Der Zufluss von Jahresendprämien sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach kann im konkreten Einzelfall, beispielsweise durch Zeugenaussagen, glaubhaft gemacht werden.
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S 4 RS 446/17 (SG Dresden) zuvor: S 24 RS 1330/14 (SG Dresden)
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Sächsisches Landessozialgericht
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
Dr. A....
- Kläger und Berufungskläger -
gegen
Deutsche Rentenversicherung Bund, als Träger der Zusatzversorgungssysteme, vertreten durch das Direktorium, Hirschberger Straße 4, 10317 Berlin
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
hat der 7. Senat des Sächsischen Landessozialgerichts ohne mündliche Verhandlung am 10. März 2022 in Chemnitz durch den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht Dr. Schnell, den Richter am Landessozialgericht Czarnecki und den Richter am Sozialgericht Dr. Brech sowie den ehrenamtlichen Richter Prof. Dr. Krone und die ehrenamtliche Richterin Görnitz für Recht erkannt:
- Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 7. Oktober 2021 aufgehoben. Die Beklagte wird, unter Aufhebung des Überprüfungsablehnungsbescheides vom 23. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2014, verurteilt, den Feststellungsbescheid vom 7. Mai 2002 in der Fassung der Feststellungsbescheide vom 14. August 2006, vom 23. August 2010 und vom 29. März 2011 dahingehend abzuändern, dass für die Jahre 1974 bis 1990 weitere Arbeitsentgelte des Klägers wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betriebe wie folgt festzustellen sind:
Für das Jahr:
1974 |
810,15 Mark |
1975 |
658,06 Mark |
1976 |
655,52 Mark |
1977 |
854,36 Mark |
1978 |
877,67 Mark |
1979 |
889,98 Mark |
1980 |
1.063,11 Mark |
1981 |
971,09 Mark |
1982 |
1.023,11 Mark |
1983 |
1.010,14 Mark |
1984 |
1.037,94 Mark |
1985 |
1.119,52 Mark |
1986 |
1.232,31 Mark |
1987 |
1.137,63 Mark |
1988 |
1.450,82 Mark |
1989 |
1.179,79 Mark |
1990 |
1.186,33 Mark |
- Die Beklagte erstattet dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten für das gesamte Verfahren.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten – im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens – über die Verpflichtung der Beklagten weitere Entgelte des Klägers für Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz für die Jahre 1974 bis 1990 (= Zuflussjahre) in Form von Jahresendprämien festzustellen.
Dem 1944 geborenen Kläger wurde, nach erfolgreichem Abschluss eines Hochschulstudiums in der Fachrichtung Landmaschinentechnik an der Technischen Universität D…. in der Zeit von September 1962 bis März 1968, mit Urkunde vom 2. Mai 1968 der akademische Grad "Diplomingenieur" verliehen. Er war vom 1. Dezember 1968 bis 23. Juni 1972 als Aspirant an der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften zu Z…., vom 1. Juli 1972 bis 31. Dezember 1976 als wissenschaftlicher Mitarbeiter im volkseigenen Betrieb (VEB) Rationalisierung Braunkohle Y.... , vom 1. Januar 1977 bis 31. Dezember 1981 als wissenschaftlicher Mitarbeiter, Bearbeiter für Rationalisierung und Bearbeiter Forschung und Entwicklung Schwachstellen und Verschleißforschung im – unmittelbaren Rechtsnachfolgebetrieb – Institut für Braunkohlenbergbau Y.... sowie vom 1. Januar 1982 bis 30. Juni 1990 (sowie darüber hinaus) als Bearbeiter Forschung und Entwicklung Schwachstellen und Verschleißforschung im – unmittelbaren Rechtsnachfolgebetrieb – volkseigenen (VE) Braunkohlenkombinat X.... -Stammbetrieb- beschäftigt. Er erhielt keine Versorgungszusage und war zu Zeiten der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nicht in ein Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) einbezogen.
Am 6. September 2000 beantragte der Kläger die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften und legte eine Entgeltbescheinigung der LAUBAG vom 30. August 2000 (für den Beschäftigungszeitraum von Juli 1972 bis Juni 1990) vor. Mit Bescheid vom 7. Mai 2002 stellte die Beklagte die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 1. Januar 1977 bis 30. Juni 1990 als "nachgewiesene Zeiten" der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte, auf der Grundlage der vorgelegten Entgeltbescheinigung der LAUBAG vom 30. August 2000, fest.
Mit Überprüfungsantrag vom 24. April 2006 begehrte der Kläger die Berücksichtigung seiner Beschäftigungszeiten vom 1. Juli 1972 bis 31. Dezember 1976 als Zeiten der Zusatzversorgung. Daraufhin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 14. August 2006 die Anwendbarkeit von § 1 AAÜG, die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 1. Dezember 1968 bis 23. Juni 1972 als "nachgewiesene Zeiten" der Altersversorgung der wissenschaftlichen Mitarbeiter der Akademie der Wissenschaften zu Z.... und der Deutschen Akademie der Landwirtschaftswissenschaften zu Z.... , die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 1. Juli 1972 bis 30. Juni 1990 als "nachgewiesene Zeiten" der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte, auf der Grundlage der vorgelegten Entgeltbescheinigung der LAUBAG vom 30. August 2000 sowie einer von der Beklagten eingeholten Entgeltbescheinigung des Landesbesoldungsamtes W.... vom 27. Juni 2006, fest. Den bisherigen Bescheid (vom 7. Mai 2002) hob sie, soweit er entgegenstand, auf.
Mit Überprüfungsantrag vom 27. September 2007 (Eingang bei der Beklagten am 27. September 2007) begehrte der Kläger die Berücksichtigung von Prämien, insbesondere von Jahresendprämien, bei den festgestellten Arbeitsentgelten. Die Beklagte fragte daraufhin mit Schreiben vom 8. Juli 2010 und vom 27. Juli 2010 nach Bezugsunterlagen für Jahresendprämien sowie zusätzlichen Belohnungen für Werktätige im Bergbau bei der Rhenus Office Systems GmbH sowie der LMBV GmbH an. Mit Schreiben vom 15. Juli 2010 sowie vom 10. August 2010 teilte die Rhenus Office Systems GmbH mit, über keinerlei Bezugsunterlagen über Jahresendprämien und zusätzliche Belohnungen für Werktätige im Bergbau zu verfügen. Mit Bescheid vom 23. August 2010 stellte die Beklagte die Anwendbarkeit von § 1 AAÜG, die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 1. Dezember 1968 bis 23. Juni 1972 als "nachgewiesene Zeiten" der Altersversorgung der wissenschaftlichen Mitarbeiter der Akademie der Wissenschaften zu Z.... und der Deutschen Akademie der Landwirtschaftswissenschaften zu Z...., die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 1. Juli 1972 bis 30. Juni 1990 als "nachgewiesene Zeiten" der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte fest. Dabei stellte sie für das Jahr 1985 ein höheres Arbeitsentgelt (400,00 Mark) unter Berücksichtigung des Bezugs (11. Januar 1985) einer vom Kläger nachgewiesenen Prämie als "bester Erfinder des VE Braunkohlenkombinats X.... " fest. Den bisherigen Bescheid (vom 14. August 2006) hob sie, soweit er entgegenstand, auf. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 7. September 2010 Widerspruch ein und begehrte insbesondere die Berücksichtigung von zusätzlichen Belohnungen für Werktätige im Bergbau. Nachdem eine erneute Anfrage der Beklagten mit Schreiben vom 15. September 2010 nach Bezugsunterlagen für Jahresendprämien sowie zusätzlichen Belohnungen für Werktätige im Bergbau bei der Vattenfall Europe Business Services GmbH erfolglos blieb (Negativauskunft der Vattenfall Europe Mining AG vom 20. Oktober 2010), wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2011 als unbegründet zurück. Hiergegen erhob der Kläger am 16. Februar 2011 Klage zum Sozialgericht Dresden (im Verfahren S 4 RS 304/11). Mit Entgeltbescheinigung vom 22. Februar 2011 bescheinigte die Vattenfall Europe Mining AG die vom Kläger im Zeitraum von 1974 bis 1990 bezogenen zusätzlichen Belohnungen für Werktätige im Bergbau und führte aus, dass Unterlagen über Jahresendprämien nicht vorhanden sind. Daraufhin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 29. März 2011 abermals die Anwendbarkeit von § 1 AAÜG, die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 1. Dezember 1968 bis 23. Juni 1972 als "nachgewiesene Zeiten" der Altersversorgung der wissenschaftlichen Mitarbeiter der Akademie der Wissenschaften zu Z.... und der Deutschen Akademie der Landwirtschaftswissenschaften zu Z...., die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 1. Juli 1972 bis 30. Juni 1990 als "nachgewiesene Zeiten" der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte fest. Dabei stellte sie für die Jahre 1974 bis 1990 höhere Arbeitsentgelte unter Berücksichtigung der in der Bescheinigung der Vattenfall Europe Mining AG vom 22. Februar 2011 ausgewiesenen zusätzlichen Belohnungen für Werktätige im Bergbau fest. Den bisherigen Bescheid (vom 23. August 2010) hob sie, soweit er entgegenstand, auf. Daraufhin erklärte der Kläger mit Schriftsatz vom 11. April 2011 das Klageverfahren für erledigt.
