Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 15.03.2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Kindergeld.
Die 1992 geborene Klägerin stellte bei der Beklagten mit Schreiben vom 03.09.2016 einen Antrag auf Kindergeld für Vollwaisen oder Kinder, die den Aufenthaltsort ihrer Eltern nicht kennen. In dem beigefügten, auf den 02.09.1986 datierenden Antragsformular gab die Klägerin an, ihre 1954 geborene Mutter I sei am 13.02.2016 verstorben; ihr 1949 geborener Vater I1 lebe in M. Sie beantrage die Behandlung als Waise, da sie zwar den Aufenthaltsort ihres Vaters kenne, dieser aber keinen Unterhalt bezahle. Sie benötige das Kindergeld dringend, um ihr Studium zu finanzieren. Der Antrag solle an ihren zuvor gestellten Antrag vom 23.05.2016 anknüpfen und der Anspruch im Hinblick auf den Leistungsbeginn entsprechend berechnet werden.
Mit Bescheid vom 15.09.2016 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, Anspruch auf Kindergeld für sich selbst habe gemäß § 1 Abs. 2 Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) nur, wer im Geltungsbereich des BKGG seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt habe, Vollwaise sei oder den Aufenthaltsort seiner Eltern nicht kenne und nicht bei einer anderen Person als Kind zu berücksichtigen sei. Die Klägerin erfülle diese Voraussetzungen nicht, da sie keine Vollwaise sei und den Aufenthaltsort ihres Vaters kenne.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 10.10.2016 Widerspruch. Sie trug vor, ein Antrag auf Kindergeld sei zuvor über ihren Vater gestellt worden. Diesen habe die Beklagte jedoch mit der Begründung abgelehnt, ihr Vater wohne nicht im europäischen Ausland und sei deshalb nicht anspruchsberechtigt. Deshalb habe sie nun selbst einen Antrag auf Kindergeld gestellt. Ihre Situation sei mit derjenigen einer Vollwaisen vergleichbar. Mit Widerspruchsbescheid vom 14.12.2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 BKGG lägen im Fall der Klägerin nicht vor.
Mit der am 08.12.2016 beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens weiterverfolgt. Ergänzend hat sie vorgetragen, ihr im nichteuropäischen Ausland lebender Vater habe sich nie um sie gekümmert, weder persönlich noch finanziell. Er lebe in T, M, habe dort eine Ehefrau und weitere Kinder. Sein einziges Einkommen stelle eine deutsche Altersrente in Höhe von ca. 765,00 € monatlich dar. Vor diesem Hintergrund könne es keinen Unterschied machen, ob sie den Aufenthaltsort ihres Vaters kenne oder nicht. Es entspreche dem Sinn und Zweck des Kindergeldes auch in einer solchen Situation die finanzielle Versorgung des Kindes zu gewährleisten. Deshalb stehe ihr ein Anspruch auf Kindergeld für die Zeit nach dem Tod ihrer Mutter ab März 2016 zu.
Mit Gerichtsbescheid vom 15.03.2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Ein Anspruch auf Kindergeld stehe der Klägerin nicht zu; die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BKGG lägen nicht vor. Die Klägerin sei weder Vollwaise noch sei ihr der Aufenthalt ihres Vaters unbekannt. Dass dieser keinen Unterhalt zahle, rechtfertige die Gleichstellung mit einer Vollwaisen nicht. Mit der Regelung des § 1 Abs. 2 BKGG habe der Gesetzgeber erkennbar nur solchen Personen einen Anspruch auf Kindergeld einräumen wollen, die wegen der Nichtexistenz eines Elternteils oder der damit gleichgestellten Unkenntnis des Aufenthaltsorts einen Unterhaltsanspruch objektiv nicht anmelden können. Ob ein bestehender Unterhaltsanspruch gegenüber einem Elternteil mit bekanntem Aufenthaltsort bestehe oder tatsächlich durchgesetzt werden könne, sei hingegen nicht ausschlaggebend.
