Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 18. März 2021 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Wiedergewährung einer Verletztenrente nach einer erfolgten Rentenabfindung ohne Berücksichtigung des auf Lebenszeit abgefundenen Rentenanteils nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 vom Hundert (v. H.).
Er ist 1945 geboren und erlernte den Beruf des Bankkaufmanns. Unter anderem war er als Zweigstellenleiter einer Bank beschäftigt. Seit 2005 ist er berentet. Er ist verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Kindern (vgl. Entlassungsbericht der Kliniken V).
Am 5. April 1970 musste der Kläger als er sich mit seinem PKW auf dem Weg zur Arbeit befand einem entgegenkommenden, auf der Fahrbahnmitte fahrenden PKW ausweichen. Hierbei geriet sein PKW ins Schleudern, kam von der Fahrbahn ab, überschlug sich und kam auf einem angrenzenden Acker auf dem Dach zum Liegen.
Aus dem Durchgangsarztbericht vom Unfalltag ergaben sich als Diagnosen schwerer Schock, Commotio cerebri, ausgedehnte Hämatome am Kopf, Kompressionsfraktur des 5. Brustwirbelköpers (BWK) (Keilwirbel), Tibiakopffraktur links und Knöchelfraktur links.
Die Beklagte erkannte durch Bescheid vom 19. Januar 1971 auf der Grundlage des von H, nach der ambulanten Untersuchung des Klägers am 20. September 1970 erstellten Ersten Rentengutachtens als Unfallfolgen an Einschränkung der Beweglichkeit und Belastungsschwäche der Wirbelsäule (WS) nach Kompressionsbruch des 6. BWK, Bewegungseinschränkung im linken Knie- und Fußgelenk, Minderung der Muskulatur sowie Herabsetzung der groben Kraft des linken Beines, Minderung des Kalksalzgehalts des linken Knie- und Fußskeletts nach Schienbeinkopfbruch links und Innenknöchelbruch links mit knöcherner Aussprengung aus dem vorderen Volkmann`schen Dreieck. Sie gewährte dem Kläger für den Zeitraum vom 20. Juli bis zum 31. Oktober 1970 eine vorläufige Verletztenrente nach einer MdE von 40 v. H. und ab dem 1. November 1970 bis auf Weiteres nach einer MdE von 30 v. H..
Nach dem bei H aufgrund der ambulanten Untersuchung des Klägers am 5. Mai 1971 erhobenen Zweiten Rentengutachtens sei eine Besserung in der Belastbarkeit der WS und des linken Beines eingetreten gewesen, die MdE habe deswegen nur noch 20 v. H. betragen. Den gutachterlichen Ausführungen des H folgend gewährte die Beklagte durch Bescheid vom 24. Juni 1971 dem Kläger ab dem 1. August 1971 eine vorläufige Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H..
Im Auftrag der Beklagten erstellte H nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 18. Februar 1972 ein Zweites Rentengutachten zur erstmaligen Feststellung der Dauerrente. Als Unfallfolgen hätte noch vorgelegen Belastungsschwäche der Brustwirbelsäule (BWS) nach Kompressionsfraktur des 6. BWK, Belastungsschwäche und Bewegungseinschränkung des linken Beines im Knie und in den Sprunggelenken nach Tibiakopffraktur links und medialer Knöchelfraktur links sowie periphere Durchblutungsstörungen und Muskelminderung am linken Bein. Die MdE habe 20 v. H. betragen. Es habe eine Druck- und Klopfempfindlichkeit an der stärksten Wölbung der BWS, was dem 5. bis 8. BWK entspreche, ein mäßiger Rüttelschmerz der WS und ein mäßiger Stauchungsschmerz der oberen BWS bestanden, der Finger-Boden-Abstand (FBA) habe 10 cm betragen. Die Beweglichkeit sei hauptsächlich in der Lendenwirbelsäule (LWS) durchgeführt worden, die ausreichend gut mobil gewesen sei. Die BWS sei nicht auffällig versteift und nicht auffällig beweglich gewesen. Die Beweglichkeit der Kniegelenke habe für Beugung/Streckung rechts 50-0-180° und links 70-0-180° betragen. Für die Sprunggelenke seien die Fußspitzenhebung rechts/links 90°, die Fußspitzensenkung rechts 60°, links 80°, das Heben des äußeren Fußrandes rechts 10°, links 0° und das Senken des äußeren Fußrandes rechts 30°, links 10° gewesen. Es sei eine Muskelverschmächtigung am linken Oberschenkel und in geringerem Grad an der linken Wade, eine mäßige Verdickung im linken Kniegelenk, besonders im Bereich des Tibiakopfes, und eine Schwellung sowie Deformierung des linken Sprunggelenks aufgefallen. Ein Erguss im linken Kniegelenk habe nicht vorgelegen.
Die Beklagte gewährte dem Kläger durch Bescheid vom 28. Februar 1972 anstelle der vorläufigen Verletztenrente eine Dauerrente nach einer MdE von 20 v. H. und erkannte als Folgen des Arbeitsunfalls an Belastungsschwäche der BWS nach Kompressionsfraktur des 6. BWK, Belastungsschwäche und Bewegungseinschränkung am linken Knie sowie am linken oberen und unteren Sprunggelenk, Durchblutungsstörungen und Muskelminderung am linken Bein nach Schienbeinkopfbruch links und Innenknöchelbruch links mit knöcherner Aussprengung aus dem vorderen Volkmann`schen Dreieck.
H führte in dem nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 2. April 1973 erstellten Zweiten Rentengutachten zur Rentennachprüfung aus, es habe sich im Vergleich zur vorhergehenden Untersuchung keine Besserung ergeben, es handele sich um einen Dauerschaden, eine Besserung könne nicht erwartet werden. Die MdE betrage weiterhin 20 v. H..
Den Antrag des Klägers auf eine Abfindung der Verletztenrente vom 20. März 1974, den er mit dem Bau eines Einfamilienhauses begründete, lehnte die Beklagte zunächst durch Bescheid vom 20. August 1974 ab, da vom Amtsarzt beim Gesundheitsamt des Kreises C, Reg. K, in seinem Gutachten vom 2. Mai 1974 eine normale Lebenserwartung wegen des erheblichen Übergewichts des Klägers (10 kg) nicht bejaht worden sei. Es müsse somit in Betracht gezogen werden, dass die Abfindungssumme höher sei als der Betrag, welchen der Kläger im Rahmen seiner Lebenserwartung zu beanspruchen habe.
Auf den deswegen erhobenen Widerspruch des Klägers holte die Beklagte ein weiteres Gutachten bei Reg. K aufgrund der ambulanten Untersuchung des Klägers am 17. Oktober 1975 ein. Demnach habe die Beurteilung im vorherigen Gutachten aufgrund der zwischenzeitlichen Gewichtsreduktion des Klägers revidiert werden können. Aus dem im Weiteren bei H1, nach der Untersuchung des Klägers am 15. Dezember 1975 erhobenen Gutachten ergab sich, dass eine Besserung gegenüber dem letzten maßgeblichen Gutachten nicht eingetreten und die MdE auch weiterhin mit 20 v. H. zu bewerten sei. Bei der im Röntgenbild beschriebenen Veränderung des linken Kniegelenks sei mit einer vorzeitigen Arthrosis deformans dieses Gelenks und möglicherweise auch des oberen Sprunggelenks (OSG) zu rechnen. Durch Bescheid vom 9. März 1976 entsprach sodann die Beklagte dem Abfindungsantrag des Klägers. Die bisherige Rente fiel mit Ablauf des Monats März 1976 weg, die Abfindungssumme betrug 77.046,00 DM.
Aus einem Aktenvermerk der Beklagten vom 24. Mai 2005 ergab sich, dass der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte mitgeteilt worden sei, dass die Verwaltungsakte vernichtet worden wäre.
Am 19. November 2012 wandte sich der Kläger an die Beklagte und führte aus, durch Bescheid vom 29. Februar 1972 sei bei ihm eine Dauerrente festgestellt worden. Als Folgen des Arbeitsunfalls seien eine Belastungsschwäche der BWS nach Kompressionsfraktur des 6. BWK, eine Belastungsschwäche und eine Bewegungseinschränkung im linken Knie sowie im linken oberen und unteren Sprunggelenk, Durchblutungsstörungen und eine Muskelminderung am linken Bein nach Schienbeinkopfbruch links und Innenknöchelbruch links mit knöcherner Aussprengung aus dem vorderen Volkmann`schen Dreieck anerkannt worden. Diese anerkannten Folgen führten nach nun über 40 Jahren zu weiteren Beeinträchtigungen bei Bewegung und Belastung der BWS und des linken Beines sowie zu verstärkten Durchblutungsstörungen und Muskelminderungen am linken Bein. Dies seien zweifelsfrei Folgeschäden des Arbeitsunfalls. Der Kläger fragte, welche Leistungen die Beklagte trotz der Abfindung der Verletztenrente im Jahr 1974 übernehme und ob die Beklagte ihm einen erfahrenen Spezialisten nennen könne, der in ihrem Auftrag die Folgeschäden behandeln könne.
