Nach Erlass der instanzbeendenden Entscheidung ist eine Anhörungsrüge gegen eine vorausgegangene Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs nicht mehr statthaft.
Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Senatsbeschluss vom 10. November 2021 wird verworfen.
Gründe:
I.
In der Hauptsache wendet sich der inzwischen im Altersrentenbezug befindliche Kläger gegen eine nachträgliche Heranziehung zu Beiträgen bzw. Beitragsanteilen zur Kranken- und Pflegeversicherung.
Die Beklagte bewilligte dem seinerzeit im Bezug einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit stehenden Kläger mit Bescheid vom 14. Juni 2000 ausgehend vom Fehlen einer Pflichtmitgliedschaft des Klägers in einer gesetzlichen Krankenkasse gemäß § 106 SGB VI einen laufenden Zuschuss zu den Aufwendungen zur Krankenversicherung. Die seinerzeit bestehende freiwillige Versicherung des Klägers bei der beigeladenen Krankenkasse wurde jedoch zum 31. März 2002 beendet; seit April 2002 sind von Seiten des Klägers keine Beiträge mehr zu dieser vorausgegangenen freiwilligen Versicherung entrichtet worden. Von dieser Änderung des krankenversicherungsrechtlichen Status erhielt der beklagte Träger der Rentenversicherung zunächst keine Kenntnis, so dass er von der bei pflichtversicherten Rentenbeziehern gesetzlich vorgeschriebenen Abführung von Beiträgen und Beitragsanteilen zur Kranken- und Pflegeversicherung aus den Rentenbezügen des Klägers auch in den nachfolgenden Jahren absah. Überdies gewährte die Beklagte dem Kläger (was allerdings nicht vom Streitgegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens umfasst wird) auch weiterhin Zuschüsse zu den Beitragsaufwendungen für die (gar nicht mehr bestehende) freiwillige Krankenversicherung.
Erst im August 2015 erhielt die Beklagte Kenntnis von der seit 2002 bestehenden Pflichtmitgliedschaft des Klägers in der Kranken- und Pflegeversicherung.
Mit Bescheid vom 19. Oktober 2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 8. September 2016 und des Widerspruchsbescheides vom 7. November 2016 (und ihrer in der mündlichen Verhandlung erfolgten Klarstellung) stellte die Beklagte die Höhe der aus den gezahlten Rentenbezügen vom Kläger zu noch zu entrichtenden Beiträge bzw. Beitragsanteile für den Zeitraum 1. Januar 2011 bis 31. Oktober 2015 auf insgesamt 9.414,97 Euro mit der Maßgabe fest, dass diese Summe mit Teilbeträgen der laufenden Rentenzahlungen zu verrechnen seien. Von einer Geltendmachung der aufgelaufenen Beitragsrückstände für die Jahre 2002 bis 2010 sah die Beklagte im Hinblick auf die insoweit eingetretene Verjährung ab.
Im ersten Rechtszug hatte die Klage bezüglich des noch zu beurteilenden Streitgegenstandes keinen Erfolg.
In der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren ist für den Kläger sein anwaltlicher Bevollmächtigter erschienen. Dieser erläuterte, dass es aus seiner Sicht „okay“ sei, wenn der Rechtsstreit in dem Termin „erörtert“ werde. Aus seiner Sicht dürfe aber keine abschließende Sachentscheidung ergehen, weil sich die Ehefrau des Klägers am Tage vor dem Verhandlungstermin in intensivmedizinische Behandlung habe begeben müssen und der Kläger persönlich vor diesem Hintergrund den Termin nicht wahrnehmen könne (wobei der Bevollmächtigte von einer näheren Erläuterung des medizinischen Hintergrundes der angeführten Aufnahme der Ehefrau des Klägers auf die Intensivstation und der nachfolgenden Entwicklung ihres Gesundheitszustandes abgesehen hat). In Bezug auf den Erlass einer Sachentscheidung suche er um eine Vertagung der Verhandlung nach.
Daraufhin hat der Senat dem Bevollmächtigten einen Abdruck des Beschlusses des BSG vom 5. März 2004 – B 9 SB 40/03 B – in der Verhandlung zur Verfügung gestellt. In diesem Beschluss hat das BSG mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen dargelegt, dass eine persönliche Verhinderung eines anwaltlich vertretenen Beteiligten nicht als solche einen Vertagungsnotwendigkeit begründe, sondern dafür vielmehr substantiiert aufgezeigt werden müsse, dass und weshalb eine persönliche Anwesenheit des Beteiligten im Verhandlungstermin – zusätzlich zu der seines Prozessbevollmächtigten – sich als unerlässlich darstelle (vgl. in diesem Sinne auch Schmidt in Meyer-Ladewig ua, SGG, 13. Aufl., § 110 RdNr 5 mwN; BSG, B. v. 25. Juni 2021 – B 13 R 163/20 B –, RdNr 11, juris mwN und B.v. 16. Mai 1991 - 6 BKa 69/90 -; BVerwG DÖV 1983, 247; BFHE 163, 116).
