Der Antrag des Klägers auf Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Der am 00.00.1949 geborene Kläger, der selbst keine Leistungen vom Beklagten bezieht, wollte am 04.09.2018 als Beistand von C, die seinerzeit Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II von dem Beklagten bezog, an einem Meldetermin teilnehmen. Der Kläger lehnte es – hierzu in der Eingangszone des Jobcenters im 1. OG aufgefordert – ab sich auszuweisen, weil er sich als Beistand nicht ausweisen müsse. An dieser Auffassung hielt er auch dann noch fest, als ihn der herbeigerufene Teamleiter mit einer Entscheidung des Sozialgerichts Stuttgart konfrontierte, wonach ein Beistand sich auf Wunsch des Jobcenters auszuweisen habe. Da Frau C, die sich ebenfalls nicht ausweisen konnte, das Integrationsgespräch ohne den Kläger nicht durchführen wollte, fand ein Gespräch bei der Integrationsfachkraft des Beklagten nicht statt.
Noch am 04.09.2018 wandte sich der Kläger, ohne seinen Namen zu nennen, im Wege des Widerspruchs gegen die seiner Auffassung nach erfolgte Zurückweisung als Beistand. Am 29.10.2018 bestellte sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers für diesen und gab erstmalig dessen Identität und Anschrift bekannt. Der Kläger sei nicht verpflichtet gewesen sich auszuweisen, insbesondere nicht gegenüber einem anonymen Mitarbeiter des Jobcenters. Sich auszuweisen sei eine Identitätsfeststellung, die einen Eingriff in sein Grundrecht auf „informelle Selbstbestimmung“ darstelle. Eine Rechtsgrundlage hierfür sei nicht ersichtlich. § 60 SGB I oder § 13 SGB X schieden als Eingriffsgrundlage ebenso aus wie das Hausrecht des Beklagten. Die Identitätsfeststellung sei zur sachgerechten Bearbeitung auch nicht erforderlich gewesen. Kunden und Begleiter sollten nicht als Bedrohung betrachtet werden. Die Aufforderung zur Identitätsfeststellung verstoße auch gegen die Datenschutzgrundverordnung und den Sozialdatenschutz nach dem SGB X. Der Mitarbeiter des Beklagten, der die Identitätsfeststellung begehrt habe, habe rechtswidrig und rechtsmissbräuchlich gehandelt. Er sei für eine beabsichtigte Fachaufsichtsbeschwerde namentlich zu benennen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.11.2018 verwarf der Beklagte den Widerspruch des Klägers (ebenso wie den Widerspruch gegen eine vermeintliche Zurückweisung des Klägers als Beistand durch Frau C mit Widerspruchsbescheid vom 10.09.2018) als unzulässig. Der Kläger sei nicht als Beistand von Frau C zurückgewiesen worden, da hierzu seine Identität hätte bekannt sein müssen. Die Entscheidung das Gespräch zu beenden, sei lediglich ein Realakt, der nicht mittels Widerspruch angefochten werden könne.
Hiergegen hat der Kläger am 13.12.2018 Klage bei dem Sozialgericht Köln erhoben und sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Ergänzend hat er geltend gemacht, dass der Sachverhalt von dem Beklagten im Widerspruchsbescheid falsch dargestellt worden sei. Nicht die Integrationsfachkraft, sondern ein anonymer Mitarbeiter in der Eingangszone habe den Kläger am Betreten der Behörde gehindert. Diese Zurückweisung eines Beistands stelle einen Verwaltungsakt dar. Das vom Gesetzgeber vorgesehene Recht des Bürgers auf einen Beistand sei ein hohes Gut von Verfassungsrang. Dagegen abschreckende Hürden aufzubauen, laufe dem Sinn der gesetzlichen Regelung entgegen. Es bestehe Wiederholungsgefahr, weil der Beklagte den Kläger mehrfach gezwungen habe, sich auszuweisen.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 04.09.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2018 aufzuheben,
hilfsweise festzustellen, dass der Bescheid vom 04.09.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2018 rechtswidrig war sowie den Widerspruchsbescheid vom 15.11.2018 hinsichtlich der Kostenentscheidung aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Aus der Arbeitshilfe zur Betreuung von Kunden mit Bevollmächtigten/Beistandspersonen gemäß § 13 SGB X ergebe sich, dass sich auch ein Beistand/ Bevollmächtigter ausweisen müsse, weil dessen Vorbringen gemäß § 13 Abs. 4 SGB X dem Leistungsberechtigten zugerechnet werde. Die Ausweispflicht ergebe sich im Übrigen aus dem Hausrecht des Beklagten.
