Der Antrag auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz wird abgelehnt.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Aufrechnung bezüglich eines gewährten Mietkautionsdarlehens mit laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) im einstweiligen Rechtsschutzverfahren.
Der 1957 geborene Antragsteller bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Der Antragsteller ist zum 1. September 2021 in eine neue Wohnung umgezogen. Es handelt sich um eine 50qm große Wohnung mit 2 Zimmern. Die Grundmiete beträgt 300,00 € zuzüglich der Vorauszahlungen für Betriebskosten in Höhe von 100,00 € und 65,00 € für Heiz- und Warmwasserbereitungskosten (Gasetagenheizung).
Der Antragsteller beantragte mit Schreiben vom 9. August 2021 neben der Anerkennung der laufenden Aufwendungen für die neue Wohnung als Bedarf auch die Gewährung eines Darlehens zur Aufbringung der Mietkaution in Höhe von 600,00 €. Hierzu führte der Antragsteller aus: „Die Kaution beträgt 600,00 €. Die Ratenzahlung in Höhe von 40,00 € (oder nach Ihrer Rechnung) für die Kaution können Sie monatlich von meiner Regelleistung abziehen bis die Kautionssumme in Höhe von 600,00 € ausgezahlt wird.“
Mit Schreiben vom 10. August 2021 hat der Antragsgegner die Anerkennung der laufenden Aufwendungen für die neue Wohnung zugesichert. Mit Änderungsbescheiden vom 23. August 2021, 2. September 2021 und 27. September 2021 berücksichtigte der Antragsgegner die Kosten der Unterkunft und Heizung im Rahmen der laufenden Leistungsbewilligung.
Mit Bescheid vom 5. Oktober 2021 bewilligte der Antragsgegner zudem ein Darlehen für die Mietkaution in Höhe von 600,00 € und bestimmte die Tilgung durch Aufrechnung mit monatlichen Raten in Höhe von 44,60 € (10% des maßgeblichen Regelbedarfs) gegen die laufenden Leistungen des Antragstellers ab 01. November 2021.
Gegen den Bescheid vom 5. Oktober 2021 legte der Antragsteller mit Schreiben vom 19. Oktober 2021 Widerspruch ein. Die Aufrechnung des Rückzahlungsanspruchs mit den laufenden Leistungen von Grundsicherungsempfängern sei verfassungswidrig. Der Arbeitssuchende sei zu Unrecht verpflichtet 10 % des Betrages seiner Regelleistung für die Tilgung des Darlehens zu verwenden. Wegen der weiteren Begründung wird auf das Widerspruchsschreiben Bezug genommen.
Der Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 2021 den Widerspruch als unbegründet zurück. Eine Aufrechnung zur Tilgung des Mietkautionsdarlehens in Höhe von 10% des maßgeblichen Regelbedarfs sei rechtmäßig. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 28. November 2018, Az.: B 14 AS 31/17 R) bestünden auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 5. November 2019 (1 BvL 7/16) zur Verfassungsmäßigkeit von Minderungen des Arbeitslosengeldes II ergebe auch keinen Anlass für eine andere Beurteilung. Die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 22. März 2012 (B 4 AS 26/10 R) sei zu einer alten Rechtslage ergangen, so dass keine Aussage mehr für die Rechtmäßigkeit der Aufrechnung von Mietkautionsdarlehen unter Berücksichtigung des neuen § 42a SGB II aufgrund dieser Entscheidung abgeleitet werden könne. Wegen der weiteren Begründung wird auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid des Antragsgegners vom 20. Oktober 2021 verwiesen.
Der Antragsgegner ordnete am 21. Oktober 2021 die sofortige Vollziehung der im Bescheid vom 5. Oktober 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 2021 verfügten Aufrechnung der monatlichen Raten in Höhe von 44,60 € zur monatlichen Tilgung des dem Antragsteller gewährten Mietkautionsdarlehens beginnend ab dem 1. November 2021 an.