Gegen diesen gemäß Empfangsbekenntnis ihres Bevollmächtigten am 15.03.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 10.04.2017 schriftlich beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Sie hält an ihrer Auffassung fest, dass § 1 Abs. 2 BKGG in ihrem Fall analog angewendet werden müsse. Der Gesetzgeber habe solchen Personen einen Anspruch auf Kindergeld zubilligen wollen, die, gleich aus welchen Gründen, keinen Unterhalt von ihren Eltern erhalten könnten.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 15.03.2017 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 15.09.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.2016 zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 01.03.2016 bis 30.06.2017 Kindergeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält ihre Entscheidung für rechtmäßig und den angegriffenen Gerichtsbescheid des SG für zutreffend.
Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten, die Akten des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Für Streitigkeiten nach § 1 Abs. 2 BKKG ist gemäß § 15 BKGG der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet. Die Berufung der Klägerin ist zudem statthaft, da Berufungsausschließungsgründe nicht eingreifen (vgl. §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) und auch im Übrigen zulässig; insbesondere wurden die maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) beachtet. Die Berufung ist aber nicht begründet, das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist der Bescheid vom 15.09.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.2016, mit dem die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Kindergeld vom 02.09.2016 abgelehnt hat. Dieser Bescheid erweist sich als rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in subjektiven Rechten; der Klägerin steht ein Anspruch auf Kindergeld nicht zu.
Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 BKGG erhält Kindergeld für sich selbst, wer in Deutschland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Nr. 1), Vollwaise ist oder den Aufenthalt seiner Eltern nicht kennt (Nr. 2) und nicht bei einer anderen Person als Kind zu berücksichtigen ist (Nr. 3). Die Klägerin erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Sie hat zwar ihren Wohnsitz in Deutschland und ist auch nicht bei einer anderen Person als Kind im Sinne des BKGG zu berücksichtigen; einem Anspruch auf Kindergeld steht aber entgegen, dass die Klägerin nicht Vollwaise ist und ihr der Aufenthaltsort ihres Vaters auch nicht unbekannt ist.
Die einen Anspruch auf Kindergeldgeld ausschließende Kenntnis des Aufenthaltsorts der Eltern ist nicht nach einem objektiven Maßstab zu beurteilen. Es ist deshalb nicht erforderlich, dass der Aufenthalt insgesamt unbekannt ist, also von niemandem, weder der Klägerin noch der Behörde, zu ermitteln ist. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BKGG ist vielmehr erkennbar subjektiv ausgerichtet und stellt allein auf die Nichtkenntnis des das Kindergeld beanspruchenden Kindes ab (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 05.05.2015, B 10 KG 1/14 R, juris). Eine solche liegt im Fall der Klägerin nicht vor. Der Klägerin ist der Aufenthaltsort ihres Vaters bekannt; sie hat dessen Adresse in M bei der Antragstellung auch angegeben.
