Unter Berücksichtigung der Gesetzgebungsgeschichte greift der Krankengeldkürzungstatbestand des § 50 Abs. 2 SGB V erst dann ein, wenn die anrechenbare Leistung von einem Zeitpunkt an bewilligt wird, der "während des Bezuges von Krankengeld" liegt (Anschluss an BSG, U. v. 04. Juni 2019 - B 3 KR 15/18 R -, BSGE 128, 179).
Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bremen vom 26. Oktober 2020 und der Bescheid der Beklagten vom 29. Juni 2018 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 24. August 2018 und des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2018 geändert.
Die Beklagte wird verpflichtet,
1. dem Kläger eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ausgehend von einem Leistungsfall am 19. Oktober 2016 bereits ab dem 1. November 2016 zu gewähren und
2. die dem Kläger mit Bescheid vom 29. Juni 2018 zuerkannte Nachzahlung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auch hinsichtlich des zunächst der Beigeladenen zugesprochenen Teilbetrages von 6.376,69 € an den Kläger persönlich auszubezahlen.
Im Übrigen werden die Berufung zurückgewiesen und die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers aus beiden Rechtszügen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der am 28. Juli 1959 geborene Kläger macht weitergehende Ansprüche im Hinblick auf eine Erwerbsminderung geltend.
Der Kläger ist gelernter Bauingenieur und war zuletzt als Bauleiter tätig. Von Juni 2014 bis Oktober 2016 hat er diese Tätigkeit in einem Umfang von wöchentlich 20 Stunden ausgeübt (vgl. sein Schreiben vom 19. Oktober 2016, Bl. 1 VV).
Seinerzeit hatte der Kläger Differenzen mit der Krankenkasse, die er mit der Formulierung „Streit“ umschreibt und aufgrund derer er aus seiner Sicht „kaum Behandlungen“ erhalten hat (vgl. etwa seine Angaben im Selbsteinschätzungsbogen vom 9. Januar 2017, Bl. 11 med. VV und sein Hinweis im o.g. Schreiben vom 19. Oktober 2016, wonach ihm der „freie Zugang zum Gesundheitssystem versagt“ werde; vgl. in diesem Sinne auch die Klageschrift vom 28. Dezember 2018 und Schriftsatz vom 11. November 2019).
Mit Schreiben vom 19. Oktober 2016 wandte sich der Kläger an den beklagten Rentenversicherungsträger. Er wies darauf hin, dass sich sein Gesundheitszustand derart verschlechtert habe, dass er seine Arbeit nicht mehr ordentlich ausführen könne. Er beantrage daher eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Vom 1. bis 12. November 2016 befand sich der Kläger in stationärer Behandlung im Klinikum H. aufgrund eines Erysipels am rechten Fuß. In den Röntgenaufnahmen zeigte sich eine deutliche Knochendestruktion der Fußwurzel. Bei dem diabeteskranken Kläger wurde ein stark erhöhter HbA1c-Wert von 14,5 % festgestellt. Im Zuge der stationären Behandlung wurde eine langsame Regredienz des klinischen Hautbefundes erreicht (vgl. Entlassungsbericht vom 11. November 2016, Bl. 7 med. VV).
Ärztlicherseits bescheinigt war eine Arbeitsunfähigkeit erst ab der stationären Aufnahme am 1. November 2016, wobei aber nach Aktenlage davon auszugehen ist, dass keine Inanspruchnahme einer ärztlichen Behandlung im Oktober 2016 erfolgt ist.
Die Beklagte holte ein internistisches Gutachten von Dr. I. vom 8. März 2017 und ein orthopädisches Gutachten von Dr. J. vom 20. April 2017 ein. Letzterer vertrat die Einschätzung eines unter dreistündigen Leistungsvermögens für die Tätigkeit eines Bauingenieurs und eines sechs- und mehrstündigen Leistungsvermögens für leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Die beigeladene TKK als Krankenkasse des Klägers gewährte diesem nach dem Auslaufen der sechswöchigen Lohnfortzahlung von Seiten des Arbeitgebers vom 12. Dezember 2016 bis 30. April 2018 Krankengeld.
Mit Bescheid vom 29. Juni 2018 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 24. August 2018 und des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2018 gewährte die Beklagte dem Kläger eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab Dezember 2016 in Höhe eines anfänglichen monatlichen Zahlbetrages von 400,34 €.
Die sich für den Zeitraum Dezember 2016 bis Juli 2018 rechnerisch in Höhe von 7.712,68 € ergebende Nachzahlung wurde in Höhe eines Teilbetrages von 6.376,69 € an die TKK im Hinblick auf das zuvor von ihrer Seite gewährte Krankengeld ausgezahlt (vgl. wegen der Einzelheiten der Berechnung des Erstattungsanspruchs das Schreiben der TKK vom 9. Juli 2018 mit Anlagen, Bl. 84 ff. VV). Den Restbetrag überwies die Beklagte an den Kläger persönlich.
Mit der am 28. Dezember 2018 erhobenen Klage hat der Kläger die Festsetzung des Rentenbeginns als willkürlich gerügt. Die Rente müsse mit Antragstellung beginnen. Den Antrag habe er gestellt, als er merkte, dass er „das nicht mehr schaffe“. Am 1. November 2016 habe er auf Drängen seines Chefs, bei dem er um einen freien Tag nachgesucht habe, einen mit dem Chef befreundeten Arzt aufgesucht, der ihn auch ohne Versichertenkarte behandelt habe. Dieser habe ihn dann umgehend ins Krankenhaus geschickt.