Der Senat hat dem anwesenden anwaltlichen Bevollmächtigten des Klägers ferner erläutert, dass er zum Schluss der Verhandlung in Prüfung des Vertagungsantrages unter Einbeziehung des Gesamtergebnisses der Erörterungen darüber entscheiden werde, ob im Ergebnis eine „Unerlässlichkeit“ der Teilnahme auch des Klägers persönlich im Sinne der angesprochenen höchstrichterlichen Rechtsprechung festzustellen sei. Der Senat hat darauf hingewiesen, dass ein solches Vorgehen sich auch deshalb als sachgerecht darstelle, weil auch im Rahmen der Sacherörterung Gesichtspunkte aufzeigt werden könnten, welche zugleich Relevanz für die Beurteilung des Vertagungsantrages erlangen könnten.
Im Namen des Klägers hat der anwesende Prozessbevollmächtigte den Senat insgesamt für befangen erklärt, und zwar insbesondere mit der Begründung, dass der Senat seinen Vertagungsantrag zu Unrecht abgelehnt habe (obwohl dem anwaltlichen Bevollmächtigten zuvor wiederholt im Rahmen der Verhandlung verdeutlicht worden war, dass der Senat eine Entscheidung über den Vertagungsantrag zum damaligen Zeitpunkt noch gar nicht getroffen hatte, sondern dass eine entsprechende Entscheidung erst zum Schluss der Verhandlung vorgesehen war).
Der Bevollmächtigte des Klägers hat im Laufe der Verhandlung immer wieder (partiell schon mit filibusterartigen Tendenzen) angesetzt, um den ihm telefonisch vom Kläger übermittelten tatsächlichen Vorgang im Sinne der geltend gemachten vorabendlichen Aufnahme der Ehefrau des Klägers auf die Intensivstation dem Senat darzulegen, dann brach er jedoch regelmäßig ab, ohne inhaltlich nachvollziehbar eine Verbindung zwischen diesem tatsächlichen Geschehen und der geltend gemachten Befangenheit des Senates aufzuzeigen.
Im Ergebnis hat der Senat das (in einer längeren Verhandlungspause schriftsätzlich näher begründete) Befangenheitsgesuch als unzulässig verworfen. Ausweislich der in der mündlichen Verhandlung bekannt gegebenen Begründung dieser Entscheidung waren dafür folgende Erwägungen maßgeblich:
Der Antrag ist bereits unzulässig, weil der Prozessbevollmächtigte des Klägers ohne nachvollziehbaren Grund gleich alle Mitglieder des Senates als befangen abgelehnt hat. Darüber hinaus wird zur Begründung des Befangenheitsantrages auf eine Ablehnung des Vertagungsantrages abgestellt, obwohl der Senat eine solche Ablehnung bislang gar nicht ausgesprochen hat. Wie er immer wieder im Rahmen des ersten Teils der mündlichen Verhandlung hervorgehoben hat, ist eine solche Entscheidung erst im Rahmen der abschließenden Beratung des Senates unter Einbeziehung insbesondere auch des Gesamtergebnisses der … mündlichen Verhandlung vorgesehen.
Auch dies habe der Prozessbevollmächtigte des Klägers ohne nachvollziehbaren Grund beanstandet. Vor diesem Hintergrund habe der Senat bereits im Rahmen des ersten Teils der mündlichen Verhandlung sich bemüht, deutlich zu machen, dass eine solche Entscheidung gerade noch nicht ergangen ist.
Dem Prozessbevollmächtigten des Klägers ist auch während des knapp zwei Stunden umfassenden ersten Teils der mündlichen Verhandlung äußerst weiter Raum zur Begründung seines Befangenheitsgesuchs gegeben worden. Da der Prozessbevollmächtigte insoweit immer wieder Schwierigkeiten hatte, inhaltlich nachvollziehbar Gründe stringent aufzuzeigen und der Senat deshalb wiederholt Anlass hatte, ihn zu einem entsprechend substantiierten Vortrag zu bewegen, entspricht den gesetzlichen Vorgaben über eine geordnete Verhandlungsführung und kann nicht die Befangenheit von Mitgliedern des Senates begründen.
In der Gesamtbetrachtung ist festzuhalten, dass der vorliegende Befangenheitsantrag offenbar unter dem Gesichtspunkt einer Verschleppungsabsicht gestellt worden ist.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers macht in der schriftlichen Antragsbegründung selbst deutlich, dass er vor der Verhandlung dem Kläger gewissermaßen zugesagt habe, dass in der heutigen mündlichen Verhandlung keine Entscheidung getroffen werde, obwohl ihm als Rechtskundigen bewusst gewesen sein muss, dass ihm persönlich darüber überhaupt keine Entscheidung obliegt, sondern dass darüber der Senat zu entscheiden habe.
Angesichts der in die mündliche Verhandlung bereits eingeführten höchstrichterlichen Rechtsprechung müsse auch dem rechtskundigen Prozessbevollmächtigten des Klägers deutlich geworden sein, dass die Verfahrensordnung einem Beteiligten keinen Anspruch auf eine persönliche Anhörung in einer mündlichen Verhandlung begründet, sofern er in der angeordneten mündlichen Verhandlung durch seinen rechtskundigen Vertreter vertreten ist. Wenn der Prozessbevollmächtigte gleichwohl den Sachverhalt zur Rüge der Befangenheit des gesamten Senates zum Anlass nimmt, dann kann dies im Ergebnis nur damit erklärt werden, dass er in der Sache damit seinen Vertagungswunsch durchsetzen will.
