Angemessenheit von Kosten der Unterkunft (§ 22 SGB II) im Stadtgebiet Hildesheim für einen Dreipersonenhaushalt in der Zeit vom 1. September 2015 bis 31. Januar 2016
Das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 8. März 2018 wird abgeändert.
Der Bescheid des Beklagten vom 17. März 2016 wird geändert. Der Beklagte wird verurteilt, den Klägern für die Monate September bis November 2015 weitere Leistungen für Kosten der Unterkunft in Höhe von 33,40 Euro pro Monat zu gewähren.
Der Bescheid des Beklagten vom 3. Februar 2016 wird geändert. Der Beklagte wird verurteilt, den Klägern für den Monat Dezember 2015 weitere Leistungen für Kosten der Unterkunft in Höhe von 33,40 Euro und für den Monat Januar 2016 weitere Leistungen für Kosten der Unterkunft in Höhe von 42,50 Euro zu gewähren.
Im Übrigen wird die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.
Der Beklagte erstattet den Klägern die notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Leistungen für Kosten der Unterkunft (KdU) nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für die Zeit vom 1. September 2015 bis 31. Januar 2016. Die Kläger wenden sich ausschließlich gegen die Deckelung der vom Beklagten übernommenen KdU auf die von ihm für die Brutto-Kaltmiete festgelegte Angemessenheitsgrenze von monatlich 493,50 Euro für einen Dreipersonenhaushalt im Stadtgebiet Hildesheim.
Die im Jahr 1968 geborene Klägerin zu 1. bezog im streitbefangenen Zeitraum gemeinsam mit ihren 1995 und 1998 geborenen Kindern (Kläger zu 2. und 3.) laufende Leistungen nach dem SGB II. Die Klägerin zu 1. erzielte damals monatlich schwankendes Erwerbseinkommen, während die Kläger zu 2. und 3. Kindergeld (durchgängig) und Berufsausbildungsbeihilfe (Klägerin zu 2.: ab Oktober 2015; Kläger zu 3.: ab November 2015) erhielten. In keinem der streitbefangenen Monate deckte das Einkommen den grundsicherungsrechtlichen Bedarf der Kläger (vgl hierzu im Einzelnen: Berechnungsbögen der Bescheide des Beklagten vom 3. Februar und 17. März 2016). Gemeinsam bewohnten die Kläger eine 76 qm große Wohnung in der L. 36 in Hildesheim, für die sie damals 418,00 Euro Netto-Kaltmiete zzgl 118,00 Euro Nebenkosten zu zahlen hatten (Brutto-Kaltmiete: 536,00 Euro). Zusätzlich fielen monatlich 95,00 Euro Heizkosten an.
Mit Schreiben vom 19. September 2014 wies der Beklagte die Kläger auf die aus seiner Sicht zu hohen Unterkunftskosten hin und forderte sie auf, ihre Aufwendungen für die Bruttokaltmiete bis zum 31. März 2015 auf maximal 471,00 Euro pro Monat zu senken. Dass die Kläger in der Folgezeit nach einer günstigeren Wohnung gesucht oder sich auf andere Weise um eine Senkung ihrer Unterkunftskosten bemüht hätten, ist weder vorgetragen worden noch lässt sich dies den dem Senat vorliegenden Verwaltungsvorgängen entnehmen.
Mit Bescheid vom 24. August 2015 gewährte der Beklagte den Klägern für die Zeit vom 1. September 2015 bis 29. Februar 2016 wegen schwankenden Erwerbseinkommens zunächst vorläufige SGB II-Leistungen. Als Bruttokaltmiete berücksichtigte er statt der tatsächlich zu zahlenden 536,00 Euro lediglich den nach seiner Auffassung angemessenen Betrag von (mittlerweile) 493,50 Euro pro Monat (laut Kostensenkungsaufforderung vom 19. September 2014: 471,00 Euro). Die Heizkosten berücksichtigte der Beklagte in voller Höhe.
Ausweislich des Vorbringens des Beklagten im Berufungsverfahren ergibt sich der von ihm für die Bruttokaltmiete (zuletzt) als angemessen iSd § 22 SGB II angesehene Betrag von 493,50 Euro aus seinem „Konzept gesamt incl. GA Stand 01.02.2010“ (als PDF-Datei enthalten auf der mit Schriftsatz vom 1. September 2020 zur Gerichtsakte gereichten Daten-CD). Dieses KdU-Konzept sei in einem sich über mehrere Monate hinziehenden Verfahren erstellt worden und am 1. Januar 2009 in Kraft getreten. In der Folgezeit seien die Angemessenheitsgrenzen in regelmäßigen Abständen der Entwicklung der Angebotsmieten angepasst worden.
Die PDF-Datei „Konzept gesamt incl. GA Stand 01.02.2010“ besteht aus dem vom Landkreis Hildesheim verfassten und nicht datierten dreiseitigen „Konzept zur Ermittlung der aktuellen örtlichen Wohnraummieten im Landkreis Hildesheim - Grundsicherungsrelevanter Mietspiegel“ sowie aus den folgenden vier Anlagen: „Leistungen nach dem SGB II - Auswertung der Mietdatenbank für Richtwerte zur Angemessenheit der Unterkunftskosten“ vom 27. Oktober 2009 (Anlage 1), Gutachten des Herrn M. N. (O. Universität P.): „Die regionale Differenzierung der Kosten für Unterkunft und Heizung und Wohnsituationen der Leistungsempfänger der Grundsicherung für Arbeitsuchende im Landkreis Hildesheim - Verfahren und Empfehlungen“ (Mai 2009 – Anlage 2), Aktenvermerk des Ersten Kreisrats Q. vom 23. Juni 2009 (Anlage 3) sowie „Geschäftsanweisungen des Kommunalen Trägers für die Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 SGB II“ (Anlage 4). Die zuletzt genannten Geschäftsanweisungen (Stand 1. Juli 2015 bzw 1. Januar 2016) weisen für die Bruttokaltmiete eines Dreipersonenhaushalts im Stadtgebiet Hildesheim jeweils einen Höchstbetrag von 493,50 Euro aus.
Auf der vom Beklagten zur Gerichtsakte gereichten Daten-CD befindet sich außerdem ua ein vom Landkreises Hildesheim in Auftrag gegebenes Gutachten des Dr R. – Institut S. GmbH - vom 29. Dezember 2014 („Gutachten zur sachverständigen Überprüfung des grundsicherungsrelevanten Mietspiegels des Landkreises Hildesheim“).
Aus den og Unterlagen ergibt sich, dass das Gebiet des Landkreises Hildesheim in drei Regionen aufgeteilt wurde, die den jeweiligen räumlichen Vergleichsmaßstab darstellen. Die Stadt Hildesheim bildet mit einer Fläche von 92 Quadratkilometern und 103.600 Einwohnern (vgl zu diesen Zahlen: Aktenvermerk des Ersten Kreisrats Q. vom 23. Juni 2009) die Region I.
Laut KdU-Konzept erfasste eine beim Landkreis Hildesheim eingerichtete Stelle den freien verfügbaren Wohnraum im Landkreis, indem die „frei zugänglichen Erkenntnisquellen“ (diverse örtliche Tageszeitungen sowie das Internetportal Immobilienscout24.de) ausgewertet sowie die örtlichen Wohnungsbaugenossenschaften, einzelne Wohnungsbaugesellschaften und einige Immobilienbeteiligungsgesellschaften beteiligt wurden. Die so ermittelten Angebotsmieten - Bestandsmieten wurden im KdU-Konzept nicht berücksichtigt - wurden in eine Mietdatenbank eingestellt (aufgegliedert nach Nettokaltmiete und sog kalten Betriebskosten).
Ende Oktober 2008 waren insgesamt 2.466 Wohnungsangebote in die Datenbank eingeflossen. Dies sollen laut KdU-Konzept ca 93 % der im Landkreisgebiet anzumietenden Wohnungen gewesen sein. Durch die laufende Aktualisierung wuchs dieser Datenbestand stetig an.
Die erfassten Angebotsmieten wurden sodann Wohnungsgrößenklassen entsprechend den Flächenrichtwerten der niedersächsischen Wohnraumförderungsbestimmungen zugeordnet, also bis 50 qm für einen Einpersonenhaushalt, bis 60 qm für einen Zweipersonenhaushalt, bis 75 qm für einen Dreipersonenhaushalt usw. Innerhalb dieser Wohnungsgrößenklassen wurde aus der Nettokaltmiete der jeweilige qm-Preis eines jeden Wohnungsangebots errechnet.
Die konkrete Berechnung der Angemessenheitsgrenze hat der Beklagte im Berufungsverfahren wie folgt erläutert: In einem ersten Rechenschritt bildete er aus den qm-Nettokaltmieten von 1.501 Wohnungsangeboten aus dem Zeitraum April 2011 bis März 2015 (niedrigster qm-Preis: 2,82 Euro; höchster qm-Preis: 9,23 Euro, vgl zu diesen Zahlen: S 1 des Schriftstücks „Berechnungsschritte zum Konzept zur Ermittlung der Richtwerte zu der angemessenen Kaltmiete/qm“, Anlage zum Schriftsatz des Beklagten vom 28. April 2021, Bl 276f der Gerichtsakte – GA -) einen „ersten“ arithmetischen Mittelwert von 5,31 Euro pro qm für die Nettokaltmiete.
Danach bildete der Beklagte einen „Korridor“ aus den bis zu 10 % über diesem Mittelwert und den bis zu 35 % unter dem Mittelwert liegenden Wohnungsangeboten. Aus diesem Korridor (laut Schriftstück „Berechnungsschritte zum Konzept zur Ermittlung der Richtwerte zu der angemessenen Kaltmiete/qm“: insgesamt 1.387 Wohnungen mit qm-Nettokaltmieten zwischen 3,45 und 5,84 Euro) errechnete der Beklagte sodann den „zweiten“ arithmetischen Mittelwert von 5,31 Euro pro qm als Betrag der maximal angemessenen Nettokaltmiete pro qm.
Die Berücksichtigung von Angebotsmieten nur bis maximal 35 % unterhalb des Mittelwerts begründet der Beklagte damit, dass hierdurch die Einbeziehung von Wohnungen aus dem untersten Segment (sog Substandardwohnungen) ausgeschlossen werde. Die Einbeziehung von Angebotsmieten nicht lediglich bis zum Mittelwert, sondern sogar bis zu einem Wert von 10 % oberhalb des Mittelwerts sei erforderlich geworden, weil sich ansonsten keine ausreichende Anzahl anzumietender Wohnungen ergeben hätte. Das so bestimmte „untere Segment“ (= „Korridor“ von 10 % oberhalb bis 35 % unterhalb des ersten Mittelwerts) weiche je nach Region und Größe der Wohnung nur um 2 bis 5 % vom „mittleren Segment“ ab (vgl im Einzelnen: S 3 des Schriftstücks „Leistungen nach dem SGB II - Auswertung der Mietdatenbank für Richtwerte zur Angemessenheit der Unterkunftskosten“ vom 27. Oktober 2009).
Die Angemessenheitsgrenze für die kalten Nebenkosten (im streitbefangenen Zeitraum: 1,27 Euro pro qm) ermittelte der Beklagte ebenfalls mittels des arithmetischen Mittelwerts der Nebenkosten der für die Ermittlung der Nettokaltmiete herangezogenen Mietangebote, also der Angebotsmieten von 10 % oberhalb bis 35 % unterhalb des „ersten“ arithmetischen Nettokaltmieten-Mittelwerts (vgl hierzu etwa: S 8 des Aktenvermerks des Ersten Kreisrats Q. vom 23. Juni 2009 sowie Schriftsatz des Beklagten vom 23. März 2021).
Die Angemessenheitsgrenze für die Bruttokaltmiete eines Dreipersonenhaushalts im Stadtgebiet Hildesheim bildete der Beklagte sodann aus der Summe der maximal angemessenen Nettokaltmiete (hier: 5,31 Euro pro qm) zzgl der maximal angemessenen kalten Nebenkosten (hier: 1,27 Euro pro qm) multipliziert mit der maximal angemessenen Wohnfläche (hier: 75 qm für einen Dreipersonenhaushalt) = 493,50 Euro.
Gegen den vorläufigen Bewilligungsbescheid vom 24. August 2015 legten die Kläger am 3. September 2015 Widerspruch ein und machten geltend, dass die tatsächlich anfallenden Unterkunftskosten in voller Höhe zu übernehmen seien.
