L 7 AS 499/20

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 16 AS 558/20
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 499/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze

Eine vorbeugende Unterlassungsklage gegen die Einholung von Arbeitgeberauskünften durch ein Jobcenter wegen erzielten Einkommens eines Leistungsberechtigten ist regelmäßig unzulässig.

 

I. Die Berufungen gegen die Urteile des Sozialgerichts Augsburg vom 6. August 2020 und 29. April 2021 werden zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.


G r ü n d e:

I.

Die Kläger begehren die Unterlassung von "Einmischungen in das Berufs- und Privatleben", die "Einhaltung des Sozialpaket 2" und die Unterlassung der "betrügerischen Anrechnungsfälle sowie die sonstigen Nötigungen, Betrügereien und Unterschlagungen".

Die 1981 bzw. 1983 geb. Kläger sind verheiratet und beziehen als Bedarfsgemeinschaft vom Beklagten seit Januar 2009 mit Unterbrechungen laufend Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem SGB II. Der Kläger zu 1 ist nach eigenen Angaben selbständig, erzielt aber hieraus seit längerem keine Einnahmen. Daneben ist der Kläger zu 1 immer wieder zeitweise abhängig beschäftigt.

Mit vorläufigem Bescheid vom 21.4.2019 wurden den Klägern für die Zeit vom 1.5.2019 bis 31.10.2019 SGB II-Leistungen von 1.264 € monatlich bewilligt. Mit vorläufigem Bescheid vom 26.8.2019 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 23.11.2019 wurden den Klägern für die Zeit vom 1.11.2019 bis 30.4.2020 SGB II -Leistungen in Höhe von monatlich 1.264 €, ab 1.1.2020 1.278 € bewilligt, jeweils ohne Anrechnung von Einkommen.

Mit E-Mail vom 29.8.2019 teilte der Kläger zu 1 mit, dass er ab September 2019 eine Beschäftigung aufnehmen werde, so dass die Leistungen ab 1.11.2019 einzustellen seien. Daraufhin wurden mit Schreiben vom 3.9.2019 die Leistungen ab 1.11.2019 vorläufig eingestellt. Mit Schreiben vom 16.10.2021 wurde der Kläger zu 1 zur Vorlage u.a. von Verdienstbescheinigungen aufgefordert. Der Kläger zu 1 teilte mit, dass er die Zusammenarbeit mit der Firma S GmbH beendet habe, da diese ihrer Zahlungsverpflichtung nicht nachkomme. Ferner behauptete er, dass er keine Lohnabrechnungen und keinen Lohn erhalten habe. Er habe bereits eine andere Beschäftigung in Aussicht (s. E-Mail und Schreiben vom 26.8.2019, 27.9.2019, 30.9.2019, 14.10.2019, 23.10.2019, 22.11.2019). Mit Schreiben vom 21.10.2019 wurden die Zahlungen wiederaufgenommen. Zum Nachweis fehlender Einkünfte übersandte der Kläger zu 1 eine Umsatzübersicht von seinem Konto bei der C Bank vom 1.8.2019 bis 18.10.2019 und eine (zusammengeschnittene) Umsatzübersicht zu seinem Konto bei der I für die Zeit vom 19.7. bis 18.10.2019. Hieraus waren Einkommenszuflüsse jeweils nicht erkennbar.

