Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 31.08.2020 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um einen Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.
Der 1962 geborene Kläger beantragte am 08.11.2019 bei der DRV Bund Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Dabei gab er u.a. an, er habe bis 1995 studiert – zunächst Architektur, danach Philosophie und Kunstwissenschaft. Nach seinem Studium sei er bis 2010 als freier Mitarbeiter bei Zeitschriften und Architekturbüros sowie als Orgelrestaurator tätig gewesen. Anschließend habe er zwölf Monate als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU B. gearbeitet. Seit 2013 pflege er seine Eltern.
Mit Schreiben vom 21.11.2019 leitete die DRV Bund den Antrag unter Hinweis auf § 14 SGB IX an die Beklagte weiter. Sie sei für die Angelegenheit nicht zuständig, da der Kläger die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 11 SGB VI nicht erfülle.
Der Kläger beantragte am 02.12.2019 die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auch bei der Beklagten.
Die Beklagte übersandte zunächst dem Kläger mit Schreiben vom 05.12.2019 Vordrucke und Fragebögen zum Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.
Mit Bescheid vom 09.12.2019 wies die Beklagte den Antrag zurück. Zur Begründung gab sie an, beim Kläger bestehe keine Behinderung nach § 19 SGB III i.V.m. § 2 SGB IX. Im Jahr 2016 seien bei einer Begutachtung keine wesentlichen gesundheitlichen Einschränkungen festgestellt worden; auch aktuell habe der Kläger keine Erkrankungen nachgewiesen. Grund für die fehlende Integration in den Arbeitsmarkt sei nicht eine Behinderung, sondern neben dem Lebensalter vor allem die berufliche Biografie des Klägers.
Der Kläger legte hiergegen am 08.01.2020 Widerspruch ein, welchen die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.01.2020 unter Verweis auf die Begründung des angefochtenen Bescheides zurückwies.
Mit Schreiben vom 05.02.2020 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass der Antrag vom 02.12.2019 nicht neu verbeschieden werde, sondern der Bescheid vom 09.12.2019 seine Gültigkeit behalte.
Der Kläger hat am 14.02.2020 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Er hat vorgetragen, dass er den Beruf eines Architekten erlernt habe. Derzeit sei er arbeitslos, und zwar aufgrund einer psychischen Erkrankung: Er leide an wiederkehrenden Depressionen, die mit Angst, Antriebslosigkeit und Erschöpfung einhergingen. Um seine Erwerbsfähigkeit herzustellen, benötige er Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Hierauf habe er gemäß § 112 Abs. 1 SGB III einen Anspruch.
Das SG hat Beweis erhoben durch Befragung des den Kläger behandelnden Psychiaters H. als sachverständigen Zeugen.
H. hat mit Schreiben vom 16.07.2020 mitgeteilt, dass er den Kläger seit Juni 2015 regelmäßig ein bis zwei Mal im Quartal behandele. Es liege eine rezidivierende depressive Störung vor dem Hintergrund einer Dysthymie vor. Vorbekannt sei auch eine koronare Zweigefäßerkrankung mit Z.n. PTCA und Stent 2017. Es bestehe eine gesetzliche Betreuung für Wohnungsangelegenheiten und Gesundheitsfürsorge. Eine wesentliche Änderung des Gesundheitszustandes sei nicht festzustellen. Die depressiven Verstimmungen seien unterschiedlich stark ausgeprägt. Eine Stabilisierung auf unterem Level habe erzielt werden können.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 31.08.2020 abgewiesen. Es liege keine Behinderung im Sinne des § 19 SGB III vor. Nach Angaben des sachverständigen Zeugen H. liege eine Dysthymie (also eine affektive Verstimmung, die noch nicht den Schweregrad einer Depression erreicht), verbunden mit rezidivierenden depressiven Phasen vor. Der Kläger sei jedoch gleichwohl unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen in der Lage, eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig zu verrichten. So habe er z.B. im Juni 2019 ein zweiwöchiges Praktikum beim Städtischen Klinikum K absolviert und in diesem Rahmen Akten digitalisiert (Verbis-Vermerk vom 1.7.2019), ohne dass ihn dies gesundheitlich überfordert hätte. Die psychische Erkrankung des Klägers sei nur leicht- bis mittelgradig ausgeprägt und schließe daher nicht jegliche Erwerbstätigkeit aus. Unabhängig von der Krankheit bestünden beim Kläger allerdings Persönlichkeitsmerkmale, die eine berufliche Integration erschwerten: Im Verbis-Vermerk vom 5.4.2019 sei die Rede davon, der Kläger habe eine umständliche und schwerfällige Art. Potentielle Arbeitgeber schrecke möglicherweise auch sein fortgeschrittenes Alter und – mehr noch – seine sehr lückenhafte berufliche Biografie ab. All dies möge erklären, warum der Kläger schon seit langem arbeitslos sei. Mit einer Behinderung im Sinne des § 19 SGB III habe das allerdings nichts zu tun. Es bestehe auch kein Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Leistung zur Teilhabe nach dem SGB VI, da er die Wartezeit von 15 Jahren nicht erfülle und somit die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht gegeben seien. Das Urteil ist mit einem vollständigen Rubrum und einer qualifizierten elektronischen Signatur des Kammervorsitzenden versehen. Der Name des Kammervorsitzenden ist am Ende des Urteils nicht aufgeführt.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat gegen das ihm am 03.09.2020 zugestellte Urteil am Montag, den 05.10.2020, Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt.
