1. Wesentlicher Vertragsbestandteil ("essentialia negotii") eines zivilrechtlichen Vermittlungsvertrages zwischen einem privaten Arbeitsvermittler und einem Arbeitsuchenden ist die Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit der Vertragsparteien.
2. Wegen des besonderen Schutzbedürfnisses der Arbeitsuchenden kommt dem Gebot der Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit in Bezug auf die wesentlichen Vertragsbestandteile bei einem Vermittlungsvertrag eine besondere Bedeutung zu.
3. Vertragsmuster von Vermittlungsverträgen sind nicht Gegenstand der Zertifizierung im Sinne der §§ 176 SGB III.
I. Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Dresden vom 10. Dezember 2020 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst zu tragen hat.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert wird auf 1.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin, ein privates Arbeitsvermittlungsunternehmen, begehrt vom Beklagten die Zahlung einer Vermittlungsvergütung in Höhe von 1.000,00 EUR.
Die Klägerin ist ein zugelassener Träger im Sinne der Verordnung über die Voraussetzungen und das Verfahren zur Akkreditierung von fachkundigen Stellen und zur Zulassung von Trägern und Maßnahmen der Arbeitsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung Arbeitsförderung – AZAV) vom 2. April 2012 (BGBl. I. S. 504) (Zertifikat der DEKRA Certification GmbH vom 9: November 2017 für den Standort A...., Zertifikats-Registrier-Nr.: …., gültig vom 26. November 2017 bis zum 25. November 2022).
Die REGIO Gruppe, zu der unter anderem die Klägerin gehört, und der mit Beschluss des Sozialgerichtes vom 12. Dezember 2018 Beigeladene schlossen am 9. April 2018 einen Vermittlungsvertrag.
Die Agentur für Arbeit Y.... stellte dem in X.... wohnenden Beigeladenen am 6. Juni 2015 einen vom 5. April 2018 bis zum 4. Juli 2018 gültigen Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein zur Auswahl eines zugelassenen Trägers (private Arbeitsvermittlung) für die Arbeitsvermittlung in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im "Wohnort und Umkreis 20km" über 2.000,00 EUR aus. In der unter der Überschrift "Nebenbestimmungen" enthaltenen Passage "Vermittlungsvergütung" sind die Voraussetzungen für eine Zahlung der Vergütung an den privaten Arbeitsvermittler aufgelistet. Danach wird unter anderem eine "Mindestens sechswöchige Dauer der vermittelten Beschäftigung" gefordert.
Die Fa. W.... GmbH (Y.... ) gab in der Vermittlungs- und Beschäftigungsbestätigung vom 6. Juli 2018 an, dass sie mit dem Beigeladenen am 17. April 2018 einen Arbeitsvertrag auf Dauer und einer wöchentlichen Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden geschlossen habe. Das Beschäftigungsverhältnis habe vom 23. April 2018 bis zum 4. Juni 2018 bestanden. Vom 14. Mai 2018 bis zum 18. Mai 2018 sei kein Arbeitsentgelt gezahlt worden. Der Beigeladene sei durch die Klägerin vermittelt worden. In dem Formular der Bestätigung ist zu den Antwortalternativen "nach sechswöchiger Dauer des Beschäftigungsverhältnisses" und "nach sechsmonatiger Dauer des Beschäftigungsverhältnisses" in einer Fußnote vermerkt: "Zeiten ohne Arbeitsentgelt verlängern die Fristen von sechs Wochen bzw. sechs Monaten entsprechend."
Die Klägerin beantragte mit dem am 6. Juli 2018 unterschriebenen Formular die Auszahlung einer Vermittlungsvergütung in Höhe einer ersten Rate von 1.000,00 EUR.
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 16. Juli 2018 ab, weil dem Beigeladenen in der Zeit vom 14. Mai 2018 bis zum 18. Mai 2018 kein Arbeitsentgelt gezahlt worden sei. Aus der Vermittlungs- und Beschäftigungsbestätigung ergebe sich, dass Zeiten ohne Arbeitsentgelt die Fristen entsprechend verlängern würden.
Die Klägerin legte mit Schreiben vom 16. August 2018 Widerspruch ein. Ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis liege auch in Zeiten vor, in denen kein Arbeitsentgelt gezahlt worden sei.