Die Verrechnung des Krankengeldes sei nicht in Ordnung. Das Krankengeld ersetze den Ausfall der bis Oktober 2016 im Umfang von täglich vier Stunden ausgeübten Tätigkeit. Die Rente stehe ihm aufgrund seines gesundheitlichen Unvermögens zur Ausübung einer vollschichtigen Tätigkeit zu.
Mit Gerichtsbescheid vom 26. Oktober 2020, dem Kläger zugestellt am 29. Oktober 2020, hat das Sozialgericht die Klagen abgewiesen. Eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers sei erst im Laufe des 1. November 2016 im Rahmen der damaligen stationären Aufnahme festgestellt worden. Es lägen keine medizinischen Unterlagen dafür vor, dass die Anspruchsvoraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente bereits zu einem früheren Zeitpunkt erfüllt gewesen seien.
Die Anrechnung des sich aus § 103 SGB X ergebenden Erstattungsanspruchs der Krankenkasse auf den Rentennachzahlungsanspruch entspreche den gesetzlichen Vorgaben. Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung sei zutreffend erst ab einem Zeitpunkt nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit zugesprochen worden, so dass entsprechend § 50 Abs. 2 Nr. 2 SGB V die Rentenleistungen auf das Krankengeld anzurechnen seien.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 30. November 2020, einem Montag. Der Kläger weist erneut darauf hin, dass er 2016 vom „Gesundheitssystem ausgeschlossen“ gewesen sei.
Als Beleg dafür, dass er seinerzeit „nicht zum Arzt“ habe gehen können, verweist der Kläger auf das Verfahren S 4 KR 103/16 (in dem der Kläger ausweislich des klageabweisenden Gerichtsbescheides vom 11. Juli 2017 das Begehren verfolgt hat, die Beklagte zur Ausstellung einer elektronischen Gesundheitskarte ohne Lichtbild zu verpflichten). Erst im Zuge der stationären Aufnahme am 1. November 2016 habe er erfahren, dass eine solche auch ohne Vorlage einer Gesundheitskarte möglich sei.
Schon vor Rentenantragstellung habe er weniger als sechs Stunden täglich gearbeitet. Aus heutiger Sicht sei er bereits damals „reif für die halbe Rente“ gewesen. Nach 2016 habe er nur noch in einem Umfang von täglich zwei Stunden als Bauleiter gearbeitet.
Bedingt durch eine erhebliche Gangbildbeeinträchtigung erfolgte bei dem Kläger am 23. September 2020 beidseits die Implantation einer Knieendoprothese. Nachfolgend gewährte die Beklagte ihm vom 12. bis 31. Oktober 2020 eine Anschlussheilbehandlung in der Median-Klinik K.. Die nachfolgend von der Beklagten gehörte unfallchirurgische Gutachterin Dr. L. gelangte in ihrem Gutachten vom 24. Februar 2021 aber zu der Annahme eines auch mittelfristig aufgehobenen Leistungsvermögens (Bl. 139 GA).
Die Beklagte hat daraufhin auf der Grundlage eines darauf abzielenden weiteren Ende 2018 vom Kläger gestellten Rentenantrages mit Schriftsatz vom 6. Juli 2021 den Leistungsfall einer Rente wegen voller Erwerbsminderung auf unbestimmte Zeit am 10. September 2020 mit entsprechenden Rentenzahlungen ab Oktober 2020 anerkannt.
Der Kläger beantragt im vorliegenden Verfahren,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts vom 26. Oktober 2020 aufzuheben und
a) den Bescheid vom 29. Juni 2018 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2018 dahingehend abzuändern, dass die ihm zuerkannte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bereits ab Antragstellung im Oktober 2016 gewährt und ausgezahlt wird und
b) die mit Bescheid vom 29. Juni 2018 zuerkannte Nachzahlung in Höhe von 7.712,68 Euro ihm persönlich auch hinsichtlich des zunächst an die Beigeladene ausgezahlten Teilbetrages von 6.376,69 Euro auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat überwiegend Erfolg.
1. Dem Kläger steht bereits für den Monat November 2016 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu.
Zutreffend geht die Beklagte im Ausgangspunkt von den tatbestandlichen Voraussetzungen eines Anspruchs auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung aus. Nach den einleuchtenden Darlegungen des im Verwaltungsverfahren gehörten orthopädischen Gutachters Dr. M. war der Kläger insbesondere aufgrund der Gonarthrose dauerhaft nicht mehr in der Lage, den mit dem häufigen Begehen von Baustellen verbundenen Beruf eines bauleitenden Ingenieurs noch arbeitstäglich jedenfalls sechsstündig auszuüben, wobei eine Behebung dieser Minderung der Erwerbsfähigkeit aus medizinischer Sicht unwahrscheinlich war.
