I. Unter Abänderung des Bescheides vom 02.09.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.05.2010 wird die Beklagte verurteilt, für die Zeit vom 03.08.2009 bis einschließlich 22.11.2009 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen Krankengeld zu gewähren.
II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Die Beklagte hat dem Kläger 1/3 seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
T a t b e s t a n d :
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger für die Zeit vom 03.08.2009 bis 17.08.2010 dem Grunde nach Anspruch auf Krankengeld hat.
Der 1967 geborene Kläger ist bei der Beklagten gegen Krankheit versichert. Die Beklagte hatte mit bestandskräftigem Bescheid vom 20.02.2009 entschieden, dass der Krankengeldanspruch des Klägers spätestens am 18.05.2009 endete. Sie hatte dabei neben den seit 06.05.2008 vorliegenden durchgehenden Zeiten der Arbeitsunfähigkeit weitere Zeiten der Arbeitsunfähigkeit vom 14.03.2007 bis 23.07.2007, vom 25.10.2006 bis 31.10.2006 und vom 17.07.2006 bis 18.08.2006 angerechnet. Der Kläger hatte dann auch bis 18.05.2009 von der Beklagten Krankengeld bezogen. Er beantragte bei der Bundesagentur für Arbeit Arbeitslosengeld nach § 117 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) und meldete sich ab 11.05.2009 arbeitslos. Er bezog von der Bundesagentur für Arbeit ab 19.05.2009 Arbeitslosengeld nach § 117 SGB III. Die Bundesagentur für Arbeit erließ den Änderungsbescheid vom 04.08.2009, mit dem sie auch ab 03.08.2009 für die Anspruchsdauer von 80 Tagen Arbeitslosengeld bewilligte. Dieser Bescheid wurde von der Bundesagentur für Arbeit mit einem weiteren Bescheid, der am selben Tag erlassen wurde, wieder aufgehoben. Dabei wurde als Grund das Ende der Leistungsfortzahlung (§ 126 SGB III) im Krankheitsfall angegeben. Tatsächlich hatte der Kläger weiterhin Arbeitslosengeld bezogen.
Dem Kläger wurde vom behandelnden Orthopäden am 22.06.2009 unter der Angabe des Diagnoseschlüssels M 54.89 (sonstige Rückenschmerzen, nicht näher bezeichneter Lokalisation) Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Diese Diagnose wurde auch in den Folgebescheinigungen und in den Auszahlscheinen angegeben. Mit Bescheid vom 14.08.2009 wurde dem Kläger ab 03.08.2009 Krankengeld bewilligt.
In einem Aktenvermerk einer Mitarbeiterin der Beklagten vom 26.08.2009 ist ausgeführt, dass der Kläger wegen der beabsichtigten Aufhebung des Bescheides vom 14.08.2009 angehört worden sei. Im Vermerk wird auf den Umstand des Weiterbezuges von Arbeitslosengeld und die Ruhensregelung verwiesen sowie auf die Feststellung, dass der Kläger die Höchstbezugsdauer von Krankengeld am 18.05.2009 erreicht habe. Schließlich erließ die Beklagte ihren Bescheid vom 02.09.2009. Unter Verweis auf eine am 18.05.2009 endende Höchstbezugsdauer wurde mitgeteilt, dass kein Anspruch des Klägers auf Krankengeld ab dem 22.06.2009 bestehe.
Hiergegen wurde mit Telefax vom 13.09.2009 Widerspruch erhoben. Der Kläger führte aus, dass er auf der Krankengeldzahlung nach dem Bescheid vom 14.08.2009 bestehe. Durch die Verweigerung der Zahlung von Krankengeld stünden ihm ab 23.10.2009 nur noch Hartz IV-Leistungen zu.
Der Kläger erhielt dann auch bis einschließlich 22.10.2009 Leistungen des Arbeitslosengeldes I. Die Beklagte wiederum führte dann ab 23.10.2009 über die Ehefrau des Klägers als Stammversicherte eine Familienversicherung für den Kläger durch.