Die Beklagte teilte dem Kläger daraufhin mit, er solle sich bei einem Durchgangsarzt vorstellen. Im Weiteren liege die Akte bislang noch nicht vor.
Zur Vorlage bei der Beklagten kam daraufhin der Bericht der M, Klinikum C, über die Vorstellung des Klägers am 12. Dezember 2012, der als Diagnose eine ausgeprägte posttraumatische Valgusgonarthrose links nach Arbeitsunfall vom 5. April 1970 anführte. Klinisch sei das linke Kniegelenk deutlich verplumpt gewesen, es habe eine Valgusfehlstellung bestanden, die Beweglichkeit habe für die Extension/Flexion 0-15-130° betragen, ein intraartikulärer Erguss habe nicht bestanden und die Seitenbänder seien stabil gewesen. Die Röntgenaufnahmen hätten am linken Kniegelenk eine massiv lateral betonte Gonarthrose gezeigt, der Gelenkspalt sei lateral aufgehoben gewesen, und im linken OSG hätten sich deutliche arthrotische Veränderungen ergeben. Nach dem Arbeitsunfall im Jahr 1970 seien die arthrotischen Veränderungen am linken Bein eindeutig als posttraumatisch zu werten. Der Kläger werde sich kurzfristig zur Planung eines Kniegelenksersatzes vorstellen.
Aus dem weiteren Bericht des Klinikum C, R, über die Vorstellung des Klägers am 20. Dezember 2012 ergab sich eine 5 bis 10° Valgusfehlstellung und eine deutlich eingeschränkte Kniebeweglichkeit (Extension/Flexion 0-10-120°). Die arthrotischen Veränderungen seien eindeutig als posttraumatisch zu werten. Die einzig sinnvolle Therapiemöglichkeit sei die Implantation einer Knie-Totalendoprothese (TEP).
K1, Orthopädische Gemeinschaftspraxis R1, berichtete über die Untersuchung des Klägers am 11. Januar 2013, bei der er die Diagnose posttraumatische Valgusgonarthrose links gestellt habe. Im Röntgenbefund habe sich eine massive laterale Arthrose mit Valgusfehlstellung ergeben, die Beweglichkeit habe für die Extension/Flexion 0-15-130° betragen.
Der Zwischenbericht des MVZ O, K2, führte im Hinblick auf die Untersuchung des Klägers am 18. Januar 2013 aus, es läge ein Zustand nach Tibiakopffraktur links im Jahr 1970, eine posttraumatische Gonarthrose links und eine beginnende posttraumatische Arthrose des OSG links vor. Als Therapie wurde eine TEP des linken Kniegelenks empfohlen.
Beratungsärztlich wertete P die Gesundheitsstörungen des Klägers als mittelbare Traumafolgen. Nach der Knie-TEP sei objektiv eine Befundprogredienz gegenüber dem Ist-Zustand nicht zu erwarten, sofern die Einstufung der MdE überwiegend wegen der Kniegelenksbeschwerden erfolgt sei. Nachdem der Anteil der MdE bezogen auf die BWS nicht bekannt sei, sei eine Erhöhung auf eine MdE von 30 v. H. denkbar bei Anerkennung einer richtunggebenden Verschlimmerung der anfangs offenbar beginnenden Valgusgonarthrose und einer nachweisbaren Funktionsbeeinträchtigung messbaren Umfangs im Bereich der BWS.
Am 8. März 2013 erfolgte im MVZ O die Implantation einer zementierten Knie-TEP links. Der intra- und postoperative Verlauf habe sich komplikationslos gestaltet, bei der Entlassung am 17. März 2013 habe die Beweglichkeit Extension/Flexion 0-0-90° betragen, die Röntgenkontrolle habe eine regelrechte Lage des eingebrachten Materials gezeigt, der Kläger sei bei peripherer Durchblutung, unauffälliger Motorik und Sensibilität an Gehstöcken voll mobilisiert gewesen.
Es folgte eine stationäre Heilbehandlung vom 19. März bis zum 9. April 2013 in den Kliniken V. E und B, Kliniken V, berichteten am 9. April 2013 von einer röntgenologisch regelrechten Lage des implantierten Kniegelenks, einer stadiengerechten guten Mobilität und einer Beweglichkeit von Streckung/Beugung 0-0-95°. Komplikationen seien keine aufgetreten. Bei Beginn der fiktiven Arbeitsfähigkeit am 6. Mai 2013 werde die MdE voraussichtlich 20 v. H. betragen.
Nach Gutachterauswahl des Klägers beauftragte die Beklagte F, MVZ O GmbH, mit der Erstellung eines Gutachtens. Das Gutachten erstattete jedoch dessen Kollege K2 aufgrund der ambulanten Untersuchung des Klägers am 7. Juni 2013. Als Unfallfolgen hätten noch ein Zustand nach Knie-TEP links bei posttraumatischer Gonarthrose nach Tibiakopffraktur, eine Kyphosierung der BWS nach konservativ behandelter BWK-6-Fraktur und eine ausgeheilte konservativ behandelte Innenknöchelfraktur links vorgelegen. Die MdE werde 25 v. H. betragen, aktuell sei sie wegen der Knie-TEP noch 30 v. H. einzuschätzen. Als Befund an der WS habe sich ergeben, dass diese gerade aufgebaut sei bei leicht vermehrter Kyphose ohne wesentliche Skoliose bei regelgerecht ausgebildeter Muskulatur, gleichmäßig in einer Reihe stehende Dornfortsätze, kein Klopf- oder Druckschmerz, kein axialer Stauchungsschmerz, Lasegue negativ, Halswirbelsäule (HWS) in allen Ebenen leichtgradig minderbeweglich (Vorneigen/Rückneigen 40-0-20°, Seitneigen rechts/links 20-0-20°, Drehen rechts/links 60-0-60°, Kinnspitzenschulterhöhenabstand bei maximaler Drehseitneigung rechts/links 10/10), kein Bewegungsschmerz, regelrechte Neurologie der oberen und unteren Extremitäten, regelrechte Bewegung und lebhaftes Muskelspiel beim gleichmäßigen Gehen. Die Beweglichkeit der BWS und der LWS habe für die Seitneigen rechts/links 30-0-30°, Drehen im Sitzen rechts/links 50-0-50°, FBA 13 cm, Ott 30/32 cm und Schober 10/11 cm betragen. Am linken Kniegelenk habe sich eine reizlose, etwas livide verfärbte Narbe von 9 cm Länge, eine Schwellung mit mäßiger Überwärmung, eine mäßige Ergussbildung und eine leicht verminderte Muskelkraft bei minimal gelockerten Kniegelenksbändern ohne Schubladenbewegung gezeigt. Das linke Sprunggelenk sei reizlos und bandstabil gewesen. Der freie Gang auf ebener Erde ohne Schuhwerk sei sicher und hinkfrei vorführbar gewesen, die Schrittgröße seitengleich und seitengleich belastet, eine Kniebeuge sei mit vermindertem Bewegungsausschlag in die Beugung durchführbar, der Stand auf beiden Beinen und der Einbeinstand sei rechts und links sicher und balancefähig gewesen. Bei der erstmaligen Vorstellung des Klägers am 18. Januar 2013 habe sich eine viertgradige Arthrose mit Valgusfehlstellung im Kniegelenk links und eine Beweglichkeit von Streckung/Beugung 0-20-110° gezeigt. Somit sei die Rentenabfindung nach einer MdE von 20 v. H. nach dem präoperativen Befund zu gering gewesen; es sei davon auszugehen, dass die MdE bereits zwei Jahre zuvor, also ab Januar 2011, 30 v. H. betragen habe. Die Erhöhung der MdE beruhe auf der zunehmenden schweren Arthrose mit einer deutlichen Bewegungseinschränkung, insbesondere einer Streckhemmung von 20°.
Nach dem Zwischenbericht des K2 über die Nachuntersuchung des Klägers am 3. Juli 2013 habe am linken Kniegelenk ein leichter Erguss bestanden und die Beweglichkeit habe für die Streckung/Beugung 0-0-120° betragen.
