Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12.05.2020 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung des Merkzeichen H (Hilflosigkeit).
Der Kläger ist 1998 geboren. Er leidet an einem Pankreas anulare (Fehlanlage der Bauchspeicheldrüse), einem Zustand nach Duodenalstenose – Operation am 28.05.1998, einer spastischen Diplegie und einem verzögerten Erreichen von Entwicklungsstufen. Er beantragte, vertreten durch seine Mutter, am 01.03.2002 erstmals die Feststellung von Behinderungen nach dem SGB IX. Mit Bescheid vom 18.04.2001 stellte der Beklagte einen GdB von 80 sowie die Merkzeichen G, B, H und aG fest und berücksichtigte hierbei als Funktionsbeeinträchtigung eine infantile Cerebralparese und eine motorische Entwicklungsstörung.
Mit Bescheid vom 05.09.2008 erhöhte der Beklagte gestützt auf eine vorangegangene versorgungsärztliche Einschätzung unter Berücksichtigung der Funktionsbehinderungen „infantile Cerebralparese, psychomotorische Entwicklungsstörung“ (Teil-GdB 90) den GdB auf 90 unter Beibehaltung der bereits zuerkannten Merkzeichen. Er berücksichtigte hierbei unter anderem ein Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit vom 11.08.2006 über die Feststellung der Pflegestufe I mit einem Grundpflegebedarf von 80 Minuten und einem hauswirtschaftlichen Hilfebedarf von 60 Minuten.
Mit Bescheid vom 19.10.2012 teilte der Beklagte als Ergebnis eines Nachprüfungsverfahrens nach Beiziehung eines Pflegegutachtens vom 17.08.2010 über die Beigehaltung der Pflegestufe I mit, dass keine Änderung eingetreten sei und es bei den bisher getroffenen Feststellungen verbleibe.
Im Dezember 2017 leitete der Beklagte ein weiteres Nachprüfungsverfahren ein und zog unter anderem einen erzieherischen Entwicklungsbericht vom 07.07.2017 sowie das Abschlusszeugnis vom 20.07.2017 der S1– Schule, ein Pflegegutachten vom 10.05.2016 über einen Grundpflegebedarf von 50 Minuten und einen hauswirtschaftlichen Hilfebedarf von 60 Minuten, eine Einschätzung des Hilfebedarfs durch den F sowie einen Bericht über eine stationäre Behandlung des Klägers vom 04.12.2017 bis zum 18.12.2017 in der C Klinik des Uklinikums H bei. P teilte in einer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 27.02.2018 mit, dass die Funktionsbeeinträchtigungen „Infantile Cerebralparese, psychomotorische Entwicklungsstörung“ (Teil-GdB 90) und „Speiseröhrengleitbruch, Upside-Down-Magen, operative versorgt: Plazierung Fundoplicatio und Einengung der Hiatoplastik“ (Teil-GdB 20) einen GdB von insgesamt 90 rechtfertigten. Dagegen seien die Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Merkzeichen H nicht mehr gegeben. Dauernde fremde Hilfe für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung der persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages sei nicht erforderlich.
Der Beklagte hörte den Kläger mit Schreiben vom 19.03.2018 zur beabsichtigten Entziehung des Merkzeichens H an.
Die Mutter des Klägers trug mit Schreiben vom 06.04.2018 vor, dass der Kläger nach wie vor Pflege und Hilfe brauche. Die Familie helfe ihm beim Baden und Duschen sowie Waschen des Körpers. Er könne zwar selbst die Zähne putzen, man müsse ihm jedoch alles reichen, da das Bad zu eng zum Rein- und Rausfahren mit dem Rollstuhl sei.
P teilte in einer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 30.04.2018 mit, dass das Merkzeichen H weiterhin gewährt werden könne. Auf der Stellungnahme befindet sich ein handschriftlicher Vermerk ohne lesbare Unterschrift, wonach das Merkzeichen H aufgrund der beigezogenen Unterlagen nicht zu rechtfertigen sei.
Der Beklagte hob mit Bescheid vom 28.05.2018 den Bescheid vom 05.09.2008 hinsichtlich des Merkzeichens H teilweise nach § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) für die Zeit ab dem 31.05.2018 auf und teilte mit, dass die Merkzeichen G, B und aG sowie der GdB von 90 weiter festgestellt blieben.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers legte am 12.06.2018 Widerspruch ein und teilte zur Begründung mit, dass keine Veränderung der Verhältnisse eingetreten sei. Dies zeige der Bericht von F vom 22.03.2018. Der Kläger sei auch innerhalb des Wohnraumes weiterhin auf einen Rollstuhl angewiesen. Nach Ziff. 4 e) der Versorgungsmedizinischen Grundsätze sei Hilflosigkeit ohne nähere Prüfung anzunehmen, wenn die Behinderung auf Dauer und ständig auch innerhalb des Wohnraumes die Benutzung eines Rollstuhles.