Mit richterlicher Verfügung vom 25.11.2020, dem Kläger zugestellt am 01.12.2020, wurde dem Klägerbevollmächtigtem unter Hinweis auf die Vorschrift des § 106a Abs. 2 Nr. 1 SGG eine Frist zur Begründung der Berufung bis zum 30.12.2020 gesetzt.
Nachdem der Kläger seinem Prozessbevollmächtigten das Mandat entzogen hatte, hat die Berichterstatterin mit Verfügung vom 03.02.2021, dem Kläger zugestellt am 09.02.2021, dem Kläger nochmals unter Hinweis auf die Vorschrift des § 106a Abs. 2 Nr. 1 SGG eine Frist zur Begründung der Berufung bis zum 10.03.2021 gesetzt.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 08.04.2021 zur Berufungsbegründung vorgetragen, dass entgegen der Auffassung des SG sowie der Beklagten bei ihm eine Behinderung nach § 19 SGB III vorliege. Seit Juni 2015 sei bei ihm eine gesetzliche Betreuung aufgrund einer festgestellten Behinderung eingerichtet worden. Zudem liege seit dem 25.08.2016 ein Grad der Behinderung von 30 vor. Dies sei der Beklagten auch bekannt, da er einen Antrag auf Gleichstellung bei der Beklagten gestellt habe. Auch könne man entgegen der Auffassung des SG aus dem zweiwöchigen Praktikum im Klinikum K nicht ableiten, dass er vollschichtig arbeitsfähig sei. Es habe sich nicht um eine Vollzeitarbeitsstelle gehandelt, sondern es habe nur eine Arbeitszeit von 4 Stunden am Tag umfasst. Auch der im Jahr 2018 für ein halbes Jahr in einem Pflegeheim ausgeübte „2-Euro-Job" sei ebenfalls nur halbtags (4h/Tag) ausgeführt worden. Es liege auch keine nur leichtgradige Erkrankung vor. Die Diagnose von H. einer „Dysthymie", verbunden mit „rezidivierenden depressiven Phasen“ sei vom SG dahingehend verfälscht worden, als lediglich die harmlosere Dysthymie in den Vordergrund gerückt worden sei. Der letzte Aufenthalt in der Psychiatrie des städtischen Klinikums K stelle dagegen die Diagnose einer „rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig schwere depressive Episode". Er sei seit 1992 durchgehend in psychiatrischer Behandlung, immer wegen Depressionen verschiedener Schweregrade, teilweise suizidal. Er habe fast durchgehend Medikamente nehmen müssen und habe verschiedene mehrmonatige Krankenhausaufenthalte durchlaufen. Man müsse daher von einer durchgängigen chronischen Depression im Sinne des ICD sprechen. Auch das Jobcenter halte ihn nicht für vollständig arbeitsfähig, wie die Eingliederungsvereinbarungen belegten, welche lediglich eine „Stabilisierung der Lebenssituation" vorsahen. Anstatt einer Auflage zur Bewerbung seien ihm vom Jobcenter niederschwellige Coachingmaßnahmen bewilligt worden. Er sei zwar nicht vollschichtig arbeitsfähig, jedoch arbeitswillig, wie die Praktika und die 2-Euro-Jobs bewiesen hätten. Bei einer entsprechenden Förderung im Rahmen einer beruflichen Reha bestehe die Chance für eine vollständige Teilnahme am Arbeitsleben.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 31.08.2020 sowie den Bescheid vom 09.12.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.01.2020 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Betreuungsakte des Klägers (Az: 1 XVII 566/15) vom Amtsgericht Karlsruhe zum Verfahren beigezogen.
Der S1 hat den Kläger im Verfahren 1 XVII 566/15 am 16.06.2015 begutachtet. Er hat eine mittelgradige depressive Episode mit deutlich niedergedrückter Stimmungslage, einen Interessenverlust, eine Antriebs- und Freudlosigkeit und eine mangelnde Fähigkeit, auf Ereignisse oder Aktivitäten emotional zu reagieren, diagnostiziert und eine Betreuung zur Klärung und Regelung der finanziellen Situation und der Vermögens- und Wohnungsangelegenheiten befürwortet (vgl. Bl. 15 bis 27 der Betreuungsakte).