Der Antragsteller hat am 27. Oktober 2021 einen Antrag auf Gewährung von einstweiligen Rechtsschutz vor dem Sozialgericht gestellt. Sein Widerspruch vom 19. Oktober 2021 habe aufschiebende Wirkung. Der Antragsgegner beabsichtigte zu Unrecht die sofortige Vollziehung der im Bescheid vom 5. Oktober 2021 verfügten Aufrechnung. Die Mietkaution könne nicht von der Regelleistung getilgt werden. Das Existenzminimum werde unterschritten. § 42a Abs. 2 SGB II biete zu Unrecht eine gesetzliche Grundlage das Mietkautionsdarlehen zurückzufordern. Ärmere Menschen sollten die Kaution wie früher wieder als Zuschuss erhalten. Die Aufrechnung sei verfassungswidrig. Der Antragsteller nimmt auf verschiedene sozialgerichtliche Entscheidungen Bezug.
Der Antragsteller beantragt (wörtlich),
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 19.10.2021 anzuordnen,
den Antragsgegner zu verpflichten, dass die Sozialbehörde ab dem 1.10.2021 den Regelsatz (Regelleistung) in Höhe von 446,00 Euro ohne Tilgung des Kautionsdarlehens weiter zu zahlen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Bescheide sowie die Anordnung der sofortigen Vollziehung seien rechtmäßig. Der Antragsgegner nimmt auf die Ausführungen in den Bescheiden Bezug.
Dem Antragsteller ist Gelegenheit zur Stellungnahme bis zu 12. November 2021 gegeben worden. Mit Schreiben vom 10. November 2021 begründet der Antragsteller seine Auffassung weiter. Für seine bisherige Wohnung sei die Mietkaution vom Antragsgegner übernommen worden. Das Urteil des Bundessozialgerichts aus dem Jahr 2018 sei umstritten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte verwiesen.
II.
Das Antragsbegehren des Antragstellers ist unter Berücksichtigung des § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG) darauf gerichtet, dass die erklärte Aufrechnung zunächst nicht vollzogen wird und bereits einbehaltene Leistungen ausgezahlt werden.
Gemäß § 86a Abs. 1 S. 1 SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Ein Ausnahmefall des § 39 SGB II liegt nicht vor. Der Antragsgegner hat jedoch mit Schreiben vom 21. Oktober 2021 die sofortige Vollziehung der mit Bescheid vom 5. Oktober 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 2021 angeordnet.
Der bereits eingelegte Widerspruch als auch die – noch zu erhebende – Anfechtungsklage gegen den Widerspruchsbescheid haben aufgrund der Anordnung der sofortigen Vollziehung durch den Antragsgegner keine aufschiebende Wirkung. Gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet. Der Antragsgegner hat mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung mit Schreiben vom 21. Oktober 2021 den grundsätzlich nach § 86a Abs. 1 S. 1 SGG eingetretenen Suspensiveffekt aufgehoben. Dem Antragsteller geht es also um die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung.
Das Gericht kann gemäß § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Die Vorschrift kommt auch in Betracht, wenn die Verwaltung die sofortige Vollziehung angeordnet hat (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 86b Rn. 5). Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist nicht isoliert angreifbar, sondern im Rahmen eines Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG vollumfänglich gerichtlich überprüfbar. Bei der Anordnung der sofortigen Vollziehung handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt, sondern um einen unselbstständigen Annex (LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 22. Juni 2015, Az.: L 6 AS 102/15 B ER).
Der Antrag kann gemäß § 86b Abs. 3 SGG bereits vor der Erhebung der Klage gestellt werden. Die Klagefrist ist noch nicht abgelaufen.
Es stellt sich die Frage, ob es bereits an einem Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag des Antragstellers fehlt, da der Antragsteller selbst bei der Beantragung des Darlehens für die Mietkaution erwähnte, dass er mit einer Rückzahlung in Raten durch Abzug von seiner Regelleistung einverstanden sei.
Der Antrag auf aufschiebende Wirkung ist jedenfalls nicht begründet. Die Vollziehungsanordnung ist rechtmäßig und das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegt das Vollzugsinteresse des Antragsgegners nicht.
