L 5 KR 2458/21

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5.
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 16 KR 3874/20
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 2458/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 30.06.2021 wird mit der Maßgabe, dass Verschuldenskosten in Höhe von 150,00 € nicht zu zahlen sind, zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.


Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Höhe von Beiträgen zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung für das Jahr 2018

Die Klägerin ist seit dem 01.01.2016 als Selbstständige bei der Beklagten freiwillig krankenversichert. Seit Ende 2012 ist sie von ihrem Ehemann getrennt lebend. Zum hier streitbefangenen Zeitraum vom 01.01.2018 bis 31.12.2018 wies die Beklagte mit Bescheid vom 10.01.2018 auf die gesetzliche Änderung der vorläufigen Berechnung der Beiträge ab dem 01.01.2018 hin und teilte der Klägerin mit, dass die Beitragsfestsetzung ab dem 01.01.2018 vorläufig anhand der Mindestbemessungsgrundlage erfolge. Eine rückwirkende Neuberechnung behalte sie sich vor. Mit Bescheid vom 05.02.2019 setzte die Beklagte die vorläufige Beitragshöhe ab 01.04.2018 wegen eines am 02.03.2018 ergangenen Einkommensteuerbescheids für das Jahr 2016 neu und weiterhin vorläufig fest. Mit Bescheid vom 27.03.2019 setzte die Beklagte (u.a.) die vorläufige Beitragshöhe ab 01.01.2018 bis 31.12.2018 ohne Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen neu und weiterhin vorläufig fest. Mit Bescheid vom 19.06.2019 setzte die Beklagte die vorläufige Beitragshöhe ab 01.01.2018 unter Berücksichtigung der von der Klägerin mitgeteilten und nachgewiesenen Unterhaltszahlungen neu und weiterhin vorläufig fest. Am 03.12.2019 erklärte die Klägerin, ab September 2019 keinen Unterhalt mehr zu erhalten und legte ihren Einkommensteuerbescheid für 2018 vom 27.09.2019 vor. Daraus ergeben sich Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit in Höhe von 39.489,00 € sowie aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 660,00 €.

Mit Bescheid vom 06.01.2020 setzte die Beklagte die Höhe der Beiträge für das Jahr 2018 unter Berücksichtigung eines Einkommens von monatlich 4.070,75 Euro (bestehend aus 3.290,75 € Einkünfte aus Selbstständigkeit, 55,00 € Mieteinnahmen und 725,00 € Unterhalt) endgültig fest.

Hiergegen erhob die Klägerin am 15.01.2020 Widerspruch. Die Beklagte habe zu Unrecht Unterhaltsleistungen berücksichtigt. Ihr Ehegatte habe die Zahlungen an sie fälschlicherweise als Unterhalt deklariert, obwohl es sich um Zahlungen für den Immobilienkredit gehandelt habe.

Die bereits am 02.06.2020 beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhobene Untätigkeitsklage der Klägerin hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 15.12.2020 abgewiesen. Die Berufung der Klägerin (L 5 KR 242/21) hat der Senat mit Urteil vom 15.12.2021 zurückgewiesen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 01.10.2020 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Es sei unerheblich, ob der getrenntlebende Ehegatte die Zahlungen bei seiner Steuererklärung als Unterhaltszahlungen angebe oder nicht. Zudem habe die Klägerin selbst stets und mehrfach angegeben, dass es sich bei den Zahlungen um Ehegattenunterhalt handle. Unabhängig davon hätten die Zahlungen zur freien Verfügung und somit auch zur Deckung des allgemeinen Lebensbedarfs zur Verfügung gestanden. Vorliegend handle es sich bei den Zahlungen laut der Bezeichnung des Ehegatten um seinen Zuschuss zur Kreditrate für das von der Klägerin mit ihren Kindern allein bewohnte Eigenheim. Würde es sich um ein Mietobjekt handeln, das der Ehegatte mit einem Mietzuschuss mitfinanzieren würde, wären solche Zahlungen als beitragspflichtige Einnahmen zu werten. Nichts Anderes könne hier gelten. Der Widerspruch ist dem Bevollmächtigten der Klägerin nach seinen Angaben am 06.10.2020 zugegangen.