In der Arbeitsbescheinigung vom 27. Juni 2018 gab die Fa. W.... GmbH an, dass der Beigeladene in der streitbefangenen Zeit Krankengeld in den ersten vier Wochen der Beschäftigung erhalten habe.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20. August 2021 zurück. Die für die Auszahlung der Vermittlungsvergütung erforderliche Beschäftigungsdauer von sechs Wochen richte sich nach § 26 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) in Verbindung mit § 157 Abs. 2, § 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Ausschlaggebend für den Beginn der Frist sei der Tag der tatsächlichen Arbeitsaufnahme. Dies sei vorliegend der 23. April 2018. Voraussetzung für die Zahlung von 1.000,00 EUR sei unter anderem eine ununterbrochene Beschäftigung von mindestens sechs Wochen, für den Restbetrag von mindestens sechs Monaten, in dem durch den Träger der privaten Arbeitsvermittlung vermittelten Beschäftigungsverhältnis. Die erforderlichen sechs Wochen oder sechs Monate dauernde Beschäftigung sei durch Zeitablauf zu erfüllen. Zeiten ohne Arbeitsentgelt zählten als unschädliche Unterbrechung (z.B. Krankengeldbezug), verlängerten jedoch den sechswöchigen oder sechsmonatigen Zeitraum. Die Beschäftigungszeit des Beigeladenen vom 23. April 2018 bis zum 4. Juni 2018 habe zwar mit sechs Wochen und einem Tag mehr als die erforderlichen sechs Wochen Beschäftigung betragen; jedoch habe für die Zeit vom 14. Mai 2018 bis zum 18. Mai 2018, also für fünf Tage, kein Anspruch auf Arbeitsentgelt. Um diese fünf Tage sei der erforderliche sechswöchige Zeitraum zu verlängern. Ein Anspruch auf die Vermittlungsvergütung bestehe im vorliegenden Fall also erst nach einer Beschäftigungsdauer vom 23. April 2018 bis zum 8. Juni 2018. Da jedoch das Beschäftigungsverhältnis des Beigeladenen bereits zum 4. Juni 2018 beendet worden sei, bestehe für die Klägerin kein Anspruch auf Zahlung der Vermittlungsvergütung.
Die Klägerin hat am 21. September 2018 Klage erhoben. Sie trägt vor, dass die im Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein enthaltenen Auszahlungsbedingungen erfüllt seien. Aus den Auszahlungsbedingungen werde nicht ersichtlich, dass ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne von § 7 des Sozialgesetzbuches Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV) nicht vorliege, wenn das Beschäftigungsverhältnis durch den Erhalt von Krankengeld unterbrochen werde. Eine solche Auslegung der Anspruchsvoraussetzungen könne von einem durchschnittlichen Bürger nicht erwartet werden. Dieses gelte vor allem schon auch vor dem Hintergrund, dass eine Differenzierung zwischen Arbeitsverhältnis und Beschäftigungsverhältnis oftmals misslinge.
Die Beklagte hat ihre im Widerspruchsbescheid niedergelegte Rechtsauffassung wiederholt.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 4. März 2020 das Ruhen des Verfahrens im Hinblick auf die beim Sächsischen Landessozialgericht anhängigen Berufungsverfahren Az. L 7 AS 975/19 und L 7 AS 1152/19 angeordnet. Nachdem im Verfahren Az. L 7 AS 975/19 ein Anerkenntnisurteil ergangen war, hat es das Verfahren fortgesetzt. Aus dem richterlichen Hinweis in der Niederschrift vom 16. Juli 2020 ergibt sich, dass der 7. Senat von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes, wonach für die Beurteilung der Dauer eines Beschäftigungsverhältnisses der Begriff des Beschäftigungsverhältnisses im leistungsrechtlichen Sinne gilt (vgl. BSG, Urteil vom 12. September 2019 – B 11 AL 13/18 R –), ausgegangen ist, und dass sich der Senat für die Annahme eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses auch während der Dauer des Krankengeldbezuges auf § 26 Abs. 2 Nr. 1 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) gestützt hat.
Die Beklagte hat im Schriftsatz vom 11. August 2020 aus dem Urteil des Bundessozialgerichtes vom 12. September 2019 hergeleitet, dass für die nach § 45 Abs. 6 Satz 5 SGB III erforderliche Beschäftigungsdauer die tatsächliche Ausübung der Beschäftigung maßgebend sei.
Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 10. Dezember 2020 die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides verurteilt, der Klägerin eine Vergütung in Höhe von 1.000,00 EUR für die Vermittlung des Beigeladenen zu zahlen. Die für den von der Klägerin geltend gemachten öffentlich-rechtlichen Zahlungsanspruch erforderlichen Voraussetzungen seien erfüllt. Das Sozialgericht hat die Rechtsauffassung des 7. Senates des Sächsischen Landessozialgerichtes übernommen und unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes ausgeführt, dass für die Beurteilung der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses der Begriff des Beschäftigungsverhältnisses im leistungsrechtlichen Sinn gelte. Für das Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinn sei die tatsächliche Eingliederung in den Betrieb entscheidend. Deshalb liege Beschäftigungslosigkeit im leistungsrechtlichen Sinn erst dann vor, wenn die tatsächliche Beschäftigung beendet werde und es an dem Willen der Parteien fehle, das Beschäftigungsverhältnis fortzusetzen. Insoweit sei auf den entsprechenden sozialversicherungspflichtigen Anknüpfungspunkt abzustellen. Zwar gelte vorliegend § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV wegen der Regelung des § 7 Abs. 3 Satz 3 SGB IV nicht. Jedoch greife die Vorschrift des § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III, wonach Personen versicherungspflichtig seien, die, wie der Beigeladene im streitbefangenen Zeitraum, von einem Leistungsträger Krankengeld bezögen. Aus diesem Grund sei im Falle des Beigeladenen die sechswöchige Dauer des Beschäftigungsverhältnisses gegeben.
