L 9 AS 27/21 B ER

Land
Niedersachsen-Bremen
Sozialgericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
1. Instanz
SG Lüneburg (NSB)
Aktenzeichen
S 24 AS 162/20 ER
Datum
2. Instanz
LSG Niedersachsen-Bremen
Aktenzeichen
L 9 AS 27/21 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze

1. Aus § 21 Abs. 6 SGB II in der bis zum 31. Dezember 2020 geltenden Fassung folgt kein Anspruch von Schülern auf Zuschüsse für digitale Endgeräte (PC, Laptop, Tablet). Bei deren Anschaffung handelt es sich um einmalige Bedarfe und nicht um einen laufenden Bedarf. Für eine analoge Anwendung fehlt es an einer planwidrigen Regelungslücke. 2. Eine flächendeckende zuschussweise Versorgung von Schülern mit Computern ist im SGB II nicht vorgesehen, wäre systemwidrig und würde Familien mit Einkommen knapp oberhalb der Bedürftigkeitsgrenzen benachteiligen. 3. Die Deckung von Bedarfen für den Schulunterricht, die der Durchführung des Unterrichts selbst dienen, liegt in der Verantwortung der Schulbehörden und darf von Schulen oder Schulträgern nicht auf das Grundsicherungssystem abgewälzt werden.

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den ihren Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ablehnenden Beschluss des Sozialgerichts Lüneburg 18. Dezember 2020 wird zurückgewiesen.

Kosten für das Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

 

Gründe:

I.

 

Die Antragstellerin begehrt im Rahmen eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes (erneut) die Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zur Anschaffung eines „digitalen Endgerätes“ (Personalcomputer - PC - / Laptop / Tablet) sowie eines Druckers nebst weiteren Zubehörs (Betriebssystem / Microsoft Office-Programme). Sie macht insoweit einen Mehrbedarf nach dem SGB II geltend.

 

Die am 26. Februar 2002 geborene (volljährige) Antragstellerin bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (LSL) nach dem SGB II. Sie lebt mit ihrer Mutter und 2 Geschwistern in einem Haushalt und bildet mit diesen eine Bedarfs- bzw. Haushaltsgemeinschaft (vgl. Weiterbewilligungsantrag – WBA - vom 31. Januar 2020, Bd. I Blatt 683 des Ausdrucks der elektronischen Verwaltungsakte des Antragsgegners – eVA -, Bescheid über die vorläufige Bewilligung von LSL für die Zeit von Februar bis Juli 2020 vom 12. Februar 2020, Bd I Blatt 710 eVA, Änderungsbescheide vom 20. April, 7. Mai, 28. Mai 2020, Bd. II Blatt 891, 927, 947 eVA; anschließend – ohne Antrag unter Hinweis auf § 67 SGB II - vorläufige Bewilligung durch Bescheid vom 14. Juni 2020 für den Zeitraum August 2020 bis Januar 2021, Bd. II Blatt 964 eVA).

 

Die Antragstellerin besucht seit dem Schuljahr 2019/2020 die Berufsbildenden Schulen III in Lüneburg und absolviert dort voraussichtlich bis Juli 2021 die 2-jährige Berufsfachschule Sozialpädagogik (vgl. Zusage vom 3. April 2019). Zuvor hatte sie die Berufseinstiegsklasse – Schwerpunkt Körperpflege - an den Berufsbildenden Schulen II (F. -Schule) in Lüneburg besucht (vgl. Schulbescheinigung vom 17. August 2018). Sie erhält Leistungen für Bildung und Teilhabe (BuT, vgl. Antrag vom 10. August 2018 für den Besuch der BBS II).

 

Mit Schreiben vom 31. März 2020 (übermittelt per Fax am 9. April 2020, Bd I Bl. 748, 746 eVA) beantragte die Antragstellerin einen internetfähigen Computer mit Tintenstrahldrucker, Kabel nebst Kosten für die Erstinbetriebnahme und Software von Microsoft Office. Zur Begründung gab sie an, dass im Haushalt kein Computer vorhanden sei und schulische Angebote oftmals im Internet abgerufen werden müssten. Die Anschaffung sei notwendig, um am Schulunterricht problemlos teilzunehmen. Die Sicherstellung der Teilnahme am Unterricht in der Corona-Pandemie erfordere die Nutzung eines internetfähigen Computers. Die Kosten für die Anschaffung fielen zwar nur einmalig an, würden aber einen laufenden Bedarf erfüllen und seien in entsprechender Anwendung von § 21 Abs. 6 SGB II als Zuschuss zu erbringen (u.a. Hinweis auf LSG Niedersachsen Bremen, Urteil vom 11. Dezember 2017 - L 11 AS 349/17Anm. zu Schulbüchern und Taschenrechnern).

 

Der Antragsgegner lehnte den Antrag mit Bescheid vom 20. April 2020 ab (Bd. II Blatt 900 eVA). Die begehrte Sonderleistung sei durch den gewährten Regelbedarf abgedeckt und stelle keinen unabweisbaren Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes dar. Den am 22. April 2020 anwaltlich erhobenen Widerspruch wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 24. April 2020 (W-554/20, Bd. III Blatt 3 eVA) zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass der Antragstellerin für die begehrte Anschaffung eines PC keine Anspruchsgrundlage im SGB II zur Seite stehe. Mittel für die Anschaffung eines Computers seien in der Schulbedarfspauschale nach § 28 Abs. 3 SGB II enthalten, darüberhinausgehende Ansprüche bestünden nicht. Die Schulpauschale sei auch für digitale Schulausstattung bestimmt. Die Aufstockung dieser Pauschale sei unter anderem mit einer wirtschaftlichen Stärkung der Schülerinnen und Schüler aufgrund der zunehmend weiteren Digitalisierung in den Schulen begründet worden. Es handele sich auch nicht um einen unabweisbaren laufenden Bedarf im Sinne von § 21 Abs. 6 SGB II. Ergänzend werde darauf hingewiesen, dass der Kontakt mit dem Antragsgegner teilweise auch über E-Mail erfolge, was dafür spräche, dass internetfähige Geräte im Haushalt der Antragstellerin vorhanden seien. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass der Computer ausschließlich als Schulausstattung, sondern in erheblichem Maße auch für den privaten Bereich genutzt werde.