In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 30. August 2018 teilte K2 klarstellend mit, dass er die MdE aktuell auf 30 v. H. (25 v. H. Knie und 5 v. H. WS und Sprunggelenk) schätze. Er gehe davon aus, dass die MdE nach einem Jahr wegen einer Stabilisierung und Verbesserung der Beweglichkeit des linken Kniegelenks nach Einsetzung der TEP 25 v. H. betragen werde.
Mit Schreiben vom 9. Juli 2013 wies der Kläger darauf hin, dass eine endgültige Abfindung der Rentenansprüche erfolgt sei. Demnach könne der erst im Jahr 2011 entdeckte Folgeschaden keine Verschlimmerung der Tibiakopffraktur darstellen, die laut der Röntgenaufnahme vom 24. Januar 1991 ausgeheilt gewesen sei.
Beratungsärztlich hielt S das Gutachten des K2 für schlüssig. Derzeit betrage der MdE 30 v. H., sie werde höchstwahrscheinlich nach einem Jahr laut Aussage des Gutachters auf 25 v. H. reduziert werden können.
Im Tenor des Bescheides vom 12. September 2013 führte die Beklagte aus, dass in den Folgen des Arbeitsunfalls vom 5. April 1970 eine wesentliche Änderung eingetreten sei. Die MdE betrage seit dem 1. Januar 2011 30 v. H.. Der auf Lebenszeit abgefundene Zahlanspruch der Rente lebe ab dem 1. Januar 2011 in Höhe der wesentlichen Änderung nach einer MdE von 10 v. H. wieder auf. Der Begründung des Bescheides ließ sich entnehmen, dass trotz der für den Zeitraum bis zur Rentenabfindung nicht mehr vorhandenen Verwaltungsakte der Vergleich zwischen dem aktuellen bzw. dem seit 2011 bestehenden Zustand der Unfallfolgen mit den Verhältnissen, die zum Zeitpunkt der letzten Rentenfeststellung vorgelegen hätten, aufgrund der vom Kläger vorgelegten Unterlagen möglich gewesen sei. Hinsichtlich der Höhe der MdE stützte sich die Beklagte auf das Sachverständigengutachten des K2. Das Vorbringen des Klägers im Schreiben vom 9. Juli 2013, dass wegen der endgültigen Abfindung der Verletztenrente der im Jahr 2011 entdeckte Folgeschaden des linken Kniegelenks keine Verschlimmerung der Unfallfolgen sei, entbehre einer gesetzlichen Grundlage.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch rügte der Kläger die Vernichtung der Verwaltungsakte durch die Beklagte sowie die Gutachtenserstellung durch K2 und nicht durch den beauftragten F. Im Weiteren verwies er nochmals auf die endgültige Abfindung der Verletztenrente, so dass diese bei der jetzigen Rentengewährung nicht zu berücksichtigen sei.
Mit Bescheid vom 30. September 2013 lehnte die Beklagte die Neufeststellung des Jahresarbeitsverdienstes (JVA) nach dem Wiederaufleben der abgefundenen Verletztenrente ab. In der diesbezüglichen Rechtsbehelfsbelehrung führte sie aus, der Bescheid werde nach § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des laufenden Widerspruchsverfahrens zum Bescheid vom 12. September 2013. Auch gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Widerspruch.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 2013 zurück. Ein Anspruch auf eine höhere Verletztenrente als nach einer MdE von 10 v. H. bestehe nicht, da nach § 76 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) ein nach § 76 Abs. 1 SGB VII bzw. nach dessen Vorgängervorschrift § 604 Reichsversicherungsverordnung (RVO) auf Lebzeiten abgefundener Rentenanspruch nur insoweit wiederauflebe, als eine wesentliche Verschlimmerung der Unfallfolgen eingetreten sei. Das Wiederaufleben der Rente nach der insgesamt vorliegenden MdE sehe lediglich § 77 Abs. 1 SGB VII für Schwerverletzte vor. Nach dem Gutachten des K2 und dessen ergänzender Stellungnahme sei seit dem 1. Januar 2011 eine Verschlimmerung zunächst in Form der Gonarthrose und sodann durch die erfolgte Knie-TEP und der jeweils damit verbundenen Funktionsbeeinträchtigungen eingetreten. Dessen Feststellungen, insbesondere die Bewertung mit einer MdE von 30 v. H. und des verschlimmerungsbedingten Anteils mit einer MdE von 10 v. H., stehe in Übereinstimmung mit den von der sozialgerichtlichen Rechtsprechung für gleichartige Unfallfolgen herausgebildeten Erfahrungssätzen. Das Gutachten des K2 und dessen ergänzende Stellungnahme habe auch verwertet werden dürfen, da der Kläger vor der Erteilung des Bescheides vom 12. September 2013 keine Verletzung des ihm nach § 200 Abs. 2 SGB VII zustehenden Gutachterauswahl- bzw. Vorschlagsrechts angezeigt habe. Eine von den maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften abweichende Beurteilung rechtfertige auch nicht das Vorbringen des Klägers, dass die Abfindung endgültig vereinbart worden sei. Ebenso bestehe ein Anspruch auf die Feststellung eines höheren JVA nicht.
Mit der am 4. November 2013 beim Sozialgericht Heilbronn (SG – S 7 U 3778/13) erhobenen Klage verfolgte der Kläger seiner Begehren weiter.
Im Termin zur Erörterung des Sachverhaltes am 22. April 2015 nahm der Kläger die Klage hinsichtlich der Feststellung des JVA zurück.
Das SG erhob bei S1 aufgrund der ambulanten Untersuchung des Klägers am 16. Juli 2015 ein fachorthopädisches Gutachten. Als Unfallfolgen hätten eine unter Keilwirbelbildung von 18° konsolidierte BWK-6-Kompressionsfraktur ohne Auswirkung auf die Gesamtstatik der BWS mit subjektiv empfundenen endgradigen Bewegungseinschränkungen für die Rotation bei messtechnisch normalem Bewegungsumfang, eine einliegende Knie-TEP links nach posttraumatischer Valgusgonarthrose links mit leichter Restinstabilität und endgradiger Bewegungseinschränkung für die maximale Beugung um 30° gegenüber der Gegenseite mit zwischenzeitlich wieder erweiterter Gehstrecke, ein rezidivierender Schwellungszustand, ein Anlaufschmerz und persistierende Taubheitsgefühle lateral der Operationsnarbe vorgelegen. Im Weiteren hätte als Unfallfolge eine stattgehabte Sprunggelenksfraktur links, zwischenzeitlich vollständig und in regelrechter Stellung knöchern konsolidiert ohne Ausbildung einer posttraumatischen Arthrose mit endgradiger Bewegungseinschränkung für die maximale Plantarflexion um 10° gegenüber der Gegenseite ohne Hinweis auf eine Inaktivitätsosteopenie oder Gebrauchsminderung des linken Fußes bestanden. Die unfallbedingte MdE sei bis zum Zeitpunkt der Verschlimmerung auf 20 v. H. und ab dem 1. Januar 2011 auf 30 v. H. zu schätzen.
Die Rumpfwirbelsäule habe eine leichte Fehlstatik mit eher Abflachung der vorhandenen physiologischen Krümmung im Sinne eines Flachrückens gezeigt, insbesondere die durch die BWK-6-Fraktur eher verstärkte Kyphose sei normal bis unternormal ausgeprägt gewesen. Ihre Beweglichkeit sei in allen Ebenen frei und nicht schmerzhaft in altersentsprechend normalem Umfang gewesen (FBA 20 cm, Ott 30/32cm, Schober 10/14,5 cm). Im Bereich der HWS hätten sich keine Auffälligkeiten gefunden (Reklination/Anteversion 40-0-60°, Kinn-/Jugulumabstand 0/18 cm, Seitneigung beidseits bis 25°, kombinierte Rotation beidseits bis 70°). An den Beinen habe eine leichte Muskelminderung des linken Oberschenkels von 1,5 cm bei gleichzeitiger Vergröberung der linken Kniegelenkskontur um 2 cm bestanden, die Beinachsen seien zwischenzeitlich gerade ausgerichtet und seitengleich, das Gangbild unauffällig gewesen. Die Beweglichkeit der Kniegelenke habe für die Streckung/Beugung rechts 0-0-140° und links 0-0-110° betragen mit leichten Knackgeräuschen im linken Kniegelenk ohne retropatellares Reiben. Das linke Kniegelenk habe eine leichte Aufklappbarkeit gezeigt, links sei der Lachman-Test angedeutet positiv wie bei einem Oberflächenersatz mit Resektion des vorderen Kreuzbandes üblich gewesen. Ein Druckschmerz des lateralen Kniegelenkspalts habe nicht vorgelegen, positive Meniskuszeichen hätten sich nicht gefunden.
