wenn das nicht der Fall ist, das Gericht unverzüglich zu verständigen. Der Sachverständige hat ferner gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 407a Abs. 2 ZPO unverzüglich zu prüfen, ob ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen, und solche Gründe unverzüglich dem Gericht mitzuteilen. Außerdem hat der Sachverständige unverzüglich eine Klärung durch das Gericht herbeizuführen, sollte er Zweifel an Inhalt und Umfang des Auftrages haben, § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 407a Abs. 4 Satz 1 ZPO.
Mit diesen – nicht abschließend aufgezählten - Verpflichtungen des Sachverständigen gegenüber dem Gericht korrespondieren entsprechende Obliegenheiten des Gerichts gegenüber dem Sachverständigen. So hat das Gericht zum Beispiel gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 404a Abse. 1 und 2 ZPO die Tätigkeit des Sachverständigen zu leiten, ihn in seine Aufgabe einzuweisen und ihm auf Verlangen den Auftrag zu erläutern. Es hat den Sachverständigen zudem gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 408 ZPO von dem Gutachtenauftrag zu entbinden, wenn Gründe vorliegen, die einen Zeugen berechtigen, das Zeugnis zu verweigern. Als weitere Entpflichtungsmöglichkeit räumt das Gesetz in § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 408 ZPO dem Gericht außerdem den sogenannten richterlichen Dispens, der es - quasi als Generalklausel - dem Gericht nach seinem Ermessen ermöglicht, den Sachverständigen auch aus anderen Gründen von dem Gutachtenauftrag zu entbinden.
Dieses Regelungssystem macht deutlich, dass zwischen dem Gericht und dem Sachverständigen als Hilfsperson des Gerichts eine besondere Rechtsbeziehung besteht, die auch gegenseitige Informationspflichten beinhaltet. Insbesondere auf Seiten des Sachverständigen besteht die Obliegenheit, dem Gericht gegenüber sämtliche Umstände offen zu legen, die einer Benennung als Gutachter entgegenstehen könnten. Erkennt der Gutachter – wie im vorliegenden Fall – dass der medizinische Sachverhalt entgegen der Annahme des Gerichts unstreitig und nicht klärungsbedürftig und dass im Übrigen das vom Gericht veranlasste Gutachten als Rechtsgutachten zu inländischen Rechtsfragen unzulässig ist, so besteht für ihn die Pflicht, das Gericht auf diese Umstände hinzuweisen und insoweit seine Entpflichtung zu erbitten. Denn die überflüssige oder gar unzulässige Einholung eines Sachverständigengutachtens durch das Gericht ist dem gerichtlichen Sachverständigenbeweis funktionsfremd. Dies folgt schon aus dem Sinn und Zweck des Sachverständigenbeweises, der darin besteht, dass der Sachverständige als Gehilfe des Richters seine besondere Sachkunde zur Verfügung stellt, um die Erkenntnismöglichkeiten des Gerichts zu erweitern (vgl. Roller in: Berchtold, SGG, 6. Aufl. 2021, § 118 RdNr. 18). Aufgabe des Sachverständigen ist es, mithilfe besonderer Sachkunde aus Tatsachen konkrete Schlussfolgerungen zu ziehen, um so dem Gericht Kenntnis von Erfahrungssätzen zu vermitteln oder mit besonderem Fachwissen Tatsachen festzustellen (BVerwG, Beschluss vom 12.Oktober 2010 – 6 B 26/10 - juris RdNr. 5; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 118 RdNr. 11a; Leopold in: Beck-online Großkommentar, SGG, Stand 1. Januar 2021, § 118 RdNr. 75). Der sparsame Umgang mit Steuergeldern – zu dem auch die Gerichte angehalten sind - schließt es denknotwendig aus, die überflüssige Beauftragung von Sachverständigen als dem Sachverständigenbeweis noch funktionsimmanent zu qualifizieren und ist aus diesem Grund möglicherweise zwar nicht unzulässig, aber jedenfalls rechtlich zu missbilligen. Letzteres gilt erst Recht für die unzulässige Beauftragung eines Sachverständigen zu inländischen Rechtsfragen.
