L 9 U 174/18

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Kassel (HES)
Sachgebiet
Unfallversicherung
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 11 R 248/17
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 9 U 174/18
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Die im Jahr 2017 in der Gruppe der Arbeitgeber durchgeführte Wahl zur Vertreterversammlung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau war fehlerhaft, weil sie lediglich in der Unfallversicherung durchgeführt wurde und daher insbesondere Personen, die eine Altersrente der Alterssicherung der Landwirte beziehen und nicht bei der Beklagten unfallversichert sind, von der Wahl ausgeschlossen wurden.
 
 

I.    Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 9. August 2018 aufgehoben. Die im Jahr 2017 in der Gruppe der Arbeitgeber durchgeführte Wahl zur Vertreterversammlung der Beklagten ist ungültig. Die Wahl muss wiederholt werden. 

II.    Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens für beide Instanzen.

III.    Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

IV.    Die Revision wird zugelassen. 


Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gültigkeit der Wahl zur Vertreterversammlung der beklagten Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau in der Gruppe der Arbeitgeber anlässlich der Sozialversicherungswahlen im Jahr 2017.

In seiner Sitzung vom 13. Januar 2016 bestellte der Vorstand der Beklagten den Wahlausschuss für die Sozialwahlen 2017. Am 23. März 2016 setzte der Wahlausschuss das Unterschriftenquorum für Vorschlagsberechtigte nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IV - (freie Listen) auf 1.000 fest. 

Der Kläger war Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft A. e. V. (AA) und bei der Beklagten versichert. Am 17. November 2016 reichte er als Listenvertreter der freien Liste „E., F., L., M., N.“ diese Vorschlagsliste für die Wahl der Vertreterversammlung der Beklagten in der Gruppe der Arbeitgeber ein und fügte 986 Unterstützerunterschriften bei. Mit Beschluss vom 5. Januar 2017 wies der Wahlausschuss der Beklagten die Vorschlagsliste des Klägers mit der Begründung zurück, dass es sich nicht um eine freie Liste handele und nicht die erforderliche Anzahl an Unterstützerunterschriften von 1.000 eingereicht worden sei. Es seien lediglich 986 Unterschriften eingegangen, von denen nur 888 gültig seien. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Klägers vom 14. Januar 2017 wies der Bundeswahlausschuss mit Beschluss vom 2. Februar 2017 zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, das im aktuellen Wahlverfahren verwendete Berechnungsmodell, wonach die Beklagte zum 31. Dezember 2014 1.155.251 Versicherte im Sinne von § 47 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV gehabt habe, beruhe auf realistischen Grundlagen. Insbesondere sei es nicht zu beanstanden, wenn bezüglich der Zahl der in der Land- und Forstwirtschaft haupt- und nebenberuflich tätigen Menschen von den Ergebnissen der letzten Agrarstrukturerhebung 2013 ausgegangen werde.

Den Antrag des Klägers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 57 Abs. 5 SGB IV lehnte das Sozialgericht Kassel mit Beschluss vom 8. Februar 2017 ab (S 1 U 1/17 ER).

Die Wahl zur Gruppe der Arbeitgeber fand ohne Wahlhandlung als sog. Friedenswahl statt. Am 9. Februar 2017 wurde das Ergebnis der Wahl bekannt gemacht.

