Kommt eine Behörde dem Wunsch nach, einen bestimmten Adresszusatz zu verwenden, fehlt es am Rechtsschutzbedürfnis bei einer mit diesem Begehren erhobenen Klage.
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 19. August 2021 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d :
Streitig ist insbesondere die Verwendung der Anschrift "Person A - wohnsitzlos/de facto ausgebürgert -, c/o Postlagerung bei K, A-Straße, D- A-Stadt" durch den Beklagten und Berufungsbeklagten (in der Folge: Beklagter).
Der 1973 geborene Kläger und Berufungskläger (in der Folge: Kläger) steht beim Beklagten im laufenden SGB II-Leistungsbezug. Nachdem den Kläger Schriftstücke des Beklagten nicht erreichten, beantragte der Kläger mit Schriftsatz vom 12.10.2019 beim Beklagten, die Postanschrift "Person A - wohnsitzlos/de facto ausgebürgert -, c/o Postlagerung bei K, A-Straße, D- A-Stadt" zu verwenden.
Hierauf bezugnehmend erhob der Kläger am 6.3.2020 (Posteingangsstempel des Gerichts) bzw am 7.3.2020 (so Faxkennung auf dem Klageschriftsatz) Klage beim Sozialgericht München, mit dem Begehren den Beklagten entsprechend zu verurteilen.
Der Beklagte teilte mit Schreiben vom 24.3.2020 ua mit, "tatsächlich" die vom Kläger gewünschte Postanschrift inzwischen schon aus Eigeninteresse zu wählen, weil anders adressierte Poststücke in der Vergangenheit als unzustellbar zurückgelaufen seien.
Das Sozialgericht hat die Klage nach mündlicher Verhandlung, zu der der Kläger nicht erschienen war, abgewiesen (Urteil vom 19.8.2021, dem Kläger zugestellt am 21.8.2021).
Mit seiner am 6.9.2021 beim Landessozialgericht erhobenen Berufung verfolgte der Kläger sein Ziel den Beklagten zu verurteilen, die mit Schriftsatz vom 12.10.2019 erklärte Postanschrift zu verwenden, weiter. Klagebestandteil seien allein die Postanschriftsdaten. Dass der Begriff "Postlagerung bei" statt c/o" oder "p. Adr." vom Kläger gewählt worden sei, sei unschädlich. Jedenfalls müsse für den Postbediensteten klar erkennbar sein, dass die Sendung bei K einzuwerfen sei. Er sei zur mündlichen Verhandlung nicht geladen und damit nicht gehört worden. Eine Entscheidung nach § 126 SGG sei nicht zulässig gewesen, da der Beklagte eine solche nicht beantragt habe. Im Urteil des Sozialgerichts werde unwahr behauptet, dass der Kläger Wohnungsbesitzer sei. Auch habe er nicht behauptet, eine Offenlegung seiner ladungsfähigen Anschrift sei unmöglich.
Der Kläger beantragt
in Abänderung des Urteils des Sozialgerichts München vom 19.8.2021 - S 13 AS 401/20 die Träger (-gemeinschaft) (...) zu verurteilen, die mit Schriftsatz vom 12.10.2019 (...) erklärte Postanschrift in sämtlichen hinterlegten Datensätzen und/oder Erklärungen an Dritte ausschließlich zu verwenden, zu berichtigen und jede Fehlübermittlung durch Berichtigungserklärung zu widerrufen
sowie
das Urteil des Sozialgerichts München vom 19.8.2021 - S 13 AS 201/20 zu berichtigen, soweit dort der Kläger als Wohnungsbesitzer beschrieben und festgestellt wird, dass der Kläger behauptet, dass ihm eine Offenlegung seiner Anschrift unmöglich sei.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist auf seine erstinstanzlichen Ausführungen sowie die aus seiner Sicht zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vorliegenden Akten verwiesen, auch soweit diese vom Sozialgericht München und dem Beklagten beigezogen worden sind.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Dabei konnte der Senat in Abwesenheit der Beteiligten entscheiden, da diese in der Terminmitteilung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind (vgl § 110 Abs 1 S 2 iVm § 153 Abs 1 SGG).