 

Am 26. Mai 2020 erhob die weiterhin anwaltlich vertretene Antragstellerin erneut Widerspruch gegen den Bescheid vom 20. April 2020. Nachdem der Bevollmächtigte der Antragstellerin trotz Hinweises des Antragsgegners auf den bereits beschiedenen Widerspruch auf einer rechtsbehelfsfähigen Entscheidung bestand, verwarf der Antragsgegner diesen Widerspruch als unzulässig (Widerspruchsbescheid vom 29. Mai 2020, W-755/20, Bd. III Blatt 17 eVA).

 

Dagegen hat die Antragstellerin am 22. Juni 2020 vor dem SG Lüneburg Klage erhoben, die dort unter dem Aktenzeichen S 24 AS 378/20 anhängig ist. Den am selben Tag gestellten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz lehnte das SG mit Beschluss vom 17. Juli 2020 ab (S 24 AS 85/20 ER). Es fehle bereits an einem streitigen Rechtsverhältnis, das einer vorläufigen Regelung zugänglich sei. Denn der Bescheid vom 20. April 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. April 2020 sei bestandskräftig und einem weiteren Widerspruch nicht zugänglich. Unabhängig davon verneinte das SG auch einen Anordnungsgrund. Der Antrag sei am 9. April 2020 und damit über 3 Wochen nach den Schulschließungen Mitte März 2020 gestellt worden. Das einstweilige Rechtsschutzverfahren sei erst nach weiteren 2 Monaten eingeleitet worden. Auf Nachfragen des Gerichts, wie die Antragstellerin bisher am Unterricht teilnehmen konnte und weshalb nunmehr ein entsprechendes Gerät erforderlich sei, habe es keine Reaktion gegeben. Der Beschluss ist nicht angefochten worden.

 

Am 30. Oktober 2020 (eine Woche nach Ende der Herbstferien) stellte die Antragstellerin wieder den Antrag auf ein digitales Endgerät nebst Drucker und Zubehör. Sie behauptete wie im Erstantrag, in der Familie seien kein digitales Endgerät und kein Drucker vorhanden. Nachdem der Antragsgegner unter dem 13. November 2020 auf seinen Ablehnungsbescheid vom 20. April 2020 verwiesen hatte, erhob die Antragstellerin am 17. November 2020 Widerspruch.

 

Am selben Tag hat sie erneut den Erlass einer einstweiligen Anordnung beim SG Lüneburg beantragt. Sie leide an einer Lungenerkrankung und zähle zur Risikogruppe, es sei deshalb sehr wahrscheinlich, dass sie bald nicht mehr am Präsenzunterricht teilnehmen dürfe. Die Antragstellerin hat sich wegen der Notwendigkeit eines „Laptops, Computers oder Tablets sowie eines Druckers“ weiterhin auf eine bereits mit dem ersten Antrag im April 2020 eingereichte Schulbescheinigung (ohne Datum) sowie eine weitere vom 29. Oktober 2020 berufen. Der Anspruch folge aus einer entsprechenden Anwendung von § 21 Abs. 6 SGB II. Es handele sich um einen laufenden Bedarf, weil die begehrten Geräte einen laufenden Bedarf erfüllen würden, der darin bestehe, eine Schule zu besuchen. Die Geräte könnten weder aus der Schulbedarfspauschale nach § 28 Abs. 3 SGB II bestritten werden noch komme die Gewährung eines Darlehens in Betracht (Hinweis auf Entscheidungen des LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 11. Januar 2019 – L 6 AS 238/18 B ER – und SG Gotha, Beschluss vom 17. August 2018 - S 26 AS 3971/17). Sie hat sich weiterhin auf zwei Beschlüsse des LSG Nordrhein-Westfalen vom 22. Mai 2020 (L 7 AS 719/20 und 720/20 B ER - tatsächlich: L 9 AS 720/20 B, die beiden Beschlüsse sind in einem Dokument zusammengefasst und betreffen denselben Sachverhalt) sowie auf das sogenannte „Schulbuchurteil“ des BSG vom 8. Mai 2019 (B 14 AS 6/18 R) berufen. Es bedürfe aufgrund der pandemiebedingten Schulschließungen konkreter Unterstützung und Solidarität. Die Antragstellerin hat vorgetragen, zur Zeit keine andere Möglichkeit zur Beschaffung der Geräte zu haben. Die Schule habe keine Unterstützung für digitale Endgeräte erhalten. Soweit der Antragsgegner auf E-Mail-Kommunikation hinweise, handele es sich um ein dafür genutztes Smartphone, das für die hier angestrebten Zwecke (u.a. Erledigung von Hausaufgaben und Erstellung von Präsentationen) nicht geeignet sei. Bisher habe sie ihre Aufgaben schriftlich oder mit dem Handy erledigt. Sie hat eingeräumt, umfangreiche Aufgaben am Computer bei der Großmutter erledigt zu haben. Das sei wegen der Infektionsgefahr nicht mehr möglich.