Zusammenfassend seien die Unfallfolgen im Bereich der BWS und der LWS im Vergleich zur Erstbegutachtung und zur Gesamtschädigung identisch geblieben. Eine posttraumatische Arthrose im linken OSG habe sich nicht entwickelt. Im Zeitverlauf habe sich jedoch die Schädigung des körperfernen Schienbeinkopfes durch den stattgehabten Schienbeinkopfbruch mit nachfolgender leichter X-Beinstellung in Form einer posttraumatischen Valgusgonarthrose verschlimmert. Dies sei eindeutig eine Verschlimmerung der durch den Unfall eingetretenen Schadensanlage gewesen, wodurch es seit 2011 zu einer gravierenden Verschlimmerung gekommen sei, die eine Erhöhung der initial eingeschätzten MdE von 20 auf 30 v. H. bedinge. Zwar habe sich die Beweglichkeit und die Gehstrecke zwischenzeitlich nach Implantation der Knie-TEP wieder erweitert, die aktuellen Röntgenaufnahmen hätten jedoch bereits eine leichte Verschmälerung des medialen Kniekompartiments gezeigt, was möglicherweise für einen beginnenden Inlayverschleiß spreche, und zusätzlich bestehe auch eine Restinstabilität, wodurch eine Gesamt-MdE von 30 v. H. gerechtfertigt sei.
Mit Schreiben vom 11. Mai 2016 teilte die Beklagte dem SG mit, dass die Verwaltungsakte zum Versicherungsfall vom 5. April 1970 zwischenzeitlich in verfilmter Version aufgefunden worden und mit deren Reproduktion nunmehr wieder vollständig vorhanden sei.
Zugleich legte die Beklagte den Bescheid vom 11. Mai 2016 vor, durch den sie den Antrag des Klägers auf Rücknahme des Bescheides über die Feststellung der Abfindung der Dauerrente vom 9. März 1976 sowie des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 2013 abgelehnt hatte. Den hiergegen vom Kläger erhobenen Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 16. August 2016 zurück. Die deswegen beim SG erhobene Klage (S 7 U 2849/16) nahm der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung am 10. Juni 2020 zurück.
Am 10. Juni 2020 nahm der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung auch im Verfahren S 7 U 3837/16 die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 26. Oktober 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. November 2016 über die Ablehnung der Löschung von Sozialdaten zurück.
Das SG wies im Verfahren S 7 U 3778/13 die Klage durch Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 19. Oktober 2016 ab. Zur Begründung verwies es auf die Ausführungen der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden. Ergänzend führte es aus, aufgrund des von S1 erstellten Sachverständigengutachtens könne dahinstehen, ob das Sachverständigengutachten des K2 verfahrensfehlerhaft zustande gekommen sei. Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes könne nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren zustande gekommen sei, wenn offensichtlich sei, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst habe.
Mit der hiergegen beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegten Berufung (L 3 U 4434/16) verfolgte der Kläger die Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von 30 v. H. ohne Berücksichtigung der abgefundenen Verletztenrente weiter. Der Anrechnungsanspruch sei verwirkt und/oder verjährt gewesen.
Der 3. Senat des LSG hat die Berufung durch Beschluss vom 31. März 2017 zurückgewiesen. Im Vergleich zu den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass des Bescheides vom 29. Februar 1972 vorgelegen hätten, sei eine wesentliche Verschlechterung eingetreten, so dass nach den überzeugenden Ausführungen des S1 die MdE seit dem 1. Januar 2011 nicht mehr 20, sondern 30 v. H. betrage. Die Beklagte habe demnach durch Bescheid vom 12. September 2013 zu Recht dem Kläger ab dem 1. Januar 2011 eine Verletztenrente nach einer MdE von 10 v. H. bewilligt. Zu Unrecht begehre der Kläger das Wiederaufleben der Verletztenrente in voller Höhe. Nach der gesetzlichen Regelung werde nach einer Rentenabfindung die Verletztenrente nur in Höhe der MdE gezahlt, die durch die Verschlimmerung bedingt sei. Die Beklagte „missbrauche“ entgegen der Ansicht des Klägers die wiederhergestellte Verwaltungsakte auch nicht zum Beweis für die Existenz des Abfindungsbescheides; ihr Verhalten entspreche vielmehr dem geltenden Recht. Auch habe der Kläger bereits bei der Stellung des Verschlechterungsantrages gewusst, dass die Verletztenrente bereits abgefunden gewesen sei. Über die Rechtsfolgen der Rentenabfindung habe die Beklagte den Kläger im Rahmen des Abhilfebescheides vom 9. März 1976, mit dem die Rentenabfindung gewährt worden sei, aufgeklärt. Ihr Handeln sei demnach nicht rechtsmissbräuchlich. Im Weiteren habe die Beklagte durch ihr Verhalten die Berücksichtigung der abgefundenen Verletztenrente nicht verwirkt. Die Voraussetzungen einer Verwirkung seien nicht gegeben; die Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt den Eindruck erweckt, dass der Kläger im Falle einer wesentlichen gesundheitlichen Verschlechterung einen Anspruch auf die Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. zuzüglich der auf die Verschlechterung entfallenden MdE habe. Auch habe der Kläger nicht darauf vertrauen können, dass die gesetzliche Regelung des § 76 Abs. 3 SGB VII, wonach, wenn nach der Abfindung eine wesentliche Verschlimmerung der Folgen des Versicherungsfalls eintritt, nur insoweit Rente gezahlt werde, nicht angewendet werde. Zuletzt greife auch kein Verjährungstatbestand, da es sich bei § 76 Abs. 3 SGB VII nicht um einen Anspruch der Beklagten, sondern um eine zwingende gesetzliche Regelung handele.
Die deswegen vom Kläger beim Bundessozialgericht (BSG) eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde (B 2 U 93/17 B) hat er wieder zurückgenommen.
Am 23. März 2020 stellte der Kläger den – vorliegend streitgegenständlichen – Antrag nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) „auf Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes „Verschlimmerung der Unfallfolgen §§ 73 SGB VII i. V. § 48 SGB X mit 10 %“ hier: „Bescheid über Wiederaufleben der Rente vom 12.09.2013““. Diesen Antrag begründete er im Wesentlichen mit seinen im vorhergehenden Widerspruchs-, Klage- und Berufungsverfahren vorgebrachten Erwägungen.
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 6. April 2020 ab. Die Überprüfung des Sachverhalts habe keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass dem Bescheid vom 12. September 2013 ein unzutreffender Sachverhalt oder eine falsche Rechtsanwendung zugrunde gelegen habe.
Deswegen erhob der Kläger Widerspruch, zu dessen Begründung er ausführte, dem Bescheid vom 12. September 2013 liege ein unzutreffender Sachverhalt zu Grunde, weil die damals nicht vorliegende Verwaltungsakte nicht zur korrekten Sachverhaltsermittlung habe herangezogen werden können. Es sei in den Unfallfolgen keine Verschlimmerung eingetreten, es habe sich ein Folgeschaden entwickelt, aus dem sich ein Rentenanspruch ohne Berücksichtigung der abgefundenen Unfallfolgen ergebe. Auch stehe einer Berücksichtigung der abgefundenen Verletztenrente die eingetretene Verjährung entgegen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12. Mai 2020 zurück. Die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 12. September 2013 sei bereits im sozialgerichtlichen Verfahren vom SG und vom LSG bestätigt worden. Sowohl zur Antragstellung als auch zur Widerspruchsbegründung habe der Kläger lediglich sein bisheriges Vorbringen wiederholt.
Mit der am 27. Mai 2020 beim SG erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren auf Bewilligung einer höheren Verletztenrente ohne Berücksichtigung der abgefundenen Verletztenrente weiterverfolgt.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 18. März 2021 abgewiesen. Es ist nach sinngemäßer Auslegung des Begehrens des Klägers davon ausgegangen, dass er mit der Klage unter Aufhebung des Bescheides vom 6. April 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Mai 2020 die Verpflichtung der Beklagten zur Rücknahme des Bescheides vom 12. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 2013 und ihre Verurteilung zur Gewährung einer höheren Verletztenrente verfolgt. Zur Begründung des Gerichtsbescheides hat das SG auf den Beschluss des LSG vom 31. März 2017 (L 3 U 4434/16), sein Urteil vom 19. Oktober 2016 (S 7 U 3778/13) und die angefochtenen Bescheide verwiesen.
Gegen den ihm am 22. März 2021 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 29. März 2021 Berufung beim LSG eingelegt.
