L 10 KR 511/20

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
10.
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 74 KR 1768/17
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 10 KR 511/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 24.07.2020 insoweit geändert, als die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.08.2017 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 4.462,12 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Vergütung für eine vollstationär durchgeführte Krankenhausbehandlung.

Die Beklagte betreibt die nach §§ 108, 109 (Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung, nachfolgend: SGB V) zugelassenen B Kliniken in C. In der Zeit vom 09.11.2013 bis zum 26.11.2013 wurde dort der bei der Klägerin gesetzlich versicherte, am 00.00.1931 geborene N M (Versicherter) vollstationär behandelt.

Mit Rechnung vom 04.12.2013 rechnete die Beklagte die im vorgenannten Zeitraum erbrachten Leistungen gegenüber der Klägerin in Höhe von 7.763,96 € ab. Unter Anwendung ua des Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS)-Kodes 8-550.1 (geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung; mindestens 14 Behandlungstage und 20 Therapieeinheiten) brachte sie dabei die Diagnosis Related Groups (DRG) B44B (geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung bei Krankheiten und Störungen des Nervensystems mit schwerer motorischer Funktionseinschränkung, ohne neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls) in Ansatz.

Die Klägerin glich die Forderung der Beklagten zunächst vollständig aus, beauftragte jedoch am 24.09.2014 den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Prüfung, ob die Beklagte den OPS-Kode 8-550.1 zutreffend abgerechnet hat. Der MDK gelangte ausweislich der gutachterlichen Stellungnahme vom 08.03.2017 zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen für die Kodierung des OPS-Kodes nicht erfüllt seien, weil nicht sämtliche Mindestmerkmale vorgelegen hätten. Hinsichtlich der wöchentlichen Teamsitzungen, die am 13.11.2015 und am 25.11.2013 stattgefunden haben, sei die erforderliche Beteiligung der fachärztlichen Behandlungsleitung nicht zu erkennen. Die Mindestmerkmale im Übrigen hat der MDK nicht beanstandet. Der Aufforderung der Klägerin, die Rechnung zu korrigieren, die DRG B63Z (Demenz und andere chronische Störungen der Hirnfunktion) in Ansatz zu bringen und den überzahlten Betrag zu erstatten, kam die Beklagte nicht nach.

Infolgedessen hat die Klägerin am 17.08.2017 Klage bei dem Sozialgericht Dortmund erhoben.

Gestützt auf das Gutachten des MDK hat sie ihr Rückzahlungsbegehren weiterverfolgt. Ohne den OPS-Kode 8-550.1 sei die DRG B63Z anzusetzen, sodass ein Erstattungsanspruch in Höhe von 4.462,12 € bestehe. Ergänzend hat sie vorgetragen, dass die Dokumentationen der Teambesprechungen nicht den Anforderungen entsprächen, die das Bundessozialgericht (BSG) mit Entscheidung vom 19.12.2017 (B 1 KR 19/17 R) aufgestellt habe. Neben der fehlenden Dokumentation der fachärztlichen Behandlungsleitung fehle auch die (personenbezogene) Benennung aller teilnehmenden Berufsgruppen. Die Protokolle seien schwer leserlich, überdies seien Behandlungsziele nicht zu erkennen. Es fehle an konkreten Handlungsanweisungen. Auch nach der Klarstellung des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) müssten alle Berufsgruppen einschließlich der fachärztlichen Behandlungsleitung an den Teambesprechungen teilnehmen. Es ergebe sich bereits aus den allgemeinen Dokumentationspflichten, dass die tatsächliche Teilnahme nachgehalten werden müsse. Das Bundessozialgericht habe den OPS-Kode rechtmäßig eng am Wortlaut ausgelegt. Es werde durch die Entscheidung klargestellt, wie die Vorgabe des OPS-Kodes von vornherein hätte angewendet werden müssen. Es sei weder neues Recht geschaffen noch eine Rechtsänderung vorgenommen worden. Eine echte Rückwirkung läge nicht vor, da es an einer rückwirkenden Gesetzesänderung fehle.

Die Klägerin hat beantragt, 

die Beklagte zu verurteilen, an sie 4.462,12 € nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass der stationäre Aufenthalt zutreffend abgerechnet worden sei. Im Hause der Beklagten sei es im Jahr 2013 nicht üblich gewesen, die Dokumentation der Teamsitzung zu unterschreiben. Es habe aber eine Dienstanweisung gegeben, nach der alle Berufsgruppen einschließlich der fachärztlichen Behandlungsleitung an den Teambesprechungen teilzunehmen hätten und die Teamsitzung unter fachärztlicher Leitung hätte geführt werden müssen. Die bei ihr, der Beklagten, beschäftigten Dr. I und Dr. K hätten die Behandlung geleitet und durch ihre für das gerichtliche Verfahren erfolgte, maschinengeschriebene Wiedergabe der handschriftlichen Dokumentation aus Juli 2019 sowohl ihre Behandlungsleitung als auch die Dokumentationspflichten nachgewiesen. Unter Berücksichtigung einer eng am Wortlaut orientierten Auslegung gebe der in Rede stehende OPS-Kode keine bestimmte Art der Dokumentation vor. Sollte eine systematische Auslegung vorgenommen werden, sei das Ziel der Dokumentation, die Durchführung der Teambesprechung in der notwendigen Frequenz und unter Beteiligung der verschiedenen Berufsgruppen niederzulegen und diese Information auffindbar zu machen. Diesem Ziel werde auch durch eine stichwortartige Niederlegung entsprochen. Das Erfordernis der Unterzeichnung ergebe sich aber weder aus dem Wortlaut noch aus dem systematischen Zusammenhang. Aus MDK-Gutachten der Vergangenheit sei zu entnehmen, dass die Anwendung des OPS-Kodes nicht daran gescheitert sei, dass nicht alle Berufsgruppen bei jeder Teambesprechung zugegen gewesen seien. Der MDK habe im Übrigen erst nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 19.12.2017 seine Auslegungshinweise geändert. So habe etwa der MDK Mecklenburg-Vorpommern in einem Rundschreiben mitgeteilt, dass die vom Bundessozialgericht statuierten Anforderungen über jene, die der Begutachtung zuvor zugrunde gelegt worden seien, hinausgingen und eine rückwärtsbetriebene Begutachtungspraxis nicht vorgenommen werde. Aus der Änderung beziehungsweise Klarstellung des DIMDI folge, dass die Dokumentation erfüllt sei, wenn diese die Ergebnisse der bisherigen Behandlung und die weiteren Behandlungsziele umfasse und sich dabei die Beiträge der patientenbezogenen beteiligten Berufsgruppen widerspiegeln würden. Weitere Nachweise zur Durchführung der Teambesprechung und eine personenbezogene Dokumentation seien mithin nicht erforderlich. Der OPS-Kode stelle allein auf qualitätsbezogenen Inhalt ab. Durch die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 19.12.2017 sei das mit dem Rechtsstaatsprinzip verbundene Rückwirkungsverbot verletzt. Zudem sei durch die bisherige Begutachtungspraxis des MDK ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden.