Während des laufenden Widerspruchsverfahrens erließ der Beklagte am 23. September 2015 einen Änderungsbescheid, mit dem er für die Zeit ab 1. Oktober 2015 niedrigere vorläufige SGB II-Leistungen bewilligte. Der KdU-Bedarf wurde unverändert mit 493,50 Euro für die Bruttokaltmiete zzgl tatsächlicher Heizkosten berücksichtigt. Mit Bescheid vom 22. Oktober 2015 hob der Beklagte die Leistungsbescheide vom 24. August 2015 und 23. September 2015 zunächst für die Zeit ab 1. November 2015 wegen Wegfalls der Hilfebedürftigkeit vollständig auf, bewilligte dann jedoch mit Änderungsbescheid vom 9. November 2015 erneut vorläufige SGB II-Leistungen für die Monate September 2015 bis Februar 2016. Als KdU berücksichtigte der Beklagte unverändert eine Bruttokaltmiete iHv 493,50 Euro zzgl der tatsächlich anfallenden Heizkosten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 2015 wies der Beklagte den die KdU-Leistungen betreffenden Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung der von ihm vorgenommenen Deckelung der KdU verwies der Beklagte auf die sich aus der Geschäftsanweisung ergebende Angemessenheitsgrenze von 493,50 Euro für einen Dreipersonenhaushalt im Stadtgebiet Hildesheim.
Gegen den Widerspruchsbescheid haben die Kläger am 15. Januar 2016 beim Sozialgericht (SG) Hildesheim Klage ausschließlich wegen der KdU-Leistungen erhoben. Bis zum 31. Dezember 2015 sei für die Bruttokaltmiete ein Betrag von 526,90 Euro pro Monat (Tabellenwert nach § 12 Wohngeldgesetz [WoGG] in der damals geltenden Fassung [alte Fassung – im Folgenden: aF] zzgl eines Sicherheitszuschlags von 10 %) und ab 1. Januar 2016 (Erhöhung der Werte der Wohngeldtabelle) die tatsächliche Bruttokaltmiete von 536,00 Euro zu übernehmen.
Im Laufe des Klageverfahrens hat der Beklagte mit Bescheiden vom 3. Februar und 17. März 2016 die zunächst vorläufig gewährten SGB II-Leistungen für die Monate September 2015 bis Januar 2016 abschließend festgesetzt (monatlicher Leistungsbetrag für die zweiköpfige Bedarfsgemeinschaft im September 2015: 634,44 Euro, im Oktober 2015: 448,90 Euro, im November 2015: 290,12 Euro, im Dezember 2015: 278,29 Euro und im Januar 2016: 363,92 Euro). Auch in diesen Bescheiden berücksichtigte der Beklagte als KdU-Bedarf unverändert lediglich 493,50 Euro pro Monat als Bruttokaltmiete (zzgl tatsächlich angefallener Heizkosten).
Der Beklagte hat mit 16-seitigem Schriftsatz sowie diversen Anlagen auf die Klage erwidert (vgl zum erstinstanzlichen Vortrag im Einzelnen: Schriftsatz vom 21. Dezember 2017 nebst Anlagen, Bl 67 bis 116 GA).
Das SG hat der auf die Monate September 2015 bis Januar 2016 beschränkten Klage (vgl zu dieser Beschränkung des Streitgegenstands: S 2 der Sitzungsniederschrift vom 8. März 2018) stattgegeben und den Beklagten verurteilt, den Klägern für den Monat September 2015 weitere 52,00 Euro, für die Monate Oktober/November 2015 jeweils weitere 51,40 Euro, für den Monat Dezember 2015 weitere 51,04 Euro und für den Monat Januar 2016 weitere 72,50 Euro zu bewilligen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass das KdU-Konzept des Beklagten in wesentlichen Punkten nicht die Mindestanforderungen des Bundessozialgerichts (BSG) an ein schlüssiges KdU-Konzept erfülle. Die Kammer folge den Erwägungen der 35. Kammer des SG Hildesheim im Urteil S 35 AS 83/14. Hiernach liege der vorgenommenen Mietdatenerhebung keine nachvollziehbare Definition des Gegenstands der Beobachtung zugrunde. Außerdem seien die Repräsentativität des Umfangs und der Kappungsgrenze nicht nachzuvollziehen, so dass nicht abschließend beurteilt werden könne, dass in dem Konzept tatsächlich die zutreffenden Kosten für Wohnraum einfachen Standards abgebildet seien.
Es stelle einen evidenten Mangel der Erhebung dar, dass eine Bewertung des Standards der jeweiligen Wohnungen (gehoben, mittel und einfach) nicht vorgenommen worden sei bzw hierzu keine Daten gesammelt und zugeordnet worden seien. Insoweit schließe sich die Kammer der Rechtsprechung des 7. Senats des LSG Niedersachsen-Bremen an, wonach es nicht ausreiche, den einfachen Standard der Wohnungen indirekt alleine über den Quadratmeterpreis zu ermitteln. Die fehlende Differenzierung über den Wohnungsstandard führe zu nicht korrigierbaren Folgeproblemen bei der Festlegung der Kappungsgrenze. So könne nicht geklärt werden, ob dem Konzept des Beklagten eine gleichmäßige Durchmischung der Datensätze mit Wohnungen des einfachen, mittleren und gehobenen Standards zugrunde liege. Es könne allenfalls vermutet werden, dass die vom Beklagten gewählte Kappungsgrenze eine zutreffende Abbildung der Wohnungen einfachen Standards darstelle. Das BSG habe zur Bildung eines arithmetischen Mittelwertes jedoch bereits entschieden, dass dies für sich genommen nicht die Gewähr biete, das einfache Mietsegment realistisch abzubilden. Dieses Vorgehen sei vielmehr mit einem hohen Maß an Zufälligkeit belastet, wenn nicht eine gleichmäßige Verteilung der Mietpreise vorliege. Nach der Rechtsprechung des BSG sei auch nicht allein eine Gegenprobe ausreichend (im Sinne eines Nachweises der Möglichkeit, Wohnraum zu dem vom Beklagten als angemessen erachteten Wert auch tatsächlich anmieten zu können).
Die dem Konzept zugrundeliegenden Daten lägen dem Gericht nicht vor, so dass bereits deshalb aus diesen Daten keine Rückschlüsse auf die zutreffende Angemessenheitsgrenze gezogen werden könnten. Auch sei es im Wesentlichen Sache der Grundsicherungsträger, für ihren Zuständigkeitsbereich ein schlüssiges Konzept zu entwickeln. Selbst unter Vorlage der Daten sei es dem SG nicht möglich, zu bestimmen, wie viele und welche Wohnungen einfachen, mittleren bzw gehobenen Standards in der Sammlung für die hier maßgebliche Wohnungsgrößenklasse enthalten seien. Diese Daten seien vom Beklagten nicht erhoben worden. Eine entsprechende Neuerhebung auf der Grundlage eines neuen Konzepts könne im gerichtlichen Verfahren nicht nachgeholt werden.
Entsprechend der Rechtsprechung des BSG sei wegen der Unschlüssigkeit des KdU-Konzepts des Beklagten für die Angemessenheitsgrenze auf die Tabellenwerte nach § 12 WoGG aF zzgl eines Sicherheitszuschlags von 10 % abzustellen, also für den im Stadtgebiet Hildesheim liegenden Dreipersonenhaushalt der Kläger bis 31. Dezember 2015 auf monatlich 526,90 Euro bzw ab 1. Januar 2016 auf 619,30 Euro. Die Differenz zu der vom Beklagten bisher übernommenen Bruttokaltmiete sei in Höhe der austenorierten Beträge nachzuzahlen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache werde die Berufung zugelassen (Urteil vom 8. März 2018).
Gegen das dem Beklagten am 9. April 2018 zugestellte Urteil richtet sich seine am 9. Mai 2018 eingelegte Berufung, mit der er zunächst das den angegriffenen Bescheiden zugrundeliegende KdU-Konzept verteidigt hat.
Nachdem Entscheidungen des erkennenden Gerichts, in denen das KdU-Konzept des Beklagten wegen der fehlenden Einbeziehung von Bestandsmieten als unschlüssig angesehen worden war (Urteile vom 24. Mai 2018 und 21. März 2019 - L 8 SO 193/13 und L 11 AS 1334/15 -), rechtskräftig geworden waren, hat der Beklagte die Angemessenheitsgrenze unter Einbeziehung bestimmter Bestandsmieten „entsprechend nachgebessert und berechnet“. Ein weitergehender Anspruch der Kläger ergebe sich hieraus jedoch nicht (vgl hierzu ua Schriftsätze vom 27. August, 11. September 2020 und 5. Oktober 2020). Die Nachfrage des Senats, ob der Beklagte an seiner bisher als maßgeblich angesehenen Angemessenheitsgrenze von 493,50 Euro festhalte oder aber nunmehr auf ein aus seiner Sicht mittels Einbeziehung bestimmter Bestandsmieten nachgebessertes KdU-Konzept abstelle, hat der Beklagte dann allerdings dahingehend beantwortet, „an seinem Konzept und den ermittelten Beträgen“ festzuhalten (Schriftsatz vom 23. März 2021). Angesichts der neueren Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 17. September 2020 – B 4 AS 22/20 R -) stelle sich die Frage einer Nachbesserung nicht mehr (Schriftsatz vom 7. Juni 2021).
Das (ursprüngliche) KdU-Konzept erfülle sämtliche Anforderungen des BSG an ein schlüssiges KdU-Konzept (vgl hierzu etwa: S 3,4 der Berufungsbegründung vom 29. Juni 2018). Dies gelte hinsichtlich der Festlegung des örtlichen Vergleichsraums, der nachvollziehbaren Definition des Beobachtungsgegenstandes (ua hinsichtlich der praktisch vollständigen Erfassung des öffentlich zugänglichen Wohnungsangebotsmarktes sowie der Nichtberücksichtigung von Substandardwohnungen über den Preis) und des Erhebungszeitraums sowie der Datenerhebung (vgl im Einzelnen: S 4 bis 6 der Berufungsbegründung). Durch die Heranziehung von Angebotsmieten bis maximal 35 % unter dem Mittelwert sei eine rechtmäßige Kappungsgrenze festgelegt worden, da zusätzlich auch die Angebotsmieten aus „dem Bereich des Mittelwerts plus 10 %“ berücksichtigt worden seien (vgl im Einzelnen: S 6 bis 8 der Berufungsbegründung). Nach der Rechtsprechung des BSG bestimme sich der für die Festlegung der Angemessenheitsgrenze maßgebliche einfache Wohnungsstandard aus den unteren 20 % der Wohnungen (vgl im Einzelnen: Schriftsatz des Beklagten vom 11. September 2020). Ausweislich des Gutachtens des Dr R. ständen den Grundsicherungsempfängern bei Zugrundelegung der vom Beklagten errechneten Angemessenheitsgrenzen sogar 40 % der Wohnungsangebote als angemessen zur Verfügung (vgl Schriftsatz vom 23. März 2021).
Das Vorgehen des Beklagten entspreche auch hinsichtlich der kalten Nebenkosten der Rechtsprechung des BSG. Zwar habe der Beklagte diese Angemessenheitsgrenze – ebenso wie für die Nettokaltmiete – nur aus den Angebotsmieten eines Korridors von 10% über und 35 % unter dem „ersten“ arithmetischen Mittelwert berechnet. Allerdings ergebe sich auch bei Berücksichtigung sämtlicher Angebotsmieten für Dreipersonenhaushalte kein höherer Betrag. Erst bei Berücksichtigung aller Wohnungsangebote unabhängig von der Wohnungsgröße ergebe sich mit 1,32 Euro pro qm ein geringfügig höherer Betrag (vgl Schriftsatz des Beklagten vom 23. März 2021).
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 8. März 2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten das Urteil des SG für zutreffend, zumal der 8. Senat des erkennenden Gerichts das KdU-Konzept als unzulässig angesehen und KdU-Leistungen auf der Grundlage der Beträge nach § 12 WoGG aF zugesprochen habe. Soweit der Beklagte davon ausgehe, dass er eine Vollerhebung von Angebotsmieten vorgenommen habe, stelle dies lediglich eine Behauptung dar, die durch kein Parteigutachten belegt sei. Voraussetzung hierfür wäre nämlich, dass dem Beklagten die Gesamtzahl der sich im Angebot befindlichen Wohnungen bekannt wäre und auch die nicht öffentlich angebotenen Mietwohnungen einbezogen werden.
Der Beklagte habe zur Bestimmung der angemessenen Nebenkosten nicht auf den gesamten Wohnungsmarkt abgestellt, sondern zunächst eine Vorauswahl getroffen (unteres Drittel des Wohnungsmarktes). Nach der Rechtsprechung des BSG sei zur Vermeidung von Zirkelschlüssen jedoch auf den gesamten Wohnungsmarkt abzustellen.