Mit erneutem Überprüfungsantrag vom 17. Dezember 2013 (Eingang bei der Beklagten am 23. Dezember 2013) begehrte der Kläger abermals die Berücksichtigung von Jahresendprämien bei den festgestellten Arbeitsentgelten für die Zuflussjahre 1974 bis 1990.
Den Überprüfungsantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23. Januar 2014 ab.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 5. Februar 2014 Widerspruch ein und legte im Laufe des Verfahrens die, gerichtsbekannte, schriftliche Erklärung der Zeugen R.... (Generaldirektor des VE Braunkohlenkombinats X.... ) und Dr. Q.... (Direktor für Sozialökonomie des VE Braunkohlenkombinats X.... ) vom 11. und 26. April 2010 sowie die, ebenfalls gerichtsbekannte, Zusatzerklärung des Zeugen R.... vom 13. Februar 2012 zu in den Kombinatsbetrieben gezahlten Jahresendprämien, vor.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 2014 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus: Der Zufluss der begehrten weiteren Arbeitsentgelte in Form von Jahresendprämien sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden. Die Höhe der Jahresendprämien des Einzelnen sei von einer Vielzahl von Faktoren abhängig gewesen, die heute ohne entsprechende Unterlagen nicht mehr nachvollzogen werden könnten. Eine pauschale Berücksichtigung der Prämien könne daher nicht erfolgen.
Hiergegen erhob der Kläger am 23. Juli 2014 Klage zum Sozialgericht Dresden (Verfahren S 24 RS 1330/14) und begehrte die Berücksichtigung von Jahresendprämien für die Planjahre 1973 bis 1989 (= Zuflussjahre 1974 bis 1990) auf der Grundlage der Erklärungen der Betriebsverantwortlichen R.... und Dr. Q.... bei den festgestellten Arbeitsentgelten als glaubhaft gemachte Entgelte. Der Kläger legte im Laufe des Klageerfahrens unter anderem die, gerichtsbekannte, Zusatzerklärung des Zeugen R.... vom 5. Juli 2017 zu in den Kombinatsbetrieben gezahlten Jahresendprämien, vor.
Das Sozialgericht Dresden hat die Klage – nach Anordnung des Ruhens des Verfahrens mit Beschluss vom 20. Januar 2016 und Fortsetzung des Verfahrens mit Verfügung vom 6. April 2017 (Verfahren S 4 RS 446/16) – mit Gerichtsbescheid vom 7. Oktober 2021 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Höhe der begehrten Jahresendprämien habe der Kläger weder nachgewiesen, noch glaubhaft gemacht. Über Unterlagen verfüge er nicht. Auch die Zeugen hätten zur Höhe der Jahresendprämien keine substantiierten Angaben gemacht. Die Erklärungen der Betriebsverantwortlichen (R.... und Dr. Q.... ) würden auf eine unzulässige Schätzung hinauslaufen. Allgemeine Erklärungen seien nicht ausreichend. Eine Mindestjahresendprämie hätten die DDR-Regelungen nicht vorgesehen. Die Festsetzung einer Mindesthöhe von Jahresendprämien sei nicht nachvollziehbar, da sie die tatsächliche Prämienhöhe in keiner Weise wiederspiegele.
Gegen den am 12. Oktober 2021 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 2. November 2021 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren nach Feststellung von Jahresendprämien für die Planjahre 1973 bis 1989 und damit für die Zuflussjahre 1974 bis 1990 weiterverfolgt. Zur Begründung führte er aus: Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts sei fehlerhaft, weil er die Glaubhaftmachung des Erhalts und die Anerkennung der Prozente hinsichtlich der Jahresendprämien nicht genügend beachte. Die Jahresendprämienhöhe habe er auf der Grundlage der Erklärungen der Betriebsverantwortlichen R.... und Dr. Q.... glaubhaft gemacht. Diese rechtserheblichen Tatsachen seien weder vom Sozialgericht noch von der Beklagten gewürdigt worden.
Der Kläger beantragt – sinngemäß und sachdienlich gefasst –,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 7. Oktober 2021 aufzuheben und die Beklagte, unter Aufhebung des Überprüfungsablehnungsbescheides vom 23. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2014, zu verurteilen, den Feststellungsbescheid vom 7. Mai 2002 in der Fassung der Feststellungsbescheide vom 14. August 2006, vom 23. August 2010 und vom 29. März 2011 abzuändern und Jahresendprämien für die Zuflussjahre 1974 bis 1990 als zusätzliche Entgelte im Rahmen der nachgewiesenen Zusatzversorgungszeiten festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid im Ergebnis für zutreffend.
Der Senat hat arbeitsvertragliche Unterlagen vom Kläger angefordert, Registerauszüge beigezogen sowie schriftliche Auskünfte der Zeugen F.... vom 29. Dezember 2021, Dr. C.... vom 11. Januar 2022 und D.... vom 12. Januar 2022 eingeholt. Die Einholung einer schriftlichen Auskunft des (über 85-jährigen) Zeugen E.... war nicht mehr möglich, da dieser nach Auskunft seiner ihn pflegenden und betreuenden Tochter vom 5. Januar 2022 hochgradig dement ist.
Mit Schriftsätzen vom 23. Januar 2022 (Kläger) und vom 24. Januar 2022 (Beklagte) haben die Beteiligten jeweils ihr Einverständnis zur Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Dem Senat haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).
II.
Die statthafte und zulässige Berufung des Klägers ist begründet, weil das Sozialgericht Dresden die Klage zu Unrecht abgewiesen hat. Denn der Kläger hat in dem tenorierten Umfang Anspruch auf Feststellung zusätzlicher, ihm in den Jahren 1974 bis 1990 zugeflossener, weiterer Arbeitsentgelte wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits mit Bescheid vom 7. Mai 2002 in der Fassung der Bescheide vom 14. August 2006, vom 23. August 2010 und vom 29. März 2011 festgestellten Zeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben. Darüberhinausgehende, noch höhere als die tenorierten Arbeitsentgelte begehrt der Kläger nicht, weil er ausdrücklich nur glaubhaft gemachte Arbeitsentgelte auf der Grundlage der Erklärungen der Betriebsverantwortlichen R.... und Dr. Q.... begehrt; eine Berufungszurückweisung im Übrigen ist deshalb (auch aus Gründen der Klarstellung) nicht veranlasst.
Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 23. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2014 (§ 95 SGG) ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG), weil mit dem Feststellungsbescheid vom 7. Mai 2002 in der Fassung der Feststellungsbescheide vom 14. August 2006, vom 23. August 2010 und vom 29. März 2011 das Recht unrichtig angewandt bzw. von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist (§ 44 des Zehntes Buches Sozialgesetzbuch [SGB X]). Deshalb waren der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 7. Oktober 2021 sowie der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 23. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Feststellungsbescheid vom 7. Mai 2002 in der Fassung der Feststellungsbescheide vom 14. August 2006, vom 23. August 2010 und vom 29. März 2011 dahingehend abzuändern, dass für die Jahre 1974 bis 1990 weitere Arbeitsentgelte wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben, wie tenoriert, festzustellen sind.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SGB X, der nach § 8 Abs. 3 Satz 2 AAÜG anwendbar ist, gilt: Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Im Übrigen ist ein rechtswidriger, nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Diese Voraussetzungen liegen vor, denn der Feststellungsbescheid vom 7. Mai 2002 in der Fassung der Feststellungsbescheide vom 14. August 2006, vom 23. August 2010 und vom 29. März 2011 ist (teilweise) rechtswidrig.
Nach § 8 Abs. 1 AAÜG hat die Beklagte als der unter anderem für das Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben zuständige Versorgungsträger in einem dem Vormerkungsverfahren (§ 149 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch [SGB VI]) ähnlichen Verfahren durch jeweils einzelne Verwaltungsakte bestimmte Feststellungen zu treffen. Vorliegend hat die Beklagte mit dem Feststellungsbescheid vom 7. Mai 2002 in der Fassung der Feststellungsbescheide vom 14. August 2006, vom 23. August 2010 und vom 29. März 2011 (unter anderem) Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG (vgl. § 5 AAÜG) sowie die während dieser Zeiten erzielten Arbeitsentgelte festgestellt (§ 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Jahresendprämien hat sie jedoch zu Unrecht nicht berücksichtigt.
Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG ist den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz (vgl. § 5 AAÜG) für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§ 256a Abs. 2 SGB VI) das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde zu legen. Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) und damit im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG stellen auch die in der DDR an Arbeitnehmer rechtmäßig gezahlten Jahresendprämien dar, da es sich um eine Gegenleistung des Betriebs für die vom Werktätigen im jeweiligen Planjahr erbrachte Arbeitsleistung handelte, wobei es nicht darauf ankommt, dass dieser Verdienst nach DDR-Recht nicht steuer- und sozialversicherungspflichtig war (so: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 21 ff.; dem folgend: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 13). Denn der Gesetzestext des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG besagt, dass den Pflichtbeitragszeiten im Sinne des § 5 AAÜG als Verdienst (§ 256a SGB VI) unter anderen das "erzielte Arbeitsentgelt" zugrunde zu legen ist. Aus dem Wort "erzielt" folgt im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, dass es sich um Entgelt oder Einkommen handeln musste, das dem Berechtigten während der Zugehörigkeitszeiten zum Versorgungssystem "aufgrund" seiner Beschäftigung "zugeflossen", ihm also tatsächlich gezahlt worden ist. In der DDR konnten die Werktätigen unter bestimmten Voraussetzungen Prämien als Bestandteil ihres Arbeitseinkommens bzw. Arbeitsentgelts erhalten. Sie waren im Regelfall mit dem Betriebsergebnis verknüpft und sollten eine leistungsstimulierende Wirkung ausüben. Lohn und Prämien waren "Formen der Verteilung nach Arbeitsleistung" (vgl. Kunz/Thiel, „Arbeitsrecht [der DDR] – Lehrbuch“, 3. Auflage, 1986, Staatsverlag der DDR, S. 192f.). Die Prämien wurden aus einem zu bildenden Betriebsprämienfonds finanziert; die Voraussetzungen ihrer Gewährung mussten in einem Betriebskollektivvertrag vereinbart werden. Über ihre Gewährung und Höhe entschied der Betriebsleiter mit Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung nach Beratung im Arbeitskollektiv. Diese allgemeinen Vorgaben galten für alle Prämienformen (§ 116 des Arbeitsgesetzbuches der DDR [nachfolgend: DDR-AGB] vom 16. Juni 1977 [DDR-GBl. I 1977, Nr. 18, S. 185]) und damit auch für die Jahresendprämie (§ 118 Abs. 1 und 2 DDR-AGB). Die Jahresendprämie diente als Anreiz zur Erfüllung und Übererfüllung der Planaufgaben; sie war auf das Planjahr bezogen und hatte den Charakter einer Erfüllungsprämie. Nach § 117 Abs. 1 DDR-AGB bestand ein „Anspruch“ auf Jahresendprämie, wenn
- die Zahlung einer Jahresendprämie für das Arbeitskollektiv, dem der Werktätige angehörte, im Betriebskollektivvertrag vereinbart war,
- der Werktätige und sein Arbeitskollektiv die vorgesehenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt hatte und
- der Werktätige während des gesamten Planjahres Angehöriger des Betriebs war.
Die Feststellung von Beträgen, die als Jahresendprämien gezahlt wurden, hing davon ab, dass der Empfänger die Voraussetzungen der §§ 117, 118 DDR-AGB erfüllt hatte. Hierfür und für den Zufluss trägt er die objektive Beweislast (sog. Feststellungslast im sozialgerichtlichen Verfahren, vgl. insgesamt: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 21 ff.; dem folgend und diese Beweislast, unter Ablehnung einer Schätzungsmöglichkeit, betonend: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 14).
Daraus wird deutlich, dass die Zahlung von Jahresendprämien von mehreren Voraussetzungen abhing. Der Kläger hat, um eine Feststellung zusätzlicher Entgelte beanspruchen zu können, nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, dass alle diese Voraussetzungen in jedem einzelnen Jahr erfüllt gewesen sind und zusätzlich, dass ihm ein bestimmter, berücksichtigungsfähiger Betrag auch zugeflossen, also tatsächlich gezahlt, worden ist.
Gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG entscheidet das Gericht dabei nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Neben dem Vollbeweis, d.h. der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, ist auch die Möglichkeit der Glaubhaftmachung des Vorliegens weiterer Arbeitsentgelte aus Jahresendprämien gegeben. Dies kann aus der Vorschrift des § 6 Abs. 6 AAÜG abgeleitet werden. Danach wird, wenn ein Teil des Verdienstes nachgewiesen und der andere Teil glaubhaft gemacht wird, der glaubhaft gemachte Teil des Verdienstes zu fünf Sechsteln berücksichtigt.
Im vorliegenden konkreten Einzelfall hat der Kläger den Zufluss von Jahresendprämien dem Grunde nach zwar nicht nachgewiesen, jedoch für die Zuflussjahre 1974 bis 1990 glaubhaft gemacht (dazu insgesamt nachfolgend unter 1.). Die konkrete Höhe der Jahresendprämien, die zur Auszahlung an ihn gelangten, hat er zwar nicht nachgewiesen, aber für die Zuflussjahre 1974 bis 1990 in einer bestimmten Höhe glaubhaft machen können; eine Schätzung hingegen – wie vom Kläger ursprünglich begehrt – ist jedoch nicht möglich (dazu insgesamt nachfolgend unter 2.).
1.
Der Zufluss von Jahresendprämien dem Grunde nach ist im vorliegenden Fall zwar nicht nachgewiesen (dazu nachfolgend unter a), jedoch für die Zuflussjahre 1974 bis 1990 glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter b):
a)
Nachweise etwa in Form von Begleitschreiben, Gewährungsunterlagen, Beurteilungsbögen, Quittungen oder sonstigen Lohnunterlagen für an den Kläger geflossene Prämienzahlungen konnte er nicht vorlegen. Er selbst verfügt auch über keine weiteren Unterlagen, mit denen er die Gewährung von Jahresendprämien belegen könnte, wie er selbst wiederholt ausführte.
Nachweise zu an den Kläger gezahlten Jahresendprämien konnten auch in entsprechenden Archiven nicht mehr beigezogen werden, wie sich aus den schriftlichen Auskünften der Rhenus Office Systems GmbH vom 15. Juli 2010 und vom 10. August 2010 sowie den schriftlichen Auskünften der Vattenfall Europe Mining AG vom 20. Oktober 2010 und vom 22. Februar 2011 ergibt. Lohnunterlagen liegen auch im Übrigen nicht mehr vor, da zwischenzeitlich die Aufbewahrungsfrist für die Entgeltunterlagen der ehemaligen Betriebe der DDR abgelaufen ist (31. Dezember 2011; vgl. § 28f Abs. 5 SGB IV), weshalb bereits die Beklagte im erneuten Verwaltungsüberprüfungsverfahren von einer entsprechenden Anfrage an die Rhenus Office Systems GmbH abgesehen hat.
b)
Der Zufluss von Prämienzahlungen dem Grunde nach konkret an den Kläger ist aber im vorliegenden Fall für die Zuflussjahre 1974 bis 1990 glaubhaft gemacht.
Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist eine Tatsache dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbare Beweismittel erstrecken sollen (vgl. dazu auch: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 14), überwiegend wahrscheinlich ist. Dies erfordert mehr als das Vorhandensein einer bloßen Möglichkeit, aber auch weniger als die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Dieser Beweismaßstab ist zwar durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss also nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es reicht die "gute Möglichkeit" aus, das heißt es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht; von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss den übrigen gegenüber aber einer das Übergewicht zukommen. Die bloße Möglichkeit einer Tatsache reicht deshalb nicht aus, die Beweisanforderungen zu erfüllen (vgl. dazu dezidiert: BSG, Beschluss vom 8. August 2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 5).
