1. Ablehnungsgesuche dienen offensichtlich allein der Verfahrensverzögerung, wenn sie ersichtlich nur der Erreichung einer Terminsaufhebung der zeitlich unmittelbar bevorstehenden mündlichen Verhandlung dienen.
2. Für die Bestimmung des Beschwerdewerts i.S.v. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ist auf das begehrte Bruttokrankengeld abzustellen.
3. Der Bezug einer Teilrente (§ 42 Abs. 1 SGB VI) vor der Entstehung einer Arbeitsunfähigkeit steht einem ungekürzten Krankengeldanspruch nicht entgegen.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 23. Juni 2020 abgeändert. Die Beklagte wird weiter verurteilt, dem Kläger auch für die Zeiträume vom 17. Oktober 2017 bis zum 6. Dezember 2017 sowie vom 18. Dezember 2017 bis 2. April 2018 Krankengeld zu gewähren.
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Krankengeld über den 25. September 2017 hinaus streitig.
Der 1947 geborene Kläger, der seit 1. April 2017 freiwilliges Mitglied der Beklagten ist, bezog aufgrund seines am 3. August 2012 beim Rentenversicherungsträger (Deutsche Rentenversicherung <DRV> Bund) gestellten Antrags seit dem 1. November 2012 eine Regelaltersrente, die als Teilrente in Höhe von 2/3 der Vollrente gewährt wurde (Rentenbescheide der DRV Bund vom 29. August 2014 - nachdem ursprünglich mit Bescheid vom 15. Juli 2014 fehlerhaft eine Regelaltersrente in voller Höhe bewilligt wurde -, vom 21. Oktober 2016 und 23. August 2017). Den Bezug einer Altersteilrente gab der Kläger bei seinem Aufnahmeantrag vom 31. März 2017 gegenüber der Beklagten an und verwies hierbei auf einen (nicht in der von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte befindlichen) beigefügten Rentenbescheid. Seinen Antrag vom 9. April 2018, ab April 2018 als Rentner in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) versichert zu werden, lehnte die Beklagte wegen der nichterfüllten Vorversicherungszeit ab (Bescheid vom 12. April 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juni 2018). Sowohl die Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG; Az.: S 8 KR 1502/18) als auch die Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg (Senatsurteil vom 20. Juli 2020 - L 4 KR 1755/19) blieben erfolglos.
Bereits am 18. November 2016 nahm der Kläger eine versicherungspflichtige Beschäftigung als kaufmännischer Leiter sowie als Marketingmanager bei der „B. B. und S. UG“ (im Folgenden: BBS) auf, nachdem er am 3. November 2016 mit der BBS, vertreten durch die Geschäftsführerin R., einen Anstellungsvertrag geschlossen hatte. Zu seinen Aufgaben zählten das Erstellen von Vertriebskonzepten und Finanz- sowie Wirtschaftlichkeitsprognosen für die Einführung neuer Beratungsprogramme für Hilfsprojekte weltweit. Einbezogen sei die vollständige Absolvierung von Seminarprogrammen, die von der deutschen Entwicklungshilfe durch seine Tochtergesellschaften durchgeführt würden. Des Weiteren werde die Erbringung von Dienstleistungen, die direkt und indirekt in die Bereiche Unternehmensberatung einschließlich eigenverantwortlicher Projektleitung und Betreuung gehörten, erwünscht. Einbezogen sei dabei auch die mögliche Auftragsvermittlung. Das Gehalt betrage pro Monat 1.500 €. Zusätzlich erfolge eine Erfolgsprovision von 50 % der abgeschlossenen Aufträge. Den Gehaltsabrechnungen würden 80 Monatsstunden zu Grunde gelegt, unabhängig von den tatsächlichen Arbeitstagen des jeweiligen Monats. Der Jahresurlaubsanspruch betrage 30 Arbeitstage und es werde ein Diensthandy sowie ein Dienstfahrzeug (auch zur privaten Nutzung) zur Verfügung gestellt; bezüglich der weiteren Einzelheiten des Anstellungsvertrags vom 3. November 2016 wird auf Bl. 37/38 der LSG-Akte Bezug genommen. Die Beschäftigung begann am 18. November 2016. Der Kläger bezog sodann ein variierendes Gesamtnettogehalt zwischen monatlich 1.212,37 € und 5.742,36 €, das in bar ausgezahlt wurde; auf die Entgeltabrechnungen von November 2016 bis März 2018 wird Bezug genommen (Bl. 129 bis 145 der SG-Akte). Am 8. März 2018 kündigte die BBS das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise ordentlich. In dem sich daran anschließenden arbeitsgerichtlichen Verfahren beim Arbeitsgericht V (vormaliges Az.: 8 Ca 1…/18; nach Verbindung zu einer Auskunftsklage: 8 Ca 1…/18) wurde die Kündigungsschutzklage abgewiesen und der Kläger verurteilt, u.a. Auskunft über die Geschäftsvorgänge für die Zeit vom 18. November 2016 bis 9. April 2018 zu geben (Versäumnisurteil vom 9. April 2018). Nach Einspruch des Klägers - allein bezogen auf seine Verurteilung zur Auskunftspflicht - stellte das Arbeitsgericht V mit Teilurteil vom 13. Juni 2018 fest, dass das Versäumnisurteil vom 9. April 2018 aufrechterhalten bleibe und das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zum 8. März 2018 geendet habe.
Seit dem 10. April 2017 war der Kläger wegen einer Gonarthrose arbeitsunfähig erkrankt (Folgearbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Allgemeinmediziners M vom 28. April und 22. Mai 2017 <ICD-10: M17.9>; Erstbescheinigung des Facharztes für Orthopädie A vom 31. Mai 2017 <ICD-10: M17.1>) und erhielt bis 21. Mai 2017 Lohnfortzahlung. Am 1. Juni 2017 wurde dem Kläger im Diakonie-Klinikum St. im rechten Kniegelenk eine Oberflächenersatzprothese implantiert (Entlassungsbericht des A vom 2. Juni 2017). In der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakte befinden sich Folgebescheinigungen des Allgemeinmediziners M vom 25. September 2017 (voraussichtlich arbeitsunfähig bis 4. Oktober 2017; ICD-10: M 54.5 = Kreuzschmerz), vom 5. Oktober 2017 (voraussichtlich arbeitsunfähig bis 16. Oktober 2017) und vom 7. Dezember 2017 (Endbescheinigung; voraussichtlich arbeitsunfähig bis 17. Dezember 2017).
Mit Schreiben vom 11. August 2017 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie aufgrund seiner seit dem 10. April 2017 bestehenden Arbeitsunfähigkeit ab dem 31. Mai 2017 ein tägliches Brutto-Krankengeld i.H.v. 101,50 € zahle. Diesem Brutto-Krankengeld liege ein Regelentgelt i.H.v. 225,67 € zugrunde, dass auf das Höchstregelentgelt (2017 = 145 €) begrenzt werde. Da Beiträge zur gesetzlichen Renten-, Arbeitslosen- und/oder Pflegeversicherung einbehalten werden müssten, stünde dem Kläger 90,72 € Netto-Krankengeld zur Verfügung. Es handele sich nicht um einen Dauerverwaltungsakt mit einer unbefristeten Wirkungsdauer. Das Krankengeld werde kalendertäglich bei 30 Zahltagen pro Monat gezahlt. Mit weiteren Schreiben vom 11. August 2017 erläuterte die Beklagte die Berechnung des Regelentgelts. Am 20. September 2017 bescheinigte Allgemeinmediziner M (im Rahmen einer Erstbescheinigung) voraussichtliche Arbeitsunfähigkeit bis zum 25. September 2017 (ICD-10: M54.5 = Kreuzschmerz).
Die Beklagte zahlte in der Folgezeit an den Kläger Krankengeld vom 22. Mai 2017 bis 25. September 2017 in Höhe von insgesamt 11.340,00 € (125 Zahltage zu 101,50 € brutto bzw. 90,72 € netto; insgesamt 15.668,75 € abzüglich Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von täglich 22,18 € und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von täglich 1,67 €; vgl. Bescheinigung der Beklagten vom 20. Juli 2020 gegenüber dem Polizeipräsidium K.; Bl. 76 der LSG-Akte).
