L 6 U 314/21 ZVW

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6.
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 3448/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 314/21 ZVW
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 25. Oktober 2019 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in allen drei Instanzen nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung von Unfallfolgen umstritten.

Der 1970 geborene Kläger, der in zweiter Ehe verheiratet und Vater von drei Kindern ist, hat eine Lehre als Metzger absolviert, in diesem Beruf aber nicht gearbeitet. Es war in der Bauwirtschaft tätig und ist seit November 2012 als Lagerarbeiter und Staplerfahrer beschäftigt.

Am 11. März 2013 erlitt er einen bei der Beklagten versicherten Arbeitsunfall, als er sich aus dem Stand heraus das linke Knie verdrehte während er im Stehen Bleche von Abfallpaneelen abzog und dabei den Körper ruckartig nach rechts drehte, um die Materialien voneinander zu trennen. Er stand dabei auf Asphaltboden, welcher mit etwas Schnee bedeckt war, weder der linke noch der rechte Fuß verrutschen, er stürzte nicht auf das Knie (vgl. Angaben gegenüber dem Sachverständigen E). Anschließend arbeitete er zunächst weiter (vgl. Durchgangsarztbericht).

Der P diagnostizierte eine Kniedistorsion links. Es habe eine reizlose Narbe am lateralen Patellarand links sowie ein Kniegelenkserguss bestanden. Ein Druckschmerz über den Kniegelenksspalten habe nicht vorgelegen, die Seitenbandführung sei fest gewesen. Die Beweglichkeit wurde mit 0-0-110° angegeben, die Röntgenaufnahme habe keine frische knöcherne Verletzung bei Gonarthrose mit verschmälertem medialen Kniegelenkspalt gezeigt. Zur Abgrenzung zwischen degenerativer und frischer Verletzung sei eine Kernspintomographie (MRT) durchzuführen.

Die MRT vom 15. März 2013 (Befundbericht T) zeigte einen zweit- bis drittgradigen Knorpelschaden an der Patellarückfläche distal sowie korrespondierend an der Trochlea femori. Am Innenmeniskus bestanden mäßige Degenerationen ohne Hinweis auf eine Rissbildung sowie ein mäßiger Erguss bei kräftiger Synovitis. Weiter wurde ein alter kräftiger Überdehnungsschaden des Außenbandes sowie eine Verknöcherung bzw. Verkalkung entlang des Außenbandes beschrieben. F gab einen intraartikulären Erguss bei deutlich eingeschränkter Funktion im linken Kniegelenk für Streckung/Beugung bei möglicher Extension/Flexion von 0-40-100° an.

Aus dem Operationsbericht über die am 25. März durchgeführte Arthroskopie ergab sich eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes sowie unfallunabhängig eine Plica patellaris und ein drittgradiger Knorpelschaden im Bereich des Patellagleitlagers. Es sei eine Innenmeniskusteilresektion durchgeführt worden, im Intervall sei eine Ersatzplastik des vorderen Kreuzbandes vorgesehen. Ergänzend wurden der Operationsbericht sowie der histologische Bericht (Resektate vom linken Innenmeniskus mit lokalem tiefem jüngeren Substanzriss; Ligamentgewebe mit randlichen Rissbildungen und Übergang in Gelenkhaut mit im Übergangsbereich lokaler jüngerer mesenchymalen Reaktion; Veränderungen vereinbar mit einem berichteten, evtl. auch mehrzeitigen Distorsions-Trauma) vorgelegt.

Aufgrund zunehmender Schmerzen wurden am 27. März 2013 eine Punktion (Zwischenbericht des G) sowie am 28. und 30. März 2013 arthroskopische Spülungen durchgeführt. Postoperativ sei das linke Knie geschwollen gewesen, im Abstrich sei eine Infektion mit Staphylococcus aureus festgestellt worden. Wegen der schmerzbedingten Einschränkungen sei ein Katheter gelegt worden. Bei persistierenden Beschwerden werde eine erneute Kniearthroskopie in sechs Wochen empfohlen.

H äußerte sich beratungsärztlich dahingehend, dass die Unterlagen eine stattgehabte Drehbewegung des linken Knies aus dem Stand heraus zeigten, eine Fixation des Unterschenkels habe somit nicht stattgefunden, vorbestehend sei ein Zustand nach operativer Maßnahme vor 29 Jahren wohl nach Patellaluxation sowie eine mediale Gonarthrose. Im MRT sei eine Innenmeniskusdegeneration beschrieben worden, zusätzlich bestehe ein erheblicher Knorpelschaden in der retropatellaren Gleitrinne. Die Seitenbänder seien durchgängig und nicht frisch verletzt gewesen. Das vordere Kreuzband sei konstant ohne Hinweis auf eine frische Kreuzbandverletzung zur Darstellung gekommen. Unter Berücksichtigung des Unfallmechanismus ohne fixierten Unterschenkel, der mit einer alltagsüblichen Drehbewegung gleichzusetzen sei, könne gemäß dem MRT eine frische substantielle Verletzung im Kniegelenk nicht nachgewiesen werden. Die intraoperativen Befunde mit Innenmeniskuskorbhenkelruptur und proximalem Riss des vorderen Kreuzbandes seien bezüglich des vorderen Kreuzbandes als vorbestehend einzustufen. Die Verletzung sei anlässlich eines alltagsüblichen Ereignisses entstanden, wobei das Ereignis den Charakter der Gelegenheitsursache bzw. Auslöser habe. Die Behandlung zu Lasten der Beklagten sei abzubrechen.

Vom 21. bis 31. Mai 2013 befand sich der Kläger stationär im Bkrankenhaus U, welches eine offen chirurgische Revision des Kniegelenks links mit totaler Synovektomie und Arthrolyse durchführte. Die neurologische Vorstellung habe keinen pathologischen Befund ergeben, insbesondere keine Schädigung des Nervus femoralis. Im MRT der Lendenwirbelsäule (LWS) habe sich keine begründete Ursache der Motorikeinschränkung gezeigt. Die Operation zur Mobilisation des Kniegelenkes habe postoperativ zu einer deutlichen Verbesserung der Beweglichkeit geführt. Die Entlassung sei bei verbesserter Beweglichkeit mit reizfreien Wundverhältnissen erfolgt.

Mit Bescheid vom 7. Juni 2013 brach die Beklagte die Heilbehandlung ab, da kein Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der Krankheit mehr bestehe. Ein solcher sei nicht gegeben, wenn der Gesundheitsschaden durch ein anderes alltägliches Ereignis etwa zur selben Zeit und im selben Ausmaß eingetreten wäre. Für Gesundheitsschäden, die nur zufällig anlässlich einer versicherten Tätigkeit zum Ausbruch kämen oder bemerkbar würden, aber nicht durch diese verursacht seien, bestehe kein Versicherungsschutz. Bei der kernspintomographischen Untersuchung am 14. März 2013 habe keine substantielle Verletzung nachgewiesen werden können. Zusätzlich sei röntgenologisch belegt, dass die Gonarthrose des linken Kniegelenks bereits am Unfalltag vorhanden gewesen sei. Weiterhin bestehe eine verschleißbedingte Veränderung am Innenmeniskus und ein erheblicher Knorpelschaden in der retropatellaren Gleitrinne. Unter Berücksichtigung des Unfallmechanismus ohne fixierten Unterschenkel, der mit einer alltagsüblichen Drehbewegung gleichzusetzen sei, könne gemäß dem Kernspinbefund eine frische Verletzung im linken Kniegelenk nicht nachgewiesen werden. Dem Unfall sei daher nur eine auslösende, aber keine ursächliche Bedeutung für den Eintritt des Gesundheitsschadens beizumessen.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2013 zurückgewiesen.

