L 8 BA 88/19

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
Abteilung
8.
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 28 R 63/18
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 BA 88/19
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 5.4.2019 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 61.117,61 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I.

Streitig ist im Rahmen eines Betriebsprüfungsverfahrens nach § 28p Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin sowie die entsprechende Beitragsnachforderung.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH, HRB 000, Amtsgericht [AG] Lemgo), die im März 2001 unter der Bezeichnung H-IT GmbH vom Beigeladenen zu 1) und seiner Mutter, Frau C D (im Folgenden: C.D.), gegründet wurde (Gesellschaftsvertrag v. 1.3.2001). Im Dezember 2008 erfolgte eine Sitzverlegung nach Detmold und die Umfirmierung auf den jetzigen Namen (Gesellschaftsvertrag v. 4.12.2008 [GV 2008]). Unternehmensgegenstand der Klägerin sind Dienstleistungen und Geschäfte im Zusammenhang mit Multimedia, Computern und Zubehör. Das Stammkapital der Klägerin beträgt 25.000 Euro. Hieran sind C.D. in Höhe von 15.000 und der Beigeladene zu 1) in Höhe von 10.000 Euro beteiligt (§ 6 GV 2008). Nach § 10 Abs. 3 GV 2008 wurden Gesellschafterbeschlüsse, soweit das Gesetz oder der Gesellschaftervertrag nicht eine andere Mehrheit vorsehen, mit einer Mehrheit von 51% des Gesellschaftskapitals gefasst. Jede 50 Euro eines Geschäftsanteils gewährten eine Stimme.

Der Beigeladene zu 1) wurde von der Gesellschafterversammlung der H-IT GmbH am 1.3.2001 zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer bestellt. Der zwischen ihnen abgeschlossene Geschäftsführervertrag (GFV) vom selben Tag bestimmt seine Pflicht, die gesamte Arbeitskraft sowie die gesamten Kenntnisse und Erfahrungen ausschließlich der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen. Die Übernahme von Nebentätigkeiten, Ehrenämtern, Aufsichtsrats-, Beirats- und ähnlichen Mandaten sowie von Gutachten, Veröffentlichungen und Vorträgen bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Gesellschafter (§ 1 Nr. 7 GFV). Des Weiteren unterliegt er Berichtspflichten (§ 1 Nr. 8 GFV), hat Anspruch auf eine feste monatliche Vergütung (§ 3 GFV), auf Bezüge bei Krankheit oder Tod (§ 4 GFV) sowie auf bezahlten Urlaub (§ 5 GFV). § 10 Nr. 1 GFV lautet:

„Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Geschäftsführer über die alleinige kaufmännische, fachliche und branchenspezifische Qualifikation verfügt, unterliegt der Geschäftsführer im Rahmen seiner Tätigkeit keinerlei Weisungen seitens der Gesellschafter.“

Am 4.8.2003 erteilte C.D. dem Beigeladenen zu 1) u.a. eine notariell beurkundete Generalvollmacht, sie in allen Vermögensangelegenheiten gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten.

Eine von der Beklagten im November 2011 bei der Klägerin durchgeführte Betriebsprüfung ergab „keine Feststellungen im Zusammenhang mit der Prüfung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages“ (Prüfmitteilung v. 11.11.2011).

In der Zeit vom 6.7.2015 bis 17.1.2017 führte die Beklagte bei der Klägerin erneut eine Betriebsprüfung durch. Mit Schreiben vom 6.12.2016 hörte sie diese zu ihrer Absicht an, für die Zeit vom 1.1.2011 bis 31.12.2016 Nachforderungen zur Sozialversicherung in Höhe von insgesamt 64.239,48 Euro zu erheben. Das durch die Betriebsprüfung eingeleitete sozialversicherungsrechtliche Statusfeststellungsverfahren habe zu dem Ergebnis geführt, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Funktion als Geschäftsführer ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis ausübe. Versicherungspflicht bestehe in der Renten- und Arbeitslosenversicherung.

