Zur Berechnung der Höhe des Aufwendungsersatzes nach § 19 Abs. 5 SGB XII bei flexibel bewilligten Eingliederungshilfeleistungen.
Auf die Berufung des Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Marburg vom 23. September 2020 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben in beiden Instanzen keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über einen Aufwendungsersatz nach § 19 Abs. 5 SGB XII für Leistungen der Eingliederungshilfe in Gestalt von Kosten für Fachleistungsstunden (FLS) für den Monat Oktober 2018, nachdem die Klägerin in diesem Monat eine Rentennachzahlung erhalten hatte.
Die Klägerin, geboren 1991, gelernte medizinische Fachangestellte, ist infolge einer Schizophrenie in paranoider Form sowie einer Agoraphobie mit Panikstörung mit einem Grad der Behinderung von 70 als Schwerbehinderte anerkannt. Sie ist voll erwerbsgemindert und bezog eine bis zum 31. August 2020 befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung, die sich vom 16. April 2018 bis 31. Juni 2019 nach Abzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner auf 1.066,19 € netto monatlich belief und ab dem 1. Juli 2019 1.100,77 € netto betrug. Die Klägerin ist äthiopische Staatsangehörige und Inhaberin einer Niederlassungserlaubnis.
Über einzusetzendes Vermögen verfügt die Klägerin nicht. Ihr entstehen monatliche Kosten an Unterkunft und Heizung von 260,00 € zzgl. Nebenkosten in Höhe von 52,00 €, wobei Einigkeit dahingehend besteht, dass der Klägerin ein Umzug aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar ist, so dass der Beklagte diese Kosten vollständig bei der Bedarfsberechnung der Klägerin berücksichtigt.
Mit Bescheid vom 28. Juni 2017 (Bl. 47 d.A.) bewilligte der Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 20. Juni 2017 bis zum 30. Juni 2018 Leistungen der Eingliederungshilfe nach §§ 53 ff. Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch – Sozialhilfe – (SGB XII) in Form des Betreuten Wohnens. Bewilligt wurden 147 FLS pro Jahr zu einem Vergütungssatz von 63,95 € pro Stunde. Dabei werden die Leistungen erbracht durch die BI Sozialpsychiatrie in A-Stadt. Mit Bescheid vom 8. Oktober 2018 (Bl. 84 d.A.) bewilligte der Beklagte erneut Kosten in gleicher Anzahl von FLS pro Jahr und zum gleichen Vergütungssatz für den Zeitraum vom 1. Juli 2018 bis zum 30. Juni 2019. Mit Bescheid vom 11. Dezember 2019 (Bl. 141 d.A.) bewilligte der Beklagte der Klägerin weiterhin die Kostenübernahme in einem gesteigerten Rahmen von 198 FLS pro Jahr zum Vergütungssatz der Vorjahre für den Zeitraum vom 1. Juli 2019 bis zum 30. Juni 2020. Die Bescheide enthielten jeweils den Hinweis, dass die Bewilligung nach § 19 Abs. 3 und Abs. 5 SGB XII erfolgt.
Am 26. Oktober 2018 – also im Zeitraum der zweiten Bewilligung der FLS durch den Beklagten – erhielt die Klägerin ausweislich des vorgelegten Kontoauszuges eine Rentennachzahlung i.H.v. 2.374,54 €. Ausweislich des Bewilligungsbescheides der DRV Hessen über die Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 13. September 2018 beträgt die Nachzahlung für April bis einschließlich Oktober 2018 7.363,43 €, ab November 2018 werde monatlich 1.066,19 € bezahlt.
Im Oktober 2018 wurden 16,17 FLS (970 Minuten) erbracht.