 

Der Widerspruch ist vom Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 19. November 2020 (W-1507/20, Blatt 50 der Gerichtsakte – GA) mit der Begründung als unzulässig verworfen worden, dass, sofern bei seinem Schreiben vom 13. November 2020 überhaupt von einem Bescheid auszugehen sei, dieser eine wiederholende Verfügung zum Ablehnungsbescheid vom 20. April 2020 darstelle. Der Antragsgegner hat deshalb die Auffassung vertreten, dass es an einem streitigen Rechtsverhältnis fehle. Unabhängig davon sei die Eilbedürftigkeit zu verneinen, nachdem die Sommerferien bereits seit 2 Monaten und die Herbstferien seit einem Monat beendet seien und eine Beeinträchtigung der schulischen Ausbildung weder vorgetragen noch erkennbar sei. Er hat darauf hingewiesen, dass die Kommunikation per E-Mail der Antragstellerin auch weiterhin möglich sei. Außerdem sei der Antragsgegner nicht der für das Begehren der Antragstellerin zuständige Leistungsträger; hierfür sei die Schule verantwortlich (Hinweis auf Urteil des 7. Senats des LSG Niedersachsen Bremen vom 6. November 2020 – L 7 AS 66/19).

 

Das SG hat den Eilantrag (und den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe – PKH) mit Beschluss vom 18. Dezember 2020 abgelehnt. Zwar liege wegen eines Antrags nach § 44 SGB X ein streitiges Rechtsverhältnis vor, die Antragstellerin habe aber keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Ein derartiger Anspruch ergebe sich zunächst nicht aus § 21 Abs. 6 SGB II, weil diese Regelung nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur für laufende, nicht jedoch für einmalige Bedarfe gelte. Die einmalige Anschaffung eines technischen Gerätes, welches während der weiteren Schulzeit fortdauernd genutzt werden könne, falle nicht hierunter. Der Anwendungsbereich des § 21 Abs. 6 SGB II sei nicht eröffnet, wenn ein Verbrauchsgut nur einmal erworben werde, auch wenn die Nutzung sich auf einen längeren Zeitraum erstrecke. Mit dem Argument einer dauerhaften Nutzung könnte so praktisch jede einmalige Anschaffung zu einem laufenden Bedarf erklärt werden, eine klare Grenzziehung zwischen einmaligem und laufendem Bedarf wäre nicht mehr möglich. Aus dem Schulbuchurteil des BSG ergebe sich nichts anderes. Anders als Schulbücher werde das streitige digitale Endgerät nebst Zubehör nur einmal erworben und nicht in jedem Schuljahr laufend von neuem. Eine analoge Anwendung von § 21 Abs. SGB II scheide ebenfalls aus, weil digitaler Schulbedarf dem Grunde nach vom Regelbedarf oder von den ergänzenden Bedarfen für den Schulbesuch in § 28 SGB II erfasst werde und deshalb keine planwidrige Regelungslücke vorliege. Zudem habe der Gesetzgeber für die Schließung von Deckungslücken im Bereich einmaliger (d.h. nicht dauerhafter oder laufender) Bedarfe ausdrücklich eine Lösung vorgesehen in Form der Darlehensgewährung nach § 24 Abs. 1 SGB II. Die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke würde dem systematischen Zusammenhang des SGB II entgegenstehen, wonach regelmäßige laufende Bedarfe, die nicht vom Regelbedarf ausreichend erfasst seien, zusätzlich über die Härtefallklausel des § 21 Abs. 6 SGB II zu decken seien, während einmalige Bedarfsspitzen für Kosten, die aus dem Regelsatz zu bestreiten seien, nur darlehensweise gemäß § 24 Abs. 1 SGB II abgedeckt würden. § 73 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) komme als Anspruchsgrundlage ebenfalls nicht in Betracht. Von dieser Vorschrift seien anders als bei § 21 Abs. 6 SGB II auch einmalige Bedarfe erfasst. Der Einsatz öffentlicher Mittel nach dieser Vorschrift sei aber nur dann gerechtfertigt, wenn die Bedarfssituation einer „sonstigen Lebenslage“ vorliege, die thematisch den Bedarfslagen des SGB II nicht zuzuordnen seien. Bedarf für den Schulunterricht sei aber von den Leistungen des SGB II erfasst. Das SG hat auf das Rechtsmittel der Beschwerde hingewiesen.

 

Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 21. Dezember 2020 zugestellten Beschluss wendet sich die Antragstellerin mit der am 21. Januar 2021 beim LSG eingegangenen Beschwerde. Zur Begründung wiederholt sie ihr erstinstanzliches Vorbringen, ergänzt um den Hinweis auf einen Beschluss des LSG Thüringen vom 8. Januar 2021 (L 9 AS 862/20 B ER). Sie teilt mit, gegen den Widerspruchsbescheid vom 19. November 2020 am 21. Dezember 2020 Klage erhoben zu haben.

 

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin ist – ihre Zulässigkeit unterstellt (die Antragstellerin hat im erstinstanzlichen Verfahren einen Betrag für die von ihr begehrten Gegenstände nicht genannt, vgl. § 172 Abs. 3 Nr. 1, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) - unbegründet. Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur vorläufigen Gewährung eines Mehrbedarfs in Gestalt eines Zuschusses für die Anschaffung eines digitalen Endgerätes (PC / Laptop / Tablet) nebst Drucker und Zubehör sowie Programmen (Microsoft Office) zu Recht abgelehnt.