Mit Urteil vom 03.03.2020 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat zunächst in einem schriftlichen Urteil vom 23.07.2020, das dem Kläger am 24.07.2020 zugestellt worden ist, im Tatbestand und in den Entscheidungsgründen einen gänzlich anderen Rechtsstreit einer „Klägerin“ behandelt, die sich gegen eine Erstattung zur Wehr setzte. Nach entsprechendem Hinweis des Klägers vom 24.07.2020, wonach Seite 1 des Urteils (Rubrum) den Kläger betreffe, während die Seiten 2 ff. des Urteils einen anderen Fall behandelten, sodass weder Tatbestand noch Entscheidungsgründe vorlägen, hat das Sozialgericht am 27.07.2020 ein neues, den Kläger betreffendes Urteil abgesetzt und darin ausgeführt, dass dahinstehen könne, ob es sich bei der Zutrittsverweigerung zu einem Dienstgebäude um einen Verwaltungs- oder einen Realakt handelt, da jedenfalls Erledigung eingetreten sei. Eine Rechtswidrigkeit des Verwaltungshandelns sei auch im Hinblick auf den Hilfsantrag nicht festzustellen, denn die Zutrittskontrolle sei rechtmäßig gewesen. Ausreichende Rechtsgrundlage hierfür sei das gewohnheitsrechtlich anerkannte Hausrecht. Der Behörde müsse es zur Aufrechterhaltung der Sicherheit möglich sein, Kenntnis darüber zu erlangen, wer sich in dem Dienstgebäude aufhalte. Andernfalls könne die Behörde keine Hausverbote aussprechen oder kontrollieren. Die Ausweispflicht von Beiständen ergebe sich ferner aus § 13 SGB X, weil die darin angelegte Eignungsprüfung ohne Identitätsfeststellung nicht möglich sei.
Am 23.08.2020 hat der Kläger gegen das ihm „am 24.07.2020 und 05.08.2020 zugestellte“ Urteil Berufung eingelegt, Prozesskostenhilfe beantragt und sein Vorbringen wiederholt und vertieft. Beide schriftlichen Urteile seien nicht tragfähig. Das am 24.07.2020 zugestellte Urteil sei schon aus formalen Gründen aufzuheben. Mit der Urteilsausfertigung vom 27.07.2020 verkenne das Sozialgericht, dass es nicht um eine reine Zutrittsverweigerung gehe, schon weil der Kläger sich mit Frau C bereits im 1. OG aufgehalten habe, sondern um die Zurückverweisung als Beistand. Dem Kläger gehe es nur um die Zurückweisung als Beistand. Eine anlasslose Prüfung der Personalien ergebe sich weder aus dem Hausrecht noch aus § 13 SGB X. Eine Wiederholungsgefahr bestehe schon deswegen, weil der Beklagte sich im Recht sehe und im Bedarfsfall wieder so entscheiden wolle. Dies sei in der Vergangenheit auch wiederholt so vorgekommen.
Der Beklagte hat im Berufungsverfahren bestritten, dass der Kläger sich als Rechtsbeistand in der Vergangenheit gegenüber seinen Mitarbeitern habe ausweisen müssen. Eine Wiederholungsgefahr sei schon deswegen ausgeschlossen, weil Frau C zum 31.01.2020 aus dem Leistungsbezug ausgeschieden sei.
Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf die Urteilsausfertigung vom 23.07.2020 von einem Urteil ohne Entscheidungsgründe auszugehen sei, sodass durch die Urteilsausfertigung vom 27.07.2020 Heilung eingetreten sei. Es hat die Urteilsausfertigungen vom 23.07.2020 angefordert und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Beteiligten haben die Urteilsabschriften vom 23.07.2020 zur Gerichtsakte gereicht.
II.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren.
Gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seien persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Die Berufung hat keine hinreichende Erfolgsaussicht.
Das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 03.03.2020 ist nach summarischer Prüfung durch den Senat nicht zu beanstanden.