S führte in einer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 05.10.2018 aus, dass der Entzug des „Kinder-H“ sei gerechtfertigt, weil kein ausreichender Pflegegrad gegeben sei und eine Vergleichbarkeit mit einer vollständigen Querschnittslähmung nicht angenommen werden könne. Nach dem Pflegegutachten vom 10.05.2016 könne sich der Kläger selbst an- und auskleiden, alle Transfers alleine durchführen, für kurze Zeit ohne Hilfsmittel stehen, das WC selbständig aufsuchen und tagesformabhängig Intimhygiene betreiben. Nach dem Entwicklungsbericht vom 11.05.2017 führe er die Körperpflege allein aus und könne allein öffentliche Verkehrsmittel nutzen. An der bisherigen Einschätzung sei festzuhalten, das Bestehen des Merkzeichen B erscheine fraglich.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 07.11.2018 zurück und verwies zur Begründung auf die Ausführungen von S.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat am 06.12.2018 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Er hat zur Klagebegründung im Wesentlichen auf das Vorbringen im Widerspruchsverfahren verwiesen. Es sei nicht zu erkennen, in wieweit sich eine wesentliche Änderung ergeben habe. Der Kläger könne infolge der Behinderung eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen wie An- und Auskleiden, Nahrungsaufnahme und Duschen nicht ohne fremde Hilfe verrichten. Allein der Umstand, dass der Kläger inzwischen das 18. Lebensjahr vollendet habe und dass Lernprozesse gegeben seien, besage noch nicht, dass er ohne fremde Hilfe auskomme.
Das SG hat die F schriftlich als sachverständige Zeugin befragt. F hat mit Schreiben vom 17.11.2019 mitgeteilt, dass der Kläger zuletzt am 18.10.2018 in ihrer Praxis gewesen sei und hat eine Einschätzung des Hilfebedarfs des Klägers bei den täglichen Verrichtungen abgegeben.
Der Beklagte hat mit Schreiben vom 20.02.2010 eine versorgungsärztliche Stellungnahme der G vorgelegt. Voraussetzung für die Zuerkennung der Pflegestufe I sei unter anderem ein täglicher Hilfsbedarf bei der Grundpflege von 46 bis 119 Minuten. Dieses Kriterium werde bei einem täglichen Hilfebedarf von 50 Minuten nur sehr knapp erreicht. Relativierend werde dargestellt, der Pflegeaufwand habe sich „im Vergleich zur vorhergehenden Begutachtung weiter reduziert, er (der Kläger) ist selbstständiger geworden“. Ein späteres Gutachten (mit der Einteilung nach Pflegegraden) liege nicht vor, ein täglicher Zeitaufwand von zwei Stunden sei nicht dokumentiert.
Das SG hat die Klage nach vorheriger Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 12.05.2020 abgewiesen. Der Eintritt der Volljährigkeit stelle wegen der Änderung der maßgeblichen Bewertungskriterien eine Änderung der rechtlichen Verhältnisse dar, die (erst Recht) auch ohne Änderung des Gesundheitszustands eine Entziehung des Merkzeichen H rechtfertige, wenn die Voraussetzungen nach den Vorgaben für Erwachsene nicht mehr vorlägen. Insoweit komme es mit der am 19.05.2016 eingetretenen Volljährigkeit nur noch darauf an, ob die Voraussetzungen des Merkzeichen H für Erwachsene erfüllt seien. Nach dem Pflegegutachten vom 10.05.2016, bestehe beim Kläger in relativ geringem Umfang ein Hilfebedarf, denn der hauswirtschaftliche Zeitaufwand sei nicht zu berücksichtigen, so dass lediglich ein Zeitaufwand von 50 Minuten für die Grundpflege zu berücksichtigen sei. Dies stehe auch absolut in Einklang mit dem Entwicklungsbericht der S1-Schule N vom 11.05.2017, wonach der Kläger sich zwar ausschließlich im Rollstuhl fortbewege, jedoch im Alltag selbständig sei und wenig Unterstützung benötige. Nach diesem Bericht sei er in der Lage, seine Körperpflege allein durchzuführen, allein öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen, seine Einkäufe allein zu erledigen und seine Freizeit weitestgehend allein zu gestalten.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat gegen den ihm am 14.05.2020 zugestellten Gerichtsbescheid am 15.06.2020 (Montag) Berufung beim Landessozialgericht Baden – Württemberg (LSG) eingelegt. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass allein die Tatsache des Reifungsprozesses und der Volljährigkeit die Hilflosigkeit nicht entfallen ließen. F, die den Kläger schon jahrelang kenne und behandele, habe das Merkzeichen H festgestellt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12.05.2020 sowie den Bescheid des Beklagten vom 28.05.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.11.2018 aufzuheben und festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkmales H (Hilflosigkeit) vorliegen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hat zur Berufungserwiderung auf die seiner Ansicht nach zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheides verwiesen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG erklärt.
Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogene Verwaltungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG entscheidet, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 28.05.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.11.2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beklagte hat zu Recht, den Bescheid vom 05.09.2008 hinsichtlich des Merkzeichens H nach § 48 SGB X ab dem 31.05.2018 aufgehoben. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.
Der Zulässigkeit der Berufung steht nicht entgegen, dass der erstinstanzliche Gerichtsbescheid entgegen § 65a Abs. 7 Satz 1 SGG zwar mit einer qualifizierten elektronischen Signatur, nicht aber Ende mit dem Namen der verantwortenden Person, dem Namen des Kammervorsitzenden, versehen ist (vgl. hierzu auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.06.2021, L 6 U 1890/19, nicht veröffentlicht). Der Gerichtsbescheid ist mit der Zustellung nach §§ 105 Abs. 2 Satz 1, 133 Satz 2 SGG wirksam. Der Kammervorsitzende hat den Gerichtsbescheid vorliegend signiert und somit gemäß § 134 Abs. 1 SGG unterschrieben. Die fehlende Nennung des Namens des Kammervorsitzenden am Ende des Gerichtsbescheids macht diesen nicht zu einer sogenannten Scheinentscheidung (vgl. hierzu Keller in Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 13. Auflage, 2020, § 134 Rdnr. 2c sowie BVerfG, Dreierausschussbeschluss vom 17.01.1985, 2 BvR 498/84, Rdnr. 2f sowie BGH, Urteil vom 31.05.2007, X ZR 172/04, Rdnr. 12 beide juris). Die Entscheidung ist durch das Rubrum und die Signatur dem gesetzlich bestimmten Richter ohne jeden Zweifel zuzuordnen, da sie von ihm mit der erforderlichen richterlichen Willensäußerung signiert wurde und auch durch die Nennung des Namens des Kammervorsitzendem im Rubrum den Abgleich der Personenidentität ermöglicht.
Dies entspricht nach Ansicht des Senats auch der gesetzgeberischen Intention bei der Neufassung des § 65a Abs. 3 SGG. Im Entwurf der Bundesregierung (vgl. BT-Drs. 15/4067, S. 31) zum inhaltsgleichen § 130b ZPO wird ausgeführt, dass die handschriftliche Unterzeichnung durch eine qualifizierte elektronische Signatur des Richters, Rechtspflegers, Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder Gerichtsvollziehers ersetzt wird. Zudem haben die Signierenden ihren Namen am Ende des Dokuments anzugeben, damit für den Leser nachvollziehbar ist, wer das Dokument verantwortet. Als mögliche Formmängel werden das Auseinanderfallen von Namensangabe und Signatur sowie das Fehlen der Signatur erwähnt. Die Rechtsfolgen dieser Mängel der elektronischen Form sind – wie die entsprechenden Mängel der Schriftform – nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt. Über die Rechtsfolgen binnenjustizieller Formmängel sollte wie bisher die Rechtsprechung entscheiden; auf die Rechtsprechung zu den Folgen einer fehlenden richterlichen Unterschrift (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl. § 315, Rn. 2 f.) wird hingewiesen. Damit wird sichergestellt, dass sich – wie bei einem eingehenden elektronischen Dokument (§ 130a) – die Wirksamkeit eines formvorschriftswidrigen elektronischen Dokuments nach demselben Maßstab richtet wie die Wirksamkeit der Schriftform (vgl. BT-Drs., a.a.O.).
Maßgeblich ist insoweit, dass für den Empfänger des Dokuments erkennbar ist, wer dieses verfasst und verantwortet hat und dass insoweit der oder die Namen der signierenden Person oder Personen offengelegt werden. Dieser Zweck wird bei einem Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung bereits durch die Anwesenheit der entscheidenden Richterbank und die Verkündung erreicht. Sofern die Berufsrichter des Senats oder in erster Instanz der Vorsitzende Richter, welche bei der mündlichen Verhandlung das Urteil mündlich verkündet hat, mit demjenigen übereinstimmt, welcher das schriftliche Urteil signiert hat, ist der Offenbarungs- und Beurkundungsfunktion genüge getan. Dies zeigt auch die Tatsache, dass die jeweiligen Vorschriften über die Ausfertigung von Entscheidungen nach den § 317 ZPO, § 137 SGG keine ausdrücklichen Verweise auf § 65a Abs. 7 Satz 1 SGG enthalten und lediglich auf die Unterschrift Bezug nehmen. Nach der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 15/4067, S. 34) ist das elektronische Urteil von dem Richter qualifiziert elektronisch zu signieren. Der Empfänger des elektronischen Urteils kann sich durch die Signaturprüfung die Sicherheit verschaffen, dass das Urteil mit dem „Original“ übereinstimmt und nicht manipuliert und verändert wurde. Die qualifizierte Signatur des Urteils ersetzt zudem das auf der Papierausfertigung vorgesehene Gerichtssiegel. Diese Ausführungen zeigen, dass die wesentliche Authentifizierung und Beurkundung durch das Anbringen der Signatur als elektronischem Unterschriftsersatz erfolgt. Der Namenszusatz am Ende des Urteils wird dagegen nicht erwähnt.