Mit Beschluss vom 10.07.2015 hat das Amtsgericht Karlsruhe – Betreuungsgericht – Frau S2 zur Betreuerin für die Aufgabenkreise Gesundheitsfürsorge, Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern und Wohnungsangelegenheiten bis zum 10.07.2017 bestellt (vgl. Bl. 45 bis 49 der Betreuungsakte).
H, hat in einem Gutachten vom 26.07.2017 eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode diagnostiziert und eine Verlängerung der Betreuung in den Aufgabengebieten Verkehr mit Behörden und Sozialleistungsträgern befürwortet (vgl. Bl. 65 bis 67 der Betreuungsakte).
Das Amtsgericht Karlsruhe hat die Betreuung mit Beschluss vom 13.09.2017 in dem Aufgabenkreis Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern verlängert (vgl. Bl. 81 bis 85 der Betreuungsakte).
H hat am 23.08.2019 in einem weiteren Gutachten eine rezidivierende depressive Störung und eine Dysthymie diagnostiziert und eine Betreuung in den Aufgabenkreisen Gesundheitsfürsorge und Wohnungsangelegenheiten für erforderlich gehalten.
Mit Beschluss vom 14.02.2020 hat das Amtsgericht Karlsruhe die Betreuung in dem Aufgabenkreis Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern bis zum 01.03.2021 verlängert (vgl. Bl. 131 bis 135 der Betreuungsakte).
Die Betreuungsbehörde der Stadt K hat am 10.03.2021 einen Bericht erstellt, wonach die Voraussetzungen für eine rechtliche Betreuung nicht mehr vorlägen und eher ein Bedarf an Alltagsstrukturierung bestehe (vgl. Bl. 155 bis 159 der Betreuungsakte).
Mit Beschluss vom 19.04.2021 hat das Amtsgericht Karlsruhe die Betreuung aufgehoben (vgl. Bl. 163 bis Bl. 165 der Betreuungsakte).
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, die beigezogene Verfahrensakte 1 XVII 566/15 des Amtsgerichts Karlsruhe sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 09.12.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.01.2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu. Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden.
Der Zulässigkeit der Berufung steht nicht entgegen, dass das erstinstanzliche Urteil entgegen § 65a Abs. 7 Satz 1 SGG zwar mit einer qualifizierten elektronischen Signatur, nicht aber Ende mit dem Namen der verantwortenden Person, dem Namen des Kammervorsitzenden, versehen ist (vgl. hierzu auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.06.2021, L 6 U 1890/19, nicht veröffentlicht). Ein Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung wird mit seiner Verkündung wirksam, auch wenn es nicht unterschrieben ist. Es ist wirksam, aber verfahrensfehlerhaft (vgl. Keller in Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 13. Auflage, 2020, § 134 Rdnr. 2c). Hierbei handelt es sich auch nicht um eine sogenannte Scheinentscheidung (vgl. hierzu BVerfG, Dreierausschussbeschluss vom 17.01.1985, 2 BvR 498/84, Rdnr. 2f sowie BGH, Urteil vom 31.05.2007, X ZR 172/04, Rdnr. 12 beide juris), da der Kammervorsitzende das Urteil zunächst verkündet und dann bei der schriftlichen Abfassung signiert hat. Die Entscheidung ist daher dem gesetzlich bestimmten Richter ohne jeden Zweifel zuzuordnen, da sie von ihm mit der erforderlichen richterlichen Willensäußerung durch Verkündung in der mündlichen Verhandlung vom 31.08.2020 erlassen und durch Signatur unterschrieben wurde.
Dies entspricht nach Ansicht des Senats auch der gesetzgeberischen Intention bei der Neufassung des § 65a Abs. 3 SGG. Im Entwurf der Bundesregierung (vgl. BT-Drs. 15/4067, S. 31) zum inhaltsgleichen § 130b ZPO wird ausgeführt, dass die handschriftliche Unterzeichnung durch eine qualifizierte elektronische Signatur des Richters, Rechtspflegers, Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder Gerichtsvollziehers ersetzt wird. Zudem haben die Signierenden ihren Namen am Ende des Dokuments anzugeben, damit für den Leser nachvollziehbar ist, wer das Dokument verantwortet. Als mögliche Formmängel werden das Auseinanderfallen von Namensangabe und Signatur sowie das Fehlen der Signatur erwähnt. Die Rechtsfolgen dieser Mängel der elektronischen Form sind – wie die entsprechenden Mängel der Schriftform – nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt. Über die Rechtsfolgen binnenjustizieller Formmängel sollte wie bisher die Rechtsprechung entscheiden; auf die Rechtsprechung zu den Folgen einer fehlenden richterlichen Unterschrift (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl. § 315, Rn. 2 f.) wurde in der BT-Drs. 15/4067 Seite 31 hingewiesen. Damit wird sichergestellt, dass sich – wie bei einem eingehenden elektronischen Dokument (§ 130a) – die Wirksamkeit eines formvorschriftswidrigen elektronischen Dokuments nach demselben Maßstab richtet wie die Wirksamkeit der Schriftform (vgl. BT-Drs., a.a.O.).