Mit Bescheid vom 10. Oktober 2017 teilte die Beklagte dem Kläger mit, er erhalte seit dem 1. November 2012 eine Vollrente wegen Alters. Deswegen ende sein Krankengeldanspruch am 31. Oktober 2012. Die letzte Krankengeldzahlung habe man bis einschließlich zum 20. September 2017 geleistet. Da sich die Anspruchszeiträume für das Krankengeld und die Rente vor dem Zeitpunkt des Wegfalls des Krankengeldes überschnitten, verrechne man die Zahlungen. Er erhalte deshalb eine um das Krankengeld verringerte Rentennachzahlung.
Hiergegen erhob der Kläger am 23. Oktober 2017 Widerspruch, nachdem er zuvor der Beklagten den Rentenbescheid der DRV Bund vom 29. August 2014 übermittelt hatte. Zur Begründung führte er aus, es treffe nicht zu, dass er seit dem 1. November 2012 eine Vollrente beziehe. Er habe von Beginn an (1. November 2012) nur eine Teilrente von 2/3 beantragt. Zwar habe die DRV Bund zunächst fälschlicherweise einen Bescheid über eine Vollrente ausgestellt. Dies könne ihm nicht angelastet werden, da dieser fehlerhafte Bescheid von der DRV Bund aufgehoben worden sei. Mit Schreiben vom 27. November 2017 teilte die Beklagte dem Kläger mit, zwar beziehe er nur eine 2/3-Rente. Er habe jedoch Anspruch auf eine Vollrente wegen Alters. Da er neben einer Regelaltersrente unbegrenzt hinzuverdienen könne, müsse unterstellt werden, dass er durch einen Verzicht auf einen Teil der Altersrente ausschließlich einen Anspruch auf Krankengeld habe erwirken wollen. Insofern liege ein unwirksamer Verzicht nach § 46 Abs. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) vor. Für die Beurteilung der Krankengeldansprüche müsse man den Bezug einer Vollrente fiktiv unterstellen mit der Rechtsfolge, dass auch ein Teilrentenbezug der Zahlung von Krankengeld entgegenstehe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Januar 2018 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, es sei nicht nachvollziehbar, warum der Kläger eine Rente als 2/3-Zahlung wünsche, anstatt der Zahlung eine Vollrente. Beim Bezug einer Regelaltersrente existierten keine Hinzuverdienstgrenzen. Es liege ein Tatbestand nach § 46 Abs. 1 SGB I vor, wonach der Kläger auf ihm zustehende Leistungen ausdrücklich verzichtet habe.
Hiergegen richtet sich die am 23. Januar 2018 beim SG erhobene Klage, mit der der Kläger sein bisheriges Vorbringen wiederholte und darauf hinwies, dass er nicht auf Sozialleistungen im Sinne von § 46 SGB I verzichtet habe. Er habe eine Teilrente bezogen, um aufgrund einer weiteren Tätigkeit Beiträge entrichten zu können und hierdurch seine Rente zu erhöhen. Dies sei eine vom Gesetzgeber vorgesehene Gestaltungsmöglichkeit. Der Bescheid vom 10. Oktober 2017 sei auch nicht hinreichend bestimmt, da nicht mitgeteilt werde, mit welcher Rentennachzahlung das Krankengeld verrechnet werde.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und wies darauf hin, dass dem Kläger mit Bescheid vom 15. Juli 2014 eine Regelaltersrente als Vollrente rückwirkend ab dem 1. November 2012 bewilligt worden sei. Aus nicht nachvollziehbaren Gründe habe der Kläger aber gewünscht, anstelle der Altersrente lediglich eine Teilrente zu erhalten. Etwaige Hinzuverdienstgrenzen beim Bezug der Regelaltersrente würden nicht greifen. Der erfolgte Wechsel von der Vollrente in eine Teilrente wegen Alters stelle keinen neuen Rentenantrag dar, weil sich dieser Wechsel innerhalb desselben Rentenart vollziehe. Obwohl dem Kläger die Regelaltersrente in voller Höhe zugestanden habe, habe dieser bewusst auf einen finanziellen Teil der Rentenleistung verzichtet. Dieser Verzicht sei nach § 46 Abs. 2 SGB I unwirksam, da der Kläger auf eine ihm zustehende Rentenleistung verzichtet habe, um dadurch einen vermeintlichen Anspruch auf Krankengeld zu erhalten, um höheres Krankengeld zu beziehen.
Im Oktober 2018 erstattete die Geschäftsführerin der BBS Strafanzeige wegen Betrugs bei der Staatsanwaltschaft K (Az.: 33 Js 26…/18; vgl. Bl. 84 bis 89 der SG-Akte). Es wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Unterschlagung und Betrugs zulasten der Beklagten eingeleitet. Der Kläger wurde beschuldigt, als kaufmännischer Leiter der BBS falsche Gehaltsabrechnungen von einer Buchhalterin erstellt haben zu lassen, um bei der Beklagten eine höhere Krankenversicherung abschließen zu können, sodass er Krankengeld i.H.v. 4.111,71 € zu Unrecht erhalten habe. Er wurde weiter beschuldigt, Geschäftsunterlagen veruntreut zu haben. Während des Ermittlungsverfahrens wurde unter anderem die frühere Buchhalterin der BBS, Frau Sch.-E., als Zeugin und die Geschäftsführerin R als Geschädigte vernommen; auf die jeweiligen Protokolle wird Bezug genommen (Bl. 98/99 und Bl. 106 bis 108 der SG-Akte). Mit Verfügung vom 29. Juli 2020 stellte die Staatsanwaltschaft K das Ermittlungsverfahren gemäß § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) ein. Für die Erhebung einer öffentlichen Klage bestehe kein Raum, da nicht sicher habe eruiert werden können, ob der Kläger zu Unrecht Krankengeld bezogen und Geschäftsunterlagen veruntreut habe.
Nach Durchführung einer ad-hoc-Betriebsprüfung bei der BBS (geprüfter Zeitraum: 1. November bis 31. Dezember 2016) hob die DRV Bund im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SG X) mit Bescheid vom 31. Januar 2019 den ursprünglich (mangels Mitwirkung) erlassenen Schätzbescheid vom 14. Februar 2018 vollumfänglich mit Wirkung ab dem 14. Februar 2018 auf. Nach einer nochmaligen Außenprüfung seien die beim Steuerberater vorliegenden Lohn- und Geschäftsunterlagen entgegengenommen worden. Man habe auch den sozialversicherungsrechtlichen Status des Klägers geprüft. Die Überprüfung habe ergeben, dass die Beitragsnachweise anhand der ausgestellten Lohnunterlagen korrekt erstellt und an die Einzugsstellen übermittelt worden seien. Die zuvor vorgenommene Schätzung könne daher aufgelöst werden. Die Nachberechnungsanlagen seien gelöscht worden.