Am 8. März 2017 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Kassel erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, das Unterschriftenquorum sei rechtswidrig nach § 48 Abs. 2 SGB IV auf 1.000 statt auf 500 festgesetzt worden, so dass die freie Liste E., F., L., M., N., die 888 gültige Unterstützerunterschriften vorgelegt habe, zur Wahl hätte zugelassen werden müssen. Rechtswidrig habe der Wahlausschuss die Anzahl der Versicherten auf 1.155.251 geschätzt. Personen, die nicht mindestens sechs Monate (oder 26 Wochen) im Jahr mindestens 20 Stunden pro Monat eine die Versicherung begründende Tätigkeit ausübten, gehörten nicht zur Gruppe der Versicherten nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV. Dies gelte insbesondere auch für Saisonarbeitskräfte in der Land- und Forstwirtschaft sowie im Gartenbau, die in den Agrarstrukturerhebungen des statistischen Bundesamtes gerade dadurch von den ständigen Arbeitskräften abgegrenzt würden, dass sie Arbeitskräfte mit einem auf weniger als sechs Monate befristeten Arbeitsvertrag seien. Damit seien 314.300 Saisonarbeitskräfte von der vom Wahlausschuss berechneten bzw. der geschätzten Gesamtzahl abzuziehen. Die Beschäftigungsdauer von mindestens sechs Monaten im Jahr, um bei der Beklagten als Versicherter eingestuft zu werden, nenne § 47 SGB IV an anderer Stelle auch selbst, und zwar in Abs. 3 Nr. 1, wo eine Abgrenzung zwischen Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte und den Selbstständigen, die gleichzeitig Versicherte sind, vorgenommen würde. Nur auf den ersten Blick gehe es hier darum zu bestimmen, wer überwiegend Selbstständiger oder überwiegend Arbeitnehmer sei. Würden zudem Arbeitskräfte, die nicht regelmäßig, d. h. mindestens 26 Wochen im Jahr, beschäftigt seien, zu den wahlberechtigten Versicherten gezählt, aber andererseits ihre jeweiligen Arbeitgeber gerade nicht zur Gruppe der Arbeitgeber gerechnet, würden auf diese Weise Versicherte (Arbeitnehmer) geschaffen, die wahlrechtlich keinen Arbeitgeber hätten. Diese so geschaffenen wahlrechtlich arbeitgeberlosen Versicherten könnten aber an der Wahl nicht oder nur unter sehr erschwerten Bedingungen teilnehmen. Denn die Beklagte als Trägerin der Unfallversicherung habe von den Versicherten in der Regel keine Kenntnis und insbesondere auch keine Adresse. Deshalb nehme das Wahlrecht gemäß §§ 54 bis 55 SGB IV i. V. m. § 37 der Wahlordnung für die Sozialversicherung (SVWO) die Arbeitgeber in die Pflicht, die Wahlunterlagen an die unfallversicherten Versicherten auszuhändigen. Die Saisonarbeitskräfte müssten dann Wahlunterlagen selbst bei der Beklagten beantragen, zu der sie aber nicht in einem eigenen Rechtsverhältnis stünden. Dies sei eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung der auf diese Weise durch eine unrechtmäßige Auslegung des Wahlrechts zu Wahlberechtigten gemachten Saisonarbeitskräften. Neben den Saisonarbeitskräften habe der Wahlausschuss bei der Festsetzung des Quorums auch sämtliche so genannte mitarbeitende Familienangehörige als Versicherte eingestuft und mitgezählt. Von den 126.500 in der Agrarstrukturerhebung aufgeführten mitarbeitenden Familienangehörigen seien jedoch 58.000 mit einem Alter von 65 oder mehr Jahren angegeben, so dass diese Personen ganz überwiegend als Rentner eingestuft werden müssten. Diese im Betrieb mithelfenden Rentner, auch Altenteiler genannt, gehörten aber in der Regel eben nicht zur Gruppe der Versicherten nach § 47 Abs. 1 SGB IV, denn diese seien vor dem Renteneintritt die Betriebsleiter oder deren Ehegatten gewesen. Nach § 47 Abs. 2 SGB IV gehörten diese Rentner der Gruppe der Arbeitgeber an, wenn sie vor ihrem Renteneintritt regelmäßig versicherungspflichtige Beschäftigte hatten, oder nach § 47 Abs. 3 SGB IV der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte. Da schließlich in der Landwirtschaft die Anzahl der Arbeitskräfte im Zuge des sogenannten Strukturwandels stetig abnehme, sei davon auszugehen, dass die Zahl der Arbeitskräfte zum Stichtag 31. Dezember 2014 insgesamt um etwa 40.000 niedriger gelegen habe als zum Berichtszeitraum der Agrarstrukturerhebung 2013. Um ebenfalls 40.000 habe die Zahl der Familienarbeitskräfte abgenommen. Da in der Agrarstrukturerhebung 2013 die mitarbeitenden Familienarbeitskräfte genau 1/4 aller Familienarbeitskräfte (126.400) ausmachten, sei bei einem Rückgang der Familienarbeitskräfte um insgesamt 40.000 die Anzahl der mitarbeitenden Familienarbeitskräfte um 10.000 niedriger als in der Agrarstrukturerhebung 2013. Zu Unrecht habe der Wahlausschuss zudem die Zahl der Beschäftigten bei den Unternehmen des Garten- und Landschaftsbaus und den Lohnunternehmen in der Land- und Forstwirtschaft und des Gartenbaus auf 564.428 festgesetzt. Auch für diese Beschäftigten gelte, dass sie nur dann als Versicherte nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV zu werten seien, wenn sie zum maßgeblichen Stichtag regelmäßig mindestens 20 Stunden im Monat unfallversicherungspflichtig beschäftigt seien. Dies werde auf einen nennenswerten Anteil der Beschäftigten im Garten- und Landschaftsbau nicht zutreffen. Auch bei den Lohnunternehmen seien die Tätigkeiten und Beschäftigungszeiten ebenfalls stark saisonabhängig. Hier sei davon auszugehen, dass ca. 67.000 Beschäftigte nicht als Versicherte zu werten seien. Insgesamt seien überschlägig mindestens 100.000 Beschäftigte nicht als Versicherte zu zählen. In der Summe ergebe sich damit eine Anzahl von rund 700.000 Versicherten gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV zum Stichtag 31. Dezember 2014. Der Wahlfehler sei auch mandatsrelevant. Für die Sammlung der Unterstützerunterschriften hätten auch mehrere berufsständische Organisationen die Wahlberechtigten dazu aufgerufen, die Zulassung der freien Liste E. u. a. durch Unterschriften zu unterstützen. Es sei daher davon auszugehen, dass diese einen Stimmenanteil von deutlich über 5 % erreicht hätte, wenn sie zur Wahl zugelassen worden wäre. Damit wäre sie mit mindestens einem gewählten Vertreter in die Vertreterversammlung eingezogen. Das Wahlrecht für die Sozialwahlen im Bereich Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau verstoße gegen die vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Grenzen der Differenzierung. Insbesondere behandele es die wahlberechtigten Unternehmer ungleich zu Lasten der zur Gruppe der Arbeitgeber gehörenden Unternehmer, ohne dass dafür ein legitimer Grund vorliege. Die Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte sei dabei zahlenmäßig wesentlich größer als die Gruppe der Arbeitgeber. Die Beklagte zähle insgesamt 1.513.807 bei ihr unfallversicherte Unternehmen. Die allermeisten Arbeitgeber bei der Beklagten hätten ebenso wie die Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte nur ein einfaches Stimmrecht. Gleichwohl gelte ein einheitliches Quorum für Unterstützerunterschriften. Damit sei dessen Erreichen in der Gruppe der Arbeitgeber erheblich schwerer als in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte. Der auch für Sozialwahlen geltende Wahlrechtsgrundsatz der Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl werde hierdurch verletzt. Der Kläger hat weiter vorgetragen, dass selbst unter Zugrundelegung der Auffassung der Beklagten, dass eine drei- bis sechsmonatige Beschäftigungsdauer für die Annahme der Versicherteneigenschaft ausreiche, von den 314.300 Saisonarbeitskräften weit weniger als die Hälfte mitgezählt werden dürften, weil der Großteil der Saisonarbeitskräfte in einer kürzeren Zeitspanne (Saison) als drei Monate tätig sei. Bei den in Rede stehenden Saisonarbeitskräften handele es sich zudem zu 90 % um Arbeitskräfte, die aus dem europäischen Ausland, hauptsächlich aus Osteuropa, insbesondere Polen und Rumänien, stammten. Weil sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb von Deutschland hätten, könnten sie nach § 50 Abs. 1 Satz 2 SGB IV an der Wahl nur dann teilnehmen, wenn sie in der Zeit zwischen dem 107. und 37. Tag vor dem Wahltag einen Antrag auf Teilnahme an der Wahl stellten. Dieser Aufwand stelle eine so große Hürde dar, dass die von der Beklagten behauptete Verkürzung des Wahlrechts mit der Realität nicht viel zu tun habe. Die Beklagte habe außerdem bis zu einer halben Million Rentnern in der SVLFG das Wahlrecht genommen, indem sie diese Sozialwahl ausschließlich in dem Bereich der Unfallversicherung durchgeführt habe, obwohl die Beklagte Trägerin aller Sozialversicherungsbereiche sei. Gleichwohl habe sie bei der Festlegung des Quorums Altenteiler in der Gruppe der Versicherten mitgezählt. Durch das Vorgehen der Beklagten sei mehreren 100.000 Rentnern (Altenteilern) der Beklagten das Wahlrecht vorenthalten worden. Ein Teil der von der Wahl ausgeschlossenen Rentenbezieher habe unmittelbar vor ihrem Renteneintritt der Gruppe der Arbeitgeber gemäß § 47 Abs. 2 SGB IV angehört. Es stelle sich die Frage, ob diese nach Eintritt ins Rentenalter weiter ihrer Unternehmergruppe angehörten oder ob sie mehrheitlich in die Gruppe der Rentenbezieher gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 3 SGB IV als Teil der Gruppe der Arbeitnehmer (Versicherten) hätten „geschoben“ werden dürfen. Hätte die Beklagte die Wahl nicht auf den Unfallversicherungszweig beschränkt, wären die rentenbeziehenden ehemaligen Arbeitgeber nach dem Wortlaut des Gesetzes dennoch grundsätzlich von den Mitwirkungsrechten in den Selbstverwaltungsorganen ausgeschlossen. Denn gemäß § 44 Abs. 3 SGB IV wirkten unter anderem in Angelegenheiten der Alterssicherung der Landwirte die Vertreter der Arbeitnehmer - also die Vertreter der Gruppe der Versicherten - nicht mit. Das Gleiche gelte für Angelegenheiten der Krankenversicherung der Landwirte. Rentner, die bis unmittelbar vor ihrem Renteneintritt Arbeitgeber gewesen seien, würden durch die Verschiebung in die Gruppe der Versicherten (Arbeitnehmer) also in keiner Angelegenheit, die sie selbst betreffe, mitentscheiden können, wenn sie von ihrem passiven Wahlrecht Gebrauch machten und gewählt würden. Anders sei es, wenn diese Rentner in ihrer bisherigen Gruppe der Arbeitgeber verblieben, dann könnten sie in ihrer Angelegenheit der Alterssicherung mitentscheiden und somit im Sinne der Selbstverwaltung tätig sein. Die Beklagte gebe die Anzahl der Empfänger einer Rente aus der Alterssicherung der Landwirte für 2016 mit 595.462 Personen an. Selbst nach Abzug derjenigen Rentenempfänger, die noch Restflächen hätten und damit bei der Beklagten unfallversichert seien, sowie derjenigen, die neben der Altersrente eine Unfallrente erhielten und damit ebenfalls vom Unfallversicherungszweig der Beklagten erfasst seien, verblieben schätzungsweise noch knapp 500.000 Rentner, die unmittelbar vor ihrem Ausscheiden aus der unfallversicherten Tätigkeit entweder der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte oder der Gruppe der Arbeitgeber angehört hätten. Selbst wenn ein Teil der verbleibenden Rentner im abgegebenen Betrieb regelmäßig 20 Stunden im Monat unfallversicherungspflichtige Tätigkeiten ausübe und damit im Unfallversicherungszweig zur Gruppe der Arbeitnehmer gehöre, verblieben mehrere 100.000 Rentner, die durch das Vorgehen der Beklagten ihres Wahlrechts beraubt seien. Würden diese von der Beklagten in die Gruppe der Versicherten gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 3 SGB IV „verschoben“, könnten sie ihr Wahlrecht nur in dieser Gruppe ausüben. Damit würde eine große Gruppe an Personen, die nie Arbeitnehmer waren, berechtigt, sich für die dieser Gruppe zustehenden 20 Sitze der Vertreterversammlung zu bewerben. Mit den allgemeinen Wahlrechtsgrundlagen vereinbar sei nur ein Vorgehen, das die Rentner in der Gruppe belasse, der sie bis unmittelbar vor dem Ausscheiden aus der versicherten Tätigkeit angehört hätten.