Die Klägerin vertrat demgegenüber die Auffassung, die gebotene Gesamtwürdigung sämtlicher Aspekte führe dazu, die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als Geschäftsführer der Klägerin nicht als Beschäftigung anzusehen. Der Beigeladene zu 1) besitze die alleinigen Branchenkenntnisse und sei damit „Kopf und Seele“ des Unternehmens. Nicht nur sämtliche Kundenkontakte seien von seiner Persönlichkeit abhängig, auch das entsprechende Know-how, insbesondere auch Kenntnisse über die jeweiligen bei den Kunden eingesetzten IT-Komponenten und die jeweiligen Kundenbedürfnisse seien allein in seiner Person vorhanden. Nur er verfüge über die entsprechenden Befähigungen bzw. Ausbildungen, um das Unternehmen zu führen. Die entsprechenden Räumlichkeiten des Unternehmens und damit dessen wirtschaftliche Basis würden von ihm gestellt. Faktisch bedeute dies, dass er allein in der Gesellschaft schalten und walten könne, wie er wolle. Darüber hinaus habe er der Klägerin Darlehen gewährt und für diese gebürgt. Es sei vor diesem Hintergrund auch von einem unternehmerischen Risiko auszugehen. Die eingegangenen wirtschaftlichen Risiken gingen über die von der Mehrheitsgesellschafterin gehaltenen 15.000 Euro hinaus.

Mit Bescheid vom 13.3.2017 stellte die Beklagte fest, dass der Beigeladene zu 1) seine Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin seit dem 1.1.2011 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Kraft seines Anteils am Stammkapital der Gesellschaft könne er keinen maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft ausüben. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) komme es für die Beurteilung nicht darauf an, ob ein Gesellschafter-Geschäftsführer „Kopf und Seele“ der Gesellschaft oder alleiniger Branchenkenner sei bzw. faktisch frei schalte und walte. Ebenso wenig spielten eine familiäre Verbundenheit, die von C.D. ausgesprochene Generalvollmacht oder gewährte Darlehen und Bürgschaften eine Rolle. Auch begründe die Vermietung des Betriebsgebäudes an die Klägerin keine selbstständige Tätigkeit. Versicherungspflicht bestehe in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung. Beiträge und Insolvenzgeldumlagen würden im Rahmen der Verjährungsvorschriften ab 1.1.2011 nachgefordert und betrügen 64.239,48 Euro.

Den von der Klägerin hiergegen erhobenen Widerspruch, mit dem sie ihre vorigen Argumente im Wesentlichen wiederholte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.12.2017 zurück.

Mit ihrer am 15.1.2018 beim Sozialgericht (SG) Detmold erhobenen Klage hat die Klägerin auf den bisherigen Sachvortrag Bezug genommen. Sie hat erneut auf den maßgeblichen Einfluss des Beigeladenen zu 1) hingewiesen. Dieser sei Gesellschafter mit einer Beteiligung am Stammkapital von 40 % und Geschäftsführer der Klägerin, womit ihm deren Leitung obliege. Darüber hinaus sei er maßgeblich an der Finanzierung der Klägerin beteiligt gewesen. Er habe nicht nur direkte Darlehen gegeben und sei Bürgschaften für die Absicherung der Kontokorrentlinien eingegangen, sondern habe auch die Geschäftsanteile der Mutter als Mehrheitsgesellschafterin finanziert. Der Beigeladene zu 1) habe daher das gesamte unternehmerische Risiko getragen. Es müsse weiterhin berücksichtigt werden, dass es sich bei der Klägerin um einen Kleinstbetrieb handele. Der Beigeladene zu 1) stelle die Betriebsstätte und habe alleinige Branchenkenntnisse. Er habe den Kundenstamm in den von ihm vorher gegründeten und weiter betreuten Betrieb eingebracht. Schließlich sei er mit der Mitgesellschafterin als einziger Sohn familiär verbunden. Aufgrund der Kumulation aller dieser Gesichtspunkte ausschließlich in seiner Person sei es nicht möglich, unliebsame Entscheidungen gegen seinen Willen tatsächlich durchzusetzen. Dies folge insbesondere aus der im Verhältnis zu ihm äußerst schwachen Position der Mehrheitsgesellschafterin. Diese verfüge weder über Branchenkenntnisse noch über Kontakte zum Kundenstamm. Sie habe keine Betriebsräume und sei auch finanziell als Rentnerin mit einer äußerst bescheidenen Rente in keiner Weise in der Lage, entsprechende Vorfinanzierungen und Durchfinanzierungen eines Unternehmens zu leisten. Vielmehr werde sie vom Beigeladenen zu 1) unterstützt.