Zum Gesamtverlauf der in der Zeit vom 5. bis 26. Juni 2013 durchgeführten stationären Rehabilitation (Berufsgenossenschaftliche Stationäre Weiterbehandlung – BGSW) wurde im Entlassungsbericht ausgeführt, dass die Beweglichkeit des Kniegelenkes habe gefördert werden können. Das Gangbild sei deutlich sicherer geworden, die Belastbarkeit gestiegen. Es fehle immer noch an muskulärer Ausdauer, Belastung und Stabilität. Nach weiterer Rekonvaleszenz sei eine stufenweise Wiedereingliederung sinnvoll, bis dahin werde Muskelaufbautraining unter physiotherapeutischer Anleitung und Betreuung empfohlen.

Im Klageverfahren beim Sozialgericht Ulm (SG – S 9 U 66/14) wurde das chirurgische Sachverständigengutachten des R vom 20. Mai 2014 erhoben. Diesem gegenüber gab der Kläger zum Unfallhergang an, dass er circa 50 kg schwere Paneele gehoben und mit dieser Last den Oberkörper nach rechts gedreht habe. Das linke Bein bzw. der linke Fuß sei fest auf dem Boden gestanden, bei fixiertem Fuß sei es zu einem Verdrehen des linken Kniegelenks in eine Innendrehung und X-Stellung (Valgus) gekommen. Er habe sich festhalten müssen, um nicht zu stürzen. Er habe sofort Schmerzen im Bereich des linken Kniegelenks sowie eine Schwellung mit Verfärbung gespürt. Das Kniegelenk habe unmittelbar nach dem Unfallereignis blockiert, er habe es dann geschüttelt, dann sei es wieder besser gegangen. Die Narbe im Bereich des Kniegelenks stamme aus seiner Kindheit, genaueres wisse er nicht mehr. In der Untersuchung habe sich ein linksseitiges Schonhinken gezeigt, in Folge dessen sei die Schrittlänge sowie die Stand- und Schwungphase auf dieser Seite verkürzt bzw. reduziert. Die Gelenkkonfiguration sei symmetrisch ohne inspektorisch fassbare Ergussbildung gewesen. Die Bewegungsprüfung habe ein Streckdefizit von 10° bei einer Beugefähigkeit von 120° ergeben. Die Bestimmung der Umfangsmaße habe eine deutliche Atrophie des Muskulus femoris links ergeben. Der vom Kläger glaubhaft und reproduzierbar geschilderte Unfallmechanismus mit Flexionstrauma bei fixiertem Fuß sei prinzipiell geeignet, um eine Binnentraumatisierung des Kniegelenks einschließlich Ruptur des vorderen Kreuzbandes herbeizuführen. Am Innenmeniskus hätten degenerative Vorschäden bestanden, sodass der Korbhenkelriss eine Gelegenheitsursache sei. Der zeitliche Zusammenhang sei gegeben, nachdem sich unmittelbar nach dem Unfallereignis eine Schwellung und Hämatomverfärbung gezeigt habe. Der objektivierbare Befund mittels MRT lasse keinen Rückschluss auf eine Kreuzbandverletzung zu. Dies stehe im Gegensatz zum intraoperativen Befund im Rahmen der Arthroskopie, in dem der Austritt eines blutigen Ergusses als Hinweis auf eine Binnentraumatisierung beschrieben werde. Die Bilder der Arthroskopie ließen aufgrund mangelhafter digitaler Qualität keine detaillierte Beurteilung zu, die das Vorliegen der vorderen Kreuzbandruptur zweifelsfrei bestätige. Im Falle des vorderen Kreuzbandes bestünden keine Hinweise auf frühere Schädigungen, im Innenmeniskus seien solchen gegeben. Unklar bleibe die Diskrepanz zwischen dem MRT und dem Arthroskopiebefund hinsichtlich des vorderen Kreuzbandes. Dieses werde im MRT als intakt beschrieben. In der Arthroskopie werde eine Ruptur angegeben, wobei die Arthroskopie hier als überlegen anzusehen sei, da das Kreuzband hierdurch visualisiert werde. Die Gonarthrose sei ebenso als vorbestehend und somit unfallunabhängig einzustufen. Bis zum Ablauf des ersten Jahres nach dem Unfall sei die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auf 20 v. H. einzuschätzen, danach auf 10 v. H. bis zum Ablauf des dritten Jahres nach dem Unfall.

Zu dem Sachverständigengutachten nahm H beratungsärztlich Stellung und legte dar, dass nach den Unterlagen kein fixierter Unterschenkel vorgelegen habe. Der Kläger habe mit beiden Beinen belastet auf dem Boden gestanden. Während der Drehbewegung sei zwar eine Ausweichbewegung des Unterschenkels vor dem Reißen des Ligamentes möglich gewesen. Eine Zwangsfixierung des Unterschenkels habe aber nicht stattgefunden. Der beschriebene blutig tingierte Erguss passe nicht zu einer frischen vorderen Kreuzbandruptur, auch wenn diese intrasynovial gelegen sei. Bei einer hochgradigen Verletzung hätte es zu einem massiven Bluterguss im Gelenk kommen müssen. Dies spreche in Anbetracht des stattgehabten Korbhenkelrisses für eine entsprechende degenerative Komponente bei der Korbhenkelruptur, weswegen es nicht zu einem ausgedehnten Bluterguss, sondern nur zu einer leichten Beimengung von Blut in der Gelenkflüssigkeit gekommen sei. Bezüglich des vorderen Kreuzbandes sei festzustellen, dass die intrasynoviale Ruptur hinsichtlich des Entstehungszeitpunktes nicht zugeordnet werden könne. Es bestehe die Möglichkeit einer vorbestehenden intrasynovialen Ruptur. Die feingewebliche Untersuchung habe eine randliche Rissbildung im Übergang in Gelenkhaut mit lokaler jüngerer Reaktion gezeigt. Es sei hier nicht von einem Riss des vorderen Kreuzbandes, sondern von einer im Randbereich zur Gelenkhaut entsprechenden Reaktion gesprochen worden, die nicht eine frische vordere Kreuzbandruptur beweise. Hinsichtlich des Meniskus sei auch der Gutachter der Meinung, dass es sich bei entsprechenden degenerativen Vorveränderungen um eine Gelegenheitsursache gehandelt habe. Ein hinreichender Unfallzusammenhang sei weiterhin nicht anzunehmen.

R gab, ergänzend befragt, an, dass der Mechanismus glaubhaft und reproduzierbar geschildert worden sei. Sicherlich sei es richtig, dass ein Ausweichen des Unterschenkels möglich gewesen sei, genauso gut könne dies aber auch nicht der Fall sein. Der Kläger habe plausibel dargelegt, dass es zu keiner Ausweichbewegung gekommen und der Fuß fixiert gewesen sei. Es sei somit von einer Binnentraumatisierung des Kniegelenks auszugehen. Dass im Operationsbericht ein blutig tingierter und nicht ein massiver Erguss beschrieben werde, schließe nicht aus, dass es hierzu in Folge einer Ruptur des vorderen Kreuzbandes gekommen sei. Für eine früher stattgehabte „intrasynoviale Ruptur“ spreche im Rahmen der durchgeführten Begutachtung nichts. Frühere Traumatisierungen, die zu einer potentiellen Verletzung des vorderen Kreuzbandes hätten führen können, seien dem Kläger nicht erinnerlich. Es bestehe kein Grund an der Richtigkeit des Operationsberichtes, der eine frische Ruptur des Kreuzbandes beschreibe, zu zweifeln.

Nach Hinweis des SG, dass über Unfallfolgen keine Verwaltungsentscheidung vorliege (Verfügung vom 10. Januar 2017 und Protokoll über die nichtöffentliche Sitzung vom 4. April 2017), wurde die Klage zurückgenommen.

