S 9 SB 1347/21 ER

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Konstanz (BWB)
Sachgebiet
Schwerbehindertenrecht
Abteilung
9
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 9 SB 1347/21 ER
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze

Die Zurückweisung eines Vereins als Bevollmächtigter nach § 13 Abs. 5 SGB X im Verwaltungsverfahren unterliegt anderen Voraussetzungen als die Zurückweisung eines Vereins als Bevollmächtigter im Gerichtsverfahren nach § 73 SGG. Insbesondere hängt die Vertretungsbefugnis eines Vereins innerhalb des Verwaltungsverfahrens nicht von einer Mindestgröße des Vereins ab.

 

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

 

Gründe

 

Aufgrund dessen, dass hier ein Fall des § 197a SGG vorliegt, entscheidet das Gericht von Amts wegen nach Abschluss des Verfahrens über die Kosten. Gehört in einem Rechtszug weder der Antragssteller noch der Antragsgegner zu den in § 183 SGG genannten Personen, was hier der Fall ist, sind die §§ 154 bis 162 VwGO entsprechend anzuwenden. Hat sich der Rechtsstreit – wie hier – nicht durch streitige Entscheidung, sondern anderweitig erledigt, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluss unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstand, vgl. § 161 Abs. 2 VwGO. Weitere Ermittlungen sind nicht anzustellen. Es erfolgt vielmehr eine lediglich summarische Prüfung. Eine Klärung bisher höchstrichterlich nicht geklärter Rechtsfragen soll nicht allein im Hinblick auf die noch offene Kostenentscheidung erfolgen (BeckOK VwGO/Zimmermann-Kreher § 161 Rn. 13 m.w.N.; BVerwG, Beschl. v. 7.9.2021 – 6 C 21.19, BeckRS 2021, 27826).

 

Die Erledigung des Rechtsstreits ist hier durch beiderseitige Erledigungserklärung eingetreten, wobei der Antragsteller beantragt hat „(…) dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.“, und der Antragsgegner beantragt hat „(…) den Kostenantrag abzulehnen.“ (s. GAS 94).

 

Der Antragsteller begehrt mit dem Eilantrag vom xx.x.xxxx die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des unter dem xx..x.xxxx eingelegten Widerspruchs gegen den Bescheid vom xx.x.xxxx, mit dem der Antragssteller nach § 13 Abs. 5 SGB X zurückgewiesen wurde.

 

Bei der Frage der Erfolgsaussichten des Eilantrags, nämlich ob die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs aufgrund von § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG anzuordnen gewesen wäre, ist zunächst zu prüfen, ob die Vollzugsanordnung als Annex zu dem Verwaltungsakt, hier der Zurückweisungsbescheid vom xx.x.xxxx, rechtmäßig war. Vorliegend wurde die sofortige Vollziehbarkeit des Bescheids vom xx.x.xxxx durch die zuständige Ausgangsbehörde schriftlich, mithin ausdrücklich in dem Bescheid vom xx.x.xxxx bestimmt. Ferner wurde auf S. 2 des Bescheids vom xx.x.xxxx die sofortige Vollziehung insbesondere mit dem Schutzzweck des RDG begründet. Die Voraussetzung, die von dem Gesetzgeber für die Vertretungsbefugnis von Verbände zur Förderung der Belange von Menschen mit Behinderungen im RDG normiert worden sind, würden den Zweck verfolgen, den Vertretenen vor unsachgemäßer bzw. unvollständiger Rechtsberatung zu schützen und damit eine bestimmte Beratungsqualität sicher zu stellen. Darüber hinaus solle die Norm auch zu einer geordneten Durchsetzung der Rechtsordnung unter Beachtung der einschlägigen Prozessordnung beitragen. Insofern lässt die Begründung noch erkennen, warum im konkreten Einzelfall das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt und warum die Anordnung der sofortigen Vollziehung dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit entspricht. Sodann sind die öffentlichen Interessen am sofortigen Vollzug des Verwaltungsaktes und die privaten Interessen an der Aussetzung der Vollziehung gegeneinander abzuwägen. Bei der Abwägung ist von Bedeutung, ob der Rechtsbehelf Aussicht auf Erfolg hat oder nicht (MKLS/Keller, 13. Aufl. 2020, § 86a Rn. 20b m.w.N.). Sind die Erfolgsaussichten nicht abschätzbar, ist eine allgemeine Interessenabwägung vorzunehmen, wobei der Grad der Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen ist (MKLS/Keller, 13. Aufl. 2020, § 86b Rn. 12 f. m.w.N.).