Nach Übersendung eines geänderten notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrags vom 21.9.2015 mit nunmehrigem Einstimmigkeitserfordernis der Gesellschafterbeschlüsse (Eintragung im Handelsregister vom 13.10.2015) hat die Beklagte mit Schreiben vom 5.3.2018 ein Teilanerkenntnis für die Zeit ab dem 14.10.2015 abgegeben und die Feststellung einer abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) ab diesem Datum zurückgenommen.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid vom 13.3.2017 und den Widerspruchsbescheid vom 19.12.2017 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene zu 1) im Rahmen der Tätigkeit als ihr Geschäftsführer im Zeitraum vom 1.1.2011 bis 13.10.2015 nicht der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

Die Beklagte, die die angefochtenen Bescheide für zutreffend erachtet hat, hat beantragt,

die Klage für den Zeitraum bis zum 13.10.2015 abzuweisen.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Der Beigeladene zu 1) hat sich den Ausführungen der Klägerin angeschlossen. Sämtliche die Klägerin ausmachenden Unternehmensbestandteile, Räumlichkeiten, Finanzmittel, Firmenname, Know-how und Kundenstamm stammten ausschließlich von ihm. Er sei Geschäftsführer der Klägerin. Seine Mutter sei ausschließlich aus eherechtlichen Gründen seinerzeit Gesellschafterin der Gesellschaft geworden, damit entsprechende Firmenanteile nicht dem Zugewinn unterlägen. Das Gesellschaftskapital, welches von seiner Mutter eingezahlt worden sei, stamme als Darlehen von ihm. Über eigene entsprechende Mittel verfüge seine Mutter nicht. Auch ansonsten sei seine Mutter von ihm abhängig. Sie wohne in einem ihm gehörenden Haus. Nach alldem habe er alleine die wirtschaftliche und tatsächliche Macht, sämtliche Beschlüsse in der Gesellschaft herbeizuführen. Beschlüsse gegen seinen Willen seien allenfalls theoretisch, nicht aber praktisch möglich.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 5.4.2019 abgewiesen. Der Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids sei in formeller und materieller Hinsicht nicht zu beanstanden. Die Beklagte habe die Klägerin zu Recht auf Nachentrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung wegen Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) herangezogen. Der Beigeladene zu 1) habe keine im Gesellschaftsrecht wurzelnde Rechtsmacht besessen, die ihn in die Lage versetzt hätte, eine Einflussnahme auf seine Tätigkeit, insbesondere durch ihm unter Umständen unangenehme Weisungen, jederzeit zu verhindern. Vielmehr habe er dem Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung der Klägerin unterlegen. Ein maßgebender Einfluss auf diese sei ihm verwehrt, da er im Streitzeitraum nur eine Minderheitsbeteiligung an deren Stammkapital besessen habe. Sperrminoritäten seien im Gesellschaftsvertrag nicht verankert gewesen, Stimmrechtsbindungen existierten nicht. Zwar sei durch § 10 Nr. 1 GFV bestimmt, dass der Beigeladene zu 1) keinerlei Weisungen seitens der Gesellschafter unterliegen solle. Diese vertragliche Bestimmung lasse das Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung, welches sich aus § 37 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) ergebe, aber nicht entfallen. Zwar sei § 37 GmbHG dispositiv, jedoch hätten die Gesellschafter der Klägerin nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, eine abweichende Regelung in der Satzung festzuschreiben. Unbeachtlich sei auch die von der Mutter des Beigeladenen zu 1) erteilte unbeschränkte Generalvollmacht, da diese jederzeit frei widerruflich sei. Ob der Beigeladene zu 1) das Alltagsgeschäft der Klägerin ohne tatsächliche Weisungen der Gesellschafterversammlung gestalten könne und die Klägerin aufgrund seiner Branchenkenntnisse und dem von ihm eingebrachten Kundenstamm de facto von ihm abhängig sei, entfalte keine Relevanz. Mangels einer im Gesellschaftsrecht wurzelnde Rechtsmacht rechtfertigten auch entsprechende wirtschaftliche Verflechtungen keine andere Beurteilung. Darüber hinaus weise der zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) geschlossene Geschäftsführervertrag maßgebliche Gesichtspunkte einer abhängigen Beschäftigung auf, namentlich ein festes monatliches Gehalt, Ansprüche auf Spesenersatz, Entgeltfortzahlung und bezahlten Urlaub. Der Beigeladene zu 1) verfüge als Geschäftsführer über keine eigene Betriebsstätte, auf die er im Rahmen der hier streitigen Auftragsbeziehung habe zurückgreifen können. Ein wesentliches unternehmerisches Risiko im Rahmen der zu beurteilenden Auftragsbeziehungen als Geschäftsführer der Klägerin bestehe ebenfalls nicht. Seine Arbeitskraft habe der Beigeladene zu 1) angesichts der anstellungsvertraglich vereinbarten Festvergütung nicht mit der Gefahr des Verlustes einsetzen müssen.

Gegen das ihr am 29.4.2019 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 30.4.2019 Berufung eingelegt und ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Es sei nicht zutreffend, dass der Beigeladene zu 1) über keine eigene Betriebsstätte verfüge. Die tatsächliche Betriebsstätte befinde sich in seinem Alleineigentum. Auch trage er ein unternehmerisches Risiko.

