1. Für die Ermächtigung der Außenstelle einer psychiatrischen Institutsambulanz in den Räumlichkeiten eines anderen Krankenhauses ist nicht erforderlich, dass dieses Krankenhaus im Krankenhausplan selbst als Standort einer psychiatrischen Abteilung ausgewiesen ist. 2. Zum Umfang der Bedarfsprüfung gemäß § 118 Abs 4 SGB V.
Die Berufung der Beigeladenen zu 1. und die Anschlussberufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 12. Februar 2020 werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte verpflichtet wird, über den Ermächtigungsantrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.
Die Berufung der Beigeladenen zu 2. wird verworfen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin sowie (als Gesamtschuldnerinnen) die Beigeladenen zu 1. und zu 2. jeweils zur Hälfte mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen zu 3. bis 7., die ihre Kosten selbst tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 40.000 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Ermächtigung einer psychiatrischen Institutsambulanz (PIA).
Die Klägerin ist Trägerin des I. Klinikums J. und des I. Klinikums K.. Das Klinikum J. ist seit 2012 mit 78 Planbetten in der Fachabteilung Psychiatrie und Psychotherapie sowie mit 23 teilstationären Plätzen in einer psychiatrischen Tagesklinik in den Niedersächsischen Krankenhausplan aufgenommen (Bescheid des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration vom 22. Dezember 2011). Das Klinikum K. wurde mit Bescheid des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung vom 23. Dezember 2015 mit Wirkung vom 1. Januar 2016 in den Niedersächsischen Krankenhausplan aufgenommen, verfügt im Bereich Psychiatrie aber weder über entsprechende Planbetten noch über teilstationäre Behandlungsplätze. Das I. Klinikum J. betreibt außerdem ein PIA und ist hierzu gemäß § 118 Abs 2 S 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) ermächtigt.
Am 1. Juli 2016 beantragte die Klägerin die Ermächtigung zum Betrieb einer PIA gemäß § 118 Abs 4 SGB V (Antragsschreiben vom 24. Juni 2016). Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, in der PIA würden Patienten mit dem Ziel therapiert, stationäre Behandlungen zu vermeiden und zu verkürzen, wobei wichtigster Bestandteil der Versorgung die Behandlung schwerstkranker „nicht wartezimmerfähiger“ Patienten, die Sicherstellung deren Behandlungskontinuität und die Vermeidung erneuter Krankheitsepisoden und stationärer Aufenthalte sei. Im Landkreis J. bestehe ein Versorgungsbedarf für ca 7.000 Patienten, wobei die PIA im I. Klinikum J. im Jahr 2015 4.500 Patienten behandelt habe. Dabei hätten Patienten aus dem Raum K. naturgemäß einen deutlich schwereren Zugang zum Angebot der Klägerin, da sie aufgrund der Schwere der Krankheitsbilder eingeschränkt mobil seien und den Weg in die L. Institutsambulanz nur bedingt antreten könnten.
Der Zulassungsausschuss J. befragte fünf in K. bzw in J. niedergelassene vertragsärztliche Psychiater bzw Kinder- und Jugendpsychiater, ob sie die im Antrag aufgeführten Leistungen gegenwärtig bzw künftig erbrächten und ob sie insoweit freie Kapazitäten hätten. Vier von ihnen teilten mit, sie hielten eine Verbesserung der psychiatrischen Versorgung für erforderlich.
Der Zulassungsausschuss J. lehnte den Antrag mit Beschluss vom 17. August 2016 ab. Da in der Anlage zum Feststellungsbescheid vom 22. Dezember 2011 über die Aufnahme des I. Klinikums J. in den Krankenhausplan der geplante Standort in K. nicht als Standort für eine PIA aufgeführt sei, handele es sich bei dem geplanten Standort nicht um eine Einrichtung des Krankenhauses iSd § 118 Abs 4 SGB V. Eine Ermächtigung für Außenstellen für PIA nach § 118 Abs 4 SGB V könne nur an Standorten erfolgen, die auch planungsrechtlich dem konkreten Krankenhaus zugeordnet seien.
Gegen den ihr am 29. September 2016 zugegangenen Beschluss legte die Klägerin am 31. Oktober 2016 Widerspruch ein, zu dessen Begründung sie ua anführte, die Ausweisung einer Ermächtigungsambulanz sei nicht Bestandteil der Krankenhausplanung und könne deshalb nicht in einem Feststellungsbescheid Erwähnung finden.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Beschluss vom 22. Februar 2017 (abgesandt am 11. April 2017) zurück. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erteilung einer Ermächtigung für die Errichtung einer Außenstelle der PIA des I. Klinikums J. am Standort des Krankenhauses in K.. Unter einer PIA seien psychiatrische Krankenhäuser nach § 118 Abs 1 und Allgemeinkrankenhäuser mit selbstständigen psychiatrischen Abteilungen nach § 118 Abs 2 SGB V zu verstehen. Bei Beachtung dieser vom Gesetzgeber verwendeten Begrifflichkeit müsse eine solche Außenstelle des Krankenhauses - der PIA - bereits existieren. Das I. Klinikum J. betreibe am Standort des Krankenhauses in K. aber keine Außenstelle, wie sich aus der Anlage zum Feststellungsbescheid entnehmen lasse. Die geplante Außenstelle einer PIA erfülle auch nicht die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 118 Abs 4 SGB V, weil es sich nicht um eine Krankenhauseinrichtung handele; denn die Klägerin beabsichtige nicht, stationäre bzw teilstationäre Krankenhausbehandlung anzubieten. Aus dem Normziel der Stärkung der sektorübergreifenden Versorgungsmöglichkeiten folge, dass die Einrichtungen in sämtlichen Alternativen des § 118 SGB V selbst den Krankenhausbegriff erfüllen müssten. Eine Einrichtung, die bestimmungsgemäß ausschließlich ambulante, aber keine stationären Leistungen erbringe, sei kein Krankenhaus und könne deshalb auch keine Einrichtung iSv § 118 Abs 4 SGB V sein.