Maßgeblich ist insoweit, dass für den Empfänger des Dokuments erkennbar ist, wer dieses verfasst und verantwortet hat und dass insoweit der Namen der signierenden Personen offengelegt wird. Dieser Zweck wird bei einem Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung bereits durch die Anwesenheit der entscheidenden Richterbank und die Verkündung erreicht. Sofern die Berufsrichter des Senats oder wie im vorliegenden Fall der Vorsitzende Richter, welche bei der mündlichen Verhandlung das Urteil mündlich verkündet hat, mit demjenigen übereinstimmt, welcher das schriftliche Urteil signiert hat, ist der Offenbarungs- und Beurkundungsfunktion genüge getan. Dies zeigt auch die Tatsache, dass die jeweiligen Vorschriften über die Ausfertigung von Entscheidungen nach den § 317 ZPO, § 137 SGG keine ausdrücklichen Verweise auf § 65a Abs. 7 Satz 1 SGG enthalten und lediglich auf die Unterschrift Bezug nehmen. Nach der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 15/4067, S. 34) ist das elektronische Urteil von dem Richter qualifiziert elektronisch zu signieren. Der Empfänger des elektronischen Urteils kann sich durch die Signaturprüfung die Sicherheit verschaffen, dass das Urteil mit dem „Original“ übereinstimmt und nicht manipuliert und verändert wurde. Die qualifizierte Signatur des Urteils ersetzt zudem das auf der Papierausfertigung vorgesehene Gerichtssiegel. Diese Ausführungen zeigen, dass die wesentliche Authentifizierung und Beurkundung durch das Anbringen der Signatur als elektronischem Unterschriftsersatz erfolgt. Der Namenszusatz am Ende des Urteils wird dagegen nicht erwähnt.
Zu beachten ist auch, dass eine Signatur nur erzeugt werden kann, wenn der Signierende die entsprechende Signaturkarte hat und seine persönliche PIN eingibt. Die so erzeugte Signatur entspricht daher nach dem Sicherheitsstandard der unersetzbaren Unterschrift nach § 134 Abs. 1 SGG bzw. § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG, welche der Beurkundung, dass das Urteil dem gefällten Urteil entspricht, also die schriftlich abgefassten Entscheidungsgründe mit dem Beratungsergebnis übereinstimmen, dient (vgl. hierzu Schütz in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl., § 134 SGG, Rdnr. 6ff). Im Unterschied dazu kann der Namenszusatz am Ende der Entscheidung von jedem eingefügt werden, welcher Zugriff auf die entsprechende Datei hat, ohne dass dies von weiteren Sicherheitsvorkehrungen abhängig ist. Durch das Anbringen der Signatur erhält das elektronische Urteil dagegen eine endgültige, nicht mehr abänderbare Form. Die Signatur ist somit die elektronische Unterschrift am Ende des Urteils (vgl. auch BSG, Beschluss vom 03.08.2016, B 6 KA 5/16 B, juris). Ein elektronisches Dokument kann zudem nur als Ganzes und nicht „am Anfang“ oder „am Ende“ signiert werden, so dass auch die Abschlussfunktion gewahrt ist. Auch für den Empfänger einer Abschrift oder einer einfachen Kopie dieses Urteils ergibt sich aus der Namensangabe des erkennenden Richters im Rubrum, welcher Richter das Urteil verantwortet. Das Anbringen des Namenszusatzes führt dagegen zu keiner endgültigen Form. Es erfolgt auch keine Verlinkung oder dergleichen zur Nachverfolgung desjenigen, der den Namenszusatz angebracht hat. Aus diesen Gründen ist es nicht sachgerecht, das Fehlen der Namensnennung am Ende der Entscheidung nach § 65a Abs. 7 Satz 1 SGG mit dem Fehlen der Unterschrift nach §§ 134 Abs. 1, 153 Abs. 3 Satz 1 SGG gleichzusetzen. Allein das Fehlen der Namensnennung macht die Entscheidung nicht zu einem Scheinurteil. Zudem kann der vom Gesetzgeber verfolgte Zweck der Offenlegung der bei der Entscheidung beteiligten Personen auch durch einen Abgleich der Signaturen mit der im Rubrum der Entscheidung aufgeführten Richterbank erreicht werden. Die fehlende Nennung des Namens des erkennenden Richters am Ende des Urteils verstößt somit zwar gegen § 65a Abs. 7 Satz 1 SGG, führt jedoch nicht zur Unwirksamkeit des Urteils. Ob es im Fall eines Urteils im schriftlichen Verfahren oder im Fall einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid oder Beschluss zur Erfüllung der Offenbarungsfunktion ausreicht, dass der Name des Entscheiders aus dem Rubrum erkennbar ist, ist im vorliegenden Fall nicht entscheidungsrelevant und kann daher dahingestellt bleiben (vgl. hierzu LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.02.2021, L 7 AS 3588/20 B, nicht veröffentlicht).