Hinzu kommt, dass eine Signatur nur erzeugt werden kann, wenn der Signierende die entsprechende Signaturkarte hat und seine persönliche PIN eingibt. Die so erzeugte Signatur entspricht daher nach dem Sicherheitsstandard der unersetzbaren Unterschrift nach § 134 Abs. 1 SGG bzw. § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG, welche der Beurkundung, dass das Urteil dem gefällten Urteil entspricht, also die schriftlich abgefassten Entscheidungsgründe mit dem Beratungsergebnis übereinstimmen, dient (vgl. hierzu Schütz in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl., § 134 SGG, Rdnr. 6ff). Im Unterschied dazu kann der Namenszusatz am Ende der Entscheidung von jedem eingefügt werden, welcher Zugriff auf die entsprechende Datei hat, ohne dass dies von weiteren Sicherheitsvorkehrungen abhängig ist. Durch das Anbringen der Signatur erhält das elektronische Urteil dagegen eine endgültige, nicht mehr abänderbare Form. Die Signatur ist somit die elektronische Unterschrift am Ende der Entscheidung (vgl. auch BSG, Beschluss vom 03.08.2016, B 6 KA 5/16 B, juris). Das Anbringen des Namenszusatzes führt dagegen zu keiner endgültigen Form. Es erfolgt auch keine Verlinkung oder dergleichen zur Nachverfolgung desjenigen, der den Namenszusatz angebracht hat. Aus diesen Gründen ist es nach Überzeugung des Senats nicht sachgerecht, das Fehlen der Namensnennung am Ende der Entscheidung nach § 65a Abs. 7 Satz 1 SGG mit dem Fehlen der Unterschrift nach den §§ 134 Abs. 1, 153 Abs. 3 Satz 1 SGG gleichzusetzen. Allein das Fehlen der Namensnennung macht die Entscheidung nicht zu einem Scheinurteil. Zudem kann der vom Gesetzgeber verfolgte Zweck der Offenlegung der bei der Entscheidung beteiligten Personen auch durch einen Abgleich der Signaturen mit der im Rubrum der Entscheidung aufgeführten Richterbank erreicht werden. Die fehlende Nennung des Namens des Kammervorsitzende am Ende des Urteils verstößt nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsurteil vom 23.07.2021, L 8 AL 3122/20) zwar gegen § 65a Abs. 7 Satz 1 SGG, führt jedoch nicht zur Unwirksamkeit des Urteils.
Dies gilt nach Überzeugung des Senats nicht nur für Urteile, welche aufgrund mündlicher Verhandlung erlassen wurden, sondern auch für Urteile im schriftlichen Verfahren nach § 124 Abs. 2 SGG oder Gerichtsbescheide nach § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG. Auch in diesem Fall ist der erforderliche Abgleich zur Prüfung der Identität der Entscheider durch den Vergleich des Rubrums mit der Signatur möglich, und es liegt eine Unterschrift in Gestalt der Signatur des Entscheiders vor. Allein der Umstand, dass diese Art von Entscheidungen nicht in einer mündlichen Verhandlung verkündet wurden, rechtfertigt somit keine unterschiedliche Bewertung der vorliegenden Konstellation (vgl. hierzu aber LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.02.2021, L 7 AS 3588/20 B, nicht veröffentlicht).
Durch die Verkündung wird das Urteil wirksam, im schriftlichen Verfahren ersetzt die Zustellung die Verkündung und bewirkt daher die Wirksamkeit (vgl. hierzu Keller in Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 13. Auflage 2020, § 132 Rdnr. 1a ff sowie § 133 Rdnr. 1ff sowie § 125 Rdnr. 4). Die Authentizität des Dokuments, d.h. die Verknüpfung des Erklärungsinhalts („elektronisches Dokument“) mit der Identität des Erstellers („verantwortende Person“) wird hier auf elektronischem Wege nachgewiesen und hierzu die Funktion der handschriftlichen Unterschrift ersetzt (Müller in: Ory/Weth, jurisPK-ERV Band 3, 1. Aufl., § 65a SGG, Stand 20.09.2021, Rn. 188).