Der Beklagte habe sodann einen gewichteten Mittelwert gebildet. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass es bei der Bildung eines Angemessenheitswertes darum gehe, den höchsten zulässigen Wert zu ermitteln. Soweit der Beklagte zur Bestimmung dieses Grenzwertes jedoch auch Wohnungen mit einer Wohnfläche von unter 75 qm (als Höchstwert für eine dreiköpfige Bedarfsgemeinschaft) einbezogen habe, verschiebe sich hierdurch der Angemessenheitsgrenzwert nach unten. Zur Bestimmung eines Höchstwertes seien deshalb lediglich Wohnungen mit einer Wohnfläche von 75 qm zu berücksichtigen.
Bei dem vom Beklagten vorgelegten Gutachten des Dr R. handele es sich nicht um einen Urkundsbeweis, sondern lediglich um ein Parteigutachten. Soweit der Beklagte durch dieses Parteigutachten bestätigt sehe, dass die Vergleichsräume sinnvoll gewählt seien, könne dieser Annahme nicht gefolgt werden.
Allein durch die Bildung eines gewichteten Mittelwerts sei die Einbeziehung von Substandardwohnungen gerade nicht ausgeschlossen worden.
Auf Nachfrage des Senats hat der Beklagte vorgetragen, dass während des Kostensenkungszeitraums (September 2014 bis März 2015) im Stadtgebiet Hildesheim rein rechnerisch 130 dreiköpfige Bedarfsgemeinschaften kostenunangemessen gewohnt hätten (wobei allerdings nicht habe geprüft werden können, ob im Einzelfall wegen eines erhöhten Wohnraumbedarfs – etwa aufgrund von Behinderung - gar keine Senkungspflicht bestanden habe). Diesen 130 rechnerisch kostenunangemessen wohnenden Bedarfsgemeinschaften hätten damals 125 als angemessen anzusehende Wohnungsangebote gegenübergestanden (von insgesamt 229 Wohnungsangeboten). Im streitbefangenen Zeitraum (September 2015 bis Januar/Februar 2016) seien von insgesamt 253 freien Wohnungen 152 als angemessen anzusehen gewesen.
Zur Berücksichtigung von sog Substandardwohnungen bei der Ermittlung der Angemessenheitsgrenze (Nachfragen des Senats vom 20. Mai und 7. Juli 2021) hat der Beklagte auf Rechtsprechung ua des BSG und des LSG Nordrhein-Westfalen, das Gutachten des Dr R. sowie auf einen E-Mail-Verkehr mit der T. AG hingewiesen und hieraus zT wörtlich zitiert (Schriftsatz vom 7. Juni 2021). Seitens des für die Datenerhebung zuständigen Unternehmens seien „offensichtlich dem Substandard zuzuordnende Unterkünfte auch tatsächlich ausgesondert worden“. Unabhängig von der Frage, ob überhaupt „in jedem Fall vorab der Standard zu bestimmen und der Substandard vorab auszusondern“ sei, sei „in jedem Fall im Ergebnis sichergestellt, dass besonders preisgünstige Wohnungen den Angemessenheitswert“ nicht beeinflusst hätten (Schriftsatz vom 7. Juni 2021).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die die Kläger betreffende Verwaltungsakte des Beklagten sowie die erst- und zweitinstanzliche Gerichtsakte verwiesen. Sie sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die aufgrund der Zulassung durch das SG statthafte Berufung des Beklagten ist auch im Übrigen zulässig, jedoch nur teilweise begründet. Das SG hat das KdU-Konzept des Beklagten im Ergebnis zu Recht als unschlüssig angesehen und deshalb zur Bestimmung der angemessenen Bruttokaltmiete zutreffend auf die Werte aus der Tabelle in § 12 WoGG aF abgestellt (zzgl 10 % Sicherheitszuschlag). Aufgrund von Rechenfehlern hat das SG allerdings zu hohe Beträge ausgeurteilt. Die Kläger haben lediglich Anspruch auf weitere KdU-Leistungen iHv monatlich 33,40 Euro (September bis Dezember 2015) bzw 42,50 Euro (Januar 2016).
A.
Streitgegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens sind ausweislich der von den Klägern erst- und zweitinstanzlich gestellten Anträge ausschließlich Leistungen für KdU (vgl zur Zulässigkeit einer Beschränkung des Streitgegenstands auf die KdU: ständige Rechtsprechung des BSG, etwa: Urteil vom 3. September 2020 – B 14 AS 34/19 R – mit Verweis auf BSG, Urteil vom 4. Juni 2014 - B 14 AS 42/13 R - Rn 10).
Streitbefangen sind nur die Monate September 2015 bis Januar 2016, nachdem die Kläger ihren Antrag bereits erstinstanzlich ausdrücklich auf diesen Zeitraum beschränkt haben (vgl Sitzungsniederschrift vom 8. März 2018 - zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem SG war ein abschließender Festsetzungsbescheid für den Monat Februar 2016 offensichtlich noch nicht ergangen). Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sind somit die endgültigen Bewilligungsbescheide vom 3. Februar und 17. März 2016. Die vorangegangenen vorläufigen Bewilligungsbescheide haben sich mit Erlass der endgültigen Bewilligungsbescheide auf sonstige Weise erledigt (§ 39 Abs 2 SGB X).
B.
Die Kläger haben keinen Anspruch auf weitere Leistungen des Beklagten für die ihnen im streitbefangenen Zeitraum entstandenen Heizkosten. Der Beklagte hat die Heizkosten bereits in tatsächlicher Höhe übernommen, so dass weitere diesbezügliche Leistungen nicht mehr in Betracht kommen.
C.
Die Kläger haben für den streitbefangenen Zeitraum Anspruch auf weitere monatliche KdU-Leistungen iHv 33,40 Euro (September bis Dezember 2015) bzw 42,50 (Januar 2016), weil der Beklagte bei der Leistungsbewährung von einer zu niedrigen Angemessenheitsgrenze nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II ausgegangen ist.
I.
Die Kläger sind leistungsberechtigt iSd §§ 7, 19 ff SGB II. Anhaltspunkte dafür, dass sie ihren Bedarf übersteigendes Einkommen erzielt oder über anzurechnendes Vermögen verfügt haben könnten, sind nicht ersichtlich. Vielmehr ergibt sich ihre Hilfebedürftigkeit aus dem vom Beklagten in den Bescheiden vom 3. Februar 2016 und 17. März 2016 zutreffend aufgeführten nicht bedarfsdeckenden Einkommen sowie aus dem Fehlen von einzusetzendem Vermögen. Anhaltspunkte für einen Leistungsausschluss sind nicht ersichtlich.
II.
Die Kläger haben nicht bereits nach Maßgabe des § 22 Abs 1 S 3 SGB II wegen fehlender Kenntnis von der Unangemessenheit ihrer KdU Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen KdU. Vielmehr wurden die Kläger mit Schreiben vom 19. September 2014 zur Kostensenkung aufgefordert. Ihnen wurde eine gemäß § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II nicht zu beanstandende Übergangsfrist bis zum 31. März 2015 eingeräumt.
Unschädlich ist, dass der Beklagte in seiner Kostensenkungsaufforderung eine andere als die letztlich von ihm zugrunde gelegte Angemessenheitsgrenze genannt hat (471,00 statt 493,50 Euro). Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der erkennende Senat anschließt, soll eine Kostensenkungsaufforderung nämlich lediglich über den vom Beklagten als angemessen erachteten Mietzins informieren und den Dialog mit dem Leistungsempfänger über die angemessenen Aufwendungen für die KdU eröffnen (BSG, Urteil vom 10. September 2013 - B 4 AS 77/12 R -).
Dass sich die Kläger nach Erhalt des Schreibens des Beklagten vom 19. September 2014 um eine Kostensenkung bemüht hätten, ist weder vorgetragen worden noch ansonsten ersichtlich. Dementsprechend sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Kläger durch die vom Beklagten zu niedrig angegebene Angemessenheitsgrenze (471,00 statt 493,50 Euro) in ihrer Suche nach angemessenem Wohnraum in wesentlichem Umfang beschränkt gewesen sein könnten (vgl hierzu: BSG, Urteil vom 21. Juli 2021 - B 14 AS 31/20 R -, zitiert nach dem Terminbericht des BSG). Sonstige Gründe, die einer Kostensenkung entgegengestanden haben könnten, sind ebenfalls weder vorgetragen worden noch erkennbar.
III.
Nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessenen sind.
1.
Die Prüfung der Angemessenheit der Aufwendungen für die Unterkunft begrenzt die erstattungsfähigen Kosten der Höhe nach (vgl BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R -). Es handelt sich bei der Angemessenheit iSd § 22 Abs 1 SGB II um einen unbestimmten Rechtsbegriff, welcher der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegt (vgl BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 10/06 R -). Angemessen ist eine Wohnung nur dann, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl etwa: Urteil vom 17. September 2020 – B 4 AS 22/20 R –, Rn 25 mwN).
Soweit – wie im vorliegenden Fall – keine Bestimmung der Angemessenheitsgrenze durch eine Satzung nach §§ 22a ff SGB II erfolgt, richtet sich die Angemessenheit der KdU nach dem vom jeweiligen Grundsicherungsträger zu erstellenden KdU-Konzept. Ein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen KdU erfordert ein planmäßiges Vorgehen im Sinne einer systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenn auch orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Raum unter Beachtung von mehreren, von der Rechtsprechung des BSG entwickelten Mindestvoraussetzungen, die auch die Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung betreffen (so aus jüngerer Zeit etwa: BSG, Urteil vom 12. Dezember 2017 - B 4 AS 33/16 R - Rn 15 mwN). Von der Schlüssigkeit eines Konzepts ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG auszugehen, wenn die folgenden Mindestvoraussetzungen erfüllt sind (vgl etwa: BSG, Urteile vom 10. September 2013 - B 4 AS 77/12 R - sowie vom 16. Juni 2015 – B 4 AS 45/14 R –):
- Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen;
- nachvollziehbare Definition des Gegenstands der Beobachtung (Art von Wohnungen, Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete/Vergleichbarkeit, Differenzierung nach Wohnungsgröße);
- Angaben über den Erhebungszeitraum;
- Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, zB Mietspiegel);
- Repräsentativität des Umfangs der einbezogenen Daten;
- Validität der Datenerhebung;
- Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung;
- Angaben über die gezogenen Schlüsse (zB Spannoberwert oder Kappungsgrenze).
Aus einem KdU-Konzept, das ausschließlich auf der Grundlage von Angebotsmieten erstellt worden ist, muss sich zusätzlich ergeben, dass Wohnungen zum als angemessen ermittelten Betrag - insbesondere im Vergleich zur Wohnungsnachfrage im Vergleichsraum - in ausreichender Zahl tatsächlich angeboten werden. Ein Konzept, das sich letztlich nur auf eine so geringe Zahl von angebotenen Wohnungen stützt, dass der Schluss, Wohnungen stünden grundsätzlich zu diesem Preis zur Anmietung zur Verfügung, nicht gerechtfertigt wäre, bietet keine ausreichende Basis für die Ermittlung der abstrakt angemessenen Unterkunftskosten (BSG, Urteil vom 17. September 2020 – B 4 AS 22/20 R – Rn 38).
Im Rahmen dieser höchstrichterlichen Vorgaben ist dem Grundsicherungsträger bei der Erstellung eines KdU-Konzepts Methodenfreiheit einzuräumen (BSG, Urteile vom 18. November 2014 - B 4 AS 9/14 R -, vom 17. September 2020 – B 4 AS 11/20 R – und vom 30. Januar 2019 – B 14 AS 24/18 R –; Becker, SGb 2021,1,3). Dies beruht darauf, dass nach der Rechtsprechung des BSG die Bestimmung der Höhe der regionalen Angemessenheitsgrenze in die Hände der Jobcenter gelegt worden ist. Lediglich der methodische Rahmen zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze ist durch die Forderung nach einem schlüssigen Konzept vorgegeben (vgl Knickrehm, Soziale Sicherheit 2015, 287, 289). Die gerichtliche Überprüfung beschränkt sich auf diesen dem Grundsicherungsträger eingeräumten Gestaltungsspielraum. Sie lässt sich mit der Faustformel „Kontrollierte Methodenfreiheit bei Methodenvielfalt“ umschreiben (so: Knickrehm in: Soziale Sicherheit 2015,287ff). Die Sozialgerichte sind dagegen weder befugt noch dazu berufen, im Wege der Einbeziehung aller denkbaren Faktoren selbst eine optimale Bestimmung der Angemessenheitsgrenze zu bewirken (vgl Becker, SGb 2021,1,3,5 – nur „nachvollziehende, nicht aber ersetzende Kontrolle“). KdU-Konzepte der Leistungsträger sind somit (nur) auf ihre Schlüssigkeit und die Gewährleistung der Existenzsicherung im Bereich Wohnen zu überprüfen (vgl Knickrehm, aaO, 289; ebenso: Urteile des erkennenden Senats vom 10. Juni 2016 – L 11 AS 1788/15 sowie L 11 AS 611/15 -; Urteil vom 21. März 2019 – L 11 AS 1334/15 –). Bei der zwar grundsätzlich vollen gerichtlichen Überprüfung sowohl des Angemessenheitswerts als auch des Verfahrens zu seiner Ermittlung ist der in der Methodenvielfalt zum Ausdruck kommenden Eigenverantwortung des jeweiligen SGB II-Leistungsträgers Rechnung zu tragen (nur nachvollziehende Kontrolle, vgl BSG, Urteil vom 30. Januar 2019 – B 14 AS 24/18 R - unter Verweis auf BVerfG, Urteil vom 31. Mai 2011 - 1 BvR 857/07 -, BVerfGE 129, 1; Becker, SGb 2021,1,3; ähnlich: Luik in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl 2017, § 22 Rn 91 „gerichtliche Verfahrenskontrolle").