Als Ingenieur war der Kläger jedenfalls der fünften Stufe des Sechsstufenschemas des BSG (vgl. dazu Beschluss vom 27. August 2009 – B 13 R 85/09 B –, juris) zuzuordnen. Sozial, gesundheitlich und fachlich zumutbare Verweisungstätigkeiten im Rahmen der Stufen vier bis sechs dieses Schemas sind weder von der Beklagten, die eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gerade zugesprochen hat, aufgezeigt worden noch sind solche anderweitig ersichtlich. Da der Kläger seine Kenntnisse als Bauingenieur im Rahmen seines Berufslebens fortlaufend als Bauleiter beruflich eingesetzt hat, ist insbesondere nichts dafür ersichtlich, dass er ungeachtet seines im maßgeblichen Zeitraum bereits fortgeschrittenen Lebensalter mit Einarbeitungszeiten von nicht mehr als drei Monaten noch (überwiegend sitzende) Tätigkeiten als Bauingenieur im Innenbereich namentlich im Rahmen der Bauplanung hätte wettbewerbsfähig auf dem ersten Arbeitsmarkt ausüben können.
Diese Rente stand dem Kläger bereits ab November 2016 zu. Eine Rente aus eigener Versicherung und damit auch die dem Kläger mit dem angefochtenen Bescheid vom 29. Juni 2018 gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI zugesprochene Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung wird gemäß § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind, wenn die Rente bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind.
Dabei ist weiter zu berücksichtigen, dass das Vorliegen einer Erwerbsminderung (d.h. die durch Krankheit oder Behinderung bedingte Unfähigkeit, auf nicht absehbare Zeit [d.h. für eine Dauer von mindestens sechs Monaten, entsprechend 26 Wochen] unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs [bzw. drei] Stunden täglich erwerbstätig zu sein, vgl. § 43 Abs. 1 und 2 SGB VI) rückschauend für die Zeit seit Beginn der Leistungsunfähigkeit zu beurteilen ist. Wird rückschauend festgestellt, dass die Leistungsunfähigkeit tatsächlich länger als sechsundzwanzig Wochen angedauert hat, so ist der Versicherungsfall der Erwerbsminderung sofort bei Beginn der Leistungsunfähigkeit eingetreten. Dies gilt unabhängig davon, ob anfangs noch Aussicht auf Behebung der Leistungsunfähigkeit bestanden haben mag (vgl. BSG. U.v. 23. März 1977 – 4 RJ 49/76 – SozR 2200, § 1247 RVO, Nr. 16).
Im vorliegenden Fall geht die Beklagte davon aus, dass der Leistungsfall erst mit der tatsächlichen Aufnahme des Klägers am 1. November 2016 und damit erst im Laufe dieses Tages eingetreten sei, so dass die Anspruchsvoraussetzungen zu Beginn des Monats November 2016 (d.h. um 0 Uhr am 1. November 2016) noch nicht vorgelegen hätten. Dementsprechend hat sie die Rente dem Kläger erst mit Wirkung ab dem 1. Dezember 2016 bewilligt.
Demgegenüber ist nach Auffassung des Senates im Rahmen der erläuterten rückschauenden Einschätzung von einem Leistungsfall bereits im Oktober 2016, und zwar bereits zumindest mehrere Tage vor dem Monatswechsel, auszugehen, wobei im Rahmen einer lebensnahen Betrachtung aller Umstände des vorliegenden Sachverhalts im Ergebnis von einem Leistungsfall im Zeitpunkt der Rentenantragstellung am 19. Oktober 2016 auszugehen ist. Der Kläger legt dar, dass er diesen Rentenantrag zum Zeitpunkt einer weiteren Verschlechterung seines Gesundheitszustandes gestellt habe.
Bei der stationären Aufnahme des Klägers am 1. November 2016 ergab sich ein schwerwiegender Befund. Das Erysipel hatte die Ausgangssituation einer bakteriellen Infektion und Entzündung der oberen Hautschichten bereits nachhaltig überschritten; es zeigte sich eine schon deutliche Knochendestruktion der Fußwurzel. Überdies wurde ein HbA1c-Wert von 14,5 % erhoben.
Auch von Seiten der Beklagten wird nichts nachvollziehbar dafür aufgezeigt, dass sich dieser gravierende Befund innerhalb weniger Stunden und damit an diesem Tag erst nach Mitternacht entwickelt haben könnte. Bei lebensnaher Betrachtung müssen die Beeinträchtigungen vielmehr bereits in den der stationären Aufnahme vorausgegangenen Tagen ein solches Ausmaß erreicht haben, dass der Kläger bei verständiger medizinischer Beurteilung schon damals nicht mehr zur Ausübung einer beruflichen Tätigkeit als bauleitender Ingenieur in der Lage war.
Der Nichtinanspruchnahme ärztlicher Leistungen und damit verbunden auch das Fehlen einer ärztlich bescheinigten Arbeitsunfähigkeit insbesondere in den letzten Tagen des Monats Oktober 2016 lässt schon deshalb keine gegenteiligen Rückschlüsse zu, weil der Kläger seinerzeit bedingt durch die damaligen Streitigkeiten mit der Krankenkasse keinen effektiv nutzbaren Zugang zur ambulanten ärztlichen Versorgung mehr gesehen hat. Überdies war der Kläger seinerzeit nur noch in Teilzeit als Bauingenieur tätig; in seinem damaligen Beschäftigungsverhältnis hatte er ohnehin nur weniger als sechs Stunden zu arbeiten.