Der Unterschied zwischen den beiden Urteilsarten liegt somit im Zeitpunkt der Wirksamkeit. Bezüglich der Offenbarungs- und Beurkundungsfunktion gibt es jedoch keine wesentlichen Unterschiede, außer dass ein Urteil im schriftlichen Verfahren bereits vor der in § 133 SGG vorgeschriebenen Zustellung existent und damit für das Gericht nach § 202 SGG iVm § 318 ZPO unabänderbar sein kann, wenn die Urteilsformel und die Unterschrift bzw. elektronische Signatur vorliegen und sich das Gericht durch Verlautbarung gebunden hat, als sich des Urteils entäußert hat und dieses aus dem inneren Geschäftsbetrieb herausgetreten ist (vgl. Keller a.a.O, § 125 Rdnr. 4b). Ein Nichturteil liegt jedoch nur dann vor, wenn ein Urteil nur den äußeren Schein einer gerichtlichen Entscheidung hat, aber nicht von einem Gericht erlassen worden ist (vgl. Keller, a.a.O., § 125 Rdnr. 5a). Das Fehlen der Namenskennung ist zwar formfehlerhaft, beeinträchtigt jedoch unabhängig von der Art des Urteils die Wirksamkeit nicht und stellt insbesondere kein Scheinurteil dar. Dies gilt auch für Gerichtsbescheide, da dieser nur ergehen kann, wenn sonst durch Urteil entschieden wird (vgl. Schmidt a.a.O, § 105 SGG, Rdnr. 5). Eine unterschiedliche Handhabung je nach Entscheidungsform ist nicht zu rechtfertigen.
Das Verfahren ist nach Ansicht des Senats infolge des Verfahrensfehlers nicht nach § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG an das SG zurückzuverweisen. So ist zum einen Voraussetzung für eine Zurückverweisung neben dem Vorliegen eines Verfahrensfehlers, dass aufgrund dieses Verfahrensfehlers eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist, was bei einem Verstoß gegen § 65a Abs. 7 Satz 1 SGG regelmäßig nicht der Fall ist. Zudem steht eine Zurückverweisung nach § 159 Abs. 1 Nr. 2 und auch nach Nr. 1 SGG im Ermessen („kann“) des LSG (vgl. Adolf, in: Schlegel/Voelzke, SGG, 1. Aufl. 2017, Stand: 15. Juli 2017, § 159 Rdnr. 22). Vorliegend sprechen nach Ansicht des Senats die bei der Ermessensausübung zu beachtenden Gesichtspunkte der Prozessökonomie und der zügigen Erledigung des Rechtsstreits (vgl. Adolf, a. a. O., § 159 Rdnr. 23; Keller, a. a. O., § 159 Rdnr. 5a) gegen eine Zurückverweisung des Verfahrens an das SG.
Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 48 SGB X. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben.
Im Vergleich der Verhältnisse am 05.09.2008 und am 28.05.2018 ist eine wesentliche Änderung eingetreten. Denn der Kläger ist nicht mehr hilflos i.S.d. vorbezeichneten Grundsätze. Die wesentliche Änderung liegt hier zum einen darin, dass der Kläger bei Erlass des letzten Feststellungsbescheides vom 05.09.2008 10 Jahre alt und der Hilfebedarf aufgrund des erst später einsetzenden guten Reifungsprozesses noch deutlich höher war. Zum anderen führt das Erreichen der Volljährigkeit ab dem 19.05.2016 dazu, dass die in Teil A Nr. 5 VMG geregelten "Besonderheiten der Beurteilung der Hilflosigkeit bei Kindern und Jugendlichen" nicht mehr zu berücksichtigen sind. Ist Volljährigkeit eingetreten, sind die allgemeinen gesetzlichen Vorschriften - insbesondere § 33b Abs. 6 Satz 3 und 4 EStG und Teil A Nr. 4 VMG - zum Nachteilsausgleich H anzuwenden (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 28.03.2019 - L 10 SB 111/17, juris Rn. 27 ff.; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 05.05.2011 - L 7 SB 10/07, juris Rn. 44 a.E.).
Das Merkzeichen H ist in den Schwerbehindertenausweis einzutragen, wenn der schwerbehinderte Mensch hilflos i.S.d. des § 33b EStG oder entsprechender Vorschriften ist (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 SchwbAwV). Gemäß § 33b Abs. 6 Satz 3 EStG ist eine Person hilflos, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedarf. Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder einer Anleitung zu den in Satz 3 dieser Vorschrift genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muss, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist (§ 33b Abs. 6 Satz 4 EStG).
