Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt die Übernahme zusätzlicher Kosten für die Beschaffung von FFP2-Masken als Leistung der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der 1974 geborene Antragsteller bezieht laufend Leistungen nach dem SGB II. Mit Schreiben vom 14. Februar 2021 - beim Antragsgegner am 16. Februar 2021 eingegangen - beantragte er unter Hinweis auf einen Beschluss des Sozialgerichts (SG) Karlsruhe - S 12 AS 213/21 ER - die Übernahme der Kosten für zusätzliche FFP2-Masken. Dies lehnte der Antragsgegner für den Antragsteller und seinen Sohn mit Bescheid vom 18. Februar 2021 für die Zeit vom 1. Februar 2021 bis zum 31. Mai 2021 ab. Ein besonderer Mehrbedarf sei nicht erkennbar. Der Antragsteller erhalte - wie alle anderen Empfänger von SGB II-Leistungen auch - einen Gutschein für zehn kostenlose FFP2-Masken von seiner Krankenkasse erhalten. Der weitergehende Bedarf könne ohne weiteres aus dem Regelbedarf gedeckt werden, zumal die Masken nach den Empfehlungen der Fachhochschule Münster bis zu fünfmal wiederverwendet werden könnten. Nach der Coronaschutzverordnung des Landes soll es auch nicht verpflichtend, FFP2-Masken zu tragen; medizinische Masken seien ausreichend.
Den dagegen am 22. Februar 2021 erhobenen Widerspruch wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2021 als unbegründet zurück.
Bereits am 23. Februar 2021 suchte der Antragsteller um einstweiligen Rechtsschutz nach. Auf Nachfrage des Gerichts hat er erläutert, dass er 14 FFP2-Masken wöchentlich benötige, da sonst sein Grundrecht auf soziale Teilhabe in unverhältnismäßiger Weise beschränkt werde. Im Einzelnen benötige er zwei Masken für den Straßenbahn- und Busverkehr, eine Maske für den Supermarkt, zwei Masken für das Treppenhaus, eine Maske für Gespräche mit Nachbarn, eine Maske für Gespräche mit Freunden und eine Maske für Gespräche mit Verwandten. Die Masken seien nur zur einmaligen Anwendung gedacht.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, für ihn die Kosten für weitere 14 Masken wöchentlich für die Zeit vom 14. Februar 2021 bis zum 31. Mai 2021 als Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II zu übernehmen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Der Antrag sei nicht eilbedürftig. Da weder der Antragsteller noch seine Frau noch der Sohn A. eine Erwerbstätigkeit ausübten und der Sohn B. die Schule nur im Rahmen der aktuellen Möglichkeiten besuche, werde eine Maske lediglich zum Einkaufen und gegebenenfalls für Arztbesuche benötigt. Dieser Bedarf könne aus den ausgehändigten Masken gedeckt werden, zumal eine Wiederverwendung nicht ausgeschlossen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die in elektronischer Form vorgelegten Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners verwiesen. Diese sind Gegenstand der Entscheidungsfindung der Kammer gewesen.
II.
Der zulässige Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ist indes nicht begründet.
Der Antrag ist - anders als die Bescheide des Antragsgegners - nur für den Antragsteller erhoben worden. Aus der vorgelegten Antragsschrift ergibt sich nicht, dass der Antrag auch für den Sohn des Antragstellers gestellt worden sein soll, zumal der Antragsteller im Verwaltungsverfahren für diesen einen gesonderten Antrag gestellt hat.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist stets, dass sowohl ein Anordnungsgrund (d. h. die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) als auch ein Anordnungsanspruch (d. h. die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs) glaubhaft gemacht werden (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO)).
Dem Antragsteller ist es indes nicht gelungen, Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund glaubhaft zu machen. Das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs scheitert daran, dass der geltend gemachte Mehrbedarf nicht unabweisbar ist.
Nach § 21 Abs. 6 Satz 1 SGB II wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht. Der Mehrbedarf ist nach § 21 Abs. 6 Satz 2 SGB II unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. Daran fehlt es hier.
Zwar ergibt sich im Rahmen der Corona-Pandemie ein besonderer Bedarf für Schutzmasken, der bei der Bemessung des Regelbedarfs nicht berücksichtigt worden ist. So ist nach § 3 der Niedersächsische Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus SARS-CoV-2 (Nds. Corona-VO) vom 30.10.2020 (in der Fassung der Verordnung vom 12.02.2021 -Nds. GVBl. S. 55-) in vielen Bereichen in der Öffentlichkeit das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung vorgeschrieben. Für weitere Bereiche ist nach § 3 Satz 3 Nds. Corona-VO das Tragen einer medizinischen Maske vorgeschrieben; eine Definition des Begriffs der medizinischen Maske enthält die Verordnung indes nicht. Eine ausdrückliche Verpflichtung zum Tragen von FFP2-Masken besteht nur für die Beschäftigten von Pflegeheimen oder ähnlichen Einrichtungen für behinderte Menschen (§ 14 Abs. 2 Satz 6 Nds. Corona-VO). Allerdings ordnen Privatunternehmen vielfach das Tragen von FFP2-Masken in ihren Geschäften oder Einrichtungen an. Zudem muss sich der Antragsteller nicht auf einen im Vergleich zu Nichtleistungsbeziehern geringeren Schutz verweisen lassen. Ein grundsätzlicher Bedarf für FFP2-Masken kann damit anerkannt werden.