 

Gemäß § 13 Abs. 5 SGB X sind Bevollmächtigte und Beistände zurückzuweisen, wenn sie entgegen § 3 RDG Rechtsdienstleistungen erbringen. Nach § 3 RDG ist die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch dieses Gesetz oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird.

 

Eine Zurückweisung des Bevollmächtigten oder des Beistandes hat nicht zu erfolgen, wenn die Tätigkeit durch das RDG erlaubt ist. U.a. zählen hierzu Mitgliederberatungen durch Berufs- und Interessenvereinigungen (Gewerkschaften, Sozialverbände, Vereine) im Rahmen ihres satzungsmäßigen Aufgabenbereichs, vgl. § 7 RDG, sowie öffentliche und öffentliche anerkannte Stellen iSd. § 8 RDG, wie bspw. anerkannte Verbände zur Förderung der Belange behinderter Menschen iSd. § 15 Abs. 3 BGG im Rahmen ihres Aufgaben- und Zuständigkeitsbereichs.

 

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG erlaubt sind Rechtsdienstleistungen, die berufliche oder andere zur Wahrung gemeinschaftlicher Interessen gegründete Vereinigungen und deren Zusammenschlüsse im Rahmen ihres satzungsmäßigen Aufgabenbereichs für ihre Mitglieder oder für die Mitglieder der ihnen angehörenden Vereinigungen oder Einrichtungen erbringen, soweit sie gegenüber der Erfüllung ihrer übrigen satzungsmäßigen Aufgaben nicht von übergeordneter Bedeutung sind (u.a. BSG, Urt. v. 18.9.2014 – B 14 AS 5/14 R (Rn. 28) – juris). Entgegen der zunächst vertretenen Auffassung des Antragsgegners kommt es auf eine Mindestgröße des Vereins nicht mehr an. Nach frühere Rechtslage ist dieses Erfordernis aus der Voraussetzung „berufsständisch“ hergeleitet worden (s. zum ganzen BeckOK RDG/Müller § 7 RDG Rn. 14 m.w.N. aus der früheren obergerichtl. Rechtsprechung). In der aktuell geltenden Fassung ist auf die Mitgliederzahl als Prüfungsmaßstab verzichtet worden. In dem Regierungsentwurf BT-Drs. 16/3655 heißt es auf S. 60: „Diese Voraussetzungen lehnen sich an § 3 Abs. 1 Nr. 2 des Unterlassungsklagengesetzes und § 14 des Sozialgerichtsgesetzes an und ersetzen das im geltenden Recht durch das Tatbestandsmerkmal der Berufsstandsvertretung angelegte Erfordernis einer gewissen Mindestgröße der Vereinigung. Künftig sollen auch kleine Vereinigungen ihren Mitgliedern Rechtsrat erteilen dürfen, wenn – was im Einzelfall anhand von Art und Umfang der angebotenen Rechtsdienstleistungen zu prüfen ist – ihre Ausstattung hierfür ausreicht.(…)“

 

§ 7 Abs. 1 RDG erlaubt Rechtsdienstleistungen nur beschränkt auf den satzungsmäßigen Aufgabenbereich. Die einschlägigen Satzungsbestimmungen müssen wiederum im Einklang mit den von der Vorschrift privilegierten Zielen stehen und dürfen nicht über diese hinausgehen. Die Rechtsdienstleistungen dürfen dabei gegenüber der Erfüllung der übrigen satzungsmäßigen Aufgaben nicht von übergeordneter Bedeutung sein. Vielmehr muss den Rechtsdienstleistungen eine dienende Funktion zur Erreichung des privilegierten Gesamtzwecks zu kommen (ausf. BeckOK RDG/Müller § 7 RDG Rn. 24 m.w.N.). Mit der Privilegierung ist es nicht vereinbar, die Rechtsdienstleistung mit einer Gewinnerzielungsabsicht anzubieten (ausf. BeckOK RDG/Müller § 7 RDG Rn. 25 m.w.N.). Vereinigungen dürfen grundsätzlich nur für ihre eigenen Mitglieder Rechtsdienstleistungen erbringen (ausf. BeckOK RDG/Müller § 7 RDG Rn. 27 m.w.N.). Vorliegend ergibt sich aus § 3 Abs. 1 der Satzung, dass der Antragsteller selbstlos tätig ist. Ferner ist dem Gericht mit Schreiben unter dem xx.x.xxxx mitgeteilt worden, dass das Mitglied nur den laufenden Mitgliedsbeitrag bezahlen müsse. Empfänger der Rechtsdienstleistung des Antragstellers ist vorliegend das Mitglied (s. Vollmacht Bl. 25 VA).