Im Rahmen der abschließenden Beratung hat der Senat dann den Vertagungsantrag geprüft und dessen Unbegründetheit festgestellt, da kein hinreichend begründeter Vertagungsantrag vorgelegt worden sei. Insbesondere sei auch von Seiten des anwaltlich vertretenen Klägers nichts dafür inhaltlich nachvollziehbar aufgezeigt worden, weshalb seine persönliche Anwesenheit im Termin zur mündlichen Verhandlung - zusätzlich zu der seines rechtskundigen Prozessbevollmächtigten – „unerlässlich“ im Sinne der bereits erläuterten höchstrichterlichen Rechtsprechung gewesen sein sollte. Sein Bevollmächtigter habe auch nach Darlegung der höchstrichterlichen Rechtsprechung erst gar nicht nachvollziehbar den Versuch unternommen, in der Verhandlung näher darzulegen, weshalb eine Anwesenheit des Klägers persönlich zusätzlich zur Anwesenheit seines Bevollmächtigten im Sinne dieser Rechtsprechung als „unerlässlich“ einzuschätzen sein sollte. Für eine solche Unerlässlichkeit seien auch anderweitig keine Anhaltspunkte erkennbar. Der Sachverhalt sei letztlich unstreitig. Zu beurteilen seien damit Rechtsfragen. Dabei sei auch von Seiten des rechtskundigen Bevollmächtigten des Klägers nichts dafür aufgezeigt worden, weshalb eine Anwesenheit des seinerseits rechtsunkundigen Klägers neben der Anwesenheit des rechtskundigen Bevollmächtigten notwendig gewesen sein sollte, um den Rechtsstandpunkt des Klägers im Rahmen der mündlichen Verhandlung zu verdeutlichen (vgl. wegen der weiteren Einzelheiten die entsprechenden Ausführungen in der Urteilsbegründung). Ohnehin hat der eigene Vortrag des klägerischen Bevollmächtigten verdeutlicht, dass dieser während der Verhandlungspausen wiederholt telefonisch Rücksprache mit dem Kläger genommen hatte.
Auf der dargelegten Basis hat der Senat das Berufungsbegehren in der Sache geprüft und die Berufung zurückgewiesen. Das entsprechende Urteil ist in der mündlichen Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Beklagten verkündet worden; der Bevollmächtigte des Klägers hat aus eigenem Entschluss an diesem Teil der Verhandlung nicht mehr teilgenommen.
Zwei Wochen nach dieser mit der Verkündung des die Berufung zurückweisenden Urteils abgeschlossenen mündlichen Verhandlung hat der Kläger mit Schriftsatz vom 24. November 2021 eine Anhörungsrüge bezüglich des in der mündlichen Verhandlung vom Senat verkündeten Beschlusses zur Verwerfung des Befangenheitsgesuchs als unzulässig erhoben. Zur Begründung verweist er darauf, dass dieser Beschluss eine unzulässige Überraschungsentscheidung darstelle.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Die Anhörungsrüge ist nicht statthaft.
Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren gemäß § 178a Abs. 1 Satz 1 SGG fortzuführen, wenn (Nr. 1) ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und (Nr. 2) das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt (§ 178a Abs. 1 Satz 2 SGG).
1. Nach dem Gesetzeswortlaut ist die Anhörungsrüge nicht statthaft, da der in der mündlichen Verhandlung verkündete und begründete Senatsbeschluss, mit dem das gegen den Senat geltend gemachte Befangenheitsgesuch als unzulässig verworfen worden ist, eine „der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung“ im Sinne des § 178a Abs. 1 Satz 2 SGG darstellt.
Die Gesetzesmaterialien verdeutlichen, dass sich die sich aus § 178a Abs. 1 Satz 2 SGG ergebenden Einschränkungen der Statthaftigkeit von Anhörungsrügen von einem klaren Regelungswillen des Gesetzgebers getragen werden. Damit bringen die Materialien auch zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber den Begriff der (der Endentscheidung) „vorausgehenden Entscheidung“ als tatbestandliche Voraussetzung der Ausschlussregelung des § 178a Abs. 1 Satz 2 SGG im Sinne des vorgefundenen herkömmlichen Sprachgebrauchs verstanden hat.
Zeitgleich und mit gleicher Regelungsintention hat der Gesetzgeber mit der Einführung des § 178a SGG in Umsetzung des zuvor vom BVerfG mit Beschluss vom 30. April 2003 (1 PBvU 1/02 –, BVerfGE 107, 395) erteilten Regelungsauftrages mit dem Gesetz über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Anhörungsrügengesetz) vom 19. Dezember 2004 (BGBl. I 3220) auch § 323a ZPO reformiert. Dementsprechend wird in der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 15/3706) bezüglich der mit § 178a SGG eingeführten Regelungen auf die Gründe für die Neufassung des § 323a ZPO verwiesen.