Die Beklagte hat gegen den ihr am 14. Dezember 2020 zugestellten Gerichtsbescheid am 11. Januar 2021 Berufung eingelegt. Sie vertritt die Auffassung, dass eine sechswöchige Beschäftigung im Sinne des § 45 Abs. 6 Satz 5 SGB III nur gegeben sei, wenn die Voraussetzungen des § 25 SGB III erfüllt seien, also eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt vorliege. Der Hinweis des Sozialgerichts auf § 7 Abs. 3 SGB IV mache zusätzlich deutlich, dass jedenfalls bei Unterbrechung der Arbeitsentgeltzahlungen durch unter anderem den Bezug von Krankengeld die Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt nicht als fortbestehend gelte. Die in § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV enthaltene Regelung mache deutlich, dass das Gesetz bei Beendigung oder Unterbrechung der Arbeitsentgeltzahlung grundsätzlich von der Beendigung der Beschäftigung ausgehe. Ansonsten bedürfe es nicht der in dieser Regelung enthaltenen Fiktion. Diese sei dann durch § 7 Abs. 3 Satz 3 SGB IV für bestimmte Fälle des Sozialleistungsbezuges, unter anderem von Krankengeld, ausgeschlossen. Dieser Situation werde in den Fachlichen Weisungen zum Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein dadurch Rechnung getragen, dass sie davon ausgeht, dass Zeiten ohne Arbeitsentgelt als unschädliche Unterbrechung zählten, die jedoch den sechswöchigen oder sechsmonatigen Zeitraum entsprechend verlängern.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Dresden vom 10. Dezember 2020 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichtes für zutreffend:
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und keine Stellungnahme abgegeben.
Auf gerichtliche Anfrage nach dem Status der REGIO Gruppe hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2021 erklärt, dass die REGIO Gruppe keine Gesellschaft sei und auch nicht im Handelsregister eingetragen sei. Sie sei lediglich eine Sammelbezeichnung. Die REGIO Gruppe sei so bezeichnet worden, damit sämtliche Vertragsparteien, die am Rand des Vermittlungsvertrages aufgelistet seien, Vertragspartner seien. Dieses werde dadurch verdeutlicht, dass im Vertrag ausdrücklich benannt werde, welche Firma zugehörig sei. Grund hierfür sei, dass die aufgeführten Firmen für die Klägerin beziehungsweise für die Arbeitssuchenden Dienstleistungen, wie das zusätzliche Ausschreiben von Stellenangeboten, anbieten würden. Die Auflistung sämtliche Firmen im direkten Rubrum des Vertrages sei grafisch nicht übersichtlich darstellbar und darstellbar gewesen. Zu dem Vertragspartner gehöre auch die zertifizierte Klägerin. Der Rechtsverkehr und die Kunden hätten die Klägerin als Vertragspartner auch angesehen. Auch das Sozialgericht habe in dem Tatbestand des Gerichtsbescheides festgestellt, dass die Klägerin Vertragspartnerin des Vermittlungsvertrages sei. Der Vermittlungsvertrag sei Gegenstand der regelmäßigen Zertifizierung der Klägerin. Bedenken seien zu keinem Zeitpunkt geäußert worden. Der Internetauftritt der Klägerin und der REGIO Gruppe unterlägen ständigen Änderungen. Das Impressum diene lediglich der Bezeichnung des Verantwortlichen/Dienstanbieters für die Webseite.
Die Beklagte vertritt im Schriftsatz vom 11. Oktober 2021 die Auffassung, dass die Klägerin das Vorliegen eines schriftlichen Vermittlungsvertrages nachweisen müsse. In dem am 9. April 2018 unterschriebenen Vertragsformular werde die REGIO Gruppe als Auftragnehmerin bezeichnet. Die Unterschrift auf der Auftragnehmerseite trage einen Firmenstempel mit der Bezeichnung REGIO Gruppe. Weitere Erläuterungen, wer Vertragspartner des Vermittlungsvertrages sein solle, seien aus dem Formular nicht ersichtlich. Allein aus dem Hinweis am rechten Rand des Schriftstückes, " REGIO Gruppe bestehend aus" mit einer Aufzählung von 13 einzelnen Gesellschaften sei nicht ersichtlich, dass die Klägerin Vertragspartnerin des Vermittlungsvertrages sein solle.
Der Klägerbevollmächtigte hat mit Schriftsatz vom 10. November 2021 die Kopie eines Schriftsatzes der Agentur für Arbeit A.... vom 3. November 2021 zu einem beim Sozialgericht Dresden anhängigen Klageverfahren vorgelegt. Danach sei die zur REGIO Gruppe gehörenden Firmen "auch als Vertragspartner anzusehen." Hierzu hat die Beklagtenvertreterin in der mündlichen Verhandlung am 11. November 2021 erklärt, dass die Agentur für Arbeit A.... gegenüber dem Sozialgericht Dresden ausdrücklich nunmehr eine andere Auffassung vertreten habe.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten (1 Heftung [23 Blatt]) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Das Gericht konnte trotz Ausbleibens des Beigeladenen verhandeln und entscheiden, weil er hierauf in der Ladung hingewiesen worden ist (vgl. § 153 Abs. 1 i. V. m. § 110 Abs. 1 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).
II. Die zulässige Berufung ist begründet. Das Sozialgericht hat zu Unrecht die Klage abgewiesen. Der Bescheid vom 16. Juli 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2021 ist im Ergebnis rechtmäßig, weil die Klägerin keinen Anspruch auf die begehrte Vermittlungsvergütung hat.
1. Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl. § 54 Abs. 1, 4 SGG). Denn die Ablehnungsentscheidung betreffend den von der Klägerin geltend gemachten Zahlungsanspruch ist als Verwaltungsakt zu qualifizieren (vgl. BSG, Urteil vom 9. Juli 2017 – B 11 AL 6/16 R – BSGE 123, 216 ff. = SozR 4-4300 § 326 Nr. 1 = juris, jeweils Rdnr. 15 ff.; BSG, Urteil vom 3. Mai 2018 – B 11 AL 11/17 R – juris Rdnr. 11; BSG, Urteil vom 12. September 2019 – B 11 AL 13/18 R –SozR 4-4300 § 45 Nr. 5 = juris, jeweils Rdnr. 11, m. w. N.; siehe auch Sächs. LSG, Urteil vom 19. März 2020 – L 3 AL 103/16 – Breithaupt 2020, 602 ff. = juris Rdnr. 33).
2. Die Klägerin macht einen öffentlich-rechtlichen Zahlungsanspruch gegen die Beklagte geltend (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 17. September 2020 – B 4 AS 5/20 R – SozR 4-4300 § 45 Nr. 6 = juris Rdnr. 17, m. w. N.). Anspruchsgrundlage hierfür ist § 45 SGB III. Die vorliegend einschlägigen Regelungen gelten seit dem 1. April 2012 (vgl. Artikel 2 Nr. 18 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 [BGBl. I S. 2854]) unverändert.
a) Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III können Ausbildungsuchende, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende und Arbeitslose bei Teilnahme an Maßnahmen gefördert werden, die ihre berufliche Eingliederung durch Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung unterstützen. Nach § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB III kann die Agentur für Arbeit der oder dem Berechtigten das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Förderung nach § 45 Abs. 1 SGB III bescheinigen und Maßnahmeziel und -inhalt festlegen (Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein). Der Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein kann zeitlich befristet sowie regional beschränkt werden (vgl. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB III). Der Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein berechtigt nach § 45 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 SGB III zur Auswahl eines Trägers, der eine ausschließlich erfolgsbezogen vergütete Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung anbietet.
Der ausgewählte Träger nach § 45 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 SGB III hat der Agentur für Arbeit den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nach erstmaligem Vorliegen der Auszahlungsvoraussetzungen vorzulegen (vgl. § 45 Abs. 4 Satz 4 SGB III). Bei einer erfolgreichen Arbeitsvermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung durch einen Träger nach § 45 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 SGB III beträgt die Vergütung 2.000,00 EUR (vgl. § 45 Abs. 6 Satz 3 SGB III). Die Vergütung wird in Höhe von 1.000,00 EUR nach einer sechswöchigen und der Restbetrag nach einer sechsmonatigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt (vgl. § 45 Abs. 6 Satz 5 SGB III). Nach § 45 Abs. 6 Satz 6 SGB III ist eine erfolgsbezogene Vergütung für die Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeschlossen, wenn das Beschäftigungsverhältnis
1. von vornherein auf eine Dauer von weniger als drei Monaten begrenzt ist oder
2. bei einem früheren Arbeitgeber begründet wird, bei dem die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer während der letzten vier Jahre vor Aufnahme der Beschäftigung mehr als drei Monate lang versicherungspflichtig beschäftigt war; dies gilt nicht, wenn es sich um die befristete Beschäftigung besonders betroffener schwerbehinderter Menschen handelt.
In Fortführung seiner zu der bis zum 31. März 2012 geltenden Vorgängerregelung in § 421g SGB III ergangenen Rechtsprechung fordert das Bundessozialgericht in inzwischen gefestigter Rechtsprechung zu § 45 SGB III, dass für den Zahlungsanspruch des privaten Arbeitsvermittlers gegen die Beklagte folgende Voraussetzungen vorliegen müssen (vgl. BSG, Urteil vom 9. Juni 2017, a. a. O., Rdnr. 25, m. w. N.; BSG, Urteil vom 3. Mai 2018, a. a. O., Rdnr. 17, m. w. N.):
1. die Ausstellung eines Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins,
2. ein wirksamer, vor Beginn der Vermittlungstätigkeit abgeschlossener schriftlicher Vermittlungsvertrag mit daraus resultierendem Zahlungsanspruch des Vermittlers gegen den Arbeitnehmer,
3. innerhalb der Geltungsdauer des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins die erfolgreiche Vermittlung in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit mindestens 15 Wochenstunden,
4. für die Auszahlung der ersten Rate eine sechswöchige Dauer des Beschäftigungsverhältnisses.
Seit dem 1. April 2012 (vgl. Artikel 2 Nr. 18 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 [BGBl. I S. 2854]) bedarf der private Arbeitsvermittler gemäß § 176 Abs. 1 Satz 1 SGB III der Zulassung durch eine fachkundige Stelle, um Maßnahmen der Arbeitsförderung selbst durchzuführen oder durchführen zu lassen.