 

Der Senat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der begehrte Mehrbedarf für die Anschaffung eines PC im Rahmen einer Hauptsache kein eigener, abtrennbarer Streitgegenstand sein dürfte, so dass voraussichtlich auch der Bewilligungsbescheid vom 14. Juni 2020 (nebst eventuell ergangener Änderungsbescheide) Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist (vgl. hierzu u.a. Urteil des 7. Senats des erkennenden Gerichts vom 6. Oktober 2020 – L 7 AS 66/19; anders bei Ansprüchen nach § 28 SGB II – Bedarfe für Bildung und Teilhabe -, vgl. BSG, Urteil vom B 4 AS 12/13 R -, juris, Rn. 13 ff.: Abtrennbarkeit der BuT-Leistungen als eigenständiger Streitgegenstand).

 

Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (so genannte Regelungsanordnung). Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzt in diesem Zusammenhang einen Anordnungsanspruch, also die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Vorliegens eines materiell-rechtlichen Anspruchs auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll, sowie einen Anordnungsgrund, nämlich einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile begründet, voraus. Sowohl der Anordnungsanspruch als auch der Anordnungsgrund sind gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen.

 

Gemessen hieran waren die Erfolgsaussichten zu verneinen. Das SG hat in seinem ausführlichen Beschluss einen Anordnungsanspruch der Antragstellerin auf die begehrten Leistungen (PC/Laptop/Tablet, Drucker, Betriebssystem und Programme) zutreffend verneint. Auf die Ausführungen des SG, die der Senat auch nach eigener Prüfung für zutreffend hält, wird gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

 

Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich nichts anderes, zumal sie – von dem Hinweis auf eine Entscheidung des LSG Thüringen abgesehen – mit der erstinstanzlichen Begründung identisch ist.

 

In Ergänzung der Ausführungen des SG stellt der Senat folgende Punkte heraus:

 

1. Aufwendungen für digitale Geräte (hier: internetfähiger PC/Laptop und Drucker) sind vom Regelbedarf umfasst, der der Berechnung der laufenden SGB II-Leistungen der Antragstellerin zugrunde gelegt wurde (vgl. für PC eines erwachsenen Hilfeempfängers: LSG Niedersachen-Bremen, Beschluss vom 17. Juli 2017 – L 11 AS 987/16 B; für Tablet bzw. IPad einer Schülerin: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 6. Oktober 2020 – L 7 AS 66/19; zum hier vergleichbaren Fall der Ausstattung von Schülern mit digitalem Endgerät/Drucker/Zubehör: Senatsbeschluss vom 21. Januar 2021 – L 9 AS 574/19 B). Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 20 Abs. 1 SGB II umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens (Abs. 1 Satz 1). Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft (Abs. 1 Satz 2). Nach § 5 Abs. 1 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes (RBEG, hier in der vom 1. Januar 2017 bis 31. Dezember 2020 geltenden Fassung) sind nach der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2013 in der Abteilung 4 unter anderem für Energie, in der Abteilung 8 für Nachrichtenübermittlung (ausdrücklich: Kommunikationsdienstleistungen Internet/Onlinedienste und Telefon/Fax/Telegramm) und in der Abteilung 9 unter anderem für Freizeit und Unterhaltung (ausdrücklich: Datenverarbeitungsgeräte und Software, Sonstige Verbrauchsgüter wie Schreibwaren, Zeichenmaterial u.ä.) Verbrauchsausgaben enthalten. Selbst wenn die Kosten für digitale Geräte im Regelbedarf in unzutreffender Höhe erfasst wären, würde kein Anspruch bestehen. Dies zu entscheiden obliegt dem Gesetzgeber. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen dagegen nicht, weil ein PC/Laptop nicht zur Sicherung des Existenzminimums eines Schülers zwingend erforderlich ist (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 6. Oktober 2020 – L 7 AS 66/19, Rn. 29).

 

2. Aufwendungen für die digitale Ausstattung sind auch in dem der Antragstellerin bereits bewilligten sog. Schülerstarterpaket nach § 28 Abs. 3 SGB II enthalten. Ein darüber hinaus gehender Anspruch besteht nicht. Nach § 28 Abs. 3 SGB II erhalten Schüler und Schülerinnen für die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf zum 1. August 100,00 Euro und zum 1. Februar eines jeden Jahres 50,00 Euro. Dabei wollte der Gesetzgeber mit der seit 1. August 2019 um 50 % erhöhten Pauschale die anfallenden Kosten eines digitalen Einsatzes in der Schule mit der Schülerpauschale erfassen (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 6. Oktober 2020, a.a.O., Rn. 30, m.w.N.).

Da das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Höhe des Regelsatzes in § 20 Abs. 1 SGB II und der Leistungen zur Bildung und Teilhabe nach § 28 SGB II grundsätzlich nicht als in verfassungswidriger Weise zu niedrig angesehen hat (BVerfG, Urteil vom 23. Juli 2014 – 1 BvL 10/12 -, SozR 4-4200 § 20 Nr. 20, Rn. 122ff.), kann auch dahinstehen, ob die Schülerpauschale auskömmlich ist, weil der Gesetzgeber sich bei der hier streitigen Versorgung von Schülern mit PC/Laptop nebst Zubehör nicht für den Weg über das SGB II entschieden, sondern die Ausstattung über die Länder/Schulverwaltungen, die entsprechende Haushaltsmittel erhalten, vorgezogen hat (dazu sogleich, vgl. LSG, Urteil vom 6. Oktober 2020, a.a.O., Rn. 31).