Hingegen bietet der Sachverhalt mangels insoweit aussagekräftiger medizinischer Unterlagen keine tragfähige Grundlage, um den Leistungsfall für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bereits vor Oktober 2016 feststellen zu können, dementsprechend stand dem Kläger im Monat Oktober 2016 nach den erläuterten Vorgaben des § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI die Rente noch nicht zu.
2. Mit Erfolg wendet sich der Kläger auch dagegen, dass aus der ihm mit Bescheid vom 29. Juni 2018 rechnerisch zuerkannten Rentennachzahlung in Höhe von insgesamt 7.712,68 € ein Teilbetrag von 6.376,69 € nicht an ihn persönlich, sondern an die Beigeladene ausgezahlt worden ist. Mangels eines zugunsten der beigeladenen Krankenkasse eingreifenden Erstattungsanspruchs bezüglich des an diese überwiesenen Betrages von 6.376,69 €, kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, dass der Rentennachzahlungsanspruch des Klägers hinsichtlich dieses Teilbetrages gemäß § 107 Abs. 1 SGB X bereits aufgrund der von Seiten der beigeladenen Krankenkasse im Zeitraum 13. Dezember 2016 bis 30. April 2018 erbrachten (sich auf insgesamt 6.376,69 € belaufenden) Krankengeldzahlungen als erfüllt zu gelten habe.
a) Nach § 107 Abs. 1 SGB X gilt der Anspruch des Berechtigten gegen den zur Leistung verpflichteten Leistungsträger als erfüllt, soweit ein Erstattungsanspruch besteht. Der beigeladenen Krankenkasse steht jedoch kein Erstattungsanspruch zu. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der §§ 102 ff. SGB X und insbesondere des § 103 SGB X liegen im vorliegenden Fall nicht vor. Nach den gesetzlichen Vorgaben insbesondere des § 50 SGB V hatte der Kläger bezogen auf den streitbetroffenen Zeitraum vom 13. Dezember 2016 bis 30. April 2018 Anspruch darauf, dass ihm die rückwirkend zugesprochene Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung neben den ihm bereits ausgezahlten Krankengeldleistungen überwiesen wurde. Die Krankenkasse war zur Erbringung der Krankengeldleistungen verpflichtet, wobei daneben zugleich gleichrangig der beklagte Rentenversicherungsträger die zuerkannte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu erbringen hatte. Da beide Ansprüche im Zeitraum vom 13. Dezember 2016 bis 30. April 2018 nebeneinander zu erfüllen waren, war der Anspruch des Klägers auf Krankengeld weder im Sinne von § 103 Abs. 1 SGB X nachträglich entfallen noch war die beigeladene Krankenkasse im Sinne des § 104 Abs. 1 SGB X nur nachrangig verpflichtet.
b) Soweit demgegenüber die Beklagte und die Beigeladene der Vorschrift des § 50 Abs. 2 Nr. 2 SGB V entnehmen wollen, dass die rückwirkend zugesprochenen Leistungen aus der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf den Krankengeldanspruch im Sinne der Begründung eines Nachrangigkeitsverhältnisses anzurechnen war, vermag der Senat ihnen nicht zu folgen. § 50 Abs. 2 Nr. 2 SGB V sieht zwar im Ausgangspunkt eine Kürzung des Krankengeldes um insbesondere den Zahlbetrag einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung vor; eine solche Kürzung ist aber nach den gesetzlichen Vorgaben nur in den Fallgestaltungen vorzunehmen, in denen – anders als im vorliegenden Fall – die Rentenleistung „von einem Zeitpunkt nach dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der stationären Behandlung an zuerkannt wird“. Eine Kürzung des Krankengeldes um den Zahlbetrag der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung sieht diese Vorschrift mithin nur vor, wenn die konkurrierende Leistung wie hier in Form der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung „von einem Zeitpunkt nach dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit“ (oder der stationären Behandlung) zuerkannt wird. Der danach maßgebliche Zeitpunkt, „von“ dem an die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung „zuerkannt“ wird, ist der Beginn des Zeitraums, für den Rente gezahlt wird, also nicht ein davon ggfs. abweichender Zeitpunkt der Entscheidung über den Anspruch oder der Beginn der tatsächlichen Zahlung (vgl. Gürtner in Kasseler Kommentar, 94. EL Mai 2017, SGB VI § 96a Rn. 25 zur korrespondierenden Vorschrift des § 96a Abs. 3 Nr. 1 SGB VI).
Diese tatbestandliche Voraussetzung für eine Kürzung des Krankengeldes um den Betrag der zuerkannten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und damit für ein dadurch bedingtes nachträgliches Entfallen des Krankengeldanspruchs als Grundlage für einen Erstattungsanspruch der Krankenkasse im Sinne von § 103 SGB X fehlt im vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt. Die Rentenleistung ist nicht erst „von einem Zeitpunkt nach dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit“ zuerkannt worden.
aa) Maßstäbe sollen nach der Kommentarliteratur einerseits der Beginn der zuerkannten Leistung sowie andererseits der Beginn der AU oder der stationären Behandlung sein. Die konkurrierende Leistung muss für zumindest einen Tag nach dem Eintritt der AU (bzw. der stationären Behandlung) zuerkannt worden sein. Nicht entscheidend ist, wann die konkurrierende Leistungsentscheidung ergangen und bekannt gegeben worden ist (Schifferdecker in Kasseler Kommentar, 114. EL Mai 2021, SGB V § 50 Rn. 38).