 

In der Satzung wird der Vereinszweck wie folgt formuliert:

 

㤠2 Vereinszweck

 

(1) Der Verein verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts „Steuerbegünstigte Zwecke" der Abgabenordnung.

 

(2) Der Zweck des Vereins besteht in der Förderung und Verbreitung der Grundsätze des Selbstbestimmten Lebens behinderter Menschen. Dies geschieht sowohl parteipolitisch als auch konfessionell unabhängig. Ziel des Vereins ist es, die Menschenrechte behinderter Menschen zu realisieren. Daher gehört es zu den vorrangigen Aufgaben des Vereins die Gleichstellung, die Selbstbestimmung und die volle gesellschaftliche Teilhabe behinderter Menschen nach Maßgabe des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen voranzubringen und gegen jegliche Diskriminierung behinderter Menschen einzutreten.

• Dies geschieht behinderungsübergreifend und ungeachtet des Geschlechts, des Alters und der Herkunft. Neben der individuellen Stärkung behinderter Menschen setzt sich der Verein politisch ein für deren Interessenvertretung im kommunalen und regionalen Rahmen und in der Zusammenarbeit mit der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V, — ISL

• durch das Angebot einer Sozialen-Sprechstunde: Rechtsberatung im Sozialrecht, insbesondere bei Problemen mit den Krankenkasse, der Pflegeversicherung, der Berufsgenossenschaften, bei der Anerkennung der Schwerbehinderung, im Rentenrecht, Sozialhilfe und ALG II.

• Angebot der „Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatungsstelle (EUTB)

• Entwicklung weiterer Projekte im Bereich der Behindertenhilfe und Inkluion.

• Die „Principles of Independent Living" http://mmi.islev.de/de/organisation/satzung.html und das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (BRK) werden hierbei für unsere Arbeit zu Grunde gelegt“

 

Zuzugeben ist dem Antragsgegner, dass von § 7 RDG eine Ausweitung des Satzungszwecks auf eine allgemeine Rechtsberatung der Mitglieder nicht gedeckt ist (BeckOK RDG/Müller § 7 RDG Rn. 24 m.w.N; s. auch Regierungsentwurf BT-Drs. 16/3655, der auf S. 60 von einem „Rechtsdienstleistungsverein“ spricht). Ausweislich des Satzungszwecks ist es Ziel des Vereins, die Menschenrechte behinderter Menschen zu realisieren. Als vorrangige Aufgaben des Vereins wird das Voranbringen der Gleichstellung, der Selbstbestimmung und der vollen gesellschaftlichen Teilhabe behinderter Menschen benannt. Dies soll auch durch eine Rechtsberatung im Sozialrecht verwirklicht werden.  Die Sozialgesetzbücher enthalten Ansprüche für behinderte Menschen. Bspw. sind in den Sozialgesetzbüchern II, III, V, VI, VII und XII Vorschriften enthalten, die die medizinische und berufliche Rehabilitation behinderter Menschen betreffen.  Ein Bezug zur Behinderung besteht somit nicht nur bei Ansprüchen aus dem SGB IX, sodass vorliegend nicht von einer allgemeinen Rechtsberatung auszugehen ist. Zuzugeben ist dem Antragsgegner jedoch, dass den Rechtsdienstleistungen gegenüber der Erfüllung der übrigen satzungsmäßigen Aufgaben keine übergeordnete Bedeutung zukommen darf.