Bereits mit Schreiben vom 15. Februar 2017 beantragte der Kläger daraufhin bei der Beklagten, die Unfallfolgen (Distorsionstrauma mit Korbhenkelriss und Innenmeniskushinterhorn/Corpusruptur des vorderen Kreuzbandes) als Arbeitsunfall anzuerkennen.

B1 legte beratungsärztlich dar, dass zum Unfallhergang nur die Aussage möglich sei, dass am 11. März 2013 ein Unfallgeschehen vorgelegen habe, das zu einem akuten Schmerz am linken Kniegelenk geführt habe. Eine Blutergussverfärbung sei im Durchgangsarztbericht des P nicht beschrieben, auch in der Untersuchung am 21. März 2013 sei eine solche nicht festgestellt worden. Zehn Tage nach dem Unfall habe F dokumentiert, dass der Bandapparat stabil gewesen sei und sich kein Hinweis auf eine vordere Kreuzbandruptur gezeigt habe. Die MRT-Bilder vom 14. März 2013 bildeten weder eine frische Ruptur des vorderen Kreuzbandes ab noch bestünden typische Begleitverletzungen, die in 80 % aller frischen isolierten Kreuzbandrupturen vorkämen. Einzig der ausgeprägte Kniegelenkserguss sei ein Indiz für eine frische Binnenverletzung des Kniegelenks drei Tage vor Durchführung der MRT-Untersuchung. Völlig unklar sei der MRT-Befund vom 2. Dezember 2013, der mehr als acht Monate nach dem Unfall im MRT wiederum ein normales vorderes Kreuzband beschrieben habe. Wenn dies tatsächlich zutreffe, wäre am 25. März 2013 eine vollständige Resektion des vorderen Kreuzbandes nicht durchgeführt worden. Dafür spreche, dass bei der gutachterlichen Untersuchung vom 16. Mai 2014 eine auffällige Instabilität des Kniegelenks nach vorne nicht habe festgestellt werden können. In der histologischen Untersuchung habe der Pathologe die Veränderungen am vorderen Kreuzband nicht eindeutig zuordnen können und spreche deshalb von einem mehrzeitigen Geschehen mit frischen und älteren Zeichen einer Gewebeschädigung. Nur die Interpretation des Kreuzbandschadens durch den Operateur und Teile der feingeweblichen Untersuchung belegten eine Verletzung. Die Blutbeimengungen des Gelenkergusses sprächen nicht für eine Verletzung des vorderen Kreuzbandes, ebenso wenig das Fehlen einer einschlägigen Vorverletzung in der dokumentierten Vorgeschichte. Selbst wenn der Fuß bei der Drehung des Oberkörpers fixiert gewesen sein sollte, sprächen die nachvollziehbaren objektiven Befunde dafür, dass es bei dem Unfall zwar zu einer Zerrung des Kniegelenks und wahrscheinlich einer Verlagerung des Innenmeniskuskorbhenkels gekommen sei, nicht jedoch zu einem Rissschaden des vorderen Kreuzbandes.

Mit Bescheid vom 30. Juni 2017 lehnte die Beklagte einen Anspruch auf Rente wegen des Arbeitsunfalls ab. Zur Begründung führte sie aus, dass der Arbeitsunfall nur zur folgenlos ausgeheilten Zerrung des Kniegelenks nach Verdrehung des linken Knies ohne Fixation des Unterschenkels geführt habe. Die Gonarthrose, die verschleißbedingten Veränderungen am Innenmeniskus, ein erheblicher Knorpelschaden in der retropatellaren Gleitrinne und ein Riss des vorderen Kreuzbandes bestünden unabhängig vom Unfall.

Gegen den Bescheid erhob der Kläger Widerspruch und machte geltend, dass über seinen Antrag auf Feststellung von Unfallfolgen nicht entschieden worden sei, sondern über einen Anspruch auf Rente. Hierzu wies die Beklagte (Schreiben vom 24. Juli 2017, Blatt 433 VerwAkte) darauf hin, dass richtig sei, dass mit dem Bescheid vom 30. Juni 2017 ein Anspruch auf Rente abgelehnt worden sei. Um hierüber entscheiden zu können, sei eine Beurteilung notwendig gewesen, welche Unfallfolgen vorlägen. Die Feststellung der Unfallfolgen und der unfallunabhängigen Beschwerden sei zweifelsfrei erkennbar, sodass es eines weiteren Bescheides rein zur Feststellung von Unfallfolgen nicht bedürfe. Der Kläger führte aus, dass in mehreren Jahren unter Umständen nicht mehr nachvollziehbar sei, welche gesundheitlichen Einschränkungen durch den Unfall bedingt seien und welche durch unfallunabhängige Ursachen, sodass bereits aus heutiger Sicht ein Feststellungsinteresse gegeben sei. Dies sei auch die Auffassung des SG im Verfahren S 9 U 66/14 gewesen. Sofern die Beklagte bei ihrer Rechtsauffassung verbleibe, werde um Entscheidung über den Widerspruch gebeten.

Nach internem Vermerk, dass ein über die Begründung hinausgehendes Feststellungsinteresse nicht zu begründen sei, wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17. Oktober 2017 zurückgewiesen. Die folgenlos ausgeheilte Zerrung des linken Kniegelenks begründe keine messbare MdE.

Mit Schreiben vom 16. November 2017 beantragte der Kläger erneut die Feststellung von Unfallfolgen, wozu die Beklagte mitteilte, dass mit dem Bescheid vom 30. Juni 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 2017 ein Anspruch auf Rente infolge des Unfalls vom 11. März 2013 abgelehnt worden sei. Grundlage dieser Entscheidung sei die Feststellung von Unfallfolgen bzw. der vom Arbeitsunfall unabhängig vorliegenden Beeinträchtigungen. Damit sei eine Entscheidung zu den Unfallfolgen getroffen und der Sachverhalt vom durchgeführten Vorverfahren umfasst.

Am 16. November 2017 hat der Kläger Klage beim SG erhoben und die Feststellung unter Aufhebung der ergangenen Bescheide beantragt, dass das am 11. März 2013 am linken Knie eingetretene Distorsionstrauma mit Korbhenkelriss und Innenmeniskushinterhorn/Corpusruptur des vorderen Kreuzbandes Folge des anerkannten Arbeitsunfalls sei.