Das Verfahren ist infolge des Verfahrensfehlers nicht nach § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG an das SG zurückzuverweisen. So ist zum einen Voraussetzung für eine Zurückverweisung neben dem Vorliegen eines Verfahrensfehlers, dass aufgrund dieses Verfahrensfehlers eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist, was bei einem Verstoß gegen § 65a Abs. 7 Satz 1 SGG für sich betrachtet regelmäßig nicht der Fall ist. Zudem steht eine Zurückverweisung nach § 159 Abs. 1 Nr. 2 und auch nach Nr. 1 SGG im Ermessen („kann“) des LSG (vgl. Adolf, in: Schlegel/Voelzke, SGG, 1. Aufl. 2017, Stand: 15. Juli 2017, § 159 Rdnr. 22). Vorliegend sprechen nach Ansicht des Senats die bei der Ermessensausübung zu beachtenden Gesichtspunkte der Prozessökonomie und der zügigen Erledigung des Rechtsstreits (vgl. Adolf, a. a. O., § 159 Rdnr. 23; Keller, a. a. O., § 159 Rdnr. 5a) gegen eine Zurückverweisung des Verfahrens an das SG.
Die Beklagte ist zuständiger Rehabilitationsträger, weil der Rentenversicherungsträger den Antrag fristgemäß weitergeleitet hat (vgl. § 14 Abs. 1 und 2 Sozialgesetzbuch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen – SGB IX -). Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX stellt der sog erstangegangene Rehabilitationsträger, bei dem Leistungen zur Teilhabe beantragt sind, binnen zwei Wochen nach Eingang des Antrags bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist. Wird der Antrag - wie hier - weitergeleitet, stellt der zweitangegangene Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest (§ 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX). Die in § 14 Abs. 1 und 2 SGB IX geregelte Zuständigkeit erstreckt sich dann im Außenverhältnis (behinderter Mensch/Rehabilitationsträger) auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation für Rehabilitationsträger vorgesehen sind (dazu grundlegend BSG, Urteil vom 20.04.2016, B 8 SO 20/14 R, juris). Im Verhältnis zum behinderten Menschen wird dadurch eine eigene gesetzliche Verpflichtung des Trägers begründet, die - vergleichbar der Regelung des § 107 SGB X - einen endgültigen Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Leistungen in diesem Rechtsverhältnis bildet (vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.11.2016, L 18 AL 19/16, juris). Die Beklagte hat den Teilhabeantrag auch nicht als zweitangegangener Träger im Einvernehmen mit dem nach ihrer Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger nach § 14 Abs. 3 SGB IX an diesen weitergeleitet.
Eine solche Zuständigkeit außerhalb des SGB III ist hier aber ohnehin nicht ersichtlich. Eine Leistungspflicht des Rentenversicherungsträgers scheidet – wie auch das SG zutreffend erkannt hat - schon deshalb aus, weil der Kläger nicht die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 11 SGB VI erfüllt. Auch eine Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers scheidet aus, da der Kläger keine Leistungen der Sozialhilfe bezieht und auch keine Eingliederungsleistungen nach den §§ 53 ff. SGB XII in Betracht kommen (vgl. BSG, Urteil vom 25.02.2015, B 3 KR 13/13 R, juris, Rdnr. 50). Eine (notwendige, vgl. § 75 Abs. 2 Alt 1 SGG) Beiladung weiterer Leistungsträger als mögliche Leistungsverpflichtete kam daher nicht in Betracht.
Gemäß § 112 Abs. 1 SGB III können für behinderte Menschen Leistungen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben erbracht werden, um ihre Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben zu sichern, soweit Art oder Schwere der Behinderung dies erfordern. Nach § 112 Abs. 2 SGB III sind bei der Auswahl der Leistungen Eignung, Neigung, bisherige Tätigkeit sowie Lage und Entwicklung des Arbeits-marktes angemessen zu berücksichtigen. Soweit erforderlich, ist auch die berufliche Eignung abzuklären oder eine Arbeitserprobung durchzuführen.