Mit ihrer am 4. Mai 2017 vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhobenen Klage hat die Klägerin das Ziel verfolgt, den Beklagten unter Aufhebung seines Beschlusses zur Erteilung der beantragten Ermächtigung zu verpflichten, hilfsweise ihn zur Neubescheidung zu verurteilen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Beklagte gehe zu Unrecht davon aus, dass der Begriff der PIA als Oberbegriff der Krankenhäuser nach § 118 Abs 1 und Abs 2 SGB V anzusehen sei. Eine PIA sei gerade kein psychiatrisches Krankenhaus, es seien vielmehr die Fachkrankenhäuser und Allgemeinkrankenhäuser, die eine PIA betreiben könnten. Bei den PIAen iSv § 118 Abs 4 SGB V gehe es um Einrichtungen, die räumlich und organisatorisch vom Mutterhaus losgelöst seien, wie hier die beantragte PIA in K. vom Standort des Mutterhauses in J. losgelöst sei. Dies ergebe sich aus der Gesetzesbegründung zu § 118 Abs 4 SGB V. Wollte man dagegen verlangen, dass am Standort K. bereits eine Tagesklinik existiere, wäre die in § 118 Abs 4 SGB V geregelte Ermächtigung überflüssig. Die Klägerin habe auch einen Anspruch auf Ermächtigung der PIA am Standort K., weil - mit einer Ausnahme - sämtliche vom Zulassungsausschuss befragten Ärzte die Ermächtigung der PIA am Standort K. befürwortet hätten. Die ergebe sich im Übrigen aus den im Antrag der Klägerin enthaltenen Ausführungen zum Versorgungsbedarf und daraus, dass mittlerweile im Landkreis J. für den Praxisort K. ein Sitz mit hälftigem Versorgungsauftrag für einen ärztlichen Psychotherapeuten ausgeschrieben worden sei.
Der Beklagte ist dem entgegengetreten und hat an den Gründen seines Beschlusses vom 22. Februar 2017 festgehalten. Es sei vom Gesetzgeber nicht gewollt, dass es den in § 118 Abs 1 und Abs 2 SGB V genannten Krankenhäusern ermöglicht werden solle, Außenstellen zu schaffen, in denen rein ambulant behandelt werde. Denn dies widerspräche dem Normziel der Stärkung der sektorübergreifenden Versorgungsmöglichkeiten. Dies könne nur durch die Vereinheitlichung der Kategorisierungen des SGB V mit denjenigen des Krankenhausrechts erreicht werden.
Das SG hat den Beschluss vom 22. Februar 2017 mit Urteil vom 12. Februar 2020 aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, über den Ermächtigungsantrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer erneut zu entscheiden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Nach den gesetzlichen Vorgaben habe der Beklagte die Erteilung einer Ermächtigung nicht davon abhängig machen dürfen, ob die Klägerin am Standort K. bereits stationäre bzw teilstationäre Leistungen erbringe. Eine solche Auslegung ließen Wortlaut, Gesetzessystematik, Sinn und Zweck der Vorschrift sowie die Entstehungsgeschichte der Regelung nicht zu. Insbesondere könne der Formulierung „durch (…) Einrichtungen der Krankenhäuser“ nicht entnommen werden, dass die Ermächtigung von krankenhausplanerischen Entscheidungen abhängig sein solle. Dem Antrag der Klägerin auf Erteilung der Ermächtigung habe das Gericht dagegen nicht entsprechen können, weil der Beklagte keine Feststellungen dazu getroffen habe, ob die beantragte Ermächtigung zur Versorgung nach Maßgabe des § 118 Abs 2 SGB V notwendig sei.
Das Urteil ist der zu 1. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) und der zu 2. beigeladenen Krankenkasse jeweils am 17. Februar 2020 zugestellt worden. Die Beigeladene zu 1. hat hiergegen am 26. Februar 2020, die Beigeladene zu 2. hat am 12. März 2020 Berufung bei dem Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen eingelegt.
Die Beigeladene zu 1. meint, dass - entgegen der Auffassung des SG - dem § 118 Abs 4 SGB V nicht zu entnehmen sei, dass künftig jeder beliebige Standort unabhängig von jeder Krankenhausplanung die Voraussetzungen für eine in dieser Vorschrift vorgesehenen Ermächtigung erfüllen könne. Denn das Normziel liege in einer Stärkung der sektorübergreifenden Versorgung. Der Gesetzgeber könne nicht gewollt haben, dass Außenstellen geschaffen werden können, in denen rein ambulant behandelt werde.