Der gesonderten Aufhebung eines „am 24.07.2020 zugestellten Urteils“ bedarf es nicht. Es existiert nur ein (klageabweisendes) Urteil vom 03.03.2020, das Gegenstand des Berufungsverfahrens sein kann. Das Sozialgericht hat – ohne die bereits an die Beteiligten versandten fehlerhaften Ausführungen zurückzuverlangen – von einer Berichtigung abgesehen und das im Tatbestand und Entscheidungsgründen die Beteiligten betreffende Urteil (erneut) zugestellt. Tatbestand und die Entscheidungsgründe der zunächst zugestellten Ausfertigung hatten keinerlei Bezug zu dem Klageverfahren des Klägers, sondern betrafen ersichtlich ein anderes Klageverfahren. Dies ist dem Bevollmächtigten des Klägers selbst auch unmittelbar aufgefallen, weshalb er (zunächst) um Zusendung von Tatbestand und Entscheidungsgründen zum Verfahren seines Klägers gebeten hat. Letztlich handelte es sich für jedermann ersichtlich um eine offenbare Unrichtigkeit, der das Sozialgericht durch Fertigung einer neuen Urschrift und erneute Zustellung des Urteils Rechnung getragen hat. Dies ist verfahrensrechtlich im Ergebnis zur Überzeugung des Senats nicht zu beanstanden, weil auch bei einem vollständigen Fehlen von Tatbestand und Entscheidungsgründen deren Nachholung möglich ist, solange das Sozialgericht - wie hier - die Fünfmonatsfrist (vgl. zur Fünfmonatsfrist: Keller, in: Meyer-Ladewig, SGG, 13. Aufl., § 134 Rn. 4) wahrt (Keller, in: Meyer-Ladewig, SGG, 13. Aufl., § 136 Rn. 10). Ein Mangel des SG-Urteils kann zudem auch durch das LSG-Urteil geheilt werden (Keller, in: Meyer-Ladewig, SGG, 13. Aufl., § 136 Rn. 7h). Einer gesonderten Anfechtung durch den Kläger bedurfte es in dieser Konstellation ersichtlich nicht. Von den – zwischenzeitlich zur Gerichtsakte genommenen – fehlerhaften Ausfertigungen geht auch kein Rechtsschein aus, dessen Beseitigung es bedurfte (vgl. auch LAG Köln Urteil vom 20.01.2012 – 4 Sa 1559/10, das in einer vergleichbaren Konstellation von einem weder das Gericht noch die Beteiligten bindenden Scheinurteil ausgeht).
Soweit der Kläger sich zulässigerweise gegen das Urteil des Sozialgerichts vom 03.03.2020 (in der Fassung der Urteilsausfertigung vom 27.07.2020) wendet, hat die Berufung auch insoweit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der Kläger wendet sich ausdrücklich nur noch dagegen, dass der Beklagte ihn am 04.09.2018 als Beistand abgelehnt habe bzw. begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Zurückweisung. Die Frage der Rechtmäßigkeit der Zutrittsverweigerung zum Dienstgebäude stelle sich nicht.
Im Rahmen der Entscheidung über die Gewährung von Prozesskostenhilfe kann zunächst dahinstehen, ob der Beklagte den Kläger als Beistand von Frau C zurückgewiesen hat. Die Zurückweisung nach § 13 Abs. 5 und 6 SB X erfolgt durch gesonderten Verwaltungsakt (Pitz in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 13 SGB X (Stand: 09.08.2021), Rn. 27). Ein schriftlicher Verwaltungsakt liegt insoweit nicht vor. Was genau dem Kläger und Frau C mündlich am 04.09.2018 mitgeteilt wurde, bleibt unklar. Die Mitteilung von Zurückweisungsgründen nach § 13 Abs. 5 und 6 SGB X wird vom Kläger nicht behauptet. Angesichts der gesetzlichen Vorgabe, dass die Zurückweisung nach den Abs. 5 und 6 „auch“ dem Beteiligten, dessen Bevollmächtigten oder Beistand, der zurückgewiesen wird, „schriftlich“ mitzuteilen ist (§ 13 Abs. 7 Satz 1 SGB X), könnte das Fehlen einer entsprechenden Mitteilung ungeachtet der Überlegungen des Sozialgerichts dafür sprechen, dass die Behörde eine Zurückweisung nicht aussprechen wollte, zumal es zur beabsichtigten Vorsprache bei der Integrationsfachkraft aufgrund des Verhaltens von Frau C nicht kam. Ohnehin spricht der Wortlaut des § 13 Abs. 7 Satz 1 SGB X dafür, dass ein zurückweisender Verwaltungsakt gegenüber dem Zurückgewiesenen der Schriftform bedarf (Roller in: Schütze, SGB X, 20. Aufl., § 13 Rn. 17).