Die Beklagte hat vorgetragen, es sei nicht möglich, anhand ihrer Datenbestände eine exakte Auswertung aller Versicherten im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV vorzunehmen, weshalb eine Schätzung notwendig sei. Die Wahl innerhalb des zur Beklagten zusammengeschlossenen Sozialversicherungsträgers finde in der Unfallversicherung statt, was bereits Gegenstand des Eilverfahrens L 2 AR 1/17 B ER beim Hessischen LSG gewesen sei. Die Zugehörigkeit zur Gruppe der Versicherten lasse sich in der Unfallversicherung nicht über eine Mitgliedschaft herstellen, da auch einmalige Tätigkeiten dem gesetzlichen Unfallversicherungsschutz unterlägen. § 47 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV stelle daher auf eine 20-stündige Tätigkeit im Monat ab, wobei eine Regelmäßigkeit gefordert werde. Der Bezug einer Rente aus der Unfallversicherung gewährleiste ein Fortbestehen der Gruppenzugehörigkeit für Versicherte, die unmittelbar vor Beendigung der versicherungsbegründenden Tätigkeit dieser Gruppe angehört hätten und eine Rente aus eigener Versicherung erhielten. Als Datengrundlage für die vorzunehmende Schätzung der Anzahl der Versicherten im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV seien neben den familienfremden Arbeitnehmern auch die mitarbeitenden Familienangehörigen und die Altenteiler heranzuziehen. Die in § 2 Abs. 4 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) näher bezeichneten Familienangehörigen seien in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung die nicht nur vorübergehend mitarbeitenden Familienangehörigen. Ursprünglich sei die Beklagte von 550.250 Beschäftigten der Land- und Forstwirtschaft, 564.428 Beschäftigten in Unternehmen mit Arbeitswert, 40.573 Rentenempfänger/LUV, in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung insgesamt also 1.155.251 Versicherten, ausgegangen. Die vom Kläger vertretene Rechtsauffassung, wonach Versicherter nur sein könne, wer als Arbeitnehmer mindestens sechs Monate pro Jahr beschäftigt sei, erweise sich als fehlerhaft. Die dadurch in Bezug genommene Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts diene dazu, die übliche Beschäftigtenzahl im Betrieb festzulegen, insbesondere um gewisse Arbeitnehmerschutzrechte wie den Kündigungsschutz beurteilen zu können. Diese arbeitsrechtliche Differenzierung biete sich auch für die Abgrenzung zwischen Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte und solchen Arbeitgebern an, die regelmäßig Arbeitskräfte beschäftigten, denn auch hierbei gehe es um die Abgrenzung, ob ein Unternehmer üblicherweise Arbeitgeber sei oder eher ausnahmsweise. Mit der Argumentation des Klägers werde hingegen der Kreis der versicherten Arbeitnehmer auf diejenigen Arbeitskräfte beschränkt, deren Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate andauere. Die Sechs-Monats-Grenze sei aber keine starre Grenze, sondern die Versicherteneigenschaft werde befürwortet bei einer Beschäftigung mit einer Dauer von drei bis sechs Monaten. Die Beklagte hat weiter vorgetragen, dass in der landwirtschaftlichen Sozialversicherung seit Bestehen die Sozialwahl in der Unfallversicherung durchgeführt werde und die gewählten Organe der Berufsgenossenschaft nach § 32 SGB IV gleichzeitig die Organe der anderen Körperschaften gewesen seien. Mit der Errichtung der Beklagten zum 1. Januar 2013 sei an diesen Grundsätzen keine Änderung vorgenommen worden. Jenseits des Wegfalls des § 32 SGB IV seien lediglich Begrifflichkeiten korrigiert worden. Weder im Gesetzestext noch in der Begründung fänden sich jedoch Anhaltspunkte dafür, dass mit der Errichtung der Beklagten Änderungen im Sozialwahlverfahren vorgenommen werden sollten. Daher seien bei der Beklagten § 47 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 und Abs. 3 SGB IV unter Bezugnahme auf die Unfallversicherung anzuwenden. In der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte seien, wie bei der Gruppe der Arbeitgeber, nur die Unfallrentenbezieher einzubeziehen, die unmittelbar vor ihrem Ausscheiden aus der versicherten Tätigkeit dieser Gruppe angehört hätten. Für die Wahlberechtigten der Arbeitgeber und Arbeitnehmer unterbleibe allerdings die Ausübung der Wahl, da bei der Beklagten im Rahmen der Sozialwahl 2017 nur in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte eine Wahl mit Wahlhandlung stattgefunden habe. 

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 9. August 2018 abgewiesen. Zur Begründung hat es sich im Wesentlichen auf die Ausführungen des Bundeswahlausschusses im Beschluss vom 2. Februar 2017 (BWA 3/17) und den Beschluss des 2. Senats des Hessischen Landessozialgerichts vom 12. Mai 2017 (L 2 AR 1/17 B ER) Bezug genommen.

Am 17. September 2018 hat der Kläger Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt.

Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen seinen Vortrag aus dem erstinstanzlichen Verfahren. Ergänzend trägt er vor, er sei als Listenvertreter unabhängig von einer Vorschlagsberechtigung nach § 48 Abs. 1 SGB IV klageberechtigt. Wenn nach dem Vortrag der Beklagten von 480.000 Altenteilern mindestens die Hälfte noch regelmäßig im Unternehmen mitarbeiteten, bedeute dies im Umkehrschluss, dass dies für die andere Hälfte nicht zutreffe, sodass diese von der Wahl ausgeschlossen sei. Aber auch das Wahlrecht der nicht Selbstständigen Altenteiler, die im Betrieb mitarbeiteten und nach Auffassung der Beklagten zur Gruppe der Versicherten nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV zähle, laufe leer. Denn dann schließe § 44 Abs. 3 SGB IV ihre Mitwirkung in Angelegenheiten der Kranken- und Rentenversicherung aus. Hingegen komme es für die Gruppenzugehörigkeit von Unfallrentnern darauf an, zu welcher Gruppe sie vor Renteneintritt gehört hätten. Die gleichmäßige Verteilung der Organsitze auf die sehr ungleich großen Selbstständigengruppe widerspreche den Wahlrechtsgrundsätzen der Allgemeinheit und der Gleichheit. Die falsche Auslegung des Begriffs der Rentenbezieher sei auch mandatsrelevant, weil ohne diesen Fehler das Quorum vom 1000 Unterschriften erreicht worden wäre. Bei einer zugelassenen Beteiligung der Liste des Klägers hätte sie mindestens ein Mandat erreicht, indem entweder eine Wahl mit Wahlhandlung oder eine Verständigung mit der Liste der „Arbeitgeber der Landwirtschaft, Forstwirtschaft und des Gartenbaus der SVLFG“ (Friedenswahl) stattgefunden hätte. Bei einer Wahl mit Wahlhandlung hätte die Liste die 5%-Hürde nach § 45 Abs. 2 SGB IV erreicht. 

Der Kläger beantragt, 
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 9. August 2018 aufzuheben und die Wahl 2017 zur Vertreterversammlung der Beklagten in der Gruppe der Arbeitgeber für ungültig zu erklären, sowie
die Regeln des Wahlrechts für die Wahl zur Vertreterversammlung der Beklagten dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.

Die Beklagte beantragt, 
die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung trägt sie ergänzend zu ihrem Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren vor, eine Mitgliedschaft in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung sei Grundvoraussetzung für Tätigkeiten in der landwirtschaftlichen Krankenkasse und der Alterssicherung der Landwirte. Für freiwillig Versicherte in der landwirtschaftlichen Krankenkasse sei es denkbar, dass sie zwar Mitglied der Beklagten seien, aber mangels eines Betriebes und pflichtversicherter Fläche kein Wahlrecht hätten. Zum Stichtag 31.12.2016 habe die Beklagte 422.179 Rentenempfänger gehabt, von denen ca. 65.000 Restflächen hätten und damit weiter als Unternehmer bei der landwirtschaftlichen Unfallversicherung wahlberechtigt seien. Von den etwa 325.000 Altenteilern, die keine Unfallrente bezögen, sei davon auszugehen, dass der weit überwiegende Teil auf den Höfen mitarbeite und damit als mitarbeitende Familienangehörige in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung in der Gruppe der Versicherten wahlberechtigt sei. Der Kläger habe die Klage mit der Begründung erhoben, die Beklagte habe sich auf der Grundlage einer fehlerhaften Schätzung auf ein zu hohes Unterschriftenquorum festgelegt. Sofern das Gericht keine Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Schätzung sehe, seien die sonstigen Angriffe gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl unerheblich. Falls die Festlegung des Unterschriftenquorums korrekt sei, sei es für den vorliegenden Rechtsstreit unerheblich, ob Altersrentenbezieher vom Wahlrecht ausgeschlossen worden seien. Ein vermeintlicher Ausschluss sei im Hinblick auf den Gegenstand des Rechtsstreits – die Wahlhandlung in der Gruppe der Arbeitgeber – mandatsirrelevant. Der Beklagten lägen keine Auswertung vor, denen Zahlen zu entnehmen seien, wie viele der Altersrentner vorher Arbeitsgeber oder Selbstständige ohne fremde Arbeitskräfte gewesen seien. Insofern seien Auskünfte der Versicherten erforderlich gewesen. Registriert worden seien die nach den Auskünften zur Gruppe der Selbstständige ohne fremde Arbeitskräfte gehörenden Wahlberechtigten, weil nur in dieser Gruppe gewählt worden sei. Faktisch gar nicht denkbar sei, dass Altersrentner von der Wahl ausgeschlossen worden seien, die im Falle einer Wahlberechtigung in der Gruppe der Arbeitgeber gewählt hätten. Ein Altersrentner, der nicht als Versicherter auf dem Hof eines anderen mitarbeite und nicht über Flächenbesitz unfallversichert sei, könne nicht Arbeitgeber nach § 47 Abs. 2 SGB IV sein. 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, die Akte des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens S 1 U 1/17 ER und die Beklagtenakte Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind. 

Entscheidungsgründe

I. Die zulässige Berufung ist begründet. 

1. Eine Beiladung war nicht erforderlich. 

Zwar werden von dem Urteil insbesondere die bereits in der Gruppe der Arbeitgeber Gewählten unmittelbar in ihren Rechten betroffen. Die Entscheidung kann mithin auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen, was im Allgemeinen nach § 75 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Notwendigkeit einer Beiladung begründet und von Amts wegen in jedem Stadium des Verfahrens zu beachten ist (BSG, Urteil vom 14. Oktober 1992, 14a/6 RKa 58/91, juris, Rn. 31). Im Wahlanfechtungsverfahren kann aber die Beiladung von Personen und Behörden unterbleiben, weil es nicht den Schutz subjektiver Rechte, sondern die Einhaltung objektiven Wahlrechts zum Ziel hat und daher die Interessen von Nichtbeteiligten von Amts wegen geschützt werden, wobei die Beklagte jedenfalls dann „geborene Vertreterin“ der Interessen der gewählten Mitglieder der Vertreterversammlung ist, wenn – wie hier – nicht die Wahl einzelner Mitglieder, sondern die Wahl einer ganzen Gruppe angefochten ist (BSG, Urteil vom 23. September 1982, 8 RK 19/82, juris, Rn. 27-29). Bei einem Urteil, das eine Wahl für ungültig erklärt, tritt zudem eine Rechtskrafterstreckung auch ohne Beiladung ein, weil es Gestaltungswirkung hat, sodass jedermann die Ungültigkeit der Wahl gegen sich gelten lassen muss (BSG, Urteil vom 14. Oktober 1992, 14a/6 RKa 58/91, juris, Rn. 32).

2. Müsste der Senat noch den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit prüfen (vgl. aber § 17a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG -), würde er ihn, wovon schon das Sozialgericht zu Recht ausgegangen ist, bei Wahlanfechtungsklagen bejahen. Denn Streitigkeiten über die Gültigkeit von Wahlen zur Vertreterversammlung eines Sozialversicherungsträgers sind öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Sozialversicherung im Sinne von § 51 Abs. 1 SGG, was auch durch § 131 Abs. 4 SGG verdeutlicht wird, der die Wahlanfechtungsklage voraussetzt (vgl. BSG, Urteil vom 8. September 2015, B 1 KR 28/14 R, juris, Rn. 10). 

3. Die Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 143 SGG) sowie form- und fristgerecht erhoben (§ 151 SGG). 

4. Die Berufung ist auch begründet. Das Sozialgericht hat zu Unrecht die Klage abgewiesen. Die Klage ist zulässig (a) und begründet (b) und führt zur Feststellung der Ungültigkeit der Wahl (c) sowie zur Notwendigkeit einer Wiederholungswahl (d).

a) Die Klage ist zulässig.