Die Beigeladene zu 2. schließt sich den Ausführungen des Beklagten an. Im Übrigen hätten die Zulassungsgremien noch nicht den in § 118 Abs 4 SGB V angesprochenen tatsächlichen Bedarf ermittelt, da der Zulassungsausschuss J. die falsche Klientel hinsichtlich eines bestehenden Bedarfs befragt habe. Denn bei der Prüfung, ob die Versorgung anderweitig sichergestellt sei, komme es auf eine gleichwertige Versorgung an, dh darauf, ob andere psychiatrische Krankenhäuser bzw Allgemeinkrankenhäuser mit selbstständigen fachärztlich geleiteten psychiatrischen Abteilungen die Versorgung bereits in ausreichendem Maße gewährleisteten.
Die Beigeladenen zu 1. und zu 2. beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 12. Februar 2020 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
1. die Berufung der Beigeladenen zu 1. und zu 2. zurückzuweisen,
2. im Wege der Anschlussberufung: das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 12. Februar 2020 zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, ihr die Ermächtigung nach § 118 Abs 4 SGB V zur ambulanten psychiatrischen und psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten am Standort M. 1, N. zu erteilen.
Das SG habe zwar zutreffend erkannt, dass die beantragte Ermächtigung nicht von einer krankenhausplanerisch bestehenden Berechtigung am Standort K. abhängig sei. Rechtsfehlerhaft sei allerdings der vom Zulassungsausschuss bereits erhobene Bedarf im Rahmen der Umfrage der niedergelassenen Psychiater und Psychotherapeuten nicht bewertet worden. Bis auf eine Ausnahme - einen für die vorliegend umstrittene Ermächtigung nicht relevanten Kinder- und Jugendpsychiater - hätten sich alle Befragten für eine Ermächtigung der PIA in K. ausgesprochen. Der Beklagte habe es unterlassen, die sich ihm aufdrängenden Ergebnisse aus der Befragung einer gesonderten Bewertung zu unterziehen.
Die Beigeladenen zu 1. und 2. beantragen,
die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die übrigen Beteiligten stellen keinen Antrag.
Der Beklagte vertritt die Auffassung, der erstinstanzlichen Entscheidung könne nicht gefolgt werden, wenn dort eine Abhängigkeit der beantragten Ermächtigung von krankenhausplanerischen Entscheidungen verneint werde. Zur Bedarfslage habe sich der Beklagte auf der Grundlage dieser Rechtsauffassung nicht äußern müssen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Prozessakte und der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beigeladenen zu 1. und die Anschlussberufung der Klägerin bleiben ohne Erfolg. Zu Recht hat das SG den Beschluss des Beklagten vom 22. Februar 2017 aufgehoben und diesen zur Neubescheidung verurteilt; insoweit war lediglich klarzustellen, dass die Neubescheidung gemäß der Rechtsauffassung des Senats zu erfolgen hat. Eine Verurteilung des Beklagten zur Erteilung der begehrten Ermächtigung konnte demgegenüber nicht erfolgen. Die Berufung der Beigeladenen zu 2. war schließlich schon als unzulässig zu verwerfen.
A. Die Berufung der Beigeladenen zu 2. ist unzulässig.
Beigeladene können nur dann Rechtsmittel einlegen, wenn sie durch das angegriffene Urteil materiell beschwert sind (Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 28. März 2019 - B 3 KR 2/18 R, SozR 4-2500 § 130b Nr 3; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, Rn 8 vor § 143 mwN). Denn die Rechtsmittelbefugnis eines Beigeladenen wirkt spiegelbildlich als Belastung des in der Vorinstanz obsiegenden Hauptbeteiligten - hier: der Klägerin - und ist deshalb nur dann gerechtfertigt, wenn aufgrund der Bindungswirkung des vorinstanzlichen Urteils eigene (subjektive) Rechtspositionen des Beigeladenen auf dem Spiel stehen (Bundesverwaltungsgericht <BVerwG>, Urteil vom 31. Januar 1969 - IV C 83.66, BVerwGE 31, 233 <234>; BSG, Urteil vom 24. März 2016 - B 12 KR 6/14 R, SozR 4-2500 § 5 Nr 27). Die materielle Beschwer eines Beigeladenen ist demgemäß zu bejahen, wenn es möglich ist, dass er aufgrund der Bindungswirkung des angefochtenen Urteils unmittelbar in seinen subjektiven Rechten beeinträchtigt ist (BSG aaO; Keller aaO, mwN aus der Rspr). Eine solche konkrete und unmittelbare Betroffenheit in eigenen Rechten muss nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 30. November 1994 - 6 RKa 32/93, SozR 3-2500 § 119 Nr 1) auch von den Krankenkassen und ihren Verbänden geltend zu machen sein, die am vertragsärztlichen Zulassungsverfahren beteiligt sind. Allein daraus, dass die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemäß § 96 Abs 4 SGB V den Berufungsausschuss gegen die Entscheidungen der Zulassungsausschüsse anrufen können, ergibt sich die im Rechtsmittelverfahren außerdem vorauszusetzende materielle Beschwer noch nicht (BSG, Urteil vom 9. Juni 1999 - B 6 KA 76/97 R, SozR 3-5520 § 44 Nr 1).