Dies zu Grunde gelegt, hat der Kläger im konkreten Einzelfall glaubhaft gemacht, dass die drei rechtlichen Voraussetzungen (§ 117 Abs. 1 DDR-AGB) für den Bezug einer Jahresendprämie für die Zuflussjahre 1974 bis 1990 vorlagen und er jeweils eine Jahresendprämie erhalten hat:
aa)
Der Kläger war in den Planjahren 1973 bis 1989 jeweils während des gesamten Planjahres Angehöriger des VEB Rationalisierung Braunkohle Y.... bzw. (als unmittelbarer Rechtsnachfolgebetrieb) des Instituts für Braunkohlenbergbau Y.... bzw. (als unmittelbarer Rechtsnachfolgebetrieb) des VE Braunkohlenkombinats X.... -Stammbetrieb- (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 3 DDR-AGB), wie sich aus den vorgelegten und in den Akten befindlichen arbeitsvertraglichen Unterlagen (Bl. 11-14 der Verwaltungsakten) sowie aus den Eintragungen in seinen Ausweisen für Arbeit und Sozialversicherung (Bl. 111-118 der Gerichtsakten) ergibt. Den arbeitsvertraglichen Unterlagen ist dabei insbesondere die jeweilige Rechtsnachfolge der jeweiligen Betriebsumstrukturierungen sowie der jeweilige Übergang der Arbeitsrechtsverhältnisse des Klägers zu den jeweiligen Rechtsnachfolgebetrieben (mit Wirkung ab 1. Januar 1977 sowie mit Wirkung ab 1. Januar 1982) zu entnehmen.
bb)
Mindestens glaubhaft gemacht ist darüber hinaus auch, dass die Zahlung von Jahresendprämien für das Arbeitskollektiv, dem der Kläger angehörte, jeweils in einem Betriebskollektivvertrag vereinbart war (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 1 DDR-AGB). Denn der Abschluss eines Betriebskollektivvertrages zwischen dem Betriebsleiter und der zuständigen Betriebsgewerkschaftsleitung war nach § 28 Abs. 1 DDR-AGB zwingend vorgeschrieben. Die Ausarbeitung des Betriebskollektivvertrages erfolgte jährlich, ausgehend vom Volkswirtschaftsplan; er war bis zum 31. Januar des jeweiligen Planjahres abzuschließen (vgl. Kunz/Thiel, „Arbeitsrecht [der DDR] – Lehrbuch“, 3. Auflage, 1986, Staatsverlag der DDR, S. 111). Ebenso zwingend waren nach § 118 Abs. 1 DDR-AGB in Verbindung mit § 28 Abs. 2 Satz 3 DDR-AGB die Voraussetzungen und die Höhe der Jahresendprämie in dem (jeweiligen) Betriebskollektivvertrag zu regeln. Konkretisiert wurde diese zwingende Festlegung der Voraussetzungen zur Gewährung von Jahresendprämien im Betriebskollektivvertrag in den staatlichen Prämienverordnungen: So legten die „Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe im Jahre 1972“ (nachfolgend: Prämienfond-VO 1972) vom 12. Januar 1972 (DDR-GBl. II 1972, Nr. 5, S. 49) in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. November 1972 (DDR-GBl. II 1972, Nr. 70, S. 810) sowie in der Fassung der „Zweiten Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe“ (nachfolgend: 2. Prämienfond-VO 1973) vom 21. Mai 1973 (DDR-GBl. I 1973, Nr. 30, S. 293), mit denen die Weitergeltung der Prämienfond-VO 1972 über das Jahr 1972 hinaus angeordnet wurden, sowie die „Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds für volkseigene Betriebe“ (nachfolgend: Prämienfond-VO 1982) vom 9. September 1982 (DDR-GBl. I 1982, Nr. 34, S. 595) jeweils staatlicherseits fest, dass die Verwendung des Prämienfonds, die in den Betrieben zur Anwendung kommenden Formen der Prämierung und die dafür vorgesehenen Mittel im Betriebskollektivvertrag festzulegen waren (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Prämienfond-VO 1972, § 8 Abs. 3 Satz 1 und 2 Prämienfond-VO 1982). Dabei war, ohne dass ein betrieblicher Ermessens- oder Beurteilungsspielraum bestand, in den Betriebskollektivverträgen zu vereinbaren bzw. festzulegen, unter welchen Voraussetzungen Jahresendprämien als Form der materiellen Interessiertheit der Werktätigen an guten Wirtschaftsergebnissen des Betriebes im gesamten Planjahr angewendet wurden (§ 5 Abs. 2 Satz 2 Spiegelstrich 2 Prämienfond-VO 1972, § 8 Abs. 3 Satz 3 Spiegelstrich 4 Prämienfond-VO 1982).
Damit kann in der Regel für jeden Arbeitnehmer in der volkseigenen Wirtschaft, sofern nicht besondere gegenteilige Anhaltspunkte vorliegen sollten, davon ausgegangen werden, dass ein betriebskollektivvertraglich geregelter Jahresendprämienanspruch dem Grunde nach bestand (vgl. dazu auch: Lindner, „Die ‚leere Hülle‘ ist tot – wie geht es weiter?“, RV [= Die Rentenversicherung] 2011, 101, 104), auch wenn die Betriebskollektivverträge als solche nicht mehr vorgelegt oder anderweitig vom Gericht beigezogen werden können. Vor diesem Hintergrund ist der von der Beklagten in anderen Verfahren erhobene Einwand, die Betriebskollektivverträge seien anspruchsbegründend, zwar zutreffend, verhindert eine Glaubhaftmachung jedoch auch dann nicht, wenn diese im konkreten Einzelfall nicht eingesehen werden können.
cc)
Ausgehend von den Auskünften der Zeugen F...., Dr. C.... und D.... sowie den sonstigen Hinweistatsachen ist zudem glaubhaft gemacht, dass der Kläger und das Arbeitskollektiv, dem er angehörte, die vorgegebenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt hatten (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 2 DDR-AGB).
Der Zeuge F...., der den Kläger aus der betrieblichen Zusammenarbeit seit 1972 kannte, gab in seiner schriftlichen Zeugenauskunft vom 29. Dezember 2021 (Bl. 105-106 der Gerichtsakte) an, dass er Kenntnis über die Auszahlung von Jahresendprämien an den Kläger hatte, weil er sich mit ihm wiederholt anlässlich verschiedener Kombinatsfestivitäten darüber unterhalten hatte. Er führte hierzu weitergehend aus: Die Berechnung der Jahresendprämien erfolgte auf der Grundlage des Gehaltes des jeweiligen Mitarbeiters und das Auszahlungsprozedere war in jeder Abteilung gleichgelagert. Wie im Betriebskollektivvertrag festgelegt, erfolgte nach Erfüllung der Kennziffern durch den Abteilungsleiter die Abstimmung mit der Partei- und Gewerkschaftsleitung und innerhalb der Abteilung durch den Abteilungsleiter mit dem Parteigruppenorganisator und Gewerkschaftsvertrauensmann. Voraussetzung der Zahlung war die Planerfüllung, die Erfüllung der der Abteilung auferlegten Plankennziffern und die Erfüllung des Kollektivplans. Die Auszahlung der Jahresendprämien erfolgte über Listen und das Geld war eingetütet. Die Auszahlung wurde in den einzelnen Betriebsteilen gefeiert. Jeder Fachingenieur hat die Jahresendprämien erhalten, weil das Kollektiv an seine für das Jahr festgeschriebene Arbeit gebunden war. Besondere Leistungen, wie Neuerertätigkeit, wurden besonders honoriert. Bei den Jahresendprämien gab es prozentual nur geringfügige Änderungen zum Jahresbruttogehalt. Jahresendprämien wurden in allen Abteilungen gezahlt. Die Auszahlung erfolgte stets am Anfang des Jahres, meist Ende Januar oder Anfang Februar, für das vorangegangene Planjahr. Das Geld war eingetütet und die Mitarbeiter mussten den Betrag auf der vorbereiteten Liste gegen Unterschrift quittieren. Der Kläger erhielt deshalb jährlich Jahresendprämien, weil er Mitglied eines Kollektivs war, das für die Tätigkeit in der Kohle- und Energiewirtschaft seinen Anteil erbrachte, und er selbst zur Planerfüllung mit hervorragenden Arbeitsergebnissen, wie beispielsweise der Patentierung seiner Verschleißforschung sowie der Erleichterung der Arbeit in der Instandhaltung, beitrug.
Der Zeuge Dr. C...., der den Kläger ebenfalls aus der betrieblichen Zusammenarbeit seit 1972 kannte, der zunächst Arbeitskollege in der gleichen Abteilung und später unmittelbarer Vorgesetzter des Klägers war, gab in seiner schriftlichen Zeugenauskunft vom 11. Januar 2022 (Bl. 121 der Gerichtsakte) an, dass der Kläger gewerkschaftlicher Vertrauensmann seiner Abteilung war, in dieser Funktion hohes Ansehen genoss und jedes Jahr Jahresendprämien ausgezahlt erhielt.