Die Beklagte forderte schließlich den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) in Bayern zur Stellungnahme auf, die dieser am 15.12.2009 vorlegte. Danach ist in den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen meist verwendete ICD-Nr. M 54.89 so allgemein, dass man Schmerzen oberhalb des Schulterblattes bei großzügiger Betrachtung als auch irgendwie "zum Rücken gehörig" ansehen könne. Dem Schreiben der Kasse zur Höchstbezugsdauer vom 02.09.2009 könne man nicht folgen. Ein Zusammenhang einer aktuellen Erkrankung mit einer Vorerkrankung liege dann vor, falls es sich um dieselbe Ursache handele und um dasselbe Erscheinungsbild. Wenn auch die Vorerkrankung an der Lendenwirbelsäule Folge von Degenerationen an Bandscheiben gewesen sei und wohl auch die jetzige Erkrankung als Bandscheibenerkrankung gesehen werden könne, so sei das Erscheinungsbild zu sehr verschieden. Eine Lumboischialgie, also ein Beinschmerz, sei nicht dasselbe wie ein Schulterschmerz. Zumindest bis zur Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 23.11.2009 mit dem Diagnoseschlüssel M 54.16 (lumbale Radikulopathie) sei es seit dem 22.06.2009 immer nur um die seit dem Sturz schmerzende Schulter gegangen. Für die Zeit vor dem 22.06.2009 hat die Gutachterin des MDK keine latente Arbeitsunfähigkeit wegen der Lendenwirbelsäule gesehen.
Die Stellungnahme des MDK führte zum Schreiben der Beklagten vom 21.12.2009 an den MDK, mit dem der Gutachterin Entscheidungen des Bundessozialgerichtes und des Landessozialgerichtes Baden-Württemberg zugeleitet wurden. Dies wurde u. a. verbunden mit der Frage, ob sich aus sozialmedizinischer Sicht eine Attestierung von Arbeitsunfähigkeit, wie von Dr. F. erfolgt, "tatsächlich nur durch Folgen des Unfalls, welcher keine Fraktur zur Folge hatte, rechtfertigen lässt oder bedingt nicht gerade die Vorschädigung an der Wirbelsäule - Herr A. war immerhin vom 05.05.2008 bis 18.05.2009 krankgeschrieben - des Patienten die weitere Arbeitsunfähigkeit bzw. gesundheitliche Beeinträchtigung zumindest mit?" Daraufhin folgte die weitere Stellungnahme des MDK vom 30.12.2009. Danach wurde die Stellungnahme "anhand LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 09.05.2006" ergänzt. Im vorliegenden Fall sei dasselbe Organ (LWS und HWS = WS) betroffen und die Krankheitsursache sei mit degenerativen Bandscheibenveränderungen dieselbe, und die Krankheitserscheinungen seien zwar nicht dieselben, aber gleichartig an Schulter und Bein im Sinne einer schmerzhaften Neuralgie. In diesem Sinne passe dann auch die vom Arzt gewählte ICD-Nr. M 54.89, als einheitliche Erkrankung, auch der Erkrankung ab 22.06.2009".
Auf Nachfrage teilte der Bevollmächtigte des Klägers mit, dass zwischen dem 23.11.2009 und dem 04.02.2010 keine weiteren Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen existieren würden.
Mit Bescheid vom 26.05.2010 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Im Widerspruchsbescheid wird ausführlich die Regelung des § 48 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) dargestellt, ebenso die Ruhensregelungen nach § 49 Abs. 1 Nr. 1, 3 a und 4 SGB V). Der Krankengeldanspruch sei innerhalb der Blockfrist vom 17.07.2006 bis 16.07.2009 bereits am 18.05.2009 ausgeschöpft gewesen. Daher bestehe für die ab 22.06.2009 attestierte Arbeitsunfähigkeit kein Anspruch auf Krankengeld. Vor diesem Hintergrund lässt der Widerspruchsausschuss nunmehr offen, ob ab 22.06.2009 Arbeitsunfähigkeit vorlag und wie lange diese angedauert hat. Vom Arbeitsunfähigkeit attestierenden Arzt Dr. F. sei nicht von einem aufgehobenen Leistungsvermögen berichtet worden. Ohne zeitliche Eingrenzung wird dann der Ruhenstatbestand des § 49 Abs. 1 Nr. 3 a SGB V im Bescheid angeführt. Im Widerspruchsbescheid wird auch auf den Bescheid vom 14.08.2009 mit der Bewilligung von Krankengeld ab 03.08.2009 Bezug genommen. In diesem Zusammenhang wird ausgeführt, dass der Kläger am 26.08.2009 und 02.09.2009 informiert worden sei, dass eine Krankengeldzahlung nicht erfolgen könne, da kein Krankengeldanspruch bestehe. Weiter wird ausgeführt: "Selbst wenn die TK dieser Begründung nicht folgen würden und das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit annehmen würde, könnte eine Krankengeldzahlung nicht erfolgen, da Ihr Mandant gemäß Bewilligungsbescheid der Agentur für Arbeit vom 04.08.2009 Arbeitslosengeld ab dem 03.08.2009 erhalten hat." Wiederum ohne zeitliche Eingrenzung wird dann auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (Urteil vom 26.06.2007, Az.: B 1 KR 8/07 R) über die Notwendigkeit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zur Entstehung des Krankengeldanspruches nach § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V verwiesen. Dr. F. habe sich im Auszahlschein vom 14.09.2009 nicht zur voraussichtlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit geäußert. Der nachfolgende Auszahlschein sei dann am 23.10.2009 ausgestellt worden.