Die Wahlanfechtungsklage ist als Klage besonderer Art statthaft. Sie zielt nicht nur auf die Feststellung, dass die Wahl ungültig ist, sondern auch auf die gerichtlich zu bestimmenden Folgerungen, die sich aus ihrer Ungültigkeit ergeben, § 131 Abs. 4 SGG (vgl. BSG, Urteil vom 8. September 2015, B 1 KR 28/14 R, juris, Rn. 10). Gegenstand der Wahlanfechtung ist allein die Wahl selbst, hier die im Jahr 2017 durchgeführte Wahl zur Vertreterversammlung der Beklagten in der Gruppe der Arbeitgeber, § 57 Abs. 2 SGB IV, nicht jedoch der während des Wahlverfahrens ergangene Beschluss des Wahlausschusses (vgl. BSG, Urteil vom 8. September 2015, B 1 KR 28/14 R, juris, Rn. 13). 

Der Kläger gehört auch zu dem Kreis der Anfechtungsberechtigten. Nach § 57 Abs. 2 SGB IV können die in § 48 Abs. 1 SGB IV genannten Personen und Vereinigungen die Wahl durch Klage gegen den Versicherungsträger anfechten. Der Kläger war in dem insofern maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerhebung Versicherter der Beklagten, § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB IV.

Es wurde auch der vor der Klageerhebung obligatorische Rechtsbehelf der Beschwerde nach § 24 SVWO gegen die Nichtzulassung der Liste durch den Wahlausschuss (§ 57 Abs. 4 SGB IV) erfolglos eingelegt (vgl. BSG, Urteil vom 8. September 2015, B 1 KR 28/14 R, juris, Rn. 11, sogenannte negative Prozessvoraussetzung). Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 SVWO war nur der Kläger als Listenvertreter berechtigt, Beschwerde einzulegen.

Ein Vorverfahren im Sinne von §§ 83 ff. SGG war nicht durchzuführen (§ 57 Abs. 3 Satz 3 SGB IV). 

Die Klagefrist gemäß § 57 Abs. 3 Satz 2 SGB IV hat der Kläger eingehalten. 

Die Beklagte ist auch passiv prozessführungsbefugt. Denn Klagegegner in Wahlanfechtungsklagen ist der Versicherungsträger, § 57 Abs. 2 SGB IV.

b) Die Klage ist auch begründet.

Hinsichtlich der Wahl zur Vertreterversammlung der Beklagten in der Gruppe der Arbeitgeber liegt ein mandatsrelevanter Wahlfehler vor, weil die Wahl lediglich in der Unfallversicherung durchgeführt wurde, sodass insbesondere Personen, die eine Altersrente der Alterssicherung der Landwirte bezogen haben, von der Wahl ausgeschlossen wurden.

aa) Der Senat ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht gehindert, seine Entscheidung auf den Ausschluss der Bezieher von Renten aus der Alterssicherung der Landwirte zu stützen. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit sind auf die Wahlanfechtungsklage nach § 57 Abs. 2 SGB IV berechtigt und verpflichtet, alle Wahlvorgänge von Beginn des Wahlverfahrens bis zur Feststellung des Ergebnisses und zur endgültigen Verteilung der Sitze sowohl auf ihre formale Gesetzmäßigkeit als auch auf ihre materielle Richtigkeit, d. h. auf das Vorliegen von Wahlfehlern zu überprüfen (BSG, Urteil vom 14. Juni 1984, 1/8 RK 18/83, juris, Rn. 31; Urteil vom 8. September 2015, B 1 KR 28/14 R, juris, Rn. 27). Innerhalb des Streitgegenstandes – hier: die Wahl 2017 zur Vertreterversammlung der Beklagten in der Gruppe der Arbeitgeber – ermittelt das Gericht von Amts wegen mögliche Wahlfehler. Unerheblich wäre daher, wenn der Kläger seine Klage lediglich auf die vermeintlich falsche Berechnung des Unterschriftenquorums gestützt hätte.

bb) Ein mandatsrelevanter Wahlfehler liegt vor. 

(1) Es liegt ein Wahlfehler vor.

Die auf die Unfallversicherung beschränkte Durchführung der Wahl mit der damit einhergehenden fehlerhaften Auslegung und Anwendung von § 47 Abs. 2 Nr. 2 SGB IV verstießen gegen die Regelungen des aktiven Wahlrechts nach § 50 Abs. 1 SGB IV i. V. m. § 34 Abs. 2 SVWO und des passiven Wahlrechts nach § 51 SGB IV

Nach § 50 Abs. 1 SGB IV ist wahlberechtigt, wer an dem in der Wahlausschreibung bestimmten Tag 1. bei dem Versicherungsträger zu einer der Gruppen gehört, aus deren Vertretern sich die Selbstverwaltungsorgane des Versicherungsträgers zusammensetzen, 2. das 16. Lebensjahr vollendet hat und 3. eine Wohnung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz innehat oder sich gewöhnlich dort aufhält oder regelmäßig dort beschäftigt oder tätig ist. Gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 SVWO werden die Wahlausweise von den Versicherungsträgern ausgestellt und den Wahlberechtigten zusammen mit den übrigen in Absatz 1 genannten Wahlunterlagen ausgehändigt oder übermittelt.

Nach § 51 Abs. 1 SGB IV ist wählbar, wer am Tag der Wahlausschreibung 1. bei dem Versicherungsträger zu einer Gruppe gehört, aus deren Vertretern sich die Selbstverwaltungsorgane des Versicherungsträgers zusammensetzen, 2. das Alter erreicht hat, mit dem nach § 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) die Volljährigkeit eintritt, 3. das Wahlrecht zum Deutschen Bundestag besitzt oder im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland seit mindestens sechs Jahren eine Wohnung innehat, sich sonst gewöhnlich aufhält oder regelmäßig beschäftigt oder tätig ist und 4. eine Wohnung in dem Bezirk des Versicherungsträgers oder einem nicht mehr als einhundert Kilometer von dessen Grenze entfernten Ort im Geltungsbereich des SGB innehat oder sich gewöhnlich dort aufhält oder in dem Bezirk des Versicherungsträgers regelmäßig beschäftigt oder tätig ist.

Gemäß § 47 Abs. 2 Nr. 2 SGB IV gehören zur Gruppe der Arbeitgeber bei den Trägern der Unfallversicherung auch die versicherten Selbstständigen und ihre versicherten Ehegatten oder Lebenspartner, soweit Abs. 3 nichts anderes bestimmt, und die Rentenbezieher, die der Gruppe der Arbeitgeber unmittelbar vor dem Ausscheiden aus der versicherten Tätigkeit angehört haben.

Die Beklagte hat die ab 1. Januar 2013 geltenden Wahlrechtsvorschriften fehlerhaft ausgelegt und angewendet. Dadurch, dass die Sozialversicherungswahl 2017 bei der Beklagten lediglich in der Unfallversicherung, nicht aber auch in der Kranken- und Rentenversicherung durchgeführt und § 47 SGB IV fehlerhaft ausgelegt und angewandt wurde, wurden die Altersrentner und die Erwerbsminderungsrentner, die nicht zugleich in der Unfallversicherung versichert waren, von ihrem aktiven und passiven Wahlrecht ausgeschlossen. Dieser Fehler wiegt schwer, weil die Wahl zur Vertreterversammlung die Grundlage und der einzige Zugang für eine selbstverantwortliche demokratische Mitwirkung der Betroffenen an der Verwaltung des sozialen Rechtsstaats ist (vgl. BSG, Urteil vom 14. Juni 1984, 1/8 RK 18/83, juris, Rn. 33).

