L 12 AS 3063/18

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12.
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AS 2368/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 3063/18
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 15.05.2018 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 01.01.2017 bis einschließlich 30.09.2017 unter Berücksichtigung höherer Kosten für Unterkunft und Heizung.

Die 1970 geborene Klägerin befindet sich seit August 2012 im Leistungsbezug nach dem SGB II. Daneben bezieht sie eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von 494,92 € monatlich, ab Januar 2017 noch 493,80 €, ab Juli 2017 503,20 €, die in Abhängigkeit von der Arbeitsmarktlage gewährt wird. Bis zum 31.05.2017 bewohnte die Klägerin zur Miete eine Wohnung in R, für die laut Mietvertrag vom Juni 2012 monatlich eine Nettokaltmiete in Höhe von 490 €, ein Mietentgelt für 50 € für die Küche sowie kalte Nebenkosten in Höhe von 45 €, insgesamt 585 € zu entrichten waren. Seit dem 01.06.2017 bewohnt die Klägerin eine von ihrer Mutter kurz zuvor erworbene, im selben Gebäude befindliche Mietwohnung, für die laut dem mit ihrer Mutter geschlossenen Mietvertrag vom März 2017 monatlich eine Nettokaltmiete in Höhe von 590 € (inklusive kalten Nebenkosten) und eine Miete für die Küche in Höhe von 50 € anfällt. Die Beheizung und Warmwasserzubereitung erfolgte im streitgegenständlichen Zeitraum durchgehend mit Gas, wofür bis einschließlich 30.04.2017 ein Gasabschlag in Höhe von 52 € monatlich und ab 01.05.2017 in Höhe von 60 € monatlich anfiel.

Zwischen der Klägerin und dem Beklagten ist bereits seit längerem die angemessene Höhe der Kosten der Unterkunft streitig. Zuletzt wies der Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 20.04.2016 auf die aus seiner Sicht zu hohen Kosten der Unterkunft und die Verpflichtung der Klägerin zu deren Reduzierung hin.

Auf den Weiterbewilligungsantrag der Klägerin vom 17.08.2016 hin bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 22.08.2016 Leistungen in Höhe von monatlich 449,23 € für die Zeit vom 01.10.2016 bis 30.09.2017 unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für dezentrale Warmwasserzubereitung in Höhe von 9,29 € monatlich und einer Kaltmiete inklusive Kosten für die Küche in Höhe von 350 €, kalten Betriebskosten in Höhe von 76,50 € und Heizkosten in Höhe von 52 € (Kosten für Unterkunft und Heizung insgesamt 478,50 €), jeweils monatlich. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.10.2016 zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 21.10.2016 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben und die vollständige Übernahme der Bruttokaltmiete in Höhe von 585 € monatlich geltend gemacht.

Mit Änderungsbescheid vom 06.02.2017 hat der Beklagte in Anwendung der von ihm neu festgestellten Mietobergrenzen ab Januar 2017 die Kosten der Unterkunft der Klägerin für die Zeit von Januar 2017 bis einschließlich September 2017 mit monatlich 499 € berücksichtigt (Kaltmiete: 370 €, kalte Betriebskosten: 77 €, Heizkosten: 52 €) und der Klägerin höhere Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 474,85 € monatlich gewährt.

Mit Änderungsbescheid vom 13.03.2017 hat der Beklagte unter Berücksichtigung der seit 01.01.2017 erniedrigten Rentenzahlung Leistungen nach dem SGB II für die Zeit von Januar 2017 bis einschließlich September 2017 in Höhe von monatlich 475,97 € bewilligt.

Mit Änderungsbescheid vom 18.04.2017 hat der Beklagte der Klägerin höhere Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom Mai 2017 bis einschließlich September 2017 in Höhe von monatlich 483,97 € unter Berücksichtigung des höheren monatlichen Abschlags für Heizkosten in Höhe von nun 60 € bewilligt. Mit weiterem Bescheid vom 18.04.2017 hat der Beklagte entsprechend der an die Klägerin gerichteten Nachforderung in Höhe von 183,98 € des Versorgers für Heizgas für den Zeitraum März 2016 bis März 2017 einmalig Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 183,98 € gewährt.