Das SG hat das orthopädische Sachverständigengutachten des E eingeholt, der – nach nochmaliger Erhebung des Unfallhergangs – ausgeführt hat, dass der Kläger eine ruckartige Körperdrehung nach rechts ausgeführt habe, ohne dabei gestürzt zu sein. Die ruckartige Bewegung sei bei der endgradigen Ausführung zunächst vom Achsenorgan der Wirbelsäule gebremst bzw. aufgefangen worden, danach habe sich diese Bewegung auf den Beckenbereich und die Kniegelenke fortgesetzt. Er habe dabei mit beiden Beinen auf dem Boden gestanden, der locker mit Schnee bedeckt gewesen sei. Ein Wegrutschen mit dem rechten oder linken Fuß habe nicht stattgefunden, auch kein Sturz auf das rechte oder linke Kniegelenk. Es sei somit davon auszugehen, dass die „Drehenergie“ letztlich gefiltert am linken Kniegelenk angekommen sei und sich dann auf beide Kniegelenke verteilt habe. Bei dieser im Stehen ausgeführten Tätigkeit seien die Kniegelenke als weitgehend in Streckstellung befindlich anzusehen, hierbei seien die inneren und äußeren Seitbandführungen am Kniegelenk angespannt und schützten tieferliegende Strukturen des Kniegelenks. Biomechanisch könne das geschilderte Unfallereignisses einen Valgusstress des linken Kniegelenks billigen, letztlich auch von einem Schub des Oberschenkels gegenüber dem Unterschenkel nach vorne. Der typische Unfallmechanismus für eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes sei der sogenannte Drehsturz, bei welchem es zu einer kombinierten Übertragung von Krafteinwirkungen auf das Innenband, Meniskus und vorderes Kreuzband komme. Ein derartiger Unfallmechanismus, indirekt und alleinig das linke Kniegelenk betreffend, habe nicht stattgefunden. Zudem sei die auf das linke Kniegelenk einwirkende Energie gefiltert durch das vorhergehende Abfangen der Bewegungsenergie nacheinander durch Wirbelsäule und Beckenbereich und dann zusätzlich verteilt auf beide Kniegelenke gewesen. Der Hergang einer „gekoppelten Subluxation“ sei nicht herzuleiten, die einwirkende Kraft müsse als Bagatelle angesehen werden. Das verspürte Krachen im Kniegelenk sei unspezifisch. Damit einhergehend sei eine sofortige Einstellung der Tätigkeit nicht erfolgt. Der im Durchgangsarztbericht festgehaltene Erstbefund weise ebenfalls keine verletzungstypischen Zeichen aus, vielmehr seien nur allgemeine Zeichen eines Reizzustandes beschrieben worden. Die angegebene Hämatombildung sei dem Erstbefund nicht zu entnehmen. Die MRT habe durchgängige Bandstrukturen des vorderen wie auch des hinteren Kreuzbandes gezeigt, was sich auf den Aufnahmen zwangslos nachvollziehen lasse. Die Diskrepanz zu dem späteren Arthroskopiebefund lasse sich nicht aufklären. Eine neu eingetretene Läsion des vorderen Kreuzbandes führe in aller Regel zu Begleitläsionen an weiteren Strukturen, solche seien kernspintomographisch nicht gesichert. Der festgestellte Innenmeniskusschaden sei degenerativ bedingt und habe keinen Bezug zum angeschuldigten Ereignis. Ein Distorsionsereignis könne zwar einen dort vorbestehenden Innenmeniskusschaden symptomatisch werden lassen und durch eine Fehlbewegung auch ein Fortschreiten einer vorbestehenden Rissbildung induzieren, eine unfallbedingte Grundursache sei aber auszuschließen. Hierfür spreche auch, dass die Röntgenaufnahme des linken Kniegelenks am Tag nach dem Unfall eine Verschmälerung des medialen Kniegelenkspaltes als Hinweis auf einen vorbestehenden Innenmeniskusabnutzungsprozess zeige. Über 90 Prozent der vorderen traumatischen Kreuzbandläsionen seien von einer deutlichen Ergussbildung im Sinne eines Hämarthros, also einer Blutansammlung im Gelenk geprägt. Der proximale Anteil des vorderen Kreuzbandes werde durch Blutgefäße versorgt, sodass bei einer Schädigung eine Blutergussbildung zu erwarten sei. Bei der Arthroskopie am 25. März 2013 sei aber nur ein blutig tingierter Erguss festgestellt worden und somit ein Gelenkerguss, welcher geringe Blutbeimengungen enthalte. Da sich im Operationsbericht eine Kontinuitätstrennung im proximalen Anteil des vorderen Kreuzbandes erst nach Entfernung des Schleimhautüberzeugs habe darstellen lassen, sei auch – bei zuvor erhaltenem „Schlauch“ des Kreuzbandes – ggf. eine dortige (ältere) Blutansammlung zu erwarten. Eine solche sei nicht festgestellt worden. Die histologische Untersuchung erlaube keine richtungsgebende Bewertung, da hier sowohl ältere, wie auch teilweise frischere Veränderungen festgestellt würden. Als Zeichen einer eingetretenen vorderen Kreuzbandtrennung seien nur die Interpretation des Kreuzbandschadens durch den Operateur sowie Teilbefunde des feingeweblichen Ergebnisses des entnommenen vorderen Kreuzbandes zu sehen. Der erforderliche Nachweis eines unfallbedingten Schadens sei im Vollbeweis daher nicht zu erbringen. Das Auftreten des Symptombildes des linken Kniegelenks am 11. März 2013 sei auch in Anbetracht gesicherter vorbestehenden Verschleißerscheinungen im Rahmen einer sogenannten Gelegenheitsursache zu sehen. Eine unfallbedingte MdE könne nur bis zur MRT am 14. März 2013 angenommen werden. Zudem sei die arthroskopische Untersuchung und Behandlung am 25. März 2013 nicht unter der Indikation einer zuvor klinisch oder kernspintomographisch gesicherten Schädigung des vorderen Kreuzbandes, sondern zur Sanierung des festgestellten Innenmeniskusschadens durchgeführt worden. Dieser sei nicht als Unfallfolge zu werten.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG das orthopädische Sachverständigengutachten des W eingeholt. Diesem gegenüber hat der Kläger angegeben, dass er am 11. März 2013 eine ruckartige Bewegung des Oberkörpers durchgeführt habe. Der linke Fuß sei fixiert gewesen und er habe sich das linke Knie verdreht. Dabei habe er sofort Schmerzen verspürt. W hat ausgeführt, dass die im Verlauf durchgeführte Kernspintomographie am 14. März 2013 keine Verletzungen am Meniskus oder am vorderen Kreuzband gezeigt habe. Im Gegensatz dazu sei im Operationsbericht eindeutig eine Verletzung des vorderen Kreuzbandes beschrieben und der blutige Erguss dokumentiert worden. Die feingewebliche Untersuchung habe sowohl am Meniskus als auch im vorderen Kreuzbandstumpf Zeichen einer frischen Verletzung und Einblutung gezeigt. Bei Abwägung der Kausalität sei festzustellen, dass das Unfallereignis bei fixierten Beinen und ruckartiger Drehbewegung in der Lage gewesen sei, ein gesundes Kniegelenk, sowohl am Meniskus als auch am vorderen Kreuzband zu verletzen. Bei dem Kläger liege eine Sondersituation vor, da er bereits im Alter von 12 Jahren vermutlich eine Außenbandrekonstruktion oder Straffung erhalten habe und dementsprechend auch in den ersten MRT Aufnahmen hier Verkalkungsherde feststellbar gewesen seien. Es sei also von einer stummen Schadensanlage am linken Knie auszugehen. Weiterhin lasse sich unfallnah ein Gelenkverschleiß des medialen Kniegelenkskompartiments erkennen, was als Hinweis für eine stumme Schadensanlage zu deuten sei. Das Unfallereignis habe unmittelbar zu einer Ergussbildung geführt, die 14 Tage nach dem Ereignis im Rahmen des Operationsberichtes als blutiger Erguss beschrieben sei. Zwar habe sich im MRT keine Verletzung des vorderen Kreuzbandes gezeigt, jedoch ergebe sich diese aus dem Operationsbericht. Bei der Untersuchung habe sich neben einer Instabilität des Seitenbandapparates in Streck- und Beugestellung eine vergrößerte vordere Schublage als Zeichen einer vorderen Kreuzbandruptur feststellen lassen. Das Unfallereignis habe eindeutig zu einer Distorsion mit vorderer Kreuzbandruptur und bei stummer Schadensanlage einer Meniskusdegeneration auch zu einer Meniskusruptur geführt. Es sei von einer dauerhaften MdE von 20 v. H. auszugehen. Abweichungen zu den Vorgutachten würden sich daraus ergeben, dass eindeutig objektive unfallbedingte Folgen als nicht unfallbedingt eingeschätzt worden seien.