bb) Die Rechtsprechung befürwortet jedoch eine engere Auslegung der vorstehend erläuterten tatbestandlichen Voraussetzungen der Kürzungsvorschrift des § 50 Abs. 2 Nr. 2 SGB V. Der Kürzungstatbestand soll erst dann eingreifen, wenn die anrechenbare Leistung von einem Zeitpunkt an bewilligt wird, der „während des Bezuges von Krankengeld“ liegt. Zur Begründung verweist das BSG darauf, dass bei einer Zuerkennung der verdrängenden Leistung „vor oder gleichzeitig mit dem Beginn der AU oder der stationären Behandlung“ sich die Minderung der Leistungsfähigkeit üblicherweise schon auf die Höhe des Krankengeldanspruchs auswirke (BSG, U.v. 04. Juni 2019 – B 3 KR 15/18 R –, BSGE 128, 179, Rn. 29 mwN). Dieser Begründungsansatz bringt allerdings eine gewisse innere Unstimmigkeit zum Ausdruck, dass für die Maßgeblichkeit der Voraussetzung eines „laufenden Krankengeldbezuges“ auf den – in der Sache davon in vielen Fällen zu unterscheidenden – „Beginn der AU“ (oder der stationären Behandlung) abgestellt wird.
cc) Die in diesem Urteil vom 4. Juni 2019 in Bezug genommenen früheren Entscheidungen des BSG hatten noch die § 50 SGB V vorausgegangene Vorschrift des § 183 Abs. 5 RVO zur Grundlage. Danach galt seinerzeit: Wird dem Versicherten während des Bezugs von Krankengeld Rente wegen Berufsunfähigkeit oder Bergmannsrente nach § 45 Abs. 1 Nr. 1 des Reichsknappschaftsgesetzes von einem Träger der Rentenversicherung zugebilligt, so wird das Krankengeld um den Betrag der für den gleichen Zeitraum gewährten Rente gekürzt.
Das damalige Tatbestandsmerkmal „während des Bezugs von Krankengeld“ ist in den Wortlaut der gesetzlichen Neuregelung in § 50 Abs. 2 Nr. 1 SGB V nicht übernommen worden. Damit hat der Gesetzgeber aber keine inhaltlichen Änderungen verfolgt; aus seiner Sicht hat es sich letztlich um eine redaktionelle Umformulierung gehandelt. Nach Maßgabe der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 11, 2237, S. 182, zu § 49 in der Zählung des Entwurfs, heute § 50 SGB V) hat sich der Gesetzgeber von der Einschätzung leiten lassen, dass Abs. 2 der Neuregelung der vorgefundenen Regelung in § 183 Abs. 5 RVO „entspricht“.
Damit spricht die Gesetzgebungsgeschichte für die Grundannahme des BSG, wonach das Krankengeld gemäß § 50 Abs. 2 Nr. 2 SGB V um den Zahlbetrag einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nur unter der Voraussetzung zu kürzen ist, dass diese Rente als anrechenbare Leistung von einem Zeitpunkt an bewilligt wird, der „während des Bezuges von Krankengeld“ liege.
dd) Für diese Auslegung der gesetzlichen Voraussetzungen spricht auch der Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung, da sich im Regelfall auch nachträglich unschwer feststellen lässt, ob der Versicherte im maßgeblichen Zeitraum im Krankengeldbezug stand.
Demgegenüber ist eine rückwirkende Feststellung des genauen Zeitpunkts des Eintritts einer Arbeitsunfähigkeit in vielen Fällen mit erheblichen Unwägbarkeiten verbunden; entsprechende nachträgliche Festlegungen wären oft maßgeblich durch Beweislasterwägungen mitbestimmt. Auch die Rechtsprechung des BSG verweist diesbezüglich auf „zwangsläufige Schwierigkeiten“ der genauen Ermittlung der Leistungsfähigkeit bei allmählicher Krankheitsverschlimmerung (BSG, U.v. 19. September 2002 – B 1 KR 11/02 R –, BSGE 90, 72, Rn. 34). Vor diesem Hintergrund lässt der Gesetzgeber bezeichnenderweise in Bezug auf das Entstehen eines Krankengeldanspruchs nicht den Eintritt einer Arbeitsunfähigkeit als solcher genügen; erforderlich ist vielmehr die hinzutretende ärztliche Feststellung dieser Arbeitsunfähigkeit (§ 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V).
Die angesprochene Verwaltungsvereinfachung vermittels eines Abstellens auf den Krankengeldbezug hat allerdings zur Folge, dass sich auch spezifisch krankengeldrechtliche Wertungen, wie sie etwa in § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V zum Ausdruck kommen, auch im Zuge der Prüfung der materiellen Anrechnungsvoraussetzungen nach § 50 Abs. 2 Nr. 2 SGB V Relevanz erlangen, ohne dass deren Aussagekraft für die Anrechnungswürdigkeit der Rentenleistungen noch gesondert hinterfragt wird.
ee) Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung sprechen nicht für eine von der Einschätzung des BSG abweichenden Interpretation der gesetzlichen Vorgaben. Eine solche Annahme lässt sich schon deshalb nicht objektivieren, weil sich ohnehin kein schlüssiges und überzeugendes der Regelung des § 50 Abs. 2 Nr. 2 SGB V zugrundeliegendes Konzept herausarbeiten lässt.