3. Das SG hat zutreffend ausgeführt, dass die Ausstattung mit einem PC/Laptop (einschließlich Drucker und Patronen) zudem keinen Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 6 SGB II darstellt. Ein solcher wird anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Dabei muss es sich um einen Bedarf zur Deckung des menschenwürdigen Existenzminimums handeln (S. Knickrehm/Hahn, in: SGB II, 4. Auflage 2017, § 21 Rn. 64). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

a) Es fehlt schon an einer laufenden und nicht nur einmaligen Bedarfslage. Denn diese liegt nur vor, wenn der Bedarf regelmäßig wiederkehrend, dauerhaft oder längerfristig besteht; für die Beurteilung der Regelmäßigkeit ist auf den Bewilligungsabschnitt abzustellen. Die Neuanschaffung muss deshalb innerhalb eines Jahres nicht nur einmal getätigt worden sein. Dies trägt dem systematischen Zusammenhang im Leistungsregime des SGB II Rechnung, wonach regelmäßig laufende Bedarfe, die nicht vom Regelsatz ausreichend erfasst sind, zusätzlich über die Härtefallklausel des § 21 Abs. 6 SGB II zu decken sind, während einmalige Bedarfsspitzen für Kosten, die aus dem Regelsatz zu bestreiten sind, dagegen nur darlehensweise gemäß § 24 Abs. 1 SGB II abgedeckt werden. Wie das SG bereits vollkommen zutreffend ausgeführt hat, ist der Anwendungsbereich des § 21 Abs. 6 SGB II nicht eröffnet, wenn ein Verbrauchsgut nur einmal erworben wird, auch wenn die Nutzung sich auf einen längeren Zeitraum erstreckt (so schon LSG Niedersachsen Bremen vom 6. Oktober 2020, a.a.O., Rn. 35 mit Hinweis auf BSG, Urteil vom 12. September 2018 – B 4 AS 33/17 R -, Rn. 38).

Die von der Antragstellerin begehrten Geräte nebst Zubehör stellen einmalige Bedarfe dar. Anders als Schulbücher wird der vorliegend streitige internetfähige PC/Laptop mit Drucker nämlich nur einmal erworben und nicht in jedem Schuljahr laufend von neuem (für IPad wiederum: LSG, Urteil vom 6. Oktober 2020, a.a.O., Rn. 37). Die Auffassung des SG Gotha (Urteil vom 17. August 2018 – S 26 AS 3971/17, Rn. 20), wonach der Computer/Laptop zwar nur einmal bezahlt werde, aber einen laufenden Bedarf in Form der Gewährung eines ordnungsgemäßen Schulbesuchs darstelle, ist nicht nachvollziehbar, weil eine einmalig erworbene Anschaffung nicht dadurch zu einem laufenden Bedarf wird, dass die Nutzung sich auf einen längeren Zeitraum erstreckt (BSG, Urteil vom 12. September 2018 - B 4 AS 33/17 R -, SozR 4-4200 § 20 Nr. 24, Rn. 38). Um die zutreffende Bewertung des SG Lüneburg in dem hier angefochtenen Beschluss, bei einer derartigen Betrachtungsweise könnte praktisch jeder einmalig angeschaffte Gegenstand zum laufenden Bedarf umdeklariert werden, noch etwas anschaulicher zu machen: Genausowenig wie z.B. ein Kühlschrank einen laufenden Bedarf darstellt, nur weil man ihn ständig nutzt, ist dies bei einem PC der Fall. Der einzige in diesem Zusammenhang entstehende laufende Bedarf wäre der zum Betrieb erforderliche Strom. Eine anderslautende Auslegung des Begriffs des „laufenden Bedarfs“ würde den Wortsinn sprengen und ist den Gerichten im Rahmen ihres verfassungsrechtlichen Auftrags damit verwehrt. Genau das aber geschieht in den von der Antragstellerin für ihre Position angeführten gerichtlichen Entscheidungen, die sich auf § 21 Abs. 6 SGB II berufen.

Soweit die Entscheidungen des LSG Nordrhein-Westfalen und – diesen Punkt übernehmend - des LSG Thüringen ein BSG–Urteil zu den Kosten für Anmietung eines Cellos (Urteil vom 10. September 2013 – B 4 AS 12/13 R) heranziehen, um ihre Entscheidung zu stützen, ist dies im Übrigen nicht verständlich. Denn das genannte BSG-Urteil ist weder vom Sachverhalt noch vom Ergebnis her als Argumentationshilfe geeignet und die darauf aufbauende Begründung deshalb nicht überzeugend. Dies schon deshalb nicht, weil das BSG in der genannten – ablehnenden - Entscheidung gar nicht ausgeführt hat, dass die Gebühren für die Miete eines Cellos unter § 21 Abs. 6 SGB II fallen würden. Tatsächlich hat es sich hierzu nämlich ausgesprochen zweifelnd geäußert und diese Frage mangels Entscheidungserheblichkeit letztlich offengelassen. Davon abgesehen war das Musikinstrument selbst Unterrichtsgegenstand, weil der dortige Kläger es für den Unterricht im Fach Musik an der Schule benötigte. Das ist mit dem vorliegenden Fall schon vom Ausgangspunkt her nicht vergleichbar: Die Antragstellerin beansprucht den PC nicht deshalb, weil sie ein Unterrichtsfach hätte, das sich mit der Funktionsweise von Computern befasst. Stellt der Wortsinn bereits die Grenze der Auslegung dar, weist der Senat nur der Vollständigkeit halber darauf hin, dass aus den oben und nachfolgend dargelegten Gründen weder Sinn und Zweck der Vorschrift noch systematische Erwägungen (konkret: einmalige Anschaffung allenfalls Darlehensgewährung, Mehrbedarf nur bei laufenden Bedarfen) eine andere Auslegung zulassen.