Die dem SGB II-Leistungsträger zustehende Methodenfreiheit sowie die nur nachvollziehende sozialgerichtliche Kontrolle von KdU-Konzepten bedeuten allerdings nicht, dass letztlich kein effektiver Rechtsschutz hinsichtlich der von SGB II-Leistungsträgern erstellten KdU-Konzepte gewährt wird. Vielmehr erfordert ein schlüssiges Konzept trotz Methodenvielfalt zwingend ua eine Definition der untersuchten Wohnungen nach Größe und Standard, Angaben über den Zeitraum, auf den sich die Datenerhebung bezieht, sowie eine Begründung, in der die Ermittlung der Angemessenheitswerte aus den Daten dargelegt wird (vgl im Einzelnen: Becker, SGb 2021,1,4 mit umfangreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung des BSG - Hervorhebung durch den Senat). Die Methodenfreiheit besteht dementsprechend nur innerhalb der für schlüssige Konzepte aufgestellten Grundsätze (so bereits: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 25. August 2020 – L 9 AS 78/15 -). Trotz Methodenvielfalt und Methodenfreiheit setzt ein schlüssiges KdU-Konzept ein planmäßiges Vorgehen voraus (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl nochmals etwa: BSG, Urteil vom 12. Dezember 2017 - B 4 AS 33/16 R - Rn 15 mwN), so dass ein planloses oder planwidriges Vorgehen nicht schlüssig, sondern unschlüssig ist.
2.
Das vom Beklagten für den vorliegend streitbefangenen Zeitraum erstellte KdU-Konzept besteht nicht aus nur einem einzigen Dokument, sondern setzt sich aus mehreren Schriftstücken zusammen.
Der Senat wertet die Schriftstücke „Konzept zur Ermittlung der aktuellen örtlichen Wohnraummieten im Landkreis Hildesheim - Grundsicherungsrelevanter Mietspiegel“ (undatiert), „Leistungen nach dem SGB II - Auswertung der Mietdatenbank für Richtwerte zur Angemessenheit der Unterkunftskosten“ (vom 27. Oktober 2009), das Gutachten des Herrn N. von Mai 2009, den Aktenvermerk des Ersten Kreisrats Q. vom 23. Juni 2009 sowie die regelmäßig aktualisierten „Geschäftsanweisungen des Kommunalen Trägers für die Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 SGB II“ in ihrer Gesamtheit als das für den vorliegend streitbefangenen Zeitraum maßgebliche KdU-Konzept. Schließlich werden in dem dreiseitigen nicht datierten „Konzept zur Ermittlung der aktuellen örtlichen Wohnraummieten im Landkreis Hildesheim - Grundsicherungsrelevanter Mietspiegel“, welches die Grundlage des KdU-Konzepts des Beklagten darstellen dürfte, die soeben genannten weiteren Schriftstücke ausdrücklich in Bezug genommen. Aus der Kennzeichnung dieser weiteren Schriftstücke als Anlagen 1 bis 4 des (undatierten) „Konzepts zur Ermittlung der aktuellen örtlichen Wohnraummieten im Landkreis Hildesheim - Grundsicherungsrelevanter Mietspiegel“ wird hinreichend klar sowie nach außen erkennbar, dass der Beklagte diese vier weiteren Schriftstücke als Bestandteil seines planmäßigen Vorgehens zur Bestimmung der KdU-Angemessenheitsgrenzen mit Geltung für sämtliche SGB II-Leistungsbezieher anwenden will und wird. Dies gilt wegen der ausdrücklichen Inbezugnahme auch für das Gutachten des Herrn N., selbst wenn dieses gar keine Regelungen zur Bestimmung der KdU-Angemessenheitsgrenzen enthält, sondern lediglich eine gutachtliche Bewertung des KdU-Konzepts des Beklagten beinhaltet (insbesondere hinsichtlich der Vergleichsraumbildung).
Nach dem Vortrag des Beklagten wurde der Kreistag am 4. November 2008 über das am 1. Januar 2009 in Kraft getretene KdU-Konzept informiert (S 3 des Schriftsatzes vom 23. März 2021). Aufgrund des Zeitpunktes des erstmaligen Inkrafttretens des KdU-Konzepts dürften die erst danach erstellten Anlagen 1, 2 und 3 damals allerdings noch nicht Gegenstand des KdU-Konzepts gewesen sein.
Dass das KdU-Konzept des Beklagten nicht allgemein bekannt gegeben oder veröffentlicht worden ist, steht seiner Anwendbarkeit nicht entgegen. Schließlich stellt das KdU-Konzept eines Grundsicherungsträgers ein sog Verwaltungsinternum dar (vgl zu diesem Begriff: Becker, SGb 2021,1,3). Ausreichend ist somit, dass der Grundsicherungsträger sein KdU-Konzept sowie die ihm zugrundeliegenden Daten im Verwaltungs- sowie im sozialgerichtlichen Verfahren offenlegt. Dies ist im vorliegenden Fall erfolgt.
Das vom Landkreises Hildesheim in Auftrag gegebene Gutachten des Dr R. vom 29. Dezember 2014 („Gutachten zur sachverständigen Überprüfung des grundsicherungsrelevanten Mietspiegels des Landkreises Hildesheim“) ist dagegen kein Bestandteil des KdU-Konzepts des Beklagten. Hierzu fehlt es an einer nach außen erkennbaren Willenserklärung des Beklagten, durch die dieses Gutachten zum Bestandteil seines KdU-Konzepts erklärt worden sein könnte. Allein die Übersendung des Gutachtens im Rahmen einzelner gegen das KdU-Konzept geführter Klage- oder Berufungsverfahren reicht hierfür nicht aus. Ein planmäßiges Vorgehen (vgl hierzu erneut: BSG, Urteil vom 12. Dezember 2017 - B 4 AS 33/16 R - Rn 15 mwN) erfordert vielmehr, dass der SGB II-Leistungsträger eine nach außen erkennbare Entscheidung trifft, welche Schriftstücke, Daten, Gutachten, Stellungnahmen, Aktenvermerke usw Bestandteil seines KdU-Konzepts sein sollen. Dass hinsichtlich einer Einbeziehung des Gutachtens des Dr R. kein Schriftstück existiert, „in dem dieses Verfahren schriftlich bestätigt worden sei“, hat der Beklagte auf Nachfrage des Senats ausdrücklich eingeräumt. Eine rein „tatsächliche (…) Beifügung“ zum KdU-Konzept (vgl zu diesem Vortrag des Beklagten: Schriftsatz vom 23. März 2021) – zu welchem Zeitpunkt, auf welche Art und Weise und durch wen auch immer - reicht für die Einbeziehung eines Schriftstücks in ein KdU-Konzept nicht aus. Auch ansonsten ist vom Beklagten weder vorgetragen noch nachgewiesen worden, zu welchem Zeitpunkt und auf welche Weise das Gutachten des Dr R. zu einem Bestandteil seines KdU-Konzepts erklärt worden sein könnte (vgl hierzu nochmals: Schriftsatz vom 23. März 2021 als Antwort auf die Nachfrage des Senats vom 9. März 2021). Unabhängig davon handelt es sich bei dem Gutachten des Dr R. in der Sache auch gar nicht um Festlegungen im Sinne eines KdU-Konzepts, sondern um ein vom Beklagten in Auftrag gegebenes Sachverständigengutachten zur Überprüfung bzw Bestätigung seines bereits vorab erstellten KdU-Konzepts (vgl hierzu auch den Gutachtenauftrag laut Seite 3 des Gutachtens: Beurteilung der gerichtlich umstrittenen Datengrundlage des KdU-Konzepts des Beklagten). Der Senat berücksichtigt dieses Gutachten bei seiner Entscheidung daher zwar als sog Verwaltungsgutachten im Wege des Urkundsbeweises (vgl hierzu etwa: BSG, Beschluss vom 6. Oktober 2020 – B 2 U 94/20 B –), nicht dagegen als Bestandteil des KdU-Konzepts.
3.
Das KdU-Konzept des Beklagten ist nicht zu beanstanden, soweit es für Dreipersonenhaushalte von einer maximal angemessenen Wohnfläche von 75 qm ausgeht und es das Stadtgebiet Hildesheim als Vergleichsraum zugrunde legt. Angesichts der neueren Rechtsprechung des BSG ist es auch nicht mehr zu beanstanden, dass das KdU-Konzept des Beklagten allein auf Angebotsmieten beruht.
a.
Der Beklagte hat in seinem KdU-Konzept rechtsfehlerfrei für den Dreipersonenhaushalt der Kläger eine Wohnfläche von 75 qm als abstrakt angemessen angesehen.
Nach der Rechtsprechung des BSG, der der erkennende Senat folgt, ist zur Bestimmung der Angemessenheit der Wohnungsgröße auf die Werte zurückzugreifen, welche die Länder nach § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG) festgesetzt haben (vgl BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 18/06 R -). In Niedersachsen ist dies in den Richtlinien zur Durchführung der sozialen Wohnraumförderung (Wohnraumförderungsbestimmungen - WFB -) erfolgt (Runderlass vom 1. September 2011, Nds Ministerialblatt 2011, S 718). Gemäß Ziffer A.7.1 des 2. Abschnitts der WFB gilt bei Mietwohnungen für einen Dreipersonenhaushalt grundsätzlich eine Wohnfläche bis 75 qm als angemessen.
b.
In Bezug auf das Stadtgebiet Hildesheim (Region I) hat der Beklagte einen örtlichen Vergleichsraum bestimmt, der den Vorgaben der Rechtsprechung des BSG entspricht. Eine Stadt dieser Größenordnung (ca 100.000 Einwohner auf einer Fläche von mehr als 90 Quadratkilometern) stellt einen ausreichend großen Raum der Wohnbebauung mit zusammenhängender Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer Verbundenheit, also einen insgesamt homogenen Lebens- und Wohnbereich dar (so auch bereits Urteil des erkennenden Senats vom 21. März 2019 – L 11 AS 1334/15 unter Bezugnahme auf das Urteil des 8. Senats des erkennenden Gerichts vom 25. Mai 2018 – L 8 SO 193/13 -; vgl allgemein zu diesen Vorgaben: BSG, Urteil vom 16. Juni 2015 - B 4 AS 45/14 R - Rn 16; BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013 - B 4 AS 87/12 R - Rn 22; BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R - Rn 21).
c.
Das KdU-Konzept des Beklagten erweist sich auch nicht bereits deshalb als unschlüssig, weil die Angemessenheitsgrenze ausschließlich aus Angebotsmieten berechnet worden ist, ohne dass Bestandsmieten berücksichtigt worden wären. An seiner anderslautenden bisherigen Rechtsprechung, wonach das KdU-Konzept des Beklagten bereits wegen fehlender Einbeziehung von Bestandsmieten unschlüssig ist (Urteil vom 21. März 2019 – L 11 AS 1334/15 –), hält der Senat trotz der Rechtskraft dieser Entscheidung nicht mehr fest.
Der erkennende Senat war mit dem og Urteil der Rechtsprechung des 8. Senats des erkennenden Gerichts gefolgt (Urteil vom 24. Mai 2018 – L 8 SO 193/13 –), nachdem das BSG die vom Beklagten hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss vom 28. Januar 2019 – B 8 SO 41/18 B – als unzulässig verworfen hatte. Der in der juristischen Datenbank juris zu dieser Entscheidung veröffentlichte Leitsatz lautete wie folgt: „Das BSG hat bereits mehrfach entschieden, dass bei der Bestimmung der (abstrakten) Angemessenheitsgrenze für die Kosten der Unterkunft (sog schlüssiges Konzept) nicht nur auf die tatsächlich am Markt angebotenen Wohnungen, sondern auch auf Wohnungsmieten von bereits existierenden Mietverträgen (Bestandsmieten) abzustellen ist (vgl BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R = BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 24 und vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R = BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 22)“.