Hiergegen richtet sich die Klage vom 28.06.2010.
Das Gericht hat im vorbereitenden Verfahren Befundberichte von Dr. E. und von Dr. F. eingeholt. Im Auftrag des Gerichts hat Herr Dr. G. sein Gutachten vom 20.12.2010 erstattet. Der ärztliche Sachverständige ist zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger ab dem 22.06.2009 wegen einer Zervikobrachialgie links arbeitsunfähig erkrankt war. Ab dem 05.05.2008 ist nach seiner Einschätzung zuvor Arbeitsunfähigkeit verursachende chronische Lumbalgie weitgehend abgeklungen. Die ab dem 22.06.2009 Arbeitsunfähigkeit bewirkende Zervikobrachialgie sei nicht dieselbe Krankheit wie die chronische Lumbalgie.
Der Kläger ist der Auffassung, dass er wegen eines am 22.06.2009 eingetretenen Versicherungsfalls dem Grunde nach Anspruch auf Krankengeld ab 03.08.2009 bis 17.08.2010 hat.
Der Kläger beantragt,
die Entscheidung vom 26.08.2009 und den Bescheid vom 02.09.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.05.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Arbeitsunfähigkeit ab dem 22.06.2009 Krankengeld ab 03.08.2009 bis 17.08.2010 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrages verweist die Beklagte im Wesentlichen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Widerspruchsbescheides. Die Beklagte führt gegen das Ergebnis des Gutachtens von Herrn Dr. G. an, dass dieser die in das Verfahren mit eingeführten Urteile des Bundessozialgerichtes sowie des Landessozialgerichtes Baden-Württemberg unberücksichtigt gelassen habe. Mit Schriftsatz vom 20.01.2011 hat dann die Beklagte noch einen EDV-Ausdruck über Zeiten der Arbeitsunfähigkeit des Klägers vorgelegt.
Zur weiteren Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die form- und fristgerecht (§§ 90, 92, 87 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG) zum sachlich und örtlich zuständigen Sozialgericht Nürnberg (§§ 51 Abs. 1, 57 Abs. 1 Satz 1 SGG) erhobene Klage ist zulässig.
Die Klage ist auch zum Teil begründet. Der Kläger hat dem Grunde nach Anspruch auf Krankengeld für die Zeit vom 03.08.2009 bis einschließlich 22.11.2009.
Die Beklagte hatte dem Kläger mit Bescheid vom 14.08.2009 ab dem 03.08.2009 Krankengeld bewilligt, nachdem dem Kläger vom behandelnden Orthopäden Dr. F. ab 22.06.2009 Arbeitsunfähigkeit bescheinigt worden war und der Beklagten diese Bescheinigungen vorgelegt worden waren. Dem Kläger war von der Beklagten darin mitgeteilt worden, dass ihm ab dem 03.08.2009 Krankengeld gezahlt werde. Dieser Inhalt der Bewilligung vom Krankengeld besagt nicht, dass bis auf weiteres Krankengeld gewährt wird. Der Inhalt ist durch Auslegung zu bestimmen. Regelmäßig wird, wie auch im vorliegenden Fall, Krankengeld für bestimmte Zeiträume gewährt. Der Kassenarzt - in diesem Fall Dr. F. - schreibt den Versicherten für eine bestimmte Zeit arbeitsunfähig. Gewährt die Krankenkasse aufgrund einer solchen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung Krankengeld, so kann der Versicherte davon ausgehen, dass er für diese Zeit Anspruch auf Krankengeld hat (vgl. BSG SozR 2200 § 182 Nr. 103). Mit Ablauf des Zeitraums endet der Anspruch, ohne dass ein Entziehungsbescheid nach § 48 SGB X zu ergehen braucht (vgl. Schmidt in: Peters, Handb. KV II SGB V vor § 27 Rz. 156). Der Orthopäde Dr. F. wiederum hatte am 30.07.2009 bis 26.08.2009 dem Kläger Arbeitsunfähigkeit bescheinigt.