Mit Urteil vom 23. Juni „2018“ (durch Beschluss des SG vom 6. August 2020 berichtigt in „2020“) hob das SG den Bescheid der Beklagten vom 10. Juni 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Januar 2018 auf und verurteilte die Beklagte, dem Kläger über den 25. September 2017 hinaus bis einschließlich zum 16. Oktober 2017 und vom 7. bis 17. Dezember 2017 Krankengeld im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren. Im Übrigen wies es die Klage ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, soweit im Bescheid vom 10. Oktober 2017 zusätzlich auf eine Verrechnung Bezug genommen werde, stelle dies bloß eine Ankündigung einer Verrechnung mit Rentennachzahlungen dar und beschwere den Kläger aktuell nicht. Die Beklagte sei nicht die zuständige Rentenversicherung des Klägers, sondern die DRV Bund. Die Voraussetzungen eines Krankengeldanspruchs lägen in den titulierten Zeiträumen vor. Der Kläger sei in dieser Zeit arbeitsunfähig erkrankt und es seien rechtzeitig Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für diese Zeiträume vorgelegt worden. Es habe auch ein Versicherungsverhältnis mit Krankengeldanspruch über die Beschäftigung bei der BBS bestanden. Der Kläger habe einen schriftlichen Anstellungsvertrag vom 3. November 2016 mit seiner Arbeitgeberin geschlossen, der erst im März 2018 gekündigt worden sei. Auch seien Arbeitsentgeltleistungen an ihn verbucht worden. Anhaltspunkte dafür, dass das Arbeitsverhältnis nur zum Schein abgeschlossen worden sei, seien nicht ersichtlich. Es könne dahinstehen, ob der Kläger zulasten seiner Arbeitgeberin wegen etwaiger fehlender Provisionen zu hohe Arbeitsentgeltleistungen an sich veranlasst habe, da vorliegend nicht über die Höhe des Krankengeldes zu befinden sei, sondern lediglich Krankengeldzahlungen dem Grunde nach streitig seien. In den Zeiträumen vom 17. Oktober bis 6. Dezember 2017 und ab 18. Dezember 2017 bestehe hingegen kein Krankengeldanspruch. Der Kläger habe trotz gerichtlichen Hinweises bis zuletzt keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für diese Zeiträume vorgelegt. Der Bezug der Teilrente wegen Alters stehe seinem Krankengeldanspruch nicht entgegen. Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) ende ein Anspruch auf Krankengeld für Versicherte, die eine Vollrente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen. Bei dem Bezug der Teilrente wegen Alters werde hingegen das Krankengeld allenfalls um den Zahlbetrag der Rente gekürzt und zwar nur dann, wenn die Rentenleistung von einem Zeitpunkt nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der stationären Behandlung an zuerkannt werde. Machten Versicherte von der Möglichkeit des § 42 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Gebrauch, könne der Teilrentenbezug nicht mit einem das Krankengeld verdrängenden vollen Erwerbsersatzeinkommen gleichgesetzt werden. Diese Renten unterfielen mit ihrem Zahlbetrag allein der Kürzungsvorschrift des § 50 Abs. 2 Nr. 2 SGB V. Darüber hinaus sei in dem Teilrentenantrag auch kein (unwirksamer) Verzicht auf eine Vollrente zu sehen. Vorliegend sei keine Unwirksamkeit nach § 46 Abs. 2 SGB I in entsprechender Anwendung zu erkennen. Die Beklagte sei nicht stärker als gesetzlich vorgesehen belastet. § 50 Abs. 2 Nr. 2 SGB V sehe ausdrücklich eine Regelung für einen Teilrentenbezug mit gleichzeitigem Krankengeldbezug vor, so dass auch nicht von einer Umgehung von Rechtsvorschriften ausgegangen werden könne. Vielmehr liege eine zulässige und vom Gesetzgeber vorgesehene Gestaltungsmöglichkeit vor. Mit einer Teilrente sei unter anderem auch ein Anreiz zur Teilzeittätigkeit verbunden. Dass mit einer solchen wünschenswerten Tätigkeit neben einer zulässigen Teilrente gegebenenfalls auch weitere Sozialleistungen (hier: Krankengeld) beansprucht werden könnten, passe in die Systematik der gesetzlichen Regelungen und sei vom Gesetzgeber hinreichend in § 50 SGB V berücksichtigt worden. Die Belastung einer Krankenkasse mit Krankengeldleistungen bei Teilrentenbeziehern sei somit durchaus gesetzlich vorgesehen. Einer missbräuchlichen Umgehung von Rechtsvorschriften durch den Teilrentenbezug stehe vorliegend auch der zeitliche Ablauf entgegen. Der Kläger habe bereits Jahre vor der ab 10. April 2017 streitgegenständlichen, krankengeldbegründenden Arbeitsunfähigkeit die Teilrente beantragt, nämlich am 3. August 2012. Das Urteil wurde dem früheren Prozessbevollmächtigten des Klägers am 28. Juli 2020 und der Beklagten am 29. Juli 2020 zugestellt.
Der Kläger hat hiergegen am 5. August 2020 und die Beklagte am 19. August 2020 Berufung beim LSG Baden-Württemberg eingelegt, wobei die Beklagte am 5. Oktober 2020 zudem Widerklage auf Zahlung von zu Unrecht erhaltenem Krankengeld i.H.v. 10.688 € erhoben hat. Die Widerklage hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung am 28. Januar 2022 zurückgenommen (Protokoll vom 28. Januar 2022).
Der Kläger trägt vor, das Ganze sei erst mit dem Wechsel der Zuständigkeit nach S problematisch geworden. Die Beklagte behaupte zu Unrecht, er habe auf Rente verzichtet und einen Betrug begangen. Soweit in der Verwaltungsakte der Beklagten keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für den Zeitraum vom 17. Oktober bis 6. Dezember 2017 vorhanden seien, bedeute dies nicht, dass solche Bescheinigungen nicht an die Beklagte versandt worden seien. Es sei eine Masche der Beklagten, Briefumschläge zu vernichten und im Nachhinein zu behaupten, die Arbeitsunfähigkeitsmeldung sei verspätet eingegangen. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 18. Dezember 2017 sei als Anhang einer Mail per PDF an die Beklagte versandt worden. Die Deutsche Post AG habe in ihrer Mail vom 27. Dezember 2017 bestätigt, dass die Sendung mit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ab dem 18. Dezember 2017 am 21. Dezember 2017 ausgeliefert worden sei. Dies bedeute, dass die Beklagte diese auch entgegengenommen habe. Zudem sei die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung an den „AU-Service-S.“ am 24. Dezember 2017 per Mail geschickt worden. Aufgrund der „drohgebärdengleich getätigten Ausführungen des Sachbearbeiters“ seien dann sämtliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen mit Einwurf-Einschreiben übersandt worden. Wenn sich diese Bescheinigung nicht in der Akte der Beklagten befinde, sei sie dort vernichtet worden. Es könne nicht die Mail oder der Postweg so mangelhaft strukturiert sein, dass beides nicht ankomme. Zur weiteren Begründung hat der Kläger das Schreiben vom 12. November 2017 an das „Fachteam Arbeitsunfähigkeit S.“ (in dem er nochmals darauf hinwies, dass er ab dem 1. November 2012 lediglich eine Teilrente erhalte und weiterhin Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen fristgerecht übermitteln werde), die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Allgemeinmediziners M vom 20. September 2017 (Erstbescheinigung; ICD-10: M 54.5; voraussichtlich arbeitsunfähig bis 25. September 2017 nebst Einlieferungsbeleg der Deutschen Post AG vom 23. September 2017), vom 25. September 2017 (voraussichtlich arbeitsunfähig bis 4. Oktober 2017 nebst Einlieferungsbeleg der Deutschen Post AG 27. September 2017), vom 5. Oktober 2017 (voraussichtlich arbeitsunfähig bis 16. Oktober 2017 nebst Einlieferungsbeleg der Deutschen Post AG vom 6. Oktober 2017), vom 16. Oktober 2017 (voraussichtlich arbeitsunfähig bis 23. Oktober 2017 nebst Einlieferungsbeleg der Deutschen Post AG vom 17. Oktober 2017 mit handschriftlichem Vermerk: „ML - AU 7 23.10.17“), vom 23. Oktober 2017 (voraussichtlich arbeitsunfähig bis 7. November 2017 nebst Einlieferungsbeleg der Deutschen Post AG vom 23. Oktober 2017 mit handschriftlichem Vermerk: „AU 23.10.17“), vom 8. November 2017 (voraussichtlich arbeitsunfähig bis 15. November 2017 nebst Einlieferungsbeleg der Deutschen Post AG vom 10. November 2017 mit handschriftlichem Vermerk: „AU bis 15.11.17 ML“), vom 16. November 2017 (voraussichtlich arbeitsunfähig bis 22. November 2017 nebst Einlieferungsbeleg der Deutschen Post AG vom 20. November 2017), vom 22. November 2017 (voraussichtlich arbeitsunfähig bis 29. November 2017 nebst Einlieferungsbeleg der Deutschen Post AG vom 27. November 2017), vom 29. November 2017 (voraussichtlich arbeitsunfähig bis 6. Dezember 2017 nebst Einlieferungsbeleg der Deutschen Post AG vom 2. Dezember 2017 und handschriftlichem Vermerk: „AU bis 6.12.