Zur Berufungsbegründung führt er aus, die Beklagte habe ihn weder vor Erlass des Bescheides vom 6. April 2020, durch den sie den Antrag nach § 44 SGB X abgelehnt habe, noch vor Erlass des Widerspruchsbescheides vom 12. Mai 2020 nach § 24 SGB X angehört. Ebenso seien diese Bescheide nicht den Vorgaben des § 35 SGB X entsprechend begründet. Eine Heilung dieser Verfahrensmängel sei bislang nicht erfolgt, so dass die Voraussetzungen des § 159 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gegeben seien. Auch habe das SG nicht durch Gerichtsbescheid entscheiden dürfen, da die Voraussetzungen des § 105 SGG nicht vorgelegen hätten. Darüber hinaus sei der Amtsermittlungsgrundsatz verletzt worden. Im Weiteren habe ihn die „Vertrautheit“ zwischen dem erstinstanzlichen Kammervorsitzenden und dem Vertreter der Beklagten veranlasst, den Kammervorsitzenden auf seine Neutralität hinweisen zu müssen. Der Kläger bekräftigt im Übrigen sein Vorbringen aus den bisherigen Verwaltungs- und Gerichtsverfahren.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 18. März 2021 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 6. April 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Mai 2020 zu verpflichten, den Bescheid vom 12. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 2013 abzuändern, und zu verurteilen, ihm ab dem 1. November 2011 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 vom Hundert ohne Berücksichtigung der durch Bescheid vom 9. März 1976 abgefundenen Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 vom Hundert zu gewähren und eine Valgusfehlstellung des linken Kniegelenks als Unfallfolge festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Verwaltungs- und Gerichtsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 SGG), auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Gerichtsbescheid des SG vom 18. März 2021 mit dem das SG die kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) des Klägers abgewiesen hat (vgl. zur Klageart BSG, Urteil vom 26. April 2016 – B 2 U 14/14 R –, juris, Rz. 15). Die Anfechtungsklage zielt auf Aufhebung des Überprüfungsbescheides vom 6. April 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Mai 2020 (§ 95 SGG), die Verpflichtungsklage auf Abänderung des bestandskräftigen Bescheides vom 12. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 2013 und die Leistungsklage auf die Gewährung einer Verletztenrente ab dem 1. November 2011 nach einer MdE von 30 v. H. ohne Berücksichtigung der durch Bescheid vom 9. März 1976 abgefundenen Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. sowie die erstmals im Berufungsverfahren beantragte Feststellung einer Valgusfehlstellung des linken Kniegelenks als Unfallfolge. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei der vorliegenden Klageart der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen (vgl. BSG, Urteil vom 2. September 2009 – B 6 KA 34/08 R –, BSGE 104, 116 [124]; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 13. Aufl. 2020, § 54 Rz. 34), vorliegend also derjenige der mündlichen Verhandlung am 16. September 2021.
Aus dem vom Kläger genannten § 159 SGG ergibt sich nach dessen eindeutigem Wortlaut nur die Möglichkeit einer Zurückverweisung der Sache vom LSG an das SG und nicht an die Beklagte. Eine Zurückverweisung an die Beklagte wäre nur nach § 113 Abs. 5 Satz 1 SGG möglich, wenn das Gericht eine weitere Sachaufklärung durch die Beklagte für erforderlich hält. Hierfür ergeben sich jedoch keine Anhaltspunkte, da der (medizinische) Sachverhalt, insbesondere aufgrund des bei S1 erhobenen Sachverständigengutachtes, ausreichend ermittelt ist.
Eine nach § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG an das SG mögliche Zurückverweisung, weil das SG nach dem Vorbringen des Klägers verfahrensfehlerhaft durch Gerichtsbescheid entschieden hat (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22. April 2020 – L 8 SB 367/20 – juris, Rz. 43) hat der Kläger nicht beantragt. Auch liegen die Voraussetzungen für eine solche Zurückverweisung nicht vor. Denn selbst wenn das SG entgegen den Voraussetzungen des § 105 Abs. 1 SGG verfahrensfehlerhaft durch Gerichtsbescheid entschieden haben sollte, ist die für eine Zurückverweisung nach § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG erforderliche weitere Voraussetzung der Notwendigkeit einer umfangreichen und aufwändigen Beweisaufnahme nicht gegeben.
Die vom Kläger gerügte Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 103 Satz 1 SGG) durch das SG konnte der Senat nicht feststellen. Sein diesbezügliches Vorbringen beschränkt sich auf die pauschale Behauptung der Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes ohne hinreichend konkret und substantiiert eine Verletzung desselben aufzuzeigen.
Soweit der Kläger zur Berufungsbegründung ausgeführt hat, er habe den erstinstanzlichen Kammervorsitzenden auf seine Neutralität hinweisen müssen, ergibt sich auch hieraus nicht ein, eine Zurückverweisung begründender Verfahrensfehler. Die insofern vom Kläger vermeintlich angeführte Befangenheit des erstinstanzlichen Kammervorsitzenden hätte er nach § 60 Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 43 bis 45 Zivilprozessordnung (ZPO) bis zur Beendigung des erstinstanzlichen Verfahrens geltend machen müssen (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 13. Aufl. 2020, § 60 Rz. 11).
Die Unbegründetheit der Berufung folgt aus der Unbegründetheit der Klage. Der Bescheid vom 6. April 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Mai 2020 ist sowohl formell als auch materiell rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Er hat keinen Anspruch auf Abänderung des Bescheides vom 12. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 2013 und auf Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von 30 v. H. ohne Berücksichtigung der durch Bescheid vom 9. März 1976 abgefundenen Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. sowie der Feststellung einer Valgusfehlstellung des linken Kniegelenks als Unfallfolge. Demnach hat das SG im Ergebnis zu Recht die Klage durch Gerichtsbescheid vom 18. März 2021 abgewiesen.
Anspruchsgrundlage ist § 44 Abs. 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Im Übrigen – so Abs. 2 Satz 1 – ist ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden (Abs. 2 Satz 2), wobei eine solche Entscheidung im Ermessen der Verwaltung steht. Diese Bestimmungen ermöglichen eine Abweichung von der Bindungswirkung sozialrechtlicher Verwaltungsakte.
Gemessen an diesen gesetzlichen Vorgaben ist der streitgegenständliche Bescheid vom 6. April 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Mai 2020 weder formell noch materiell rechtswidrig.
Eine Anhörung ist nach § 24 Abs. 1 SGB X nur erforderlich, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in die Rechte eines Beteiligten eingreift. Im Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X ist eine Anhörung nicht erforderlich, da ein nicht begünstigender Verwaltungsakt beseitigt werden soll und demnach kein Eingriff in eine Rechtsposition erfolgt (vgl. BSG, Urteil vom 27. März 1984 – 5a RKn 2/83 –, juris, Rz. 19; Mutschler, in: KassKomm, 114. EL Mai 2021, SGB X, § 24 Rz. 9). Insofern war im Widerspruchsverfahren, insbesondere auch deshalb, weil die Beklagte vor Erlass des Widerspruchsbescheides keine neuen Tatsachen oder neue rechtliche Erwägungen ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat, keine Anhörung des Klägers erforderlich (vgl. zur Notwendigkeit einer Anhörung im Widerspruchsverfahren BSG, Urteil vom 15. August 2002 – B 7 AL 38/01 R –, juris, Rz. 22).
Nicht nachvollziehbar ist für den Senat der Einwand des Klägers, dass der streitgegenständliche Bescheid gegen die sich aus § 35 Abs.1 SGB X ergebende Begründungspflicht verstoßen soll. Sowohl der Bescheid vom 6. April 2020 als auch der Widerspruchsbescheid vom 12. Mai 2020 sind hinreichend begründet.
Auch in materieller Hinsicht ist der streitgegenständliche Bescheid rechtmäßig.
Der Kläger hat bereits deswegen keinen Anspruch auf die Feststellung einer Valgusfehlstellung des linken Kniegelenks als Unfallfolge, weil der zu überprüfende Bescheid vom 12. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 2013 keine Entscheidung darüber getroffen hat, ob eine Valgusfehstellung des linken Kniegelenks Unfallfolge ist. Der Regelungsgehalt des Bescheides vom 12. September 2013 erschöpft sich in den Feststellungen, dass in den Folgen des Arbeitsunfalls vom 5. April 1970 eine wesentliche Änderung eingetreten ist, dass die MdE seit dem 1. Januar 2011 30 v. H. beträgt und dass der auf Lebenszeit abgefundene Zahlanspruch der Rente ab dem 1. Januar 2011 in Höhe der wesentlichen Änderung nach einer MdE von 10 v. H. wieder auflebt. Der Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 2013 hat lediglich den Widerspruch des Klägers zurückgewiesen.