Der Kläger zu 1 legte entgegen der Aufforderung des Beklagten vom 16.10.2019 keine Verdienstbescheinigungen zu seiner Beschäftigung bei S vor. Der Beklagte verlangte mit Schreiben vom 21.10.2019 Auskunft beim Arbeitgeber, nachdem er durch den automatisierten Datenabgleich mit der Rentenversicherung vom 14.10.2019 davon Kenntnis erlangte, dass der Kläger entgegen seinen Angaben bereits ab 19.8.2019 versicherungspflichtig beschäftigt war. Der Arbeitgeber übersandte mit Schreiben vom 8.11.2019 eine Verdienstbescheinigung über eine Beschäftigung vom 19.8.2019 bis 4.10.2019. Danach erzielte der Kläger zu 1 im August ein Bruttogehalt von 790,27 € und im September von 952,60 €. Gemäß Telefonvermerk vom 20.11.2019 wurden auf das Konto bei der I im August 591,77 €, im September 782,22 € und im September 15,15 € überwiesen. Mit Aufforderung zur Mitwirkung vom 20.11.2019 konfrontierte der Beklagte den Kläger zu 1 mit diesem Sachverhalt und verlangte eine Stellungnahme sowie die Übersendung der lückenlosen Kontoauszüge ohne Ausblendungen betreffend den Zeitraum von August bis Oktober 2019.

Zudem erhielt der Beklagte über den automatisierten Datenabgleich mit der Rentenversicherung erstmalig am 27.11.2019 Kenntnis davon, dass der Kläger zu 1 bei der S1 AG vom 1.7. bis 31.7.2019 versicherungspflichtig beschäftig war. Auch hierzu verlangte der Beklagte mit Mitwirkungsaufforderung vom 27.11.2019 Nachweise vom Kläger zu 1. Da der Kläger hierauf nicht reagierte, verlangte der Beklagte vom Arbeitgeber Auskunft. Laut Arbeitgeberbescheinigung vom 18.2.2020 erzielte der Kläger im Juli ein Bruttoeinkommen von 1.843,18 €, netto von 1.496,96 €, das nach Angaben des Arbeitgebers im Folgemonat ausgezahlt wurde. Auf den eingereichten Umsatzübersichten zu den Konten bei der C Bank und I war der Einkommenszufluss im August nicht ersichtlich.

Durch einen weiteren automatisierten Datenabgleich mit der Rentenversicherung erhielt der Beklagte erstmalig Kenntnis von einer Beschäftigung des Klägers zu 1 ab 20.4.2020, was ihn zu einer weiteren Mitwirkungsaufforderung vom 1.7.2020 gegenüber dem Kläger zu 1 veranlasste.

Mit Bescheiden vom 30.3.und 31.3.2020 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 3.7.2021 und 6.7.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.7.2020 (W 76/20) setzte der Beklagte die SGB II-Leistungen für die Zeit vom 1.5.2019 bis 31.10.2015 endgültig fest und verlangte Erstattung in Höhe von zuletzt jeweils 919,46 € (S 16 AS 596/20).

Wegen der Amtsermittlungen des Beklagten in Zusammenhang mit der Einkommenserzielung aus abhängiger Beschäftigung und abschließenden Leistungsfestsetzung betreffend den Bewilligungszeitraum Mai bis Oktober 2019 initiierten die Kläger diverse Klagen, die das Sozialgericht wie folgt erfasste:

-  S 16 AS 1160/19, L 7 AS 159/21 "Klage auf Unterbindung der ständigen fadenscheinigen Komplettentsagungen und Unterschlagungen"; Klageerhebung am 21.10.2019,
-  S 16 AS 1161/19, L 7 AS 160/21 "Klage auf Unterbindung von Straftaten und Einleitung Strafprozess"; Klageerhebung am 21.10.2019,
-  S 16 AS 1262/19, L 7 AS 161/21 "Klage auf Unterbindung rechtswidriger Handlungen insbesondere widerrechtliche Kontaktaufnahmen mit Arbeitgeber"; Klageerhebung am 22.11.2019,
-  S 16 AS 1282/19, L 7 AS 234/20 "Klage auf Unterbindung fadenscheiniger Unterstellungen"; Klageerhebung am 28.11.2019,
-  S 16 AS 1283/19, L 7 AS 466/20 "Klage auf Verpflichtung zur korrekten Bearbeitung der eingereichten Unterlagen"; Klageerhebung am 28.11.2019;
-  S 16 AS 332/20, L 7 AS 373/21 "Klage auf Unterlassen der betrügerischen Anrechnungsfälle"; Klageerhebung am 1.4.2020,
-  S 16 AS 333/20, L 7 AS 498/20 "Unterlassen der Einmischung in Arbeitsverhältnisse"; Klageerhebung am 1.4.2020,
-  S 16 AS 334/20, L 7 AS 468/20 "Klage auf korrekte Bearbeitung meiner Eingaben"; Klageerhebung am 1.4.2020;
sowie
-  S 16 AS 596/20 wegen der Überprüfung der Einkommensanrechnung Mai bis Oktober 2019 nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 21.7.2020, Klageerhebung am 23.7.2020, noch anhängig am Sozialgericht.