“), vom 7. Dezember 2017 (Endbescheinigung; arbeitsunfähig bis voraussichtlich 17. Dezember 2017 nebst Einlieferungsbeleg der Deutschen Post AG vom 11. Dezember 2017 und handschriftlichem Vermerk: „AU 17.12.18“), vom 18. Dezember 2017 (Erstbescheinigung; ICD-10: G 50.0 [Trigeminusneuralgie]; zweifach vom Kläger vorgelegt, einmal arbeitsunfähig bis voraussichtlich 3. Januar 2018 mit handschriftlichem Vermerk: „[unleserlich] 19.12.17 au Knappschaft EINSCHREIBEN“ nebst Einlieferungsbeleg der Deutschen Post AG vom 20. Dezember „2018“; einmal arbeitsunfähig bis voraussichtlich 3. Januar 2018 mit handschriftlichem Vermerk: „AU-ML 18.12.17“ nebst Einlieferungsbeleg der Deutschen Post AG vom 19. Dezember 2017 mit der Sendungsnummer RR 4927 4302 5DE), vom 3. Januar 2018 (arbeitsunfähig bis voraussichtlich 12. Januar 2018; nebst Einlieferungsbeleg der Deutschen Post AG vom 4. Januar 2018 mit handschriftlichem Vermerk: „AU BIS 12.01.18“), vom 12. Januar 2018 (arbeitsunfähig bis voraussichtlich 12. Februar 2018; nebst Einlieferungsbeleg der Deutschen Post AG vom 13. Januar 2018 mit handschriftlichem Vermerk: „AU bis 12.02.18“), vom 12. Februar 2018 (voraussichtlich arbeitsunfähig bis 2. März 2018; nebst Einlieferungsbeleg der Deutschen Post AG vom 16. Februar 2018 mit handschriftlichem Vermerk: „AU BIS 2.03.18“), vom 2. März 2018 (arbeitsunfähig bis voraussichtlich 16. März 2018; nebst Einlieferungsbeleg der Deutschen Post AG vom 5. März 2018 und handschriftlichem Vermerk: „AU 16.03.18“), vom 15. März 2018 (zwei Bescheinigungen vom selben Tag, einmal als Endbescheinigung - letzter Tag der Arbeitsunfähigkeit 2. April 2018, einmal arbeitsunfähig bis 3. April 2018), vom 3. April 2018 (Endbescheinigung; arbeitsunfähig seit 18. Dezember 2017, letzter Tag der Arbeitsunfähigkeit 2. April 2018; nebst Einlieferungsbeleg der Deutschen Post AG vom 4. April 2018), den Einlieferungsbeleg der Deutschen Post AG vom 19. März 2018 (nebst handschriftlichem Vermerk: „AU BIS 02.04.18 Ende AU“), die E-Mail der Deutschen Post AG vom 27. Dezember 2017 wonach das Einschreiben mit der Sendungsnummer „RR492743025DE“ am 21. Dezember 2017 ausgeliefert worden sei, die Mail der Ehefrau des Klägers vom 24. Dezember 2017 an den „au-service-s.“, wonach die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 18. Dezember 2017 in der Anlage nochmals übersandt werde, nachdem eine Abfrage bei der Deutschen Post AG ergeben habe, dass sich der am 19. Dezember 2017 aufgegebene Brief noch in der Zustellungsphase sei, das Schreiben der Staatsanwaltschaft K vom 30. Juli 2020, wonach mit Verfügung vom 29. Juli 2020 das Ermittlungsverfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden sei, vorgelegt.
Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 23. Juni 2018 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Krankengeld auch für die Zeiträume vom 17. Oktober 2017 bis zum 6. Dezember 2017 sowie vom 18. Dezember 2017 bis 2. April 2018 zu gewähren und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 23. Juni 2020 aufzuheben und die Klage abzuweisen und die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Zur Begründung trägt sie vor, der Kläger erhalte von der DRV Bund Regelaltersrente. Eine Hinzuverdienstgrenze sei für diese Rentenleistung nicht mehr vorgesehen. Gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ende das Krankengeld mit Bezug einer solchen Leistung als Vollrente. Der Kläger habe dagegen vom frühestmöglichen Zeitpunkt gem. § 235 Abs. 2 SGB VI (1. November 2012) die Regelaltersrente nicht als Vollrente (618,93 €), sondern als unübliche, aber gem. § 42 Abs. 1 SGB VI zulässige 2/3 Teilrente (412,62 €) von der DRV Bund beansprucht. Dies mache eigentlich keinen Sinn, und es sei fraglich, ob dies vom Gesetzgeber auch so beabsichtigt gewesen sei, da mit Erreichen der Regelaltersgrenze keine Hinzuverdienstgrenzen mehr gälten (§ 34 Abs. 2 SGB VI). Seit 1. Januar 2019 beziehe der Kläger wieder Vollrente von der DRV Bund (752,08 €). Im vorliegendem Falle müsse davon ausgegangen werden, dass der Kläger diese rechtlich zulässige Fallgestaltung explizit für sich zu Nutze gemacht habe, und zwar in der Absicht, die Krankenkasse für ein „fingiertes“ Arbeitsverhältnis und vorbestehender Erkrankungen (Rückenschmerzen, Gonarthrose) so lange wie irgend möglich krankengeldpflichtig zu machen. Nach Einsicht in die Akten der Staatsanwaltschaft K, welche gegen den Kläger wegen Betruges ermittelt habe, könne dieser Schluss als gesichert gezogen werden. Der Kläger habe sich während der Dauer des Arbeitsverhältnisses vom 18. November 2016 bis 8. März 2018 opulente Provisionen gewährt, ohne jemals buchhalterisch entsprechende Einnahmen aus betrieblicher Tätigkeit vorweisen zu können. Zudem habe er noch seine Ehefrau eingestellt und dieser Gehalt gewährt. Aufgrund der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gehe sie davon aus, dass die Gewährung von Krankengeld auf eine strafbare Handlung zurückzuführen sei. Die Auswertung der Ermittlungsakten ließen den Schluss zu, dass der Kläger ein Arbeitsverhältnis unter Vorgabe falscher Einkünfte in unrichtiger Höhe fingiert habe, um Krankengeldleistungen für sich und seine Ehefrau zu erhalten. Der massiv kranke Kläger sei zu keiner Erwerbstätigkeit von wirtschaftlichem Wert mehr fähig gewesen, da er bei Begründung des Arbeitsverhältnisses bereits 69 Jahre alt und erheblich vorerkrankt (Vorhofflimmern, Herzinsuffizienz, Synkopen, Kniegelenksarthrose, Schlaganfall und persistierende Rückenschmerzen) gewesen sei. Zwar müsse sie (die Beklagte) den geschlossenen Arbeitsvertrag als solchen akzeptieren, da letztlich die Geschädigte, Frau R., dem Kläger gegenüber zur Entgeltzahlung verpflichtet gewesen sei. Hingegen sei sie aber nicht verpflichtet gewesen, dem Kläger Provisionen zu zahlen, für die es arbeitsvertraglich keine Rechtsgrundlage, nämlich Einnahmen, gegeben habe. Ebenso wenig müsse sie dem Kläger Krankengeld aufgrund falscher Angaben gewähren, welche dieser als kaufmännischer Leiter in unrechtmäßiger Höhe der Knappschaft gegenüber selbst gemeldet habe. Für die ab 10. April 2017 vorgelegene Arbeitsunfähigkeit habe der Kläger seine (Brutto-)Einkünfte mit 6.770,00 € (Netto 4.538,92 €) beziffert. Somit habe er neben seinem Grundgehalt von 1.500,00 € Provisionen i.H.v. 5.270 € zusätzlich abgerechnet. Arbeitsvertraglich müssten hierfür aus Geschäftstätigkeit (keine Privattransfers) mindestens 10.540 € an Einnahmen gegenüberstehen. Entsprechende Einnahmen müssten daher im letzten Entgeltabrechnungszeitraum vor der Arbeitsunfähigkeit, also im März 2017 vorgelegen haben. Die in den staatsanwaltschaftlichen Akten befindlichen Geschäftsunterlagen (Buchungen) belegten keinerlei Ertrag in diesem Zeitraum. Die sich häufig findenden Bareinzahlungen und Barauszahlungen seien vom Kläger getätigt worden und resultierten daher aus keiner Geschäftstätigkeit. Offensichtlich sollten diese der Betriebsinhaberin weitestgehend ausgeglichene Firmenkonten vorspiegeln, um zunächst von der Firmeninhaberin „unbehelligt“ zu bleiben. Da sie (die Beklagte) daher von unwahren Angaben bezüglich des arbeitsvertraglich geschuldeten Entgelts ausgehen müsse, liege ein erheblicher Schaden in der bereits gezahlten Höhe von Krankengeld i.H. von „15.668,75 € (10.04.17 – 25.09.17)“ an den Kläger vor. Nachgewiesen seien Arbeitsunfähigkeitszeiträume vom 26. September 2017 bis 2. April 2018 (= 187 Kalendertage). Dem Kläger stehe lediglich eine Netto-Krankengeld i.H.v. 30,89 € täglich zu (auf die Berechnung der Beklagten und ihre Ausführungen wird Bezug genommen; Bl. 187 bis190 der Senatsakte). Der hiernach noch bestehende Krankengeldanspruch berechne sich somit vom 26. September 2017 bis 2. April 2018 mit 187 Kalendertagen, was insgesamt einen Krankengeldanspruch i.H.v. 5.776,43 € ergebe. In Anwendung einer „korrekten Bemessungsgrundlage“ seien vom 22. Mai bis 25. September 2017 125 Kalendertage zu 30,89 € (= 3.861,25 €) zuzüglich 5.776,43 €, d.h. insgesamt 9.637,68 € zu zahlen. An den Kläger seien bereits 10.523,52 € (netto) gezahlt worden, so dass eine Überzahlung an Krankengeld i.H.v. 885,84 € eingetreten sei. Der Kläger könne daher aus weiteren Arbeitsunfähigkeitszeiträumen keinen weiteren Zahlungsanspruch mehr begründen, da dieser bereits mehr als ihm rechtlich zustehendes Krankengeld erhalten habe.