Die Beklagte hat es zu Recht auf den Antrag des Klägers vom 23. März 2020 abgelehnt, den Bescheid vom 12. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 2013 abzuändern und dem Kläger ab dem 1. November 2011 eine Verletztenrente nach einer MdE von 30 v. H. ohne Berücksichtigung der durch Bescheid vom 9. März 1976 abgefundenen Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. zu gewähren. Bei Erlass des Bescheides vom 12. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 2013 hat die Beklagte nicht, wie für einen Anspruch nach § 44 Abs. 1 oder 2 SGB X erforderlich, das Recht unrichtig angewandt oder ist von einem Sachverhalt ausgegangen, der sich als unrichtig erwiesen hat.
Rechtsgrundlage des Bescheides vom 12. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 2013 ist § 76 Abs. 3 SGB VII in Verbindung mit § 73 Abs. 3 SGB VII und § 48 Abs. 1 SGB X, welche nach § 214 Abs. 3 Satz 2 SGB VII auch auf Versicherungsfälle vor dem Inkrafttreten des SGB VII am 1. Januar 1997 Anwendung finden. Danach ist nach der Abfindung eine Rente zu zahlen, soweit nach der Abfindung eine wesentliche Verschlimmerung der Folgen des Versicherungsfalls eingetreten ist.
Bei einer Verschlechterung der Unfallfolgen kommt es nicht zu einem Wiederaufleben der abgefundenen Rente, sondern die Rente wird nur in Höhe der MdE gezahlt, die durch die Verschlimmerung bedingt ist. Der Anspruch auf Rente lebt auf Antrag des Versicherten nach einer Rentenabfindung nur in vollem Umfang wieder auf, wenn der Versicherte nach der Abfindung Schwerverletzter wird (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Mai 2004 – L 7 U 5091/03 –, juris, Rz. 29; Ricke, in: KassKomm, 114. EL Mai 2021, SGB VII, § 76 Rz. 8).
Nach der für das gesetzliche Unfallversicherungsrecht geltenden Sondervorschrift des § 73 Abs. 3 SGB VII, die aufgrund der ausdrücklichen gesetzlichen Bezugnahme auch im Bereich des § 76 Abs. 3 SGB VII gilt, ist bei der Feststellung der MdE eine Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X nur wesentlich, wenn sich ihr Ausmaß um mehr als 5 v. H. ändert und diese Veränderung länger als drei Monate andauert. Eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist jede Änderung des für die getroffene Regelung relevanten Sachverhalts. In Betracht kommen für den Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung insbesondere Änderungen im Gesundheitszustand des Betroffenen. Ob eine wesentliche Änderung vorliegt, ist durch einen Vergleich zwischen den tatsächlichen Verhältnissen zur Zeit der letzten verbindlichen Rentenfeststellung und den aktuellen Verhältnissen zu ermitteln (vgl. BSG, Urteil vom 20. Dezember 2016 – B 2 U 11/15 R –, juris, Rz. 10 f. m. w. N.).
Bei Anwendung dieser Grundsätze liegt eine wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Abs. 3 SGB VII zur Überzeugung des Senats insofern vor, als dass in den im maßgeblichen Vergleichsbescheid vom 28. Februar 1972 festgestellte Unfallfolgen Belastungsschwäche der BWS nach Kompressionsfraktur des 6. BWK, Belastungsschwäche und Bewegungseinschränkung am linken Knie sowie am linken oberen und unteren Sprunggelenk, Durchblutungsstörungen und Muskelminderung am linken Bein nach Schienbeinkopfbruch links und Innenknöchelbruch links mit knöcherner Aussprengung aus dem vorderen Volkmann`schen Dreieck eine Verschlimmerung insofern eingetreten ist, als dass sich im Zeitverlauf die Schädigung des körperfernen Schienbeinkopfes durch den stattgehabten Schienbeinkopfbruch mit nachfolgender leichter X-Beinstellung in Form einer posttraumatischen Valgusgonarthose verschlimmert hat, wegen der letztlich eine Knie-TEP implantiert werden musste. Dieser Verschlechterung hat die Beklagte durch den Bescheid vom 12. September 2013 zutreffend dadurch Rechnung getragen, als dass sie dem Kläger ausgehend von einer Gesamt-MdE von 30 v. H. ab dem 1. November 2011 eine Verletztenrente in Höhe des durch die Verschlimmerung bedingten Anteils nach einer MdE von 10 v. H. gewährt hat.
Anspruchsgrundlage für die Gewährung einer Verletztenrente ist § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII. Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls (§§ 8, 9 SGB VII) über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern (§ 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII).
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Um das Vorliegen der MdE beurteilen zu können, ist zunächst zu fragen, ob das aktuelle körperliche oder geistige Leistungsvermögen beeinträchtigt ist. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang dadurch die Arbeitsmöglichkeiten der versicherten Person auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens vermindert werden. Entscheidend ist, in welchem Ausmaß Versicherte durch die Folgen des Versicherungsfalls in ihrer Fähigkeit gehindert sind, zuvor offenstehende Arbeitsmöglichkeiten zu ergreifen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, S. 123). Die Bemessung des Grades der MdE erfolgt als Tatsachenfeststellung des Gerichts, die dieses gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft (vgl. BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 – B 2 U 5/10 R –, juris, Rz. 16 m. w. N.). Die zur Bemessung der MdE in Rechtsprechung und Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind dabei zu beachten. Sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche und gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen ständigem Wandel (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 2004 – B 2 U 14/03 R –, juris, Rz. 12).
Die Einschätzung der MdE setzt voraus, dass der jeweilige Versicherungsfall eine Beeinträchtigung des Leistungsvermögens hervorgerufen hat, entweder durch einen unfallbedingten Gesundheitserst- oder einen damit im Ursachenzusammenhang stehenden Gesundheitsfolgeschaden.
Die unfallversicherungsrechtliche Zurechnung setzt erstens voraus, dass die Verrichtung der versicherten Tätigkeit den Schaden, gegebenenfalls neben anderen konkret festgestellten unversicherten (Wirk-)Ursachen, objektiv (mit-)verursacht hat. Für Einbußen des Verletzten, für welche die versicherte Tätigkeit keine (Wirk-)Ursache war, besteht schlechthin kein Versicherungsschutz und haben die Trägerinnen der gesetzlichen Unfallversicherung nicht einzustehen. (Wirk-)Ursachen sind nur solche Bedingungen, die erfahrungsgemäß die in Frage stehende Wirkung ihrer Art nach notwendig oder hinreichend herbeiführen. Insoweit ist Ausgangspunkt der Zurechnung die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie, nach der schon jeder beliebige Umstand als notwendige Bedingung eines Erfolges gilt, der nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele („conditio sine qua non“). Im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung muss eine versicherte Verrichtung, die im Sinne der „Conditio-Formel“ eine erforderliche Bedingung des Erfolges war, darüber hinaus in einer besonderen tatsächlichen und rechtlichen Beziehung zu diesem Erfolg stehen. Sie muss (Wirk-)Ursache des Erfolges gewesen sein, muss ihn tatsächlich mitbewirkt haben und darf nicht nur eine im Einzelfall nicht wegdenkbare zufällige Randbedingung gewesen sein.
Ob die versicherte Verrichtung eine (Wirk-)Ursache für die festgestellte Einwirkung und die Einwirkung eine (Wirk-)Ursache für den Gesundheitserstschaden (oder den Tod) war, ist eine rein tatsächliche Frage. Sie muss aus der nachträglichen Sicht („ex post“) nach dem jeweils neuesten anerkannten Stand des Fach- und Erfahrungswissens über Kausalbeziehungen, gegebenenfalls unter Einholung von Sachverständigengutachten, beantwortet werden (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 – B 2 U 9/11 R –, juris, Rz. 61 ff.).
Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln des Verletzten, das objektiv seiner Art nach von Dritten beobachtbar und subjektiv, also jedenfalls in laienhafter Sicht, zumindest auch auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist. Als objektives Handeln des Verletzten kann es erste Ursache einer objektiven Verursachungskette sein. Diese kann über die Einwirkung auf den Körper, über Gesundheitserstschäden oder den Tod hinaus bis zu unmittelbaren oder im Sinne von § 11 SGB VII, der für die zweite Prüfungsstufe andere Zurechnungsgründe als die Wesentlichkeit regelt, mittelbaren Unfallfolgen sowie auch zur MdE reichen, derentwegen das SGB VII mit der Rente ein Leistungsrecht vorsieht (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 – B 2 U 9/11 R –, juris, Rz. 31).