Der Zeuge D...., der den Kläger ebenfalls aus der betrieblichen Zusammenarbeit seit 1972 kannte und mit diesem als Arbeitskollege in der gleichen Abteilung der Beschäftigungsbetriebe unmittelbar zusammenarbeite, gab in seiner schriftlichen Zeugenauskunft vom 12. Januar 2022 (Bl. 122 der Gerichtsakte) an, dass der Kläger – wie alle anderen Mitarbeiter der Abteilung auch – jährlich Jahresendprämien ausgezahlt erhielt. Weitergehend führte er aus: Die Höhe der Jahresendprämien wurde nach dem für das entsprechende Jahr durch die Kombinats- und Werkleitung vorgegebenen Prozentsätzen der Lohnsumme des Vorjahres und der Höhe des Bruttolohnes des Mitarbeiters festgelegt. Bis 1981 war die betriebliche Prozentvorgabe unterschiedlich. Ab 1982 war der Prozentsatz gleichbleibend und die Jahresendprämie war immer identisch, auch wenn in der Folgezeit Gehaltserhöhungen vorgenommen wurden. Die Auszahlung erfolgte stets im Februar oder März des Folgejahres, nachdem zuvor mit der Teilnahme des Vertrauensmannes der Gewerkschaft, anhand von vorgegebenen Prozentzahlen des Betriebes und der Höhe des Bruttolohnes des Vorjahres auf einer Namensliste für alle Werktätigen einer Abteilung (ausgenommen der Abteilungsleiter selbst) die entsprechenden Summen aufgeführt und darüber befunden wurde. Erst danach wurden die jeweiligen Kollegen einer Arbeitsgruppe zum Abteilungsleiter gerufen. Der Empfang der Jahresendprämien wurde auf der Liste per Unterschrift quittiert, wobei jeder die Beträge der anderen Kollegen einsehen konnte. Deshalb konnte der Zeuge auch sehen, dass der Kläger jedes Jahr Jahresendprämien ausgezahlt erhielt. In den Betrieben existierten diesbezüglich auch Betriebskollektivverträge und Betriebsprämienordnungen. Die jährlichen Plankennziffern in den Betrieben wurden stets erfüllt. Wenn dies einmal nicht der Fall gewesen sein sollte, wurde im Auftrag der Kombinatsleitung beim übergeordneten Organ immer nachträglich eine sogenannte Plankorrektur vorgenommen, sodass das Ist-Ergebnis zum Soll-Ergebnis erhoben wurde. Da der Anteil eines jeden Einzelnen an der Planerfüllung des Kombinates nicht exakt mess- bzw. nachweisbar und damit nicht bewertbar war, wurde die Jahresendprämie quasi als 13. Monatsgehalt angesehen. In dem Arbeitskollektiv, dem der Zeuge und der Kläger angehörten, wurden jährlich die Plankennziffern erreicht.
Unzulänglichkeiten des Klägers, die gegebenenfalls eine Kürzung oder Nichtzahlung der Jahresendprämie zur Folge hätten haben können, ergeben sich auch nicht aus anderweitigen Indizien oder Hinweistatsachen. Im Gegenteil: Die Angaben der Zeugen F...., Dr. C.... und D.... sind vor dem Hintergrund der beigezogenen arbeitsvertraglichen Unterlagen plausibel und bestätigen die berechtigte Annahme, dass der Kläger die individuellen Leistungskennziffern konkret erfüllte.
Den betrieblichen Änderungsverträgen ist zu entnehmen, dass der Kläger kontinuierliche Lohnsteigerungen verzeichnete, die letztlich auf der Arbeitsleistung des Klägers und den erreichten Arbeitsergebnissen beruhten.
In einem betrieblichen Schreiben vom 11. Januar 1985 (Bl. 109 der Gerichtsakte) wird die kontinuierliche und erfolgreiche Mitarbeit des Klägers in der Erfinderbewegung des Kombinats hervorgehoben, anlässlich derer der Kläger als "bester Erfinder des VE Braunkohlenkombinats X.... " ausgezeichnet und mit einer Prämie in Höhe von 400,00 Mark gewürdigt wurde. Dabei wurde ausdrücklich sein erfinderischer Anteil bei der Entwicklung von Lösungen zur Senkung des Verschleißes an den Graborganen von Tagebaugeräten betont.
In Anerkennung und Würdigung langjähriger Zugehörigkeit sowie hervorragender Leistungen im Industriezweig Kohle der DDR wurde dem Kläger mit Urkunde vom 24. Juni 1988 (Bl. 110 der Gerichtsakte) die "Medaille für Verdienste in der Kohleindustrie der DDR in Bronze" verliehen.
Unterstrichen wird diese vorbildliche und weder zu Kritik noch Tadel Anlass gebende Arbeitsweise des Klägers im Übrigen durch die ihm von seinen Beschäftigungsbetrieben in den Jahren 1972 (Bl. 13 der Verwaltungsakte, 2. Teil) und 1984 (Bl. 14 der Verwaltungsakte, 2. Teil) verliehenen Auszeichnungen jeweils als „Aktivist der sozialistischen Arbeit“. Mit diesen Auszeichnungen wurden jeweils unter anderem hervorragende und beispielgebende Arbeitsleistungen gewürdigt (vgl. dazu: § 1 der „Ordnung über die Verleihung des Ehrentitels ‚Aktivist der sozialistischen Arbeit‘“, die Bestandteil der „Bekanntmachung der Ordnungen über die Verleihung der bereits gestifteten staatlichen Auszeichnungen“ vom 28. Juni 1978 [DDR-GBl. Sonderdruck Nr. 952, S. 1 ff.] war). Darüber hinaus spricht für seine vorbildliche Arbeit auch die ihm von seinen Beschäftigungsbetrieben in den Jahren 1978 bis 1988 (Bl. 112 Rückseite und 116 der Gerichtsakte) verliehenen Auszeichnungen jeweils als Mitglied eines „Kollektivs der sozialistischen Arbeit“. Mit diesen Auszeichnungen wurden jeweils unter anderem beispielgebende Arbeitsleistungen des Kollektivs und jedes einzelnen Mitglieds des Kollektivs im sozialistischen Wettbewerb, also konkret auch des Klägers, gewürdigt (vgl. dazu: § 1 der „Ordnung über die Verleihung und Bestätigung der erfolgreichen Verteidigung des Ehrentitels ‚Kollektiv der sozialistischen Arbeit‘“, die Bestandteil der „Bekanntmachung der Ordnungen über die Verleihung der bereits gestifteten staatlichen Auszeichnungen“ vom 28. Juni 1978 [DDR-GBl. Sonderdruck Nr. 952, S. 1 ff.] war).
Zusammenfassend wird dem Kläger damit insgesamt bescheinigt, dass er die ihm übertragenen Aufgaben stets hervorragend erledigte, sodass sich keinerlei berechtigte Zweifel an der Erfüllung der vorgegebenen Leistungskriterien aufdrängen.
2.
Die konkrete Höhe der Jahresendprämien, die für die dem Grunde nach glaubhaft gemachten Planjahre (1973 bis 1989) in den Zuflussjahren 1974 bis 1990 zur Auszahlung an den Kläger gelangten, konnte er zwar nicht nachweisen (dazu nachfolgend unter a), jedoch für die Zuflussjahre 1974 bis 1990 in Form eines konkreten Betrages glaubhaft machen (dazu nachfolgend unter b). Die Höhe einer dem Grunde nach lediglich glaubhaft gemachten Jahresendprämie darf – entgegen der früheren Rechtsprechung des Sächsischen Landessozialgerichts – allerdings nicht geschätzt werden (dazu nachfolgend unter c).
a)
Die dem Kläger für die dem Grunde nach glaubhaft gemachten Planjahre (1973 bis 1989) in den Jahren 1974 bis 1990 zugeflossenen Jahresendprämienbeträge sind der Höhe nach nicht nachgewiesen:
Nachweise etwa in Form von Begleitschreiben, Gewährungsunterlagen, Beurteilungsbögen, Quittungen oder sonstigen Lohnunterlagen für an den Kläger geflossene Prämienzahlungen konnte er nicht vorlegen. Er selbst verfügt auch über keine weiteren Unterlagen, mit denen er die Gewährung von Jahresendprämien belegen könnte, wie er selbst wiederholt ausführte.
Auszahlungs- bzw. Quittierungslisten oder Anerkennungsschreiben der Abteilung des Betriebes konnten auch die Zeugen F...., Dr. C.... und D.... nicht vorlegen.