Unklar ist allerdings der Umfang des Bedarfs. Insofern erscheinen die Vorstellungen des Antragstellers als weit übersetzt. Zwar ist zutreffend, dass es sich bei den begehrten FFP2-Masken um Einweg-Masken handelt; dass schließt aber eine kurzzeitige Unterbrechung des Tragens nicht aus. Das Robert Koch-Institut geht von einer maximalen Tragedauer von 75 Minuten aus (https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/gesamt.html). In diesem Zeitrahmen lassen sich die normalen Einkäufe des täglichen Lebens einschließlich der Wegstrecken in Treppenhaus und öffentlichem Personennahverkehr erledigen. Hinzu kommt, dass bei einer vierköpfigen Bedarfsgemeinschaft nicht jeder jeden Tag für 75 Minuten einkaufen gehen muss. Soweit der Antragsteller weitere Masken für Gespräche mit Nachbarn, Freunden und Verwandten begehrt, so sind auch diese persönlichen Kontakte nach § 1 Satz 1 Nds. Corona-VO nach Möglichkeit zu vermeiden.
Hinzu kommt, dass nach den Empfehlungen der FH Münster (Möglichkeiten und Grenzen der eigenverantwortlichen Wiederverwendung von FFP2-Masken für den Privatgebrauch im Rahmen einer epidemischen Lage, im Internet unter: https://www.fh-muenster.de/gesundheit/images/forschung/ffp2/01_ffp2_info11012021_doppelseiten.pdf), auf die auch der Antragsgegner hingewiesen hat, eine bis zu fünfmalige Wiederverwendung der Masken möglich ist, wenn diese nach Benutzung für eine Woche an der frischen Luft getrocknet werden. Unter Berücksichtigung dieses Modells werden für 35 Tage sieben Masken benötigt. Zehn FFP2-Masken sind dem Antragsteller bereits durch seine Krankenkasse zur Verfügung gestellt worden.
Darüber hinaus erfolgt voraussichtlich Ende April 2021 die Auszahlung einer 150 €-Soforthilfe für die Bezieher von Grundsicherungsleistungen nach § 70 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Regelung einer Einmalzahlung der Grundsicherungssysteme an erwachsene Leistungsberechtigte und zur Verlängerung des erleichterten Zugangs zu sozialer Sicherung und zur Änderung des Sozialdienstleister-Einsatzgesetzes aus Anlass der COVID-19-Pandemie - Sozialschutz-Paket III - (Bundestagsdrucksache 19/26542, Beschluss am 26.2.2021; Bundesratsdrucksache 187/21, Beschluss des Bundesrats am 5.3.2021). Durch diese sollen die mit der COVID-19-Pandemie in Zusammenhang stehenden Mehraufwendungen für den Zeitraum vom 1. Januar 2021 bis zum 30. Juni 2021 ausgeglichen werden; sie ist aber umgekehrt vorrangig für pandemiebedingte Mehrbedarfe zu verwenden. Zwar steht dieser Betrag aktuell noch nicht zur Verfügung; dem Antragsteller ist es aber zuzumuten, die Zeit bis Ende April durch anderweitige Umschichtungen zu überbrücken.
Das muss umso mehr gelten, als derzeit im Handel FFP2-Masken zu einem Preis von maximal 15 € für 20 Stück erhältlich sind (10,00 € zuzüglich 4,90 € Versandkosten, https://www.amazon.de/EUROPAPA-Atemschutzmaske-einzelverpackt-Mundschutzmaske-10xSchaumstoff-Dichtlippe/dp/B08P5JWDLG/ref=sr_1_1?__mk_de_DE=%C3%85M%C3%85%C5%BD%C3%95%C3%91&dchild=1&keywords=ffp2&qid=1615303648&sr=8-1, abgerufen am 9.3.2021). Nach den obigen Ausführungen reicht diese Menge von insgesamt 30 Masken aus, um die Zeit von Antragstellung am 14. Februar 2021 bis zum 30. April 2021 (76 Tage) bei einer Reserve von 9 Masken zu überbrücken. Dem Antragsteller ist eine einmalige Umschichtung von ca. 15 € möglich und zuzumuten. Damit ist der vom Antragsteller geltend gemachte Bedarf zugleich nicht mehr als unabweisbar im Sinne des § 21 Abs. 6 SGB II anzusehen.
Die Kammer folgt damit ausdrücklich nicht den umfangreichen Erwägungen des SG Karlsruhe (Beschluss vom 11. Februar 2021 - S 12 AS 213/21 ER -, juris, Rn. 91) zur Bedarfsermittlung, die an der Lebensrealität vorbeigehen. Auch jenseits der Gruppe der Grundsicherungsempfänger wird nicht von einem wöchentlichen bedarf von durchschnittlich 20 Masken ausgegangen, sondern deutlich darunter. Dafür sprechen auch die ganz überwiegenden erstinstanzlichen Entscheidungen zu diesem Thema (so SG Karlsruhe, Beschluss vom 01. März 2021 - S 18 AS 469/21 ER -; SG Karlsruhe, Beschluss vom 01. März 2021 - S 4 AS 470/21 ER -; SG Mannheim, Beschluss vom 01. März 2021 - S 5 AS 456/21 ER -; SG Mannheim, Beschluss vom 25. Februar 2021 - S 7 AS 301/21 ER -; SG Lüneburg, Beschluss vom 10. Februar 2021 - S 23 AS 13/21 ER -; SG München, Beschluss vom 10. Februar 2021 - S 37 AS 98/21 ER -, allesamt zitiert nach juris).
Dem Antragsteller bleibt es jedoch unbenommen, einen weitergehenden Bedarf - etwa für regelmäßige Pflegeheimbesuche - glaubhaft zu machen. Das ist jedoch bislang nicht der Fall.
Da bereits ein Anordnungsanspruch nicht vorliegt, kommt es auf das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nicht mehr an.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Beschwerde ist nach §§ 172, 144 SGG nicht zulässig, da der Berufungs- und Beschwerdewert von mehr als 750 € nicht erreicht wird.