Nach der bis zum 31. Dezember 2012 geltenden Rechtslage war die Beschränkung der Sozialversicherungswahl in der landwirtschaftlichen Sozialversicherung auf die gesetzliche Unfallversicherung rechtmäßig. Bis dahin gab es in der landwirtschaftlichen Sozialversicherung neben dem Spitzenverband der landwirtschaftlichen Sozialversicherung jeweils 9 landwirtschaftliche Berufsgenossenschaften, landwirtschaftliche Alterskassen, landwirtschaftliche Krankenkassen und landwirtschaftliche Pflegekassen, mithin 36 selbstständige Sozialversicherungsträger. Als Ausnahme von dem Grundsatz des § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB IV, wonach bei jedem Versicherungsträger als Selbstverwaltungsorgane eine Vertreterversammlung und ein Vorstand gebildet werden, fanden Sozialversicherungswahlen lediglich bei den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften statt. Rechtsgrundlage dafür war § 32 SGB IV (in der bis zum 31. Dezember 2012 gültigen Fassung des Änderungsgesetzes vom 19. Dezember 2007, BGBl. I, 2024) und § 46 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI). Nach § 32 SGB IV waren Organe der landwirtschaftlichen Krankenkassen und der landwirtschaftlichen Alterskassen die Organe der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften, bei denen sie errichtet waren. Nach § 49 ALG (in der bis zum 31. Dezember 2012 geltenden Fassung vom 18. Dezember 2007, BGBl. I, 2984) waren für die Erfüllung der Aufgaben der Alterssicherung der Landwirte die bei jeder landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft errichteten landwirtschaftlichen Alterskassen zuständig, soweit nicht die Erfüllung dem Spitzenverband der landwirtschaftlichen Sozialversicherung übertragen war. Eine entsprechende Regelung beinhaltete § 17 Abs. 1 des Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte - KVLG - (in der bis zum 31. Dezember 2012 geltenden Fassung vom 15. Dezember 2008, BGBl. I, 2426), wonach Träger der Krankenversicherung der Landwirte die bei jeder landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft errichteten landwirtschaftlichen Krankenkassen waren. Aufgrund dieser gesetzlichen Konzeption fanden Sozialversicherungswahlen nur in den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften statt, deren Organe über § 32 SGB IV zugleich die Organe der landwirtschaftlichen Alterskassen und der landwirtschaftlichen Krankenkassen waren. Bei diesen wurden weder eine Vertreterversammlung noch ein Vorstand gebildet (Löcher, in: Eichenhofer/Wenner (Hrsg.), Kommentar zum SGB I, SGB IV, SGB X, 1. Aufl. 2012, § 32 SGB IV Rn. 1). Für die landwirtschaftlichen Pflegekassen sah § 46 Abs. 1 SGB XI vor, dass diese bei den landwirtschaftlichen Krankenkassen errichtet werden, deren Organe nach § 46 Abs. 2 Satz 2 SGB XI zugleich Organe der landwirtschaftlichen Pflegekassen waren. Diese gesetzlichen Regelungen führten zu einer Auslegung des § 47 SGB IV bei Wahlen in der landwirtschaftlichen Sozialversicherung dahingehend, dass unter „Rentenbezieher“ i. S. d. § 47 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 Nr. 2 SGB IV nur die Bezieher einer Verletztenrente, nicht aber auch die Bezieher einer Rente aus der Alterssicherung der Landwirte (Altersrente, Erwerbsminderungsrente) fielen.

Durch das Gesetz zur Neuordnung der Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (LSV-Neuordnungsgesetz – LSV-NOG) vom 12. April 2012 (BGBl. I, 579) wurde zum 1. Januar 2013 als bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau geschaffen. Diese ist seitdem zuständig für die Durchführung der landwirtschaftlichen Unfallversicherung, der Alterssicherung der Landwirte, der landwirtschaftlichen Krankenversicherung und der landwirtschaftlichen Pflegeversicherung (§ 2 LSV-NOG). Die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften, die landwirtschaftlichen Alterskassen, die landwirtschaftlichen Krankenkassen, die landwirtschaftlichen Pflegekassen und der Spitzenverband der landwirtschaftlichen Sozialversicherung wurden zum 1. Januar 2013 in die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau eingegliedert (§ 3 Abs. 1 LSV-NOG). Gleichzeitig wurde § 32 SGB IV aufgehoben und mit „Folgeänderung zur Schaffung eines Bundesträgers“ begründet (Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 28.11.2011, BT-Drs. 17/7916, Seite 48). 

Angesichts dieser ab 1. Januar 2013 geltenden gesetzlichen Neukonzeption mit Schaffung eines einheitlichen Sozialversicherungsträgers für die landwirtschaftliche Sozialversicherung mit einer Zuständigkeit für alle vier Zweige der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (Unfall-, Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung) kann nunmehr § 47 Abs. 2 Nr. 2 SGB IV nur so ausgelegt werden, dass nicht nur Rentner aus der gesetzlichen Unfallversicherung, sondern auch Rentner der landwirtschaftlichen Alterskasse unter den Rechtsbegriff „Rentenbezieher“ fallen. 

(a) Der Wortlaut „Rentenbezieher“ erfasst nicht nur die Bezieher einer Verletztenrente, sondern auch die diejenigen, die (von der landwirtschaftlichen Alterskasse) eine Rente wegen Alters oder Erwerbsminderung erhalten. 

(b) Dieser Auslegung steht auch nicht der vermeintliche Willen des Gesetzgebers entgegen, keine Änderungen in der Sozialwahl vorzunehmen, wie aber die Beklagte meint. Zwar ist bei der Interpretation einer Norm ein klar erkennbarer Willen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers zu respektieren (vgl. BVerfG, NJW 2019, 351, 354). Ein gesetzgeberischer Wille, dass Wahlen bei der Beklagten auch nach dem 1. Januar 2013 nur in der gesetzlichen Unfallversicherung durchgeführt werden, ist indes aus der Gesetzesbegründung nicht ansatzweise erkennbar. Auch das gesetzgeberische Ziel, die Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung zu modernisieren und die Effizienz zu steigern (Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 28.11.2011, BT-Drs. 17/7916, Seite 1), spricht nicht für eine Beibehaltung der Wahl nur in der Unfallversicherung (so aber Rombach, in: Hauck/Noftz, SGB IV, § 44 Rn. 14, Stand: VI/17). Dieses Ziel wird nach der Gesetzesbegründung mit der Errichtung eines einheitlichen Bundesträgers erreicht (Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 28.11.2011, BT-Drs. 17/7916, Seite 1). Unerheblich ist in diesem Zusammenhang schließlich, dass zwei Ministerien im Jahr 2016 die Rechtsauffassung geäußert haben, eine Wahl ausschließlich in der Unfallversicherung sei „vertretbar“. 