Mit dem Bescheid vom 02.09.2009 erfolgte somit die Aufhebung der Bewilligung von Krankengeld nur in dem vorgenannten Umfang. Diese Entscheidung vom 02.09.2009 kann im Hinblick auf die darin enthaltene Aufhebung des Bescheides vom 14.08.2009 keinen Bestand haben, da die Bewilligung von Krankengeld aufgrund der vorliegenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ab dem 03.08.2009 nicht rechtswidrig war und daher eine Aufhebung nach § 44 SGB X nicht möglich war. Entgegen der Auffassung des Klägers ist seitens der Beklagten am 26.08.2009 nur eine Anhörung zur beabsichtigten Aufhebung erfolgt, aber keine formlose Entscheidung getroffen worden. Daher bedarf es auch keiner Aufhebung eines "Bescheides vom 26.08.2009". Der Kläger hat ab 03.08.2009 einen Anspruch auf Krankengeld, der allerdings - entgegen der Auffassung des Klägers - zum 22.11.2009 endet.
Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4, §§ 24, 40 Abs. 2 und § 41) behandelt werden (§ 44 Abs. 1 SGB V). Nach der allgemeinen Begriffsbestimmung der Rechtsprechung liegt Arbeitsunfähigkeit vor, wenn der Versicherte seine zuletzt ausgeübte oder eine ähnlich geartete Tätigkeit nicht mehr oder nur auf die Gefahr hin, seinen Zustand zu verschlimmern, verrichten kann (vgl. BSGE 26, 288, 290). Dabei muss eine Krankheit die Arbeitsunfähigkeit verursachen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes ist dabei unter Krankheit im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung ein regelwidriger körperlicher oder geistiger Zustand zu verstehen, der entweder Behandlungsbedürftigkeit oder Arbeitsunfähigkeit oder beides zur Folge hat (vgl. BSGE 93, 252 Rdnr. 4). Beim Kläger ist am 22.06.2009 vom behandelnden Orthopäden Dr. F. Arbeitsunfähigkeit bescheinigt worden. Die Beklagte ist der Auffassung, dass diese Arbeitsunfähigkeit keinen Anspruch auf Krankengeld nach sich zieht, weil sie die Höchstanspruchsdauer als erschöpft ansieht.
Im Falle der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld für längstens 78 Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Beginn der Arbeitsunfähigkeit an (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Dieselbe Krankheit im Sinne des § 48 SGB V ist dann anzunehmen, wenn es sich um ein im ursächlichen Sinne einheitliches Krankheitsgeschehen handelt. Das ist der Fall, so lange der regelwidrige Körper- und Geisteszustand weiterbesteht und - fortlaufend oder mit Unterbrechungen - zu Arbeitsunfähigkeit bedingenden Krankheitserscheinungen führt. Art und Ausprägungsgrad der Krankheitserscheinungen können dabei unterschiedlich sein. Entscheidend ist, dass die auf dasselbe nicht ausgeheilte medizinische Grundleiden zurückzuführen sind (vgl. BSGE 83, 7, 9). Es genügt somit, dass das medizinisch nicht ausgeheilte Grundleiden latent weiterbestanden hat und sich nach einem beschwerdefreien bzw. beschwerdearmen Intervall erneut durch Krankheitssymptome manifestiert (vgl. BSG, Urteil vom 11.07.2000, Az.: B 1 KR 43/99 B). Dabei ist dem Begriff derselben Krankheit keine stark verfeinerte, eng fachmedizinisch-anatomische Sichtweise zugrunde zu legen (vgl. BSG SozR 4-2500 § 48 Nr. 3 Rdnr. 25). Die Beklagte hat eine Blockfrist vom 17.07.2006 bis 16.07.2009 gebildet. Zur Anrechnung kamen seitens der Beklagten dabei die Arbeitsunfähigkeitszeiten vom 17.07.2006 bis 18.08.2006, vom 25.10.2006 bis 31.10.2006, vom 05.03.2007 bis 23.07.2007 und ab 05.05.2008 bis 18.05.2009. Zum 18.05.2009 hatte die Beklagte die Zahlung von Krankengeld unter Verweis auf die Höchstanspruchsdauer gegenüber dem Kläger eingestellt. Diesen vorgenannten Arbeitsunfähigkeitszeiten in den Jahren 2006 bis 2009 lagen lumbale, also von der Lendenwirbelsäule ausgehende Rückenbeschwerden zugrunde. Die Halswirbelsäule hingegen war, wie der ärztliche Sachverständige Dr. G. in seinem Gutachten ausführt, bis zum Juni 2009 beschwerdefrei.