Dass die zu 2. beigeladene Krankenkasse - die in ihrem Zuständigkeitsbereich die Funktion eines Kassenverbandes ausübt - durch die Entscheidung des SG unmittelbar in eigenen Rechten betroffen ist, ist jedoch nicht schlüssig dargelegt worden. Die streitbefangene Ermächtigung in K. berührt die Rechtsposition der Beigeladenen zu 2. nicht über das gewöhnliche (mittelbare) Maß hinaus, das sich aus der (Mit)trägerschaft der Krankenkassen bei der Bildung der Zulassungsgremien (§§ 96, 97 SGB V) und aus der Finanzierung der ambulanten und stationären Leistungen der Krankenhäuser ergibt. Da vorliegend nur statusrechtliche, nicht aber konkrete Vergütungsfragen betroffen sind, ist dabei auch nicht entscheidend, dass die Vergütung der ermächtigten PIAen nicht - wie bei anderen ambulanten Behandlungen - aus der Gesamtvergütung erfolgt, sondern die ermächtigten Ambulanzen gemäß § 120 Abs 2 S 1 SGB V direkt mit den Kassen abrechnen.
Die materielle Beschwer einer beigeladenen Krankenkasse ist vom BSG (Urteil vom 13. Mai 2015 - B 6 KA 18/14 R, SozR 4-2500 § 106 Nr 51) beispielsweise für den Fall eines Arzneimittelregresses im Einzelfall bejaht worden, bei dem es um den Ausgleich eines Vermögensschadens der Krankenkasse ging. Das BSG hat es aaO auch für möglich gehalten, dass Krankenkassen(verbände) schon wegen der in § 106 Abs 1 SGB V normierten Gesamtverantwortung von Krankenkassen und KÄVen für die Überwachung der Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Entscheidungen der Prüfgremien bzw der Gerichte beschwert sein können. Entsprechendes dürfte für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Versorgung durch PIAen gelten, die gemäß § 113 Abs 4 SGB V den Krankenkassen obliegt. Eine vergleichbare Betroffenheit der Beigeladenen zu 2. liegt hier aber nicht vor, weil der Rechtsstreit keine Wirtschaftlichkeitsprüfung betrifft. Eine dem § 106 Abs 1 S 1 SGB V vergleichbare Regelung über die gemeinsame Verantwortung für die Wirtschaftlichkeitsprüfung besteht im Zulassungsrecht nicht. Wenn der Beklagte insoweit auf die BSG-Entscheidung vom 19. Juni 1996 - 6 RKa 26/95 (= SozR 3-2500 § 116 Nr 14) hinweist, übersieht er, dass dort nur die notwendige Beiladung der Krankenkassen in Zulassungsstreitigkeiten dargelegt worden ist.
Die Berufung der Beigeladenen zu 2. könnte auch nicht in eine Anschlussberufung nach § 202 S 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 524 Zivilprozessordnung (ZPO) umgedeutet werden. Denn dies ist nur möglich, wenn die Beigeladene auf der Seite der Berufungsbeklagten steht (Keller aaO, § 143 Rn 5c) oder sich zumindest gegen die Berufung einer anderen Beigeladenen stellt, die ihr „materieller Gegenspieler“ ist (BSG, Urteil vom 16. Juli 2003 - B 6 KA 29/02 R, SozR 4-2500 § 85 Nr 3). Dies ist jedoch nicht der Fall, weil die Beigeladene zu 2. auf der Seite der Beigeladenen zu 1. - der Berufungsführerin - steht und sich deren Auffassung anschließt.
Die Berufung der Beigeladenen zu 2. war deshalb gemäß § 158 S 1 SGG als unzulässig zu verwerfen.
B. I. Die Berufung der Beigeladenen zu 1. ist demgegenüber zulässig. Die materielle Beschwer ist gegeben, weil die KÄVen (ausnahmsweise) unabhängig vom Nachweis einer konkreten Beschwer im Einzelfall oder eines konkreten rechtlichen Interesses befugt sind, die Entscheidungen der Zulassungs- und Berufungsausschüsse anzufechten. Dies folgt daraus, dass sie aufgrund des Sicherstellungsauftrags gemäß § 75 Abs 1 SGB V die Mitverantwortung für eine den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entsprechende Durchführung der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung haben (BSG, Urteil vom 17. November 1999 - B 6 KA 15/99 R, SozR 3-5525 § 20 Nr 1; Urteil vom 13. Mai 2015 aaO).
Schließlich ist auch die ausdrücklich als solche eingelegte Anschlussberufung der Klägerin statthaft und auch im Übrigen zulässig.
II. Die Berufung der Beigeladenen zu 1. und die Anschlussberufung der Klägerin sind jedoch unbegründet. Das erstinstanzliche Gericht hat den Beschluss vom 22. Februar 2017 zu Recht aufgehoben und den Beklagten zur Neubescheidung verurteilt, den darüberhinausgehenden Hauptantrag der Klägerin auf Verpflichtung zur Erteilung der beantragten Ermächtigung aber abgewiesen. Bei der anstehenden Neubescheidung wird der Beklagte allerdings die Rechtsauffassung des Senats zugrunde legen müssen.
1. Die am 4. Mai 2017 erhobene Klage ist im Hauptantrag als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 SGG) und mit ihrem hilfsweise gestellten Antrag als Anfechtungs- und Bescheidungsklage gemäß §§ 54 Abs 1, 131 Abs 3 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig.