„Behindert“ im Sinne des SGB III sind nach § 19 SGB III Menschen, deren Aussichten, am Arbeitsleben teilzuhaben oder weiter teilzuhaben, wegen Art oder Schwere ihrer Behinderung im Sinne des § 2 Abs. 1 SGB IX nicht nur vorübergehend wesentlich gemindert sind und die deshalb Hilfen zur Teilhabe am Arbeitsleben benötigen; dem stehen Menschen gleich, denen eine Behinderung mit diesen Folgen droht. Eine Behinderung im arbeitsförderungsrechtlichen Sinne liegt nach § 19 Abs. 1 SGB III nicht schon dann vor, wenn Menschen körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können (so § 2 Abs. 1 SGB IX). Vielmehr ist arbeitsförderungsrechtlich erforderlich, dass eine Behinderung des Betroffenen i.S.d. § 2 Abs. 1 SGB IX dessen Beeinträchtigung der Teilhabe am Arbeitsleben zur Folge hat und deshalb Hilfen zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich sind (Schubert/Schaumberg in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 2. Aufl., § 112 SGB III, Rdnr. 49). Relevant sind somit nicht jegliche Behinderungen, sondern nur solche, die sich beruflich auswirken (Becker in: Eicher/Schlegel, SGB III, § 19 Rdnr. 30; Timme in: Hauck/Noftz, SGB III, § 19 Rdnr. 13). § 19 Abs. 1 SGB IX ist dreistufig ausgerichtet (vgl. Kamanski in: Brand, SGB III, § 112 SGB III Rdnr. 11). Zunächst ist das Vorliegen einer Behinderung i.S.d. § 2 Abs. 1 SGB IX festzustellen (1. Stufe). Dem schließt sich die Feststellung an, ob durch diese Behinderung auch die Teilhabe am Arbeitsleben beeinträchtigt ist (2. Stufe), zu deren Überwindung Hilfen zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich sind (3. Stufe).
Es ist daher zunächst anhand medizinischer/psychologischer Diagnostik zu prüfen, ob eine körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigung vorliegt. Kann dies bejaht werden, so ist in einem 2. Schritt zu prüfen, ob diese Beeinträchtigung den Betroffenen in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern kann (Schubert/Schaumberg in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 2. Aufl., § 112 SGB III, Rdnr. 52f).
Gemessen an diesen Vorgaben liegt beim Kläger eine seelische Beeinträchtigung vor. Der Kläger leidet, wie der Senat der sachverständigen Zeugenaussage des behandelnden H. vom 16.07.2020 gegenüber dem SG entnimmt, an einer rezidivierenden depressiven Störung vor dem Hintergrund einer Dysthymie. Der Senat stellt zudem fest, diese Erkrankung den Kläger neben den weiteren bestehenden Vermittlungshemmnissen in Gestalt der sehr lückenhaften Erwerbsbiographie mit fehlender Berufserfahrung und Arbeitserfahrung des Klägers ein Hindernis für die gleichberechtigte Teilhabe des Klägers an der Gesellschaft darstellt. Dies zeigt auch die Tatsache, dass mit Beschluss des Amtsgerichts Karlsruhe vom 10.07.2015 eine Betreuung des Klägers für die Teilbereiche Gesundheitsfürsorge, Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern sowie Wohnungsangelegenheiten vom Amtsgericht eingerichtet wurde. Es liegt somit eine Behinderung gemäß § 2 Abs. 1 SGB IX vor.
Nicht jede Behinderung führt jedoch zwangsläufig zur Eigenschaft als behinderter Mensch i. S. des § 19 SGB III, wenngleich etwa die Behinderteneigenschaft i. S. des SGB IX durchaus vorliegen kann (vgl. Timme in: Hauck/Noftz, SGB, 12/19, § 19 SGB III, Rdnr. 13ff). Vielmehr ist darüber hinaus Voraussetzung, dass durch die Behinderung die Aussicht, am Arbeitsleben teilzuhaben oder weiter teilzuhaben, nicht nur vorübergehend wesentlich gemindert ist. Damit setzt der Behindertenbegriff einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Behinderung und der Minderung der Aussichten am Arbeitsmarkt voraus. Dabei ist ausreichend, dass die Behinderung eine wesentliche Mitursache der Minderung der Aussichten am Arbeitsmarkt ist (Kloster in NK-SGB III, 6.Auflage 2017, § 19 Rdnr. 29; Kühl in Brand, SGB III, 8.Auflage 2018, § 19 Rdnr. 5). Steht der Betroffene noch in einem Arbeitsverhältnis, kommt es darauf an, ob ihn die Behinderung gerade an seinem konkreten Arbeitsplatz so einschränkt, dass die Fortsetzung dieser Tätigkeit ausgeschlossen oder zumindest gefährdet ist (Timme, a.a.O., Rdnr. 14). Ist der Betroffene – wie im vorliegenden Fall - arbeitslos oder geht es ihm um den Wechsel in ein neues Arbeitsfeld, ist nicht mehr auf die bisherige Tätigkeit abzustellen; vielmehr bemisst sich die Beeinträchtigung der Teilhabe dann auch an anderen zumutbaren Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, die den Kriterien des § 140 SGB III genügen (Timme, a.a.O., Rdnr. 16 mwN.). Weitere Voraussetzung der Behinderteneigenschaft nach § 19 Abs. 1 SGB III ist die wegen der Behinderung notwendige Hilfe zur Teilhabe am Arbeitsleben (Timme, a.a.O., Rdnr. 18ff). Notwendig als weitere Leistungsvoraussetzung ist die Leistung, wenn der Betroffene ihrer wegen der auf die Behinderung zurückgehende Minderung der Aussichten, am Arbeitsleben (weiter) teilzuhaben, bedarf (Kloster in NKSGB III, 6. Auflage 2017, § 19 Rdnr. 26).