Sowohl für die Regelung in § 323a Abs. 1 Satz 2 ZPO als auch für die gleichgerichtete Regelung in § 178a Abs. 1 Satz 2 SGG sind damit folgende Erwägungen des Gesetzgebers ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 15/3706, S. 16, 22) maßgeblich:
Absatz 1 Satz 2 begrenzt den – erweiterten – Anwendungsbereich des § 321a ZPO-E mit Blick auf diejenigen Entscheidungen, die der Endentscheidung vorausgehen (Zwischenentscheidungen). Die Endentscheidung wird in der Regel das Endurteil sein… Nur gegenüber solchen Entscheidungen eröffnet der Entwurf die Möglichkeit der Anhörungsrüge. Grund hierfür ist zum einen, dass erst zum Zeitpunkt der Endentscheidung feststellbar ist, ob die Partei, deren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt wurde, durch die Entscheidung beschwert ist (Satz 1 erster Halbsatz) und ob die Gehörsverletzung entscheidungserheblich war (Satz 1 Nr. 2). Zum anderen würde die Einbeziehung von Zwischenentscheidungen in den Anwendungsbereich des § 321a ZPO-E nicht angemessen berücksichtigen, dass die ZPO die isolierte Anfechtung von Zwischenentscheidungen im Interesse einer zügigen Erledigung des Rechtsstreits bewusst einschränkt.
2. Richterliche Rechtsfortbildung darf nicht dazu führen, dass die Gerichte ihre eigene materielle Gerechtigkeitsvorstellung an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers setzen (vgl. BVerfGE 82, 6 <12 f.>; 128, 193 <210>; 132, 99 <127 Rn. 75>). Eine Auslegung eines Gesetzes im Widerspruch zu dem erkennbaren Gesetzeswillen ist nicht zulässig (BVerfG, B.v. 15. Oktober 1996 – 1 BvL 44/92 –, BVerfGE 95, 64, Rn. 137). Eine verfassungskonforme Auslegung ist dort nicht statthaft, wo sie zu dem Gesetzeswortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch treten würde. Den Gerichten ist es insbesondere verwehrt, im Wege der Auslegung … den normativen Gehalt einer Vorschrift grundlegend neu zu bestimmen (BVerfG, B.v. 14. Juni 2007 – 2 BvR 1447/05 –, BVerfGE 118, 212, Rn. 91 mwN).
Die Gerichte dürfen sich nicht dem vom Gesetzgeber festgelegten Sinn und Zweck des Gesetzes entziehen, sondern müssen die gesetzgeberische Grundentscheidung respektieren. Eine Interpretation, die sich über den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers hinwegsetzt, greift unzulässig in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers ein. Das Gesetz bezieht seine Geltungskraft aus der demokratischen Legitimation des Gesetzgebers, dessen artikulierter Wille den Inhalt des Gesetzes daher mitbestimmt. Jedenfalls darf der klar erkennbare Wille des Gesetzgebers nicht übergangen oder verfälscht werden. So verwirklicht sich auch die in Art. 20 Abs. 3 und Art. 97 Abs. 1 GG vorgegebene Bindung der Gerichte an das "Gesetz", denn dies ist eine Bindung an die im Normtext zum Ausdruck gebrachte demokratische Entscheidung des Gesetzgebers, dessen Erwägungen zumindest teilweise in den Materialien dokumentiert sind (vgl. zum Vorstehenden: BVerfG, Beschluss vom 06. Juni 2018 – 1 BvL 7/14 –, BVerfGE 149, 126, Rn. 75, mwN zur verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung).
3. Auf der Basis der verfassungsrechtlichen Gewährleistung des rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG und zur Gewährleistung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes wirkungsvollen Rechtsschutzes hat das BVerfG allerdings (in der Sache durchaus unter partieller Korrektur der unter 2. erläuterten verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung) die in den Prozessordnungen normierten Voraussetzungen der Anhörungsrüge erweiternd ausgelegt, so dass diese nunmehr auch (über den Gesetzeswortlaut hinaus) in Bezug auf Zwischenentscheidungen erhoben werden kann. Eine entsprechende Rüge kann auch gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung geltend gemacht werden, soweit in einem Zwischenverfahren – wie etwa einem Ablehnungsverfahren – abschließend und mit Bindungswirkung für das weitere Verfahren über den Antrag befunden wird und die Entscheidung später nicht mehr im Rahmen einer Inzidentprüfung korrigiert werden kann (BVerfG, Beschluss vom 23. Oktober 2007 – 1 BvR 782/07 –, BVerfGE 119, 292, Rn. 22).
Der Grundsatz effektiven Rechtsschutzes in Verbindung mit Art. 103 Abs. 1 GG stehe einer Auslegung der Norm entgegen, nach der Entscheidungen, die ein selbständiges Zwischenverfahren abschließen, nicht mit der Anhörungsrüge angegriffen werden könnten (BVerfG, B.v. 23. Oktober 2007 – 1 BvR 782/07 –, BVerfGE 119, 292, Rn. 26; zu beurteilen war seinerzeit mit § 78a Abs. 1 Satz 2 ArbGG eine weitere Parallelvorschrift zu § 323a Abs. 1 Satz 2 ZPO).
a) Der in der mündlichen Verhandlung verkündete, das Ablehnungsgesuch verwerfende Senatsbeschluss stellte eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung in einem „Ablehnungsverfahren“ und damit in einem „Zwischenverfahren“ im Sinne dieser Rechtsprechung dar. Soweit in der Rechtsprechung des BVerfG ein „Zwischenverfahren“ in der Form eines „selbständigen Zwischenverfahrens“ gefordert wird, wird auch die Verwerfung eines Ablehnungsgesuchs als unzulässig den „selbständigen“ Zwischenverfahren zugerechnet (BVerfG, B.v. 23. Oktober 2007, aaO, Rn. 9).