2. Die Klage ist jedoch nur insoweit begründet, als der angefochtene Beschluss aufzuheben und der Beklagte - entsprechend dem von der Klägerin hilfsweise gestellten Antrag - zur Neubescheidung zu verurteilen war.
a) Rechtsgrundlage der begehrten Ermächtigung für die Außenstelle der PIA der Klägerin in K. ist § 118 Abs 4 iVm Abs 2 SGB V. Danach sind die in Abs 2 genannten Krankenhäuser - dh Allgemeinkrankenhäuser mit selbstständigen, fachärztlich geleiteten psychiatrischen Abteilungen mit regionaler Versorgungsverpflichtung - auch dann zur ambulanten psychiatrischen und psychotherapeutischen Versorgung zu ermächtigen, wenn die Versorgung durch räumlich und organisatorisch nicht angebundene Einrichtungen der Krankenhäuser erfolgt, soweit und solange die Ermächtigung notwendig ist, um eine Versorgung nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 sicherzustellen.
aa) Die Klägerin betreibt mit dem I. Klinikum J. ein Allgemeinkrankenhaus iSd § 118 Abs 2 S 1 SGB V. Die dort bestehende PIA ist zur psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlung nach Maßgabe des § 118 Abs 2 S 2 SGB V von Gesetzes wegen ermächtigt.
bb) Die streitgegenständliche Ambulanz, die in K. betrieben werden soll, ist eine „Einrichtung“ iSv § 118 Abs 4 SGB V. Dabei ist unter einer Einrichtung - entsprechend den Grundvoraussetzungen dieses im SGB V an verschiedenen Stellen erwähnten Begriffs - eine räumlich und sachlich abgrenzbare Einheit zu verstehen (BSG, Urteil vom 13. Mai 2015 - B 6 KA 25/14 R, SozR 4-5520 § 19 Nr 3, mwN). Die Einrichtung soll (unstreitig) auch der psychiatrischen Versorgung der Versicherten dienen, wie sie bisher schon in der gemäß § 118 Abs 2 SGB V ermächtigten PIA des I. Klinikums in J. erfolgt.
cc) Die in K. vorgesehene PIA ist auch eine Einrichtung des von der Klägerin betriebenen Krankenhauses in J.. Dies ergibt sich bereits aus den im Antragsschreiben vom 24. Juni 2016 dargestellten Konzept der Klägerin. Danach soll in K. eine Zweigstelle der PIA des Krankenhauses J. errichtet werden, um die im Umkreis der Stadt K. lebenden Versicherten versorgen zu können, die - soweit überhaupt eine PIA-Versorgung erfolgt ist - bisher in J. behandelt worden sind. Es geht demzufolge um die ambulante Versorgung von Patienten, die im Fall stationärer Behandlungsbedürftigkeit im Krankenhaus J. aufgenommen werden. Wie die Klägerin im Berufungsverfahren glaubhaft mitgeteilt hat, sollen die in K. vorgesehenen psychiatrischen Behandlungen außerdem durch Personen erfolgen, die vom Krankenhaus J. gestellt werden und die dauerhaft und ortsgebunden in der Einrichtung in K. tätig sein sollen. Damit erfüllt die Klägerin ihre Aufgabe sicherzustellen, dass die für die ambulante psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung erforderlichen Ärzte und nichtärztlichen Fachkräfte zur Verfügung stehen (§ 118 Abs 1 S 3 iVm Abs 2 S 4 SGB V), durch den Einsatz entsprechenden Personals des Krankenhauses J.. Soweit der Beklagte demgegenüber Zweifel daran äußert, dass die Klägerin tatsächlich über ausreichende personelle Ressourcen an entsprechenden psychiatrischen Krankenhausärzten verfügt, sind diese im vorliegenden Zusammenhang unerheblich. Denn es obliegt grundsätzlich der Organisationshoheit der Klägerin, für ausreichendes Personal zu sorgen.
Der bloße Umstand, dass die vorgesehene Ambulanz räumlich am Standort des I. Klinikums K. errichtet werden soll, führt angesichts dessen nicht dazu, dass diese als Einrichtung des Krankenhauses K. anzusehen wäre. Insoweit ist die Situation nicht anders zu beurteilen, als wenn die Klägerin eine vergleichbare Einrichtung des Klinikums J. außerhalb eines Krankenhauses in anderen in K. freistehenden Räumlichkeiten (zB in einer Arztpraxis oder einem Ärztehaus) betreiben würde.
Dass die vorgesehene Einrichtung räumlich und organisatorisch nicht an das Krankenhaus J. angebunden werden soll, steht der Ermächtigung nicht entgegen, weil die Ermächtigungsmöglichkeit nach § 118 Abs 4 SGB V gerade für diesen Fall besteht.
b) Die Ermächtigung setzt nicht voraus, dass K. nach dem Niedersächsischen Krankenhausplan als Standort einer psychiatrischen Krankenhausabteilung ausgewiesen ist.
aa) Dem Wortlaut des § 118 Abs 4 SGB V lässt sich eine solche zusätzliche Voraussetzung nicht entnehmen.
bb) Sie lässt sich auch nicht aus der Gesetzesgeschichte des § 118 Abs 4 SGB V ableiten.