Mit Schreiben vom 6.7.2020 erhoben die Kläger weitere Klagen im Zusammenhang mit den Sachverhaltsermittlungen des Beklagten von Amts wegen in Bezug auf erzieltes Einkommen aus abhängiger Beschäftigung betreffend den Bewilligungszeitraum von Mai bis Oktober 2019, die das Sozialgericht jeweils getrennt mit einem Aktenzeichen erfasste. Die hier in Streit stehenden mit Nr. 2, 5 und 9 bezifferten Klagen betreffen eine "Unterlassungsklage" von Einmischungen in das Berufs- und Privatleben (S 16 AS 558/20), "Klage auf Einhaltung Sozialpaket 2" (S 16 AS 561/20) und "Klage auf Unterlassen der betrügerischen Anrechnungsfälle sowie sonstige Nötigungen, Betrügereien und Unterschlagungen" (S 16 AS 564/20).

Zur Begründung führten die Kläger aus, dass der Beklagte sich weiterhin in ihr Berufs- und Privatleben einmische, was das Gericht umgehend zu unterbinden habe. Daher forderten sie eine strafbewehrte Unterlassungserklärung. Der Beklagte verstoße gegen die Regeln des Sozialschutzpaket 2, wonach bis 30.9.2020 keine Einkommens- oder Vermögensprüfung stattfinden dürfe. Sie würden monatlich ihre Kontoauszüge übermitteln, die erneute Aufforderung sei daher Schikane. Der Beklagte höre freiwillig nicht mit diesen Einmischungen und Hetzkampagnen auf. Seit Jahren würden ihnen ALG II-Leistungen vorenthalten.
 
Mit Urteilen vom 6.8.2020 (2 Entscheidungen) und 29.4.2021 wurden die Klagen als unzulässig abgewiesen.

Mit Schreiben vom 19.8.2020 und 5.8.2021 legten die Kläger gegen diese Entscheidungen jeweils Berufung beim Bay. Landessozialgericht ein (L 7 AS 499/20, L 7 AS 500/20 und L 7 AS 374/21). Sie machten sinngemäß geltend, dass die Entscheidungen des Sozialgerichts falsch seien.

Mit gerichtlichen Schreiben vom 8.9.2021, den Klägern mit PZU am 15.10.2021 zugestellt, wurden die Beteiligten zur beabsichtigten Verbindung der Verfahren und anschließenden Entscheidung gemäß § 153 Abs. 4 SGG gehört. Mit Schreiben vom 9.9.2021 erklärte der Beklagte sein Einverständnis.

Mit Beschluss vom 8.11.2021 wurden die streitigen Verfahren gemäß § 113 Abs. 1 SGG verbunden und mit dem Aktenzeichen L 7 AS 499/20 fortgeführt.

Die Kläger beantragen sinngemäß,
die Urteile des Sozialgerichts Augsburg jeweils vom 6.8.2020 und vom 29.4.2021 aufzuheben und den Beklagten zur Unterlassung von "Einmischungen in das Berufs- und Privatleben", auf "Einhaltung des Sozialpaket 2" und die Unterlassung der "betrügerischen Anrechnungsfälle sowie die sonstigen Nötigungen, Betrügereien und Unterschlagungen" zu verurteilen.
 
Der Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.

Er hält die Entscheidungen des Sozialgerichts für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akten des Sozialgerichts und des Beklagten Bezug genommen.

II.