b) Allerdings wies der Senatsbeschluss schon nicht die nach der erläuterten verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung erforderliche „Bindungswirkung“ auf, aufgrund derer die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch „später“ (also im weiteren Verlauf des Berufungsverfahrens) nicht mehr (im Rahmen einer Inzidentprüfung) hätte „korrigiert“ werden dürfen. Eine Heilung von Gehörsverstößen insbesondere in der gleichen Instanz hat das BVerfG als grundsätzlich möglich angesehen, wenn das betreffende Gericht in der Lage ist, das Vorbringen zu berücksichtigen (BVerfG, B.v. 24. Februar 2009 – 1 BvR 182/09 –, BVerfGK 15, 111, Rn. 27).
Nach der überzeugenden Rechtsprechung des BSG kann die Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch mit einer Gegenvorstellung als nicht geregelter außerordentlicher Rechtsbehelf (auch nach dem Inkrafttreten des § 178a SGG) erneut zur Überprüfung gestellt werden (BSG, B.v. 10. Dezember 2010 – B 4 AS 97/10 B –, Rn. 19, juris; vgl. auch BFH, Beschluss vom 18. Dezember 1998 – III S 7/98 –, BFH/NV 1999, 945: Ablehnungsgesuch kann grundsätzlich nur in zulässiger Weise wiederholt werden, wenn neue Ablehnungsgründe oder Beweismittel geltend gemacht oder die bisherigen Ablehnungsgründe zumindest ergänzt werden). Das BVerfG (BVerfG, B.v. 06. Mai 2010 – 1 BvR 96/10 –, Rn. 24, juris) erachtet es zwar für „nicht unvertretbar“, eine Wiederholung einer Richterablehnung „ohne neue Gesichtspunkte“ als rechtsmissbräuchlich zu werten. Damit wird im Ergebnis aber zugleich die Statthaftigkeit der Wiederholung (und damit auch einer gleichgerichteten Gegenvorstellung) unter Darlegung „neuer Gesichtspunkte“ anerkannt, wobei auch eine (substantiierte) Aufzeigung von Rechtsfehlern bei der vorausgegangenen ersten Entscheidung über das Ablehnungsgesuch „neue Gesichtspunkte“ im Sinne dieser Rechtsprechung beinhaltet.
Damit kam eine Überprüfung der das Befangenheitsgesuch verwerfenden Entscheidung im weiteren Verlauf des Berufungsverfahrens im Rahmen einer Inzidentprüfung durchaus in Betracht. Hätte der Senat im fortgesetzten Berufungsverfahren einen Fehler in seinem im Rahmen der mündlichen Verhandlung ergangenen Beschluss erkannt, dann hätte er diesen Beschluss auch korrigiert. Nur gab es dazu mangels erkennbarer Fehlerhaftigkeit keinen Anlass. Auch der an der Verhandlung teilnehmende anwaltliche Bevollmächtigte des Klägers hat nach Erlass des Beschlusses keinen entsprechenden Fehler etwa in Form einer Missachtung des rechtlichen Gehörs gerügt, sondern in diesem Abschnitt der Verhandlung nur zur Sache (sehr wenig substantiiert) vorgetragen und den Sachantrag gestellt.
c) Die Statthaftigkeit eines weiteren – „neue Gesichtspunkte“ wie etwa im Sinne einer Fehlerhaftigkeit der vorausgegangenen Entscheidung aufzeigenden – Befangenheitsgesuchs unter Einschluss einer gleichgerichteten Gegenvorstellung gegen die Erstentscheidung über die Ablehnung beinhaltet schon im Ausgangspunkt die Statthaftigkeit auch der Erhebung einer als Anhörungsrüge ausgewiesenen und entsprechend begründeten Gegenvorstellung gegen die vorausgegangene Ablehnung eines Befangenheitsantrages. Da die neue Gesichtspunkte anführende Gegenvorstellung schon als solche zulässig ist, stellt die Anhörungsrüge im Ausgangspunkt nur eine spezielle Ausprägung einer solchen Gegenvorstellung dar.
d) Allerdings ist die Statthaftigkeit entsprechender Gegenvorstellungen in zeitlicher Hinsicht limitiert bis zum Erlass der die Instanz abschließenden Entscheidung in der Sache. Nach vollständigem Abschluss einer Instanz ist ein Ablehnungsgesuch grundsätzlich nicht mehr zulässig (BGH, Beschluss vom 11. Juli 2007 – IV ZB 38/06 –, Rn. 5, NJW-RR 2007, 1653). Aus Sinn und Zweck des Ablehnungsgesuchs ergibt sich, dass es nur bis zum Erlass der Endentscheidung des Gerichts zulässig ist, dem der betreffende Richter bzw. die betreffenden Richter angehören. Nach Beendigung der Instanz kann ein Ablehnungsgesuch nicht mehr gestellt werden; es ist dann prozessual überholt (BSG, Beschluss vom 06. Juni 2007 – B 8 KN 8/07 B –, juris). Eine erst nach Erlass des Urteils geltend gemachte Ablehnung ist grundsätzlich selbst dann unbeachtlich, wenn dem Betroffenen der Ablehnungsgrund erst nachträglich bekannt wurde (BFH, B.v. 17. Mai 1995 – X R 55/94 –, BFHE 177, 344, Rn. 11).