Nachfolgend hat der 4. Senat des BSG jedoch mit Urteil vom 17. September 2020 – B 4 AS 22/20 R – entschieden, dass für ein schlüssiges KdU-Konzept die Einbeziehung von Bestandsmieten nicht zwingend sein soll. Vielmehr könne ein schlüssiges KdU-Konzept auch allein auf Angebotsmieten beruhen. Etwas Anderes lasse sich – so der 4. Senat des BSG im og Urteil, Rn 32 - entgegen eines in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung teilweise entstandenen Eindrucks auch aus der bisherigen Rechtsprechung des BSG nicht entnehmen.
Im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung folgt der erkennende Senat unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsauffassung der Rechtsprechung des für das SGB II zuständigen 4. Senats des BSG, auch wenn diese Rechtsprechung im Widerspruch zum oben zitierten Leitsatz des Beschlusses des 8. Senats des BSG vom 24. Mai 2018 – L 8 SO 193/18 – steht.
4.
In dem für den vorliegend streitbefangenen Zeitraum erstellten KdU-Konzept des Beklagten fehlt jedoch die Festlegung der Länge sowie des Beginns bzw des Endes des Datenerhebungszeitraums. Dies führt nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der erkennende Senat anschließt, zur Unschlüssigkeit des KdU-Konzepts des Beklagten.
a.
Aus dem nicht datierten Schriftstück „Konzept zur Ermittlung der aktuellen örtlichen Wohnraummieten im Landkreis Hildesheim - Grundsicherungsrelevanter Mietspiegel“ ergibt sich hinsichtlich des der Ermittlung der Angemessenheitsgrenze zugrunde gelegten Datenerhebungszeitraums lediglich, dass bei Inkrafttreten des KdU-Konzepts die Angebotsmieten aus der Zeit von Oktober 2007 bis einschließlich Oktober 2008 berücksichtigt wurden (also aus einem 13-monatigen Datenerhebungszeitraum). Festlegungen, welcher Datenerhebungszeitraum in Zukunft bzw für den vorliegend streitbefangenen Zeitraum (September 2015 bis Januar 2016) maßgeblich sein soll, enthält dieses Schriftstück dagegen nicht.
Dies gilt auch für die weiteren Bestandteile des KdU-Konzepts des Beklagten. In dem Schriftstück „Leistungen nach dem SGB II - Auswertung der Mietdatenbank für Richtwerte zur Angemessenheit der Unterkunftskosten“ vom 27. Oktober 2009, dem Gutachten des Herrn N. von Mai 2009 sowie dem Aktenvermerk des Ersten Kreisrats Q. vom 23. Juni 2009 finden sich hierzu keinerlei Angaben. In den „Geschäftsanweisungen des Kommunalen Trägers für die Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 SGB II“ (maßgeblich im vorliegenden Fall: Stand 1. Juli 2015 bzw 1. Januar 2016) heißt es lediglich „Zur Bestimmung des abstrakten Quadratmeterpreises im Landkreis Hildesheim werden die Mietangebote des Wohnungsmarktes im Landkreis Hildesheim laufend erhoben, aktualisiert und regelmäßig ausgewertet“. Konkrete Angaben zur Länge und/oder zum Beginn bzw Ende des Datenerhebungszeitraums werden somit auch in dieser Geschäftsanweisung nicht genannt.
In dem Gutachten des Dr R. (welches allerdings kein Bestandteil des streitbefangenen KdU-Konzepts des Beklagten ist, vgl oben Abschnitt 2) werden unter der Überschrift „Zeitlicher Umfang der Datenerhebung“ verschiedene Datenerhebungszeiträume lediglich diskutiert (nämlich der Ersterhebungszeitraum von „2007 bis Oktober 2008“ sowie zwei- und vierjährige Erhebungszeiträume, vgl S 11f des Gutachtens). Konkrete Angaben zur Länge und/oder zum Beginn bzw Ende des für den vorliegend streitbefangenen Zeitraum (September 2015 bis Januar 2016) maßgeblichen Datenerhebungszeitraums enthält auch dieses Gutachten nicht.
b.
Trotz Methodenvielfalt erfordert ein schlüssiges KdU-Konzept zwingend ua Angaben über den Zeitraum, auf den sich die Datenerhebung bezieht (vgl Becker, SGb 2021,1 (4) sowie oben Abschnitt 1 - jeweils mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung des BSG). Die fehlende Festlegung sowohl der Länge des Datenerhebungszeitraums als auch seines Beginns bzw Endes führt somit zur Unschlüssigkeit des KdU-Konzepts des Beklagten.
c.
Etwas Anderes folgt auch nicht aus dem im Berufungsverfahren erfolgten Vortrag des Beklagten, wonach der Berechnung der vorliegend streitbefangenen KdU-Angemessenheitsgrenze die Angebotsmieten des Vierjahreszeitraums vom 1. April 2011 bis 31. März 2015 zugrunde gelegen haben sollen (vgl S 1 des Schriftstücks „Berechnungsschritte zum Konzept zur Ermittlung der Richtwerte zu der angemessenen Kaltmiete/qm“ – Anlage zum Schriftsatz des Beklagten vom 28. April 2021, Bl 276f GA; auch die auf der übersandten Daten-CD enthaltene Excel-Datei „Auswertung Region I 3 Personen GA 2015 07 Stand 2020 07“ listet Angebotsmieten aus diesem Zeitraum auf).
Durch diesen Vortrag hat der Beklagte lediglich erläutert, wie er die streitbefangene Angemessenheitsgrenze tatsächlich errechnet hat - nämlich auf der Grundlage eines Vierjahreszeitraums beginnend am 1. April 2011. Eine solche nachträgliche Erläuterung der tatsächlich vorgenommenen Berechnung ersetzt jedoch nicht die im KdU-Konzept zwingend vorab vorzunehmenden Festlegungen. Schließlich erfordert ein planmäßiges Vorgehen (vgl hierzu erneut etwa: BSG, Urteil vom 17. September 2020 – B 4 AS 22/20 R –, Rn 27 unter Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 10. September 2013 - B 4 AS 77/12 R -, Rn 28 mwN), dass zumindest die wesentlichen Berechnungsgrundsätze im KdU-Konzept selbst vorab festgelegt werden. Bei fehlender Festlegung von Länge sowie von Beginn bzw Ende des Datenerhebungszeitraums wird ein deswegen unschlüssiges Konzept nicht dadurch schlüssig, dass der SGB II-Leistungsträger seiner Berechnung nachträglich und rein tatsächlich (irgend-)eine Länge und (irgend-)einen Beginn bzw (irgend-)ein Ende des Datenerhebungszeitraum zugrunde legt. Vielmehr setzt ein planmäßiges Vorgehen schon begrifflich eine vorherige Festlegung der wesentlichen und grundlegenden Berechnungsfaktoren voraus. Ohne entsprechende vorherige Festlegungen stellt sich die vom Beklagten vorgenommene Bestimmung der Angemessenheitsgrenzen nicht als planmäßiges, sondern als planloses Vorgehen dar.
d.
Soweit der Beklagte mehr als 1,5 Jahre nach Ablauf des vorliegend streitbefangenen Zeitraums in seinem im August 2017 erstellten „Konzept zur Ermittlung der aktuellen örtlichen Wohnraummieten im Landkreis Hildesheim - Grundsicherungsrelevanter Mietspiegel -“ (ebenfalls enthalten auf der als Anlage zum Schriftsatz vom 1. September 2020 übersandten Daten-CD) ausgeführt hat, dass er bei der Berechnung der Angemessenheitsgrenzen zunächst die Daten der zurückliegenden 24 Monate, ab Juli 2012 der zurückliegenden 48 Monate und ab Juli 2016 wiederum die Daten der zurückliegenden 24 Monate berücksichtigt habe (jeweils zum Stichtag 31. März, vgl Seite 10 des Konzepts August 2017), führt auch dies nicht zur Schlüssigkeit des streitbefangenen KdU-Konzepts. Dieses erst lange nach Ablauf des vorliegend streitbefangenen Zeitraums erstellte Schriftstück ist bereits allein aufgrund seines Entstehungszeitpunkts kein Bestandteil des für den Zeitraum September 2015 bis Januar 2016 maßgeblichen KdU-Konzepts (vgl zu den Bestandteilen des für diesen Zeitraum geltenden KdU-Konzepts: Abschnitt 2). Nach dem Vorbringen des Beklagten im Berufungsverfahren L 11 AS 983/17 beansprucht das Konzept aus dem Jahr 2017 zudem auch gar keine Rückwirkung (vgl Schriftsatz des Beklagten vom 31. März 2021, Bl 148 der Gerichtsakte L 11 AS 983/17). Unabhängig davon setzt - wie bereits ausgeführt - ein planmäßiges Vorgehen schon begrifflich eine vorherige und nicht erst eine nachträgliche Festlegung der wesentlichen und grundlegenden Berechnungsfaktoren voraus.
Es handelt sich bei dem „Konzept zur Ermittlung der aktuellen örtlichen Wohnraummieten im Landkreis Hildesheim - Grundsicherungsrelevanter Mietspiegel -“ (August 2017) auch nicht um eine Nachbesserung des für den im vorliegenden Verfahren streitbefangenen Zeitraum geltenden KdU-Konzepts. Zwar ist es grundsätzlich denkbar, dass ein SGB II-Leistungsträger sein KdU-Konzept wegen konzeptioneller Schwächen nachbessert (vgl hierzu etwa: BSG, Urteil vom 18. November 2014 – B 4 AS 9/14 R –, Rn 24 unter Bezugnahme auf ua BSG, Urteil vom 20. August 2009 - B 14 AS 41/08 R – Rn 22). In Betracht kommen hierfür zB die Integration von Single-Bedarfsgemeinschaften unter 25 Jahren, die Ermittlung der Nachfragekonkurrenz anhand der kommunalen Bürgerumfrage und nicht anhand des Mikrozensus, die korrekte Berücksichtigung der „Kostensenkungsfälle“ auf der Nachfrageseite oder die Reintegration eines einheitlichen Mehrfachinseratefaktors (vgl hierzu: BSG, Urteil vom 18. November 2014, aaO). Eine solche Nachbesserung setzt jedoch voraus, dass bereits ein planmäßiges Vorgehen vorliegt und dieses planmäßige Vorgehen lediglich wegen konzeptioneller Schwächen einer Nachbesserung bedarf. Bei gänzlichem Fehlen von für die Schlüssigkeit eines KdU-Konzepts unverzichtbaren vorherigen Festlegungen (hier: Festlegung von Länge sowie Beginn bzw Ende des Datenerhebungszeitraums) handelt es sich nicht um ein iSd BSG-Rechtsprechung planmäßiges, sondern um ein rein tatsächliches und letztlich planloses Vorgehen. Ein solches planloses Vorgehen kann nicht nachträglich in ein planmäßiges „nachgebessert“ werden. Dies gilt erst recht, wenn die vermeintliche Nachbesserung erstmals mehr als 2 Jahren nach Inkrafttreten des KdU-Konzepts und mehr als 1,5 Jahre nach Ablauf des streitbefangenen Zeitraums erfolgt (hier: durch Abfassung des Nachfolgekonzepts „Konzept zur Ermittlung der aktuellen örtlichen Wohnraummieten im Landkreis Hildesheim - Grundsicherungsrelevanter Mietspiegel -“ für die Zeit ab August 2017).
e.
Da nach alledem im KdU-Konzept des Beklagten keine Festlegung von Länge sowie Beginn bzw Ende des maßgeblichen Datenerhebungszeitraums erfolgt ist, erweist es sich allein aus diesem Grund als unschlüssig (vgl Becker, SGb 2021,1,4 mwN aus der Rechtsprechung des BSG). Auf etwaige Bedenken gegen den vom Beklagten rein tatsächlich zugrunde gelegten 48-monatigen Erhebungszeitraum kommt es dementsprechend nicht mehr an (vgl zu den Bedenken des Dr R. gegen einen vierjährigen Erhebungszeitraum bei Angebotsmieten: S 12 seines Gutachtens vom 29. Dezember 2014).
5.
Das streitbefangene KdU-Konzept ist zudem wegen fehlender Validität der Datenerhebung und hieraus resultierender fehlender Repräsentativität unschlüssig.