Im Juni 2009 litt der Kläger unter den Folgen eines Fahrradsturzes, insbesondere auch an Beschwerden der linken Schulter. Zum Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit am 22.06.2009 wiederum lag nach der überzeugenden Einschätzung des ärztlichen Sachverständigen Dr. G. keine Arbeitsunfähigkeit mehr wegen der lumbalen Beschwerden vor. Es kann dahingestellt bleiben, ob tatsächlich bis 18.05.2009 Arbeitsunfähigkeit bestand, da dies zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Jedenfalls dauerte die am 05.05.2008 eingetretene Arbeitsunfähigkeit nicht bis 22.06.2009 an, so dass alleine die Schulterbeschwerden und die Beschwerden an der Halswirbelsäule zur Arbeitsunfähigkeit führten. Dabei handelt es sich nicht um dieselbe Krankheit im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB V. In diesem Zusammenhang ist bereits auf die ärztliche Einschätzung in der Stellungnahme des MDK vom 15.12.2009 zu verweisen. Darin ist klar herausgearbeitet, dass die ab 22.06.2009 bestehende Arbeitsunfähigkeit auf einer anderen Ursache beruht, als die Vorerkrankung an der Lendenwirbelsäule. Wenn der MDK auf das Schreiben der Beklagten vom 21.12.2009 an dieser Auffassung nicht mehr festhielt, überzeugt dies nicht. Der Verweis darauf, dass mit der Wirbelsäule dasselbe Organ betroffen sei und bei den Erkrankungen an der Lendenwirbelsäule und an der Halswirbelsäule degenerative Veränderungen zugrunde gelegen hätten, reicht nicht aus, um von derselben Krankheit ausgehen zu können.
Der ärztliche Sachverständige Dr. G. hat zutreffend darauf verwiesen, dass von den Erkrankungen an den jeweiligen Abschnitten der Wirbelsäule eigenständige, in ihren Symptomen unterschiedliche und kausal nicht miteinander verknüpfte Gesundheitsstörungen vorgelegen haben. Auch seien die Halswirbelsäulenbeschwerden mit Ausstrahlungen in die linke Schulter beim Kläger mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als Folge eines Fahrradsturzes aufgetreten. Dabei konnte der ärztliche Sachverständige auch auf die umfassende Dokumentation der Lendenwirbelsäulenbeschwerden des Klägers ab dem 17.07.2006 zurückgreifen. Richtig ist, dass Beschwerden in verschiedenen Wirbelsäulenabschnitten durchaus auch dieselbe Erkrankung im Sinne des § 48 SGB V darstellen können. Dies kann etwa der Fall sein bei degenerativen Veränderungen an der gesamten Wirbelsäule, die sich in gleichartigen Beschwerden in mehreren Wirbelsäulenabschnitten äußern. Dieselbe Krankheit wäre auch dann anzunehmen, wenn die Wirbelsäulenabschnitte von den in kürzeren Abständen auftretenden Beschwerden unterschiedlich stark betroffen sind (vgl. BSG, Urteil vom 12.10.1988, Az.: 3/8 RK 28/87, NZA 1989, 287 f.). Im vorliegenden Fall liegen gerade keine gleichartigen Beschwerden aufgrund eines degenerativen Wirbelsäulenleidens vor. Folglich beruht die ab 22.06.2009 bestehende Arbeitsunfähigkeit nicht auf demselben Grundleiden, wie die Versicherungsfälle vom 17.07.2006, 25.10.2006, 05.03.2007 und vom 05.05.2008.