Nachweise zu an den Kläger gezahlten Jahresendprämien konnten auch in entsprechenden Archiven nicht mehr beigezogen werden, wie sich aus den schriftlichen Auskünften der Rhenus Office Systems GmbH vom 15. Juli 2010 und vom 10. August 2010 sowie den schriftlichen Auskünften der Vattenfall Europe Mining AG vom 20. Oktober 2010 und vom 22. Februar 2011 ergibt. Lohnunterlagen liegen auch im Übrigen nicht mehr vor, da zwischenzeitlich die Aufbewahrungsfrist für die Entgeltunterlagen der ehemaligen Betriebe der DDR abgelaufen ist (31. Dezember 2011; vgl. § 28f Abs. 5 SGB IV), weshalb bereits die Beklagte im erneuten Verwaltungsüberprüfungsverfahren von einer entsprechenden Anfrage an die Rhenus Office Systems GmbH abgesehen hat. Von einer Anfrage an das Bundesarchiv wurde im vorliegenden Verfahren abgesehen, da dort – wie aus entsprechenden Anfragen in anderen Verfahren gerichtsbekannt wurde – lediglich statistische Durchschnittwerte der in den Kombinaten gezahlten durchschnittlichen Jahresendprämienbeträge pro Vollbeschäftigteneinheit aus verschiedenen Jahren vorhanden sind, die keinerlei Rückschluss auf die individuelle Höhe der an den Kläger in einem konkreten Kombinatsbetrieb gezahlten Jahresendprämienhöhe erlauben.
b)
Die konkrete Höhe der an den Kläger ausgezahlten Jahresendprämienbeträge für die in den Jahren 1974 bis 1990 zugeflossenen Jahresendprämien (für die Planjahre 1973 bis 1989) ist im vorliegenden Fall auf der Grundlage der gerichtsbekannten, schriftlichen Erklärung der Zeugen R.... (Generaldirektor des VE Braunkohlenkombinats X.... ) und Dr. Q.... (Direktor für Sozialökonomie des VE Braunkohlenkombinats X.... ) vom 11. und 26. April 2010 (Bl. 22-23 der Verwaltungsakte, Teil 3) sowie der ebenfalls gerichtsbekannten, schriftlichen Zusatzerklärung des Zeugen R.... vom 13. Februar 2012 (Bl. 24-25 der Verwaltungsakte, Teil 3) glaubhaft gemacht. Denn diese Zeugenerklärungen, die sich auf die Jahresendprämienplanjahre 1969 bis 1989 beziehen, gelten für alle Betriebe des ehemaligen VE Braunkohlenkombinats X.... sowie für alle Betriebe der ehemaligen Vereinigung volkseigener Betriebe (VVB) Braunkohle X.... . Das VE Braunkohlenkombinat X.... wurde nämlich, ausweislich des gerichtsbekannten Registerauszugs (Bl. 47-49 der Gerichtsakte), erst mit Wirkung ab 1. Oktober 1980 gegründet. Vorgängereinrichtung war die VVB Braunkohle X.... , wie sich aus verschiedenen gerichtsbekannten Registerauszügen (Bl. 123-124 der Gerichtsakte) ergibt. Weil sich die Erklärung der Zeugen R.... und Dr. Q.... vom 11. und 26. April 2010 ausdrücklich auf die Jahresendprämienplanjahre 1969 bis 1989 bezieht, erstreckt sie sich auch auf die ehemaligen Betriebe der VVB Braunkohle X.... . Damit sind im konkreten Fall des Klägers sämtliche Beschäftigungsbetriebe erfasst, weil:
- das VE Braunkohlenkombinat X.... -Stammbetrieb- (Beschäftigungsbetrieb des Klägers von Januar 1982 bis Juni 1990) bereits ausdrücklich in der Erklärung der Zeugen R.... und Dr. Q.... vom 11. und 26. April 2010 benannt wird und
- das Institut für Braunkohlenbergbau Y.... (Beschäftigungsbetrieb des Klägers von Januar 1977 bis Dezember 1981) sowie der unmittelbare Rechtsvorgängerbetrieb VEB Rationalisierung Braunkohle Y.... (Beschäftigungsbetrieb des Klägers von Juli 1972 bis Dezember 1976) "kombinatsangehörige" Betriebe der VVB Braunkohle X.... (und damit des unmittelbaren Rechtsvorgängers des VE Braunkohlenkombinat X.... ) waren, sodass auch für diese Betriebe die Erklärung der Zeugen R.... und Dr. Q.... vom 11. und 26. April 2010 zur Anwendung gelangt.
Mangels anderweitigen konkreten Tatsachen- oder Rechtsvortrags der Beklagten hält der Senat an der, auch der Beklagten hinreichend bekannten, einheitlichen Rechtsprechung des Sächsischen LSG zu den Jahresendprämienbegehren der Beschäftigten der technischen Intelligenz in Betrieben des VE Braunkohlenkombinats X.... fest. Was die Beklagte mit dem gelegentlichen Hinweis (in anderen Verfahren) auf eine "Judikatur [mit] Alleinstellungsmerkmal dieses Senats" bezweckt, erschließt sich dem Senat nicht, zumal sämtliche für das Recht der Zusatzversorgung zuständigen und zuständig gewesenen Senate des Sächsischen LSG (4. Senat, 5. Senat und 7. Senat) diesbezüglich einheitlich judiziert haben. Hingewiesen sei insofern auf folgende, nahezu vollständig jeweils in JURIS veröffentlichten, "Parallelentscheidungen":
- Sächsisches LSG, Urteil vom 28. Mai 2015 im Verfahren L 5 RS 286/14,
- Sächsisches LSG, Urteil vom 24. November 2015 im Verfahren L 5 RS 188/15,
- Sächsisches LSG, Urteil vom 16. Februar 2016 im Verfahren L 5 RS 758/13,
- Sächsisches LSG, Urteil vom 28. Februar 2017 im Verfahren L 5 RS 466/16,
- Sächsisches LSG, Urteil vom 14. November 2017 im Verfahren L 4 RS 403/16,
- Sächsisches LSG, Urteil vom 27. Februar 2018 im Verfahren L 5 RS 888/16,
- Sächsisches LSG, Urteil vom 4. Dezember 2018 im Verfahren L 5 RS 656/17,
- Sächsisches LSG, Urteil vom 4. Dezember 2018 im Verfahren L 5 RS 898/17,
- Sächsisches LSG, Urteil vom 18. Dezember 2018 im Verfahren L 5 RS 850/17,
- Sächsisches LSG, Urteil vom 15. Januar 2019 im Verfahren L 5 RS 952/17,
- Sächsisches LSG, Urteil vom 12. Februar 2019 im Verfahren L 5 RS 840/17,
- Sächsisches LSG, Urteil vom 12. Februar 2019 im Verfahren L 5 RS 942/17,
- Sächsisches LSG, Urteil vom 12. März 2019 im Verfahren L 5 R 36/18 ZV,
- Sächsisches LSG, Urteil vom 9. April 2019 im Verfahren L 5 R 15/18 ZV,
- Sächsisches LSG, Urteil vom 23. April 2019 im Verfahren L 5 R 262/18 ZV,
- Sächsisches LSG, Urteil vom 23. April 2020 im Verfahren L 7 R 525/19 ZV und
- Sächsisches LSG, Urteil vom 4. November 2021 im Verfahren L 7 R 167/21 ZV.
Soweit die Beklagte (in einem Parallelverfahren [L 7 R 474/21 ZV]) ergänzend auf ein Urteil des 3. Senats des LSG Berlin /Brandenburg vom 15. Dezember 2021 im Verfahren L 3 R 231/18 WA (nicht veröffentlicht) verweist und ausführt, sie sehe sich hierdurch in ihrer Rechtsauffassung bestätigt, führt auch dieser Vortrag zu keiner anderen Bewertung. Zwar werden in diesem Urteil vom dort zur Entscheidung berufenen Senat Zweifel an der Glaubhaftigkeit der sog. "R.... -Erklärung" dargelegt. Diese vermögen den erkennenden Senat jedoch nicht zu einer anderen Bewertung Veranlassung zu geben, weil es sich ausschließlich um eine Tatsachenwürdigung handelt. Im Übrigen setzt sich der 3. Senat des LSG Berlin /Brandenburg auch nicht mit den gegenteiligen Bewertungen der sog. "R.... -Erklärung" durch den 4., 5. und 7. Senat des Sächsischen LSG sowie durch den 27. Senat des LSG Berlin /Brandenburg (Urteil vom 19. Oktober 2017 im Verfahren L 27 R 124/15; Urteil vom 22. Februar 2017 im Verfahren L 27 R 540/15) auseinander, sondern geht aufgrund der Würdigung der Tatsachenebene lediglich vom Gegenteil aus.