Erst wenn die Verrichtung, die möglicherweise dadurch verursachte Einwirkung und der möglicherweise dadurch verursachte Erstschaden festgestellt sind, kann und darf auf der ersten Prüfungsstufe der Zurechnung, also der objektiven Verursachung, über die tatsächliche Kausalitätsbeziehung zwischen der Verrichtung und der Einwirkung mit dem richterlichen Überzeugungsgrad mindestens der Wahrscheinlichkeit entschieden werden. Es geht hierbei ausschließlich um die rein tatsächliche Frage, ob und gegebenenfalls mit welchem Mitwirkungsanteil die versicherte Verrichtung, gegebenenfalls neben anderen konkret festgestellten unversicherten (Wirk-)Ursachen, eine (Wirk-)Ursache der von außen kommenden, zeitlich begrenzten Einwirkung auf den Körper des Versicherten war (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 – B 2 U 9/11 R –, juris, Rz. 32).
Zweitens muss der letztlich durch die versicherte Verrichtung mitbewirkte Schaden rechtlich auch unter Würdigung unversicherter Mitursachen als Realisierung einer in den Schutzbereich der begründeten Versicherung fallenden Gefahr, eines dort versicherten Risikos, zu bewerten sein. Denn der Versicherungsschutz greift nur ein, wenn sich ein Risiko verwirklicht hat, gegen das die jeweils begründete Versicherung Schutz gewähren soll (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 – B 2 U 9/11 R –, juris, Rz. 33).
Wird auf der ersten Stufe die objektive (Mit-)Verursachung bejaht, indiziert dies in keiner Weise die auf der zweiten Stufe der Zurechnung rechtlich zu gebende Antwort auf die Rechtsfrage, ob die Mitverursachung der Einwirkung durch die versicherte Verrichtung unfallversicherungsrechtlich rechtserheblich, also wesentlich, war. Denn die unfallversicherungsrechtliche Wesentlichkeit der (Wirk-)Ursächlichkeit der versicherten Verrichtung für die Einwirkung muss eigenständig rechtlich nach Maßgabe des Schutzzweckes der jeweils begründeten Versicherung beurteilt werden (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 – B 2 U 9/11 R –, juris, Rz. 34). Sie setzt rechtlich voraus, dass der Schutzbereich und der Schutzzweck der jeweiligen durch die versicherte Verrichtung begründeten Versicherung durch juristische Auslegung des Versicherungstatbestandes nach den anerkannten Auslegungsmethoden erkannt werden. Insbesondere ist festzuhalten, ob und wie weit der Versicherungstatbestand gegen Gefahren aus von ihm versicherten Tätigkeiten schützen soll (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 15. Mai 2012 – B 2 U 16/11 R –, juris, Rz. 21 ff.). Nur wenn beide Zurechnungskriterien bejaht sind, erweist sich die versicherte Verrichtung als wesentliche Ursache (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 – B 2 U 9/11 R –, juris, Rz. 37).
Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt für die Beweiswürdigung bei der Tatsachenfeststellung, dass die Tatsachen, die solche Gesundheitsschäden erfüllen, im Grad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der naturphilosophischen Ursachenzusammenhänge zwischen der versicherten Einwirkung und einem Gesundheitserstschaden sowie zwischen einem Gesundheitserst- und einem Gesundheitsfolgeschaden der Grad der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die Glaubhaftmachung und erst Recht nicht die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urteile vom 2. April 2009 – B 2 U 9/07 R –, juris, Rz. 16 und vom 31. Januar 2012 – B 2 U 2/11 R –, juris, Rz. 17).
Das Bestehen einer Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens muss ausgehend von konkreten Funktionseinbußen beurteilt werden. Soweit die MdE sich nicht ausnahmsweise unmittelbar aus den Unfallfolgen erschließt, bilden festgestellte und eindeutig nach gängigen Diagnosesystemen (z. B. ICD-10, DSM-IV) konkret zu bezeichnende Krankheiten (vgl. BSG, Urteile vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R –, juris, Rz. 22 und vom 15. Mai 2012 – B 2 U 31/11 R –, juris, Rz. 18; Senatsurteile vom 26. November 2015 – L 6 U 50/15 –, juris, Rz. 48 m. w. N. und vom 17. März 2016 – L 6 U 4796/13 –, juris, Rz. 37), wobei von einem normativ-funktionalen Krankheitsbegriff auszugehen ist (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 2017 – B 2 U 17/15 R –, juris, Rz. 22 m. w. N.), die Tatsachengrundlage, von der ausgehend die Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Leistungsvermögens auf dem Gebiet des gesamten Erwerbslebens zu beurteilen ist (vgl. BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 – B 2 U 5/10 R –, juris, Rz. 17 m. w. N.).
Gemessen an diesen gesetzlichen Vorgaben und der höchstrichterlichen Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, hat die Beklagte zu Recht dem Kläger durch Bescheid vom 12. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 2013 ab dem 1. November 2011 eine Verletztenrente nach einer MdE von 10 v. H. gewährt und zugleich die Gewährung einer höheren Verletztenrente abgelehnt. Der Senat stützt sich insofern auf das im Verfahren S 7 U 3778/19 bei S1 erhobene Sachverständigengutachten. Unerheblich ist deshalb, ob das bei K2 im damaligen Verwaltungsverfahren erhobene Sachverständigengutachten wegen eines Verstoßes gegen das Gutachterauswahlrecht des Klägers (§ 200 Abs. 2 SGB VII) verwertbar ist.
Infolge des Arbeitsunfalls vom 5. April 1970 leidet der Kläger unter den von der Beklagten durch Bescheid vom 28. Februar 1972 bindenden (§ 77 SGG) festgestellten Unfallfolgen Belastungsschwäche der BWS nach Kompressionsfraktur des 6. BWK, Belastungsschwäche und Bewegungseinschränkung am linken Knie sowie am linken oberen und unteren Sprunggelenk, Durchblutungsstörungen und Muskelminderung am linken Bein nach Schienbeinkopfbruch links und Innenknöchelbruch links mit knöcherner Aussprengung aus dem vorderen Volkmann`schen Dreieck. Diese Unfallfolgen hat die Beklagte entsprechend dem von H aufgrund der ambulanter Untersuchung des Klägers am 18. Februar 1972 erstellten Zweiten Rentengutachtens zur erstmaligen Feststellung der Dauerrente mit einer MdE von 20 v. H. bewertet und dem Kläger eine Verletztenrente in dieser Höhe gewährt. Zum Zeitpunkt der ambulanten Untersuchung durch H hat hinsichtlich der WS eine Druck- und Klopfempfindlichkeit an der stärksten Wölbung der BWS vorgelegen, was dem 5. bis 8. BWK entsprochen hat, ein mäßiger Rüttelschmerz der WS, ein mäßiger Stauchungsschmerz der oberen BWS und der FBA hat 10 cm betragen. Die Beweglichkeit ist hauptsächlich in der LWS durchgeführt worden, die ausreichend gut beweglich war. Die BWS war nicht auffällig versteift und nicht auffällig beweglich gewesen. Die Beweglichkeit der Kniegelenke hat hinsichtlich Beugung/Streckung rechts 50-0-180° und links 70-0-180° betragen, die der Sprunggelenke Fußspitzenhebung rechts/links 90°, Fußspitzensenkung rechts 60°, links 80°, Heben des äußeren Fußrandes rechts 10°, links 0° und Senken des äußeren Fußrandes rechts 30°, links 10°. Es hat am linken Oberschenkel und in geringerem Grad an der linken Wade eine Muskelverschmächtigung, eine mäßige Verdickung im linken Kniegelenk, besonders im Bereich des Tibiakopfes, und eine Schwellung und Deformierung des linken Sprunggelenks bestanden. Ein Erguss im linken Kniegelenk hat nicht vorgelegen.
Schlüssig und für den Senat nachvollziehbar hat S1 dargelegt, dass die Unfallfolgen im Bereich der WS im Vergleich zur Begutachtung bei H identisch geblieben sind. An der Rumpfwirbelsäule besteht eine leichte Fehlstatik mit eher Abflachung der vorhandenen physiologischen Krümmung im Sinne eines Flachrückens, insbesondere die durch die BWK-6-Fraktur eher verstärkte Kyphose ist normal bis unternormal ausgeprägt. Die Beweglichkeit der Rumpfwirbelsäule ist in allen Ebenen frei und nicht schmerzhaft in altersentsprechend normalem Umfang (FBA 20 cm, Ott 30/32cm, Schober 10/14,5 cm). Im Bereich der HWS liegen keine Auffälligkeiten vor (Reklination/Anteversion 40-0-60°, Kinn-/Jugulumabstand 0/18 cm, Seitneigung beidseits bis 25°, kombinierte Rotation beidseits bis 70°).