Gemessen an diesen Vorgaben hat das SG zutreffend festgestellt, dass beim Kläger keine Behinderung gemäß § 19 Abs. 1 SGB III vorliegt. Der Kläger war in der Lage, das zweiwöchige Praktikum beim Klinikum K sowie 2-Euro-Jobs zu absolvieren. Insofern kommt das SG auch unter Berücksichtigung des von H. in der sachverständigen Zeugenaussage vom 16.07.2020 mitgeteilten Schweregrades der Erkrankung des Klägers zutreffend zu der Einschätzung, dass die psychische Erkrankung nur leicht- bis mittelgradig ausgeprägt ist und daher nicht jegliche Erwerbstätigkeit ausschließt. Dies entspricht auch der Einschätzung von B in seinem Gutachten für die Beklagte vom 27.10.2016, wonach noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen für täglich 6 Stunden und mehr besteht. Es ist zu beachten, dass in erster Linie nicht die Behinderung des Klägers durch seinen Gesundheitszustand, sondern die daneben bestehenden Vermittlungshemmnisse in Gestalt der Persönlichkeitsmerkmale des Klägers sowie seine lückenhafte Erwerbsbiographie die berufliche Integration des Klägers erschweren. Diese Faktoren sind jedoch, wie das SG zu Recht ausführt, nicht als Behinderung im Sinne des § 19 SGB III anzusehen. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung diesbezüglich aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Aus der am 12.04.2021 eingereichten Berufungsbegründung des Klägers sowie der weiteren Sachverhaltsermittlungen des Senats im Berufungsverfahren folgt keine anderweitige Bewertung des Sachverhaltes.
Soweit der Kläger anführt, dass entgegen der Auffassung des SG eine Behinderung bei ihm vorliege und zur Begründung auf die gesetzliche Betreuung und den festgestellten GdB von 30 verweist, verkennt er, dass § 19 SGB III nicht mit dem Behinderungsbegriff des § 2 SGB IX identisch ist. § 19 SGB III beinhaltet eine eigenständige, vor die Klammer gezogene und damit für das gesamte SGB III geltende Definition des Begriffs der Behinderung. Sie ist enger gefasst als § 2 SGB IX, auf den sie explizit Bezug nimmt. Hintergrund ist, dass die Leistungen des SGB III allein auf die Eingliederung in den Arbeitsmarkt, nicht aber auf die allgemeine soziale Teilhabe behinderter Menschen ausgerichtet sind (vgl. Janda in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 2. Aufl., § 19 SGB III, Rdnr. 6f). Die Voraussetzungen des arbeitsförderungsrechtlichen Behinderungsbegriffs nach § 19 SGB III sind jedoch - wie das SG zutreffend ausgeführt hat – nicht erfüllt. Die im Juni 2015 eingerichtete Betreuung und bis zum 10.07.2017 befristete Betreuung ändert hieran nichts. Aus den Verbis-Einträgen in der Verwaltungsakte der Beklagten geht hervor, dass der Kläger den Kontakt mit der Beklagten selbst wahrnimmt und insofern eigenständig handelt. Auch hat der Kläger in der Vergangenheit mehrere Arbeitsgelegenheiten und Coachingmaßnahmen wahrgenommen. Aus der von Juli 2015 bis April 2021 angeordneten Betreuung folgt somit keine anderslautende Bewertung des Sachverhalts, zumal die Aufhebung der Betreuung ebenfalls dafürspricht, dass der Kläger selbstständig am Erwerbsleben teilnehmen kann.