Die Beklagte hat das von ihr abgegebene Teilanerkenntnis durch Änderungsbescheid vom 13.8.2019 umgesetzt. Die sich aus der Betriebsprüfung ergebende Nachforderung betrage nunmehr insgesamt 61.117,61 Euro. Die Feststellung, dass der Beigeladenen zu 1) die Tätigkeit als Geschäftsführer im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses ausübe, werde für die Zeit ab dem 14.10.2015 zurückgenommen.

Im Übrigen hat sie die Auffassung vertreten, die Forderung sei nicht verjährt, da die Betriebsprüfung nicht länger als sechs Monate unterbrochen gewesen sei (Schriftsatz vom 21.08.2019). Zu Beginn der Prüfung seien am 6.7.2015 Feststellungsbögen für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung angefordert worden. Hierauf habe der Bevollmächtigte der Klägerin jedoch erst mit einem am 11.1.2016 eingegangenen Schreiben geantwortet. Weitere erbetene Unterlagen seien im März und August 2016 übermittelt worden. Ihrem Schriftsatz fügte die Beklagte einen Vermerk vom 19.8.2019 und Schriftsätze des Bevollmächtigten der Klägerin vom 17.3.2016 und 25.8.2016 bei.

In einem am 17.8.2020 durchgeführten Erörterungstermin hat die Beklagte ihren Bescheid vom 13.3.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.12.2017 und des Teilanerkenntnisses vom 5.3.2018 in Gestalt des Bescheides vom 13.8.2019 im Wege eines zweiten Teilanerkenntnisses dahingehend abgeändert, dass Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung sowie die Umlage UI am 13.10.2015 nicht erhoben würden. Die Klägerin hat dieses Teilanerkenntnis sowie das Teilanerkenntnis vom 5.3.2018 angenommen.

Mit Bescheid vom 2.9.2020 hat die Beklagte den Nachforderungszeitraum im Hinblick auf das am 17.8.2020 abgegebene Teilanerkenntnis auf den 12.10.2015 begrenzt und die Beitragsforderung auf 61.077,07 Euro reduziert. Mit weiterem Schreiben vom 28.10.2020 hat sie klargestellt, dass ab 13.10.2015 keine Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe.

Die Klägerin hat das weitere Teilanerkenntnis angenommen. Sie hält die verbliebene Beitragsnachforderung für rechtswidrig. In Abgrenzung zur bisher ergangenen Rechtsprechung zur Versicherungspflicht von GmbH-Geschäftsführern müsse berücksichtigt werden, dass im Falle des Beigeladenen zu 1) eine Vielzahl für eine Selbständigkeit sprechende Aspekte zusammenkämen, die zu seiner Rechtsmacht, ihre Geschicke allein zu bestimmen, führten.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 5.4.2019 zu ändern und den Bescheid vom 13.3.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.12.2017 sowie des angenommenen Teilanerkenntnis vom 5.3.2018 in der Fassung des Bescheids vom 13.8.2019 und des Teilanerkenntnisses vom 17.8.2020 in der Fassung der Bescheide vom 2.9.2020 und 28.10.2020 zu ändern und festzustellen, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin im Zeitraum vom 1.1.2011 bis zum 12.10.2015 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen hat sowie die genannten Bescheide aufzuheben, soweit Beiträge und Umlagen in Höhe von 61.077,07  Euro nachgefordert werden.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.

Das Gericht hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der Beratung des Senats gewesen sind.

 

II.

Die zulässige Berufung ist nach einstimmiger Auffassung des Senats nicht begründet. Eine weitere mündliche Verhandlung hält der Senat nicht für erforderlich. Das Rechtsmittel wird daher ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückgewiesen, nachdem die Beteiligten dazu gehört worden sind (§ 153 Abs. 4 SGG).

Das SG hat die Klage hinsichtlich der noch streitigen Versicherungspflicht bzw. Nachforderung von Beiträgen und Umlagen für den Zeitraum vom 1.1.2011 bis 12.10.2015 zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 13.3.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.12.2017 sowie des angenommenen Teilanerkenntnisses vom 5.3.2018 in der Fassung des Umsetzungsbescheids vom 13.8.2019 und des Teilanerkenntnisses vom 17.8.2020 in der Fassung des Umsetzungsbescheids vom 2.9.2020 und des Bescheides vom 28.10.2020 beschwert die Klägerin nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 S. 1 SGG, da er nicht rechtswidrig ist.