Die Berufungen der Kläger sind zulässig, jedoch unbegründet.

Der Senat konnte gemäß § 153 Abs. 4 SGG entscheiden. Die Beteiligten wurden vor der beabsichtigten Entscheidung gehört. Der Senat hält die Berufungen einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich.
 
Streitgegenstand ist das Begehren der Kläger auf Unterlassung der Einmischung in das Berufs- und Privatleben" und der "betrügerischen Anrechnungsfälle sowie der sonstigen Nötigungen, Betrügereien und Unterschlagungen" und der "Einhaltung des Sozialpaket 2". Gemäß § 123 SGG entscheidet das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Die von den Klägern formulierten Klageanträge sind auslegungsbedürftig. Für die Auslegung von Prozesshandlungen einschließlich der Klageanträge ist die Auslegungsregel des § 133 BGB entsprechend anzuwenden. Danach ist nicht an dem Wortlaut einer Erklärung zu haften, sondern der wirkliche Wille zu erforschen und zu berücksichtigen, soweit er für das Gericht und die Beteiligten erkennbar ist. Dabei muss der für das Gericht und die übrigen Beteiligten erkennbare gesamte Klagevortrag einschließlich der Verwaltungsvorgänge herangezogen und der Antrag unter Beachtung des Meistbegünstigungsprinzips zugrunde gelegt werden, der dem Kläger zu seinem Klageziel verhilft (vgl. BSG vom 6.4.2011, B 4 AS 119/10 R m.w.N.; Meyer-Ladewig, SGG, Kommentar, 13. Auflage 2020, § 123 Rn 3).

Ausgehend von dem der Klageerhebung vorausgehenden Sachverhalt und unter Berücksichtigung der Klagebegründung zielen die Klagen im Kern darauf ab, dem Beklagten Sachverhaltsermittlungen von Amts wegen zum möglicherweise erzielten Einkommen aus abhängiger Beschäftigung zu untersagen. Ziel ist es zu verhindern, dass bedarfsminderndes Einkommen durch den Beklagten ermittelt wird, das ihren Leistungsanspruch mindert und zu Erstattungsforderungen führt. Insbesondere soll der Beklagte jegliche Aufforderungen zur Mitwirkung gegenüber dem Kläger zu 1, als auch die Einholung von Arbeitgeberauskünften, jegliche Einkommens- und Vermögensprüfung sowie die Anrechnung von erzieltem Einkommen aus abhängiger Beschäftigung unterlassen. Vor dem Hintergrund, dass die Kläger generell Sachverhaltsermittlungen diesbezüglich jeglicher Art unterbinden wollen losgelöst vom Einzelfall, ist die Klageerhebung auch vom 6.7.2020 nicht zugleich als eine (zum damaligen Zeitpunkt unzulässige) Klageerhebung gegen die Änderungsbescheide vom 3. und 6.7.2020 auszulegen. Die hier vorgenommene Auslegung wird dadurch bestätigt, dass die Kläger -ungeachtet der bis dahin insgesamt 11 anhängigen Klagen zum Themenkomplex der endgültigen Leistungsfestsetzung für Mai bis Oktober 2019- nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 21.7.2020 dagegen eine weitere Klage erhoben haben (S 16 AS 596/20). Diese wäre überflüssig gewesen, wenn die Kläger die streitigen Bescheide bereits zum Gegenstand der anhängigen Klagen vom 1.4.2020 und 6.7.2020 gemacht hätten.

Ungeachtet der Frage der möglichen anderweitigen Rechtshängigkeit sind die hier streitigen Klagen unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt unzulässig.