Das Gericht im Verfahren nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG die behördliche Anordnung der sofortigen Vollziehung stets formell und materiell zu prüfen hat (BVerfG Kammerbeschluss vom 27. Mai 2016, Az.: 1 BvR 1890/15 – juris Rn. 18). An die behördliche Begründung des Sofortvollzugs werden hohe Anforderungen gestellt; sie kann nicht mit heilender Wirkung nachgeholt oder ersetzt werden (BVerfG Kammerbeschluss vom 27. Mai 2016, Az.: 1 BvR 1890/15 – juris Rn. 18; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 08. November 2016 Az.: L 7 SO 3546/16 ER-B – juris Rn. 8; Keller in: Meyer-Ladewig u.a., SGG, 13. Aufl. 2020, § 86a Rn. 21b f.). Eine fehlende oder unzureichende Begründung des Sofortvollzugs führt zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung bzw. zur Aufhebung der Anordnung des Sofortvollzugs (BVerfG Kammerbeschluss vom 27. Mai 2016, Az.: 1 BvR 1890/15 – juris Rn. 18; s. auch Keller in: Meyer-Ladewig u.a., SGG, 13. Aufl. 2020, § 86a Rn. 21b m.w.N.). Die Anordnung der sofortigen Vollziehung durch die Behörde erfordert ein „besonderes“ öffentliches Interesse gerade an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts, das über das allgemeine Interesse an seinem Erlass hinausgeht, denn die gesetzlichen Voraussetzungen für den Erlass des Verwaltungsakts reichen für die Begründung des Sofortvollzugs nicht aus (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 10. Oktober 2013, Az.: 1 BvR 2025/03 – juris Rn. 19 m.w.N.). Etwas anders mag nur dann gelten, wenn das besondere Vollzugsinteresse ausnahmsweise offenkundig schon aus der Eigenart der Regelung selbst folgt (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 08. November 2016 Az.: L 7 SO 3546/16 ER-B – juris Rn. 8 f.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. März 2012, Az. L 11 KA 15/12 B ER – juris Rn. 48). Auch die voraussichtliche Erfolglosigkeit des gegen den Verwaltungsakt eingelegten Rechtsbehelfs kann dieses Interesse nicht ersetzen (vgl. dazu etwa BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. September 1995, Az.: 2 BvR 1179/95 – juris Rn. 42 f. m.w.N.).
In formaler Hinsicht muss die Behörde bei der Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts das besondere Interesse hieran gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG schriftlich begründen. Aus dieser Begründung muss hervorgehen, warum im konkreten Einzelfall das öffentliche Interesse am Sofortvollzug überwiegt und warum dies dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit entspricht (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 23. Oktober 2013, Az.: L 4 R 4066/13 ER-B – juris Rn. 34; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. März 2012, Az.: L 11 KA 15/12 B ER – juris Rn. 48, jeweils m.w.N.). An die Begründung sind im Hinblick auf die mit ihr verbundene Warnfunktion für die Behörde, die zur besonderen Sorgfalt angehalten werden soll, sowie die dadurch bezweckte Transparenz und Rechtsklarheit (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 08. November 2016 Az.: L 7 SO 3546/16 ER-B – juris Rn. 10) - wie bereits dargelegt - hohe Anforderungen zu stellen. Die Begründung muss auf den konkreten Einzelfall bezogen in nachvollziehbarer Weise die Erwägungen erkennen lassen, die die Behörde zur Anordnung der sofortigen Vollziehung veranlasst haben. Formelhafte und pauschale Wendungen bzw. die bloße Wiederholung des Gesetzeswortlauts genügen nicht (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 08. November 2016 Az.: L 7 SO 3546/16 ER-B – juris Rn. 10).
Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen stellt die Einhaltung der in § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG statuierten Begründungspflicht eine Frage der formellen Rechtmäßigkeit - nicht der inhaltlichen und damit materiellen Richtigkeit - dar (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 08. November 2016 Az.: L 7 SO 3546/16 ER-B – juris Rn. 11), die nur dann nicht gegeben ist, wenn die Anordnung der sofortigen Vollziehung entweder überhaupt keine Begründung aufweist oder die Begründung nicht den inhaltlichen Voraussetzungen dieser Norm entspricht. Erweisen sich die von der Behörde in der Begründung angeführten Gründe als nicht tragfähig, um das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung rechtfertigen zu können, liegt kein formeller Begründungsmangel i.S.d. § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG vor, sondern ein Verstoß gegen die materiellen Voraussetzungen des § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 08. November 2016 Az.: L 7 SO 3546/16 ER-B – juris Rn. 11; vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. Juli 2014, Az.: L 10 AS 1695/14 B ER – juris Rn. 4 ff.).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Antragsgegners sowohl formell als auch materiell rechtmäßig.