e) Der Kläger vertritt aber nach dem Zusammenhang seiner Ausführungen im Ergebnis die Rechtsauffassung, dass über die dargelegte Möglichkeit der Erhebung einer Gegenvorstellung (auch in Form einer Anhörungsrüge) bis zum Erlass der instanzbeendenden Entscheidung hinaus im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung des § 178a Abs. 2 Satz 1 SGG auch das Recht bestehe, selbst nach Instanzabschluss noch bis zum Ablauf der in § 178a Abs. 2 Satz 1 SGG normierten Zweiwochenfrist eine Anhörungsrüge zu erheben.
Für ein derart weites Verständnis der Möglichkeiten zur Erhebung von Anhörungsrügen fehlt es aber an der erforderlichen rechtlichen Grundlage. Sie ergibt sich insbesondere auch nicht aus der Rechtsprechung des BVerfG.
Die erläuterte verfassungsgerichtliche Rechtsprechung will vielmehr gerade (im Rahmen des insoweit Möglichen) das Ziel verfolgen, eine behauptete Gehörsverletzung „vor einer Fortsetzung des zur abschließenden Sachentscheidung führenden Verfahrens“ einer fachgerichtlichen Überprüfung zuzuführen (BVerfG, B.v. 06. Mai 2010 – 1 BvR 96/10 –, SozR 4-1500 § 178a Nr 11, Rn. 23). Mit dieser Zielvorgabe hat das BVerfG im Ergebnis zum Ausdruck gebracht, dass nach Erlass der instanzbeendenden Entscheidung in der Sache eine Fortsetzung eines der Überprüfung eines Ablehnungsgesuchs dienenden Zwischenverfahrens auch nicht mehr vermittels einer Anhörungsrüge in Betracht kommt.
Von Seiten des Gesetzgebers zu regeln wäre im Falle der Statthaftigkeit von Anhörungsrügen gegen Zwischenentscheidungen auch noch nach Erlass der Endentscheidung namentlich auch das wechselseitige Verhältnis zwischen einer solchen Anhörungsrüge zu den in Betracht kommenden Rechtsbehelfen gegen die in der Hauptsache getroffene Sachentscheidung. Der Kläger beantragt neben der Aufhebung des in der mündlichen Verhandlung gefassten Beschlusses über die Zurückweisung seines Befangenheitsgesuchs zugleich auch die Fortführung des Berufungsverfahrens. Er geht in der Sache offenbar von einer Kompetenz des Senates zur Aufhebung des das Berufungsverfahren abschließenden Senatsurteils aus, obwohl nach den Vorgaben des SGG der Senat an sein eigenes im vorliegenden Verfahren erlassenes Urteil (vorbehaltlich einer eventuellen Aufhebung in der höheren Instanz) gebunden ist.
Für ein derart weites Verständnis der Anhörungsrüge nach § 178a SGG, welche der Gesetzgeber seinerseits schon im Ausgangspunkt gar nicht auf Entscheidungen in Zwischenverfahren erstrecken wollte, fehlt jedoch die erforderliche Grundlage auch in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung.
Auch das BVerfG hat sich im Ausgangspunkt in seiner grundlegenden Entscheidung vom 30. April 2003 von der Einschätzung leiten lassen, dass dem Gesetzgeber bei der näheren Ausgestaltung des Rechtsbehelfs der Anhörungsrüge und seiner Folgen ein Spielraum offensteht, bei dessen Ausfüllung namentlich auch die Interessen der anderen Verfahrensbeteiligten und Anforderungen an die Funktionsfähigkeit der Gerichte zu beachten sind (BVerfG, B.v. 30. April 2003 – 1 PBvU 1/02 –, BVerfGE 107, 395, Rn. 56). Insbesondere habe er die betroffenen Interessen auch im Hinblick auf die Regeln über die Reichweite von Rechtskraft zu berücksichtigen (aaO, Rn. 57).
Bei der beschriebenen Ausgangslage wäre es im Ausgangspunkt naheliegend und wohl auch eher folgerichtig gewesen, auch bezüglich der nachfolgend insbesondere mit den o.g. Beschlüssen vom 23. Oktober 2007 und vom 06. Mai 2010 vom BVerfG geforderten Eröffnung effektiver Rechtsbehelfe gegen Anhörungsfehler in Zwischenverfahren die Ausgestaltung der näheren Einzelheiten dem Gesetzgeber zu überlassen. Dafür hätte schon gesprochen, dass die gesetzlichen Ausprägungen der Anhörungsrügen insbesondere in §§ 323a ZPO, 178a SGG nach dem erläuterten Regelungswillen des Gesetzgebers gerade nicht in Zwischenverfahren heranzuziehen sein sollten. Aus dessen Sicht bestand mithin schon im Ausgangspunkt kein Anlass zur sachgerechten Erfassung und Regelung der spezifischen prozessualen Auswirkungen entsprechender Rügen in Zwischenverfahren; der Gesetzgeber wollte sie erst gar nicht zulassen.