Mit Urteil vom 24.07.2020 hat das Sozialgericht Dortmund die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 4.462,12 € nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.08.2017 zu zahlen.

Das Sozialgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, dass der Klägerin ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch gegen die Beklagte zusteht, weil diese an die Beklagte 4.462,12 € ohne Rechtsgrund geleistet habe. Die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, die Krankenhausbehandlung des Versicherten unter Anwendung der DRG B44B in Höhe von 7.763,96 € abzurechnen. Ihr stünde lediglich ein Vergütungsanspruch in Höhe von 3.301,84 € gemäß der DRG B63Z zu.

Hinsichtlich der Rechtsgrundlage hat das Sozialgericht Folgendes ausgeführt:

„Rechtsgrundlage für den Vergütungsanspruch der Beklagten wegen der hier streitigen Behandlung war § 109 Abs. 4 S. 3 SGB V (in der Fassung vom 01.07.2008) in Verbindung mit § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) (in der Fassung vom 01.08.2013) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) (in der Fassung vom 01.01.2013). Gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 9 KHEntgG werden die allgemeinen Krankenhausleistungen nach Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog abgerechnet. Der Fallpauschalenkatalog ist nach Fallgruppen (DRG = Diagnosis Related Groups) geordnet. Für die Zuordnung eines bestimmten Behandlungsfalles zu einer DRG wird in einem ersten Schritt die durchgeführte Behandlung nach ihrem Gegenstand und ihren prägenden Merkmalen mit einem Kode gemäß dem DIMDI im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebenen "Operationen- und Prozedurenschlüssel nach § 301 SGB V (OPS-301) verschlüsselt (§ 301 Abs. 2 S. 2 SGB V). Zur sachgerechten Durchführung der Verschlüsselung ("Kodierung") haben die Vertragspartner auf Bundesebene "Kodierrichtlinien" beschlossen. In einem zweiten Schritt wird der eingegebene Kode einer bestimmten DRG zugeordnet, anhand der dann nach Maßgabe des Fallpauschalenkatalogs und der Pflegesatzvereinbarung die von der Krankenkasse zu zahlende Vergütung errechnet wird. Diesem als "Groupierung" bezeichneten Prozess der DRG-Zuordnung liegt ein festgelegter Groupierungsalgorithmus zugrunde; in diesem vorgegebenen, vom Krankenhaus nicht zu beeinflussenden Algorithmus, wird entsprechend dem vom Krankenhaus eingegebenen Kode nach dem OPS-301 eine bestimmte DRG angesteuert (vgl. BSG, Urteil vom 18.7.2013 Az B 3 KR 7/12 R, Rn. 12; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW), Urteil vom 13.01.2011, Az.: L 5 KR 363/10, Rn. 30, jeweils zit. nach juris). Gemäß § 301 Abs. 2 S. 6 SGB V und § 295 Abs. 1 S. 8 SGB V ist das DIMDI ab dem 1. Januar 2019 berechtigt, bei Auslegungsfragen zu ICD-10-GM und OPS Klarstellungen und Änderungen mit Wirkung auch für die Vergangenheit vorzunehmen, soweit diese nicht zu erweiterten Anforderungen an die Verschlüsselung erbrachter Leistungen führen.“

Im Hinblick auf das hier streitbefangene Mindestmerkmal der wöchentlichen Teambesprechungen („Die wöchentliche Teambesprechung erfolgt unter Beteiligung aller Berufsgruppen einschließlich der fachärztlichen Behandlungsleitung. Die für diesen Kode erforderliche wochenbezogene Dokumentation ist erfüllt, wenn sie die Ergebnisse der bisherigen Behandlung und die weiteren Behandlungsziele umfasst. Hierfür sind die Beiträge der patientenbezogen beteiligten Berufsgruppen ausreichend“, Formulierung nach der OPS-Version 2013 in der Fassung der Klarstellung des DIMDI zum OPS 2019) habe das DIMDI klargestellt, dass über die in dem Kode genannten Berufsgruppen hinaus eine Beteiligung weiterer Berufsgruppen, insbesondere des Sozialdienstes, nicht erforderlich sei. Weitere Nachweise zur Durchführung der Teambesprechung seien überdies nicht erforderlich.