Die Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung sowohl nach § 43 Abs. 1 als auch nach § 240 SGB VI sind ihrer Grundstruktur nach darauf ausgelegt, dass ein Hinzuverdienst auf Seiten des Rentenbeziehers hinzutritt. Dementsprechend sieht § 67 Nr. 2 SGB VI für diese Renten nur einen Rentenartfaktor von 0,5 vor, wohingegen namentlich auch für Renten wegen voller Erwerbsminderung ein solcher Faktor von 1,0 vorgesehen ist.
Dieser Unterschied wirkt sich auch auf die Möglichkeit eines zeitgleichen Bezuges von Krankengeld und einer Erwerbsminderungsrente aus. Während mit Einsetzen einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ein Krankengeldanspruch nach § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V endet, kommt bei Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung ein zeitgleicher Bezug mit Krankengeldzahlungen in Betracht.
Andererseits will der Gesetzgeber auch Überversorgungen insbesondere aufgrund einer doppelten Absicherung desselben Risikos vermeiden. Er hat daher die Möglichkeiten eines Parallelbezuges von Krankengeld und einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung betragsmäßig limitiert.
Diesbezüglich hat er aber keine einheitliche Begrenzung, sondern zwei unterschiedliche Regelungsansätze normiert: Wird die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung von einem „Zeitpunkt nach dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit“ (oder der stationären Behandlung) an zuerkannt, ist sie gemäß § 50 Abs. 2 Nr. 2 SGB V in voller Höhe auf den Krankengeldanspruch anzurechnen. Wird demgegenüber das Krankengeld aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit (bzw. einer stationären Behandlung) geleistet, die erst nach dem Beginn der Rente eingetreten ist, dann bildet das Krankengeld (nach Maßgabe des ihm liegenden Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens) gemäß § 96a Abs. 3 Nr. 1 SGB VI einen auf die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung anzurechnenden Hinzuverdienst.
Eine solche Anrechnung hat jedoch schon im Ausgangspunkt nur bei Überschreitung der in § 96a (Abs. 2 a.F. bzw. Abs. 1c n.F.) SGB VI normierten Hinzuverdienstgrenzen zu erfolgen. Dies gilt gleichermaßen für die heutige Fassung des § 96a SGB VI wie für die bis zum 30. Juni 2017 maßgebliche frühere Fassung, auch wenn die Einzelheiten der Ermittlung dieses Hinzuverdienstes und der Berücksichtigung von übersteigenden Beträgen im Zuge der (zur Jahresmitte 2017 mit dem Gesetz zur Flexibilisierung des Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand und zur Stärkung von Prävention und Rehabilitation im Erwerbsleben - Flexirentengesetz - vom 8. Dezember 2016, BGBl. I, 2838, in Kraft getretenen) Reform der Hinzuverdienstregelungen grundlegend neu geregelt worden sind. Eine Anrechnung als Hinzuverdienst im Sinne von § 96a SGB VI hat, wenn überhaupt, im Regelfall lediglich eine Teilanrechnung des Krankengeldbetrages zur Folge und ist damit für den Versicherten tendenziell deutlich günstiger als die in § 50 Abs. 2 Nr. 2 SGB V normierte (volle) Anrechnung des Rentenzahlbetrages auf den Krankengeldanspruch.
Dabei lässt sich jedoch schon im Ausgangspunkt kein hinreichender Sachgrund dafür objektivieren, dass in den von § 50 Abs. 2 Nr. 2 SGB V erfassten Fallgestaltungen das Krankengeld einen so hohen Betrag aufweist, dass die Vollanrechnung des Zahlbetrages einer hinzutretenden Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung angemessen erscheint. Vielmehr kann auch ein bei Rentenbeginn bereits bestehender Krankengeldanspruch den Versicherten für den vorübergehenden Ausfall eines Teilerwerbsvermögens entschädigen, dessen (längerfristiger) Fortbestand der gesetzgeberischen Wertung der Zuerkennung lediglich einer – auf Hinzuverdienst ausgelegten – Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zugrunde liegt.
Beruht beispielsweise die Zuerkennung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung darauf, dass der (über einen Teilzeitarbeitsplatz mit beispielsweise täglich vier Arbeitsstunden verfügende) Versicherte nur noch ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen aufweist, dann beruht die mit der Heranziehung des Rentenartfaktors auf 0,5 einhergehende Beschränkung des Rentenanspruchs auf der Zugrundelegung eines fortbestehenden einen Hinzuverdienst ermöglichenden Teilleistungsvermögens. Nach der Wertung des Gesetzgebers soll nicht die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung als solche, sondern erst die Summe der entsprechenden Rentenleistungen und des neben ihnen zu erwartenden mit dem verbliebenen Teilleistungsvermögen zu erzielenden Hinzuverdienstes den abzusichernden Bedarf des Versicherten ausreichend abdecken.