Bei den gemäß § 33 Abs. 6 EStG zu berücksichtigenden Verrichtungen handelt es sich um solche, die im Ablauf eines jeden Tages unmittelbar zur Wartung, Pflege und Befriedigung wesentlicher Bedürfnisse des Betroffenen gehören sowie häufig und regelmäßig wiederkehren. Dazu zählen zunächst auch die bis zum 31.12.2016 von der Pflegeversicherung (vgl. § 14 Abs. 4 SGB XI a.F.) erfassten Bereiche der Körperpflege (Waschen, Duschen, Baden, Zahnpflege, Kämmen, Rasieren, Darm- und Blasenentleerung), Ernährung (mundgerechtes Zubereiten und Aufnahme der Nahrung) und Mobilität (Aufstehen, Zubettgehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen, Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung). Diese Bereiche wurden unter dem Begriff der sog. Grundpflege zusammengefasst (§ 15 Abs. 3 SGB XI a.F.; vgl. nunmehr aber § 15 Abs. 2 bis 7 SGB XI in der ab 01.01.2017 geltenden Fassung). Hinzu kommen nach der Rechtsprechung des BSG Maßnahmen zur psychischen Erholung, geistigen Anregung und Kommunikation (Sehen, Hören, Sprechen und Fähigkeit zu Interaktionen). Nicht vom Begriff der Hilflosigkeit umschlossen ist der Hilfebedarf bei hauswirtschaftlichen Verrichtungen (zum Ganzen vgl. BSG, Urteil v. 12.02.2003 - B 9 SB 1/02 R, juris Rn. 11 ff. m.w.N. sowie Teil A Nr. 4d Satz 4 VMG). Hilflosigkeit kann jedoch nicht angenommen werden, wenn schwerbehinderte Menschen nur in relativ geringem Umfang, täglich etwa eine Stunde, auf fremde Hilfe angewiesen sind. Der tägliche Zeitaufwand ist erst dann hinreichend erheblich, wenn sich dieser auf mindestens zwei Stunden beläuft. Erreicht der tägliche Hilfebedarf einen Aufwand von mehr als einer, jedoch unter zwei Stunden, ist Hilflosigkeit anzunehmen, wenn der wirtschaftliche Wert der erforderlichen Pflege (wegen der Zahl der Verrichtungen bzw. ungünstiger zeitlicher Verteilung der Hilfeleistungen) besonders hoch ist (BSG, Urteil v. 12.02.2003 - B 9 SB 1/02 R, juris Rn . 15 und 18 m.w.N. aus der Rspr.). Ebenso müssen gemäß Teil A Nr. 4d VMG einzelne Verrichtungen, selbst wenn sie lebensnotwendig sind und im täglichen Lebensablauf immer wieder vorkommen (z.B. Hilfe beim Anziehen einzelner Bekleidungsstücke, Begleitung bei Spaziergängen oder Hilfen im Straßenverkehr) außer Betracht bleiben.
Ergänzend und klarstellend zu dieser gesetzlichen Ausgangslage führt Teil A Ziffer 4 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze führt aus:
b) Hilflos sind diejenigen, die infolge von Gesundheitsstörungen - nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) und dem Einkommensteuergesetz "nicht nur vorübergehend" - für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedürfen. Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder einer Anleitung zu den genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muss, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist.
c) Häufig und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen zur Sicherung der persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages sind insbesondere An- und Auskleiden, Nahrungsaufnahme, Körperpflege, Verrichten der Notdurft. Außerdem sind notwendige körperliche Bewegung, geistige Anregung und Möglichkeiten zur Kommunikation zu berücksichtigen. Hilflosigkeit liegt im oben genannten Sinne auch dann vor, wenn ein psychisch oder geistig behinderter Mensch zwar bei zahlreichen Verrichtungen des täglichen Lebens der Hilfe nicht unmittelbar bedarf, er diese Verrichtungen aber infolge einer Antriebsschwäche ohne ständige Überwachung nicht vornähme. Die ständige Bereitschaft ist z. B. anzunehmen, wenn Hilfe häufig und plötzlich wegen akuter Lebensgefahr notwendig ist.
d) Der Umfang der notwendigen Hilfe bei den häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen muss erheblich sein. Dies ist der Fall, wenn die Hilfe dauernd für zahlreiche Verrichtungen, die häufig und regelmäßig wiederkehren, benötigt wird. Einzelne Verrichtungen, selbst wenn sie lebensnotwendig sind und im täglichen Lebensablauf wiederholt vorgenommen werden, genügen nicht (z. B. Hilfe beim Anziehen einzelner Bekleidungsstücke, notwendige Begleitung bei Reisen und Spaziergängen, Hilfe im Straßenverkehr, einfache Wund- oder Heilbehandlung, Hilfe bei Heimdialyse ohne Notwendigkeit weiterer Hilfeleistung). Verrichtungen, die mit der Pflege der Person nicht unmittelbar zusammenhängen (z. B. im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung) müssen außer Betracht bleiben".