Daraufhin forderte der Beklagte mit Bescheid vom 20. November 2019 Aufwendungsersatz nach § 19 Abs. 5 SGB XII in Gestalt des Einsatzes von Einkommen für die im Monat Oktober 2018 geleisteten Aufwendungen in Höhe von 783,39 €. Diesen Betrag ermittelte er rechnerisch wie folgt: 147 FLS/Jahr x 63,95€ / 12 Monate. Bei der Prüfung, welcher Umfang der Inanspruchnahme nach § 19 Abs. 3 i.V.m. Abs. 5 und § 87 Abs. 1 SGB XII angemessen sei, sei es gerechtfertigt in Bezug auf die bewilligte Maßnahme den Einsatz des Einkommens über der Einkommensgrenze in Höhe von 75 % zu fordern, mangels besonderer Anhaltspunkte in der Art des Bedarfs, der Art und Schwere der Behinderung oder hinsichtlich der Dauer und Höhe der erforderlichen Aufwendungen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 22. November 2019 Widerspruch (Bl. 115 ff. der Verwaltungsakte), mit dem sie geltend machte, dass die Rentennachzahlung nicht als einmalige Zahlung anzusehen, sondern auf die Monate April bis Oktober zu verteilen sei. Dies hätte zur Folge, dass sie unterhalb der Freibetragsgrenze bleiben würde und eine Beteiligung an den Kosten für die FLS ausgeschlossen sei. Zudem sei die Festlegung der FLS so gestaltet, dass diese über das ganze Jahr flexibel und nicht starr pro Monat wahrgenommen werden könnten. Wenn sich die Bewilligung der Sozialleistung auf ein ganzes Jahr erstrecke, müsse auch bei Fragen der Kostenerstattung auf das Einkommen des betreffenden Jahres abgestellt werden. Für diesen Zeitraum habe sie 12.794,28 € Rente erhalten, womit die monatliche Freigrenze (1.144€) nicht überschritten sei.
Der Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 21. Januar 2020 (Bl. 160 der Verwaltungsakte) zurück. Die gewährten 147 FLS pro Jahr seien umgerechnet 12,25 FLS im Monat, wodurch sich bei Kosten i.H.v. 63,95 € pro Stunde regelmäßige monatliche Betreuungskosten von 783,39 € ergäben. Bei einer festen monatlichen Betrachtung, wie durch die Klägerin angeführt, würden sich im Monat Oktober des Jahres 2018 die Kosten auf 1.034,07 € (FLS im Umfang von 970 Minuten = 16,17 Std. x 63,95 €) belaufen. Darüber hinaus sei die Nachzahlung als laufende Einnahme und eben nicht als einmalige Einnahme zu bewerten. Das Bundessozialgericht (BSG) habe mit seinem Urteil vom 24. April 2015 – B 4 AS 32/14 R – festgestellt, dass eine Rentennachzahlung aus laufenden Einnahmen keine einmalige Einnahme darstelle, so dass die einmalige Zahlung aus laufenden Einnahmen nur in dem Monat anzurechnen sei, in dem sie zur Verfügung stehe. Danach werde sie zu Vermögen. Eine Aufteilung auf mehrere Monate sei daher nicht möglich.
Hiergegen hat die Klägerin am 21. Januar 2020 Klage zum Sozialgericht Marburg erhobene, wobei sie darauf hingewiesen hat, dass die ihr zugegangene Ausfertigung des Widerspruchsbescheides undatiert war.
Zur Begründung hat die Klägerin auf ihre Ausführungen aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren verwiesen. Da die Bewilligung einen Jahreszeitraum erfasse, sei auch das zu berücksichtigende Einkommen auf ein Jahr zu beziehen.
Der Beklagte hat sich insbesondere auf die o.g. Rechtsprechung des Bundessozialgerichts berufen. Es gelte das Zuflussprinzip, so dass eine Verteilung der Rentennachzahlung auf die Monate, für die sie nachgezahlt werde, vom Regelungsgehalt des § 82 SGB XII nicht gedeckt sei. Es sei auf die tatsächliche wirtschaftliche Verfügbarkeit als „bereite Mittel“ abzustellen.
Der Klägervertreter verkenne mit seiner Argumentation, dass es sich um einen Aufwendungsersatz und nicht um einen Kostenerstattungsanspruch handele.