Der Senat hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts die Rentenakten des Klägers bei der DRV Bund (Bände I bis IV), die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft K (Az.: 33 Js 26…/18) sowie die arbeitsgerichtlichen Verfahrensakten des Arbeitsgerichts V (Az.: 8 Ca 1…/18) und des Landesarbeitsgerichts S (Az.: 11 Sa 6…/18) zum Verfahren beigezogen und Kopien zur Senatsakte genommen.
Mit Beschluss vom 9. Juni 2021 hat der Senat den früheren Prozessbevollmächtigten des Klägers, Herr M. E., gemäß § 73 Abs. 3 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückgewiesen, weil er nicht nach Maßgabe des § 73 Abs. 2 SGG vertretungsbefugt ist; auf den Inhalt des Beschlusses wird Bezug genommen.
Mit Telefax vom 27. Januar 2022 (ein Tag vor der mündlichen Verhandlung) hat der Kläger „Herrn Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht Dr. L., Herrn Richter am Landessozialgericht B. und Herrn Richter am Sozialgericht W.“ als befangen abgelehnt und im Wesentlichen ausgeführt, man habe ihm rechtswidrigerweise seinen Bevollmächtigten genommen. Der Ablauf des Verfahrens insgesamt lege ihm nahe, dass „das Landessozialgericht“ auch „insgesamt“ voreingenommen ist, „denn es konnte nachgewiesen werden und es wurde ausgeführt, dass entsprechende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen übersandt worden sind an die Beklagte.“ Es sei aufgrund des Ablaufs hier nicht davon auszugehen, dass „der Senat“ nicht gewillt sei, rechtliches Gehör zu gewähren und insoweit diesem entsprechenden Beweis und Sachvortrag zu folgen. Es gebe Rentenberater, „sehr viele sogar, die ohne Bezug zur Rente tätig“ sein dürften. Man versuche „mit einer beispiellosen Hetzjagd einen Berufsstand kaputtzumachen der offensichtlich sehr unbequem ist.“ Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 26. Januar 2022 Bezug genommen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte und auf die beigezogenen Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
1. Der Senat konnte abweichend von § 60 Abs. 1 SGG i.V.m. § 45 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) über die Berufung des Klägers in der aus dem Rubrum ersichtlichen Besetzung unter Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter und von Richtern entscheiden, die der Kläger für befangen hält, da das Ablehnungsgesuch des Klägers gegen den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht Dr. L. und den Richter am Landessozialgericht B. rechtsmissbräuchlich ist (vgl. hierzu Bundessozialgericht <BSG>, Beschluss vom 23. Mai 2018 – B 8 SO 1/18 BH – juris, Rn. 8 m.w.N.). Das Ablehnungsgesuch gegen Richter am Sozialgericht W. ist schon deshalb unzulässig, weil er seit dem 1. Oktober 2021 nicht mehr dem Senat angehört und es sich mithin um einen nicht zur Entscheidung berufenen Richter handelt (vgl. Flint, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, Stand: Dezember 2021, § 60 SGG Rn. 147).
In der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichtshöfe und des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ist anerkannt, dass rechtsmissbräuchliche oder gänzlich untaugliche Ablehnungsgesuche ausnahmsweise im vereinfachten Ablehnungsverfahren in der geschäftsplanmäßigen Besetzung des Gerichts unter Beteiligung der abgelehnten Richter behandelt werden können, wenn für die Verwerfung als unzulässig jedes Eingehen auf den Gegenstand des Verfahrens entbehrlich ist (BSG, Beschluss vom 7. September 2016 – B 10 SF 2/16 C – juris, Rn. 3 m.w.N.). Dies ist der Fall, wenn das Gericht einen offensichtlichen Missbrauch des Ablehnungsrechts für sachfremde Zwecke verhindern will oder lediglich eine bloße Formalentscheidung über ein offensichtlich unzulässiges Gesuch trifft, die keinerlei Beurteilung des eigenen Verhaltens durch die entscheidenden Richter und kein Eingehen auf den Verfahrensgegenstand erfordert (BSG, a.a.O.). Ablehnungsgesuche sind in diesem Sinne rechtsmissbräuchlich und deshalb unzulässig, wenn sie sich zwar - wie hier - gegen einen oder mehrere konkret bezeichnete Richter richten und auch einen nicht von vornherein ungeeigneten Ablehnungsgrund benennen, indes offensichtlich allein zur Verfahrensverzögerung oder offensichtlich allein zur Verhinderung der Entscheidung durch den oder die zuständigen Richter angebracht sind (Flint, a.a.O., Rn. 148). Ablehnungsgesuche dienen offensichtlich allein der Verfahrensverzögerung, wenn sie ersichtlich nur der Erreichung einer Terminsaufhebung der zeitlich unmittelbar bevorstehenden mündlichen Verhandlung dienen (Flint, a.a.O., Rn. 149). So liegt der Fall hier. Das Befangenheitsgesuch, das sich auf die am 9. Juni 2021 durch den Senat erfolgte Zurückweisung des früheren Prozessbevollmächtigten des Klägers stützt, ist ein Tag vor der mündlichen Verhandlung bei Gericht eingereicht worden. Die Rechtsmissbräuchlichkeit des Ablehnungsgesuchs wird bereits durch den zeitlichen Ablauf deutlich. Denn der Kläger hat das Ablehnungsgesuch mehr als ein halbes Jahr später auf den Zurückweisungsbeschluss des Senats gestützt, der ihm bereits am 12. Juni 2021 zugestellt wurde (vgl. Postzustellungsurkunde vom 12. Juni 2021, Bl. 214 der LSG-Akte). Das Ablehnungsgesuch ist vor diesem Hintergrund als rein prozesstaktisches Mittel und deswegen als rechtsmissbräuchlich zu werten (vgl. BSG, Beschluss vom 23. Mai 2018 – B 8 SO 1/18 BH – juris, Rn. 8).
Der Senat konnte verhandeln und entscheiden, obwohl der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist, da er mit der ordnungsgemäßen, ausweislich der Postzustellungsurkunde am 30. November 2021 zugestellten Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen wurde (§ 110 Abs. 1 Satz 2 SGG).
2. Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegten Berufungen des Klägers und der Beklagten sind zulässig. Sie bedurften insbesondere nicht der Zulassung. Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des LSG, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die - wie hier - eine Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 € nicht übersteigt. Das gilt nach Abs. 1 Satz 2 der Regelung nur dann nicht, wenn - was hier nicht der Fall ist - die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.