Mit Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 25. Oktober 2019 hat das SG den Bescheid vom 20. Juni 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Oktober 2017 abgeändert und als Folge des Arbeitsunfalls vom 11. März 2013 einen Riss des vorderen Kreuzbandes des linken Knies festgestellt sowie die Beklagte zur Tragung der außergerichtlichen Kosten des Klägers verpflichtet. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Beklagte ausdrücklich nur über die Gewährung bzw. Nichtgewährung einer Rente entschieden habe. Nachdem der Kläger keinen Antrag auf Rente gestellt, sondern nur die Feststellung von Gesundheitsstörungen im linken Kniegelenk als Folge des Arbeitsunfalls geltend gemacht habe, werde die Feststellung der Beklagten im angefochtenen Verwaltungsakt auch als anfechtbarer Verfügungssatz hinsichtlich der nun beantragten Feststellung der Ruptur des vorderen Kreuzbandes gewürdigt. Die Ruptur des vorderen Kreuzbandes, die im Vollbeweis gesichert sei, nachdem sie am 25. März 2013 arthroskopisch versorgt worden sei, müsse mit Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall vom 11. März 2013 zurückzuführen, was D überzeugend dargelegt habe. Danach komme dem Operationsbericht ein höherer Beweiswert zu, sodass der MRT-Befund nicht entscheidungserheblich sei. D und W hätten den vom Kläger geschilderten Unfallmechanismus als geeignet erachtet, um eine Binnentraumatisierung des Kniegelenks einschließlich einer Ruptur des vorderen Kreuzbandes herbeizuführen. Anhaltspunkte für einen älteren, unter Umständen nur durch sportliche Belastungen mehrzeitig entstandenen Schaden, bestünden nicht, insbesondere da der histologische Bericht einen jüngeren Riss beschreibe. P habe zwar feste Bänder, aber auch einen Erguss im Bereich des linken Kniegelenks beschrieben. Der Kläger habe zudem glaubhaft und widerspruchsfrei über unmittelbare Schmerzen, Schwellneigung, Verfärbung und Blockierung des linken Kniegelenkes berichtet. Im Operationsbericht sei ein blutiger Erguss beschrieben, der nur als Folge des Ereignisses vom 11. März 2013 gewertet werden könne. Schließlich spreche der Befund der histologischen Untersuchung für einen Kausalitätszusammenhang. Bei einem vollbeweislich frischen Kniebandschaden, dem eine wie auch immer geartete Einwirkung mit Kniegelenksbeteiligung vorausgegangen war, sei nach der unfallversicherungsrechtlichen Literatur die Kausalitätsfrage in der Regel positiv zu beantworten und zwar selbst dann, wenn nach dem Unfallhergang noch gewisse Zweifel bestünden, ob das Geschehen geeignet gewesen sei, einen Bandschaden zu verursachen.

Gegen das der Beklagten am 19. November 2019 zugestellte Urteil hat diese am 16. Dezember 2019 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Sie macht geltend, dass bei kritischer Betrachtung die für die Entscheidung maßgeblichen Befunde das Vorliegen einer unfallbedingt eingetretenen frischen Kreuzbandruptur gerade nicht eindeutig belegten. Der klinisch und im MRT nachgewiesene Gelenkerguss sei ein schwaches Indiz für eine Kreuzbandverletzung, die MRT-Bilder vom 14. März 2013 – drei Tage nach dem Unfall – zeigten keine Verletzung. Eine frische Ruptur des vorderen Kreuzbandes sei im Operationsbericht nicht beschrieben worden. Der histologische Befund belege keine eindeutige Verletzung. Die dokumentierten Befunde ließen sich sämtlich erklären, wenn das geschilderte Ereignis keine akute Verletzung des vorderen Kreuzbandes herbeigeführt habe. Das Zitat aus der Literatur, dass bei einem vollbeweislich gesicherten frischen Kreuzbandschaden, dem eine (wie auch immer geartete) Einwirkung mit Kniegelenksbeteiligung vorausgegangen sei, in der Regel die Kausalitätsfrage positiv zu beantworten sei, sei medizinisch richtig, aber eben nur beim zweifelsfreien Nachweis einer frischen Bandverletzung.

Ergänzend hat sie die beratungsärztliche Stellungnahme des B1 vorgelegt, wonach ein vermehrter Gelenkerguss zwar auf ein stattgehabtes Trauma oder eine Gelenkerkrankung hindeute, aber unspezifisch sei. Die MRT-Bilder drei Tage nach dem Unfall zeigten neben einem Innenmeniskusschaden ein signalarmes durchgängiges vorderes, also nicht verletztes Kreuzband ohne Kontinuitätsunterbrechung oder verletzungsbedingte Gewebewassereinlagerung. Zudem fehlten alle sekundären Merkmale einer frischen Verletzung des vorderen Kreuzbandes, nämlich Knochenödeme am hinteren Schienbeinkopf und Zeichen einer Dehnung des Innenbandes. Wenn das SG davon ausgehe, dass grundsätzlich einem Operationsbericht der höhere Beweiswert zukomme, sei dies medizinisch und wissenschaftlich nicht haltbar. Der Operationsbericht beschreibe vielmehr nur, was der Operateur gesehen habe, was nur durch Videoprints überprüft werden könne. Diese Videoprints seien nur von Sachverständigen zu beurteilen, die selbst arthroskopische Eingriffe vornähmen. MRT-Bilder könnten hingegen nach objektiven Kriterien von allen Gutachtern geprüft und bewertet werden. Ein blutiger Erguss, wie ihn das SG festgestellt habe, habe nicht vorgelegen, sondern ein seröser, in dem Blutbeimengungen vorhanden gewesen seien. Am Kreuzband habe erst die Gelenkinnenhaut eingeschnitten werden müssen, um den Kreuzbandschaden darstellen zu können. Letztlich beschreibe der histologische Befund keine eindeutige Verletzung wie den Nachweis von Blut oder Bluteisen, sondern dieser sei mehrdeutig, was der Pathologe ausdrücklich betone.

Der Senat hat mit Urteil vom 18. Juni 2020 das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen, da die Klage mangels Verwaltungsentscheidung über Unfallfolgen bereits unzulässig gewesen sei. Darüber hinaus sei die Klage nicht begründet, da der Kläger die Feststellung von Unfallfolgen nicht begehren könne.

Gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Kläger Beschwerde beim Bundessozialgericht (BSG) eingelegt, dass mit Beschluss vom 15. Dezember 2020 das Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen hat (B 2 U 142/20 B). Die Klage sei zulässig gewesen, denn es sei dem Versicherten nicht zuzumuten, die Verwaltungsentscheidung abzuwarten. Das berechtigte Interesse an einer baldigen gerichtlichen Feststellung, wie es § 55 Abs. 1 a. E. Sozialgerichtsgesetz (SGG) voraussetze, liege ferner vor, wenn die Behörde besonderen Anlass zur Klageerhebung gegeben habe. In diesen Fällen könne der Versicherte die Feststellungsklage isoliert erheben und müsse sie nicht mit einer Anfechtungsklage kombinieren. Verneine ein Gericht in seinem Urteil die Zulässigkeit der Klage ausdrücklich und stütze es darauf seine Entscheidung tragend, seien zusätzliche Ausführungen zur Begründetheit als unverbindlich zu betrachten und so zu behandeln, als wären sie nicht vorhanden.

Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen L 6 U 314/21 ZVW weitergeführt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 25. Oktober 2019 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs- und Gerichtsakten, auch des Verfahrens S 9 U 66/14, Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht erhoben (§ 151 SGG). Das Urteil wurde der Beklagten ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 19. November 2019 zugestellt, die Berufung ist am 16. Dezember 2019 und damit innerhalb der Monatsfrist beim LSG eingegangen. Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§§ 143, 144), und begründet.