Die Beklagte hat formell (dazu 1.) und materiell (dazu 2.) rechtmäßig eine Beitragsschuld der Klägerin einschließlich der Pflicht zur Zahlung der Umlage UI wegen der versicherungspflichtigen Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung für den Zeitraum vom 1.1.2011 bis 12.10.2015 in Höhe von 61.077,07 Euro festgestellt.

Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 28p Abs. 1 S. 5 SGB IV. Nach dieser Vorschrift erlassen die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung gegenüber den Arbeitgebern Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege-, und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.

1. Der Bescheid vom 13.3.2017 ist formell rechtmäßig. Die Beklagte hat die Klägerin insbesondere vor Erlass dieses sie belastenden Verwaltungsaktes mit Schreiben vom 6.12.2016 ordnungsgemäß angehört (§ 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – SGB X).

2. Die streitgegenständlichen Bescheide sind nach Abgabe der angenommenen Teilanerkenntnisse auch in materieller Hinsicht nicht zu bestanden. Der Beigeladene zu 1) unterlag in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin im Zeitraum vom 1.1.2011 bis 12.10.2015 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die Beklagte hat für diesen Zeitraum zu Recht eine Beitrags- und Umlagenachforderung in Höhe von 61.077,07 Euro festgesetzt.

a) Der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI], § 25 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]).

Der Beigeladene zu 1) war im Zeitraum vom 1.1.2011 bis zum 12.10.2015 bei der Klägerin gegen Arbeitsentgelt (§ 14 SGB IV) beschäftigt.

Das Vorliegen einer Beschäftigung beurteilt sich nach § 7 Abs. 1 SGB IV, wenn in Bindungswirkung erwachsene (§ 77 SGG) Feststellungen zum sozialversicherungsrechtlichen Status fehlen. Solche in Bindungswirkung erwachsenen Feststellungen liegen nicht vor. Sie ergeben sich insbesondere nicht aus der Prüfmitteilung vom 11.11.2011, bei der zudem keine Feststellungen zur statusrechtlichen Beurteilung der Geschäftsführertätigkeit des Beigeladenen zu 1) getroffen worden sind (vgl. BSG Urt. v. 19.9.2019 – B 12 R 25/18 R – juris Rn. 25 ff.).

Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV ist die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit maßgeblich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (st. Rspr., vgl. etwa BSG Urt. v. 4.6.2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 14 m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl. BVerfG Beschl. v. 20.5.1996 – 1 BvR 21/96 – juris Rn. 6 ff.).

Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen, den die Verwaltung und die Gerichte konkret festzustellen haben. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu ermitteln. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (st. Rspr., vgl. z.B. BSG Urt. vom 4.6.2019 - B 12 R 11/18 R - juris Rn. 15; Senatsurt. v. 10.6.2020 – L 8 BA 6/18 – juris Rn. 36).

aa) Diese Maßstäbe gelten auch für Geschäftsführer einer GmbH (st. Rspr., vgl. z.B. BSG Urt. v. 19.9.2019 - B 12 R 25/18 R - juris Rn. 14 f.; Senatsurt. v. 29.1.2020 – L 8 BA 197/19 – juris Rn. 38). Ob ein Beschäftigungsverhältnis vorliegt, richtet sich bei Geschäftsführern einer GmbH aber in erster Linie danach, ob der Geschäftsführer nach der ihm zukommenden, sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmacht ihm nicht genehme Weisungen verhindern oder Beschlüsse beeinflussen kann, die sein Anstellungsverhältnis betreffen (vgl. BSG Urt. v. 10.12.2019 – B 12 KR 9/18 R – juris Rn. 12). Bei einem Fremdgeschäftsführer scheidet eine selbstständige Tätigkeit generell aus. Ist ein GmbH-Geschäftsführer zugleich als Gesellschafter am Kapital der Gesellschaft beteiligt, sind der Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit. Ein Gesellschafter-Geschäftsführer ist nicht per se kraft seiner Kapitalbeteiligung selbstständig tätig, sondern muss über seine Gesellschafterstellung hinaus die Rechtsmacht besitzen, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können. Eine solche Rechtsmacht ist bei einem Gesellschafter gegeben, der mindestens 50 % der Anteile am Stammkapital hält. Ein Geschäftsführer, der nicht über diese Kapitalbeteiligung verfügt und damit als Mehrheitsgesellschafter ausscheidet, ist dagegen grundsätzlich abhängig beschäftigt. Er ist ausnahmsweise nur dann als Selbstständiger anzusehen, wenn ihm bei einer geringeren Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag eine umfassende („echte" oder „qualifizierte"), die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität eingeräumt ist. Denn der selbstständig tätige Gesellschafter-Geschäftsführer muss eine Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen haben und zumindest ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern können. Demgegenüber ist eine „unechte", auf bestimmte Gegenstände begrenzte Sperrminorität nicht geeignet, die erforderliche Rechtsmacht zu vermitteln (vgl. z.B. BSG Urt. v. 10.12.2019 – B 12 KR 9/18 R – juris Rn. 13; Senatsurt. v. 29.1.2020 – L 8 BA 197/19 – juris Rn. 38).