Mit Änderungsbescheiden vom 28.07.2017 hat der Beklagte unter Berücksichtigung der zum Juli 2017 bei der Klägerin eingetretenen Rentenerhöhung von 9,40 € monatlich die Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.07.2017 bis 30.09.2017 teilweise aufgehoben und für diesen Zeitraum monatlich noch 474,57 € gewährt.

Unter dem 14.05.2018 hat das SG den Beteiligten einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreitet, wonach der Beklagte der Klägerin unter anderem für den Zeitraum von Oktober 2016 bis einschließlich Dezember 2016 weitere 20 € monatlich gewähren sollte. Die Beteiligten haben diesen Vergleichsvorschlag angenommen und den Rechtsstreit für den Zeitraum vom 01.10.2016 bis zum 31.12.2016 übereinstimmend für erledigt erklärt.

Das SG hat sodann mit Urteil vom 15.05.2018 die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Gewährung höherer Kosten für Unterkunft und Heizung im zuletzt streitgegenständlichen Zeitraum, als vom Beklagten bewilligt.

Gegen das der Klägerin am 27.08.2018 zugestellte Urteil hat diese, rechtsanwaltlich vertreten, am selben Tag fristwahrend Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und am 24.07.2020 einen Anspruch auf Übernahme einer Bruttokaltmiete in Höhe von 530,20 € für den streitgegenständlichen Zeitraum geltend gemacht. Das „schlüssige Konzept“ des Beklagten sei rechtswidrig, da es nicht den Vorgaben des Bundessozialgerichts (BSG) entspreche. Sie habe daher einen Anspruch auf Berücksichtigung der Differenzmiete anhand der Wohngeldtabelle. Bei der in der Mietstufe 5 eingestuften Stadt R habe sie somit einen Anspruch auf Berücksichtigung einer Kaltmiete in Höhe von 482 € zuzüglich eines Sicherheitszuschlags von 10 %, insgesamt also 530,20 € monatlich.

Die Klägerin beantragt (sinngemäß),

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 15.05.2018 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 22.08.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.10.2016 und der Änderungsbescheide vom 06.02.2017, 13.03.2017, 18.04.2017 und 27.07.2017 zu verurteilen, ihr höhere Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.01.2017 bis 30.09.2017 unter Berücksichtigung einer Bruttokaltmiete in Höhe von 530,20 € monatlich zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückweisen.

Er verweist zur Begründung auf die aus seiner Sicht zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils des SG sowie in den streitgegenständlichen Bescheiden.

Mit Verfügung vom 20.10.2021 hat der Berichterstatter die Beteiligten darauf hingewiesen, dass die sich aus dem Berufungsantrag der Klägerin ergebende Beschwer von insgesamt 748,80 € nicht den erforderlichen Wert des Beschwerdegegenstands von mehr als 750 € erreichen würde und daher unzulässig sei. Es sei daher beabsichtigt, die Berufung durch Beschluss gemäß § 158 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als unzulässig zu verwerfen. Der Klägerin ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.

Die Klägerin ist dem entgegengetreten und hat geltend gemacht, der maßgebende Zeitpunkt für den Wert des Beschwerdegegenstands sei nach der Rechtsprechung des BSG der Zeitpunkt der Einlegung der Berufung. Ein späteres Sinken des Beschwerdewerts durch Beschränkung des Berufungsantrags würde die Berufung nicht unzulässig machen. Art. 6 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) verbiete die vorliegende, unzumutbare Erschwerung des Zugangs zur Berufungsinstanz.

Mit Verfügung vom 20.12.2021 hat der Berichterstatter den Beteiligten mitgeteilt, dass weiterhin beabsichtigt sei, die Berufung als unzulässig zu verwerfen.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten und der Prozessakten Bezug genommen.

 

II.

Die Berufung der Klägerin ist unzulässig.

Nach § 158 Satz 1 SGG ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen, was nach Satz 2 der Vorschrift durch Beschluss geschehen kann, wenn sie – unter anderem – nicht statthaft ist. So liegt der Fall hier.

Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des LSG, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

  1. bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 € oder
  2. bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 €

nicht übersteigt. Dies gilt nach § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

Vorliegend übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes weder 750 €, noch sind laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen.

Der Beschwerdegegenstand richtet sich danach, was durch das angefochtene Urteil des SG versagt, also abgelehnt worden ist, und mit der Berufung weiterverfolgt wird. Dies ist durch Vergleich des vor dem SG beantragten Gegenstandes mit dem ausgeurteilten Gegenstand und dem in der Berufung weiterverfolgten Begehr zu bestimmen. Der Wert des Beschwerdegegenstandes kann demnach zwar geringer sein als der Wert der Beschwer. Wird etwa nicht der gesamte vom SG versagte Gegenstand mit der Berufung weiterverfolgt, sondern nur in einem unter dem Schwellenwert liegenden Umfang, so ist die Berufung zulassungsbedürftig, auch wenn der gesamte vom SG versagte Gegenstand zulassungsfrei gewesen wäre. Wird der Antrag im Berufungsverfahren dagegen gegenüber dem Klageverfahren erweitert, so handelt es sich um einen neuen Gegenstand im Sinne einer erstinstanzlichen Klage, der bei der Ermittlung des Beschwerdewerts außer Betracht bleibt (Wehrhahn in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl., Stand: 10.02.2021, § 144 Rn. 19).

Die Klägerin hat den Streitgegenstand bereits im Klageverfahren zulässigerweise (vergleiche hierzu die zutreffenden Ausführungen des SG, auf welche der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug nimmt) auf die Kosten der Unterkunft und Heizung und darüber hinaus im Wege der vergleichsweisen teilweisen Erledigterklärung auf die Zeit vom 01.01.2017 bis 30.09.2017 beschränkt. Während sie im Klageverfahren noch die vollständige Übernahme einer monatlichen Bruttokaltmiete von 585 € (ohne Anpassung an die laut Mietvertrag mit ihrer Mutter seit Juni 2017 geschuldete höhere Bruttokaltmiete) beantragt hat, hat sie im Berufungsverfahren ausweislich der Berufungsbegründung und des Berufungsantrags nur noch die Übernahme einer monatlichen Bruttokaltmiete in Höhe von 530,20 € entsprechend der Wohngeldtabelle (Mietstufe 5) zuzüglich eines Sicherheitszuschlags von 10 % geltend gemacht. Der Beklagte hat für den streitigen Zeitraum indes durchgehend und zwischen den Beteiligten unstreitig eine Bruttokaltmiete in Höhe von 447 € monatlich berücksichtigt (Änderungsbescheid vom 06.02.2017, Änderungsbescheid vom 13.03.2017, Änderungsbescheide vom 18.04.2017, Änderungsbescheide vom 27.07.2017). Die Kosten für die Heizung und Warmwasserzubereitung hat der Beklagte mit Bescheid vom 22.08.2016 in der Gestalt, die dieser durch die Änderungsbescheide vom 18.04.2017 erhalten hat, im streitgegenständlichen Zeitraum in voller Höhe übernommen. Damit errechnet sich aufgrund des Berufungsantrags der Klägerin eine Beschwer von monatlich (530,20 € abzügl. 447 € =) 83,20 € und eine Beschwer für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum (9 Monate) von 748,80 €. Der nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG erforderliche Wert des Beschwerdegegenstands von mehr als 750 € wird nicht erreicht. Auch betrifft die Berufung keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Dies wird von der Klägerin auch nicht in Zweifel gezogen.

Die von der Klägerin dessen ungeachtet geltend gemachte Zulässigkeit der Berufung unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BSG zum maßgebenden Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob die Berufungssumme erreicht wird, führt zu keiner abweichenden Beurteilung.