Der danach für die Zulässigkeit der Berufung maßgebende Wert des Beschwerdegegenstandes ist vorliegend sowohl in Bezug auf den Kläger als auch für die Beklagte erreicht. Für die Ermittlung dieses Werts und die Frage, ob die Berufung ohne Zulassung statthaft ist oder nicht, kommt es regelmäßig darauf an, was das SG dem Rechtsmittelkläger versagt hat und was von diesem mit seinen Berufungsanträgen weiterverfolgt wird (vgl. Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 4. Juli 2018 – B 3 KR 14/17 R – juris, Rn. 12 f. m.w.N.). Dies kann zur Folge haben, dass bei einem teilweisen Obsiegen die Berufung eines der Beteiligten zulässig ist, diejenige eines anderen dagegen zulassungsbedürftig. Bei einer - wie hier streitigen - Geldleistung ist der Wert des Beschwerdegegenstandes für das Berufungsverfahren nach dem Geldbetrag zu berechnen, um den unmittelbar gestritten wird. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist hier auf das Bruttokrankengeld abzustellen, das sich nach § 47 SGB V unmittelbar aus dem Gesetz ergibt (vgl. zur Maßgeblichkeit des Bruttobetrags LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19. März 2019 – L 11 KR 3841/18 – juris, Rn. 20, nachgehend BSG, Urteil vom 5. Dezember 2019 – B 3 KR 5/19 R – juris; Senatsurteil vom 23. April 2021 – L 4 KR 2668/20 – nicht veröffentlicht). Auch bei der Berufung eines Leistungsträgers ist insoweit regelmäßig allein vom Gegenstand seiner Verurteilung durch das SG auszugehen (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juli 2018 – B 3 KR 14/17 R – juris, Rn. 13 m.w.N.). Rechtliche oder wirtschaftliche Folgewirkungen sind demgegenüber nicht in die Ermittlung des Werts des Beschwerdegegenstandes einzubeziehen, selbst dann, wenn die angestrebte Änderung kraft bindender Vorschriften weitere Änderungen nach sich zieht. Es kommt vielmehr allein darauf an, über welche Forderung unmittelbar gestritten wird (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 – B 7 AL 104/03 R – juris, 12).
Die insoweit im zu entscheidenden Fall maßgebende Summe des Krankengelds, zu deren Zahlung an den Kläger das SG die Beklagte für den Zeitraum vom 26. September bis 16. Oktober 2017 (21 Tage) und vom 7. bis 17. Dezember 2017 (11 Tage) dem Grunde nach verurteilt hat, übersteigt deutlich mehr als 750 € (insgesamt 33 Tage à 101,50 € brutto [= ursprünglich von der Beklagten errechnetes Krankengeld] = 3.349,50 €; auch nach dem im Berufungsverfahren von der Beklagten errechneten Krankengeld in Höhe von 34,65 € brutto täglich [= 1.140,48 €] wird der Beschwerdewert erreicht). Auch die vom Kläger mit seiner Berufung weiteren geltend gemachten Zahlungszeiträume, für die er Krankengeld dem Grunde nach begehrt (vom 17. Oktober bis 6. Dezember 2017 [51 Tage] und vom 18. Dezember 2017 bis 2. April 2018 [106 Tage]), übersteigen deutlich den Beschwerdewert von 750 €.
3. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Urteil des SG und der von diesem aufgehobene Bescheid der Beklagten vom 10. Juni 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Januar 2018 (§ 95 SGG), durch den die Beklagte den vom Kläger verfolgten Anspruch auf Weiterzahlung von Krankengeld über den 25. September 2017 hinaus sinngemäß abgelehnt hat. Richtige Klageart ist die auf Aufhebung der Bescheide und Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Krankengeld gerichtete kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG), die als auf ein Grundurteil gerichtet keiner Bezifferung bedarf (§ 130 Abs. 1 Satz 1 SGG; ständige Rechtsprechung, vgl. nur BSG, Urteil vom 17. Juni 2021 – B 3 KR 2/19 R – juris, Rn. 8; Urteil vom 29. Oktober 2020 – B 3 KR 5/20 R – juris, Rn. 10; Urteil vom 20. April 1999 – B 1 KR 15/98 R – juris, Rn. 16). Dem entsprechend hat das SG gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG zutreffend ein Grundurteil erlassen und die Festlegung von Leistungshöhe einem weiteren Verwaltungsverfahren vorbehalten. Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen die teilweise Abweisung seiner Klage und begehrt allein Krankengeld dem Grunde nach auch für die Zeiträume vom 17. Oktober bis zum 6. Dezember 2017 und vom 18. Dezember 2017 bis 2. April 2018. Gegen die im Bescheid vom 10. Oktober 2017 angekündigte „um das Krankengeld verringerte Rentennachzahlung“ wendet er sich nicht. Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen ihre Verurteilung durch das SG zur Zahlung von Krankengeld vom 26. September bis 16. Oktober 2017 und vom 7. bis 17. Dezember 2017. Ihre Widerklage (§ 100 SGG) hat sie im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 28. Januar 2022 zurückgenommen (§ 102 Abs. 1 SGG).
4. Die Berufung des Klägers ist begründet. Denn er hat Anspruch auf Krankengeld dem Grunde nach auch für die Zeiträume vom 17. Oktober bis zum 6. Dezember 2017 sowie vom 18. Dezember 2017 bis 2. April 2018 (hierzu unter a). Die Berufung der Beklagten ist unbegründet, da der Kläger auch Anspruch auf Krankengeld dem Grunde nach für die vom SG tenorierten Zeiträume hat (hierzu unter b). Nachdem das SG bereits den Bescheid der Beklagten vom 10. Juni 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Januar 2018 komplett aufgehoben hat, musste der Senat den Urteilsausspruch des SG insoweit nicht abändern.
a) Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs auf Krankengeld ist § 44 Abs. 1 i.V.m. § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V (in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung). Danach haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld u.a. dann, wenn Krankheit sie arbeitsunfähig macht (§ 44 Abs. 1 SGB V). Dieser Anspruch entsteht von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt (§ 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V). Dies gilt auch für an die ärztliche Erstfeststellung von Arbeitsunfähigkeit anschließende Folgefeststellungen (ständige Rechtsprechung; vgl. BSG, Urteil vom 17. Juni 2021 – B 3 KR 2/19 R – juris, Rn. 9 m.w.N.). Ob und in welchem Umfang Versicherte Krankengeld beanspruchen können, bestimmt sich nach dem Versicherungsverhältnis, das im Zeitpunkt des jeweils in Betracht kommenden Entstehungstatbestands für das Krankengeld vorliegt (vgl. BSG, Urteil vom 26. März 2020 – B 3 KR 9/19 R – juris, Rn. 14).
Der Kläger war im hier streitigen Zeitraum vom 25. September 2017 bis 2. April 2018 durchgehend mit einem Anspruch auf Krankengeld versicherungs- und beitragspflichtiges Mitglied der Beklagten. Die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger (§ 5 SGB V) und Versicherungsberechtigter (§ 9 SGB V) wird in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 173 Abs. 1 SGB V in der Regel durch die von ihnen ausgeübte Wahl einer Krankenkasse bestimmt (BSG, Urteil vom 29. Juni 2021 – B 12 KR 38/19 R – juris, Rn. 10). Vorliegend hat der Kläger im Rahmen seiner freiwilligen Mitgliedschaft (§ 9 Abs. 1 SGB V) die Beklagte als Krankenkasse gewählt. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.
Es bestand in der streitigen Zeit auch ein Versicherungsverhältnis mit Krankengeldanspruch des Klägers bei der Beklagten aufgrund der Beschäftigung bei der BBS. Der Kläger hat aufgrund des am 3. November 2016 geschlossenen Anstellungsvertrags seine Tätigkeit als kaufmännischer Leiter bzw. Marketingmanager am 18. November 2016 aufgenommen. Dies entnimmt der Senat zum einen den glaubhaften Angaben des Klägers. Zum anderen folgt dies auch aus den Entgeltabrechnungen der BBS für die Monate November 2016 bis März 2018 (vgl. Bl. 129 bis 145 der SG-Akte). Die Zeit ab dem 18. November 2016 wurde bei der DRV Bund auch als Pflichtbeitragszeit gemeldet. Dies entnimmt der Senat der Aufstellung der DRV Bund vom 3. August 2018 (Bl. 175 der SG-Akte). Darüber hinaus folgt aus dem Bescheid der DRV Bund vom 31. Januar 2019 über die erfolgte Betriebsprüfung nach § 28p Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) i.V.m. § 44 SGB X, dass der sozialversicherungsrechtliche Status des Klägers gesondert geprüft wurde. Die DRV Bund kam zu dem Ergebnis, dass die Beitragsnachweise anhand der ausgestellten Lohnunterlagen korrekt erstellt und an die Einzugsstellen übermittelt worden sind. Vor diesem Hintergrund bestehen keine überzeugenden Anhaltspunkte dafür, dass das Vertragsverhältnis nicht gelebt, sondern nur zum Schein abgeschlossen worden ist. Es lag damit ab dem 18. November 2016 bis zur Kündigung am 8. März 2018 ein Beschäftigungsverhältnis (§ 7 Abs. 1 SGB IV) sowohl im beitragsrechtlichen als auch im leistungsrechtlichen Sinne vor.