Der Einwand des Klägers, er habe bislang bei dem Praktikum im Klinikum K sowie den 2-Euro-Jobs lediglich höchstens 4 Stunden pro Tag gearbeitet, vermag nicht zu belegen, dass er nicht in der Lage ist, auch mehr als 4 Stunden pro Tag zu arbeiten. Dass bislang keine Vollzeittätigkeit aufgenommen wurde, liegt an den in der Erwerbsbiographie und der Persönlichkeit des Klägers wurzelnden Vermittlungshindernissen. Eine Rechtfertigung für eine zeitliche Leistungs-einschränkung folgt dagegen hieraus nach Überzeugung des Senats nicht. Dies gilt auch für die von H gestellten Diagnose einer rezidivierenden depressiven Störung vor dem Hintergrund einer Dysthymie. Der Begriff der rezidivierenden depressiven Störung sagt noch nichts über den Schweregrad aus, sondern beinhaltet lediglich die Aussage einer wiederkehrenden Symptomatik. Diese war nach Aussage von H wechselnd ausgeprägt. Der Kläger befand sich jedoch nach der stationären Behandlung im Jahr 2017 nicht mehr in stationärer oder teilstationärer Behandlung. Die Behandlungsfrequenz bei H mit ein bis zwei Behandlungen im Quartal ist niederfrequent und erklärt somit die von H gestellte Diagnose einer Dysthymie als leichtgradig ausgeprägter depressiver Verstimmung. Eine wesentliche Änderung des Gesundheitszustandes war nach Aussage von H nicht festzustellen. H spricht insoweit von einer Stabilisierung auf unterem Level. Den von H mitgeteilten Behandlungsdaten und Befunden kann der Senat keine schwerwiegenden Leistungseinschränkungen entnehmen. Insofern stehen die von H mitgeteilten Diagnosen und Befunde einer Vermittlung des Klägers in eine leichte Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht entgegen. Dass diese sich bislang schwierig gestaltet, ist wesentlich den nicht behinderungsbedingten Vermittlungshindernissen in Gestalt der sehr lückenhaften Erwerbsbiographie und der hierdurch bedingten Anpassungsschwierigkeiten des Klägers an die Anforderungen der Arbeitswelt geschuldet. Der Senat stimmt auch insoweit der Einschätzung des SG zu, wonach diese Faktoren keine Behinderung im Sinne von § 19 SGB III darstellen.
Auch entnimmt der Senat der beigezogenen Betreuungsakte des Amtsgerichts Karlsruhe (Az: 1 XVII 566/15), dass der Kläger im Laufe der seit Juli 2015 angeordneten Betreuung zunehmend Selbstständigkeit erlangt hat. Die Betreuungsbehörde der Stadt K führt in ihrem Bericht vom 10.03.2021 aus, dass der Kläger im Beisein der Betreuerin seine Post öffnet und seine Angelegenheiten dann weitgehend selbstständig regelt, wobei er meist die Bestätigung oder Rückversicherung der Betreuerin einholt. Es handelt sich nach Angabe der Betreuerin Selle eher um eine psychosoziale Betreuung bzw. um ein Ritual des Klägers. Dieser habe einen hohen Bedarf an sozialer Unterstützung und Zuspruch. Es sei allerdings fraglich, inwieweit dieser über eine rechtliche Betreuung gedeckt werden könne. Der Kläger sei sehr fordernd und suche die Schuld gerne bei anderen. Er regle seine Vermögenssorge selbst und kümmere sich auch im Rahmen einer Vollmacht um seinen Vater, welcher in einer betreuten Wohnform lebe. Die Betreuerin S sei mit der Aufhebung der Betreuung einverstanden, da der Bedarf des Klägers eher in der durch die Termine gegebenen Tagesstrukturierung liege und nicht im gesetzten Aufgabenkreis. Die Ausführungen im Bericht vom 10.03.2021 belegen, dass der Kläger wieder selbst in der Lage ist, seine Angelegenheiten zu regeln, auch wenn er die Vorteile der Betreuung nach wie schätzt und nach seinen Aussagen im Bericht vom 10.03.2021 gerne behalten möchte. Auch kümmert er sich um die Angelegenheiten seines Vaters. Die der Einrichtung der Betreuung im Juli 2015 zugrundeliegende Überforderungssituation und Antriebslosigkeit liegt nach dem Bericht vom 10.03.2021 nicht mehr vor. Der Kläger ist nach Überzeugung des Senats angesichts der wiedererlangten Selbstständigkeit auch in der Lage, eine leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben und in eine solche vermittelt zu werden. Dies würde zudem zur gewünschten Alltagsstrukturierung beitragen. Im Übrigen durchläuft der Kläger nach den Angaben im Bericht vom 10.03.2021 derzeit bereits eine Coachingmaßnahme des AfB. Der Kläger selbst hat in seiner Stellungnahme vom 15.04.2021 gegenüber dem Amtsgericht Karlsruhe bestätigt, dass es in den letzten Jahren tendenziell aufwärtsgegangen sei und er langfristig die Betreuung nicht benötige, auch wenn er sie derzeit infolge der Belastungen durch die Corona - Pandemie noch für erforderlich hält.
Die Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.