§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BKGG ist entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht erweiternd dahingehend auszulegen, dass auch Kinder, deren Eltern im (nichteuropäischen) Ausland leben, deren Aufenthalt bekannt ist, die von diesen aber keinen Unterhalt erhalten, Kindergeld beanspruchen könnten. Eine analoge Anwendung des § 1 Abs. 2 Satz 1 BKGG kommt mangels Vorliegens einer planwidrigen Gesetzeslücke ebenfalls nicht in Betracht. Das Hessische LSG hat in seinem Urteil vom 25.06.2014 (L 6 KG 3/11, juris) zu dieser Problematik Folgendes ausgeführt:
„Auch der Senat vertritt die Auffassung, dass von einer planwidrigen Regelungslücke nicht ausgegangen werden kann. Wie der Senat bereits … ausgeführt hat, waren von dem Bezug des sog. sozialrechtlichen Kindergeldes nach der vor 1986 geltenden Rechtslage u.a. Vollwaisen ausgeschlossen. Dies ist in der damaligen höchstrichterlichen Rechtsprechung - insbesondere auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten gemäß Art. 3, 6 und 20 GG - nicht beanstandet worden (vgl. BSG, Urteil vom 25. Oktober 1977, 8/12 RKg 15/77). Gleichwohl wurde der Ausschluss von Vollwaisen als sozial ungerecht empfunden und beschäftigte wiederholt den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages. Hierauf reagierte der Gesetzgeber, indem er mit Wirkung ab dem 1. Januar 1986 durch das 11. Gesetz zur Änderung des BKGG vom 27. Juni 1985 (BGBl. I 1985, 1251) mit dem neu eingefügten Abs. 2 in § 1 BKGG einen Anspruch auf Kindergeld für sich selbst für Vollwaisen und Personen, die den Aufenthalt der Eltern nicht kennen, regelte. Den Materialien zum Gesetzgebungsverfahren kann folgendes entnommen werden: Bereits im Verfahren des vorangegangenen 10. Gesetzes zur Änderung des BKGG hatte der Ausschuss für Jugend, Familie und Gesundheit des Bundestages eine sozial gerechte Lösung im Hinblick auf den Bezug von Kindergeld von Vollwaisen dringlich angemahnt (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit vom 5. Dezember 1984, BT-Drucks. 10/2563, S. 3). Hierzu wurde seitens des Berichterstatters des Ausschusses darauf hingewiesen, im Einklang mit dem Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung sei es dringend geboten, endlich auch „alleinstehende Vollwaisen“ in die Kindergeldzahlungen einzubeziehen. Insoweit seien in mehreren vom Petitionsausschuss behandelten Fällen Kinder, die nach dem Tode ihrer Eltern zusammen mit ihren jüngeren Geschwistern und für diese den elterlichen Haushalt weitergeführt hätten, für ihre Person ohne Kindergeld geblieben, weil das geltende Kindergeldrecht eine Zahlung an das haushaltsführende Kind nicht vorsehe. Nach der grundsätzlichen Konzeption des BKGG diene das Kindergeld der elterlichen Entlastung und stehe deshalb nur Personen zu, die als Eltern oder ähnlich wie Eltern mit dem Unterhalt von Kindern belastet seien. Dies habe zur Folge, dass in den im Petitionsausschuss vorgetragenen Fällen die haushaltsführenden Kinder Kindergeld nur für ihre jüngeren Geschwister erhalten hätten. Trotz der „rechtssystematischen Schwierigkeiten“ hätten sich sowohl die Bundesregierung als auch verschiedene Ausschüsse des Deutschen Bundestages wiederholt für eine Regelung zu Gunsten des „sehr begrenzten Personenkreises der alleinstehenden Vollwaisen“ ausgesprochen. Entgegen dieser dringlichen Aufforderung des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit zur Erstellung eines entsprechenden Neuregelungsentwurfs sah der Entwurf eines 11. Gesetzes zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes der Bundesregierung (BT-Drucks. 