Von diesem Ansatz aus müsste der Gesetzgeber konsequenterweise sicherstellen, dass Krankengeldzahlungen auch neben einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung weiterhin bezogen werden können, wenn und soweit sie zum Ausgleich eines durch eine Arbeitsunfähigkeit bedingten vorübergehenden Ausfalls desjenigen Teilleistungsvermögens bestimmt sind, welches auch nach Eintritt des Leistungsfalls einer teilweisen Erwerbsminderung fortbesteht, weil es von der Teilerwerbsminderung nicht erfasst wird. Anderenfalls würde der betroffene Arbeitnehmer systemwidrig vor einem durch eine Arbeitsunfähigkeit hervorgerufenen vorübergehenden Wegfall dieses Teilleistungsvermögens nicht geschützt, obwohl die zuvor aufgebrachten Krankenkassenbeiträge auch zur Absicherung dieses Risikos bestimmt sind.
Eine solche finanzielle Absicherung des fortbestehenden und in den durch den Rentenartfaktor von lediglich 0,5 begrenzten Rentenleistungen berücksichtigten Teilleistungsvermögens vermag die Regelung des § 50 Abs. 2 Nr. 2 SGB V jedoch nicht zu gewährleisten. Dies gilt im Ergebnis letztlich unabhängig davon, ob mit dem Gesetzeswortlaut auf den „Beginn der Arbeitsunfähigkeit“ oder mit der erläuterten BSG-Rechtsprechung auf den Beginn des Krankengeldanspruchs abgestellt wird. Allein die zeitliche Aufeinanderfolge einer Arbeitsunfähigkeit (in Verbindung mit einem dadurch ausgelösten Krankengeldanspruch) auf der einen Seite und eines einsetzenden Rentenanspruchs auf der anderen Seite gibt schon im Ausgangspunkt keinen Aufschluss zu der Frage, zum Ausgleich welcher Einschränkungen des beruflichen Leistungsvermögens der Krankengeldanspruch im Ergebnis jeweils zu dienen bestimmt ist.
Ein Krankengeldanspruch ist der Höhe nach an dem im letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum (mindestens jedoch während der letzten abgerechneten vier Wochen) erzielten (um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt verminderten) Arbeitsentgelt ausgerichtet (§ 47 Abs. 2 SGB V). Erfasst wird lediglich die Höhe des tatsächlich zugeflossenen Arbeitsentgelts, und zwar unabhängig davon, ob und ggfs. mit welchem gesundheitlichen Leistungsvermögen der Versicherte dieses Entgelt erarbeitet hat und ob dieser ohne entsprechende gesundheitliche Beeinträchtigungen ein höheres Entgelt erzielt hätte.
Hat der Versicherte bereits in diesem Bemessungszeitraum nur in (arbeitstäglich unter sechsstündiger) Teilzeit gearbeitet, dann dürfte er ohne die Arbeitsunfähigkeit das Arbeitsentgelt (vorbehaltlich einer Anrechnung als Hinzuverdienst bei Überschreiten der dafür maßgeblichen Grenzen nach § 96a SGB VI) neben der hinzutretenden Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung weiterhin erzielen.
In diesem Fall führt die (bereits vor Rentenbeginn einsetzende) Arbeitsunfähigkeit des Versicherten zum vorübergehenden Wegfall des ihm in einer dauerhaften Perspektive verbliebenen Leistungsvermögens, welches er neben dem Bezug der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung weiterhin einsetzen darf und soll. Gleichwohl hat § 50 Abs. 2 Nr. 2 SGB V letztlich sachwidrig zur Folge, dass die hinzutretenden Rentenleistungen auf den Krankengeldanspruch anzurechnen sind. Dafür fehlt ein sachlicher Grund, da in solchen Fallgestaltungen der Krankengeldanspruch den durch die Arbeitsunfähigkeit bedingten (jedenfalls tendenziell nur vorübergehenden) Wegfall des Teilleistungsvermögens entschädigen soll. Demgegenüber soll die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ein anderes Risiko absichern. Sie soll einen Ausgleich dafür bieten, dass der Versicherte nur noch über ein Teilleistungsvermögen und nicht mehr über das volle Leistungsvermögen (zu verstehen entsprechend den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 43 SGB VI im Sinne insbesondere eines sechsstündigen Leistungsvermögens) verfügt.
Entsprechendes gilt bei Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, wenn der Versicherte in dem dem Krankengeldbezug zugrunde liegenden Bemessungszeitraum eine ihm (im Sinne der spezifischen Voraussetzungen des § 240 SGB VI) sozial nicht zumutbare Erwerbstätigkeit ausgeübt hat.
Das BSG verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass sich eine Minderung der Leistungsfähigkeit „üblicherweise“ schon auf die Höhe des Krankengeldanspruchs auswirke, wenn die Rentenleistung von einem Zeitpunkt an bewilligt werde, der während des Bezuges von Krankengeldes liege (U.v. 04. Juni 2019, aaO, Rn. 29). Im Rahmen einer typisierenden Betrachtung lässt es sich damit in der Sache von der Annahme leiten, dass die zeitliche Reihenfolge des Beginns einerseits der Krankengeldleistungen und andererseits der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung darüber Aufschluss geben soll, ob die (für die Teilerwerbsminderungsrente relevante) „Minderung der Leistungsfähigkeit“ sich schon auf die Höhe des Krankengeldanspruchs „ausgewirkt“ hat. Die herangezogenen „Auswirkungen“ auf die Höhe des Krankengeldes versteht dabei das BSG nach dem Zusammenhang offenbar in dem Sinne, das als Vergleichsmaßstab das hypothetische Arbeitsentgelt heranzuziehen ist, welches der Versicherte ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen erzielt hätte. Auf dieser Basis sollen die Vorgaben des § 50 Abs. 2 Nr. 2 SGB V aus der Sicht des BSG „eine nochmalige Kürzung des bereits reduzierten Krankengeldanspruchs“ vermeiden (BSG, U.v. 04. Juni 2019, aaO, Rn. 29).