Das Sozialgericht hat nach Anhörung mit Gerichtsbescheid vom 23. September 2020 den Bescheid des Beklagten vom 20. November 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2020 aufgehoben. Die zulässige Klage sei auch begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 20. November 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2020 sei rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten. Rechtsgrundlage der streitgegenständlichen Bescheide sei § 19 Abs. 5 Satz 1 SGB XII. Der Begriff des Einkommens richte sich für die streitige Leistung nach § 82 Abs. 1 SGB XII. Bei der Rentennachzahlung handele es sich – entgegen der Auffassung der Klägerin – nicht um eine einmalige Einnahme gemäß § 82 Abs. 7 SGB XII. Nach der in Rechtsprechung und Schrifttum übereinstimmend vorgenommenen Abgrenzung seien laufende Einnahmen solche, die auf demselben Rechtsgrund beruhten und regelmäßig erbracht würden, bei einmaligen Einnahmen erschöpfe sich das Geschehen in einer einzigen Leistung (BSG, Urteil vom 24. April 2015 – B 4 AS 32/14 R m.w.N.). Diese Abgrenzung bedürfe einer weitergehenden Präzisierung für Fälle wie dem vorliegenden, in denen die regelmäßige Erfüllung von Ansprüchen, die aus demselben Rechtsgrund herrührten, Störungen unterworfen sei. In diesen Fällen komme dem Rechtsgrund der Zahlungen die maßgebende Bedeutung zu. Für die Qualifizierung einer Einnahme als laufende Einnahme reiche es danach aus, wenn sie zwar nicht „laufend“, sondern in einem Gesamtbetrag erbracht werde, aber nach dem zugrundeliegenden Rechtsgrund regelmäßig zu erbringen gewesen wäre. Diese entscheidend auf den Rechtsgrund abstellende Sichtweise ermögliche auch in Fällen mit Leistungsstörungen eine klare und praktisch gut handhabbare Abgrenzung, denn Rechtsgrund und vereinbarter Turnus von Zahlungen seien in der Regel einfach feststellbar. Zudem hänge die Beurteilung einer Einnahme als laufende oder einmalige nicht vom Verhalten des Schuldners ab, welches, wenn bestehende Ansprüche nicht erfüllt würden, unter Umständen sogar vertragswidrig sei. Wenn also Zahlungen aus ihrem Rechtsgrund heraus regelmäßig zu erbringen seien, ändere sich ihr Charakter als laufende Einnahme nicht dadurch, dass sie – aus welchen Gründen auch immer – dem Berechtigten zeitweise ganz oder teilweise vorenthalten und erst später in einem Betrag nachgezahlt würden (Hinweis auf BSG, Urteil vom 24. April 2015 – B 4 AS 32/14 R; Urteil vom 16. Mai 2012, B 4 AS 154/11 R).
Aufwendungen des Sozialhilfeträgers seien jedoch nach § 19 Abs. 5 SGB XII nur in dem Umfang zu ersetzen, in dem sie erbracht worden seien. Vorliegend gehe es um die Bewilligung von 147 FLS im Bescheid vom 8. Oktober 2018 für den Zeitraum vom 1. Juli 2018 bis zum 30. Juni 2019. Bei diesen FLS handele es sich per se nicht um eine Geldleistung, sondern der Wert der Leistung könne erst in Verbindung mit dem gewährten Stundensatz in Höhe von 63,95 € ermittelt werden. Das Wesen dieses Jahresbudgets an Fachleistungsstunden bestehe in der Flexibilität des Einsatzes. Die Klägerin könne den Betreuungsumfang flexibel auf 12 Monate verteilen. Für die Geltendmachung des Aufwendungsersatzes kämen vor diesem Hintergrund zwei Betrachtungsweisen in Betracht: Einerseits könne eine monatsweise Betrachtung erfolgen, die in den Blick nähme, wie viele FLS im Oktober 2018 erbracht worden sind und das Einkommen nur dieses Monats in Ansatz brächte. Bei dieser Betrachtung habe die Beklagte in ihrem Widerspruchsbescheid einen Aufwendungsersatz von 1.034,07 € (16,17 FLS x 63,95€) errechnet. Andererseits komme eine Jahresbetrachtung in Frage, bei der konsequenterweise der bewilligten Jahressumme (147 FLS x 63,95€) das Jahreseinkommen der Klägerin gegenüberzustellen wäre. Nach dieser Betrachtungsweise würden die Einnahmen der Klägerin die Einkommensgrenzen nicht überschreiten.
Nach Auffassung der Kammer sei vorliegend allein die jährliche Betrachtungsweise der Beurteilung des Aufwendungsersatzanspruchs zugrunde zu legen. Dies ergebe sich zum einen bereits aus dem Bewilligungszeitraum des zugrundeliegenden Bescheides und zum anderen auch aus dem oben dargelegten Sinn und Zweck des Budgets. Es würde der Flexibilität dieser Leistung fundamental zuwiderlaufen, wenn für die Frage der Möglichkeit der Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen im Sinne von § 19 Abs. 5 SGB XII eine monatsweise Betrachtung vorgenommen würde. Dies würde zu rein zufälligen Ergebnissen führen.
Der Gerichtsbescheid ist dem Beklagten am 7. Oktober 2020 zugestellt worden.
Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten ist am 6. November 2020 bei dem Hessischen Landessozialgericht eingegangen.