Hiergegen hat die Klägerin am 05.11.2020 Klage beim SG erhoben und angekündigt, dass eine Begründung und Antragstellung nachgereicht würden. Bis zuletzt hat sie keinen Antrag gestellt und keine Begründung vorgelegt, obwohl sie das SG dazu aufgefordert worden war. Zuletzt hat das SG mit Schreiben vom 03.05.2021 die Klägerin unter Fristsetzung von zwei Wochen aufgefordert, das Verfahren zu betreiben, und hat darauf hingewiesen, dass eine weitere Fortführung der Klage ohne etwas zur Begründung der Klage vorzutragen rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei. Das Gericht könne hiernach der Klägerin ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht würden, dass sie den Rechtsstreit fortführe, obwohl sie auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung hingewiesen worden sei. Als verursachter Kostenbetrag gelte dabei nach § 192 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit § 184 Abs. 2 SGG mindestens ein Betrag von 150,00 €.

Mit Gerichtsbescheid vom 30.06.2021 hat das SG die Klage abgewiesen und der Klägerin Verschuldenskosten in Höhe von 150,00 € auferlegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei zwar zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid vom 06.01.2020 (betreffend die endgültige Beitragsfestsetzung für 2018) in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.10.2020 sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Auf die zutreffenden Gründe des Widerspruchsbescheids vom 01.10.2020 werde gemäß § 136 Abs. 3 SGG verwiesen. Die Verhängung von Verschuldenskosten gegen die Klägerin in Höhe des Mindestbetrags beruhe auf § 192 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit § 184 Abs. 2 SGG. Die Klägerin habe das Verfahren dauerhaft nicht betrieben, auf gerichtliche Verfügungen nicht nur nicht fristgerecht, sondern überhaupt nicht reagiert. Zur Auferlegung von Verschuldenskosten dieser Höhe sei die Klägerin vorab mit Verfügung vom 03.05.2021 angehört worden. Sie habe darauf nichts erwidert.

Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigen am 03.07.2021 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 27.07.2021 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Eine Begründung hat sie nicht vorgelegt.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 30.06.2021 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 06.01.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.10.2020 insoweit aufzuheben, als der Berechnung der Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 01.01.2018 bis 31.12.2018 die als Unterhaltsleistungen bezeichneten Zahlungen des Ehemanns der Klägerin zugrunde gelegt wurde.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Mit Beschluss vom 16.09.2021 hat der Senat den bevollmächtigten Rentenberater der Klägerin zurückgewiesen.

Die Berichterstatterin hat für den 30.11.2021 einen Termin zur Erörterung der Rechts- und Sachlage anberaumt, zu dem die Klägerin nicht erschienen ist.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, sowie die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat nach dem erklärten Einverständnis der Beteiligten nach §§ 153 Abs. 2, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft und zulässig, aber in der Sache unbegründet.

Der Senat legt trotz fehlender Begründung und Antragstellung das Begehren der (im Berufungsverfahren) nicht anwaltlich vertretenen Klägerin meistbegünstigend dahingehend aus, dass sie das mit ihrer Klage (sinngemäß) geltend gemachte Begehren, die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung für 2018 ohne Berücksichtigung der als Unterhaltsleistungen bezeichneten Zahlungen ihres Ehemanns zu berechnen, aufrechterhält.

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 06.01.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.10.2020 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Senat schließt sich wie das SG den zutreffenden Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 01.10.2020 an und sieht deshalb von einer weiteren eingehenden Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Verschuldenskosten waren dagegen nicht festzusetzen. Der Senat sieht die Voraussetzungen des § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG nicht als erfüllt an, weil das SG im Schreiben vom 03.05.2021 nicht auf die offensichtliche Aussichtslosigkeit der Klage hingewiesen hat. 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).

Rechtskraft
Aus
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