Auch nach mehrfachen Nachfragen an den Beklagten kann der erkennende Senat sich nicht die Überzeugung bilden, dass der Beklagte dem vorliegend streitbefangenen KdU-Konzept valide Daten zugrunde gelegt hat.
Die bei der Berechnung der Angemessenheitsgrenze (Dreipersonenhaushalt im Stadtgebiet Hildesheim; Zeitraum: September 2015 bis Januar 2016) berücksichtigten Angebotsmieten hat der Beklagte in Form der Excel-Datei „Auswertung Region I 3 Personen GA 2015 07 Stand 2020 07“ zur Gerichtsakte gereicht (Daten-CD; Anlage zum Schriftsatz vom 1. September 2020).
Diese Daten stimmen jedoch nicht mit denjenigen Daten überein, die der Beklagte in seinem zur Gerichtsakte gereichten Schriftstück „Berechnungsschritte zum Konzept zur Ermittlung der Richtwerte zu der angemessenen Kaltmiete/qm“ (Anlage zum Schriftsatz vom 28. April 2021, Bl 276 GA) aufgeführt hat. Schließlich liegen die dort als Ausgangspunkt der Berechnung genannten Angebotsmieten (Nettokaltmiete pro qm) zwischen 2,82 Euro und 9,23 Euro. Dagegen liegen die in der Excel-Datei „Auswertung Region I 3 Personen GA 2015 07 Stand 2020 07“ gelisteten Angebotsmieten (welche dem Schriftstück „Berechnungsschritte ...“ sowie der streitbefangenen Angemessenheitsgrenze zugrunde liegen sollen) zwischen 3,60 bis 8,00 Euro.
Die Berechnung einer Angemessenheitsgrenze aus Nettokaltmieten von 2,82 bis 9,23 Euro pro qm bei laut Datensatz ermittelten Nettokaltmieten von 3,60 bis 8,00 Euro pro qm ist nicht schlüssig, sondern unschlüssig.
Selbst wenn der Beklagte den „ersten“ arithmetischen Mittelwert iHv 5,31 Euro pro qm entgegen seinen Darlegungen im Schriftstück „Berechnungsschritte zum Konzept zur Ermittlung der Richtwerte zu der angemessenen Kaltmiete/qm“ (Anlage zum Schriftsatz vom 28. April 2021, Bl 276 GA) nicht aus der Preisspanne von 2,82 Euro bis 9,23 Euro, sondern – entsprechend dem Datenbestand in der Excel-Datei „Auswertung Region I 3 Personen GA 2015 07 Stand 2020 07“ – aus der dort gelisteten Preisspanne von 3,60 bis 8,00 Euro errechnet haben sollte, würde auch diese Berechnung nicht auf validen Daten beruhen. Zwar würden dann die der Berechnung auf Bl 276 GA zugrunde gelegten Angebotsmieten dem Datensatz „Auswertung Region I 3 Personen GA 2015 07 Stand 2020 07“ entsprechen. Es bestehen aber durchgreifende Zweifel an der Validität der im Datensatz „Auswertung Region I 3 Personen GA 2015 07 Stand 2020 07“ gelisteten Angebotsmieten. Schließlich enthält der vom Beklagten im Berufungsverfahren L 11 AS 221/18 zur Gerichtsakte gereichte Datensatz „Auswertung Region I 3 Personen GA 2014 07 Stand 2020 07“ (mit Angebotsmieten aus dem Erhebungszeitraum April 2010 bis März 2014) diverse Wohnungsangebote aus dem im vorliegenden Verfahren maßgeblichen Erhebungszeitraum (1. April 2011 bis 31. März 2015), die in der vom Beklagten zur Gerichtsakte gereichten Excel-Datei „Auswertung Region I 3 Personen GA 2015 07 Stand 2020 07“ nicht enthalten sind, sondern dort fehlen. So enthält die Excel-Datei „Auswertung Region I 3 Personen GA 2014 07 Stand 2020 07“ (Erhebungszeitraum April 2010 bis März 2014 – zur Gerichtsakte gereicht im Verfahren L 11 AS 221/18) niedrigere Nettokaltmieten (2,00 bis 3,00 Euro pro qm – jeweils aus Juni 2013) und auch höhere Nettokaltmieten (8,21 bis 9,01 Euro qm - aus den Jahren 2013/2014) als die vom Beklagten im vorliegenden Verfahren zur Gerichtsakte gereichte Excel-Datei „Auswertung Region I 3 Personen GA 2015 07 Stand 2020 07“ (Erhebungszeitraum April 2011 bis März 2015 mit Nettokaltmieten von 3,60 bis 8,00 Euro pro qm). Damit erweist sich der Datensatz „Auswertung Region I 3 Personen GA 2015 07 Stand 2020 07“, der laut Vortrag des Beklagten der im vorliegenden Fall streitbefangenen Angemessenheitsgrenze zugrunde liegen soll, zumindest für die Jahre 2013/2014 als unvollständig und dementsprechend als nicht valide. Rechtsfolge hiervon ist die Unschlüssigkeit des vorliegend streitbefangenen KdU-Konzepts.
Darüber hinaus entsprechen die Daten, die der Beklagte zur Berechnung der streitbefangenen Angemessenheitsgrenze zugrunde gelegt hat, nicht den Vorgaben seines eigenen KdU-Konzepts.
Laut dem streitbefangenen KdU-Konzept (vgl zu dessen Bestandteilen: Abschnitt 2) sollten die der Berechnung der Angemessenheitsgrenze zugrundeliegenden Angebotsmieten von einer beim Landkreis Hildesheim eingerichteten Stelle erfasst werden (vgl S 1 des undatierten „Konzepts zur Ermittlung der aktuellen örtlichen Wohnraummieten im Landkreis Hildesheim - Grundsicherungsrelevanter Mietspiegel“). Hierfür sollten die „frei zugänglichen Erkenntnisquellen“ (diverse örtliche Tageszeitungen sowie das Internetportal Immobilienscout24.de) ausgewertet sowie die örtlichen Wohnungsbaugenossenschaften, einzelne Wohnungsbaugesellschaften und einige Immobilienbeteiligungsgesellschaften beteiligt werden (vgl S 1 des Schriftstücks „Leistungen nach dem SGB II - Auswertung der Mietdatenbank für Richtwerte zur Angemessenheit der Unterkunftskosten“ vom 27. Oktober 2009). Aus dem „Konzept zur Ermittlung der aktuellen örtlichen Wohnraummieten im Landkreis Hildesheim - Grundsicherungsrelevanter Mietspiegel -“ (August 2017) ergibt sich dagegen, dass der Beklagte bereits seit April 2014 auf Daten aus der von der T. AG geführten T. -Preisdatenbank zurückgegriffen hat (S 5 dieses Schriftstücks). Auf Nachfrage des Senats hat der Beklagte dann auch eingeräumt, dass im Datenerhebungszeitraum April 2011 bis März 2015 (welcher der im vorliegenden Verfahren streitbefangenen Angemessenheitsgrenze zugrunde liegt) sowohl die von der T. AG seit dem 1. Januar 2012 erhobenen Daten als auch vom Landkreis Hildesheim erhobene Daten berücksichtigt wurden (S 1f des Schriftsatzes vom 30. Juli 2021). Dies widerspricht dem im KdU-Konzept festgelegten Vorgehen, wonach ausschließlich vom Landkreis selbst erhobene Daten berücksichtigt werden sollten. Die Berechnung der streitbefangenen Angemessenheitsgrenze erfolgt somit nicht im Wege eines planmäßigen Vorgehens, sondern planwidrig.
Widersprüchlich sind die Angaben im KdU-Konzept auch zum Zeitpunkt der Erfassung der Wohnungsangebote: Während einerseits eine tägliche Auswertung behauptet wird (vgl S 1 des „Konzepts zur Ermittlung der aktuellen örtlichen Wohnraummieten im Landkreis Hildesheim - Grundsicherungsrelevanter Mietspiegel“), wird an anderer Stelle des KdU-Konzepts eine wöchentliche Auswertung vorgeschrieben (vgl S 1 des Schriftstücks „Leistungen nach dem SGB II - Auswertung der Mietdatenbank für Richtwerte zur Angemessenheit der Unterkunftskosten“ vom 27. Oktober 2009). Ein schlüssiges Konzept erfordert dagegen widerspruchsfreie Vorgaben für die Berechnung der Angemessenheitsgrenze.
Auch die vom Beklagten behauptete (fast) vollständige Erhebung aller öffentlich zugänglichen Wohnungsangebote kann der Senat nicht als nachgewiesen ansehen. So hat sich bei einem Abgleich der Datensätze des Beklagten mit den in der T. Preisdatenbank enthaltenen Daten herausgestellt, dass der Beklagte zB in den Jahren 2010/2011 lediglich durchschnittlich 60 bzw 80 Wohnungsangebote pro Monat erfasst hat, in der T. Preisdatenbank für die unmittelbaren Folgejahre (2012 bis 2014) dagegen zwischen 210 und 270 Wohnungsangebote pro Monat verzeichnet sind. Selbst der Beklagte folgert hieraus, dass „seitens der Fa. T. mehr Datensätze aus dem Internet abgegriffen werden, als dies landkreisseitig der Fall war“ (vgl Aktenvermerk „Leistungen nach dem SGB II; Auswertung der Mietdatenbank für Richtwerte zur Angemessenheit der Unterkunftskosten zum 1.07.2015 – OE 901-SGB II; Az (901) 50 10 02“ vom 12. Mai 2015 - vom Beklagten im Verfahren L 11 AS 157/20 zur Gerichtsakte gereicht, dort: Bl 350-352 der Gerichtsakte). Zudem hat der Beklagte für den Erhebungszeitraum 1. April 2011 bis 31. März 2015 diverse Nettokaltmieten (zB von 2,00 bis 3,00 Euro pro qm aus dem Monat Juni 2013 sowie von 8,21 bis 9,01 Euro pro qm aus den Jahren 2013/2014; vgl zu diesen Angebotsmieten: Excel-Datei „Auswertung Region I 3 Personen GA 2014 07 Stand 2020 07“, vom Beklagten im Berufungsverfahren L 11 AS 221/18 zur Gerichtsakte gereicht) bei der Berechnung der im vorliegenden Verfahren streitbefangenen Angemessenheitsgrenze unberücksichtigt gelassen, ohne dass eine Aussonderung von Angebotsmieten im KdU-Konzept vorgesehen gewesen wäre. Eine Vollerhebung der öffentlich zugänglichen Angebotsmieten ist somit nicht nachgewiesen. Auch dies führt zur Unschlüssigkeit des auf einer (angeblichen) Vollerhebung der Angebotsmieten beruhenden KdU-Konzepts des Beklagten.
Die Zweifel an der Validität - und damit auch der Repräsentativität - der Datenerhebung hat der Beklagte auch auf Nachfragen des Senats nicht ausräumen können. Entgegen der Auffassung des Beklagten handelt sich bei der Nichtberücksichtigung von zahlreichen sowohl deutlich niedrigeren als auch von deutlich höheren Angebotsmieten aus dem jeweiligen Datenerhebungszeitraums nicht lediglich um „statistisch irrelevante Abweichungen basierend auf der in Einzelfällen unterschiedlichen zeitlichen Zuordnung“ (so: Schriftsatz des Beklagten vom 30. Juli 2021), sondern um eine offensichtliche Unvollständigkeit der bei der Berechnung der Angemessenheitsgrenze herangezogenen Daten sowie um einen Verstoß gegen die im KdU-Konzept vorgesehene Berechnungsweise. Den weiteren Vortrag des Beklagten, wonach es sich seiner Kenntnis entziehe, welche Daten er im Berufungsverfahren L 11 AS 221/18 vorgelegt habe (vgl zu diesem Vortrag: Seite 2 des Schriftsatzes des Beklagten vom 30. Juli 2021), kann der Senat bereits im Tatsächlichen nicht nachvollziehen. Der Beklagte sollte wissen, was er in anderen Berufungsverfahren selbst vorgetragen hat. Erforderlichenfalls kann er dies in seinen Akten nachlesen. Unabhängig davon lässt sich mit diesem unsubstantiierten Vortrag des Beklagten von vornherein keine Vollständigkeit und/oder Repräsentativität der bei der Berechnung der Angemessenheitsgrenze berücksichtigten Angebotsmieten überzeugend begründen.
6.
Das vorliegend streitbefangene KdU-Konzept des Beklagten ist zudem deshalb unschlüssig, weil der Beklagte die Erhebung und Heranziehung von Wohnungsdaten des einfachsten Standards (sog Substandard) konzeptionell nicht vorab ausgeschlossen hat.
Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der erkennende Senat anschließt, können Leistungsberechtigte nach dem SGB II auf Wohnungen mit besonders niedrigem Ausstattungsgrad (Wohnungen ohne Sammelheizungen und/oder ohne Bad bzw Duschbad) grundsätzlich nicht verwiesen werden (vgl etwa: BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 2/10 R -). Wohnungen einfachsten Standards (Substandardwohnungen) müssen deshalb bereits auf der Ebene der Datenerhebung von vornherein ausgeschlossen werden (vgl BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 2/10 R –, Rn 24: „Zur Bildung eines grundsicherungsrelevanten Mietwertes sind diese Werte nicht mit heranzuziehen, denn auf Wohnungen mit diesem untersten Ausstattungsgrad können Hilfebedürftige bei der Wohnungssuche grundsätzlich nicht verwiesen werden. (...) Wenn solche Wohnungen nicht den unteren, sondern den untersten Standard abbilden, gehören sie von vornherein nicht zu dem Wohnungsbestand, der überhaupt für die Bestimmung einer Vergleichsmiete abzubilden ist. Deshalb dürfen sie in eine Auswertung des qualifizierten Mietspiegels unter dem Blickwinkel des § 22 SGB II nicht einfließen, unabhängig davon, ob sich in diesem Mietsegment (noch) eine nennenswerte Zahl an Wohnungen findet“). Im Urteil vom 10. September 2013 – B 4 AS 77/12 R –, Rn 21 hat das BSG an dieser Rechtsprechung festgehalten und nochmals ausgeführt, „dass die Referenzwohnungen, die nicht den einfachen, sondern den untersten Standard abbilden, von vornherein nicht zu dem Wohnungsbestand gehören, der überhaupt für die Bestimmung einer Vergleichsmiete abzubilden ist. Deshalb dürfen sie in eine Auswertung auch der hinter einem qualifizierten Mietspiegel stehenden Daten unter dem Blickwinkel des § 22 SGB II nicht einfließen (...) (BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42, RdNr 29; s auch BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 85/09 R - RdNr 23; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - <Duisburg>, RdNr 14)“. Im Urteil vom 18. November 2014 – B 4 AS 9/14 R –, Rn 18 hat das BSG ebenfalls entschieden, „(...) dass Wohnungen, die nicht den einfachen, sondern den untersten Stand abbilden, von vornherein nicht zu dem Wohnungsbestand gehören, der überhaupt für die Bestimmung einer Vergleichsmiete abzubilden ist (vgl zuletzt BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 21 mwN)“ und hieran im Urteil vom 17. September 2020 – B 4 AS 22/20 R – nochmals festgehalten (vgl Rn 36 dieses Urteils).
Dagegen hat der Beklagte bei der Berechnung der im vorliegenden Verfahren streitbefangenen Angemessenheitsgrenze sämtliche Angebotsmieten einbezogen ohne vorab Substandardwohnungen aus der Datenerhebung auszusondern. Soweit der Beklagte zunächst behauptet hat, dass „offensichtlich dem Substandard zuzuordnende Unterkünfte auch tatsächlich ausgesondert“ worden seien (Schriftsatz vom 7. Juni 2021, Bl 296 GA, unter Bezugnahme auf eine telefonische Auskunft der T. AG, vgl hierzu die vom Beklagten zur Gerichtsakte gereichte E-Mail vom 3. November 2017, Bl 299 GA), hat er auf Nachfrage des Senats eingeräumt, dass hinsichtlich der im vorliegenden Verfahren streitbefangenen Angemessenheitsgrenze keine Angebotsmieten - und damit auch keine Mieten von Substandardwohnungen - vorab aus dem Datensatz ausgesondert wurden. Vielmehr wurden für die Bildung des ersten Mittelwerts alle erhobenen Angebotsmieten herangezogen (vgl S 3 des Schriftsatzes des Beklagten vom 30. Juli 2021 als Antwort auf die Nachfrage des Senats vom 7. Juli 2021).
Rechtsfolge des entgegen der BSG-Rechtsprechung unterlassenen konzeptionellen Ausschlusses von Substandardwohnungen ist die Unschlüssigkeit des KdU-Konzepts des Beklagten.
Dem steht auch nicht die dem Beklagten bei der Konzepterstellung zustehende Methodenfreiheit entgegen. Diese besteht nur innerhalb der für schlüssige Konzepte aufgestellten Grund-sätze (vgl hierzu nochmals: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 25. August 2020 – L 9 AS 78/15 -). Dementsprechend erfordert ein schlüssiges Konzept trotz Methodenvielfalt zwingend auch die Definition der untersuchten Wohnungen nach Größe und Standard (vgl Becker, SGb 2021, 1, 4 - Hervorhebung durch den Senat), also auch den nachvollziehbaren Ausschluss von Substandardwohnungen. Ebenso wenig lässt sich der Verstoß des Beklagten gegen die vom BSG geforderte Nichtberücksichtigung von Substandardwohnungen damit rechtfertigen, dass diese Werte einzubeziehen seien, um eine möglichst breite Datenbasis zu gewinnen (so bereits ausdrücklich: BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 2/10 R –, Rn 24).
Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der erkennende Senat auch insoweit anschließt, kommt es hinsichtlich der Substandardwohnungen nicht darauf an, ob sich in diesem Mietsegment (noch) eine nennenswerte Zahl an Wohnungen findet (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 14 AS 50/10 R -, Rn 29; Urteil vom 10. September 2013 – B 4 AS 77/12 R –, Rn 21 mwN). Der Vortrag des Beklagten, wonach es generell bzw zumindest im Landkreis Hildesheim keine nennenswerte Anzahl von Substandardwohnungen mehr geben soll (vgl hierzu insbesondere: Schriftsatz des Beklagten vom 7. Juni 2021), ist somit nicht entscheidungserheblich. Dies gilt auch für die vom Beklagten vorgelegte E-Mail von Frau U. (T. AG) vom 8. März 2021, wonach das „Problem des Substandards – wenn man öffentlich inserierte Wohnungen betrachtet – nicht existent“ sei und dies „vielleicht (…) auch ein Sozialgericht nachvollziehen“ könne (vgl Bl 301 GA), sowie für die Ausführungen des Dr R. in seinem Gutachten vom 29. Dezember 2014, wonach die Erfassung des untersten Standards zwar aus juristischer Sicht sachlogisch erscheinen möge, aus empirischer Sicht jedoch nur zu einem riesigen Erhebungsaufwand führe, nicht jedoch zu einer substanziellen Modifikation der Rechenergebnisse (Seite 10 des Gutachtens). Diese Auffassungen, denen sich der Beklagte offensichtlich anschließt, stehen im offenen Widerspruch zu der og ständigen Rechtsprechung des BSG.
Der Beklagte kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, mittels Bildung eines „Korridors“ von 10 % über bzw 35 % unter dem „ersten“ Mittelwert der Wohnungsangebote eine Nichtberücksichtigung von Substandardwohnungen „über den Preis“ erreicht zu haben (vgl zu diesem Vortrag etwa: S 3 des Schriftsatzes des Beklagten vom 30. Juli 2021). Schließlich wurden bei der „ersten“ Mittelwertbildung alle Wohnungsangebote berücksichtigt, ohne dass vorab Substandardwohnungen ausgesondert worden wären. Dies widerspricht der ständigen Rechtsprechung des BSG, wonach solche Wohnungen von vornherein nicht zu dem Wohnungsbestand gehören, der überhaupt für die Bestimmung einer Vergleichsmiete abzubilden ist (vgl hierzu nochmals: BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 2/10 R –, Rn 24; ebenso: Urteil vom 10. September 2013 – B 4 AS 77/12 R –, Rn 21, sowie Urteil vom 18. November 2014 – B 4 AS 9/14 R –, Rn 18), und führt dementsprechend zur Unschlüssigkeit des vorliegend streitbefangenen KdU-Konzepts des Beklagten.
Soweit der 15. Senat des erkennenden Gerichts in seinem Urteil vom 16. Dezember 2015 – L 15 AS 159/14 – es nicht beanstandet hat, den untersten Wohnungsstandard über ein um zwei Punkte erhöhtes Perzentil aus dem Datenbestand auszuschließen, ergibt sich hieraus nichts Anderes. Grundlage der Entscheidung des 15. Senats waren die Angaben des im dortigen Verfahren gehörten Sachverständigen, wonach im Vergleichsraum des dort zur Entscheidung anstehenden KdU-Konzeptes (Stadtgebiet V.) 2,1 % der Mietwohnungen dem Substandard zuzuordnen seien. Derartige Erkenntnisse liegen für das im vorliegenden Verfahren zu beurteilende Stadtgebiet Hildesheim nicht vor (betreffend die Wohnungsgröße von mehr als 60 bis einschließlich 75 qm sowie den Zeitraum September 2015 bis Januar 2016). Vielmehr hat der Beklagte bewusst darauf verzichtet, die Wohnungsangebote nach ihrem Standard zu klassifizieren oder auf sonstige Weise Substandardwohnungen aus dem Datensatz auszusondern.
Damit bleibt unbekannt, wie viele Substandardwohnungen in den vom Beklagten erhobenen Wohnungsangeboten enthalten sind. Mangels entsprechender diesbezüglicher Erkenntnisse kann der Senat - anders etwa als die Ausgangsgerichte in dem Revisionsverfahren B 4 AS 22/20 R (KdU-Konzept Gelsenkirchen; Urteil des BSG vom 17. September 2020) - auch nicht auf sonstige Weise feststellen, dass Preise von Substandardwohnungen nicht in relevanter Weise in das KdU-Konzept des Beklagten eingeflossen sind. Da es nach der Rechtsprechung des BSG zudem allein dem Beklagten obliegt, ein schlüssiges Konzept zu entwickeln, ist der Beklagte auch für die Tatsache, dass der Substandard konzeptionell ausgeschlossen wurde bzw dass ein solcher nicht in relevanter Weise in das Konzept eingeflossen ist, grundsätzlich darlegungs- und beweisbelastet. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, ein unschlüssiges Konzept mit sachverständiger Hilfe schlüssig zu machen (BSG, Urteil vom 17. September 2020 – B 4 AS 11/20 R -, Rn 22).
7.
Das KdU-Konzept des Beklagten verstößt zudem hinsichtlich der Berechnung des Angemessenheitswerts für die kalten Nebenkosten gegen die Vorgaben des BSG.
Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der erkennende Senat auch insoweit anschließt, ist es zwar nicht zu beanstanden, für die Ermittlung der abstrakt angemessenen kalten Betriebskosten auf Durchschnittswerte von - möglichst lokalen oder regionalen - Erhebungen zu den tatsächlichen Betriebskosten abzustellen (BSG, Urteil vom 17. September 2020 – B 4 AS 22/20 R –, Rn 41 unter Hinweis auf BSG, Urteile vom 19. Oktober 2010 - B 14 AS 50/10 R -, Rn 34 sowie - B 14 AS 2/10 R -, Rn 29). Zur Vermeidung von Zirkelschlüssen setzt die Zugrundelegung von Durchschnittswerten oder des Medians aber voraus, dass sich die Datenerhebung auf den gesamten Wohnungsmarkt des Vergleichsraums und nicht nur auf Wohnungen einfachen Standards mit möglicherweise geringeren kalten Betriebskosten oder gar nur auf Wohnungen von Beziehern von Grundsicherungsleistungen bezieht. Werden nur solche Wohnungen als Datengrundlage herangezogen und wird von den so erhaltenen Werten nochmals der Durchschnitt gebildet, so errechnet sich ein Angemessenheitswert, der unter dem Wert liegt, der für einen erheblichen Teil der Leistungsempfänger als angemessen akzeptiert wird (BSG, Urteil vom 17. September 2020 – B 4 AS 22/20 R –, Rn 41 mwN).
Dagegen hat der Beklagte die Angemessenheitsgrenze für die kalten Nebenkosten nicht aus sämtlichen Angebotsmieten, sondern ausschließlich aus den Nebenkosten der für die Berechnung der angemessenen Nettokaltmiete herangezogenen Angebotsmieten, also aus dem „Korridor“ der Angebotsmieten bis zu 35 % unter und 10 % über dem „ersten“ Mittelwert errechnet (vgl etwa: Schriftsatz des Beklagten vom 23. März 2021). Dieser weitere Verstoß gegen die Vorgaben des BSG führt ebenfalls zur Unschlüssigkeit des KdU-Konzepts des Beklagten.