Maßgebender Zeitpunkt ist nach § 202 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) der Zeitpunkt der Einlegung der Berufung (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Sozialgerichtsgesetz, 13. Aufl. 2020, § 144 Rn. 19 mit umfangreicher Darstellung der Rechtsprechung des BSG). Ein späteres Sinken des Beschwerdewertes im Berufungsverfahren, zum Beispiel nach Teilanerkenntnis oder durch Beschränkung des Berufungsantrags wegen Änderung der Verhältnisse, mit der Folge, dass die Berufungssumme nicht mehr erreicht wird, macht die Berufung deshalb grundsätzlich nicht unzulässig (BSG, Urteil vom 23.02.2011, B 11 AL 15/10 R, juris, BSG, Beschluss vom 13.06.2013, B 13 R 437/12 B, juris; Keller, a.a.O.).

Ein Fall einer unbeschränkten (und damit noch zulässigen) Berufungseinlegung mit nachfolgender Beschränkung des Berufungsantrags liegt hier aber nicht vor. Vielmehr hat die rechtsanwaltlich vertretene Klägerin in ihrer Berufungsschrift von vornherein auf die angekündigte Berufungsbegründung verwiesen. In dieser Berufungsbegründung, der erstmalig auch das konkrete Berufungsbegehren entnommen werden konnte, hat die Klägerin aber, wie dargelegt, ihren ursprünglichen klageweise geltend gemachten Anspruch nur noch in Höhe von weiteren Kosten der Unterkunft von insgesamt 748,80 € weiterverfolgt.

Zu einem der Klägerin günstigeren Ergebnis gelangt man auch dann nicht, wenn man mit der Klägerin und entgegen dem Vorstehenden von einer zunächst unbeschränkten Berufungseinlegung mit anschließend reduziertem Berufungsantrag ausgeht. Denn nach allgemeiner Auffassung führt eine willkürliche Einschränkung des Rechtsmittels mit der Folge der Unterschreitung der erforderlichen Beschwer zur Unzulässigkeit der Berufung (grundlegend BSG, Urteil vom 07.12.1983, 7 RAr 65/82, juris; ebenso BSG, Urteil vom 23.02.2011, a.a.O., BSG, Beschluss vom 13.06.2013, a.a.O.).

Eine willkürliche Einschränkung des Rechtsmittels liegt nach der Rechtsprechung des BSG vor, wenn für die Einschränkung ein vernünftiger Grund nicht erkennbar oder aber von vornherein, d.h. im Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels, Anlass bestanden hat, das Rechtsmittel nur beschränkt einzulegen, so dass die erst nachträgliche Einschränkung willkürlich erscheint. Willkür setzt demnach voraus, dass für das Verhalten des Rechtsmittelklägers ein vernünftiger Grund nicht erkennbar ist, mithin dieses Verhalten nach den Umständen des Einzelfalles nicht als sachgerecht erscheint (BSG, Urteil vom 07.12.1983, a.a.O.). Das ist hier der Fall.

Eine Änderung im Beschwerdegegenstand, die zu einer als sachgerecht anzusehenden Einschränkung des Berufungsantrags hätte führen können, liegt nicht vor. Die Klägerin hat im Klageverfahren die Übernahme der vollständigen Bruttokaltmiete mit der Begründung geltend gemacht, eine ordnungsgemäße Aufforderung zur Kostensenkung sei seitens des Beklagten bislang nicht erfolgt und ihre Unterkunftskosten würden sich im gewöhnlichen, d.h. durchschnittlichen Rahmen bewegen und seien deshalb vollständig zu übernehmen. Auch sei die Angemessenheitsgrenze des § 22 SGB II verfassungswidrig. Es sei ihr unmöglich, zu der vom Beklagten angenommenen Mietobergrenze angemessenen Wohnraum zu finden. Unterstellt, die Klägerin hat mit ihrer Berufungseinlegung ihr bisheriges Begehren zunächst uneingeschränkt weiterverfolgt, so ist kein vernünftiger Grund erkennbar, der Anlass für eine nachträgliche Einschränkung des Rechtsmittels gegeben hätte. Hinsichtlich der Sach- und Rechtslage selbst hat sich gegenüber dem Zeitpunkt, zu dem die Klägerin Berufung eingelegt hat, nichts geändert. Es ist nicht erkennbar, dass die Klägerin durch irgendwelche äußeren Umstände, die außerhalb ihres Willens lagen, zu der Einschränkung genötigt worden ist (vgl. BSG, a.a.O.).