Vor diesem Hintergrund beanspruchen in Bezug auf die Jahresendprämienbegehren der Beschäftigten der technischen Intelligenz in Betrieben des VE Braunkohlenkombinats X.... nach wie vor folgende Überlegungen Geltung:
Die Zeugen R.... und Dr. Q.... führten in ihrer (gerichtsbekannten) gemeinsamen schriftlichen Erklärung vom 11. und 26. April 2010 (Bl. 22-23 der Verwaltungsakte, Teil 3) aus, dass im Rahmenkollektivvertrag die Zahlung einer Jahresendprämie an die Beschäftigten festgelegt war und ausgehend von den im jeweiligen Jahr erzielten Produktionsergebnissen des Kombinates (also des VE Braunkohlenkombinats X.... ) jeweils der zutreffende Prozentsatz zur Ermittlung der Jahresendprämie festgestellt wurde. Bezugsgröße dieses Prozentsatzes war dabei immer das durchschnittliche monatliche Bruttogehalt des Beschäftigten im Vorjahr, also ein Zwölftel des Jahresbruttoverdienstes des Vorjahres. Als verbindliche Prozentsätze wurden für die einzelnen Jahre festgelegt:
- für das Jahr 1969 86,65 Prozent,
- für das Jahr 1970: 87,80 Prozent,
- für das Jahr 1971: 84,50 Prozent,
- für das Jahr 1972: 79,10 Prozent,
- für das Jahr 1973: 88,30 Prozent,
- für das Jahr 1974: 87,75 Prozent,
- für das Jahr 1975: 92,55 Prozent,
- für das Jahr 1976: 89,15 Prozent,
- für das Jahr 1977: 93,65 Prozent,
- für das Jahr 1978: 94,30 Prozent,
- für das Jahr 1979: 94,07 Prozent,
- für das Jahr 1980: 87,03 Prozent,
- für das Jahr 1981: 91,94 Prozent und
- für die Jahre 1982 bis 1989 jeweils: 88,64 Prozent (anstatt 89,85 Prozent, gemäß Berichtigung durch den Zeugen R.... mit schriftlicher Zusatzerklärung vom 13. Februar 2012).
In seiner (gerichtsbekannten) schriftlichen Zusatzerklärung vom 13. Februar 2012 (Bl. 24-25 der Verwaltungsakte, Teil 3) führte der Zeuge R.... zudem aus, dass diese verbindlichen Prozentsätze durch den ehemaligen Hauptbuchhalter des VE Braunkohlenkombinats X.... O.... (bereits Anfang 2010 verstorben), akribisch aus den ehemaligen Betriebsunterlagen herausgearbeitet wurden und, dass die Jahresendprämien in den Kombinatsbetrieben wegen der jeweiligen Planerfüllung zugeführt wurden. Oberstes Gebot für diese Zuführung im Kombinat über die Mindestgrenze hinaus, die jedem Beschäftigten im Kombinat zustand, war dabei stets die Planerfüllung des Vorjahres durch den einzelnen Betrieb. Die Planerfüllung des Kombinats wurde grundsätzlich durch das übergeordnete Organ (bis 1971 die VVB Braunkohle N.... , seit 1972 bis 1990 das Ministerium für Kohle und Energie) bestätigt. Nach Bestätigung der Jahresendprämien durch das übergeordnete Organ erfolgte die Auszahlung derselben meist in den Monaten Februar oder März des Folgejahres. In Fällen geringerer Planerfüllung erfolgte auf Antrag der Kombinatsleitung beim übergeordneten Organ immer nachträglich eine sog. Plankorrektur, sodass das Ist-Ergebnis zum Soll-Ergebnis erhoben wurde. Da der Anteil jedes Einzelnen an der Planerfüllung des Kombinats nicht exakt mess- bzw. nachweisbar und damit nicht bewertbar war, wurde die Jahresendprämie quasi als 13. Monatsgehalt angesehen.
Soweit die Beklagte im Klageverfahren mit Schriftsatz vom 12. Mai 2017 – wie wiederholt in der Vergangenheit in anderen Verfahren – meint, die Glaubhaftigkeit der Aussagen des Zeugen R.... seien zu bezweifeln, sodass deren Beweiswert gegen Null tendiere, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Aus dem Umstand, dass der Zeuge R.... mittels eines immer wiederkehrenden – gerichtsbekannten – Standardschreibens seiner Rechtsanwältin auf massenhafte Anfragen von Sozialgerichten der Länder Sachsen, Brandenburg, Berlin und Thüringen seit dem Jahr 2015 jeweils mitteilen lässt, er könne „zum Gegenstand seiner Vernehmung keinerlei Aussage treffen“ (Bl. 46 der Gerichtsakte), kann entgegen der Ansicht der Beklagten nicht geschlossen werden, er distanziere sich von seiner im Jahr 2010 abgegebenen Erklärung. Zum einen geht diese von der Beklagten „unterlegte“ Distanzierung aus dem Standardschreiben seiner Rechtsanwältin nicht hervor. Zum anderen übersieht die Beklagte, dass die Erklärung aus dem Jahr 2010 nicht allein von Herrn R...., sondern auch von dem – zwischenzeitlich verstorbenen – Herrn Dr. Q.... abgegeben wurde. Zweifel an der Richtigkeit der Erklärung bestehen im Übrigen im vorliegenden Fall allein schon deshalb nicht, weil der Erklärungsinhalt konkret bezogen auf den Kläger auch von den konkret im Verfahren schriftlich befragten Zeugen F...., Dr. C.... und D.... bestätigt wurde. Zudem ergibt sich aus der – inzwischen ebenfalls gerichtsbekannten – schriftlichen Zusatzerklärung des Zeugen R.... vom 5. Juli 2017 (Bl. 62 der Gerichtsakte) zu dessen Erklärungen vom 11. und 26. April 2010 und vom 13. Februar 2012, dass sich der Zeuge R.... keineswegs von seinen Erklärungen distanziert, sondern nach wie vor hinter diesen steht. Er gab in der schriftlichen Zusatzerklärung vom 5. Juli 2017 an, dass seine Angaben aus dem Jahr 2010 auf den akribischen Arbeiten der Fachkollegen O.... und Dr. Q.... beruhten, die auf dem Sachgebiet der Jahresendprämie jeweils von Dezember meist bis März eines Jahres fachlich-inhaltlich umfassend tätig waren und diese Fachkollegen aus unterschiedlichen Quellen (zum Beispiel Arbeitsbücher, spezielle Protokolle, statistische Erhebungen und dergleichen mehr) die erforderlichen umfangreichen Informationen zur Fertigung der Erklärungen vom 11. und 26. April 2010 und vom 13. Februar 2012 zusammengetragen hatten. Dabei sind diese beiden Fachkollegen (ehemaliger Direktor für Sozialökonomie und Hauptbuchhalter des VE Braunkohlenkombinats X....) mit großer Umsicht und Gewissenhaftigkeit unter Berücksichtigung und umfassender Einbeziehung der spezifisch auf die Jahresendprämie zutreffenden gesetzlichen Bestimmungen und Verordnungen vorgegangen.
Vor diesem Hintergrund kann im vorliegenden konkreten Einzelfall davon ausgegangen werden, dass dem Kläger der konkrete Prozentanteil seines jeweiligen monatlichen Jahresdurchschnittsbruttolohnes als Jahresendprämie zugeflossen ist, weil gegenteilige Anhaltspunkte weder vorgetragen, noch ersichtlich sind und an der Glaubhaftigkeit der Aussagen der Zeugen keine Zweifel bestehen. Der Generaldirektor und der Direktor für Sozialökonomie des Kombinates, die sich – wie ergänzend erklärt wurde – des ehemaligen Hauptbuchhalters des Kombinates bedienten, sind sachkundige Personen, die über die Erfüllung der Planziele und die kombinatsseitigen Festlegungen Auskunft zu geben geeignet sind. Die Besonderheit der vorliegenden konkreten Sachverhaltskonstellation ist, wie aus den Angaben der Zeugen übereinstimmend und nachvollziehbar hervorgeht, dadurch gekennzeichnet, dass im Kombinat für alle Kombinatsbetriebe – ausgehend von der Planerfüllungsquote des Kombinates – ein konkreter Prozentsatz der Jahresendprämienzahlung festgelegt wurde. Insofern fehlt es im konkreten Sachverhalt bezüglich der Planjahre 1969 bis 1989 nicht an einem geeigneten Maßstab, an dem die konkrete Höhe der dem Grunde nach bezogenen Jahresendprämie beurteilt werden kann. Plausibel ist dies im vorliegenden Fall auch deshalb, weil nicht pauschal der durchschnittliche Bruttomonatslohn eines (jeden) Beschäftigten als Maßstab der Jahresendprämienzahlung behauptet wird, der nach den rechtlichen Koordinaten des DDR-Rechts gerade nicht der Basis-, Ausgangs- oder Grundwert zur Berechnung einer Jahresendprämie war, sondern explizit die im jeweiligen Jahr erzielten Produktionsergebnisses des Kombinats als Berechnungsbasis der kombinatsseitigen Festlegung von den Kombinatsverantwortlichen deklariert wurden.