Auf die weiteren Tatbestandsmerkmale kommt es deshalb nicht mehr an. Dennoch sind auch diese nicht glaubhaft gemacht:

b) Der geltend gemachte Bedarf an PC/Laptop u.a. ist ferner nicht in einer atypischen Lebenslage entstanden. Die Atypik kann sich sowohl daraus ergeben, dass der Bedarf bereits seiner Art nach nicht bei der Ermittlung des Regelbedarfes berücksichtigt wurde, als auch daraus, dass er zwar vom Regelbedarf erfasst ist, aber aufgrund besonderer Lebensumstände seiner Höhe nach in atypischem Umfang anfällt (S. Knickrehm/Hahn, a.a.O., § 21 Rn. 67). Eine derartige Atypik liegt nicht vor. Der digitale Schulbedarf eines Kindes bzw. einer jungen Erwachsenen ist, wie ausgeführt, dem Grunde nach im Regelbedarf nach § 20 Abs. 1 SGB II und in den Teilhabeleistungen nach § 28 Abs. 3 SGB II erfasst, deren Höhe nicht evident unzureichend ist. Insbesondere hat der Härtefallmehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II nicht die Funktion, (vermeintlich) unzureichende Regelleistungen aufzustocken, auch wenn dies aus (vermeintlicher oder tatsächlicher) sozialpolitischer (oder persönlicher) Sicht als sinnvoll erachtet würde. Es sei an dieser Stelle daran erinnert, dass Sozialpolitik nach dem Grundsatz der im Grundgesetz festgeschriebenen Gewaltenteilung nicht Aufgabe der Sozialgerichte ist.

Davon abgesehen liegt die Deckung von Bedarfen für den Schulunterricht, die der Durchführung des Unterrichts selbst dienen, in der Verantwortung der Schulbehörden und darf von den Schulen oder Schulträgern nicht auf das Grundsicherungssystem abgewälzt werden (BSG, Urteil vom 10. September 2013 – B 4 AS 12/13 R -, SozR 4-4200 § 28 Nr. 8 juris Rn. 27; LSG, Urteil vom 6. Oktober 2020, a.a.O., Rn. 39-41).

Das ist in Bezug auf die Digitalisierung an den Schulen von Bund und Ländern tatsächlich auch erkannt worden. Insofern verweist der Senat darauf, dass im Sommer 2020 im Rahmen des sog. „DigitalPakt Schule“ (zusätzliche) Bundesmittel in Höhe von 500 Millionen Euro für Schülerinnen und Schüler bereitgestellt wurden, die zu Hause auf kein mobiles Endgerät zugreifen können, sowie Schulen bei online-Lehrinhalten zu unterstützen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung führt hierzu unter dem Stichwort „Digitalpakt Schule - Corona-Hilfe II: Sofortprogramm Endgeräte“ u.a. aus (https://www.digitalpaktschule.de/de/corona-hilfe-ii-sofortprogramm-endgeraete-1762.php): „Die Corona-Krise darf keine Bildungskrise werden. Ein Großteil des Unterrichts spielt sich derzeit digital ab. Deshalb hat der Koalitionsausschuss kürzlich beschlossen, 500 Millionen € bereitzustellen, um Schülerinnen und Schüler mit mobilen Endgeräten zu unterstützen und Schulen eine Ausstattung zur Erstellung von online Lehrmaterial zu ermöglichen. Der Digitalpakt Schule wird dafür um eine gemeinsame Vereinbarung zwischen Bund und Ländern für ein Sofortprogramm ergänzt“ (Text der Zusatzvereinbarung „Sofortprogramm“ veröffentlicht im Bundesanzeiger vom 17. Juli 2020 [BAnz AT 16.07.2020 B 7]). Es folgen weitere Hinweise dazu, wer die Förderung erhält und wie die Geräte zu den Schülerinnen und Schülern kommen. Hingewiesen wird dabei auch darauf, dass eine formale Bedürftigkeitsprüfung nicht vorgesehen ist. Die Verantwortlichen vor Ort wüssten am besten, wer tatsächlich Ausstattungsbedarf hat, und könnten in eigenem Ermessen handeln. Auch daran wird deutlich, dass selbst Bund und Länder die Zuständigkeit bei sich (und nicht im System des SGB II) sehen. Wenn diese Mittel möglicherweise nur schleppend verteilt werden, führt dies nicht zu einem Wechsel von Verwaltungszuständigkeiten, d.h. das Jobcenter wird dadurch nicht zum Ausfallbürgen für andere Verwaltungen.