§ 118 Abs 4 SGB V ist durch das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) vom 16. Juli 2015 (BGBl I 1211) mit Wirkung vom 23. Juli 2015 eingeführt worden. Ausgangspunkt hierfür war eine Entscheidung des BSG vom 21. Juni 1995 (6 RKa 49/94, SozR 3-2500 § 118 Nr 2), nach der Außenstellen einer PIA nicht gemäß § 118 SGB V ermächtigt werden konnten, weil diese Vorschrift voraussetze, dass die Behandlung der Versicherten in der Ambulanz einer Klinik durchgeführt wird. Damit sei eine organisatorische und räumliche Anbindung der Behandlungseinrichtung an die Klinik erforderlich. Mit der Einführung des § 118 Abs 4 SGB V beabsichtigte der Gesetzgeber, angesichts der besonderen Bedeutung der psychiatrischen Versorgung insbesondere auch für Kinder und Jugendliche die Voraussetzungen für die Erteilung einer Institutsermächtigung für Außenstellen von PIAen zu lockern und eine - bedarfsabhängige - spezielle Ermächtigungsnorm zu schaffen, für die es nicht mehr auf eine räumliche und organisatorische Anbindung der Außenstelle an die betreibende Klinik ankommt (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu § 118 SGB V, BT-Drucks 18/5123, S 133).
Regelungsgegenstand des § 118 Abs 4 SGB V sollten damit allein Außenstellen ambulanter Behandlungseinrichtungen von Kliniken iSv § 118 Abs 1 und 2 SGB V sein (so auch: Köhler-Hohmann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl, § 118 SGB V <Stand: 8. Juli 2020>, Rn 68; Gamperl in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand: September 2020, § 118 SGB V Rn 10). Rein ambulante Behandlungen sind aber - wie der Beklagte selbst ausgeführt hat - nicht Gegenstand der Krankenhausplanung iSv § 6 Abs 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG), der nur stationäre und teilstationäre Krankenhausbehandlungen unterfallen, letztere in Tages- oder Nachtkliniken (vgl hierzu BSG, Urteil vom 28. Januar 2009 - B 6 KA 61/07 R, SozR 4-2500 § 118 Nr 1). Dass die Ermächtigung einer PIA-Außenstelle in Übereinstimmung mit der Krankenhausplanung am Standort der Außenstelle stehen muss, ergibt sich aus der Regelungsabsicht des Gesetzgebers mithin nicht.
cc) Auch das Ergebnis der systematischen bzw teleologischen Auslegung des § 118 Abs 4 SGB V spricht nicht für die Auffassung der Beigeladenen zu 1. bzw des Beklagten.
§ 118 Abs 4 SGB V sieht eine Ergänzung der Ermächtigungstatbestände in § 118 Abs 1 und Abs 2 SGB V vor. Nach § 118 Abs 1 SGB V sind psychiatrische Krankenhäuser vom Zulassungsausschuss zur ambulanten psychiatrischen und psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten - ohne Durchführung einer Bedarfsprüfung - zu ermächtigen. Hintergrund hierfür war, dass man nach den Ergebnissen der Psychiatrie-Enquête 1975 davon ausging, dass bestimmte Gruppen psychisch Kranker und Behinderter, insbesondere solche mit schweren Krankheitsbildern, oftmals nur unzureichend oder gar nicht ambulant versorgt werden, weil die Bereitschaft zum Aufsuchen eines niedergelassenen Nervenarztes fehlt (Köhler-Hohmann aaO, Rn 23). Nach § 118 Abs 2 S 1 SGB V sind Allgemeinkrankenhäuser mit selbstständigen, fachärztlich geleiteten psychiatrischen Abteilungen mit regionaler Versorgungsverpflichtung zur psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlung der im Vertrag nach S 2 vereinbarten Gruppe von Kranken von Gesetzes wegen ermächtigt. Auch diese mit dem GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 vom 22. Dezember 1999 (BGBl I 2626) in der heutigen Konzeption eingeführte Vorschrift dient dem Zweck, bestimmte Gruppen schwer und chronisch psychisch Kranker, die aufgrund ihrer Krankheit nicht adäquat von den niedergelassenen Ärzten behandelt werden können, angemessen zu versorgen. Dabei war die Erweiterung der bedarfsunabhängigen Ermächtigung auf diese Krankenhäuser Folge der nach der Psychiatriereform zunehmenden Bettenreduzierung und Verkleinerung der psychiatrischen Krankenhäuser mit gleichzeitig zunehmendem Aufbau von psychiatrischen Abteilungen an wohnortnahen Allgemeinkrankenhäusern (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu § 118 SGB V, BT-Drs 14/1977, S 167).
Damit hat der Gesetzgeber mit § 118 Abs 1 und 2 SGB V sektorübergreifende Versorgungsmöglichkeiten für psychisch Kranke geschaffen, die sich wegen der Schwere ihrer Erkrankung im Einzelfall entweder in stationärer bzw teilstationärer oder in ambulanter Behandlung befinden können. Auch für den Fall der ambulanten Versorgung wird durch die Ermächtigung der Krankenhäuser eine Behandlung durch Krankenhausärzte abgesichert, die über besondere Kenntnisse und Erfahrungen bei der Therapie dieser Patienten verfügen. Aus der Systematik des SGB V folgt dabei, dass nach § 118 SGB V nur Krankenhäuser ermächtigt werden können, die gemäß § 108 SGB V zur Teilnahme an der stationären Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassen sind, dh Hochschulkliniken, Plankrankenhäuser oder Krankenhäuser, die einen Versorgungsvertrag mit den Krankenkassen abgeschlossen haben (Senatsurteil vom 27. November 2013 - L 3 KA 85/10, juris, und hierzu BSG, Beschluss vom 14. Mai 2014 - B 6 KA 1/14 B, juris; Köhler-Hohmann aaO, Rn 27).