Der Beklagte vertritt die Rechtsauffassung, es sei auf den tatsächlichen Zufluss und die tatsächliche wirtschaftliche Verfügbarkeit abzustellen. Gehe man davon aus, dass es sich bei der Rentennachzahlung nicht um eine einmalige Einnahme gemäß § 82 Abs. 7 SGB XII handele, sondern um eine laufende Leistung, so müsse folgerichtig auch auf den einzelnen Monat abgestellt werden. Bei der Nachzahlung habe es sich im Monat Oktober um „bereite Mittel“ zur Deckung des Bedarfes gehandelt. Handele es sich um eine laufende Einnahme, folge daraus zwingend, dass diese im Zuflussmonat Berücksichtigung finden müsse. Die Auffassung des Sozialgerichts sei nicht nachvollziehbar. Vielmehr widerspreche sie der Rechtslage und könne auch aus Sinn und Zweck der auf jeweils ein Jahr bewilligten Leistung nicht hergeleitet werden. Die Flexibilität der Leistung sei nicht betroffen. Auch sei es bei Sozialhilfeleistungen im Hinblick auf den Nachranggrundsatz nicht ungewöhnlich, wenn die Leistungen von Monat zu Monat schwankten. Die monatliche Betrachtungsweise folge auch aus dem Gegenseitigkeitsprinzip der Sozialhilfe.
Zur Bewilligungspraxis werde darauf hingewiesen, dass es sich nicht um ein Jahresbudget gehandelt habe, wie das Sozialgericht wohl fälschlicherweise angenommen habe, sondern um die Bewilligung von Eingliederungshilfeleistungen zur Deckung des monatlichen Bedarfs. In diesem Rahmen habe die Möglichkeit bestanden, innerhalb eines Jahres bei der Inanspruchnahme der Leistung in einem Monat etwas mehr und dafür in den Folgemonaten zum Ausgleich etwas weniger an Fachleistungsstunden in Anspruch zu nehmen. Diese Flexibilität ändere aber an der grundsätzlich monatlichen Bedarfsdeckung und Bewilligung nichts.
Dies führte entgegen der Auffassung des Sozialgerichts und der Klägerin auch nicht zu zufälligen oder willkürlichen Ergebnissen. Dass im Rahmen des betreuten Wohnens eine gewisse Flexibilität hinsichtlich der Inanspruchnahme der Fachleistungsstunden bestehe und in der Folge die Aufwendungen in den jeweiligen Monaten nicht immer gleich seien, sei jedoch gerade im Rahmen von § 19 Abs. 5 SGB XII überhaupt kein Problem, da alle relevanten Fakten bekannt seien. Bezogen auf die tatsächlichen Aufwendungen hätte sich ein Betrag von 1.034,07 € ergeben, gefordert worden seien lediglich 739,39 €, was dem Durchschnittsbetrag entspreche.
Der Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Marburg vom 23. September 2020 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin trägt vor, der Beklagte setzte sich nicht mit der Rechtsauffassung des Sozialgerichts auseinander. Nach Einschätzung des Sozialgerichts laufe die gegenwärtige Praxis der Flexibilität der Eingliederungshilfe im betreuten Wohnen fundamental zuwider und führte zu rein zufälligen Ergebnissen. Es gehe nicht um die Frage, ob die Rentennachzahlung als laufende Einnahme aufzuteilen sei, sondern um die Frage, ob den Aufwendungen des Beklagten im Bewilligungszeitraum das Einkommen der hilfebedürftigen Person im Bewilligungszeitraum gegenüberzustellen sei, also um die Kongruenz zwischen Bewilligungszeitraum und Einkommen.
Der Bewilligungsbescheid regele im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Beklagten die Bewilligung von 147 FLS für den Zeitraum eines Jahres und nicht 12,25 Stunden pro Monat.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung am 19. Januar 2022 gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist begründet.
Zwar ist die Klage zulässig. Das Vorverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt; allein die fehlende Datierung des Widerspruchsbescheides in der dem Klägerbevollmächtigten übersandten Ausfertigung begründet keine Zweifel daran, dass der Widerspruchsbescheid mit zurechenbarem Wissen und Wollen des Beklagten bekanntgemacht werden sollte.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Der angegriffene Bescheid des Beklagten vom 20. November 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig.