Der Senat ist ausgehend von diesen Maßstäben zu der Überzeugung gelangt, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer im noch streitigen Zeitraum in einem die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung begründenden Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin gestanden hat.

Der Beigeladene zu 1) verfügte im Streitzeitraum lediglich über 40 % der Gesellschaftsanteile, während der Gesellschaftsvertrag für eine Beschlussfassung grundsätzlich die einfache Mehrheit vorsah (§ 10 Nr. 3 GV 2008). Entsprechend verfügte er gesellschaftsrechtlich nicht über eine umfassende Sperrminorität und somit nicht über die Rechtsmacht, jede Weisung der Gesellschafterversammlung jederzeit verhindern zu können.

§ 10 Nr. 1 des GFV, wonach der Beigeladene zu 1) im Rahmen seiner Tätigkeit keinerlei Weisungen seitens der Gesellschafter unterliegt, vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern. Beschränkungen der Weisungsbefugnis bedürfen einer entsprechenden Satzungsregelung. Im Geschäftsführervertrag geregelte Weisungsverbote wirken lediglich schuldrechtlich, begrenzen aber nicht die gesellschafts- und organrechtliche Pflicht zur Befolgung von Weisungen, es sei denn, die Beschränkung wird zusätzlich in den Gesellschaftsvertrag (Satzung) aufgenommen. Weisungen muss der Geschäftsführer mithin auch dann beachten, wenn ein Widerspruch zum Anstellungsvertrag besteht (vgl. z.B. BSG Urt. v. 10.12.2019 – B 12 KR 9/18 R – juris Rn. 15 m.w.N.).

Der abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) als Geschäftsführer steht auch nicht eine (frühere) sog. „Kopf und Seele"-Rechtsprechung entgegen. Danach wurde ein Fremdgeschäftsführer einer Familiengesellschaft und ggf. auch ein Angestellter unterhalb der Geschäftsführerebene, der mit den Gesellschaftern familiär verbunden ist, ausnahmsweise als selbstständig angesehen, wenn er faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen konnte und geführt hat, ohne dass ihn die Gesellschafter daran hinderten. Ungeachtet dessen, dass sich insbesondere die für das Recht der Arbeitslosen- und Unfallversicherung zuständigen Senate des BSG für das jeweilige Leistungsrecht auf die sog „Kopf und Seele"-Rechtsprechung gestützt hatten, ist ein Leit- oder Obersatz, nachdem bei familiären Bindungen regelmäßig keine Beschäftigung des Geschäftsführers vorgelegen hätte, vom BSG nie gebildet worden. Die Maßgeblichkeit des rein faktischen, nicht rechtlich gebundenen und daher jederzeit änderbaren Verhaltens der Beteiligten ist mit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht zu vereinbaren. Eine „Schönwetter-Selbstständigkeit" lediglich in harmonischen Zeiten, während im Fall eines Zerwürfnisses die rechtlich bestehende Weisungsgebundenheit zum Tragen käme, ist nicht anzuerkennen (vgl. z.B. BSG Beschl. v. 24.2.2020 – B 12 KR 61/19 B – juris Rn. 10; BSG Urt. 10.12.2019 – B 12 KR 9/18 R – juris Rn. 16; Senatsurt. v. 17.10.2018 – L 8 R 1031/17 – juris Rn. 74).

Ob C.D. ihre gesellschaftsrechtliche Rechtsmacht zu Weisungen an den Beigeladenen zu 1) nicht wahrgenommen hat und auch, wie von der Klägerin ausgeführt, nicht wahrgenommen hätte, kann dahinstehen, da dies statusrechtlich irrelevant ist. Maßgeblich für die Beurteilung ist allein die im zu beurteilenden Zeitraum tatsächlich bestehende Rechtsmacht (vgl. z.B. BSG Urt. v. 14.3.2018 – B 12 KR 13/17 R – juris Rn. 23; Senatsurt. v. 29.1.2020 – L 8 BA 197/19 – juris Rn. 41 m.w.N.)