(c) Es ist auch kein rechtlich tragfähiger Grund erkennbar, der eine andere Auslegung des § 47 Abs. 2 Nr. 2 SGB IV rechtfertigen könnte. Warum Personen, die insbesondere eine Altersrente der landwirtschaftlichen Alterskasse erhalten, nicht wahlberechtigt sein sollen, erschließt sich nicht. Eine solche Auslegung wäre auch mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz - GG -) nicht vereinbar. 

Zwar gelten die für Bundestagswahlen normierten Wahlrechtsgrundsätze des Art. 38 GG über Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG zunächst nur für sowie Landtags- und Kommunalwahlen. Ob eine Übertragung dieser Grundsätze auf Sozialversicherungswahlen nur mit Einschränkungen möglich (BSG, Urteil vom 15. November 1973, 3 RK 57/72, juris, Rn. 13) oder über Art. 3 Abs. 1 GG der in Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG enthaltene Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit auch für Wahlen zur Vertreterversammlung verbindlich ist (vgl. BSG, Urteil vom 28. Januar 1998, B 6 KA 98/96 R, juris, Rn. 20 f., für Wahlen zur Vertreterversammlung der KÄV), kann dahinstehen. Denn jedenfalls gilt der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG auch für Sozialversicherungswahlen (BVerfGE 30, 227, 246; Kingreen, JÖR 2019, 136, 151). Art. 3 Abs. 1 GG verlangt, dass alle Wahlberechtigten das aktive und passive Wahlrecht in formal möglichst gleicher Weise ausüben können (vgl. BVerfGE 93, 373, 376). Er verbietet einen willkürlichen Ausschluss jedenfalls einer quantitativ nicht unbedeutenden Gruppe von den Wahlen und verlangt eine entsprechende (verfassungskonforme) Auslegung der Wahlrechtsvorschriften.

(d) Vor diesem Hintergrund führt auch eine systematische Auslegung des § 47 Abs. 2 Nr. 2 SGB IV zu keinem anderen Ergebnis. 

(aa) Eine Einschränkung des Begriffs der Rentenbezieher in § 47 SGB IV erfolgt lediglich durch dessen Abs. 5, wonach Rentenbezieher im Sinne der Vorschriften über Selbstverwaltung ist, wer eine Rente aus eigener Versicherung vom jeweiligen Versicherungsträger bezieht. Ausgeschlossen werden damit lediglich die Bezieher von Hinterbliebenenrenten (abgeleiteten Renten), insbesondere nach §§ 46-49 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) und §§ 65-70 SGB VII (siehe z. B. jurisPK-SGB IV 4. Aufl./Palsherm I., § 47 Rn. 42). Mithin werden die Renten wegen Alters nach §§ 11, 12 ALG und die Renten wegen Erwerbsminderung nach § 13 ALG von § 47 Abs. 5 SGB IV erfasst. 

(bb) Zwar formuliert § 47 Abs. 2 Nr. 2 SGB IV, dass zur Gruppe der Arbeitgeber „bei den Trägern der Unfallversicherung“ auch Rentenbezieher gehören. Daraus folgt aber nicht, dass generell nur Bezieher einer Verletztenrente gemeint wären. Bei einer verfassungskonformen Auslegung der Norm kann diese im Hinblick auf die Besonderheiten der Beklagten als Trägerin aller vier Zweige der Sozialversicherung so verstanden werden, dass auch die Bezieher von Renten wegen Alters und Erwerbsminderung nach dem ALG hierunter fallen. Nur eine solche Auslegung ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Der Wortlaut des § 47 Abs. 2 Nr. 2 SGB IV steht dem nicht entgegen. Denn die Beklagte, von der die Rentner nach dem ALG ihre Rente beziehen, ist unter anderem auch Trägerin der Unfallversicherung. 

Diese Interpretation des § 47 Abs. 2 Nr. 2 SGB IV hat zur Folge, dass die Bezieher der Alters- und Erwerbsminderungsrenten nach dem ALG, die vorher zur Gruppe der Arbeitgeber gehörten, auch weiterhin dieser Gruppe zuzuordnen sind. Wie § 47 Abs. 3 Nr. 2 SGB IV zeigt, ist dieses Prinzip für die Beklagte kennzeichnend. Dass Bezieher von Alters- und Erwerbsminderungsrenten nach dem SGB VI gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 3 SGB IV zur Gruppe der Versicherten gehören, auch wenn sie vorher Selbstständige gewesen sein mögen, ändert daran nichts. 

(cc) Für eine Zuordnung der Alters- und Erwerbsminderungsrentner, die vorher Arbeitgeber waren, zur Gruppe der Arbeitgeber spricht auch § 44 Abs. 3 Satz 1 SGB IV. Danach wirken in den Selbstverwaltungsorganen der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau in Angelegenheiten der Krankenversicherung der Landwirte und der Alterssicherung der Landwirte die Vertreter der Selbstständigen, die in der betreffenden Versicherung nicht versichert sind und die nicht zu den in § 51 Abs. 4 genannten Beauftragten gehören, sowie die Vertreter der Arbeitnehmer nicht mit. Nach § 44 Abs. 3 Satz 2 SGB IV treten an die Stelle nicht mitwirkenden Vertreter der Selbstständigen die Stellvertreter, die in der betreffenden Versicherung versichert sind. Selbstständige i. S. d. § 44 Abs. 3 SGB IV sind sowohl Arbeitgeber als auch Selbstständige ohne fremde Arbeitskräfte (Becher/Plate, Selbstverwaltungsrecht der Sozialversicherung, § 44 Erl. 3.1., Stand: VI/16)
(aaa) Diese Regelung hat zunächst keine unmittelbare Relevanz für die Frage, wer nach § 51 SGB IV i. V. m. § 47 SGB IV passiv wahlberechtigt ist. Denn sie regelt lediglich, wie sich die (gewählte) Vertreterversammlung bei einzelnen Entscheidungen, die Angelegenheiten der Kranken- und Alterssicherung der Landwirte betreffen, zusammensetzt. Aus ihr kann nicht geschlossen werden, dass Personen, die lediglich in der Kranken- und Alterssicherung, nicht aber in der Unfallversicherung versichert sind, nicht Mitglied der Vertreterversammlung sein können. Der Ausschluss in § 44 Abs. 3 Satz 1 SGB IV spricht sogar eher für eine Wählbarkeit, weil er nicht erforderlich wäre, wenn die Personen, die im Einzelfall von der Mitwirkung an Entscheidungen ausgeschlossen sind, von vornherein nicht Mitglied der Vertreterversammlung sein könnten. 

Sofern es Unstimmigkeiten zwischen § 44 Abs. 3 SGB IV einerseits und § 47 SGB IV andererseits geben sollte, weil nach § 44 Abs. 3 SGB IV Personen, die nur in der landwirtschaftlichen Krankenkasse versichert sind, in Angelegenheiten der Unfallversicherung mitwirken, ohne dort versichert zu sei (vgl. Rombach, in: Hauck/Noftz, SGB IV, § 44 Rn. 14, Stand: VI/17), sind diese gegebenenfalls als Folge der Schaffung eines einheitlichen Trägers zu akzeptieren und vom Gesetzgeber zu korrigieren, jedenfalls aber nicht dadurch aufzulösen, dass Gruppenangehörige nach § 47 SGB IV generell von ihrem Wahlrecht ausgeschlossen werden. Im Übrigen ist auch bereits nicht ersichtlich, inwiefern diese Norm generell der Mitwirkung von Altersrentnern in der Vertreterversammlung in der Gruppe der Arbeitgeber oder der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte entgegenstehen würde. Altersrentner sind i. d. R. jedenfalls in der Krankversicherung der Landwirte versichert (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 KVLG).