 

Wie bei unentgeltlichen Rechtsdienstleistungen durch karitative Organisationen muss auch die Vereinsrechtsberatung durch eine Person, der die entgeltliche Erbringung dieser Rechtsdienstleistung erlaubt ist, durch eine Person mit Befähigung zum Richteramt oder zumindest unter Anleitung einer solchen Person erfolgen, vgl. § 7 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 RDG. Der Begriff der Anleitung ist so zu verstehen wie in § 6 Abs. 2 S. 2 RDG. Erforderlich ist also eine an Umfang und Inhalt der zu erbringenden Rechtsdienstleistung ausgerichtete Einweisung und Fortbildung und in komplexen, schwierigen Einzelfällen auch eine Mitwirkung bei der Erbringung der Rechtsdienstleistung. Dabei sind abhängig von der Organisationsstruktur der Einrichtung, der Qualifikation und Berufserfahrung der unmittelbar rechtsberatend tätigen Personen unterschiedliche Formen der Anleitung möglich. Über das Mindesterfordernis der Beteiligung einer juristisch qualifizierten Person hinaus muss sichergestellt sein, dass die Vereinigung hinsichtlich ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung dazu in der Lage ist, ihre Mitglieder sachgerecht zu beraten. So heißt es in dem Regierungsentwurf BT-Drs. 16/3655 auf S. 60:„(…)Die Anforderungen an die Ausstattung stehen dabei in unmittelbarer Abhängigkeit zu dem Umfang, in dem eine Vereinigung Rechtsdienstleistungen anbietet: Vereinigungen mit wenigen Mitgliedern, die nur gelegentlich Rechtsrat erteilen – etwa ein einzelner Kleingartenverein, der seine Mitglieder auch in rechtlichen Fragen berät, die im Zusammenhang mit der Vereinszugehörigkeit entstehen – benötigen keine besondere Ausstattung. Bei ihnen verbleibt es daher bei der Pflicht zur Beteiligung einer juristisch qualifizierten Person, die auch im Dachverband, im Beispiel der Kleingartenvereine etwa im Bundesverband der Gartenfreunde e. V., angesiedelt sein kann. Wer dagegen – wie etwa die Gewerkschaften oder die Mietervereine – seinen zahlreichen Mitgliedern umfassende Rechtsdienstleistungen auf den Gebieten des Arbeits- bzw. Mietrechts anbietet, benötigt eine professionelle Organisationsstruktur. Hierzu gehört neben der Anzahl und Qualifikation der vor Ort beratenden Mitarbeiter und dem Vorhandensein einer ausreichenden, der Tätigkeit angemessenen Büroausstattung auch eine finanzielle Ausstattung, die – zumal eine Haftpflichtversicherung grundsätzlich nicht erforderlich ist – auch ausreicht, um einzelne Haftungsfälle abzudecken (…).“ Daraus lässt sich entnehmen, dass Vereinigungen mit nur wenigen Mitgliedern, die nur gelegentlich Rechtsrat erteilen, keine besondere Ausstattung benötigen. Es verbleibt hier bei der Pflicht zur Beteiligung einer juristisch qualifizierten Person, die auch in einem Dachverband angestellt sein kann. Ausreichend ist also, dass die beratend tätige Person Informationen von dem zuständigen Bundesverband erhält und dort einen Volljuristen als Ansprechpartner für komplexe Fälle hat. Dagegen benötigen größere Vereinigungen, die ihren Mitgliedern umfassende Rechtsdienstleistungen auf bestimmten Rechtsgebieten anbieten, etwa Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften, die großen Automobilclubs oder Mietervereine, eine professionelle Organisationsstruktur. Dies bedeutet, dass ausreichend qualifizierter Mitarbeiter vor Ort zur Verfügung stehen müssen, die den anfallenden Beratungsbedarf abdecken können. Es reicht somit nicht aus, lediglich einen externen Rechtsanwalt mit der Anleitung der Mitarbeiter zu betrauen. Vielmehr müssen in personeller Hinsicht grundsätzlich in der eigenen Organisation Volljuristen zur Verfügung stehen (BeckOK RDG/Müller § 7 Rn. 31 ff. m.w.N).