In der Zeit vom 25. September 2017 bis 2. April 2018 war der Kläger durchgehend, zunächst wegen Kreuzschmerzen (bis 17. Dezember 2017) und sodann wegen einer Trigeminusneuralgie arbeitsunfähig erkrankt. Dies entnimmt der Senat den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Allgemeinmediziner M vom 20. September 2017 (Erstbescheinigung; ICD-10: M 54.5; voraussichtlich arbeitsunfähig bis 25. September 2017), vom 25. September 2017 (voraussichtlich arbeitsunfähig bis 4. Oktober), vom 5. Oktober 2017 (voraussichtlich arbeitsunfähig bis 16. Oktober 2017), vom 16. Oktober 2017 (voraussichtlich arbeitsunfähig bis 23. Oktober 2017), vom 23. Oktober 2017 (voraussichtlich arbeitsunfähig bis 7. November 2017), vom 8. November 2017 (voraussichtlich arbeitsunfähig bis 15. November 2017), vom 16. November 2017 (voraussichtlich arbeitsunfähig bis 22. November 2017), vom 22. November 2017 (voraussichtlich arbeitsunfähig bis 29. November 2017), vom 29. November 2017 (voraussichtlich arbeitsunfähig bis 6. Dezember 2017), vom 7. Dezember 2017 (Endbescheinigung; arbeitsunfähig bis voraussichtlich 17. Dezember 2017), vom 18. Dezember 2017 (Erstbescheinigung; ICD-10: G 50.0; arbeitsunfähig bis voraussichtlich 3. Januar 2018), vom 3. Januar 2018 (arbeitsunfähig bis voraussichtlich 12. Januar 2018), vom 12. Januar 2018 (arbeitsunfähig bis voraussichtlich 12. Februar 2018), vom 12. Februar 2018 (voraussichtlich arbeitsunfähig bis 2. März 2018), vom 2. März 2018 (arbeitsunfähig bis voraussichtlich 16. März 2018), vom 15. März 2018 (zwei Bescheinigungen vom selben Tag, einmal als Endbescheinigung - letzter Tag der Arbeitsunfähigkeit 2. April 2018, einmal arbeitsunfähig bis 3. April 2018) und vom 3. April 2018 (Endbescheinigung; letzter Tag der Arbeitsunfähigkeit 2. April 2018). Dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Auch die Beklagte geht hiervon in ihrem Schriftsatz vom 21. April 2021 aus (vgl.: „Hier war festzustellen, dass nachgewiesene AU Zeiträume vom 26.09.2017 – 02.04.2018 (= 187 Kalendertage) noch vorliegen.“; Bl. 187 der LSG-Akte).
Der Anspruch auf Krankengeld wegen der Gonarthrose entstand nach § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V vom Tag der ärztlichen Feststellung an (im hier streitigen Zeitraum ab dem 25. September 2017) und blieb nach § 46 Satz 2 SGB V bis zu dem Tag bestehen, an dem die weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt wurde (hier: 17. Dezember 2017; vgl. Endbescheinigung des Allgemeinarztes M. vom 7. Dezember 2017), da die ärztlichen Feststellungen spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit erfolgten. Der Anspruch auf Krankengeld wegen der Trigeminusneuralgie entstand danach ab dem 18. Dezember 2017 (vgl. Erstbescheinigung des Allgemeinarztes M. vom 18. Dezember 2017) und blieb bis 2. April 2018 (vgl. Endbescheinigung des Allgemeinarztes M. vom 3. April 2018) bestehen.
Für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses (ab dem 8. März 2018) beruht der Krankengeldanspruch auf einer entsprechenden Anwendung des § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V. Danach bleibt die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger abweichend von den Beendigungstatbeständen des § 190 SGB V u.a. erhalten, solange Anspruch auf Krankengeld besteht. Diesen Anforderungen genügt es, wenn Versicherte am letzten Tag des Versicherungsverhältnisses mit Anspruch auf Krankengeld alle Voraussetzungen erfüllen, um spätestens mit Ablauf dieses und zu Beginn des nächsten Tages einen Anspruch auf Krankengeld entstehen zu lassen. § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V erhält somit als Rechtsfolge den Krankengeldanspruch, der seinerseits voraussetzt, dass ein Versicherungsverhältnis mit Anspruch auf Krankengeld vorliegt. Darin erschöpfen sich die krankengeldrechtlichen Wirkungen von § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V jedoch nicht. In Verbindung mit § 47 Abs. 1 und 2 SGB V bewirkt die Regelung vielmehr zudem, dass Versicherte auch nach Beendigung eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses bei lückenloser Feststellung von Arbeitsunfähigkeit so gestellt sind, als stünden sie weiter im Bezug von Arbeitsentgelt, dessen Ausfall durch Krankengeld ersetzt werden soll. Diese Wirkung des Bezugs von Krankengeld als Bindeglied zur Aufrechterhaltung des Versicherungsstatus wie ein (noch) pflichtversicherter Beschäftigter bei Ende des Beschäftigungsverhältnisses beansprucht aus Gründen der Gleichbehandlung Geltung auch für freiwillig Versicherte, deren versicherungsfreie Beschäftigung geendet hat und bei denen - wie vorliegend - zuvor Arbeitsunfähigkeit eingetreten war (BSG, Urteil vom 17. Juni 2021 – B 3 KR 2/19 R – juris, Rn. 19.
Dem Anspruch des Klägers auf Gewährung von Krankengeld auch für die Zeiträume vom 17. Oktober bis 6. Dezember 2017 und 18. Dezember 2017 bis 2. April 2018 steht nicht entgegen, dass sich die diesbezüglichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Allgemeinmediziners M. nicht in der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakte befinden. Zwar ruht der Anspruch auf Krankengeld gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V (in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung) solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird; dies gilt nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt. Der Senat ist vorliegend davon überzeugt, dass die Meldungen der Arbeitsunfähigkeit des Klägers auch für die genannten Zeiträume rechtzeitig bei der Beklagten erfolgten. Der Kläger konnte durch die Vorlage der bereits genannten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Allgemeinmediziners M. und der entsprechenden Einlieferungsbelege der Deutschen Post AG während des Berufungsverfahrens glaubhaft machen, dass er die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen innerhalb der Wochenfrist der Beklagten meldete. Die Meldung der Arbeitsunfähigkeit ist eine Tatsachenmitteilung, die telefonisch, schriftlich, mündlich oder auch in elektronischer Form erfolgen kann (vgl. BSG, Urteil vom 5. Dezember 2019 – B 3 KR 5/19 R – juris, Rn. 16 m.w.N.). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist die Meldung der Arbeitsunfähigkeit eine Obliegenheit des Versicherten, deren Folgen bei unterbliebener oder nicht rechtzeitiger Meldung grundsätzlich von diesem selbst zu tragen sind. Die Meldung ist in entsprechender Anwendung von § 130 Abs. 1 und 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erst dann erfolgt, wenn sie der Krankenkasse zugegangen ist. Zwar liegt vorliegend kein in der Rechtsprechung anerkannter Ausnahmefall vor (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 19 ff.), in dem das Risiko der rechtzeitigen Übermittlung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht den Versicherten, sondern die Krankenkasse trifft. Hierauf kommt es aber nicht an. Denn der Kläger hat glaubhaft gemacht, dass er seiner Obliegenheit fristgemäß nachgekommen ist. Die vom Kläger im Berufungsverfahren übersandten Einlieferungsbelege der Deutschen Post AG wurden sämtlich in zeitlicher Nähe der jeweiligen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Allgemeinmediziners M. erstellt. Darüber hinaus hat sich die Beklagte nicht dazu geäußert, weshalb die dem Senat übersandte Verwaltungsakte die entsprechenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht enthält. Sie hat sich auch zu keinem Zeitpunkt auf das Ruhen des Krankengeldanspruchs nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V gestützt. Das Gegenteil ist vielmehr der Fall. Aus Ihrem Schreiben vom 21. April 2021 (Bl. 187/188 der LSG-Akte) ergibt sich vielmehr, dass sie grundsätzlich den Anspruch des Klägers auf Krankengeld (dem Grunde nach) für den gesamten Zeitraum vom 26. September 2017 bis 2. April 2018 anerkennt (vgl. nochmals den Wortlaut: „Hier war festzustellen, dass nachgewiesene AU Zeiträume vom 26.09.2017 – 02.04.2018 (= 187 Kalendertage) noch vorliegen. […] Der hiernach noch bestehende Krankengeldanspruch berechnet sich somit vom 26.09.17 – 02.04.18 mit 187 Kalendertagen.“). Der Senat hat vor diesem Hintergrund keinen Anlass daran zu zweifeln, dass der Kläger die jeweiligen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen im streitigen Zeitraum fristgemäß der Beklagten gemeldet hat.