Die Neukonzeption des ab 1. Januar 2013 geltenden Wahlrechts berücksichtigen Becher/Plate (Selbstverwaltungsrecht der Sozialversicherung, § 44 Erl. 3.1., Stand: VI/16) mit ihrer Ausführung nicht, dass nach § 44 Abs. 3 Satz 1 SGB IV Personen, die zwar bei der landwirtschaftlichen Krankenkasse oder der Alterskasse zur Gruppe der Versicherten gehören, aber bei der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft weder zur Gruppe der Versicherten noch der Arbeitgeber noch der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte gehören, nicht in den „Selbstverwaltungsorganen der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft“ tätig sein könnten, auch nicht in den Angelegenheiten der landwirtschaftlichen Krankenkasse und der Alterskasse; denn die Mitgliedschaft in den Selbstverwaltungsorganen der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft sei Grundvoraussetzung für die Tätigkeit in Angelegenheiten dieser Versicherungszweige. Eine solche Auslegung war unter der bis zum 31. Dezember 2012 geltenden Rechtslage angezeigt, weil es danach Wahlen nur bei den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften gab. § 44 Abs. 3 Satz 1 SGB IV formulierte in seiner bis zum 31. Dezember 2012 geltenden Fassung auch noch „in den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften“. § 44 Abs. 3 Satz 1 SGB IV wurde zum 1. Januar 2013 dahin geändert, dass die Wörter „in den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften“ durch die Wörter „der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau“ ersetzt werden, was mit „Folgeänderung zur Schaffung eines Bundesträgers“ begründet wurde, ohne konkrete Ausführungen zu § 44 Abs. 3 SGB IV zu machen (Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 28.11.2011, BT-Drs. 17/7916, Seite 48). Eine eigenständige landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft mit Selbstverwaltungsorganen gibt es jedoch seit dem 1. Januar 2013 nicht mehr. Lediglich zur Klarstellung, in welchem rechtlichen Kontext die Beklagte auftritt, sieht § 22 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) vor, dass die Beklagte „als landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft“ zuständig für die gesetzliche Unfallversicherung ist. 

(bbb) Dadurch, dass die Bezieher einer Alters- oder Erwerbsminderungsrente nach dem ALG, die vorher zur Arbeitgebergruppe gehörten, auch weiterhin der Arbeitgebergruppe zugeordnet werden, wird ein Ausschluss von Entscheidungen nach § 44 Abs. 3 Satz 1 SGB IV weitgehend vermieden. Denn sie sind i. d. R. jedenfalls in der Krankenversicherung der Landwirte versichert. Seit 2013 hat § 44 Abs. 3 SGB IV mithin einen engen Anwendungsbereich, da die Bezieher einer Rente aus der Alterssicherung der Landwirte ohnehin - zumindest i. d. R. – nicht zur Gruppe der Versicherten gehören, sondern zur Gruppe der Arbeitgeber (§ 47 Abs. 2 Nr. 3 SGB IV) oder der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte (§ 47 Abs. 3 Nr. 2 SGB IV). Unzutreffend ist daher auch die Ausführung von Becher/Plate (Selbstverwaltungsrechtsrecht der Sozialversicherung, § 44 Erl. 3.1., Stand: VI/16), wonach ein Selbstständiger, der in der Unfallversicherung versichert und gleichzeitig „Altersgeldempfänger“ ist, nach § 47 Abs. 1 Nr. 3 zur Gruppe der Versicherten gehöre. Denn wegen der Vorrangregelung des § 47 Abs. 4 SGB IV gehört er i. d. R. entweder zur Gruppe der Arbeitgeber oder zur Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte. 

(2) Der Wahlfehler ist auch mandatsrelevant.

Da es bei der Wahlprüfung ausschließlich um die Feststellung der Mandatsverteilung geht, beschränkt sich auch das Prüfverfahren auf Fehler, die diese Verteilung beeinflussen können (mandatsrelevante Fehler); die Verletzung von Wahlvorschriften, die sich auf das Wahlergebnis nicht ausgewirkt haben (mandatsirrelevante Fehler), bleibt daher im Wahlprüfungsverfahren unbeachtlich (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2003, B 1 KR 26/02 R, juris, Rn. 22; Urteil vom 28. Januar 1998, B 6 KA 98/96 R, juris, Rn. 16). 
Danach sind die fehlerhafte Anwendung des § 47 Abs. 2 Nr. 2 SGB IV und der dadurch bedingte Ausschluss von Wahlberechtigten durch die Beklagte mandatsrelevant. Es besteht die konkrete Möglichkeit, dass der Wahlfehler die Sitzverteilung in der Gruppe der Arbeitgeber beeinflusst hat.

Durch ihn wird eine erhebliche Zahl von Altersrentnern vom Wahlrecht ausgeschlossen. Es besteht die konkrete und nicht fernliegende Möglichkeit, dass ohne den Ausschluss dieser Wahlberechtigten die Liste des Klägers jedenfalls 112 Unterstützer mehr erhalten hätte, sodass sie das Unterschriftenquorum von 1.000 erreicht hätte und hätte zugelassen werden müssen. 

(3) Weiteren Rügen des Klägers hatte der Senat nicht mehr nachzugehen.

c) Die Wahl ist ungültig. Die Feststellung der Ungültigkeit der Wahl trägt dem Erforderlichkeitsgrundsatz Rechnung, nach dem jede Wahlprüfung nur in dem unbedingt notwendigen Umfang in den bereits abgelaufenen Wahlvorgang eingreifen darf (vgl. BSG, Urteil vom 14. Juni 1984, 1/8 RK 18/83, juris, Rn. 40). Eine nachträgliche Verbesserung des Wahlfehlers (sog. Verbesserungsprinzip) durch ein milderes Mittel ist nicht ersichtlich.

d) Bereits aus der Ungültigkeit der Wahl folgt, dass diese zu wiederholen ist (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2003, B 1 KR 26/02, juris, Rn. 20; vgl. § 45 Abs. 1 Satz 3 SGB IV). Der Senat ist jedenfalls berechtigt festzustellen, dass als Folge der Ungültigkeit der Wahl (§ 131 Abs. 4 SGG) diese zu wiederholen ist (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2003, B 1 KR 26/02 R, juris, Rn. 20). 

e) Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht kommt nicht in Betracht. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Wahlrechtsregelungen im SGB IV (Art. 100 Abs. 1 GG) hat der Senat nicht.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).  

III. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 und 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Für Wahlanfechtungsklagen ist der Regelstreitwert gemäß § 52 Abs. 2 GKG zu Grunde zu legen, da genügend Anhaltspunkte für eine Bewertung des Streitgegenstandes nach dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers fehlen (vgl. BSG, Urteil vom 8. September 2015, B 1 KR 28/14 R, juris, Rn. 29).

IV. Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zu, § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
 

Rechtskraft
Aus
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