Hieraus lässt sich für die Ermächtigung der Außenstelle einer PIA nach § 118 Abs 4 SGB V zunächst aber nur ableiten, dass das Krankenhaus, das die Außenstelle betreibt, nach § 108 SGB V zugelassen sein muss. Dies ist für das I. Klinikum J. zu bejahen, weil es im Niedersächsischen Krankenhausplan mit 78 Planbetten bzw 23 teilstationären Plätzen in der Fachrichtung Psychiatrie und Psychotherapie aufgeführt ist. Eine eigenständige planungsrechtliche Rechtsposition am Standort der Außenstelle ist dagegen nicht erforderlich, weil dem oa Versorgungszweck des § 118 Abs 1 bzw 2 SGB V im Falle einer Außenstelle nach § 118 Abs 4 SGB V schon dadurch Genüge getan ist, dass dort die Behandlung durch Ärzte wahrgenommen wird, die bei einem zugelassenen Krankenhaus (hier: im I. Klinikum J.) beschäftigt sind.
Dass es nicht auf die Krankenhausplanung am Standort der Außenstelle, sondern nur am Standort des betreibenden Krankenhauses ankommen kann, ergibt sich zudem schon daraus, dass eine Außenstelle iSv § 118 Abs 4 SGB V - wie bereits dargelegt - nicht notwendig in den Räumlichkeiten eines anderen Krankenhauses betrieben werden muss. Die Einrichtung einer PIA-Außenstelle ist vielmehr auch in anderen geeigneten Örtlichkeiten möglich, für die eine Krankenhausplanung von vornherein nicht besteht.
Auch die Befürchtung, ohne Anbindung an die Krankenhausplanung am Standort der Außenstelle bestünde die Möglichkeit, dass Krankenhäuser in unbeschränktem Umfang PIA-Außenstellen einrichten könnten, uU in weiter entfernten Regionen, ist unbegründet. Denn räumlich unbegrenzten Filialgründungen steht schon entgegen, dass § 118 Abs 2 S 1 SGB V - und damit auch der hierauf bezogene Abs 4 - ausdrücklich auf Allgemeinkrankenhäuser mit selbstständigen, fachärztlich geleiteten psychiatrischen Abteilungen „mit regionaler Versorgungsverpflichtung“ abstellt. Dieser Regelung würde es widersprechen, wenn sich ein Krankenhaus iSv § 118 Abs 2 S 1 SGB V mithilfe von Außenstellen seiner PIA nach § 118 Abs 4 SGB V ein überregionales Versorgungsgebiet erschließen könnte.
c) Auch wenn nach alledem die Entscheidung des Beklagten rechtswidrig ist, die Ermächtigung der vorgesehenen Außenstelle in K. schon aus planungsrechtlichen Gründen abzulehnen, ergibt sich hieraus nicht der von der Klägerin mit dem Hauptantrag ihrer Klage geltend gemachte Anspruch auf Erteilung der Ermächtigung.
Nach § 118 Abs 4 SGB V ist die Ermächtigung einer PIA-Außenstelle zu erteilen, soweit und solange die Ermächtigung notwendig ist, um eine Versorgung nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 sicherzustellen. Anders als bei der Ermächtigung nach § 118 Abs 1 und Abs 2 SGB V knüpft das Gesetz die Ermächtigung von Außenstellen damit an eine Bedarfsprüfung und trägt so dem Umstand Rechnung, dass die Bindung der Außenstellen an die zwingend zu ermächtigenden bzw ermächtigten Krankenhäuser räumlich-organisatorisch gelockert ist und sie deshalb nur zu ermächtigen sind, soweit und solange eine Ermächtigung notwendig ist, um eine ausreichende ambulante psychiatrische und psychotherapeutische Versorgung sicherzustellen (BT-Drs 18/5123, S 133). Wie in anderen gesetzlich vorgesehenen Fällen, in denen die Zulassungsgremien einen Versorgungsbedarf prüfen müssen (vgl zB BSG, Urteil vom 2. September 2009 - B 6 KA 21/08 R, SozR 4-2500 § 101 Nr 6; Urteil vom 27. Februar 1992 - 6 RKa 15/91, SozR 3-2500 § 116 Nr 2), kommt ihnen dabei ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Der Senat hat die Notwendigkeit der geltend gemachten Ermächtigung deshalb nicht selbst zu untersuchen, sondern nur zu prüfen, ob der vom Beklagten getroffenen Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die Zulassungsinstanzen die durch Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs ermittelten Grenzen eingehalten haben und ob sie ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlicht und begründet haben, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist (BSG, Urteil vom 6. Juni 1984 - 6 RKa 7/83, SozR 5520 § 29 Nr 5). Dies ist im vorliegenden Fall jedoch zu verneinen.
Der Beklagte hat - von seiner Interpretation des § 118 Abs 4 SGB V ausgehend konsequent - eine Bedarfsprüfung nicht durchgeführt. Entgegen der Auffassung der Klägerin kann bei dieser Lage auch nicht auf die Bedarfsprüfung des Zulassungsausschusses zurückgegriffen werden, weil dieser die nach § 118 Abs 4 SGB V maßgeblichen Beurteilungskriterien verkannt hat.