Die Vollziehungsanordnung vom 21. Oktober 2021 ist formell rechtmäßig, da sie von der zuständigen Stelle erlassen und mit einer ordnungsgemäßen Begründung versehen wurde. Da es sich nicht um einen Verwaltungsakt handelt, ist eine vorherige gesonderte Anhörung im Sinne des § 24 SGB X nicht erforderlich. Die Vollziehungsanordnung kann auch separat zum Bescheid vom 5. Oktober 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 2021 ergehen. Die Begründung der Vollziehungsanordnung erging auch zu dem konkreten Einzelfall. Der Antragsgegner erläutert nachvollziehbar die Umstände und die Gründe, die die Behörde zur Anordnung der sofortigen Vollziehung veranlasst haben und erfüllt mit dieser Begründung das Transparenzgebot. Die Vollziehungsanordnung wird im Hinblick auf das gewährte Darlehen für die Mietkaution umfassend begründet. Der Antragsgegner berücksichtigte in seiner Begründung, dass der Antragsteller zuvor selbst ein Darlehen für die Mietkaution beantragte und in diesem Antrag zugleich die Rückzahlung des Darlehens in Raten anbot, die von der Regelleistung einbehalten werden sollten. Zudem könne bei Geldforderungen ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung aus fiskalischen Gründen gegeben sein, wenn deren spätere Realisierung ernsthaft gefährdet sei. Bei der gewährten Darlehenssumme in Höhe von 600,00 Euro wäre bei einer monatlichen Rate in Höhe von 44,60 Euro nach ca. 14 Monaten die Rückzahlung vollständig erfolgt. Der Antragsgegner berücksichtigt insoweit auch, dass der Antragsteller voraussichtlich spätestens am 28. Februar 2023 aufgrund des Erreichens der Altersgrenze aus dem Leistungsbezug ausscheiden werde und ein Rückzahlungsanspruch dann nicht mehr realisierbar sei. Die Aufrechnungsentscheidung sei zudem offensichtlich rechtmäßig, was auch für das Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Vollziehung spreche. Auch sei kein weniger belastendes effektives Mittel zur Sicherung des Rückzahlungsanspruchs aus dem Mietkautionsdarlehen ersichtlich. Eine Abtretung des Rückzahlungsanspruches bzgl. der Mietsicherheitsleistung an den Antragsgegner gegenüber dem Vermieter biete keine ausreichende Sicherheit, da es allein vom Verhalten des Antragstellers bzw. der zukünftigen Situation des Mietverhältnisses abhängen würde, ob der Rückzahlungsanspruch realisierbar wäre. Es sei verhältnismäßig die sofortige Vollziehung anzuordnen. Bei der Beantragung des Darlehens sei der Antragsteller zudem bereit gewesen, durch die Inanspruchnahme des Darlehens in den kommenden Monaten eine Reduzierung der verfügbaren Mittel in Kauf zu nehmen und war zu diesem Vorgehen entschlossen. Das Verhalten sei daher durchaus fragwürdig und es liege kein Überwiegen des Interesses des Antragstellers an einem Aufschub der Vollziehung gegenüber dem Interesse des Antragstellers an einer möglichst zeitnahen und vollständigen Rückführung der darlehensweisen gewährten Mittel der steuerfinanzierten Grundsicherung für Arbeitssuchende vor.