Im Bereich des linken Beines hat sich, wie der Senat dem Sachverständigengutachten des S1 im Weiteren entnimmt, zwar eine posttraumatische Arthrose im linken OSG nicht entwickelt. Die Schädigung des körperfernen Schienbeinkopfs durch den stattgehabten Schienbeinkopfbruch mit nachfolgender leichter X-Beinstellung hat jedoch zu einer posttraumatischen Valgusgonarthrose geführt. Aufgrund dieser war die Beweglichkeit des linken Kniegelenks vor der Implantation der Knie-TEP, wie sich für den Senat aus den urkundsbeweislich verwerteten Berichten (§ 118 Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 415 ff. ZPO) der M, des R und des K1 ergibt, eingeschränkt (Streckung/Beugung 0-15-130° bzw. 0-10-120°). Zwar hat sich die Beweglichkeit (Streckung/Beugung rechts 0-0-140°) und die Gehstrecke zwischenzeitlich nach Implantation der Knie-TEP wieder erweitert. Die aktuellen Röntgenaufnahmen haben zum Zeitpunkt der Begutachtung bei S1 jedoch bereits eine leichte Verschmälerung des medialen Kniekompartiments gezeigt, was möglicherweise für einen beginnenden Inlayverschleiß spricht, zusätzlich besteht eine Restinstabilität. Demnach hat S1 für den Senat schlüssig und nachvollziehbar in Übereinstimmung mit der unfallversicherungsrechtlichen Literatur (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., S. 685 ff.) die Gesamt-MdE mit 30 v. H. bewertet.
Nach § 76 Abs. 3 SGB VII hat der Kläger deshalb aufgrund des Arbeitsunfalls vom 5. April 1970 ab dem 1. Januar 2011 wegen der durch Bescheid vom 9. März 1976 abgefundenen Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. einen Anspruch auf Verletztenrente nach einer MdE von 10 v. H.. Wie bereits ausgeführt, lebt der Rentenanspruch in vollem Umfang nach § 77 Abs. 1 SGB VII nur dann wieder auf, wenn der Versicherte Schwerverletzter wird, was beim Kläger nicht der Fall ist.
Die Einwände des Klägers gegen die Berücksichtigung der nach einer MdE von 20 v. H. abgefundenen Verletztenrente bei der Wiedergewährung der Verletztenrente ab dem 1. Januar 2011 haben den Senat – wie auch den 3. Senat des LSG im Beschluss vom 31. März 2017 im Verfahren L 3 U 4434/16 – zu keiner abweichenden Entscheidung veranlasst.
Es ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die gesetzliche Lage klar ist und keinen Spielraum für eine für den Kläger günstigere Entscheidung zulässt. Nach § 76 Abs. 3 SGB VII wird „insoweit“ die Rente wiedergewährt, wie nach der Abfindung eine wesentliche Verschlimmerung der Folgen des Versicherungsfalls eingetreten ist. Mithin sieht das Gesetz ausdrücklich und zwingend eine Berücksichtigung des abgefundenen Anteils der Verletztenrente bei der Wiedergewährung einer Verletztenrente aufgrund einer eingetretenen Verschlimmerung in den Unfallfolgen vor.
Für die vom Kläger bemühte Unterscheidung zwischen einer eingetretenen Verschlimmerung der Unfallfolgen, bei der der abgefundene Rentenanteil berücksichtigt werde soll, und dem Eintritt eines Folgeschadens, bei dem eine Berücksichtigung des abgefundenen Rentenanteils nicht möglich sein soll, besteht keine gesetzliche Grundlage. Denn allein maßgeblich für die Rentengewährung sind die infolge eines Versicherungsfalls verbliebenen Funktionsbeeinträchtigungen, deren Auswirkungen auf das allgemeine Erwerbsleben mit der MdE bewertet werden. Für die nach § 73 Abs. 3 SGB VII i. V. m. § 48 Abs. 1 SGB X zu berücksichtigenden Verschlimmerungen der Auswirkungen eines Arbeitsunfalls auf das allgemeine Erwerbsleben und der deshalb zu erfolgenden Erhöhung der MdE ist es unerheblich, ob sich bereits bestehende Unfallfolgen verschlimmert haben oder infolge dieser Unfallfolgen rechtlich wesentliche neue Schäden (Folgeschäden) eingetreten sind. Bei der für die Rentengewährung zu bildenden Gesamt-MdE wird demnach nicht zwischen einer Verschlimmerung und einem Folgeschaden unterschieden, womit auch bei der Berücksichtigung eines abgefundenen Rentenanteils diese Unterscheidung irrelevant ist. Im Übrigen hat der Kläger auch in seiner E-Mail vom 12. Dezember 2012 an die Beklagte ausdrücklich von einer „eingetretenen Verschlechterung“ gesprochen.
Der Senat kann – wie auch der 3. Senat des LSG – nicht ansatzweise erkennen, inwiefern dem Beklagten im Zusammenhang mit dem Wiederauffinden der Verwaltungsakte ein rechtsmissbräuchliches Verhalten vorzuwerfen sein soll. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich nach der Wiederherstellung der mikroverfilmten Verwaltungsakte keine neuen, für den Kläger ungünstigen Tatsachen ergeben haben. Aufgrund der von ihm im Zusammenhang mit dem Verschlimmerungsantrag vom 19. November 2012 eingereichten Unterlagen und seines Vorbringens war von Anfang an bekannt, dass er wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 5. April 1970 zunächst eine Verletztenrente auf Dauer nach einer MdE von 20 v. H. erhalten hatte, die dann auf Lebzeit abgefunden worden war.
In diesem Zusammenhang ist als Unterfall des allgemeinen Rechtsmissbrauchs auch keine Verwirkung eingetreten, wegen der sich eine Berücksichtigung des abgefundenen Anteils der Verletztenrente durch die Beklagte als rechtsmissbräuchlich erweist. Das Rechtsinstitut der Verwirkung findet nur in besonderen, engen Ausnahmekonstellationen Anwendung. Die Verwirkung setzt als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraums unterlassen hat sowie weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebiets das verspätete Geltendmachen des Rechts dem Verpflichteten gegenüber nach Treu und Glauben als illoyal erscheinen lassen. Solche, die Verwirkung auslösenden „besonderen Umstände“ liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage), und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand), und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (vgl. BSG, Urteil vom 5. Juli 2016 – B 1 KR 40/15 R –, juris, Rz. 20 m. w. N.). Wie bereits der 3. Senat des LSG ausgeführt hat, hat die Beklagte – auch nicht im Zusammenhang mit dem Wiederauffinden der Verwaltungsakte – zu keinem Zeitpunkt durch ein irgendwie geartetes Verhalten den Eindruck erweckt, dass sie dem Kläger bei einer Verschlimmerung der Folgen des Arbeitsunfalls vom 5. April 1970 eine Verletztenrente ohne Berücksichtigung des bereits abgefundenen Rentenanteils gewähren wird. Im Gegenteil hat sie den Kläger im Rahmen des Bescheides vom 9. März 1976 über die Rentenabfindung ausdrücklich darüber informiert, dass bei einer Wiedergewährung der Verletztenrente der abgefundene Rentenanteil berücksichtigt werden wird. Die Entwicklung eines schutzwürdigen Vertrauens des Klägers auf die Nichtberücksichtigung des abgefundenen Rentenanteils war demnach von vornherein ausgeschlossen.
Zuletzt sind schließlich nicht die „Ansprüche“ der Beklagten auf Berücksichtigung des abgefundenen Verletztenrentenanteils verjährt. Auch insofern hat der 3. Senat des LSG bereits zutreffend ausgeführt, dass es sich bei der vorliegenden maßgeblichen gesetzlichen Regelung des § 76 Abs. 3 SGB VII um keinen Anspruch handelt, der der Verjährung unterliegt. Im Übrigen ist die diesbezügliche Argumentation des Klägers auch nicht stichhaltig. Denn unterlägen die Ansprüche aus dem Arbeitsunfall vom 5. April 1971 der Verjährung oder wären sämtliche Ansprüche aus diesem Arbeitsunfall infolge der Rentenabfindung abgegolten, dann hätte auch er wegen der erfolgten Rentenabfindung oder wegen der auch zu seinen Ungunsten eingetretenen Verjährung nunmehr keine Anspruch auf die Wiedergewährung der Verletztenrente, auch nicht nach einer MdE von 10 v. H..
Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben und war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.