Das Bundessozialgericht habe in der Entscheidung vom 19.12.2017 (B 1 KR 19/17 R) unter anderem den Grundsatz aufgestellt, dass Behandlungsergebnisse konkret wochenbezogen zu dokumentieren seien. Die Behandlungsziele seien angesichts des im Wortlaut mehrfach hervorgehobenen Teamgedankens das Ergebnis der gemeinsamen Beratung von Vertretern aller Berufsgruppen. Dies erfordere nach allgemeinem Sprachgebrauch eine planvolle, geordnete zielgerichtete Zusammenfassung. Dem zu bezeichnenden Facharzt mit Zusatzweiterbildung oder Schwerpunktbezeichnung im Bereich „Klinische Geriatrie" komme dabei die Moderation und Gesamtverantwortung zu. Die Wochenbezogenheit und der organisatorische Rahmen für die Einbindung des gesamten Teams in die Umsetzung der Behandlungsziele, auch wenn nicht alle Teammitglieder an der wöchentlichen Teambesprechung teilnehmen (können), erforderten eine möglichst konkrete, für alle Teammitglieder nachvollziehbare Beschreibung des Ist-Zustandes und der weiteren Behandlungsmaßnahmen. Dies entspreche auch dem Gedanken der Komplexbehandlung, der namensgebend für den OPS-Kode 8-550 und einige andere OPS-Kodes der OPS-Gruppen 8-55 bis 8-60 sowie 8-97 und 8-98 sei. Die Komplexbehandlung gehe über den Bedarf eines Patienten in einem „geriatrischen" Alter hinaus, der nur in einzelnen im OPS-Kode 8-550 angesprochenen Bereichen auf Therapie und/oder Pflege durch besonders geschultes Personal angewiesen ist. Es müsse zur erforderlichen Frührehabilitation einer spezifischen, konkreten, mehrstimmigen, aber konzertierten Therapieantwort des aus verschiedenen Berufsgruppen bestehenden Teams bedürfen. Die Team-Abstimmung müsse aus der Dokumentation als qualifizierte konkrete Handlungsanleitung klar ersichtlich hervorgehen. Der Umfang der Dokumentation habe sich an dem Ziel, den Rehabilitationsprozess transparent und die therapeutisch-rehabilitativen Maßnahmen plausibel zu machen, zu orientieren. Allgemeine Formulierungen, die Bezeichnung bloßer Globalziele (zB Steigerung der Selbstständigkeit, Mobilität) genügten nicht. Dementsprechend fordere der OPS-Kode bei etlichen Komplexbehandlungen nach seinem Regelungssystem eine wochenbezogene Dokumentation, wenn sich die Komplexität (auch) aus der Unterschiedlichkeit der Therapiebereiche ergebe und deswegen ein erhöhter Abstimmungsbedarf bestehe. In den Fällen anderer Komplexbehandlungen ohne ausdrücklich vorgesehene Beteiligung unterschiedlicher Therapiebereiche werde weder eine wochenbezogene noch überhaupt eine besondere Dokumentation vom jeweiligen OPS-Kode verlangt (keine besondere Dokumentationspflicht zB: OPS 8-973, 8-976, 8-978, 8-979, 8-97a, 8-97b, 8-97c, 8-97e, 8-980, 8-987, 8-988, 8-989, 8-98c). Die Dokumentation könne orientiert an dem professionellen Horizont der Therapeuten adressatengerecht knapp und abgekürzt erfolgen. Auch schließe der Wortlaut des OPS 8-550 Bezugnahmen auf ausführliche Darstellungen an anderer Stelle nicht aus. Diesen, vom Bundessozialgericht aufgestellten Grundsätzen habe sich die Kammer nach eigener Prüfung angeschlossen.

Entgegen der Ansicht der Beklagten seien die vom Bundessozialgericht in der genannten Entscheidung vom 19.12.2017 aufgestellten Grundsätze durch die Klarstellung und Änderung des DIMDI zum OPS-Kode 8-550 nicht vollständig aufzugeben. Das DIMDI habe unter und insbesondere aufgrund der Kenntnis der Entscheidung des Bundesozialgerichts Klarstellungen und Änderungen vorgenommen. Diese sollten dazu dienen, Auslegungsunsicherheiten und das erneute Aufgreifen von zurückliegenden Abrechnungsverfahren zu vermeiden. Der OPS-Kode sei daher unter Beachtung der Rechtsprechung in Form der Klarstellung des DIMDI wortlautnah auszulegen.

Danach würden die oben aufgeführten Grundsätze zum Umfang der Dokumentationspflicht der Ergebnisse der bisherigen Behandlung und der weiteren Behandlungsziele fortgelten. In Kenntnis dieser Grundsätze habe das DIMDI lediglich klargestellt, dass die Beiträge der patientenbezogen beteiligten Berufsgruppen ausreichend seien. Abweichend vom Bundessozialgericht sollten damit nicht Beiträge aller Berufsgruppen erforderlich sein, sondern nur die derjenigen Berufsgruppen, die im individuellen Fall des Patienten in Betracht kommen. Zudem sollte nicht der Verlauf der Teambesprechung, sondern die Ergebnisse der Behandlung und die weiteren Behandlungsziele für den jeweiligen Patienten dokumentiert werden. Klarstellungen zu den Anforderungen an den Umfang und den Inhalt der Dokumentation der Behandlung und der Ziele habe das DIMDI gerade nicht zum Ausdruck gebracht.

Ferner erfolge auch nach den Änderungen des DIMDI die wöchentliche Teambesprechung unter Beteiligung aller Berufsgruppen einschließlich der fachärztlichen Behandlungsleitung. Das DIMDI habe klargestellt, dass eine Beteiligung von über den in dem Kode genannten Berufsgruppen hinaus, insbesondere des Sozialdienstes, nicht erforderlich sei. Unter Berücksichtigung der Änderungen und Klarstellungen des DIMDI müssten danach dennoch alle Berufsgruppen (Physiotherapie/Physikalische Therapie, Ergotherapie, Logopädie/fazioorale Therapie und Psychologie/Neurologie) einschließlich der fachärztlichen Behandlungsleitung an der wöchentlichen Teambesprechung teilnehmen. Dies entspreche auch einem wesentlichen Grundelement des Fachbereichs Geriatrie. Der umfassende geriatrische Behandlungsansatz ziele auf eine generelle Erfassung und einen fachübergreifenden Zugang zu den Problemen älterer Menschen ab. Dabei komme dem interdisziplinären Team eine besondere Bedeutung zu. Dieses sei kennzeichnend für die Geriatrie und unterscheide diese von anderen medizinischen Fächern. Aus diesem Grund sei die Beteiligung aller Professionen an einer gemeinsamen Besprechung zur umfassenden Beurteilung des Behandlungsbedarfs des geriatrischen Patienten sinnvoll, da so auch bislang nicht erkannte Funktionseinschränkungen von den jeweils entsprechend spezialisierten Therapeuten erkannt und angesprochen werden könnten. Andernfalls würde sich die Frage der sinnvollen Abgrenzung der geriatriespezifischen Frührehabilitation von einer bloßen Frühmobilisation stellen. Dann müsse die Beteiligung aller Berufsgruppen aber auch nachweisbar sein, selbst wenn die Dokumentation der Teilnahme nicht Voraussetzung des Kodes selbst sei. Krankenhäuser hätten eine sozialrechtliche Dokumentationspflicht und würden die objektive Beweislast für das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der abgerechneten Fallpauschale tragen.