b) Hiervon ausgehend steht der Klägerin der geltend gemachte Anspruch auf Auszahlung der Vermittlungsvergütung in Höhe von 1.000,00 EUR, die nach einer sechswöchigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses auszuzahlen ist, nicht zu. Zwar verfügte die Beigeladene über einen Vermittlungsgutschein mit einer Gültigkeit vom 5. April 2018 bis zum 4. Juli 2018. Auch war die Klägerin im maßgebenden Zeitraum im Besitz einer Zulassung durch eine fachkundige Stelle. Schließlich förderte die Klägerin nach Aktenlage durch ihre Tätigkeit aktiv die Abschlussbereitschaft sowohl der späteren Arbeitgeberin als auch des arbeitsuchenden Beigeladenen dergestalt, dass ein Arbeitsvertrag geschlossen worden ist (vgl. zur Kausalität der Vermittlungstätigkeit: hierzu BSG, Urteil vom 11. Dezember 2014 – B 11 AL 1/14 R – NZS 2015, 270 ff. = juris Rdnr. 13, m. w. N.; vgl. auch Sächs. LSG, Urteil vom 19. Oktober 2017 – L 3 AL 103/15 – juris Rdnr. 25). Dahinstehen kann, wie das Erfordernis einer sechswöchigen Beschäftigungsdauer nach § 45 Abs. 6 Satz 5 SGB III in Falle eines zeitweisen Krankengeldbezuges in dieser Zeit zu verstehen ist. Denn es gab jedenfalls zwischen der Klägerin, der Regio Personalagentur GmbH, und dem Beigeladenen keinen wirksamen schriftlichen Vermittlungsvertrag.
[1] Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes handelt es sich bei dem Vertrag des Vermittlers mit dem zu Vermittelnden um einen durch öffentlich-rechtliche Normen modifizierten Maklervertrag im Sinne der § 652 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Dessen Wirksamkeit und Ausgestaltung richtet sich zwar nach den Vorschriften des BGB, die jedoch von öffentlich-rechtlichen Normen überlagert sind, insbesondere denen der §§ 296, 297 SGB III (vgl. BSG, Urteil vom 3. Mai 2018, a. a. O., Rdnr. 18, mit Verweis auf BSG, Urteil vom 11. März 2014 – B 11 AL 19/12 R – BSGE 115, 185 ff. = SozR 4-4300 § 421g Nr. 5 = juris, jeweils Rdnr. 14, m. w. N.).
Nach § 296 Abs. 1 Satz 1 SGB III bedarf ein Vertrag, nach dem sich ein Vermittler verpflichtet, einer oder einem Arbeitsuchenden eine Arbeitsstelle zu vermitteln, der schriftlichen Form. Nach § 296 Abs. 1 Satz 4 SGB III hat der Vermittler der oder dem Arbeitsuchenden den Vertragsinhalt in Textform mitzuteilen (zu der damit verbundenen Dokumentationsfunktion: Neunaber, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III [2. Aufl., 2019], § 296 Rdnr. 17). Wenn die erforderliche Schriftform nicht eingehalten wird, ist gemäß § 297 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 3 SGB III die Vereinbarung zwischen einem Vermittler und einer oder einem Arbeitsuchenden über die Zahlung der Vergütung unwirksam.
Die Vorschrift des § 296 SGB III wurde durch Artikel 3 Nr. 6 des Gesetzes vom 23. März 2002 (BGBl. I S. 1130) mit Wirkung zum 27. März 2002 auf Grund einer Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (vgl. BT-Drs. 14/8529 S. 10) neu gefasst. Die Vorschrift enthält nunmehr Regelungen über den Vermittlungsvertrag zwischen einem Vermittler und einem Arbeitsuchenden. Im Rahmen der Gesetzesänderung wurde die Regelung über das Schriftformerfordernis eingeführt. Anlass dafür war, dass bis dahin Vermittler –von wenigen Ausnahmen abgesehen – nur vom Arbeitgeber Vergütungen verlangen und entgegennehmen durften. Für einige Berufsgruppen (z. B. Künstler, Sportler, Au-pairs; vgl. § 10 Abs. 1 und 2 der Verordnung über Arbeitsvermittlung durch private Arbeitsvermittler [Arbeitsvermittlerverordnung – AVermV] in der vom 1. August 1994 bis zum 26. März 2002 geltenden Fassung von Artikel 1 Nr. 9 Halbsatz 1 der Verordnung vom 1. August 1994 [BGBl. I S. 1946]) hatte die Arbeitsvermittlerverordnung Ausnahmen zugelassen. Mit der Gesetzesänderung zum 27. März 2002 ließ der Gesetzgeber die Honorierung durch die Arbeitsuchenden zu. Allerdings befinden sich nach seiner Einschätzung die Arbeitsuchenden in aller Regel gegenüber den Vermittlern in einer schwächeren Verhandlungsposition als die Arbeitgeber. Dies mache Bestimmungen erforderlich, die ihrem Schutz vor der Ausnutzung persönlicher oder wirtschaftlicher Notlagen und ihrer Unerfahrenheit dienten. Deshalb werde für den Abschluss des Vertrages die Schriftform vorgeschrieben (vgl. BT-Drs. 14/8546 S. 6).
Dem Schriftformerfordernis kommt eine Warn- und Transparenzfunktion zu, mit Hilfe derer dem Arbeitsuchenden verdeutlicht werden soll, welche Verpflichtungen ihn im Falle der Beauftragung eines privaten Arbeitsvermittlers treffen (vgl. BSG, Urteil vom 3. Mai 2018, a. a. O. Rdnr. 19, m. w. N.; Vgl. auch Sächs. LSG, Urteil vom 19. März 2020, a. a. O., Rdnr. 46, m. w. N.; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 12. Juni 2007 – L 7 AL 391/04 – juris Rdnr. 19; LSG für das Saarland, Urteil vom 18. April 2008 – L 10 AS 14/06 – juris Rdnr. 33).