Die Begründetheit der Berufung folgt aus der Unbegründetheit der zulässigen (vgl. § 170 Abs. 5 SGG) Klage. Das SG hätte den Bescheid der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides nicht abändern und eine weitere Unfallfolge feststellen dürfen, sondern die Klage insgesamt abweisen müssen.

Der Kläger hat materiell-rechtlich keinen Anspruch auf Feststellung eines Risses des vorderen Kreuzbandes des linken Knies als Unfallfolge. Anspruchsgrundlage für den Feststellungsanspruch des Versicherten und Ermächtigungsgrundlage zum Erlass des feststellenden Verwaltungsaktes für den Unfallversicherungsträger ist § 102 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII). Danach wird in den Fällen des § 36a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) die Entscheidung über einen Anspruch auf Leistung schriftlich erlassen. Sie stellt nicht nur das Schriftformerfordernis auf, sondern enthält zudem die Erklärung, dass der Unfallversicherungsträger über einen Anspruch auf Leistungen selbst entscheiden darf. Die Ermächtigungsnorm ist zugleich Anspruchsgrundlage für den Versicherten, da die Vorschrift nicht nur dem öffentlichen Interesse dienen soll, sondern auch dem Interesse eines aus der Norm abgrenzbaren Kreises Privater. Ermächtigung und Anspruchsgrundlage erfassen nicht nur die abschließende Entscheidung über den Leistungsanspruch, sondern ausnahmsweise auch die einzelner Anspruchselemente. Hierzu gehört zuerst der Versicherungsfall. Durch ihn wird ein Gesundheitserstschaden (eine Gesundheitsbeeinträchtigung) einer bestimmten versicherten Tätigkeit und dadurch zum einen dem Versicherten zugerechnet, der (nur) unfallversichert ist, wenn und solange er eine versicherte Tätigkeit verrichtet. Zum anderen wird der Gesundheitserstschaden einem bestimmten Unfallversicherungsträger zugerechnet, dessen Verbandszuständigkeit für diesen Versicherungsfall und alle gegenwärtig und zukünftig aus ihm entstehenden Rechte dadurch begründet wird. Es entsteht also mit der Erfüllung des Tatbestandes eines Versicherungsfalls ein als Rechtsverhältnis feststellbares Leistungsrechtsverhältnis zwischen dem Versicherten und dem Träger als Inbegriff aller aus dem Versicherungsfall entstandenen und möglicherweise noch entstehenden Ansprüche. Zweitens gehören zu den abstrakt feststellbaren Anspruchselementen die (sog. unmittelbaren) Unfallfolgen im engeren Sinn, also die Gesundheitsschäden, die wesentlich (und deshalb zurechenbar) spezifisch durch den Gesundheitserstschaden des Versicherungsfalls verursacht wurden. Drittens zählen hierzu auch die (sog. mittelbaren) Unfallfolgen im weiteren Sinn, also die Gesundheitsschäden, die nicht wesentlich durch den Gesundheitserstschaden des Versicherungsfalls verursacht wurden, aber diesem oder einem (behaupteten) Unfallereignis aufgrund einer besonderen gesetzlichen Zurechnungsnorm zuzurechnen sind (vgl. BSG, Urteil vom 5. Juli 2011 – B 2 U 17/10 R –, juris, Rz. 15 ff.).

Die unfallversicherungsrechtliche Zurechnung setzt erstens voraus, dass die Verrichtung der versicherten Tätigkeit den Schaden, gegebenenfalls neben anderen konkret festgestellten unversicherten (Wirk-)Ursachen, objektiv (mit-)verursacht hat. Für Einbußen der Verletzten, für welche die versicherte Tätigkeit keine (Wirk-)Ursache war, besteht schlechthin kein Versicherungsschutz und haben die Trägerinnen der gesetzlichen Unfallversicherung nicht einzustehen. (Wirk-)Ursachen sind nur solche Bedingungen, die erfahrungsgemäß die in Frage stehende Wirkung ihrer Art nach notwendig oder hinreichend herbeiführen. Insoweit ist Ausgangspunkt der Zurechnung die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie, nach der schon jeder beliebige Umstand als notwendige Bedingung eines Erfolges gilt, der nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele („conditio sine qua non“). Im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung muss eine versicherte Verrichtung, die im Sinne der „Conditio-Formel“ eine erforderliche Bedingung des Erfolges war, darüber hinaus in seiner besonderen tatsächlichen und rechtlichen Beziehung zu diesem Erfolg stehen. Sie muss (Wirk-)Ursache des Erfolges gewesen sein, muss ihn tatsächlich mitbewirkt haben und darf nicht nur eine im Einzelfall nicht wegdenkbare zufällige Randbedingung gewesen sein.

Ob die versicherte Verrichtung eine (Wirk-)Ursache für die festgestellte Einwirkung und die Einwirkung eine (Wirk-)Ursache für den Gesundheitserstschaden (oder den Tod) war, ist eine rein tatsächliche Frage. Sie muss aus der nachträglichen Sicht („ex post“) nach dem jeweils neuesten anerkannten Stand des Fach- und Erfahrungswissens über Kausalbeziehungen, gegebenenfalls unter Einholung von Sachverständigengutachten, beantwortet werden (vgl. dazu BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 – B 2 U 9/11 R –, SozR 4-2700 § 8 Nr. 44, Rz. 61 ff.).

Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln von Verletzten, das objektiv seiner Art nach von Dritten beobachtbar und subjektiv, also jedenfalls in laienhafter Sicht, zumindest auch auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist. Als objektives Handeln der Verletzten kann es erste Ursache einer objektiven Verursachungskette sein. Diese kann über die Einwirkung auf den Körper, über Gesundheitserstschäden oder den Tod hinaus bis zu unmittelbaren oder im Sinne von § 11 SGB VII, der für die zweite Prüfungsstufe andere Zurechnungsgründe als die Wesentlichkeit regelt, mittelbaren Unfallfolgen sowie auch zur MdE reichen, derentwegen das SGB VII mit der Rente ein Leistungsrecht vorsieht (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 31).

Erst wenn die Verrichtung, die möglicherweise dadurch verursachte Einwirkung und der möglicherweise dadurch verursachte Erstschaden festgestellt sind, kann und darf auf der ersten Prüfungsstufe der Zurechnung, also der objektiven Verursachung, über die tatsächliche Kausalitätsbeziehung zwischen der Verrichtung und der Einwirkung mit dem richterlichen Überzeugungsgrad mindestens der Wahrscheinlichkeit entschieden werden. Es geht hierbei ausschließlich um die rein tatsächliche Frage, ob und gegebenenfalls mit welchem Mitwirkungsanteil die versicherte Verrichtung, gegebenenfalls neben anderen konkret festgestellten unversicherten (Wirk-)Ursachen, eine (Wirk-)Ursache der von außen kommenden, zeitlich begrenzten Einwirkung auf den Körper von Versicherten war (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 32).

Zweitens muss der letztlich durch die versicherte Verrichtung mitbewirkte Schaden rechtlich auch unter Würdigung unversicherter Mitursachen als Realisierung einer in den Schutzbereich der begründeten Versicherung fallenden Gefahr, eines dort versicherten Risikos, zu bewerten sein. Denn der Versicherungsschutz greift nur ein, wenn sich ein Risiko verwirklicht hat, gegen das die jeweils begründete Versicherung Schutz gewähren soll (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 33).