Mit der bewusst getroffenen Entscheidung zur Nichteröffnung der Möglichkeit von Anhörungsrügen in Zwischenverfahren wollte der Gesetzgeber vielmehr eine damit einhergehende isolierte Anfechtung von Zwischenentscheidungen gerade im Interesse einer zügigen Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache bewusst einschränken (BT-Drs. 15/3706, S. 16). Dieser Ansatz legt die Annahme zumindest nahe, dass der Gesetzgeber auf der Basis des nachfolgend in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung postulierten Erfordernisses weitergehender Rügemöglichkeiten von Anhörungsfehlern in Zwischenverfahren jedenfalls einen Bedarf für ergänzende Regelungen gesehen hätte, um die von ihm angestrebte zügige Entscheidung der Rechtsstreitigkeiten in der Hauptsache nicht mehr als vermeidbar zu gefährden.
Ohnehin hätte er nach Maßgabe der Ausgangsentscheidung des BVerfG vom 30. April 2003 den verfassungsrechtlichen Anforderungen auch ohne Eröffnung einer speziellen Anhörungsrüge für Zwischenverfahren in der Form genügen können, dass er ohnehin in Betracht kommende Rechtsmittel gegen die gerichtliche Entscheidung in der Hauptsache so ausgestaltet hätte, dass in diesen auch Anhörungsfehler in vorausgegangenen Zwischenverfahren effektiv geprüft werden könnten (aaO, Rn. 49).
Jedenfalls war tragender Ansatz des BVerfG in seiner Ausgangsentscheidung vom 30. April 2003, dass das rechtsstaatliche Erfordernis der Messbarkeit und Vorhersehbarkeit staatlichen Handelns das Gebot beinhaltet, dem Rechtsuchenden den Weg zur Überprüfung gerichtlicher Entscheidungen „klar vorzuzeichnen“ (aaO, Rn. 69). Diese „Klarheit“ wird in Bezug auf die maßgebliche Perspektive der Rechtssuchenden (welche etwa im sozialgerichtlichen Verfahren in beiden Tatsacheninstanzen keiner fachkundigen Vertretung bedürfen) ohnehin schon dadurch tangiert, dass nach der erläuterten weiteren Rechtsprechung des BVerfG die Voraussetzungen für die Erhebung von Anhörungsrügen in Zwischenverfahren abweichend vom Wortlaut der gesetzlichen Regelungen etwa in §§ 323a ZPO, 178a SGG auszulegen sind.
Die Rechtsauffassung des Klägers, wonach auch nach Erlass der instanzbeendenden Entscheidung Anhörungsrügen gegen Zwischenentscheidungen erhoben werden können, würde eine noch deutlich schwerer wiegende Beeinträchtigung des dargelegten Klarheitsgebotes mit sich bringen. Mangels einer spezifischen gesetzlichen Regelung und angesichts des Fehlens anderweitiger klarer Vorgaben hätte ein solcher Ansatz durchgreifende Unklarheiten bezüglich des wechselseitigen Verhältnisses zwischen einer solchen Anhörungsrüge im Zwischenverfahren und den daneben in Betracht kommenden Rechtsbehelfsverfahren in der Hauptsache zur Folge.
Gerade angesichts des mit ihr im Ausgangspunkt verfolgten Bestrebens zur Sicherung und Förderung der Rechtsmittelklarheit ist die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung dahingehend zu interpretieren, dass eine Zulassung von Anhörungsrügen gegen Zwischenentscheidungen auch noch nach einer instanzbeendenden Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr vom verfassungsgerichtlichen Willen getragen wird.
f) Verfassungsrechtliche Bedenken gegen das vorstehend erläuterte Auslegungsergebnis sind in Bezug auf den vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt umso weniger erkennbar, als der Kläger einen (ohnehin nur eventuellen) Gehörsfehler bei Erlass des sein Ablehnungsgesuch zurückweisenden Beschlusses bis zum Abschluss der Instanz mit der angesprochenen Gegenvorstellung, mag sie auch als Anhörungsrüge ausgewiesen sein, hätte rügen können. Der Beschluss ist in der mündlichen Verhandlung verkündet und im Einzelnen begründet worden. Einen eventuellen Fehler gegen die Vorgaben des Art. 103 Abs. 1 GG hätte der in der Verhandlung anwaltlich vertretene Kläger problemlos im weiteren Verlauf der Verhandlung rügen können.
Zu einer solchen Rüge hat der anwaltliche Bevollmächtigte in der fortgesetzten mündlichen Verhandlung allerdings keine Veranlassung gesehen, obwohl er mit der Begründung der Anhörungsrüge selbst geltend macht, dass ihm bereits die in der mündlichen Verhandlung erfolgte Begründung der Verwerfung des Ablehnungsgesuchs die Kenntnis über die erst 14 Tage später gerügte „Gehörsverletzung“ vermittelt habe.
Auch das BVerfG hat in seiner Entscheidung vom 30. April 2003 darauf abgestellt, dass das rechtsstaatlich geforderte Ziel der Effektivität des Rechtsschutzes am wirkungsvollsten durch eine möglichst zeitnahe Behebung von Gehörsverstößen erreicht werde, welche von den Fachgerichten ohne weitere Umwege geleistet werden könne (aaO, Rn. 46). Eine „zeitnahe“ Behebung von (eventuellen) Gehörsverstößen hat natürlich zunächst deren ebenfalls „zeitnahe“ Rüge zumal bei anwaltlich vertretenen Beteiligten zur Voraussetzung.