Teil A Ziffer 4 lit e) der Versorgungsmedizinischen Grundsätze beschreibt Fälle schwerer Behinderungen, die aufgrund ihrer Art und besonderen Auswirkungen regelhaft Hilfeleistungen in erheblichem Umfang erfordern. Bei diesen Fällen kann im Allgemeinen ohne nähere Prüfung angenommen werden, dass die Voraussetzungen für das Vorliegen von Hilflosigkeit erfüllt sind. Dies gilt stets bei Blindheit und hochgradiger Sehbehinderung sowie Querschnittslähmung und anderen Behinderungen, die auf Dauer und ständig - auch innerhalb des Wohnraums - die Benutzung eines Rollstuhls erfordern. Daneben beschreibt Teil A Ziffer 4 lit f) der Versorgungsmedizinischen Grundsätze weitere Regelbeispiele, in denen auch ohne nähere Prüfung vom Vorliegen der Voraussetzungen ausgegangen werden kann. Hierunter fallen auch Hirnschäden, Anfallsleiden, geistiger Behinderung und Psychosen, wenn diese Behinderungen allein einen GdB von 100 bedingen. In diesen Fällen bedarf es mithin in aller Regel keiner konkreten Prüfung des tatsächlich bestehenden Hilfebedarfs. Liegen diese Regelbeispiele freilich nicht vor, so ist der Umfang der Hilflosigkeit konkret im Einzelfall zu ermitteln.
Der Senat stellt nach Auswertung der beigezogenen Unterlagen im Verwaltungs- und Klageverfahren fest, dass der Kläger nicht mehr hilflos ist und die Beklagte daher das Merkzeichen H zu Recht entzogen hat. Der Senat schließt dies insbesondere aus dem Bericht der S1– Schule vom 07.04.2017 sowie dem Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit vom 10.05.2016.
Der Senat stellt mit dem Pflegegutachten vom 10.05.2016 fest, dass der Hilfebedarf des Klägers auf 50 Minuten täglich im Bereich der Grundpflege gesunken ist. Die Pflegesachverständige S2 führt in der gutachterlichen Würdigung aus, dass sich der Pflegeaufwand im Vergleich zur vorangehenden Begutachtung weiter reduziert habe und der Kläger selbstständiger geworden sei. Die kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten seien nicht eingeschränkt. Das Aufstehen und Zubettgehen erfolge selbstständig. Der Kläger könne alle Transfers alleine durchführen. Beim Baden setzen ihn seine Eltern gemeinsam in die Wanne, da er mit dem Lift nicht baden wolle, weil er da nicht richtig im Wasser liegen könne. An- und Auskleiden könne er sich alleine, wenn ihm die Kleidung bereitgelegt werde. Gehen könne er nicht, im Rollstuhl sitzend könne er sich im Wohnbereich selbst fortbewegen. Stehen könne er auch ohne Orthesen, aber nur sehr kurz. Bücken könne er sich im Rollstuhl oder auf dem Bettrand sitzend. Er erreiche die Füße und könne sich die Socken selbst anziehen. Der Nacken- und Schürzengriff sei beidseits uneingeschränkt möglich. Die Funktion der Hände sei nicht beeinträchtigt. Er könne bereit gestellte Mahlzeiten selbstständig mit Besteck zu sich nehmen und selbst Getränke einnehmen. Er könne bei Harn- oder Stuhldrang selbstständig das WC aufsuchen, habe aber Schwierigkeiten mit der Intimhygiene. Er könne die Kleider beim Toilettengang nicht immer selbst herunterlassen bzw. hochziehen. Lange könne er nicht immer freistehen, das sei tagesformabhängig. Oft gehe auch Stuhlgang in die Hose und er müsse abgeduscht werden. Beim Waschen benötige er Hilfe bei Rücken und Unterkörper. Den vorderen Oberkörper könne er gut selbst übernehmen. Bei Ankleiden benötige er Hilfe von unten herauf. Die Zahnpflege und das Kämmen könne er selbstständig übernehmen. Die Sachverständige kommt für den Senat schlüssig und nachvollziehbar auf einen grundpflegerischen Bedarf von 25 Minuten im Bereich der Körperpflege und von 25 Minuten im Bereich der Mobilität. Der Zeitaufwand der Grundpflege beträgt danach 50, der Zeitaufwand für die Hauswirtschaft 60 Minuten. Es liegt insgesamt eine Pflegezeit von 110 Minuten pro Tag vor. Die Voraussetzungen für die Pflegestufe I sind erfüllt. Der Senat stellt somit fest, dass im Vergleich zu den vorangegangenen Pflegegutachten vom 18.08.2006 (Grundpflegebedarf von 40 Minuten im Bereich der Körperpflege und 40 Minuten im Bereich der Mobilität) sowie vom 17.08.2010 (Grundpflegebedarf von 39 Minuten im Bereich der Körperpflege und 16 Minuten im Bereich der Mobilität) eine Reduktion des Grundpflegebedarfs eingetreten ist.