Wird auf der ersten Stufe die objektive (Mit-)Verursachung bejaht, indiziert dies in keiner Weise die auf der zweiten Stufe der Zurechnung rechtlich zu gebende Antwort auf die Rechtsfrage, ob die Mitverursachung der Einwirkung durch die versicherte Verrichtung unfall-versicherungsrechtlich rechtserheblich, also wesentlich, war. Denn die unfallversicherungs-rechtliche Wesentlichkeit der (Wirk-)Ursächlichkeit der versicherten Verrichtung für die Einwirkung muss eigenständig rechtlich nach Maßgabe des Schutzzweckes der jeweils begründeten Versicherung beurteilt werden (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 34). Sie setzt rechtlich voraus, dass der Schutzbereich und der Schutzzweck der jeweiligen durch die versicherte Verrichtung begründeten Versicherung durch juristische Auslegung des Versicherungstat-bestandes nach den anerkannten Auslegungsmethoden erkannt werden. Insbesondere ist festzuhalten, ob und wie weit der Versicherungstatbestand gegen Gefahren aus von ihm versicherten Tätigkeiten schützen soll (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 15. Mai 2012 – B 2 U 16/11 R –, SozR 4-2700 § 2 Nr. 21, Rz. 21 ff.). Nur wenn beide Zurechnungskriterien bejaht sind, erweist sich die versicherte Verrichtung als wesentliche Ursache (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 – B 2 U 9/11 R –, SozR 4-2700 § 8 Nr. 44, Rz. 37).

Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt für die Beweiswürdigung bei der Tatsachenfeststellung, dass die Tatsachen, die solche Gesundheitsschäden erfüllen, im Grad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der naturphilosophischen Ursachenzusammenhänge zwischen der versicherten Einwirkung und einem Gesundheitserstschaden sowie zwischen einem Gesundheitserst- und einem Gesundheitsfolgeschaden der Grad der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die Glaubhaftmachung und erst Recht nicht die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urteile vom 2. April 2009 – B 2 U 9/07 R –, juris, Rz. 16 und vom 31. Januar 2012 – B 2 U 2/11 R –, SozR 4-2700 § 8 Nr. 43, Rz. 17).

Das Bestehen einer Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens muss ausgehend von konkreten Funktionseinbußen beurteilt werden. Soweit die MdE sich nicht ausnahmsweise unmittelbar aus den Unfallfolgen erschließt, bilden festgestellte und eindeutig nach gängigen Diagnosesystemen (z. B. ICD-10, DSM-IV) konkret zu bezeichnende Krankheiten (vgl. BSG, Urteile vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R –, BSGE 96, 196 <203> und vom 15. Mai 2012 – B 2 U 31/11 R –, juris, Rz. 18; Urteile des Senats vom 26. November 2015 – L 6 U 50/15 –, juris, Rz. 48 m. w. N. und vom 17. März 2016 – L 6 U 4796/13 –, juris, Rz. 37), wobei von einem normativ-funktionalen Krankheitsbegriff auszugehen ist (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 2017 – B 2 U 17/15 R –, juris, Rz. 22 m. w. N.), die Tatsachengrundlage, von der ausgehend die Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Leistungsvermögens auf dem Gebiet des gesamten Erwerbslebens zu beurteilen ist (BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 – B 2 U 5/10 R –, SozR 4-2700 § 200 Nr. 3, Rz. 17 m. w. N.).

Nach diesen Maßstäben kann der Senat nicht feststellen, dass es durch das angeschuldigte Ereignis vom 11. März 2013 zu einer Ruptur des vorderen Kreuzbandes des linken Knies gekommen ist. Ein Gesundheitserstschaden am vorderen Kreuzband durch das Unfallereignis ist nicht erwiesen, nachdem sich in dem drei Tage nach dem Unfall gefertigten MRT das hintere und vordere Kreuzband normal breit und durchgängig bei regelrechter Signalgebung gezeigt hat, wie der Senat dem Befundbericht des T entnimmt. Dass diese Aufnahmen keinen pathologischen Befund am vorderen Kreuzband zeigen, ist für den Senat plausibel sowohl von den Sachverständigen R, W und zuletzt E bestätigt worden und die Beratungsärzte H und B1 sind zu der gleichen Beurteilung gekommen. Einigkeit besteht weiter darin, dass der Operationsbericht über die 14 Tage nach dem Unfall durchgeführte Arthroskopie sich nicht mit dem MRT-Befund vereinbaren lässt. Weiter hat E dargelegt, dass sich keine bei einem traumatischen Riss des Kreuzbandes zu erwartenden Begleitverletzungen gezeigt haben.

Der Auffassung der Sachverständigen R und W, der sich das SG angeschlossen hat, dass der Arthroskopiebefund einen unfallbedingten Riss des vorderen Kreuzbandes belege, folgt der Senat nicht. Der Beratungsarzt B1 hat für den Senat schlüssig dargelegt, dass in der medizinischen Wissenschaft Einigkeit darüber besteht, dass die MRT ein geeignetes Verfahren zur Sicherung von Rupturen des vorderen Kreuzbandes ist. Nachdem die zeitnah zum Unfall durchgeführte MRT einen solchen nicht gezeigt hat, lässt sich ein Unfallzusammenhang schon zeitlich nicht durch den Bericht über die 14 Tage später durchgeführte Arthroskopie begründen. Die Ausführungen des R überzeugen den Senat auch deshalb nicht, da dieser zwar die MRT selbst ausgewertet hat und den Befundbericht bestätigen konnte, hinsichtlich der Arthroskopie aber einräumt, dass er den Operationsbericht nicht prüfen konnte, nachdem die Videoprints von mangelhafter digitaler Qualität gewesen sind. Davon, dass eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes vorgelegen hat, haben sich demzufolge R und W nicht selbst ein eigenes Bild machen können, sondern sind nur der Bewertung des Operationsberichts gefolgt. Entgegen der Auffassung des W ist eine solche Überprüfung nicht deshalb entbehrlich, weil der Eingriff durch einen Facharzt für Chirurgie durchgeführt worden ist. B1 hat nämlich nachvollziehbar dargelegt, dass ein Operationsbericht immer nur das wiederspiegelt, was der Operateur sieht und deshalb einer Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglich ist – im Gegensatz zu den Aufnahmen bildgebender Verfahren. Dies gilt vorliegend insbesondere deshalb, weil die Videoprints von der Arthroskopie nicht auszuwerten gewesen sind, wie R selbst angibt. Wenn er weiter ausführt, dass ihm der MRT-Befund vom 3. Dezember 2013, der das vordere Kreuzband als normal breit und durchgängig bei regelrechter Signalgebung beschreibt, im Hinblick auf den Arthroskopiebefund unerklärlich ist, stellt er den Operationsbericht selbst in Frage. Dass der MRT-Befund vom 3. Dezember 2013 dafür spricht, dass am 25. März 2013 keine vollständige Resektion des vorderen Kreuzbandes durchgeführt worden ist, hat B1 ebenfalls herausgearbeitet. Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass das Bkrankenhaus U mit Schreiben vom 28. Juni 2013 eine nochmalige Klärung des Arthroskopiebefundes angeregt und mit weiterem Schreiben vom 29. Juli 2013 klargestellt hat, dass eine Kreuzbandruptur von ihnen nicht diagnostiziert worden ist, sodass Rückfragen an den Erstoperateur zu richten sind. Diese Ausführungen sprechen ebenfalls nicht für die Überzeugungskraft des Arthroskopiebefundes.