4. Angesichts der fehlenden Statthaftigkeit der erst nach Instanzabschluss erhobenen Anhörungsrüge ist nur ergänzend darauf hinzuweisen, dass dieser ohnehin inhaltlich jede Substanz fehlt. Ein Anhörungsfehler wird überhaupt nicht nachvollziehbar aufgezeigt.
Die fünfseitige Begründung der Anhörungsrüge befasst sich ausführlich mit dem Ablauf des Verfahrens und den aus Sicht des Klägers für eine anderweitige Beurteilung des Ablehnungsgesuchs sprechenden Erwägungen. Auf diesen Vortrag ist im Rahmen der vorliegenden Entscheidung über die Anhörungsrüge schon deshalb nicht näher einzugehen, weil Art. 103 Abs. 1 GG schon im Ausgangspunkt keinen Anspruch darauf zu vermitteln vermag, dass die Gerichte der Rechtsansicht des Grundrechtsträgers folgen (BVerfG, B.v. 06. Mai 2010, aaO, Rn. 28; vgl. im Übrigen zur Rechtsmissbräuchlichkeit eines Ablehnungsgesuchs, das allein den Zweck verfolgt, eine abgelehnte Terminverlegung zu erzwingen: BSG, Beschluss vom 22. Juni 2015 – B 9 SB 72/14 B –, Rn. 13, juris).
Konkrete Darlegungen im Sinne des § 178a Abs. 2 Satz 5 SGG zur Begründetheit der der Form nach erhobenen Anhörungsrüge im Sinne einer Missachtung des klägerischen Anspruchs auf rechtliches Gehör sind dem Rügevorbringen gar nicht zu entnehmen.
Es findet sich lediglich der vage Hinweis, dass aus Sicht des Klägers die Entscheidung über das Befangenheitsgesuch eine „Überraschungsentscheidung“ dargestellt habe. Eine prüffähige konkrete Rüge eines Gehörverstoßes wird damit aber gar nicht vorgetragen.
In diesem Zusammenhang kann es schon im Ausgangspunkt nicht darauf ankommen, ob die Entscheidung den Kläger bzw. seinen Bevollmächtigten im Sinne eines weit gefassten Alltagssprachgebrauches womöglich in einem Sinne „überrascht“ haben könnte, dass er eine anderweitige Entscheidung des Senates für wahrscheinlicher erachtet haben mag.
Rechtliche Relevanz für die Begründung einer Anhörungsrüge kann eine sog. Überraschungsentscheidung vielmehr nur dann erlangen, wenn dieser Begriff auch im Rechtssinne verstanden und die diesbezüglich in der Rechtsprechung herausgearbeiteten Voraussetzungen nachvollziehbar dargelegt werden. In der Begründung der Anhörungsrüge bemüht sich der Kläger erst gar nicht um einen in diesem Sinne substantiierten Vortrag.
Eine unzulässige Überraschungsentscheidung hat zur Voraussetzung, dass das Gericht ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag stellt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter - selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen - nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 1991 – 1 BvR 1383/90 –, BVerfGE 84, 188, Rn. 7).
Der Vortrag des Klägers in der Anhörungsrüge lässt bereits völlig offen, welche konkreten der Verwerfung des Ablehnungsgesuchs als unzulässig zugrunde liegenden Anforderungen insbesondere an den Sachvortrag aus seiner Sicht zu beanstanden sein sollen. Noch weniger wird auch nur ansatzweise dargelegt, aus welchen Erwägungen heraus der anwaltliche Bevollmächtigte damit nach dem Prozessverlauf nicht habe zu rechnen brauchen. Es bleibt völlig unklar, namentlich welcher Hinweis des Senates aus Sicht des Klägers zu vermissen sein soll und an welchem konkreten weiteren Vortrag er bedingt durch die Nichterteilung eines entsprechenden Hinweises gehindert gewesen sein will.
Bei dieser Ausgangslage ist nur ergänzend darauf hinzuweisen, dass die Notwendigkeit und Statthaftigkeit der Prüfung der Zulässigkeit eines Befangenheitsgesuchs zum juristischen Basiswissen zählt. Überdies hatte der Senat im Rahmen der Verhandlung vor Verwerfung des Ablehnungsgesuchs den Bevollmächtigten des Klägers noch einmal explizit auf diesen Prüfungsschritt hingewiesen: Der Senat, so hat der Vorsitzende hervorgehoben, werde erst über die Zulässigkeit des Befangenheitsgesuchs zu beraten haben. Soweit der Senat von einem zulässigen Befangenheitsgesuch ausgehe, werde er zunächst eine Entscheidung durch den dafür zuständigen Spruchkörper herbeiführen, bevor er gegebenenfalls in der Sache entscheiden werde (vgl. S. 5 des Sitzungsprotokolls).
Bei dieser Ausgangslage bleibt erst recht unklar, wodurch und mit welcher Relevanz für den Anspruch auf rechtliches Gehör der Kläger im vorliegenden Zusammenhang im Rechtssinn „überrascht“ worden sein will.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).