Der Umstand, dass es sich bei der Klägerin, wie von ihr angegeben, um einen Klein- bzw. Kleinstbetrieb handelt, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Größe des Betriebs ist für die Beurteilung der gesellschaftsrechtlichen Rechtsmacht ohne Belang. Die vom BSG entschiedenen Fallkonstellationen umfassen ohne Unterschied auch kleine Betriebe bzw. Familiengesellschaften, bei denen sich das Fachwissen, die Branchenkenntnisse und die Kontakte zu den Kunden etc. regelmäßig beim Geschäftsführer bündeln (vgl. z.B. BSG Urt. v. 10.12.2019 – B 12 KR 9/18 R; Urt. v. 19.9.2019 - B 12 R 25/18 R).

Die dem Beigeladenen zu 1) durch C.D. erteilte Generalvollmacht ist jederzeit widerruflich und führt damit schon deshalb nicht zu einer Verschiebung der Rechtsmachtverhältnisse zu seinen Gunsten (vgl. Senatsurt. v. 11.4.2018 – L 8 R 1026/16 – juris Rn. 111).

Dass der Beigeladene zu 1) Vermieter der Klägerin ist, ihr mehrere Darlehen und eine Bürgschaft erteilt hat sowie die C.D. wirtschaftlich unterstützt, spielt für seine Rechtsposition als Geschäftsführer der Klägerin keine im Gesellschaftsrecht wurzelnde Rolle, sondern führt lediglich zu einer statusrechtlich nicht bedeutsamen wirtschaftlichen Machtposition (vgl. z.B. BSG Urt. v. 19.9.2019 – B 12 R 25/18 R – juris Rn. 16).

bb) Die Bewertung der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als Beschäftigungsverhältnis im Streitzeitraum wird durch den zwischen ihm und der Klägerin abgeschlossen Geschäftsführervertrag untermauert. Dieser enthält verschiedene arbeitnehmertypische Regelungen wie eine Berichtspflicht (§ 1 Nr. 8 GFV), einen Anspruch auf monatliche Festvergütung (§ 3 GFV) und bezahlten Urlaub (§ 5 GFV) sowie eine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (§ 4 GFV). Dass der Beigeladene zu 1) als Geschäftsführer zur Alleinvertretung berechtigt und von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreit war, schließt ein arbeitnehmertypisches Vertragsverhältnis nicht aus. Allein weitreichende Entscheidungsbefugnisse bedingen nicht schon eine Selbstständigkeit (vgl. BSG Urt. v. 10.12.2019 – B 12 KR 9/18 R – juris Rn. 37).

cc) Wesentliche Aspekte, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen, sind nicht ersichtlich.

Der Beigeladene zu 1) hatte keine eigene Betriebsstätte. Er war in einem für ihn fremden Betrieb tätig. Alleinige Unternehmensträgerin war die als juristische Person des Privatrechts mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestaltete GmbH selbst (vgl. § 13 Abs. 1 GmbHG). Diese ist von den als Gesellschaftern dahinterstehenden juristischen oder natürlichen Personen unabhängig und von den verwandtschaftlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen getrennt zu betrachten (vgl. BSG Urt. v. 29.8.2012 – B 12 KR 25/10 R – juris Rn. 18).

Auch ein unternehmerisches Risiko ist nicht erkennbar. Maßgebendes Kriterium hierfür ist nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen (vgl. etwa BSG Urt. v. 25.1.2001 – B 12 KR 17/00 R – juris Rn. 24; Urt. v. 28.5.2008 – B 12 KR 13/07 R – juris Rn. 27), denen sich der Senat in seiner ständiger Rechtsprechung angeschlossen hat (vgl. z.B. Senatsurt. v. 22.4.2015 – L 8 R 680/12 – juris Rn. 122), ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlusts eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen und persönlichen Mittel also ungewiss ist (st. Rspr., vgl. zB BSG Urt. v. 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R – juris Rn. 36 m.w.N.). Seine Arbeitskraft musste der Beigeladene zu 1) angesichts der anstellungsvertraglich vereinbarten Gegenleistung in Form einer Festvergütung nicht mit der Gefahr des Verlustes einsetzen (vgl. hierzu BSG Urt. v. 11.11.2015 – B 12 R 2/14 R – juris Rn. 26). Das verbleibende Risiko der Insolvenz des Auftrag- bzw. Arbeitgebers trifft Arbeitnehmer in gleicher Weise (vgl. z.B. BSG Urt. v. 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R – juris Rn. 37).

dd) Die gebotene Gesamtbetrachtung aller wesentlichen entscheidungsrelevanten Gesichtspunkte hat zur Folge, dass die Kriterien überwiegen, die für eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) und damit seine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung sprechen.