Erkennt ein Sachverständiger – wie hier –, dass die Einholung des Sachverständigengutachtens teilweise überflüssig, überwiegend sogar unzulässig durch ein Gericht erfolgt, so kann er sich nur dadurch dem Vorwurf der rechtsmissbräuchlichen - da gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßenden - Vergütungsforderung erwehren, indem er das Gericht nach § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 408 ZPO auf diesen Umstand hinweist und um seine Entpflichtung im Wege des richterlichen Dispenses bittet. Denn dem Gericht ist es möglicherweise mangels medizinischer Sachkunde nicht möglich gewesen, die fehlende Klärungsbedürftigkeit seiner Beweisfrage(n) zu erkennen, weshalb es auf einen entsprechenden Hinweis des Sachverständigen angewiesen ist. Hinsichtlich der Unzulässigkeit der Gutachteneinholung zu inländischen Rechtsfragen ergibt sich die Hinweispflicht des Sachverständigen unmittelbar aus § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 407a Abs. 4 Satz 1 ZPO (Pflicht des Sachverständigen unverzüglich eine Klärung durch das Gericht herbeizuführen, sollte er Zweifel an Inhalt und Umfang des Auftrages haben). Ggfs. muss der Sachverständige auf eine förmliche Entscheidung über die dem Gericht gegenüber vorgetragenen Bedenken bestehen. Sieht der Sachverständige dagegen davon ab, das Gericht entsprechend zu informieren, muss er sich den Vorwurf des missbräuchlichen Verhaltens entgegenhalten lassen, der seinen Vergütungsanspruch dann gänzlich entfallen lässt.
Hier hat der Antragsteller nach seinen eigenen Einlassungen im Festsetzungsverfahren die teilweise überflüssige, überwiegend unzulässige Gutachteneinholung erkannt. Er hat selbst ausgeführt, dass allein die Beweisfrage 1 primär medizinische Fragestellungen betroffen hätte, obwohl medizinische Fragen in diesem Fall gar nicht streitig gewesen seien, so dass es hierfür gar keines Gutachtenauftrags bedurft hätte. Ihm war also bewusst, dass die Beweisfragen 2 bis 7, die die zutreffende Kodierung und die Höhe der Vergütung betrafen, keine medizinischen Fragen zum Gegenstand hatten, mithin Rechtsfragen waren. Er gibt in seiner Einlassung selbst an, seit 2007 für viele Sozial- und Zivilgerichte mehrere hundert Gutachten zur Anwendung und Auslegung der Deutschen Kodierrichtlinien verfasst zu haben und auf diesem Gebiet Experte für die richtige Kodierung zu sein. Ihm muss als Experte in diesem Bereich die Rechtsprechung des BSG bekannt gewesen sein, wonach die Einholung von Sachverständigengutachten zur Frage der zutreffenden Kodierung und Vergütungsberechnung unzulässig ist. Gleichwohl hat er das LSG auf diesen Umstand nicht hingewiesen, sondern es vorgezogen, das überflüssige und überwiegend unzulässige Gutachten zu erstellen, um danach das Sachverständigenhonorar gegenüber der Staatskasse abrechnen zu können. Diese Vorgehensweise stellt sich als Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben aus § 242 BGB dar und schließt die Geltendmachung eines Vergütungsanspruchs gegenüber der Staatskasse aus.
Vor diesem Hintergrund braucht der Senat hier auch nicht darüber zu entscheiden, ob es für den Antragsteller möglich gewesen wäre, lediglich den Teil des Gutachtens, der die Beantwortung der Beweisfrage 1 betrifft, als medizinisches Gutachten einzustufen, einer der Honorarstufen M1 bis M3 zuzuordnen sowie getrennt von dem Gutachten zur Beantwortung der Beweisfragen 2 bis 7 ein Honorar hierfür geltend zu machen. Auch insoweit würde dem Vergütungsanspruch jedenfalls der Missbrauchseinwand aus § 242 BGB nach den obigen Ausführungen entgegenstehen. Der Senat weist allerdings darauf hin, dass eine solche Aufspaltung des Gutachtens nach der Konzeption des § 9 JVEG a.F. sowie der Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (Kostenrechtsmodernisierungsgesetz – KostRMoG) vom 11. November 2003 zu 3 9 JVEG a.F. (vgl. BT-Drs. 15/1971, S. 182) wohl ausgeschlossen sein dürfte. § 9 JVEG a.F. liegt – wie man der Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 1 JVEG a.F. entnehmen kann - die Konzeption zugrunde, dass der Gutachter sein Gutachten, auch wenn es mehrere Sachgebiete oder Gegenstände betrifft, nur einer Honorargruppe zuordnen können und nur einen einheitlichen Stundensatz für die Erstellung geltend machen können soll. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass eine aus verschiedenen Stundensätzen nach dem jeweiligen Umfang der zeitlichen Inanspruchnahme oder gar auf der Grundlage eines „gemischten“ Stundensatzes gebildete Gesamtvergütung zu ermitteln ist (BT-Drs. 15/1971, S. 182).
5.
Kosten sind nicht zu erstatten (§ 4 Abs. 8 Satz 2 JVEG a.F.).
6.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG a.F.).