Der zeitliche Ablauf des Beginns einerseits der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und andererseits der Krankengeldleistungen vermittelt jedoch keine tragfähigen Erkenntnisse zu der Frage, ob (und ggfs. bezüglich welchen Teilbetrages) von einem „reduzierten“ Krankengeldanspruch im Sinne der erläuterten BSG-Rechtsprechung auszugehen sein mag, welcher als Ausdruck einer „Minderung der Leistungsfähigkeit“ zu werten ist.
Teilzeitarbeitsverhältnisse sind im heutigen Wirtschaftsleben auch unabhängig von gesundheitlichen Einschränkungen auf Seiten der Arbeitnehmer (und erst recht unabhängig von der rentenrechtlichen Relevanz entsprechender Einschränkungen und ihrer Nachweisbarkeit in einem eventuellen Rentenverfahren) weit verbreitet. Einem Teilzeiteinkommen und entsprechend einem daran betragsmäßig anknüpfenden Krankengeldanspruch lässt sich nicht ablesen, ob gesundheitliche Gründe oder ganz andere Gesichtspunkte (wie etwa familiäre Belastungen, das Fehlen geeigneter Vollzeitarbeitsangebote oder auch die Inanspruchnahme von Teilen der Arbeitskraft durch eine daneben ausgeübte selbständige Teilzeiterwerbstätigkeit) dazu beigetragen haben mögen, dass der Betroffene nur in Teilzeit und nicht Vollzeit (bzw. ausgehend von den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 43 SGB VI: jedenfalls sechsstündig) als Arbeitnehmer am Erwerbsleben teilgenommen hat.
Darüber hinaus haben die gesetzlichen Vorgaben beispielsweise des § 101 Abs. 1 SGB VI oder des § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V i.V.m. § 3 Abs. 1 EntgFG aufgrund jeweils spezifischer normativer Regelungsansätze Einfluss auf den Beginn einerseits von Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung und andererseits von Krankengeldleistungen, ohne dass sich daraus Rückschlüsse auf ein tatsächliches Krankheitsgeschehen und/oder auf dessen zeitlichen Ablauf und damit einhergehende Auswirkungen auf das Erwerbsvermögen ziehen ließen.
Überdies ist der Gesetzgeber von Verfassungs wegen nur unter der Voraussetzung zu Typisierungen berechtigt, dass die mit ihnen verbundenen Härten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären, lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist (vgl. (BVerfG, Urteil vom 17. November 1992 – 1 BvL 8/87 –, BVerfGE 87, 234, Rn. 68; B.v. 16. Juli 2012 – 1 BvR 2983/10 –, Rn. 49, juris, mwN). Gesetzliche Typisierungen dürfen keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern müssen sich realitätsgerecht am typischen Fall orientieren (BVerfG, B.v. 15. Januar 2008 – 1 BvL 2/04 –, BVerfGE 120, 1, Rn. 83 mwN). Im vorliegend zu beurteilenden Zusammenhang lässt sich schon nicht objektivieren, dass eine Verknüpfung der Ausübung einer Teilzeittätigkeit mit einem in medizinischer Hinsicht geminderten Leistungsvermögen eine realitätsgerechte Orientierung am typischen Fall zum Ausdruck bringt. Überdies bringen die Anrechnungsvorschriften des § 50 Abs. 2 SGB V schwerwiegende finanzielle Nachteile für die Betroffenen mit sich, so dass der Verstoß gegen den Gleichheitssatz auch als intensiv zu werten ist.
c) Im vorliegenden Fall ist dem Kläger die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gerade nicht von einem Zeitpunkt an bewilligt worden, der „während des Bezuges von Krankengeld“ lag, wie dies nach der erläuterten BSG-Rechtsprechung Voraussetzung für die von der Beklagten der Sache nach angenommene Kürzung des Krankengeldanspruchs nach Maßgabe des § 50 Abs. 2 Nr. 2 SGB V wäre. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte schon mit dem insoweit zur Überprüfung gestellten Bescheid vom 29. Juni 2018 dem Kläger die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung rückwirkend ab dem 1. Dezember 2016 zugesprochen, von Rechts wegen kann der Kläger entsprechend den vorausgegangenen Darlegungen diese Rente sogar rückwirkend ab dem 1. November 2016 in Anspruch nehmen. Beide Zeitpunkte liegen vor dem nach der BSG-Rechtsprechung maßgeblichen Beginn des Krankengeldbezuges, welcher erst am 12. Dezember 2016 einsetze.
Damit standen dem Kläger im Nachzahlungszeitraum der Krankengeldanspruch und der Anspruch auf die ihm zuerkannte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nebeneinander zu, so dass mangels eines Erstattungsanspruchs auf Seiten der beigeladenen Krankenkasse auch die Rentennachzahlung in ungekürzter Höhe an den Kläger persönlich auszuzahlen war.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Auslegung des Tatbestandsmerkmals in § 50 Abs. 2 SGB V „von einem Zeitpunkt nach dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit … an“ zugelassen.