b) Tatbestände, die zur Versicherungsfreiheit des am 00.00.1963 geborenen Beigeladenen zu 1) in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung führen könnten (§ 5 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 SGB VI, § 28 Abs. 1 Nr. 1 SGB III), sind nicht ersichtlich.

c) Hinsichtlich der Höhe der Beitragsforderung sind Unrichtigkeiten nicht geltend gemacht worden und auch nicht ersichtlich. Auch ist die Nachforderung der Umlage UI (Insolvenzgeld-Umlage, §§ 358 ff. SGB III, Verordnung zur Festsetzung des Umlagesatzes für das Insolvenzgeld) zu Recht erfolgt. Mit dieser Umlage werden die Mittel für das von der Bundesagentur für Arbeit im Insolvenzfall des Arbeitsgebers an die Arbeitnehmer für die letzten drei Monate vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu zahlende Insolvenzgeld aufgebracht. Arbeitnehmer im Sinne des Insolvenzgeldrechts ist der Beschäftigte gem. § 25 SGB III i.V.m. § 7 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch – SGB IV (vgl. Senatsurt. v. 29.1.2020 – L 8 BA 197/19 – juris Rn. 53).

d) Die Beitragsforderung ist auch nicht verjährt. Die Prüfung der Verjährung ist hier vorzunehmen, da die Klägerin diese Einrede konkludent mit Schriftsatz vom 5.9.2019 erhoben hat (vgl. BSG Urt. v. 19.9.2019 – B 12 KR 21/19 R – juris Rn. 32 ff.).

Ansprüche auf Beiträge verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind (§ 25 Abs. 1 S. 1 SGB IV). Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt oder dem Arbeitseinkommen zu bemessen sind, sind in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Folgemonats fällig (§ 23 Abs. 1 S. 2 SGB IV).

Zum Zeitpunkt des Beginns der Betriebsprüfung am 6.7.2015 waren die Beiträge der Jahre 2011 bis 2015 noch nicht verjährt. Die Verjährungsfrist ist für den gesamten Forderungszeitraum auch nicht in der Folgezeit abgelaufen, da die Verjährung der Beiträge gehemmt ist.

Für die Hemmung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) sinngemäß (§ 25 Abs. 2 S. 1 SGB IV). Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet (§ 209 BGB).

Die Verjährung ist zunächst für die Dauer einer Prüfung beim Arbeitgeber gehemmt (§ 25 Abs. 2 S. 2 SGB IV). Dies gilt nicht, wenn die Prüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die prüfende Stelle zu vertreten hat (§ 25 Abs. 2 S. 3 SGB IV). Solche Gründe, die die zu prüfende Stelle zu vertreten hat, liegen etwa vor, wenn personelle oder organisatorische Gründe im Verantwortungsbereich der Verwaltung für die Unterbrechung der Prüfung unmittelbar nach ihrem  Beginn verantwortlich sind (vgl. Kreikebohm, SGB IV, 3. Aufl. 2018, § 25 Rn. 9).

Eine mehr als sechs Monate andauernde Unterbrechung der Prüfung unmittelbar nach ihrem Beginn, für welche die Beklagte verantwortlich ist, liegt nicht vor. Die Beklagte hat substantiiert dargelegt, dass sich die Prüfungsabläufe vielmehr dadurch verzögert haben, dass mit Schreiben vom 6.7.2015 angeforderte Unterlagen von der Klägerin erst am 11.1.2016 zugeschickt worden sind. Weitere eventuelle Verzögerungen bis zum Erlass des Betriebsprüfungsbescheids am 13.3.2017 sind von § 25 Abs. 2 S. 3 SGB IV nicht erfasst, führen somit nicht zu einem Entfallen der Hemmungswirkung und begründen auch keinen Verwirkungstatbestand (vgl. Senatsurt. v. 29.1.2020 – L 8 BA 197/19 – juris Rn. 59 mwN.).

Dem streitgegenständlichen Nachforderungsbescheid kommt in der Folgezeit gemäß § 52 Abs. 1 SGB X ebenfalls Hemmungswirkung zu (vgl. Senatsurt. v. 5.12.2018 – L 8 BA 95/18 – juris Rn. 154).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 S. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind weder erstattungsfähig noch sind diese mit Kosten zu belasten, da sie von einer Antragstellung abgesehen haben (vgl. § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

Der Streitwert ist für das Berufungsverfahren gemäß § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 47 Abs. 1 S. 1, 52 Abs. 1 u. 3, 63 Abs. 2 S. 1 Gerichtskostengesetz entsprechend der zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung streitigen Beitragsforderung auf 61.117,61 Euro festzusetzen.

 

Rechtskraft
Aus
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