Für die Wirksamkeit eines jeden Vertrages ist erforderlich, dass sich die Vertragsparteien über wesentliche Bestandteile des Vertrages verständigt haben, die nach ihren Vorstellungen zum Vertragsinhalt gehören. Zu diesen "essentialia negotii" gehören bei jedem Vertrag die Vertragsparteien (vgl. BGH, Urteil vom 14. November 2018 – VIII ZR 109/18 – MDR 2019, 154 f. = Rdnr. 34 m. w. N. [zum Kaufvertrag]; Bork, in: Staudinger, BGB [Neubearbeitung 2020], § 145 Rdnr. 17; Busche, in: Münchener Kommentar zum BGB [9. Aufl., 2021], § 145 Rdnr. 6; Junker, in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB Band 1 [9. Aufl., 2020]. § 125 BGB Rdnr. 10; Münch, in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB Band 2 [9. Aufl., 2020]. § 535 BGB Rdnr. 12 [zum Mietvertrag]). Für einen zivilrechtlichen Vermittlungsvertrag zwischen einem privaten Arbeitsvermittler und einem Arbeitsuchenden gilt nichts Anderes.
Ein Vertragsschluss erfolgt, wie sich aus den §§ 145 ff. BGB ergibt, klassischerweise durch Angebot und Annahme. Die eine Vertragspartei muss der anderen den Vertragsschluss ausdrücklich oder stillschweigend in annahmefähiger Weise anbieten, das heißt so, dass die andere den Vertrag durch eine bloße (ebenfalls ausdrücklich oder stillschweigend mögliche) Zustimmung ohne Weiteres zustande bringen kann (vgl. Bork, a. a. O. Vorbem. zu §§ 145 Rdnr. 37; Busche, a. a. O., m. w. N.). Ein Vertragsangebot muss mit anderen Worten nach seinem Inhalt derart bestimmt sein, dass die Annahme durch einfaches „Ja“ oder durch einfache Wahl zwischen mehreren angebotenen Möglichkeiten erfolgen kann (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2017 – IV ZR 440/14 – BGHZ 215, 126 ff. = NJW 2017, 3387 ff. = juris Rdnr. 14; Bork, a. a. O., § 145 Rdnr. 17, m. w. N.). Dies setzt voraus, dass das Vertragsangebot bestimmt oder zumindest bestimmbar ist (vgl. Busche, a. a. O., m. w. N.; Ellenberger, in: Palandt, BGB [80. Aufl., 2021], Einf. v. § 145 Rdnr. 3). Es ist ausreichend, wenn die wesentlichen Vertragspunkte unter Anwendung der §§ 133, 157 BGB oder anderer spezieller Vorschriften durch Auslegung ermittelt werden können (vgl. Bork, a. a. O.; Busche, a. a. O., m. w. N.; zur Auslegung öffentlich-rechtlicher Verträge an Hand dieser Maßstäbe z. B. BSG, Urteil vom 5. September 2006 – B 7a AL 62/05 R – SozR 4-4300 § 22 Nr. 1 = SGb 2008, 106 ff. = juris Rdnr. 14; Becker, in: Hauck/Noftz SGB X, § 53 Rdnr. 134 ff.). Nach § 133 BGB ist bei der Auslegung einer Willenserklärung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften. Nach § 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Ohne hinreichende Bestimmtheit der wesentlichen Vertragsbestandteile (essentialia negotii) kann kein wirksamer Vertrag geschlossen werden (vgl. Ellenberger, a. a. O., Überbl. v. § 104 Rdnr. 3 und Einf. v. § 145 Rdnr. 3).
Wegen des – wie oben beschrieben – besonderen Schutzbedürfnisses der Arbeitsuchenden kommt dem Gebot der Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit in Bezug auf die wesentlichen Vertragsbestandteile bei einem Vermittlungsvertrag eine besondere Bedeutung zu.
[2] Hieran gemessen gibt es zwischen der Klägerin, der Regio Personalagentur GmbH, und dem Beigeladenen keinen wirksamen schriftlichen Vermittlungsvertrag.
Der Vermittlungsvertrag ist nicht dergestalt inhaltlich bestimmt, dass sich aus ihm die Klägerin als Vertragspartnerin und Auftragnehmerin ergeben würde. Vielmehr ist in dieser Rechtsstellung die REGIO Gruppe benannt.
Es ist auch nicht bestimmbar, wer auf Seiten des privaten Arbeitsvermittlers der Vertragspartner ist. Deshalb erlangt die Klägerin die Stellung als Vertragspartei auch nicht in Folge einer Vertragsauslegung.
Eine Vertragsauslegung macht sich vorliegend allein schon deshalb erforderlich, weil die REGIO Gruppe weder eine juristische Person noch eine rechtsfähige Personenmehrheit oder eine sonstige Organisationsstruktur, der Rechtsfähigkeit zukommen könnte, ist. Sie ist lediglich eine Sammelbezeichnung für die Unternehmen, die faktisch aber nicht rechtlich unter dem Dach der REGIO Gruppe zusammengefasst werden.