Unterstellt man hingegen eine Zurückweisung des Klägers als Beistand durch Verwaltungsakt, hätte sich dieser zwischenzeitlich auf andere Weise erledigt (§ 39 Abs. 2 SGB X; vgl. auch BSG Urteil vom 24.09.2020 – B 9 SB 2/18 R). Die Zurückweisung ist in jeder Lage des Verfahrens möglich, bezieht sich jedoch immer nur auf das konkrete Verwaltungsverfahren (Pitz a.a.O.). Das Anfechtungsbegehren des Klägers geht insoweit ins Leere. Hinsichtlich des hilfsweise geltend gemachten Fortsetzungsfeststellungsbegehrens erscheint das Vorliegen des erforderlichen Feststellungsinteresses zweifelhaft. Denn der Kläger hat eine konkrete Wiederholungsgefahr nicht substantiiert dargetan. Insoweit reicht es nicht aus, dass allgemein wegen der vom Beklagten vertretenen Rechtsauffassung eine Wiederholung droht; die Wiederholungsgefahr muss konkret für den Kläger schlüssig dargetan werden (vgl. zur Wiederholungsgefahr im Fall eines in Verfahren nach dem SGB IX tätig werdenden Steuerberaters BSG Urteil vom 14.11.2013 – B 9 SB 5/12 R).
Schließlich ist es rechtlich nach summarischer Prüfung auch zu Überzeugung des Senats nicht zu beanstanden, dass der Beklagte den Kläger als (erklärten) Beistand nach § 13 Abs. 4 SGB X aufforderte sich auszuweisen. Die Behörde kann von einem Beistand jederzeit Namen und Personalien sowie die Vorlage eines Ausweises verlangen (Pitz in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 13 SGB X (Stand: 09.08.2021), Rn. 21). Auch zur Überzeugung des Senats ergibt sich eine Ausweispflicht eines Beistandes insbesondere auch aus der gesetzlichen Systematik des § 13 SGB X (SG Stuttgart Beschluss vom 28.11.2014 – S 4 AS 6236/14 ER), da die den Behörden obliegende Prüfung der Zurückweisung eines Beistandes nach § 13 Abs. 5 und 6 SGB X ansonsten nicht möglich wäre. Die Prüfung insbesondere der Eignung des Beistandes liegt im ureigenen Interesse des Verfahrensbeteiligten. Darüber hinaus streitet auch das Hausrecht der Behörde (bzw. des Behördenleiters) für eine entsprechende Berechtigung (vgl. SG Stuttgart a.a.O.).
Wie wenig sachdienlich ein „Inkognito-Beistand“ ist, hat der Kläger selbst unausgesprochen eingeräumt, denn sein als namensloser Beistand eingelegter Widerspruch vom 04.09.2018 konnte erst beschieden werden, nachdem er über seinen Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 25.10.2018 seine Identität offenbarte. Soweit der Kläger sinngemäß vorträgt, dass im Falle einer formellen Zurückweisung er sich immer noch hätte ausweisen können, ist dies nicht ausreichend, weil die Behörde vor der Entscheidung über die formelle Zurückweisung wissen muss, ob in der Person des potentiellen Beistands Gründe liegen, die einer Beistandschaft entgegenstehen.
Eine unverhältnismäßige Grundrechtseinschränkung kann der Senat nicht erkennen, weil es nicht um eine „Vorratsdatenspeicherung“ geht, wie der Kläger meint, sondern um eine einfache Identitätsfeststellung ohne Speicherung oder Verarbeitung personenbezogener Daten. Deswegen liegen auch die Ausführungen des Klägers zur Datenschutzgrundverordnung und zum Sozialdatenschutz neben der Sache.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).