Die Kammer ist nach einem Abgleich der handschriftlichen Angaben in der Patientenakte mit den maschinellen Wiedergaben der beiden behandlungsleitenden Ärzte zu den fraglichen Teambesprechungen zu der Erkenntnis gelangt, dass die Dokumentationen der Teambesprechungen nicht die Voraussetzungen des OPS-Kodes 8.550.1 erfüllen. Bereits die Dokumentation vom 13.11.2013 erfülle die genannten Voraussetzungen nicht. Sie stelle überwiegend eine Statusbeschreibung dar. Bei der Krankengymnastik fehle es an Behandlungsergebnissen. Es sei nicht erkennbar, welche Ziele bereits erreicht worden seien und noch erreicht werden müssten. Nicht eindeutig sei, ob sich die Behandlungsmaßnahmen auf die Vergangenheit oder die Zukunft bezögen. Für die Berufsgruppe Logopädie werde der Ist-Zustand dokumentiert unter der Angabe, dass weitere Therapie sinnvoll sei. Nicht ersichtlich sei, ob, wie und zu welchem Zeitpunkt diese durchgeführt werden solle. In der Zeile der Ergotherapie werde der Ist-Zustand durch die Angabe des Ergebnisses des MMSE Tests (Minimal Mental State Test) wiedergegeben, konkrete Behandlungsziele fehlten hingegen. Die weitere Beschreibung der Therapieziele stelle ebenfalls allgemeine Formulierungen dar. So habe das Delir und die Exsikkose behandelt und die Pflege gemindert werden sollen. Wie dies hätte erfolgen sollen, bleibe offen. Eine Handlungsanleitung lasse sich nicht herleiten.

Indes sei die fachärztliche Behandlungsleitung durch die Stellungnahmen der beiden Ärzte nachgewiesen worden, da die Dokumentation der Teilnahme nicht Voraussetzung des Kodes selbst sei. Allerdings lasse sich allein aus den aufgeführten Berufsgruppen nicht schließen, dass diese auch während der Besprechungen anwesend gewesen seien. Die Berufsgruppe Psychologie/Neuropsychologie werde in den Protokollen der Teambe-sprechungen und in den Stellungnahmen der beiden Ärzte nicht erwähnt. Auch aus dem Inhalt der Patientenakte lasse sich nicht auf ihre Beteiligung an den Teambesprechungen schließen. Zum Nachweis der Teilnahme reiche die Dienstanweisung nicht aus. Allein aufgrund der Existenz einer Dienstanweisung könne nicht auf deren Einhaltung geschlossen werden. Die Kammer habe davon abgesehen, die Beteiligung der vorgenannten Berufsgruppen weiter aufzuklären, da bereits die erforderliche Dokumen-tationspflicht nicht erfüllt worden sei. Es könne daher auch dahinstehen, ob die weiteren Voraussetzungen des OPS-Kodes vorgelegen hätten und ob die rückwirkende Klarstellung des DIMDI verfassungsgemäß sei.

Die Erstattung der damit als ohne Rechtsgrund gezahlten zu qualifizierenden Krankenhausvergütung sei auch nicht in entsprechender Anwendung des § 814 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ausgeschlossen. Danach könne das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst habe, dass er zur Leistung nicht verpflichtet gewesen sei. Die Kammer hat sich der entsprechenden bundessozialgerichtlichen Rechtsprechung angeschlossen, wonach eine Krankenkasse, wenn sie vorbehaltlos auf eine Krankenhausrechnung zahle, mit der Rückforderung – und damit auch mit dem späteren Bestreiten ihrer Zahlungspflicht – ganz ausgeschlossen sein könne, wenn sie (positiv) gewusst habe, dass sie zur Leistung nicht verpflichtet war. An diesen Voraussetzungen fehle es hier jedoch. Die Klägerin habe nicht in Kenntnis ihrer Nichtschuld gezahlt. Es habe zu diesem Zeitpunkt weder gefestigte Rechtsprechung zu der Auslegung des Begriffs der „geriatrischen frührehabilitativen Komplexbehandlung" gegeben noch eine zwischen den Beteiligten ausgeübte ständige Praxis oder Vereinbarung dahingehend, wie der OPS-Kode auszulegen gewesen sei.

Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entfalte auch keine sog echte Rück-wirkung. Das Bundessozialgericht habe in seiner Entscheidung vielmehr lediglich die Voraussetzungen für die Dokumentationspflicht der wöchentlichen Teambesprechung des OPS-Kodes 8-550 definiert und festgelegt. Dass die Klägerin diese höchstrichterliche Auslegung des Begriffs auch auf die im Jahr 2013 erfolgte Behandlung des Versicherten übertragen habe, verstoße nicht gegen das sich aus dem Grundgesetz ergebende Verbot echter Rückwirkung. Denn es gehe nicht um eine durch die Legislative festgelegte Rückbewirkung von Rechtsfolgen. Vielmehr seien lediglich die Voraussetzungen des OPS-Kodes durch ein Gericht ausgelegt worden. Für diese originäre Aufgabe der Rechtsprechung könne das Verbot der echten Rückwirkung nicht gelten.