Den Zugewinn an Selbstständigkeit zeigen auch die Berichte der S1– Schule. Nach dem Abschlussbericht der Physiotherapie vom Juli 2017 der B nutzt der Kläger den öffentlichen Nahverkehr und kann auch unbekannte Strecken mit der Bahn bewältigen. Er habe eine sehr gute Kraft und Ausdauer und sei in der Handhabung seines Rollstuhles sehr geschickt. Laut dem erzieherischen Entwicklungsbericht vom 07.04.2017 benötigt er teilweise umfassende pflegerische Hilfe, auch spontan mit entsprechenden Räumlichkeiten (Bad/WC). Die Freizeit gestalte er selbstständig. Er unternehme viel mit seinen Freunden und sei sportlich interessiert. Für seine weitere Entwicklung benötige er momentan noch begleitende Hilfen in den täglichen Bereichen. Der schulische Entwicklungsbericht vom 11.05.2017 teilt mit, dass sich der Kläger ausschließlich im Rollstuhl fortbewege. Im Alltag sei er selbstständig und benötige wenig Unterstützung. Er führe seine Körperpflege alleine durch und sei in der Lage, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen, Einkäufe zu erledigen und seine Freizeit weitestgehend alleine zu gestalten.
Der Senat entnimmt diesen Berichten, dass der Kläger bis auf den Bereich der Körperpflege stark an Selbstständigkeit gewonnen hat. Im Bereich der Mobilität ist er in der Lage, sich selbstständig im öffentlichen Bereich zu bewegen. Die wesentlichen Einschränkungen bestehen noch im Bereich der Intimpflege und bei und nach Toilettengängen. Der Beklagte ist somit zutreffend zu der Einschätzung gelangt, dass der Kläger nicht mehr Hilfe bei den häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen in erheblichen Umfang benötigt. So besteht der Hilfebedarf nicht mehr für zahlreiche Verrichtungen, sondern lediglich noch für Teilbereiche im Bereich der Körperhygiene. Die Fehlanlage der Bauchspeicheldrüse führt zwar zu mehrmaligen starken Bauchkrämpfen und Beeinträchtigungen des Klägers. Sie wirkt sich jedoch nicht auf das Ausmaß des Hilfebedarfs aus. Der Senat verkennt nicht, dass der Kläger nach wie vor auf die Benutzung des Rollstuhles angewiesen ist und daher immer noch der Unterstützung im häuslichen und außerhäuslichen Bereich bedarf. Das Ausmaß der Unterstützungsleistungen hat jedoch nach den vorliegenden Berichten durch die Entwicklung des Klägers abgenommen, wenn auch keine vollständige Eigenständigkeit eingetreten ist.
Auch soweit der Klägerbevollmächtigte auf Ziff. 4 e) der G verweist, führt dies nicht zu einer anderweitigen Bewertung des Sachverhaltes. Der Kläger ist im Unterschied zu Querschnittsgelähmten nach dem Pflegegutachten vom 10.05.2016 noch in der Lage, kurz selbst zu stehen und auch die Transfers selbstständig durchzuführen. Die spastische Diplegie der unteren Extremitäten kann noch nicht mit einer vollständigen Lähmung der unteren Extremitäten gleichgestellt werden. Insofern ist keine schwere Behinderung, die aufgrund ihrer Art und besonderen Auswirkungen regelhaft Hilfeleistungen in besonderem Umfang erfordert, nach Ziff. 4 e) der VG im vorliegenden Fall gegeben. Auch die sachverständige Zeugenaussage der F vom 17.11.2019 belegt, dass der Hilfebedarf vor allem im Bereich des Duschens und Badens und der Toilettengänge besteht. In den weiteren Bereichen ist der Kläger dagegen weitgehend eigenständig und bewegt sich zwar im Rollstuhl, aber im Alltag selbstständig und ohne größeren Unterstützungsbedarf fort.
Der Beklagte hat somit zu Recht festgestellt, dass in den Verhältnissen, die dem Bescheid vom 05.09.2008 zugrunde lagen eine wesentliche Änderung eingetreten ist und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens H ab dem 01.06.2018 nicht mehr vorliegen.
Die Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.