Die vom Antragsgegner zur Begründung des öffentlichen Interesses herangezogenen Erwägungen erweisen sich auch als materiell tragfähig. Dabei dürfen im Hinblick auf den der Behörde bei der Anordnung des Sofortvollzuges eingeräumten Beurteilungs-/Ermessensspielraum bei der Überprüfung nur die von dem Antragsgegner berücksichtigten Gründe für die Anordnung des Sofortvollzuges berücksichtigt werden (Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Beschluss vom 03. August 2006; Az.: L 4 B 269/06 KA ER – juris Rn. 28). Neben dem besonderen Interesse an der Rückführung der Geldforderung hat der Antragsgegner auch dargelegt, dass der Antragsteller zunächst ein Darlehen für die Mietkaution mit einer angebotenen Aufrechnung mit Regelleistung beantragt hat. Es liegt insoweit auch ein widersprüchliches Verhalten vor, wenn zunächst die Vorzüge des Darlehens in Empfang genommen werden und die gesetzlich vorgesehenen Rückzahlungsmodalitäten bekannt sind, im Nachhinein jedoch dagegen Einwände erhoben werden.
Die abschließende im Hinblick auf den angegriffenen Bescheid vom 5. Oktober 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 2021 zu treffende Interessenabwägung fällt zugunsten des Antragsgegners aus. Das öffentliche Interesse an der Durchsetzung der Aufrechnung überwiegt das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Der angegriffene Bescheid ist nach summarischer Prüfung voraussichtlich rechtmäßig und auch eine abschließende umfassende Interessenabwägung fällt nicht zu Gunsten des Antragstellers aus. Die Grundsätze zur Berücksichtigung der Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren sind nur modifiziert anzuwenden. Ist der Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig, wird die aufschiebende Wirkung wiederhergestellt. Die offensichtliche Rechtmäßigkeit spricht zwar dafür, die aufschiebende Wirkung nicht wiederherzustellen. Die Vollzugsanordnung bedarf aber auch bei einem offensichtlich rechtmäßigen Verwaltungsakt zusätzlich eines öffentlichen Interesses daran, den Verwaltungsakt vor Eintritt seiner Bestandskraft zu vollziehen (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 13. Aufl. 2020, SGG § 86b Rn. 12i).
Auch die abschließende Interessenabwägung fällt zu Gunsten des Antragsgegners aus. Der Bescheid vom 5. Oktober 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 2021 ist nach summarischer Prüfung voraussichtlich rechtmäßig. Auf die zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid wird gemäß § 136 Abs. 3 SGG Bezug genommen. Das Gericht folgt insoweit der Begründung des Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 2021. Der Bescheid vom 5. Oktober 2021 gewährt das begehrte Darlehen des Antragstellers und setzt lediglich die gesetzlichen Rechtsfolgen des § 42a Abs. 1 S. 3 und Abs. 2 S. 1 SGB II um. Gemäß § 42a Abs. 2 S. 1 SGB II werden die Rückzahlungsansprüche aus Darlehen ab dem Monat, der auf die Auszahlung folgt durch monatliche Aufrechnung von 10 Prozent des maßgeblichen Regelbedarfs getilgt. Das Darlehen für die Mietkaution ist im Oktober 2021 ausgezahlt worden, die Aufrechnung hatte zum 1. November 2021 zu beginnen.
Es spricht nichts gegen die vom Gesetzgeber vorgesehene Folge die Aufrechnung mit 10 Prozent des Regelbedarfs ab dem Folgemonat der Auszahlung durchzuführen. Die Einwände des Antragstellers und die zitierte sozialgerichtliche Rechtsprechung betrifft zum Teil eine ältere Rechtslage und zum Teil sind diese Entscheidungen aufgrund der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 28. November 2018 (B 14 AS 31/17 R) überholt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sind Mietkautionsdarlehen (wie das vorliegende Darlehen) nicht von der Aufrechnung nach § 42a Abs. 2 SGB II ausgenommen. Der gesetzlich geregelten Aufrechnung zur Tilgung von Mietkautionsdarlehen stehen durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken wegen des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht entgegen (vgl. BSG Urteil vom 28.11.2018, Az.: B 14 AS 31/17 R – juris Leitsatz u. Rn. 36 ff.). Auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 5. November 2019 (Az.: 1 BvL 7/16) zur Verfassungsmäßigkeit der Minderung von Arbeitslosengeld II ergeben sich für das Gericht keine anderen Erwägungen. Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.