Soweit sich das Begehren der Kläger auf die Zukunft richtet und diese erreichen wollen, dass der Beklagte die Kläger künftig nicht mehr zur Mitwirkung auffordert und keine Einkünfte mehr bei Arbeitgebern einholt, handelt es sich um eine sog. vorbeugende Unterlassungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG. Nach h.M. bedarf eine solche eines qualifizierten Rechtsschutzinteresses und einer konkreten Wiederholungsgefahr (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, Kommentar,13. Auflage 2020, § 54 Rn 42a m.w.N.; BSG vom 17.9.2019, B 3 KR 67/18 B; BSG vom 28.1.1993, 2 RU 8/92). Dies ist gegeben, wenn das Abwarten einer Beeinträchtigung mit unzumutbaren, nicht wiedergutzumachenden Nachteilen verbunden wäre. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Es ist weder vorgetragen, noch anderweitig ersichtlich, welche Nachteile die Kläger durch eine Mitwirkungsaufforderung oder Einholung einer Arbeitgeberauskunft erleiden müssten, wenn sie auf nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden. Insbesondere ist eine Beeinträchtigung der Arbeitsverhältnisse nicht zu erwarten, da der Beklagte stets zunächst Auskünfte vom Kläger zu 1 selbst verlangt. Die Einholung von Auskünften von Arbeitgebern erfolgt nach Aktenlage im Übrigen zu einem Zeitpunkt, zu dem die Arbeitsverhältnisse regelmäßig bereits beendet sind.

Dies gilt gleichermaßen für eine sog. vorbeugende Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG (vgl. Meyer-Ladewig, a.a.O., § 55 Rn 8c).

In Bezug auf die von den Klägern behauptete bereits eingetretene Rechtsverletzung ihrer Berufs- und Privatsphäre durch die Aufforderung zur Mitwirkung und Einholung von Auskünften bei Arbeitgebern steht der Zulässigkeit einer Leistungs- oder Feststellungsklage § 56a SGG entgegen. Danach können Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Die Vorschrift gilt für alle Klagearten und erfasst alle Verfahrenshandlungen, die der Förderung des Verfahrens dienen können, auch solche, welche die Verwaltung ablehnt, auch Realakte, konkludentes Verhalten und bloßes Unterlassen, sofern die Handlung das Verfahren nicht selbst abschließt. Hierbei handelt es sich um eine negative Zulässigkeitsvoraussetzung (vgl. Meyer-Ladewig, a.a.O., § 56a Rn 2 bis 4). Die Frage also, ob der Beklagte zu Recht zur Mitwirkung aufgefordert und Auskünfte von Arbeitgebern eingeholt und damit den Leistungsanspruch endgültig in zutreffender Höhe festgesetzt hat, ist allein im Rahmen der Rechtmäßigkeit der endgültigen Leistungsfestsetzung zu prüfen. Dies ist vorliegend Streitgegenstand im Verfahren S 16 AS 596/20.

Soweit sich das Begehren auf die Unterlassung der Anrechnung von Einkommen und Vermögen richtet, ungeachtet des Umstandes, dass der Beklagte nach Aktenlage kein Vermögen i.S.v. § 12 SGB II bislang anrechnet, ist die erhobene Unterlassungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG unzulässig. Denn ob und inwieweit Einkommen oder Vermögen nach §§ 11,12 SGB II anzurechnen ist, betrifft die Höhe des Leistungsanspruchs und ist durch einen Verwaltungsakt i.S.v. § 31 SGB X zu regeln. Auch eine Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr.1 SGG ist unzulässig, da es sich hierbei um eine unzulässige Elementenfeststellung handelt.

Schließlich ist auch die nach § 54 Abs. 5 SGG erhobene Klage auf Unterlassung von "Nötigungen, Betrügereien und Unterschlagungen" unzulässig. Der Klageantrag ist in Bezug auf den geltend gemachten Unterlassungsanspruch nicht hinreichend bestimmt. Mit Nötigung, Unterschlagung und Betrug werden keine konkreten Handlungen bezeichnet, sondern Straftatbestände, die das Gericht feststellen soll. Es ist jedoch nicht Aufgabe der Sozialgerichte, die tatbestandlichen Voraussetzungen von Straftaten i.S.d. StGB festzustellen. Dies ist den Strafgerichten vorbehalten.
 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision i.S.v. § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.

 

Rechtskraft
Aus
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