Der geltend gemachte Anspruch sei auch weder verjährt noch verwirkt. Die Verwirkung als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben sei zwar auch für das Sozialversicherungsrecht anerkannt. Unter Bezugnahme auf die insoweit einschlägige Rechtsprechung des Bundesozialgerichts hat das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung voraussetze, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraums unterlassen habe und weitere besondere Umstände hinzuträten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes das verspätete Geltendmachen des Rechts dem Verpflichteten gegenüber nach Treu und Glauben als illoyal erscheinen ließen. Solche, die Verwirkung auslösenden „besonderen Umstände" lägen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf habe vertrauen dürfen, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen (Vertrauensgrundlage) und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut habe, dass das Recht nicht mehr ausgeübt werde (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet habe (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde. Ein solcher Umstand liege hier indes nicht vor. Soweit die Klägerin vor der ergangenen Rechtsprechung ausschließlich die fehlende Dokumentation des Behandlungsleiters bezweifelt habe, lasse sich hieraus keine Vertrauensgrundlage ableiten. Ohne unzulässige Rückwirkung zähle das Risiko einer Auslegung von Abrechnungsvorschriften entgegen der eigenen Rechtsauffassung zu den allgemeinen Lebensrisiken. Darüber hinaus hat das Sozialgericht auf die Dienstanweisung der Beklagten hingewiesen, ausweislich derer im damaligen Zeitpunkt folgende Regelung gegolten habe: „Der Arzt dokumentiert das Ergebnis der Besprechung – überprüft und gibt die Berichte hinsichtlich Befund und Therapieziel der einzelnen Bereiche wie Krankengymnastik, Ergotherapie, Sozialdienst, Logopädie, Psychiater/Psychologe und Pflegedienst frei“. Die Beklagte sei mithin selbst von einer verpflichtenden wöchentlichen Teilnahme aller dort genannten Berufsgruppen unter einer Behandlungsleitung ausgegangen. Nur wenn alle Berufsgruppen teilnähmen, könne auch der Bericht der einzelnen Gruppen freigegeben werden. Wenn die Beklagte jedoch von diesen Voraussetzungen für die Kodierung des OPS-Kodes ausgehe, sei nicht verständlich, aus welchem Grund es als rechtsmissbräuchlich angesehen werden solle, wenn sich die Klägerin auf die Einhaltung dieser Voraussetzungen stütze.

Da zwischen den Beteiligten unstreitig sei, dass ohne den hier fraglichen OPS-Kode nur die DRG B63Z zum Tragen komme, habe die Beklagte 4.462,12 € zu viel an die Klägerin geleistet.

Gegen das ihr am 31.07.2020 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 04.08.2020 Berufung eingelegt.

Sie bezieht sich zur Begründung zunächst auf ihr Vorbringen im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens und führt weitergehend aus, dass das Sozialgericht die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sowie die Klarstellung des DIMDI fehlerhaft berücksichtigt bzw zur Anwendung gebracht habe. Die Auslegung von OPS-Kodes sei nicht wortlautnah, sondern dem Wortlaut entsprechend vorzunehmen. Ausweislich der Klarstellung des DIMDI sei die Dokumentationspflicht jedoch bereits erfüllt, wenn Beiträge der patientenbezogen beteiligten Berufsgruppen dokumentiert worden seien, was hier der Fall sei. Weitergehende Dokumentationspflichten ließen sich dem Wortlaut des streitgegenständlichen OPS nicht entnehmen. Dies gelte vor allem hinsichtlich der Ergebnisse der bisherigen Behandlung und der weiteren Behandlungsziele. Im Übrigen habe die Beklagte Behandlungen nach dem OPS 8-550 über mehrere Jahre hinweg in gleicher Weise wie in vorliegendem Fall dokumentiert, ohne dass dies von der Klägerin beanstandet worden sei. Insoweit habe die Beklagte nicht davon ausgehen können, dass sie nunmehr – aus Sicht der Klägerin – in anderer Weise zu dokumentieren habe. 

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 24.07.2020 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Ihrer Ansicht nach habe die Klarstellung des DIMDI nicht dazu geführt, dass die insoweit ergangene Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht mehr zu berücksichtigen sei. Die Auslegung des Sozialgerichts sei zutreffend unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung vorgenommen worden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verwaltungsakte der Klägerin sowie der Patientenakte der Beklagten.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat konnte gemäß §§ 153, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben.

Die gemäß § 143 SGG statthafte sowie nach § 151 Abs 1 SGG form- und fristgemäß eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist nur zum Teil begründet.

Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Recht verurteilt, an die Klägerin 4.462,12 € nebst Zinsen zu zahlen. Lediglich hinsichtlich des Beginns der Zinszahlung ist die Berufung insoweit begründet, als Zinsen erst ab dem 18.08.2017 zu zahlen sind. Die weitergehende Klage ist unbegründet und wird abgewiesen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

I.

Die Klage ist zulässig. Sie ist als (echte) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG statthaft. Bei einer auf Zahlung der (Rest-)Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhauses bzw. eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse oder – wie hier – umgekehrt bei einer auf Erstattung einer gezahlten Vergütung gerichteten Klage einer Krankenkasse gegen ein Krankenhaus oder eines Krankenhausträgers handelt es sich um einen sogenannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (vgl etwa BSG, Urteil vom 17.06.2000 – B 3 KR 33/99 R; Urteil vom 23.07.2002 – B 3 KR 64/01 R), sodass es eines Vorverfahrens nicht bedurfte und eine Klagefrist nicht einzuhalten war.

II.

Die Klage ist weit überwiegend auch begründet.

Zur Begründung wird zunächst auf die im Wesentlichen zutreffenden Gründe des angefochtenen erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen und insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen (§ 153 Abs 2 SGG). Die Ausführungen der Beklagten – sowohl im Rahmen des erstinstanzlichen als auch des hiesigen Verfahrens – sind nicht geeignet, eine hiervon abweichenden Rechtsauffassung anzunehmen. 

1.