Wie sich aus der Verwaltungsakte ergibt, hat der Zulassungsausschuss fünf im Planungsbereich Landkreis J. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Ärzte für Psychiatrie/Psychotherapie bzw für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie befragt, ob sie die von der Klägerin für die Außenstelle in K. angebotenen Leistungen erbringen, ob sie diese ggf künftig erbringen würden, wie lang insoweit die Wartezeiten sind und ob sie hierfür noch über freie Kapazitäten verfügen. Damit hat es der Zulassungsausschuss aber unterlassen, gezielt den Versorgungsbedarf „nach Maßgabe der Absätze 1 und 2“ zu ermitteln, der durch eine Ermächtigung nach § 118 Abs 4 SGB V sichergestellt werden soll. Eine solche Ermächtigung kann nach dem genannten Wortlaut und dem Zweck der Vorschrift nur erteilt werden, wenn - unabhängig vom Behandlungsangebot der niedergelassenen Psychiater - die im jeweiligen Gebiet vorhandenen psychiatrischen Krankenhäuser nach § 118 Abs 1 SGB V bzw die Allgemeinkrankenhäuser nach § 118 Abs 2 nicht in der Lage sind, die in § 118 Abs 1 S 2 und Abs 2 S 2 SGB V umschriebenen Behandlungen in ausreichendem Umfang zu erbringen (Sonnhoff in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: Oktober 2020, § 118 Rn 22; Böhnke in: Dettling/Gerlach, Krankenhausrecht, 2. Aufl 2018, § 118 SGB V Rn 14d).
Prüfungsgegenstand sind im vorliegenden Fall demnach die Erkrankungen, deren Behandlung Gegenstand der Ermächtigung nach § 118 Abs 2 SGB V ist und die der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und die Kassenärztliche Bundesvereinigung auf der Grundlage des § 118 Abs 2 S 2 SGB V (in ihrer zum 1. Juli 2010 in Kraft getretenen Vereinbarung zu psychiatrischen Institutionsambulanzen gemäß § 118 Abs 2 SGB V <DÄ 2010, 329 ff>) vereinbart haben. Die Klägerin hat die entsprechende schwer erkrankte Patientenklientel in ihrem Ermächtigungsantrag vom 24. Juni 2016 als „nicht wartezimmerfähig“ umschrieben; bereits hieraus ergibt sich, dass die Befragung niedergelassener Psychiater etc danach, ob sie Leistungen für solche Patienten erbringen, wenig sachgerecht ist. Zu untersuchen ist sodann, ob die Behandlung entsprechender Patienten bereits in ausreichender Weise durch die PIA des I. Klinikums J. - bzw uU durch andere bereits ermächtigte psychiatrische Klinikambulanzen in der Region - sichergestellt ist oder ob die besondere räumliche Situation im Umfeld von K. bzw die Auslastung der bereits ermächtigten Einrichtungen die geplante Außenstelle erforderlich machen (in diesem Sinne LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19. November 2020 - L 5 KA 17/19).
Im Einzelnen stellt sich dabei zunächst die Frage, ob die Angaben der Klägerin zur Zahl der behandlungsbedürftigen Patienten im Raum K. objektivierbar oder zumindest nachvollziehbar sind. Weiterhin ist zu prüfen, ob die Anreise dieser Patienten nach J. (oder ggf zu anderen im Nahbereich bestehenden PIAen) noch zumutbar oder unzumutbar ist, insbesondere unter Berücksichtigung der Verkehrsstruktur und der Besonderheiten der zu behandelnden Erkrankungen. Hierzu hat der Beklagte eigene Prüfungen anzustellen, ohne sich ausschließlich auf bloße Meinungsäußerungen der niedergelassenen Psychiater/Psychotherapeuten stützen zu können. Diese können in diesem Zusammenhang allerdings begleitende Auskünfte darüber erteilen, wie sie die Versorgung der psychisch schwer Erkrankten mit PIA-Behandlungen im Landkreis J. beurteilen, insbesondere ob ihnen lange Wartezeiten bei den PIAen oder sonstige Fälle insuffizienter Behandlungen bekannt sind.
Nach alledem hat der Beklagte eine erneute Entscheidung über den Ermächtigungsantrag der Klägerin zu treffen und dabei eine Bedarfsprüfung nach Maßgabe der unter c) angeführten Gesichtspunkte durchzuführen.
C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm §§ 154 Abs 2, 155 Abs 1 S 1, 159 S 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und §§ 154 Abs 3, 162 Abs 3 VwGO.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), nicht zuletzt wegen des beim BSG bereits anhängigen Revisionsverfahrens B 6 KA 3/21 R.
Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren folgt aus der Anwendung von § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm §§ 47 Abs 1, 52 Abs 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Da die im Fall einer Ermächtigung zu erwartenden Einnahmen im vorliegenden Fall nicht bestimmbar sind, nimmt der Senat dabei nach stRspr (Urteil vom 27. November 2013 - L 3 KA 85/10; Urteil vom 4. November 2015 - L 3 KA 88/11) im Wege der Schätzung pro voraussichtlichem Ermächtigungsjahr einen Betrag von 20.000 Euro an. Wie in anderen bedarfsabhängigen Ermächtigungen geht er dabei von einem Zeitraum von zwei Jahren aus (Beschluss vom 22. Januar 2008 - L 3 KA 47/07 ER).