1. Streitig ist das Urteil des Sozialgerichts München vom 19.8.2021, mit dem die Klage auf Verurteilung des Beklagten, eine bestimmte Adresse zu verwenden, abgewiesen worden ist. Soweit der Kläger darüber hinaus bestimmte Behauptungen bzw Feststellungen in der angefochtenen erstinstanzlichen Entscheidung berichtigt wissen möchte, ist sein Begehren unzulässig. Adressat eines entsprechenden Berichtigungsbegehrens - gleichgültig auf welcher Rechtsgrundlage - ist das Sozialgericht. Dieses ist am vorliegenden Verfahren nicht beteiligt.
2. Die Berufung ist nicht begründet. Die angefochtene Klageabweisung ist nicht zu beanstanden.
a) Das Sozialgericht war berechtigt, aufgrund mündlicher Verhandlung trotz der Abwesenheit des Klägers zu entscheiden. Auf diese Möglichkeit wurde der Kläger in der Terminmitteilung vom 23.7.2021, die ihm ausweislich der aktenkundigen Postzustellungsurkunde unter der streitigen Adresse am 29.7.2021 zugestellt wurde, hingewiesen (vgl § 110 Abs 1 S 2 SGG). Eine Gehörsverletzung ist damit nicht ersichtlich. Schließlich erging das Urteil ausweislich der Niederschrift zur öffentlichen Sitzung am 19.8.2021 nach mündlicher Verhandlung und gerade nicht nach Aktenlage, so dass das Sozialgericht ohne einen entsprechenden Antrag des erschienenen Beklagten nach § 126 SGG entscheiden konnte.
b) Das klageabweisende Urteil ist nicht zu beanstanden, da die Klage (zumindest zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats) unzulässig ist.
Soweit die Klage auf die Verwendung eines Adresszusatzes abzielt, der für den Postbediensteten deutlich macht, dass die Sendung bei K einzuwerfen ist, hat der Beklagte bereits vor dem Sozialgericht erklärt, dem zwischenzeitlich durch die Verwendung des Zusatzes "c/o K" nachzukommen. Damit ist insoweit ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers nicht mehr festzustellen. Fehlt es der Klage aber am Rechtsschutzbedürfnis, was in jeder Lage des Verfahrens vorab von Amts wegen zu prüfen ist (vgl Keller in Meyer-Ladewig ua, SGG, 13. Aufl 2020, vor § 51 RdNr 13), ist die Klage (als unzulässig) abzuweisen. Eine Umstellung der Klage in eine Fortsetzungsfeststellungsklage ist insoweit nicht sachdienlich, da eine solche mangels Fortsetzungsfeststellungsinteresse unzulässig wäre.
Soweit die Klage darüber hinaus auf die Verwendung von Namenszusätzen bzw Beschreibungen abzielt, fehlte es von Anfang an einem Rechtsschutzbedürfnis. Es ist weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich, dass diese für eine ordnungsgemäße Postzustellung an den Kläger erforderlich sind.
Soweit die Klage schließlich auf die Berichtigung von Datensätzen bzw -übermittlungen abzielt, kann dahinstehen, ob diese zwischenzeitlich erfolgt ist, so dass auch insoweit das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Denn auch soweit dies nicht der Fall sein sollte, fehlt es zumindest an einem anfechtbaren Verwaltungsakt, mit dem der Beklagte über die im Ergebnis begehrte Datenlöschung/-berichtigung entschieden hat, so dass die Zulässigkeit der insoweit statthaften Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs1 und 2 SGG; vgl noch zur früheren Fassung des § 84 Abs 2 SGB X BSG, Urteil vom 21.3.2006 - B 2 U 24/04 R - RdNr 21 ff zitiert nach juris; Bieresborn in Schütze, SGB X, 9. Aufl 2020, § 84 RdNr 26), bereits daran scheitern muss.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.