Die Klägerin selbst hat die von ihr geltend gemachte Einschränkung ihres Berufungsantrags auch nicht im Rahmen der Anhörung zur beabsichtigten Zurückweisung der Berufung begründet. Sofern die Beschränkung des klägerischen Begehrens im Berufungsverfahren auf der Aufgabe ihrer bisherigen Rechtsauffassung, wonach die Kosten der streitigen Unterkunft angemessen seien, sie eine angemessene Wohnung unter Berücksichtigung der Mietobergrenze nicht finden könne, eine wirksame Kostensenkungsaufforderung nicht vorliege und § 22 SGB II verfassungswidrig sei, beruhen sollte, würde dies die Willkürlichkeit der Einschränkung des Rechtsmittels nicht berühren. Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob es überhaupt als sachgerechte Einschränkung des Antrags angesehen werden kann, wenn eine Privatperson, nachdem sie Kenntnis von einer ihr bisher nicht bekannten Rechtsprechung erlangt hat, ihren Antrag einschränkt. Dies könnte vernünftigerweise allenfalls zutreffen, wenn es sich um Rechtsfragen handeln würde, die aufgrund dieser Rechtsprechung geklärt sind (BSG, a.a.O., auch zum Nachfolgenden). Denn während es bei Verwaltungsbehörden anerkannt ist, dass es unschädlich ist, wenn sich diese aufgrund einer erneuten Überprüfung der Sach- und Rechtslage oder bei Beachtung der bisher nicht bekannten Rechtsprechung des BSG davon überzeugen, dass ein Teil des geltend gemachten Anspruchs berechtigt ist und deshalb die Berufung beschränken, da diese dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung unterliegen, besteht eine entsprechende Pflicht für die Klägerin nicht. Von entscheidender Bedeutung ist aber vorliegend, dass die Klägerin die Aufgabe ihrer bisherigen Rechtsauffassung gerade nicht auf eine Klärung von hier maßgeblichen Rechtsfragen oder eine Änderung der Rechtsprechung (und auch nicht auf eine Änderung der Sach- und Rechtslage) zurückführen kann. Denn eine solche Klärung durch oder Änderung der Rechtsprechung liegt nicht vor und wird von der Klägerin auch nicht behauptet.

Wenn die Klägerin vorliegend dennoch nur noch die nach der Wohngeldtabelle zuzüglich eines Sicherheitszuschlags sich ergebende Bruttokaltmiete – wobei dieser Rückgriff auf die (höchsten) Werte der jeweils rechten Spalte der Wohngeldtabelle zuzüglich eines Zuschlags in Höhe von 10 % nach der Rechtsprechung des BSG der Begrenzung der zu berücksichtigenden tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft dienen soll (BSG, Urteil vom 12.12.2013, B 4 AS 87/12 R, juris) – weiterverfolgt, handelt sie aus freien Stücken. Sie kann in diesem Fall nicht günstiger gestellt werden, als wenn sie das Rechtsmittel von vornherein in dem beschränkten Umfang eingelegt hätte (BSG, Urteil vom 07.12.1983, a.a.O.), eine ursprünglich unbeschränkte Berufungseinlegung unterstellt.

Das SG hat die Berufung auch nicht zugelassen. Der Hinweis in der Rechtsmittelbelehrung des SG, dass die Berufung zulässig sei, stellt keine Entscheidung über die Zulassung der Berufung dar (ständige Rechtsprechung des BSG, vergleiche Urteil vom 02.06.2004, B 7 AL 10/04 B, juris). Die Rechtsmittelbelehrung im Urteil des SG war im Übrigen, ausgehend vom Klageantrag, auch zutreffend. Zur Unzulässigkeit der Berufung hat, wie dargelegt, erst die beschränkte Berufungseinlegung geführt.

Anhaltspunkte dafür, dass die Verwerfung der Berufung als unzulässig vorliegend ein Verstoß gegen Art. 6 EMRK sein könnte, liegen nicht vor. Solche hat auch die Klägerin nicht vorgetragen.

Die Berufung ist nach alledem unzulässig und bleibt ohne Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 SGG).

Rechtskraft
Aus
Saved