Die Kriterien, nach denen eine hinreichende Glaubhaftmachung erfolgt, sind demnach im konkreten Fall in Bezug auf die streitgegenständlichen Planjahre 1973 bis 1989 (mit Zufluss in den Jahren 1974 bis 1990) erfüllt, weil nicht lediglich ein allgemeiner Ablauf und eine allgemeine Verfahrensweise dargelegt wurden.
Somit ist im Fall des Klägers zunächst der monatliche Bruttodurchschnittsverdienst der Planjahre 1973 bis 1989, für den die Jahresendprämien in den darauffolgenden Jahren (1974 bis 1990) gezahlt wurden, zu Grunde zu legen. Dieser kann der Arbeitsentgeltbescheinigung der LAUBAG vom 30. August 2000 (Bl. 8 der Verwaltungsakte, Teil 1), die Grundlage der in den Feststellungsbescheiden vom 7. Mai 2002 und vom 14. August 2006 enthaltenen Entgeltdaten ist, entnommen werden. Davon ist die von den Zeugen R.... und Dr. Q.... bekundete prozentuale Feststellungsquote der Planerfüllung der Jahre 1973 bis 1989 als glaubhaft gemachte Jahresendprämie festzusetzen. Von diesem Betrag ist ein Abzug in Höhe eines Sechstels vor dem Hintergrund der gesetzlichen Regelung des § 6 Abs. 6 AAÜG vorzunehmen.
Klarstellend ist darauf hinzuweisen, dass auf die Arbeitsentgeltbescheinigung der Vattenfall Europe Mining AG vom 22. Februar 2011, die neben den Bruttoentgelten auch die zusätzlichen Belohnungen für Werktätige im Bergbau enthält, nicht als Grundlage der Glaubhaftmachung abgestellt werden kann. Denn zusätzliche Belohnungen gehörten nicht zum Durchschnittsentgelt, welches der Jahresendprämienberechnung zu Grunde lag (§ 5 Abs. 3 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972, § 3 Abs. 2 der 1. Durchschnittsentgelt-VO).
Dies zu Grunde gelegt, sind für den Kläger Jahresendprämienzahlungen für die Beschäftigungs- und Planjahre 1973 bis 1989 (und damit für das Zuflussjahre 1974 bis1990) wie folgt zu berücksichtigen:
JEP-An-spruchsjahr |
Jahresarbeits-verdienst |
Monatsdurch-schnittsverdienst |
JEP in Höhe der Glaubhaftmachung zu Grunde gelegt |
davon 5/6 (exakt) |
JEP-Zuflussjahr |
|
1973 |
13.212,00 M |
1.101,00 M |
88,30 % |
972,18 M |
810,15 M |
1974 |
1974 |
10.798,87 M |
899,91 M |
87,75 % |
789,67 M |
658,06 M |
1975 |
1975 |
10.199,33 M |
849,94 M |
92,55 % |
786,62 M |
655,52 M |
1976 |
1976 |
13.800,00 M |
1.150,00 M |
89,15 % |
1.025,23 M |
854,36 M |
1977 |
1977 |
13.495,49 M |
1.124,62 M |
93,65 % |
1.053,21 M |
877,67 M |
1978 |
1978 |
13.590,32 M |
1.132,53 M |
94,30 % |
1.067,98 M |
889,98 M |
1979 |
1979 |
16.273,83 M |
1.356,15 M |
94,07 % |
1.275,73 M |
1.063,11 M |
1980 |
1980 |
16.067,73 M |
1.338,98 M |
87,03 % |
1.165,31 M |
971,09 M |
1981 |
1981 |
16.024,36 M |
1.335,36 M |
91,94 % |
1.227,73 M |
1.023,11 M |
1982 |
1982 |
16.410,19 M |
1.367,52 M |
88,64 % |
1.212,17 M |
1.010,14 M |
1983 |
1983 |
16.861,80 M |
1.405,15 M |
88,64 % |
1.245,53 M |
1.037,94 M |
1984 |
1984 |
18.187,09 M |
1.515,59 M |
88,64 % |
1.343,42 M |
1.119,52 M |
1985 |
1985 |
20.019,47 M |
1.668,29 M |
88,64 % |
1.478,77 M |
1.232,31 M |
1986 |
1986 |
18.481,44 M |
1.540,12 M |
88,64 % |
1.365,16 M |
1.137,63 M |
1987 |
1987 |
23.569,29 M |
1.964,11 M |
88,64 % |
1.740,99 M |
1.450,82 M |
1988 |
1988 |
19.166,22 M |
1.597,19 M |
88,64 % |
1.415,75 M |
1.179,79 M |
1989 |
1989 |
19.272,53 M |
1.606,04 M |
88,64 % |
1.423,59 M |
1.186,33 M |
1990 |
c)
Soweit der Kläger im Laufe des Verfahrens eine Schätzung der Höhe der begehrten Jahresendprämien begehrte, ist abschließend darauf hinzuweisen, dass eine Schätzung der Höhe des Prämienbetrages bei lediglich dem Grunde nach glaubhaft gemachtem Jahresendprämienbezug nicht in Betracht kommt (vgl. dazu ausführlich: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 16 ff.). Denn eine weitere Verminderung des Beweismaßstabes im Sinne einer Schätzungswahrscheinlichkeit sieht § 6 AAÜG nicht vor. Hätte der Gesetzgeber eine Schätzbefugnis schaffen wollen, so hätte er dies gesetzlich anordnen und Regelungen sowohl zu ihrer Reichweite (Schätzung des Gesamtverdienstes oder nur eines Teils davon) als auch zum Umfang der Anrechnung des geschätzten Verdienstes treffen müssen, nachdem er schon für den strengeren Beweismaßstab der Glaubhaftmachung nur die Möglichkeit einer begrenzten Berücksichtigung (zu fünf Sechsteln) ermöglicht hat. Auch aus § 6 Abs. 5 AAÜG in Verbindung mit § 256b Abs. 1 und § 256c Abs. 1 und 3 Satz 1 SGB VI ergibt sich keine materiell-rechtliche Schätzbefugnis. Rechtsfolge einer fehlenden Nachweismöglichkeit des Verdienstes ist hiernach stets die Ermittlung eines fiktiven Verdienstes nach Tabellenwerten, nicht jedoch die erleichterte Verdienstfeststellung im Wege der Schätzung im Sinne einer Überzeugung von der bloßen Wahrscheinlichkeit bestimmter Zahlenwerte. Die prozessuale Schätzbefugnis gemäß § 287 ZPO, die nach § 202 Satz 1 SGG im sozialgerichtlichen Verfahren lediglich subsidiär und „entsprechend“ anzuwenden ist, greift hier von vornherein nicht ein. Denn § 6 Abs. 6 AAÜG regelt als vorrangige und bereichsspezifische Spezialnorm die vorliegende Fallkonstellation (ein Verdienstteil ist nachgewiesen, ein anderer glaubhaft gemacht) abschließend und lässt für die allgemeine Schätzungsvorschrift des § 287 ZPO keinen Raum. Indem § 6 Abs. 6 AAÜG die Höhe des glaubhaft gemachten Verdienstteils selbst pauschal auf fünf Sechstel festlegt, bestimmt er gleichzeitig die mögliche Abweichung gegenüber dem Vollbeweis wie die Rechtsfolge der Glaubhaftmachung selbst und abschließend. Eine einzelfallbezogene Schätzung scheidet damit aus. Hätte der Gesetzgeber eine Schätzung zulassen wollen, so hätte er das Schätzverfahren weiter ausgestalten und festlegen müssen, ob und gegebenenfalls wie mit dem Abschlag im Rahmen der Schätzung umzugehen ist. Das Fehlen derartiger Bestimmungen belegt im Sinne eines beredten Schweigens zusätzlich den abschließenden Charakter der Ausnahmeregelung in § 6 Abs. 6 AAÜG als geschlossenes Regelungskonzept (BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 19). Eine Schätzung ist deshalb nur bei dem Grunde nach nachgewiesenen Zahlungen möglich (BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 21; BSG, Urteil vom 4. Mai 1999 - B 4 RA 6/99 R - SozR 3-8570 § 8 Nr. 3 = JURIS-Dokument, RdNr. 17).
3.
Die (in der konkreten Höhe für die Jahre 1974 bis 1990 glaubhaft gemachten) zugeflossenen Jahresendprämien als Arbeitsentgelt im Sinne der §§ 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV, 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG waren auch nicht nach der am 1. August 1991 maßgeblichen bundesrepublikanischen Rechtslage (Inkrafttreten des AAÜG) steuerfrei im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV in Verbindung mit § 1 ArEV (vgl. dazu ausführlich: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 33-41, ebenso nunmehr: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 13). Es handelt sich vielmehr um gemäß § 19 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt wurden).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und berücksichtigt Anlass, Verlauf und Ergebnis des Verfahrens.
IV.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.