Den im Arthroskopiebericht beschriebenen „tingierten Erguss“ sieht der Senat, gestützt auf das Sachverständigengutachten des E, nicht als beweisend für einen frischen Schaden am Kreuzband an. E hat überzeugend ausgeführt, dass bei dem Kläger eine Schädigung des proximalen Anteils des Kreuzbandes beschrieben sei, also an einer Stelle, die durch den Eintritt von Blutgefäßen von diesen versorgt wird, sodass deutliche Einblutungen und eine Blutergussbildung zu erwarten sind. Eine solche ist im Durchgangsarztbericht hingegen nicht beschrieben. Ergänzend hat B1 dargelegt, dass kein blutiger Erguss, sondern ein seröser mit Blutbeimengungen dokumentiert ist, worauf H ebenfalls hingewiesen hat. 14 Tage nach dem Unfall ist, so B1, indessen zu hinterfragen, in welchem Umfang überhaupt noch unfallbedingte Blutbeimengungen zu erwarten sind. Diese lassen sich im Übrigen durch den arthroskopischen Eingriff erklären.

Zu dem histologischen Befund hat E dargelegt, dass diesem keine richtungsgebende Bewertung entnommen werden kann, nachdem dieser sowohl ältere wie auch teilweise frischere Veränderungen feststellt. Entgegen der Auffassung des W hat E den Befund somit als zur Abgrenzung nicht eindeutig bewertet und damit als nicht richtungsweisend. Demgegenüber überzeugt es nicht, wenn W nur die beschriebenen frischen Veränderungen heranziehen möchte, um einen Unfallzusammenhang positiv zu belegen.

Schließlich spricht der Unfallmechanismus ebenfalls gegen einen unfallbedingten Riss des Kreuzbandes. Entsprechend den Angaben des Klägers gegenüber E legt der Senat zu Grunde, dass dieser am Unfalltag im Stehen Bleche von Abfallpaneelen abgezogen hat. Dabei wurde das Blech von der Paneele ruckartig abgezogen, sodass bei der Tätigkeit, die hohen Kraftaufwand erforderte, der Körper ruckartig nach rechts gedreht wurde, um die Materialien voneinander zu trennen. Er stand dabei auf Asphaltboden, welcher mit etwas Schnee bedeckt war. Weder der linke noch der rechte Fuß sind dabei verrutscht, ein Sturz auf das Knie ist nicht erfolgt. Hinsichtlich dieses Mechanismus hat E überzeugend herausgearbeitet, dass die erfolgende Drehenergie in der sukzessiven Folge in den Stationen LWS, Beckenbereich, Kniegelenke und letztlich dann gefiltert am linken Kniegelenk angekommen ist und sich zudem dann auf beide Kniegelenke verteilt hat. Bei der im Stehen ausgeführten Tätigkeit sind die Kniegelenke weitgehend in Streckstellung befindlich und die inneren und äußeren Seitbandführungen am Kniegelenk angespannt und schützen die tieferen Strukturen des Kniegelenks. Typischer Unfallmechanismus für eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes ist jedoch, so E, der Drehsturz, bei welchem es zu einer kombinierten Übertragung von Krafteinwirkungen auf Innenband, Meniskus und vorderes Kreuzband kommt. Diese Darlegungen decken sich mit denjenigen der unfallversicherungsrechtlichen Literatur zu der Pathomechanik der Kreuzbandverletzungen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, S. 650 f.). Ein solcher Unfallmechanismus hat beim Kläger nicht stattgefunden, sodass die auf das linke Kniegelenk einwirkende Kraft, auch wegen der speziell durch die eingenommene Streckhaltung und Stabilisierung vermittelten Seitenbandführungen, als Bagatelle anzusehen ist, wie E überzeugend beschreibt. Mit diesen eingehenden Darlegungen setzt sich der Sachverständige W nicht auseinander, sondern postuliert ohne Begründung in Abweichung von der herrschenden medizinischen Unfallliteratur einen geeigneten Mechanismus, was nicht überzeugt. Soweit R auf eine Fixierung des Unterschenkels abstellt und allein deshalb einen geeigneten Mechanismus annehmen will, folgt der Senat dem nicht. H hat nämlich nachvollziehbar beschrieben, dass eine Zwangsfixierung des Unterschenkels nicht vorgelegt hat und deshalb während der Drehbewegung eine Ausweichbewegung des Unterschenkels vor dem Reißen des Ligamentes möglich gewesen ist. Diesen Darlegungen vermochte R in seiner ergänzenden Stellungnahme nicht substantiiert entgegenzutreten.

Der Verweis des SG auf die unfallmedizinische Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., S. 652) überzeugt nicht. Dort ist lediglich ausgeführt, dass bei der Kausalitätsprüfung eines Kniebinnenschadens die zentrale Frage im Raum stehe, ob der Bandschaden nachgewiesenermaßen frischer Natur war oder ob es sich um einen älteren, unter Umständen nur durch sportliche Belastungen „mehrzeitig“ entstanden Schaden gehandelt hat. Dabei kommt der kernspintomographischen und arthroskopischen Diagnostik insoweit ein sehr hoher Stellenwert zu, da mit diesen diagnostischen Methoden in aller Regel – frühzeitig genug nach dem Unfallgeschehen eingesetzt – eine Unterscheidung zwischen frisch und alt möglich ist. Wird ein solcher frischer Kniebinnenschaden vollbeweislich belegt, ist dem auch eine – wie auch immer geartete – Einwirkung mit Kniegelenksbeteiligung vorausgegangen. Die Kausalitätsfrage ist in der Regel dann positiv zu beantworten, auch dann, wenn der Unfallhergang, fast nie wirklich im Detail aufklärbar, noch gewisse Zweifel aufkommen lässt, ob dieses Geschehen „geeignet“ war zur Entstehung eines solchen Bandschadens. Diese Ausführungen bestätigen einerseits die Darlegungen des B1, dass die MRT ein geeignetes und wissenschaftlich anerkanntes Verfahren zur Feststellung von Kreuzbandrupturen ist, und betonen anderseits die zeitliche Komponente des Einsatzes von MRT und Arthroskopie im Zusammenhang mit dem Unfallereignis. Letzteren beachtet das SG nicht, wenn es der Arthroskopie einen höheren Beweiswert beimisst als der zeitlich früheren MRT. Außerdem wird nicht berücksichtigt, dass die Literaturstelle sich auf die Abgrenzung von frischen und älteren Schäden bezieht, vorliegend aber die MRT drei Tage nach dem Unfall ein intaktes Kreuzband ergeben, also keinen Schaden gezeigt hat, hinsichtlich dessen sich die Abgrenzungsfrage stellen könnte. Dass der Arthroskopiebefund erheblichen Zweifeln unterliegt, ist oben bereits im Einzelnen dargelegt worden. Im Übrigen lässt sich dem Pathologiebefund entnehmen, dass dieser die Veränderungen als vereinbar mit einem mehrzeitigen Distorsions-Trauma beschreibt, was wiederum für einen älteren Schaden sprechen und die Schlussfolgerung des SG ebenfalls nicht tragen würde.

Letztlich konnte der Senat mit E feststellen, dass die Arthroskopie nicht unter der Indikation einer zuvor klinisch oder kernspintomographisch gesicherten Schädigung des vorderen Kreuzbandes, sondern zur Sanierung des festgestellten Innenmeniskusschadens, der nach übereinstimmender Beurteilung degenerativ bedingt gewesen ist, durchgeführt wurde. Die Frage mittelbarer Unfallfolgen infolge des Eingriffs stellt sich daher nicht (vgl. zu mittelbaren Unfallfolgen BSG, Urteil vom 26. Oktober 2017 – B 2 U 6/16 R –, juris, Rz. 19).

Nachdem der Kläger keine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) auf die Gewährung einer Verletztenrente erhoben hat, kommt es auf weitere Gesundheitsstörungen, die inzident im Hinblick auf die Gewährung einer Verletztenrente zu prüfen sein könnten, nicht an. Für eine Abänderung des Bescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides bestand deshalb kein Raum.

Auf die Berufung der Beklagten war daher das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten aller Instanzen folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

Rechtskraft
Aus
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