10/2886) noch keinen Kindergeldanspruch für alleinstehende Vollwaisen vor. In seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf bat der Bundesrat die Bundesregierung um Einbeziehung von „haushaltsführenden Vollwaisen“ in die Kindergeldzahlungen und führte hierzu aus, zur Vermeidung von Härtefällen erscheine es geboten, auch alleinstehende Vollwaisen für ihre eigene Person in die Kindergeldzahlungen einzubeziehen, damit zu dem persönlichen Verlust bei Tod der Eltern nicht zusätzliche finanzielle Verschlechterungen durch den teilweisen Wegfall des Kindergeldes eintreten würden (BT-Drucks. a.a.O., S. 9). In der Gegenäußerung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates wurde angekündigt, in das Gesetzgebungsverfahren den Formulierungsvorschlag für eine „Vollwaisenregelung“ einzubringen (BT-Drucks. a.a.O., S. 10). Schließlich wies die Berichterstatterin des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit des Bundestages erneut auf die aufgetretenen Schwierigkeiten alleinstehender Kinder hin und führte hierzu aus, es werde als sozial ungerecht empfunden, dass für Kinder, bei denen nach dem Tod oder der Verschollenheit ihrer Eltern niemand die Elternstelle im Sinne des Kindergeldrechts eingenommen habe „- alleinstehende Kinder -“ kein Kindergeld gezahlt werde, und es solle deshalb in das Kindergeldgesetz als neue Leistung ein Kindergeld für alleinstehende Kinder eingeführt werden (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit vom 21. Mai 1985, BT-Drucks. 10/3369, S. 11). Aus den zitierten Materialien geht hervor, dass der Gesetzgeber unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des Kindergeldes und von gesetzessystematischen Bedenken eine eng begrenzte Ausnahmeregelung unter Härtegesichtspunkten schaffen und Kindergeld für sich selbst nur einem entsprechend eng begrenzten Personenkreis zukommen lassen wollte. Im Gesetzgebungsverfahren war zunächst nur die Rede von „Vollwaisen“, „alleinstehenden Vollwaisen“ und „haushaltsführenden Vollwaisen“. Erstmals in der Beschlussempfehlung bzw. dem Bericht des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit vom 21. Mai 1985 wird neben dem Tod auch die Verschollenheit der Eltern erwähnt und für beide Konstellationen der Begriff der „alleinstehenden Kinder“ gebraucht. Die letztlich beschlossene Gesetzesfassung geht hierüber noch hinaus, denn nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 BKGG in der zum 1. Januar 1986 in Kraft getretenen Fassung erhält Kindergeld für sich selbst, wer Vollwaise ist oder den Aufenthalt seiner Eltern nicht kennt. Damit reicht für die Anspruchserfüllung - neben dem Tod - eine in erster Linie subjektive Unkenntnis vom Aufenthalt der Eltern aus (Felix, Kindergeldrecht Kommentar, § 1 BKGG Rn. 36 m.w.N.) und der Gesetzgeber hat nicht an die weitergehenden Voraussetzungen einer Verschollenheit (vgl. § 1 Verschollenheitsgesetz - VerschG -) angeknüpft. Aus allem folgt aber, dass im Gesetzgebungsverfahren durchaus gesehen worden ist, dass die eng begrenzte Ausnahmeregelung auch zu einem Ausschluss von Personen führt, die die Voraussetzungen des entsprechend eng gefassten Personenkreises nicht erfüllen, insbesondere angesichts § 1 Abs. 1 Nr. 1 BKGG (in der zum Zeitpunkt des Gesetzgebungsverfahrens geltenden Fassung) im Falle eines beiderseitigen Auslandsaufenthaltes der Eltern (oder eines Auslandsaufenthaltes des allein noch lebenden Elternteils) an im Inland wohnende oder sich gewöhnlich aufhaltende Kinder in Anwendung von § 1 Abs. 2 Nr. 2 BKGG (ab 1. Januar 1996: Abs. 2 S. 1 Nr. 2) kein Kindergeld gezahlt werden kann. Dementsprechend wollte der Gesetzgeber den engen Anwendungsbereich der aus Härtegesichtspunkten geschaffenen Ausnahmeregelung nicht auch auf den bloßen Auslandswohnsitz bzw. gewöhnlichen Auslandsaufenthalt der Eltern ausdehnen, worauf das Sozialgericht zutreffend hingewiesen hat. Eine planwidrige Regelungslücke liegt mithin nicht vor.