Zwar hat der Kläger ab 03.08.2009 für weitere 80 Kalendertage von der Bundesagentur für Arbeit noch Arbeitslosengeld (§ 117 SGB III) erhalten. Dies führt aber nicht dazu, dass der Anspruch auf Krankengeld gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 3 a SGB V ab 03.08.2009 für die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld ruhte. Bezüglich des in der Nr. 3 a angeführten Bezuges von Arbeitslosengeld nach § 117 ff. SGB III ist nicht streng auf den Wortlaut abzustellen. Wegen des Bezuges von Arbeitslosengeld ruht der Anspruch auf Krankengeld nur, soweit der Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Dauer der Leistungsfortzahlung von sechs Wochen nach § 126 SGB III besteht, was im vorliegenden Fall dem Zeitraum vom 22.06.2009 bis 02.08.2009 entspricht. Dies hat seinen Grund darin, dass andernfalls das von § 142 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III vorgesehene Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld beim Bezug von Krankengeld leer liefe (vgl. BSGE 93, 59, 62).
Aufgrund fehlender Bescheinigungen von Arbeitsunfähigkeit besteht über den 22.09.2009 hinaus kein Anspruch auf Krankengeld. Nach § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V setzt der Anspruch auf Krankengeld die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit voraus. Ohne eine solche ärztliche Feststellung kann der Anspruch auf Krankengeld nicht entstehen. § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V regelt einen Entstehungstatbestand und ist keine bloße Zahlungsvorschrift (vgl. BSG SozR 4-2500 § 46 Nr. 2 Rdnr. 12). Mit der Regelung in § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V sollen Missbrauch und praktische Schwierigkeiten vermieden werden, zu denen nachträgliche Behauptungen und rückwirkende Bescheinigungen führen können (vgl. BSGE 95, 219, 223). Der Kläger war am 23.11.2009 bis 04.02.2010 nicht in der Behandlung bei Dr. F.. Folglich konnte auch kein Weiterbestehen der Arbeitsunfähigkeit wegen der orthopädischen Leiden durch Dr. F. festgestellt werden. Die Beklagte kann sich allerdings für die Zeit nach der Ausstellung des letzten Auszahlscheines vom 14.09.2009 (ohne zeitliche Angaben zur Dauer der Arbeitsunfähigkeit) bis 23.11.2009 nicht auf das Fehlen von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und von Auszahlscheinen berufen, da sie andernfalls widersprüchlich handeln würde. Die Beklagte hatte in ihrem Schreiben und Anfragen vor Erlass des Widerspruchsbescheides unstreitig gestellt, dass Arbeitsunfähigkeit vorlag. Sie war lediglich vom Eintritt der Höchstbezugsdauer von Krankengeld ausgegangen. In diesem Zusammenhang ist auch darauf zu verweisen, dass selbst der MDK vom Bestehen der Arbeitsunfähigkeit ausging, die dann im Widerspruchsbescheid vom 26.05.2010 letztlich offen gelassen wurde. Dr. F. hatte in der Beantwortung von Anfragen auch zum Ausdruck gebracht, weiterhin vom Bestehen der Arbeitsunfähigkeit auszugehen. Kann aber aufgrund mangelnden Arztbesuches keine konkrete Feststellung der Arbeitsunfähigkeit mehr vorliegen, wie dies ab 23.11.2009 der Fall ist, scheidet der Nachweis durchgehender Arbeitsunfähigkeit trotz der vorgenannten Umstände aus. Bis zum 22.11.2009 ist nicht zuletzt aufgrund des ausführlichen Befundberichtes von Dr. F. und den Ausführungen des ärztlichen Sachverständigen Dr. G. von einem Nachweis der Arbeitsunfähigkeit auszugehen, da diesen Einschätzungen auch Befunde zugrunde liegen, die bei regelmäßigen Arztbesuchen erhoben wurden. Sollte am 04.02.2010, dem nächsten Arztbesuch bei Dr. F. erneut Arbeitsunfähigkeit bestanden haben, war der Kläger aufgrund der bestehenden Familienversicherung bezüglich Krankengeldes nicht mehr anspruchsberechtigt (§ 44 Abs. 2 Nr. 1 SGB V).
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG. Sie berücksichtigt, dass der Kläger teilweise obsiegt hat.