Rechtsgrundlage des streitgegenständlichen Bescheids ist § 19 Abs. 5 Satz 1 SGB XII. Ist hiernach den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen im Sinne der Absätze 1 und 2 möglich oder im Sinne des Absatzes 3 zuzumuten und sind Leistungen erbracht worden, haben sie dem Träger der Sozialhilfe die Aufwendungen in diesem Umfang zu ersetzen. Der Aufwendungsersatzanspruch nach § 19 Abs. 5 SGB XII ist ein mit der Bewilligung der erweiterten Sozialhilfe jedenfalls dem Grunde nach ipso iure entstehender (Coseriu/Filges, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 19 SGB XII (Stand: 30. Juli 2021) Rn. 54), öffentlich-rechtlicher Anspruch, der durch Leistungsbescheid geltend zu machen ist (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13. Januar 2014 – L 20 SO 222/12 –, juris Rn. 37 m.w.N.).
In formeller Hinsicht bestehen gegen den Bescheid vom 20. November 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides keine Bedenken. Da der Anspruch des Leistungsträgers auf Aufwendungsersatz mit der Leistungsbewilligung entsteht, ist der Beklagte als bewilligender Träger auch für die Geltendmachung des entsprechenden Beitrags sachlich zuständig.
Die Geltendmachung ist entgegen der Rechtsauffassung des Sozialgerichts auch materiell rechtmäßig erfolgt.
Die dem Aufwendungsersatz zugrundeliegenden Leistungen wurden als Leistungen der erweiterten Hilfe erbracht. Aus dem Bescheid vom 8. Oktober 2018 geht nach den Ausführungen auf Seite 1 des Bescheides im Fettdruck unmissverständlich hervor, dass die Leistungen auf der Grundlage von § 19 Abs. 3 und Abs. 5 SGB XII bewilligt würden, die Leistungen bis zur Klärung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse vorläufig erbracht würden und – auf Seite 2 des Bescheides – zu prüfen sei, ob die Klägerin mit ihrem Einkommen und Vermögen zu den Leistungen der Eingliederungshilfe beizutragen habe.
Weiterhin ist die geleistete erweiterte Sozialhilfe rechtmäßig bewilligt worden. Insoweit reicht die hier vorliegende, formelle Legalität durch eine bestandskräftige Regelung im Bescheid vom 8. Oktober 2018 aus. Nach Bestandskraft des Bewilligungsbescheides ist auch dann Aufwendungsersatz zu leisten, wenn die erweiterte Hilfe möglicherweise zu Unrecht erbracht wurde; eine inzidente Prüfung der Rechtmäßigkeit der Leistungsbewilligung findet dann nicht mehr statt (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Dezember 2015 – L 2 SO 5064/14 –, juris Rn. 41).
Entgegen der Auffassung der Klägerin und des Sozialgerichts lässt die Berechnung der Höhe des Aufwendungsersatzanspruchs, insbesondere die Ermittlung des zu berücksichtigenden Einkommens, keine die Klägerin belastenden Rechtsfehler erkennen.
Der Höhe nach ist der Aufwendungsersatz einerseits durch die Höhe des einzusetzenden Einkommens oder Vermögens begrenzt (Coseriu/Filges, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 19 SGB XII (Stand: 30. Juli 2021) Rn. 54). Andererseits folgt aus der Natur eines Aufwendungsersatzes, dass der Ersatzanspruch nicht höher sein kann, als die bewilligten Leistungen, zudem hinsichtlich des Beginns und des Endes begrenzt durch die zugrundeliegende Bewilligung. Die Begrenzungen folgen daher zum einen aus den gesetzlichen Regelungen zur Ermittlung des anrechenbaren Einkommens, zum anderen aus den individuell-konkreten Festsetzungen der konkreten Bewilligung. Im Streit steht zwischen den Beteiligten indes, was daraus für die Beziehung zwischen Einkommen und Bewilligung folgt, nämlich ob von einer Kongruenz auszugehen ist, und die Einkommensermittlung strikt den Vorgaben der bestandskräftigen Bewilligung folgt, also die zunächst unterbliebene Einkommens- und Vermögensermittlung im „Korsett“ des Bewilligungsbescheides nachgeholt wird (so die Klägerseite und das Sozialgericht) oder ob anhand der gesetzlichen Regelungen zur Ermittlung des anrechenbaren Einkommens und Vermögens das Einkommen ermittelt wird und den bestandskräftig festgestellten Leistungen gegenüber gestellt wird (so der Beklagte).