Dass die Klägerin und nicht die REGIO Gruppe Auftragnehmerin für den Vermittlungsauftrag und damit Vertragspartnerin in Bezug auf den Vermittlungsvertrag sein soll, ist weder aus den Vertragsregelungen noch aus der Vertragsgestaltung zu ersehen. Zwar werden im Vertragstext verschiedentlich die Worte "wir" und "unser" verwendet. Allerdings ist die REGIO Gruppe als Auftragnehmerin bezeichnet, und nach der Regelung zum Leistungsumfang beauftragt der Auftraggeber, vorliegend der Beigeladene, "die Auftragnehmerin", ihn in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu vermitteln. Dem Auftrag gebenden Arbeitsuchenden wird nicht deutlich vor Augen geführt, dass nicht die REGIO Gruppe selbst, sondern eine der am Seitenrand aufgeführten Unternehmen oder alle Vertragspartner sein sollen.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vertraglichen Regelung zum Datenschutz. Darin erklärt der Auftraggeber sein Einverständnis, "dass meine persönlichen Daten erhoben und zum Zwecke der Arbeitsvermittlung an interessierte Firmen und an die oben genannten Unternehmen der REGIO Gruppe weitergeleitet werden." Denn gleichzeitig ist weiter oben unter der Überschrift "Einschaltung weiterer Arbeitsvermittler" geregelt, dass weitere Arbeitsvermittler nur eingeschaltet werden dürfen, wenn dem Auftraggeber dadurch keine weiteren Kosten oder andere belastenden Verpflichtungen entstehen. Wer also an Stelle der rechtlich nicht existenten REGIO Gruppe Auftragnehmer sein soll, erschließt sich auch daraus nicht.
Soweit der Klägerbevollmächtigte vorgetragen hat, dass die Sammelbezeichnung "REGIO Gruppe" gewählt worden sei, damit sämtliche Unternehmen, die am Rand des Vermittlungsvertrages aufgelistet sind, Vertragspartner sein könnten, geht dies zumindest für die REGIO Bildungs GmbH & Co. KG ins Leere. Denn diese war ersichtlich keine private Arbeitsvermittlerin. Hinsichtlich der auch aufgeführten REGIO medical ESP-TWO GmbH & Co. KG ist bei Lektüre des Vertragsformulars anders als bei den meisten anderen Unternehmen nicht zu erkennen, ob es sich um ein Unternehmen der privaten Arbeitsvermittlung handelt. Das weite Verständnis der Klägerseite bedürfte mithin seinerseits einer restriktiven Auslegung.
In Bezug auf den Vortrag des Klägerbevollmächtigten, dass die am Seitenrand aufgeführten Unternehmen "für die Klägerin bzw. für die Arbeitssuchenden", vorliegend den Beigeladenen, Dienstleistungen anbieten würden, wie das zusätzliche Ausschreiben von Stellenangeboten, ist das Urteil des Bundessozialgerichtes vom 23. Februar 2011 zu beachten. Danach muss der private Arbeitsvermittler, der einen Anspruch auf Vermittlungsvergütung geltend macht, sowohl Partei des Vermittlungsvertrages sein als auch grundsätzlich selbst die Vermittlungstätigkeit ausüben. Eine erfolgreiche Vermittlungstätigkeit eines anderen privaten Vermittlers kann nur zugerechnet werden, wenn der andere Vermittler als Erfüllungsgehilfe oder Untermakler tätig geworden ist (vgl. BSG, Urteil vom 23. Februar 2011 – B 11 AL 10/10 R – juris Rdnr. 22 ff.).
Daraus folgt für einen Vermittlungsvertrag in Bezug auf die Bestimmtheit der Person des Auftragnehmers, dass für den Auftraggeber, den Arbeitsuchenden, erkennbar sein muss, wer sein Vertragspartner ist. Da ein Arbeitsuchender grundsätzlich zeitgleich auch mehrere private Arbeitsvermittler beauftragen kann und es gesetzlich nicht vorgeschrieben ist, dass für jeden Auftrag ein gesonderter Vertrag zu schließen ist, muss im Falle einer Auftragserteilung an mehrere private Arbeitsvermittler in einem Vermittlungsvertrag klar sein, in welchem Verhältnis sie zueinander stehen und welcher Auftragnehmer unter welchen Voraussetzungen die Vermittlungsvergütung zu beanspruchen hat. Es ist nicht ausreichend, wenn es im Belieben der beauftragten Arbeitsvermittler steht, intern zu entscheiden, ob sie nur für einen der REGIO Gruppe zugehörigen privaten Arbeitsvermittler, vorliegend die Klägerin, und nur nach Maßgabe des Urteils des Bundessozialgerichtes vom 23. Februar 2011 tätig werden wollen, oder wer nach einer erfolgreichen – gegebenenfalls gemeinschaftlichen – Vermittlungstätigkeit die Vermittlungsvergütung beanspruchen können soll.