Das Sozialgericht hat zu Recht sowohl auf die vom DIMDI rückwirkend zum 01.01.2013 geänderten Vorgaben zum OPS-Kode 8-550 als auch auf die bundessozialgerichtliche Rechtsprechung zu den Anforderungen einer Kodierung des OPS 8-550 (BSG, Urteil vom 19.12.2017 – B 1 KR 19/17 R) abgestellt. Soweit die Beklagte hiergegen im Berufungsverfahren vorträgt, dass sich das Bundessozialgericht bislang nicht zu den Anforderungen der vom DIMDI rückwirkend geänderten Fassung des OPS 8-550 geäußert habe, mag dies zutreffen. Entgegen der Auffassung der Beklagten folgt daraus zur Überzeugung des Senats indes nicht zugleich, dass die og Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (zur vormaligen Fassung des OPS-Kodes) unbeachtlich ist und den dort aufgeführten Anforderungen a priori keine Geltung mehr zukommen kann (vgl im Ergebnis ebenso bereits Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 20.07.2021 – L 16 KR 414/20 – zitiert nach juris, Rn 52; SG München, Urteil vom 14.11.2019 – S 15 KR 783/18 – juris, Rn 39). (Auch) Insoweit hat das Sozialgericht zutreffend ausgeführt, dass sich die rückwirkend ab dem 01.01.2013 geltende Klarstellung des DIMDI zum OPS-Kode 8-550 (2019) nicht zu der Frage verhält, in welchem Umfang und wie konkret die „Ergebnisse der bisherigen Behandlung und die weiteren Behandlungsziele“ zu dokumentieren sind. Diesbezüglich bleiben mithin auch nach Lektüre der Neufassung des OPS-Kodes 8-550 Fragen offen, die anhand der (bisherigen) Rechtsprechung des Bundessozialgerichts beantwortet werden können und – nach Auffassung des Senats – zu beantworten sind. Einer erneuten Befassung des Bundessozialgerichts mit den Anforderungen an die Konkretisierung der Behandlungsergebnisse bzw -ziele bedarf es nicht. Denn die frühere Fassung der Hinweise zum OPS-Kode 8-550 war insoweit mit der zum 01.01.2019 erfolgten Neufassung nahezu identisch. Während die Hinweise in der ursprünglichen Fassung folgenden Wortlaut hatten: „(…) wochenbezogener Dokumentation bisheriger Behandlungsergebnisse und weiterer Behandlungsziele“, weisen sie nunmehr die folgende, sprachlich leicht veränderte Formulierung auf: „ Die (…) wochenbezogene Dokumentation ist erfüllt, wenn sie die Ergebnisse der bisherigen Behandlung und die weiteren Behandlungsziele erfasst“

Vor diesem Hintergrund verfängt auch der Vorwurf der Beklagten nicht, das Sozialgericht habe Anforderungen an die Dokumentation über den Wortlaut des OPS hinaus „hinzugedichtet“. Das Sozialgericht hat sich vielmehr in nicht zu beanstandender Weise allein an der einschlägigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts orientiert, um die Anforderungen an die Dokumentation im Hinblick auf die bisherigen Behandlungsergebnisse und die weiteren Behandlungsziele zu konkretisieren. Soweit die Beklagte meint, der OPS sei nicht – wie das Sozialgericht formuliert habe – „wortlautnah“, sondern „dem Wortlaut entsprechend“ vorzunehmen, mag dies sprachlich feinsinnig differenziert sein. In der Sache ändert dies indes nichts daran, dass die vom DIMDI verwendeten Begrifflichkeiten „bisherige Behandlungsergebnisse“ (alte Fassung) bzw „Ergebnisse der bisherigen Behandlung“ (neue Fassung) und „weitere Behandlungsziele“ keine Anhaltspunkte dafür bieten, dass insoweit seitens des DIMDI überhaupt eine „Klarstellung“ erfolgt ist. Dabei hilft es auch nicht weiter, dass das DIMDI die Anforderungen des OPS-Kodes klarstellend insoweit ergänzt hat, als „hierfür (gemeint ist die Dokumentation der Ergebnisse der bisherigen Behandlung und der weiteren Behandlungsziele, Anm des Senats) die Beiträge der patientenbezogen beteiligten Berufsgruppen ausreichend“ sein sollen. Auch aus dieser Formulierung lassen sich nämlich Schlussfolgerungen hinsichtlich des Umfangs und des Inhalts der vorzunehmenden Dokumentation nicht ziehen. Hieraus ergibt sich allein, dass die nicht an der Behandlung beteiligten Berufsgruppen entsprechende Beiträge nicht zu erbringen haben. Auch aus dem Hinweis des DIMDI, dass weitere Nachweise zur Durchführung der Teambesprechung nicht erforderlich seien, kann auf den konkret erforderlichen Inhalt der Dokumentation nicht geschlossen werden.

Das Sozialgericht hat daher unter Berücksichtigung der bundessozialgerichtlichen Rechtsprechung zutreffend „konkrete Handlungsanleitungen“ als Voraussetzung für die ordnungsgemäße Dokumentation und die Abrechnung des OPS 8-550 gefordert.

Der Senat stimmt auch hinsichtlich der (Aus-)Wertung der Patientendokumentation mit der Ansicht des Sozialgerichts überein, wenn dieses aus den vorgenommenen Dokumentationen entsprechend hinreichende Konkretisierungen nicht hat erkennen können. Dass die vorgenommene Dokumentation – wie die Beklagte meint – „vollumfänglich dem zum Zeitpunkt der Leistungserbringung in deutschen Krankenhäusern üblichen Standard (entspricht) oder (…) über diesen hinaus (geht)“, schließt der Senat nicht aus. Unter Zugrundelegung der bundessozialgerichtlichen Rechtsprechung, der auch der Senat folgt, entspricht sie jedoch nicht den Anforderungen, die für die Ansetzung des OPS-Kodes 8-550 zu beachten sind.

Der Senat ist davon überzeugt, dass das DIMDI, hätte es die insoweit vom Bundessozialgericht gestellten Anforderungen anderweitig verstanden wissen wollen, entsprechende Änderungen – jedenfalls de lege ferenda – vorgenommen hätte. Dies ist indes bislang nicht geschehen.   