Dem Anspruch des Klägers auf Gewährung von Krankengeld steht auch die Regelung des § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V nicht entgegen. Danach endet für Versicherte, die Rente wegen voller Erwerbsminderung oder Vollrente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, ein Anspruch auf Krankengeld vom Beginn dieser Leistungen an. Die Norm knüpft danach an das Hinzutreten nach Beginn der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit an. Ein solcher Fall liegt hier schon nicht vor. Denn der Kläger bezog im streitigen Zeitraum keine Vollrente wegen Alters, sondern bereits seit dem 1. November 2012 - mithin viele Jahre vor Entstehung der hier streitigen Krankengeldzeiträume - eine Teilrente gemäß § 42 Abs. 1 SGB VI. Dies entnimmt der Senat den Rentenbescheiden der DRV Bund vom 29. August 2014, vom 21. Oktober 2016 und 23. August 2017. Nach § 42 Abs. 1 SGB VI können Versicherte die Rente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung in voller Höhe (Vollrente) oder als Teilrente in Anspruch nehmen. Neben dem Bezug der vollen Regelaltersrente - hierauf weist die Beklagte zu Recht hin - kann uneingeschränkt hinzuverdient werden (BSG, Urteil vom 4. Juni 2019 – B 3 KR 15/18 R – juris, Rn. 24). Mit dem (hinzutretenden) Bezug einer Altersvollrente wird - unabhängig von ihrer Höhe - typisierend der Lebensunterhalt vollständig sichergestellt und das Erwerbsleben regelmäßig beendet, sodass der Ausschluss des Krankengelds (§ 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 4 SGB V) gerechtfertigt ist (BSG, a.a.O., Rn. 25). Der damit verknüpfte komplette Wegfall des Krankengelds entspricht der Zwecksetzung der Norm, die die Vermeidung einer Doppelversorgung mit gleichen Lohnersatzleistungen verfolgt. So liegt der Fall bei einem (hinzutretendem) Bezug einer Teilrente wegen Alters aber nicht. Mit der Teilrente wird ermöglicht, einen partiellen Einkommensersatz zu erzielen, der an die Stelle des wegen der Ausübung einer Teilzeitarbeit entfallenden Teil des Erwerbseinkommens tritt (BSG, a.a.O., Rn. 28 m.w.N.).
Nachdem vorliegend aufgrund der konkreten Umstände schon kein Fall eines Hinzutritts einer Voll- oder Teilrente wegen Alters „während“ einer Arbeitsunfähigkeit im Sinne von § 50 Abs. 1 Nr. 1 SGB V vorliegt, weist der Senat im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beklagten klarstellend auf Folgendes hin: § 42 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI räumt dem Versicherten insoweit eine Dispositionsfreiheit ein. Nach Entstehung des Stammrechts und dem Rentenbeginn kann der Versicherte für die Zukunft wählen, ob er nur eine Teilrente in Anspruch nimmt. Ob in dieser Erklärung gegenüber dem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung ein teilweiser Verzicht im Sinne von § 46 Abs. 1 SGB I liegt (so BSG, Urteil vom 30. August 2001 – B 4 RA 116/00 R – juris, Rn. 16; a.A. die herrschende Meinung in der Literatur: Freudenberg, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 3. Aufl., Stand April 2021, § 42 SGB VI Rn. 17; Dankelmann, in: Kreikebohm/Roßbach, SGB VI, 6. Aufl. 2021, § 42 Rn. 3; Fichte, in: Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB VI, Stand Mai 2019, § 42 Rn. 11 m.w.N.; Gürtner, in: Kasseler Kommentar, Stand Mai 2017, § 42 SGB VI Rn. 5), kann der Senat offen lassen. Denn selbst wenn in einer solchen (Wahl-) Erklärung ein Verzicht läge, wäre ein solcher Verzicht nicht nach § 46 Abs. 2 SGB I unwirksam. § 46 Abs. 2 SGB I bestimmt: Der Verzicht ist unwirksam, soweit durch ihn andere Personen oder Leistungsträger belastet oder Rechtsvorschriften umgangen werden. Wenn jedoch Versicherte der gesetzlichen Rentenversicherung im Rahmen der normativ vorgesehenen Dispositionsmöglichkeit eine Altersrente als Teilrente in Anspruch nehmen, liegt hierin keine unzulässige Belastung von anderen Leistungsträgern (hier der Beklagten) vor. Denn die Vorschrift soll verhindern, dass durch den Verzicht Unterhaltsverpflichtete und Leistungsträger stärker als gesetzlich vorgesehen belastet werden, wobei der Gesetzgeber für die Unwirksamkeit voraussetzt, dass der Verzicht unmittelbare Leistungsverpflichtungen zur Folge hätte (Groth, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB I, 3. Aufl., Stand November 2021, § 46 Rn. 31 m.w.N.). Vorliegend hat der Gesetzgeber aber in § 42 SGB VI den Versicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung ausdrücklich eine normative Dispositionsmöglichkeit (Bezug einer Altersrente als Teilrente) eröffnet, sodass entgegen der Ansicht der Beklagten sie nicht stärker als gesetzlich vorgesehen belastet wird. Denn der Gesetzgeber hat die in § 42 SGB VI wurzelnde Dispositionsfreiheit im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung durch die Regelung des § 50 Abs. 2 Nr. 2 SGB V flankiert. Danach wird das Krankengeld nur dann um den Zahlbetrag der Teilrente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung gekürzt, wenn die Leistung von einem Zeitpunkt nach dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der stationären Behandlung an zuerkannt wird. so liegt der Fall hier aber nicht. Denn dem Kläger wurde die Teilrente wegen Alters bereits ab dem 1. November 2012, d.h. viele Jahre vor dem Beginn der hier streitigen Krankengeldzahlung wegen Arbeitsunfähigkeit, zuerkannt. Machen Versicherte - wie vorliegend der Kläger - von der Möglichkeit des § 42 Abs. 1 und 2 SGB VI Gebrauch, kann der Teilrentenbezug mithin nicht mit einem - krankengeldverdrängenden - (vollen) Erwerbsersatzeinkommen gleichgesetzt werden; diese Renten unterfallen - wie bereits dargelegt - mit ihrem Zahlbetrag dann allein der Kürzungsvorschrift des § 50 Abs. 2 Nr. 2 SGB V (Brinkhoff, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., Stand Juni 2020, § 50 SGB V Rn. 18).
b) Die Berufung der Beklagen ist vor dem genannten Hintergrund unbegründet. Der Kläger hat - wie bereits dargelegt - auch in den vom SG tenorierten Zeiträumen einen Anspruch auf Gewährung von Krankengeld dem Grunde nach. Entsprechende ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen wurden rechtzeitig vorgelegt. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
Soweit die Beklagte diesem Anspruch entgegenhält, dass der Kläger bereits der Höhe nach zu viel Krankengeld erhalten habe, da die übermittelten Einkommensdaten wegen (angeblich) nicht geschuldeter Provisionen nicht zugrunde gelegt werden könnten, geht dieser Einwand vorliegend ins Leere. Das SG hat in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hingewiesen, dass im Rahmen der hier anhängigen Anfechtungs- und Leistungsklage nicht über die Höhe des Krankengeldes zu befinden ist, sondern lediglich über den Anspruch des Klägers auf Krankengeldzahlungen dem Grunde nach; insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen unter Ziffer 3 Bezug genommen. Die Beklagte muss nach dem Grundurteil einen Verwaltungsakt über die Höhe der Leistung erlassen (Ausführungsbescheid; vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 13. Aufl. 2020, § 130 Rn. 4a) und etwaige Einwände sind diesem Betragsverfahren vorbehalten (vgl. BSG, Urteil vom 12. März 2013 – B 1 KR 7/12 R – juris, Rn. 12).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG. Der Kostenausspruch im Urteil des SG war im Hinblick darauf, dass der Kläger die - seine Berufung stützenden - weiteren Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Allgemeinarztes M. erst im Berufungsverfahren vorgelegt hat, nicht abzuändern.
6. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (§ 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.