 

Zur Sachausstattung gehört, dass der Verband über geeignete Büroräume, Kommunikation- und Recherchemittel verfügt. Eine hinreichende finanzielle Ausstattung setzt voraus, dass die laufenden Kosten der Rechtsberatung gedeckt sind. Diese Deckung kann durch Eigenmittel, Mitgliedsbeiträge oder Spenden, aber auch durch ein besonderes Entgelt für die jeweilige Dienstleistung erfolgen. Angesichts des Umstands, dass eine Haftpflichtversicherung nicht verlangt wird, muss zudem sichergestellt sein, dass mit den vorhandenen finanziellen Mittel zumindest einige Haftungsfälle abgedeckt werden können (BeckOK RDG/Müller § 7 Rn. 35 f. m.w.N).

 

Unstreitig verfügt der Verein über Kommunikations-  und Recherchemittel sowie Büroräume. Ferner hat der Antragsteller in seiner Antragsschrift mitgeteilt, dass er über eine Haftpflichtversicherung verfügt. Vorliegend handelt es sich zwar bisher noch um einen kleineren Verein. Ausweislich des Satzungszwecks soll das Ziel des Vereins jedoch auch durch Rechtsberatung im Sozialrecht erfolgen (s.o.), sodass es sich um umfassende Rechtsdienstleistungen auf dem bestimmten Rechtsgebiet des Sozialrechts handelt. Einerseits hat hier der Antragssteller mitgeteilt, mit der Rechtsanwältin W. zu kooperieren (s. GAS 36 f.) und bei sozialrechtlichen Fragen durch den Landesverband des P.W. Verbandes unterstützt zu werden (s. GAS 36, 38). Andererseits ist dem Antragsgegner zuzugeben, dass trotz der umfassenden Rechtsberatung im Sozialrecht vor Ort kein Volljurist mit der Beratung betraut ist.

 

Offen bleiben kann hier, ob der Antragssteller nach § 15 Abs. 3 BGG anerkannt und es sich um eine Stelle iSd. § 8 RDG handelt.  Nach § 8 Abs. 2 RDG gelten die in § 7 Abs. 2 RDG statuierten Pflichten in Bezug auf die erforderliche personelle, sachliche und finanzielle Ausstattung ebenso wie das dort enthaltene Erfordernis, Rechtsdienstleistungen nur durch eine juristisch qualifizierte Person oder mindestens unter dessen Anleitung zu erbringen (BeckOK RDG/Müller § 8 Rn. 31).

 

Nach alledem sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache nach summarischer Prüfung offen, sodass es bei der allgemeinen Interessenabwägung bleibt. Seitens des Antragsgegners ist eine präventive Wirkung zu berücksichtigten, den Vertretenen vor unsachgemäßer bzw. unvollständiger Rechtsberatung zu schützen und damit eine bestimmte Beratungsqualität sicher zu stellen. Auf Seiten des Antragstellers ist zu berücksichtigen, dass eine (wirksame) Vertretung seines Mitglieds als Bevollmächtigter im Verwaltungsverfahren nicht möglich gewesen ist.

 

Nach billigem Ermessen sind die Kosten aufgrund der offenen Erfolgsaussichten und Interessensabwägung gegeneinander aufzuheben, d.h., dass die Beteiligten die Gerichtskosten jeweils zur Hälfte sowie ihre eigenen außergerichtlichen Kosten zu tragen haben, vgl. § 155 Abs. 1 S. 1 und 2 VwGO. Wenngleich hier der Antragsgegner nach § 2 Abs. 1 GKG kostenbefreit ist, ist eine Kostengrundentscheidung zu treffen, da die grundsätzliche Gerichtskostenpflicht von der parteibezogenen Befreiung von den Gerichtskosten zu trennen ist (LSG Bayern, Urt. v. 4.2.2021 – L 12 SF 224/19 E, BeckRS 2021, 2779 m.w.N.).

 

Ein isolierter Kostengrundbeschluss nach § 197a SGG ist nicht beschwerdefähig, vgl. § 158 Abs. 2 VwGO (ausf. zum früheren Streitstand BeckOGK/Wahrendorf, § 172 SGG Rn. 55).

 

 

 

 

 

 

 

 

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