Dass sich nach den Berechnungen des Beklagten auch bei Einbeziehung aller für Dreipersonenhaushalte erhobenen Angebotsmieten keine höhere Nebenkosten-Angemessenheitsgrenze ergeben soll (sondern erst bei Einbeziehung aller Angebotsmieten unabhängig von der Wohnungsgröße, vgl hierzu: Schriftsatz des Beklagten vom 23. März 2021), führt nicht zur Schlüssigkeit der streitbefangenen Nebenkosten-Angemessenheitsgrenze. Schließlich ist bereits in Abschnitt 5 im Einzelnen dargelegt worden, dass die vom Beklagten in der Excel-Tabelle „Auswertung Region I 3 Personen GA 2015 07 Stand 2020 07“ zusammengestellten Daten, welche auch der Berechnung der Nebenkosten-Angemessenheitsgrenze zugrunde liegen, weder valide noch nachvollziehbar vollständig oder repräsentativ sind. Dementsprechend kann aus ihnen keine schlüssige Angemessenheitsgrenze errechnet werden.
Die entgegen den Vorgaben des BSG erfolgte Berechnung der Nebenkosten-Angemessenheitsgrenze kann der Beklagte auch nicht – wie von ihm im Termin zur mündlichen Verhandlung am 28. September 2021 geltend gemacht – auf die ihm grundsätzlich zustehende Methodenfreiheit stützen. Methodenfreiheit steht dem Beklagten nämlich – wie bereits ausgeführt - nur innerhalb der für schlüssige Konzepte aufgestellten Grundsätze zu (vgl hierzu nochmals: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 25. August 2020 – L 9 AS 78/15 -).
8.
Das KdU-Konzept des Beklagten verstößt außerdem gegen die Vorgaben des BSG aus dem Urteil vom 17. September 2020 – B 4 AS 22/20 R – Rn 38.
Aus Konzepten, die – wie das KdU-Konzept des Beklagten - ausschließlich auf der Grundlage von Angebotsmieten erstellt werden, muss sich ergeben, dass Wohnungen zum als angemessen ermittelten Betrag - insbesondere im Vergleich zur Wohnungsnachfrage im Vergleichsraum - in ausreichender Zahl tatsächlich angeboten werden. Ein Konzept, das sich letztlich nur auf eine so geringe Zahl von angebotenen Wohnungen stützt, dass der Schluss, Wohnungen stünden grundsätzlich zu diesem Preis zur Anmietung zur Verfügung, nicht gerechtfertigt wäre, bietet keine ausreichende Basis für die Ermittlung der abstrakt angemessenen Unterkunftskosten (BSG, Urteil vom 17. September 2020, aaO, Rn 38).
Im Kostensenkungszeitraum (Oktober 2014 bis März 2015) wurden im Stadtgebiet Hildesheim insgesamt 229 Wohnungen für Dreipersonenhaushalte öffentlich angeboten. Von diesen 229 Wohnungsangeboten lagen 125 innerhalb der vom Beklagten damals festgesetzten Angemessenheitsgrenze. Gleichzeitig wohnten während des og Kostensenkungszeitraums im Stadtgebiet Hildesheim jedoch 130 dreiköpfige Bedarfsgemeinschaften in kostenunangemessenen, also zu teuren Wohnungen (vgl zu den genannten Zahlen: Schriftsatz des Beklagten vom 23. März 2021). Damit überstieg die Zahl der kostenunangemessen wohnenden Bedarfsgemeinschaften im Kostensenkungszeitraum die Zahl der auf dem gesamten Wohnungsmarkt der Stadt Hildesheim angebotenen und iSd KdU-Konzepts des Beklagten kostenangemessenen Wohnungen deutlich. Die vom BSG (Urteil vom 17. September 2020, aaO, Rn 18) geforderte Verfügbarkeit von hinreichendem angemessenen Wohnraum bestand somit nicht.
Selbst wenn sich – wie der Beklagte vorträgt – unter den kostenunangemessen wohnenden Bedarfsgemeinschaften auch Bedarfsgemeinschaften befunden haben dürften, die zB wegen Behinderung oder sonstiger besonderer Bedarfssituationen keiner Kostensenkungsobliegenheit unterlagen und somit nicht mit den Klägern um die zur Vermietung angebotenen angemessenen Wohnungen konkurrierten, spricht das Verhältnis von 130 kostenunangemessen wohnenden Bedarfsgemeinschaften gegenüber 125 kostenangemessenen Wohnungsangeboten entscheidend gegen eine nach den Maßstäben der BSG-Entscheidung vom 27. September 2020, aaO, ausreichende Verfügbarkeit von angemessenem Wohnraum. Schließlich ist nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der erkennende Senat auch insoweit anschließt, die Nachfragesituation mit in den Blick zu nehmen (BSG, Urteil vom 17. September 2020, aaO, Rn 18). Insoweit konkurrierten im Stadtgebiet der Hochschul- und Universitätsstadt Hildesheim auch zahlreiche andere Personengruppen mit den Klägern um günstigen Wohnraum (etwa: Studierende, Geringverdienende, SGB XII-Leistungsbezieherinnen und –bezieher sowie Familien).
Dass das Verhältnis der kostenunangemessen wohnenden Bedarfsgemeinschaften zu den kostenangemessenen Wohnungsangeboten im streitbefangenen Bewilligungszeitraum (September 2015 bis Januar 2016) günstiger als im Kostensenkungszeitraum gewesen sein könnte, ist weder ersichtlich noch vom Beklagten nachgewiesen worden. Vielmehr stellt sich der Anteil der kostenangemessenen Wohnungen an der Gesamtzahl der Wohnungsangebote im streitbefangenen Bewilligungsabschnitt (152 kostenangemessene Wohnungen bei insgesamt 253 angebotenen Wohnungen = ca 60 %) nur geringfügig günstiger dar als im Kostensenkungszeitraum (125 kostenangemessene Wohnungen bei insgesamt 229 angebotenen Wohnungen = ca 55 %; vgl zu den genannten Zahlen: Schriftsatz des Beklagten vom 23. März 2021). Zudem ist für die Feststellung von ausreichendem angemessenen Wohnraum (vgl zu diesem Erfordernis nochmals: BSG, Urteil vom 17. September 2020, aaO, Rn 38) die Kenntnis der Anzahl der im streitbefangenen Zeitraum (hier: September 2015 bis Januar 2016) im Vergleichsraum kostenunangemessen wohnenden dreiköpfigen Bedarfsgemeinschaften erforderlich. Diese Zahl ist vom Beklagten jedoch trotz ausdrücklicher Nachfrage des Senats (richterliche Verfügung vom 9. März 2021) nicht offengelegt worden. Vielmehr hat der Beklagte in seiner Antwort vom 23. März 2021 entsprechende Angaben nur für den Kostensenkungszeitraum gemacht.
IV.
Der Senat sieht keine Möglichkeit, das KdU-Konzept des Beklagten nachzubessern.
Die dem KdU-Konzept zugrundeliegenden Daten sind weder valide noch vollständig und damit auch nicht repräsentativ (s Abschnitt III.5). Eine lediglich abweichende Bewertung dieser für die Berechnung der Angemessenheitsgrenze nach § 22 SGB II untauglichen Daten kann nicht zu einem schlüssigen Ergebnis führen.
An der fehlerhaften Entscheidung sämtlicher Angebotsmieten unabhängig vom Wohnungsstandard (also ohne konzeptionelle Aussonderung von Substandardwohnungen, vgl hierzu: Abschnitt III.6) sowie an der fehlerhaften Berechnung der kalten Nebenkosten (vgl hierzu: Abschnitt III.7) hält der Beklagte trotz der Hinweise des Senats auf die insoweit anderslautende BSG-Rechtsprechung unverändert fest. Eine diesbezügliche „Nachbesserung“ des Senats im Sinne einer Abweichung vom KdU-Konzept des Beklagten scheidet somit auch schon deshalb aus, weil der Senat dann seine eigenen Wertentscheidungen an die Stelle der Wertentscheidungen des Beklagten setzen würde. Es würde sich dann nicht mehr um eine Nachbesserung konzeptioneller Schwächen (dazu grundlegend etwa: BSG, Urteil vom 20. August 2009 – B 14 AS 41/08 R –, Rn 22), sondern um eine schon im Ansatz andere Herangehensweise handeln. Ein solcher Methodenwechsel wäre ein unzulässiger Eingriff des Senats in die allein dem Beklagten zustehende Methodenfreiheit. Unabhängig davon wäre der erkennende Senat aufgrund der fehlenden Erfassung des Wohnungsstandards auch überhaupt nicht in der Lage, die vom Beklagten bewusst und entgegen der BSG-Rechtsprechung unterlassene Aussonderung von Substandwohnungen nachzuholen oder „nachzubessern“.
Die Entscheidung des Beklagten, in seinem KdU-Konzept weder die Länge noch den Beginn bzw das Ende des Datenerhebungszeitraums festzulegen (vgl hierzu: Abschnitt III.4), kann vom erkennenden Senat weder nachgeholt noch geheilt werden. Bei diesen Festlegungen handelt es sich um unverzichtbare Bestandteile eines KdU-Konzepts im Sinne eines planmäßigen Vorgehens (vgl hierzu erneut: BSG, Urteil vom 12. Dezember 2017 - B 4 AS 33/16 R - Rn 15 mwN; Becker, SGb 2021,1,4 mwN aus der Rechtsprechung des BSG). Ein diesbezügliches rein tatsächliches, jedoch mangels vorheriger Festlegungen letztlich planloses Vorgehen kann weder vom Beklagten noch vom erkennenden Senat in ein planmäßiges Vorgehen „nachgebessert“ werden.
Ebenso wenig sind seitens des Senats weitere Ermittlungen zur Datengrundlage geboten. Soweit in älteren Entscheidungen des BSG angeklungen ist, dass zwar zunächst das Jobcenter, letztlich aber auch das Gericht unter Auswertung zahlreicher Daten und verbunden mit entsprechenden Bewertungen sowie ggf Einholung von Sachverständigengutachten die entsprechenden Ermittlungen durchführen und damit letztlich ein schlüssiges Konzept aufstellen müsse, hält das BSG daran – was das Gericht betrifft - in seinen neueren Urteilen nicht mehr fest (vgl Becker, SGb 2021,1,5 mit umfangreichen Nachweisen aus der BSG-Rechtsprechung).
V.
Da sich das streitbefangene KdU-Konzept bereits aus den in den Abschnitten III.4 bis III.8 genannten Gründen als unschlüssig erweist, kann der Senat offenlassen, ob das KdU-Konzept auch noch in weiteren Punkten gegen die Vorgaben des BSG verstößt.
VI.
Wegen der Unschlüssigkeit des vorliegend streitbefangenen KdU-Konzepts und nach Ausschöpfung aller Erkenntnismöglichkeiten bei fehlenden Nachbesserungsmöglichkeiten hat die Bestimmung der angemessenen Bruttokaltmiete nach der ständigen Rechtsprechung des BSG, der der erkennende Senat auch insoweit folgt, anhand der Tabelle in § 12 WoGG (in den im streitbefangenen Zeitraum geltenden Fassungen) zu erfolgen, wobei die dort genannten Beträge um einen Sicherheitszuschlag von 10 % zu erhöhen sind (vgl etwa: BSG, Urteile vom 7. November 2006 - B 7b AS 18/06 R -, Rn 23, vom 17. Dezember 2009 - B 4 AS 50/09 R ,- Rn 26f, und vom 22. März 2012 - B 4 AS 16/11 R –, Rn 20-22).
Für eine dreiköpfige Bedarfsgemeinschaft im Stadtgebiet Hildesheim (Mietenstufe 3) ergibt sich aus der Tabelle in § 12 WoGG aF eine Angemessenheitsgrenze für die monatliche Bruttokaltmiete für die Monate September bis Dezember 2015 iHv 479,00 Euro zzgl 10% = 526,90 Euro und ab Januar 2016 iHv 563,00 Euro zzgl 10 % = 619,30 Euro.
Angesichts des vom Beklagten bislang anerkannten KdU-Bedarfs (493,50 Euro Bruttokaltmiete) sowie der tatsächlich von den Klägern gezahlten Bruttokaltmiete (536,00 Euro pro Monat) ergibt sich ein Anspruch der Kläger auf weitere 33,40 Euro pro Monat (September bis Dezember 2015) bzw 42,50 Euro (Januar 2016). Soweit das SG – möglicherweise aufgrund von Rechenfehlern – höhere Beträge zugesprochen hat, erweist sich die Berufung des Beklagten als begründet.
D.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Dass das SG - möglicherweise aufgrund von Rechenfehlern - höhere Beträge zugesprochen hat, rechtfertigt keine auch nur anteilige Kostenquotelung zulasten der Kläger.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 SGG) liegen nicht vor. Der Senat folgt vollumfänglich der Rechtsprechung des BSG zur Angemessenheit der KdU iSd § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II. Bislang nicht geklärte Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung wirft das vorliegende Verfahren nicht auf.