Der Senat vermag – auch insoweit mit dem Sozialgericht – nicht zu erkennen, dass die Voraussetzungen für die Abrechnung des in Rede stehenden Kodes hier gegeben waren. Mit Recht hat das Sozialgericht insoweit ausgeführt, dass der Dokumentation in weiten Teilen lediglich Statusbeschreibungen zu entnehmen sind. Soweit in den von der Beklagten während des gerichtlichen Verfahrens vorgelegten maschinengeschriebenen „Übersetzungen“ der Teamsitzungsprotokolle angemerkt wird, dass beispielsweise die Formulierung zur logopädischen Behandlung „V.a. Dysphagie, weitere Therapie sinnvoll“ (Protokoll zur Sitzung vom 13.11.2013) die Festlegung eines Therapiezieles darstelle, teilt der Senat dieses Verständnis nicht. Entgegen der Auffassung der Beklagten entsprechen derartige Ausführungen nicht der sich aus dem Wortlaut des OPS-Kodes ergebenden Anforderung. Ihnen ist weder zu entnehmen, welches Ergebnis die bisherige Behandlung zu Tage geführt hat, noch welche weiteren Behandlungsziele erreicht werden sollen. Es ist lediglich festgestellt worden, dass bei dem Versicherten der Verdacht auf eine Schluckstörung (Dysphagie) besteht; welche Ergebnisse die bisherigen Behandlungsmaßnahmen ergeben haben, lässt sich hieraus indes nicht schließen. Der Formulierung „weitere Therapie sinnvoll“ lässt sich allein entnehmen, dass weitere Behandlungsmaßnahmen ergriffen werden sollen. Abgesehen davon, dass unklar bleibt, welche Maßnahmen ergriffen werden sollen, lässt sich – worauf es maßgeblich ankommt – nicht erkennen, welche Ziele (zB die Linderung von ggf vorhandenen Schmerzen oder die Heilung der funktionellen Störung) mit diesen weiteren Maßnahmen erreicht werden sollen. Ähnliches gilt etwa für die Dokumentation zur ergotherapeutischen Behandlung, wenn dort Folgendes formuliert wird: „MMSE 18/28 – funktionelles Training“. Hieraus lässt sich zwar schließen, dass bislang ein Mini-Mental-Status-Test durchgeführt wurde und der Versicherte 18 von 28 Punkten erzielen konnte. Auch insoweit bleibt aber jedenfalls unklar, welche Ziele (hier zB Verbesserung der Gedächtnisleistung) mit der Maßnahme, funktionelles Training durchzuführen, erreicht werden soll. Soweit die Dokumentation darüber hinaus eine „weitere Beschreibung der jeweiligen Therapieziele unter ganzheitlichen geriatrischen Betrachtungsweise“ beinhaltet, kann auch hieraus nicht auf die in den jeweiligen Therapiebereichen verfolgten Ziele geschlossen werden. Die Behandlung des Delirs und der Exsikkose stellt nach Auffassung des Senats keine für die Bereiche der Krankengymnastik, der Ergotherapie oder der Logopädie zu erreichenden Ziele dar.

Im Hinblick auf die Protokollierung der Sitzung vom 25.11.2013 merkt der Senat zunächst an, dass sich das ausweislich der „Übersetzung“ angestrebte Behandlungsziel („Zunächst optimieren des Transfers sowie Förderung von Kraft und Ausdauer um die Selbstversorgung in Zukunft übernehmen zu können“) so nicht ohne Weiteres der Patientendokumentation entnehmen lässt – richtig gelesen sind hier lediglich die Begriffe „Transfer“ und „Ausdauer“ aufgeführt, wobei dies im Sinne des Bundessozialgerichts eine nicht ausreichende Bezeichnung von Globalzielen darstellt.

Ungeachtet dessen ist hier aber auch das Merkmal „wöchentliche Teambesprechung“ – das sowohl vom Bundessozialgericht als auch vom DIMDI gleichermaßen vorausgesetzt wird – nicht erfüllt. Nach der Aufnahme des Versicherten am 09.11.2013 fand die erste Teambesprechung am Mittwoch, dem 13.11.2013 statt. Die zweite Teamsitzung erfolgte ausweislich der Dokumentation jedoch erst am Montag, dem 25.11.2013, also zu Beginn der dritten Behandlungswoche, einen Tag vor der Entlassung des Versicherten. Eine wöchentliche Teambesprechung hat somit – unerheblich davon, ob hier eine Kalender- oder die Behandlungswoche zugrunde zu legen ist – nicht stattgefunden, sodass sich eine weitergehende Auseinandersetzung mit der hierzu erfolgten Dokumentation erübrigt.

Wenn die Beklagte also darauf hinweist, dass Abrechnungsvorschriften wie der OPS dem Wortlaut entsprechend umzusetzen bzw eng am Wortlaut orientiert auszulegen sind, ist dies zwar zutreffend. Es bleibt jedoch zu konstatieren, dass die Dokumentation auch unter Berücksichtigung dieses Maßstabs den Anforderungen ersichtlich nicht entspricht. 

Zu Recht hat die Beklagte zwar darauf hingewiesen, dass die Teilnahme aller Berufsgruppen an den wöchentlichen Teamsitzungen ausweislich der im Hinblick auf den in Rede stehenden OPS-Kode festgelegten Mindestmerkmale nicht zwingend Teil der Dokumentation sein muss. Mit Blick auf den Wortlaut des fraglichen Merkmals ist die Teilnahme aller Berufsgruppen gleichwohl obligatorisch. Die tatsächliche Teilnahme aller Berufsgruppen muss dabei im Zweifelsfalle dem Beweis zugänglich sein, wobei sich der Nachweis jedoch – konsequenterweise – nicht zwingend aus der Patientendokumentation ergeben muss, sondern im Wege des Freibeweises erfolgen kann. Die bloße Existenz einer entsprechenden Dienstanweisung ist insoweit – auch diesbezüglich stimmt der Senat dem Sozialgericht zu – nicht ausreichend.