Dass die Antragstellerin ihren (der Sache nach generellen) Wunsch nach einem Computer (auch) mit dem Hinweis auf die Corona-Pandemie begründet, ändert daran nichts. Eine Atypik lässt sich nicht durch die Covid-19-Pandemie begründen. Das liegt bereits daran, dass im Zeitpunkt des Eilantrags noch gar keine Schulschließung drohte, sondern regulärer Präsenzunterricht stattfand und der Eilantrag – soweit er mit der Corona-Pandemie begründet wurde - im Grunde auf vorbeugenden Rechtschutz abzielte (vgl. hierzu Keller, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG, 13. Auflage 2020, § 86b Rn. 29c: nur in besonderen Ausnahmefällen). Tatsächlich lehnte das Kultusministerium der niedersächsischen Landesregierung nach damaligem Stand (Eilantrag vom 17. November 2020) jede Art von Schulschließung oder Wechselunterricht an den Schulen konsequent ab und verfolgte das sog. „Szenario A“ (; eine Änderung dieser Haltung erfolgte erst unmittelbar vor den Weihnachtsfeiertagen 2020). Dabei stellt der Senat nicht in Abrede, dass die Pandemie für die gesamte Bevölkerung eine atypische Lebenssituation darstellt. Davon ist aber die Atypik eines geltend gemachten Bedarfs zu unterscheiden, und dieser lag im Zeitpunkt des Eilantrags jedenfalls nicht vor. Hierzu trägt die Antragstellerin selbst nicht viel vor, wenn sie sich darauf beruft, dass sie generell für den Schulunterricht einen PC benötige. Der eigentliche, ursprüngliche Antrag stellte auch gar nicht in erster Linie auf die Besonderheiten der Corona-Pandemie ab. Denn hier hieß es lediglich, dass schulische Angebote „oftmals“ im Internet abgerufen werden müssten, und dass die Anschaffung notwendig sei, um am Schulunterricht problemlos teilzunehmen. Auch die vorgelegten Schulbescheinigungen enthalten keine Hinweise auf eine besondere Bedürftigkeit infolge der Pandemie, sondern beschränken sich auf allgemeine Ausführungen zur Nutzung von Computern im Zusammenhang mit dem Schulunterricht (Vor- und Nachbereitung des Unterrichts, Dokumentation von Leistungsnachweisen wie Referaten in Papierform). Das stimmt mit den Erfahrungen aus dem Frühjahr 2020 überein, als die Schüler während der pandemiebedingten Schulschließungen lediglich eine Möglichkeit benötigten, um mit den Lehrern zu kommunizieren und sich ggf. auf die Schulplattform einwählen zu können, damit sie über Hausaufgaben und Ähnliches informiert werden, sofern die Aufgaben nicht in Kopieform ausgegeben wurden. Hierzu hat die Antragstellerin zum einen eingeräumt, über ein internetfähiges Handy verfügt zu haben bzw. zu verfügen. Zum anderen hat der 7. Senat des LSG Niedersachsen Bremen in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass für den Fall, dass tatsächlich ein (einfacher) PC und möglicherweise ein Drucker benötigt wird, diese Geräte, falls im elterlichen Haushalt nicht vorhanden, gebraucht beide für unter 100 € erworben werden konnten, also in Höhe der Pauschale für den persönlichen Schulbedarf (§ 28 Abs. 3 SGB II). Der 7. Senat hat hierzu beispielhaft auf www.gebrauchtcomputer24.de  hingewiesen, und der Senat ergänzt diese Angabe um den Hinweis, dass abgesehen vom Gebrauchtmarkt selbst ein neuer Drucker ab knapp unter 50 € erhältlich ist. Selbst wenn man also den Vortrag der Antragstellerin hinsichtlich eines fehlenden Gerätes im eigenen Haushalt und hinsichtlich des Vortrags zum PC der Großmutter als zutreffend unterstellt, ist eine Atypik nicht erkennbar.

c) Die voranstehenden Ausführungen leiten dazu über, dass auch nicht glaubhaft gemacht ist, dass der geltend gemachte Bedarf unabweisbar im Sinne des § 21 Abs. 6 SGB II wäre. Tatsächlich ist dies nicht der Fall. Zunächst einmal liegt, wie bereits ausgeführt, die Deckung von Bedarfen für den Schulunterricht, die der Durchführung des Unterrichts dienen, in der Verantwortung der Schule bzw. deren Trägern. Der Senat hat insofern - insbesondere vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen zum Digitalpakt Schule - mit einer gewissen Verwunderung die wenig aussagekräftigen Bescheinigungen der Schule der Antragstellerin zur Kenntnis genommen. Im Übrigen verweist der Senat auf die obigen Ausführungen zu Buchstabe b). Denn ein unabweisbarer Bedarf setzt voraus, dass er nicht aus dem Regelbedarf und sonstigen Mitteln gedeckt werden kann. Daran bestehen hier erhebliche Zweifel. Dabei ist grundsätzlich bei der Anwendung des Statistikmodells für die Ermittlung des Regelbedarfes davon auszugehen, dass der Hilfebedürftige in der Regel sein individuelles Verbrauchsverhalten so gestaltet - insbesondere durch den Ausgleich zwischen verschiedenen Bedarfspositionen und durch das Zurückgreifen auf das Ansparpotenzial -, dass er mit dem Pauschalbetrag auskommt. Wenn die Anschaffung gebrauchter – es erscheint in diesem Zusammenhang durchaus auffällig, dass nicht nur im vorliegenden Fall häufig nur die Anschaffung neuer Geräte in den Blick genommen wird (vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22. Mai 2020 - L 7 AS 719/20 B ER – und LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 11. Januar 2019 – L 6 AS 238/18 B ER; anders LSG Thüringen, Beschluss vom 8. Januar 2021 – L 9 AS 862/20 B ER) - oder günstiger Geräte aber durch die Höhe der Pauschale für den persönlichen Schulbedarf nach § 28 SGB II bereits gedeckt ist oder jedenfalls schon weitgehend gedeckt werden kann (seit Beginn des Besuchs der BBS III müsste die Antragstellerin inzwischen 250 € nur an Schulbedarfspauschalen erhalten haben), ist von Seiten der Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht worden, dass bei zusätzlicher Anpassung des individuellen Verbrauchsverhaltens und Nutzung des Einsparpotenzials des Regelbedarfs am Ende ein ungedeckter Bedarf verbleibt. Nur zur Verdeutlichung: Insofern unterscheidet sich die Antragstellerin nicht von einer einkommensschwachen Person, die keine SGB II-Leistungen bezieht und aus den selbst erwirtschafteten Mitteln auch Ansparungen tätigen muss, um sich ein Elektrogerät wie z.B. einen PC kaufen zu können. Und schon der vom LSG Nordrhein-Westfalen ermittelte Neupreis von 145 € für ein - neues – internetfähiges Markentablet (L 7 AS 719/20 B ER) beantwortet eigentlich die Frage nach der Unabweisbarkeit (abgesehen davon stellt sich in Anbetracht dieser Ausführungen in dem dort entschiedenen Fall die Frage nach der Zulässigkeit der Beschwerde – inwiefern der hierzu herangezogene, andere Konstellationen betreffende „Meistbegünstigungsgrundsatz“ [vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG 13. Auflage 2020, § 123 Rn. 3: im Zweifel der Antrag, der dem Kläger am besten zum Ziel verhilft] diese Prüfung beeinflussen könnte, bleibt offen).