Die gesetzliche Regelung des § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BKGG begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, weder im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 GG noch Art. 3 Abs. 1 GG. Zunächst ist zu berücksichtigen, dass dem Gesetzgeber im Bereich der steuerfinanzierten Sozialleistungen bzw. der gewährenden Staatstätigkeit, auch im Hinblick auf die Familienförderung, eine weite Gestaltungsfreiheit zukommt (BVerfG, Beschlüsse vom 20. April 2011, 1 BvR 1811/08 u. 9. November 2011, 1 BvR 1853/11). Davon ausgehend folgt aus Art. 6 Abs. 1 GG nicht, dass diejenigen Kinder in den Kreis der anspruchsberechtigten Personen einzubeziehen wären, deren Eltern im Ausland wohnen oder sich dort gewöhnlich aufhalten. Aber auch der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht verletzt. Davon kann nur ausgegangen werden, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Oktober 1980, 1 BvL 89/79, 1 BvR 240/79 = BVerfGE 55, 72 - 95; Beschluss vom 9. November 2004, 1 BvR 684/98 = BVerfGE 112, 50 - 74). Umgekehrt verbietet Art. 3 Abs. 1 GG auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, insbesondere die Gleichbehandlung einer Gruppe von Normadressaten mit einer anderen, obwohl zwischen beiden Gruppen gewichtige Unterschiede bestehen, die deren Gleichbehandlung verbieten. Dabei legt das Bundesverfassungsgericht je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal einen unterschiedlich strengen Prüfungsmaßstab an (BVerfG, Beschluss vom 26. Januar 1993, 1 BvL 38/92, 1 BvL 40/92, 1 BvL 43/92 = BVerfGE 88, 87 - 103). Soweit die Kläger anders behandelt werden gegenüber Vollwaisen bzw. Personen, denen der Aufenthalt der Eltern nicht bekannt ist, fehlt es bereits an einer Ungleichbehandlung, weil es sich um ungleiche Gruppen mit erheblichen Unterschieden im Hinblick auf die Familienkonstellation handelt. Die begrenzte Erweiterung des anspruchsberechtigten Personenkreises durch Einfügung des Abs. 2 in § 1 BKGG erfolgte zur Vermeidung von unbilligen Härten aber auch vor dem Hintergrund, dass nach Sinn und Zweck das Kindergeld der elterlichen Entlastung dient und deshalb grundsätzlich nur Personen zusteht, die als Eltern oder ähnlich wie Eltern mit dem Unterhalt von Kindern belastet sind. Für Kinder, deren Eltern verstorben sind oder die den Aufenthalt der Eltern nicht kennen, kann niemand die Elternstelle im Sinne des Kindergeldrechts einnehmen. Insofern war es gerechtfertigt, die Anspruchsberechtigung entsprechend begrenzt zu erweitern und einen Anspruch auf Kindergeld für sich selbst einzuführen. Die zu Grunde liegenden Erwägungen treffen gerade nicht auf den bloßen Auslandswohnsitz oder gewöhnlichen Auslandsaufenthalt der Eltern gleichermaßen zu, denn insoweit ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass durch einen Wohnsitzwechsel oder Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts in das Inland die Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BKGG (Fassung bis 31. Dezember 1995) bzw. gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) erfüllt werden können.“
Nach diesen Erwägungen, denen der erkennende Senat sich aufgrund eigener Überzeugungsbildung anschließt, scheidet eine Anwendung des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BKGG auf den hier vorliegenden Fall des bloßen Aufenthalts des überlebenden Elternteils im Ausland aus. Dies gilt auch dann, wenn dieser aufgrund wirtschaftlichen Unvermögens nicht in der Lage ist, dem Kind Unterhalt zu leisten oder dies aus anderen Gründen nicht tut. In einem solchen Verständnis des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BKGG läge eine erweiternde Auslegung der Norm, die sich schon wegen des dargestellten engen Ausnahmecharakters der Regelung verbietet. Da – wie dargelegt – im Gesetzgebungsverfahren durchaus gesehen wurde, dass auch die Ausnahmeregelung in der nun Gesetz gewordenen Form Fallkonstellationen wie die vorliegende nicht erfasst, kann auch vom Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke nicht ausgegangen werden (so auch LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.07.2016, L 3 KG 3/15; vgl. auch LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 23.06.2016, L 5 KG 1/15, beide in juris). Deshalb bleibt für die Auslegung der Formulierung "den Aufenthalt seiner Eltern nicht kennt" in § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BKGG allein der Wortlaut maßgebend (BSG, Urteil vom 08.04.1992, 10 RKg 12/91, juris). Danach erfüllt die Klägerin die Anspruchsvoraussetzungen nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.