2.

Soweit die Beklagte auch im Berufungsverfahren darauf hinweist, dass die Klägerin eine Dokumentation, wie sie hier in Rede steht, in der Vergangenheit ohne Weiteres akzeptiert habe und die Beklagte daher von einer geänderten Handhabung der Klägerin nicht habe ausgehen müssen, ist hierin eine unzulässige Rechtsausübung nicht zu erblicken. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der stets angestrebten konstruktiven Zusammenarbeit (vgl nur § 1 Vereinbarung über das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Absatz 1c SGB V gemäß § 17c Absatz 2 KHG vom 03.02.2016) von Krankenhaus und Krankenkasse ist zwar ein Vorgehen wie jenes des MDK Mecklenburg-Vorpommern, also die Information des Krankenhauses zu einer künftigen Änderung der Begutachtung zu begrüßen. Eine unzulässige Rechtsauübung ist in dem Verhalten der Klägerin jedoch nicht zu erkennen, wenn diese erst im Rahmen eines Klageverfahrens zuvor nicht beanstandete Aspekte – ggf aufgrund geänderter  Rechtsprechung des Bundessozialgerichts – zur Begründung des angenommenen Erstattungsanspruchs heranzieht.

Anders als die Beklagte meint, war das Verhalten der Klägerin nicht treuwidrig. Auch insoweit nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen des Sozialgerichts (S 14 f). Der im Rahmen des Berufungsverfahrens erfolgte Verweis der Beklagten auf die Rechtsprechung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg (Urteil vom 26.08.2020 – L 9 KR 462/17) verfängt nicht. Insoweit fehlt es bereits an einer vergleichbaren Sachverhaltskonstellation. Ausweislich der Ausführungen des Landessozialgerichts in og Entscheidung war der in diesem Fall mit einer Prüfung beauftragte MDK zu dem Ergebnis gelangt, dass die Abrechnung auch hinsichtlich des OPS-Kodes 8-550 nicht zu beanstanden sei. Erst nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts sind von Seiten der Krankenkasse entsprechende Einwände erhoben worden, die bislang bei Prüfungen dieses Kodes unberücksichtigt geblieben waren. Dies war hier indes nicht der Fall. Der MDK hat noch vor der Entscheidung des Bundessozialgerichts die Dokumentation bemängelt, sodass die Beklagte gerade nicht darauf vertrauen durfte, dass die Klägerin die Abrechnung für korrekt befindet. Dass sich die Klägerin im weiteren Verlauf des gerichtlichen Verfahrens ergänzend auf die weitergehenden Anforderungen gestützt hat, die das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung aus Dezember 2017 aufgestellt hat, ändert nichts daran, dass die Beklagte hier – insoweit unterscheidet sich der Fall maßgeblich von dem, den das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg zu entscheiden hatte – gerade nicht darauf vertrauen konnte und durfte, dass die Abrechnung von der Klägerin akzeptiert wird, der Abrechnungsvorgang mithin abgeschlossen sei. 

Davon abgesehen hat das Bundessozialgericht die vorgenannte Entscheidung des Landessozialgerichts aufgehoben und ua zum Ausdruck gebracht, dass in dem Verhalten der dortigen Klägerin kein rechtsmissbräuchlicher Vorgang zu sehen sei. Ein schutzwürdiges Vertrauen des Krankenhauses habe nicht bestanden, weil die gehandhabte Praxis bis dato nicht höchstrichterlich bestätigt worden sei. Das Bundessozialgericht hat insoweit Folgendes ausgeführt: „Der Schutz des Vertrauens von Krankenkassen und Krankenhäusern in von ihnen dabei eingeübte Verfahrensweisen ist dabei umso stärker, je länger und einvernehmlicher die Verfahrensweisen praktiziert werden, je bedeutsamer sie sind, und wenn sie zugleich bereits über längere Zeit eine höchstrichterliche Billigung erfahren haben“ (BSG, Urteil vom 20.01.2021 – B 1 KR 31/20 R – juris, Rn 37). So verhält es sich auch im Hinblick auf die hier streitbefangene Problematik.

3.

Abzuändern war das Urteil des Sozialgerichts allerdings hinsichtlich des Zeitraumes, für den die Beklagte Zinsen zu zahlen hat. Der Zinsanspruch beginnt – anders als das Sozialgericht entschieden hat – erst mit dem Tag nach Rechtshängigkeit der Klage, hier also am 18.08.2017.

Für die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu den Krankenhäusern gelten die Zinsvorschriften des BGB entsprechend, soweit nicht in den Verträgen nach § 112 SGB V etwas anderes geregelt ist (vgl nur BSG, Urteil vom 21.04.2015 – B 1 KR 10/15 R – juris, Rn 18, mwN). Die Klägerin hat hier Prozesszinsen nach § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V iVm §§ 291, 288 Abs 1 Satz 2 BGB geltend gemacht. Nach Maßgabe der insoweit geänderten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts – der sich der Senat anschließt – gilt insoweit Folgendes: Ist Rechtshängigkeit (§ 94 SGG) eingetreten, beginnt der Lauf des Zinsanspruchs in entsprechender Anwendung von § 187 Abs 1 BGB mit dem folgenden Tag (vgl BSG, Urteil vom 16.07.2020 – B 1 KR 15/19 R – juris, Rn 33; ausführlich Urteil vom 09.04.2019 – B 1 KR 5/19 R – juris, Rn 39; aA – Beginn der Verzinsung ab dem Tag der Rechtshängigkeit – etwa noch BSG, Urteil vom 23.06.2015 – B 1 KR 24/14 R – juris, Rn. 16).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

IV.

Anlass, die Revision nach § 160 Abs 2 SGG zuzulassen, bestand nicht.

V.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1, 1. HS SGG iVm §§ 63 Abs 2, 52 Abs 1 und Abs 3, 47 Abs 1 des Gerichtskostengesetzes.

 

Rechtskraft
Aus
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