4. Eine analoge Anwendung des § 21 Abs. 6 SGB II kommt ebenfalls nicht in Betracht, weil digitaler Schulbedarf – wie ausgeführt - dem Grunde nach vom Regelsatz oder von den ergänzenden Bedarfen für den Schulbesuch in § 28 SGB II erfasst wird und deshalb eine planwidrige Regelungslücke nicht zu erkennen ist (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 6. Oktober 2020, a.a.O., Rn. 49). Die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke würde dem Zweck der Vorschrift und dem System der hierzu vom Gesetzgeber vorgesehenen Regelungen des SGB II (insbes. §§ 20, 21, 24 SGB II) zuwiderlaufen. Danach sind, wie oben ausgeführt, Bedarfsspitzen für einmalige Anschaffungen, die dem Grunde nach von der Regelleistung erfasst werden, durch Darlehen nach § 24 Abs. 1 SGB II und gerade nicht durch Zuschüsse aufzufangen, während nur laufende Mehrbedarfe von § 21 Abs. 6 SGB II erfasst werden.

 

5. Nur am Rande weist der Senat darauf hin, dass die Bewilligung zuschussweiser Mittel für Computer letztlich zu einer flächendeckenden Versorgung der SGB II-Bezieher (jedenfalls der Schüler) mit Computern und Zubehör zur Folge haben würde. Ob dies aufgrund einer vom Gesetzgeber geschaffenen Härtefallregelung für Einzelfälle geschehen darf, erscheint ausgesprochen zweifelhaft. Im Ergebnis bedürfte es einer gesetzlichen Regelung, derzeit existiert eine Anspruchsgrundlage nicht.

 

6. In Ergänzung zu den voranstehenden, die Entscheidung tragenden Ausführungen weist der Senat abschließend noch auf eine besondere Problematik hin, die in den ergangenen positiven, eher ergebnisorientierten als von rechtlich begründbaren Erwägungen getragenen Entscheidungen anderer Sozialgerichte nicht oder jedenfalls nicht genügend berücksichtigt wird. Denn mit einer Bewilligung von Zuschüssen für die Anschaffung von Computern, Druckern und Zubehör zusätzlich zu den regelhaften SGB II-Leistungen werden Schieflagen und Ungerechtigkeiten denen gegenüber geschaffen, die außerhalb des Systems der Grundsicherung stehen. Der gebotene (Kontroll-)Blick über den Tellerrand auf die einkommensschwachen Familien, die ihren Lebensunterhalt aus eigener Kraft sicherstellen und teilweise nur knapp oberhalb der Grenzen des SGB II liegen - und die aus ihren Steuergeldern die SGB II-Leistungen mitfinanzieren - zeigt, dass es höchst problematisch wäre, dem (jedem?) SGB II-Bezieher einen Computer nebst Zubehör zuschussweise zu gewähren, während die knapp oberhalb dieser Sätze lebenden Familien diese Anschaffungen selbst finanzieren müssen. Das wäre schon mit einer existierenden Rechtsgrundlage sozialpolitisch problematisch, erst recht aber – wie hier - ohne. Es erscheint der falsche Ansatz, diese Fragen mit Mitteln der Rechtsprechung und damit zwangsläufig auch nur bruchstückhaft lösen zu wollen. Es bedürfte deshalb einer entsprechenden umfassenden Prüfung, die die Gerichte nicht leisten und auch nicht leisten können (und im Hinblick auf die Gewaltenteilung wohl auch nicht dürften), sondern in der Zuständigkeit von Politik und Gesetzgeber liegt. Zudem zeigt sich, dass auch von der Sache her diese Aufgabe zutreffend und richtigerweise in der Verantwortung der Schulen und Schulträgern liegt und von diesen dem Grunde nach auch anerkannt wird. Denn Bildungsgerechtigkeit setzt die digitale Teilhabe aller Schüler einkommensschwacher Familien voraus und nicht nur die der SGB II-Leistungsbezieher.

 

7. Schließlich sind die von der Antragstellerin bezeichneten Aufwendungen auch nicht Gegenstand eines der enumerativ und abschließend in § 24 Abs. 3 SGB II genannten Sonderbedarfsansprüche. Ein Darlehen im Sinne des § 24 Abs. 1 SGB II begehrt die Antragstellerin nicht.

 

6. Ein Anspruch nach § 73 SGB XII scheidet ebenfalls aus, weil diese Vorschrift allenfalls dann zur Anwendung kommen kann, wenn die Bedarfssituation einer - hier nicht vorliegenden – „sonstigen Lebenslage“ vorliegt, die den Bedarfslagen des SGB II nicht zuzuordnen ist.

 

7. Ob ein Anordnungsgrund (besondere Eilbedürftigkeit) vorliegt, bedarf keiner abschließenden Klärung. Zweifel ergeben sich daraus, dass die einmonatige Beschwerdefrist vollständig ausgeschöpft worden ist und dass der Eilantrag zu einem Zeitpunkt gestellt worden ist, als die Antragstellerin den regelhaften Präsenzunterricht wahrgenommen hat.

 

Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung von § 193 Abs. 1 SGG.

 

Der Antrag auf Gewährung von PKH für das Beschwerdeverfahren war abzulehnen, weil die Rechtsverfolgung aus den oben dargelegten Gründen nicht die erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§§ 73 a SGG, 114 Zivilprozessordnung - ZPO).

 

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden, § 177 SGG.

Rechtskraft
Aus
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