Auch aus dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 16. März 2006 kann nichts zugunsten der Klägerin hergeleitet werden. Dort hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass für einen Antrag im Sinne des § 145 BGB zwar notwendig sei, dass nicht nur der Vertragsgegenstand, sondern auch der Vertragspartner wenigstens hinreichend bestimmt sei. Jedoch hänge der Grad der notwendigen Bestimmtheit von dem jeweiligen in Aussicht genommenen Rechtsgeschäft ab. Bei der im dortigen Fall angebotenen Herstellung einer Verbindung zwischen zwei Telefonnetzen handele es sich um eine alltägliche Massendienstleistung, die sogleich erbracht werde und der individuelle, durch den jeweiligen Anbieter geprägte Merkmale fehlten. Vor allem aber gebe derjenige, der trotz fehlender Informationen über seinen Vertragspartner dessen Leistung – dort durch Drücken einer Tastenkombination – annehme, zu erkennen, dass ihm die Person des – spätestens bei Rechnungslegung offenbarten – Vertragsgegners gleichgültig sei. Dementsprechend genügt es in diesen Fällen für einen wirksamen Antrag nach § 145 BGB, wenn aus ihm nur hervorgehe, dass der jeweilige Anbieter der Verbindungsdienstleistung Vertragspartner werden solle, ohne dass dieser individualisiert werde (vgl. BGH, Urteil vom 16. März 2006 – III ZR 152/05 – BGHZ 166, 369 ff. = NJW 2006, 1971 ff. = juris Rdnr. 12). Die Konstellation im Falle einer Auftragserteilung an einen privaten Arbeitsvermittler ist aber bereits wegen der aus § 296 SGB III folgenden besonderen Schutzbedürftigkeit des Arbeitsuchenden eine gänzlich andere und damit nicht mit der der Entscheidung des Bundesgerichtshofes zugrundeliegenden vergleichbar.
Soweit der Klägerbevollmächtigte angemerkt hat, dass auch das Sozialgericht im Tatbestand des Gerichtsbescheides festgestellt habe, dass die Klägerin Vertragspartnerin des Vermittlungsvertrages sei, ist der Senat hieran nicht gebunden. Denn nach § 157 Satz 1 SGG prüft das Landessozialgericht den Streitfall im gleichen Umfang wie das Sozialgericht. Nach § 157 Satz 2 SGG hat es auch neu vorgebrachte Tatsachen und Beweismittel zu berücksichtigen. Zudem beinhaltet die Angabe in einem Tatbestand einer Gerichtsentscheidung, wer Partei eines bestimmten Vertrages ist, keine bloße Tatsachenfeststellung, sondern, wie auch der vorliegende Fall zeigt, eine rechtliche Würdigung.
Soweit der Klägerbevollmächtigte schließlich vorgetragen hat, dass der Vermittlungsvertrag Gegenstand der regelmäßigen Zertifizierung der Klägerin sei, ist lediglich anzumerken, dass Vertragsmuster von Vermittlungsverträgen zwar im Rahmen des Zertifizierungsverfahrens zur Kenntnis genommen und gegebenenfalls geprüft werden können, nicht jedoch selbst Gegenstand der Zertifizierung im Sinne der §§ 176 SGB III sind.
[3] Der Mangel des nichtigen zivilrechtlichen Vermittlungsvertrages kann nicht über § 141 BGB geheilt werden. Nach § 141 Abs. 2 BGB sind die Vertragsparteien, wenn ein nichtiger Vertrag von ihnen bestätigt wird, im Zweifel verpflichtet, einander zu gewähren, was sie haben würden, wenn der Vertrag von Anfang an gültig gewesen wäre. Das Bundessozialgericht hat jedoch im Urteil vom 3. Mai 2018 entschieden, dass § 141 BGB von den öffentlich-rechtlichen Bestimmungen des SGB III überlagert wird. § 297 Nr. 1 Alt. 3 SGB iii sehe als einzige Rechtsfolge bei Nichteinhaltung der Schriftform die Unwirksamkeit der Vereinbarung ohne Möglichkeit der Bestätigung vor. Als speziellere Regelung gehe sie den zivilrechtlichen Vorschriften vor (vgl. BSG, Urteil vom 3. Mai 2018, a. a. O., Rdnr. 20).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 154, 162 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Klägerin ist keine Beteiligte im Sinne des § 183 SGG (vgl. BSG, Urteil vom 6. April 2006 – B 7 AL 56/05 R – BSGE 96, 119 ff. = SozR 4/4300 § 421g Nr. 1 = juris, jeweils Rdnr. 21; BSG, Beschluss vom 6. März 2018 – B 11 AL 86/17 B – juris Rdnr. 5, m. w. N.; Sächs. LSG, Urteil vom 26. April 2012 – L 3 AL 255/10 – juris Rdnr. 28; Sächs. LSG, Urteil vom 19. März 2020 – L 3 AL 103/16 – juris Rdnr. 58, m. w. N.).
Gemäß § 154 Abs. 1 VwGO trägt der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens. Da der Beigeladene keinen Antrag gestellt hat und damit nicht das Kostenrisiko eingegangen ist (vgl. § 154 Abs. 3 Halbsatz 1 VwGO), entspricht es auch nicht der Billigkeit (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO), seine außergerichtlichen Kosten der Klägerin als unterlegene Beteiligte oder der Staatskasse aufzuerlegen.
IV. Gründe für die Zulassung der Revision (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
V. Die Festsetzung des Streitwertes (zum Streitwert in einem Abrechnungsverfahren eines privaten Arbeitsvermittlers: BSG, Urteil vom 9. Juni 2017 – B 11 AL 6/16 R – BSGE 123, 216 ff. = SozR 4-4300 § 326 Nr. 1 = juris, jeweils Rdnr. 35) für das Berufungsverfahren folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 47, 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG) und ist gemäß § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.