Der Aufwendungsersatz erfasst nur die bewilligten Leistungen der erweiterten Hilfe, die aus dem Einkommen und Vermögen ohne Leistungsbewilligung selbst hätten erbracht werden müssen (Thie, in: Bieritz-Harder u.a. (Hrsg.), LPK-SGB XII, 12. Aufl. 2020, § 19 Rn. 14). Daraus folgt, dass die Ermittlung von Einkommen und Vermögen nach den Regelungen zu erfolgen hat, die bei der Leistungsbewilligung zu beachten sind bzw. zu beachten gewesen wären. Stellt sich im Nachhinein heraus, dass bei Erlass des Bescheides von anderen Erwägungen ausgegangen wurde, die mit dieser Einkommens- und Vermögensermittlung nicht oder nicht vollständig in Einklang zu bringen sind, bleibt dafür nur Raum, soweit es um die Zurechnung der erbrachten Leistungen zu diesem zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen geht, nicht aber umgekehrt, dass etwa die Anwendung der Vorschriften über die Ermittlung des zu berücksichtigenden Einkommens zur Disposition des Bewilligungsbescheides gestellt wird. Die Vorschriften über die Ermittlung des zu berücksichtigenden Einkommens und Vermögens nach §§ 82 ff. SGB XII sind also in der gleichen Weise bei der Ermittlung des Aufwendungsersatzes anzuwenden, wie sie anzuwenden gewesen wären, wäre nicht erweiterte Hilfe, sondern „echte“ Sozialhilfe gewährt worden.
Das zu berücksichtigende Einkommen wurde hiernach vom Beklagten zutreffend ermittelt. Das Recht der Eingliederungshilfe a.F. nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII folgte hinsichtlich der Saldierung von Bedarf und zu berücksichtigendem Einkommen und Vermögen grundsätzlich dem Monatsprinzip (vgl. § 85 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 82 SGB XII a.F.; vgl. auch aktuell zum Vermögen Palsherm, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 3. Aufl., § 139 SGB IX (Stand: 7. Januar 2020) Rn. 19).
Bei der Ermittlung des zu berücksichtigenden Einkommens ist bei einer Rentennachzahlung nicht von einer einmaligen Leistung im Sinne des § 82 Abs. 7 SGB XII, sondern vom Regelfall des Einkommens nach § 82 Abs. 1 SGB XII, das nach § 8 Abs. 1 1. Var. der Verordnung zur Durchführung des § 82 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (§ 82 SGB XII-DVO) „monatlich oder monatlich in unterschiedlicher Höhe“ erzielt wird und deshalb gerade nicht als Jahreseinkunft berechnet werden darf. Maßgeblich ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 24. April 2015 – B 4 AS 32/14 R – juris Rn. 17 m.w.N.; vgl. im Umkehrschluss auch Urteil vom 30. Juni 2016 – B 8 SO 3/15 R), der der Senat folgt und der auch bereits das Sozialgericht gefolgt ist, dass auch Rentennachzahlungen unter die regelmäßige Erfüllung von Ansprüchen zu subsumieren sind, die aus demselben Rechtsgrund herrühren. Für die Qualifizierung einer Einnahme als laufende Einnahme reicht es danach aus, wenn sie zwar nicht „laufend“, sondern in einem Gesamtbetrag erbracht wird, aber nach dem zugrundeliegenden Rechtsgrund regelmäßig zu erbringen gewesen wäre. Diese entscheidend auf den Rechtsgrund abstellende Sichtweise ermöglicht auch in Fällen mit Leistungsstörungen eine klare und praktisch gut handhabbare Abgrenzung, denn Rechtsgrund und vereinbarter Turnus von Zahlungen sind in der Regel einfach feststellbar. Zudem hängt die Beurteilung einer Einnahme als laufende oder einmalige nicht vom Verhalten des Schuldners ab, welches, wenn bestehende Ansprüche nicht erfüllt werden, unter Umständen sogar vertragswidrig ist. Wenn also Zahlungen aus ihrem Rechtsgrund heraus regelmäßig zu erbringen sind, ändert sich ihr Charakter als laufende Einnahme nicht dadurch, dass sie – aus welchen Gründen auch immer – dem Berechtigten zeitweise ganz oder teilweise vorenthalten und erst später in einem Betrag nachgezahlt werden. So verhält es sich mit der Nachzahlung durch die DRV Hessen, die eine Nachzahlung zur gesetzlich vorgeschriebenen monatlichen Erbringung darstellt. Etwas Anderes könnte nur gelten, wenn bereits kraft Gesetzes die Rentenzahlung im Normalfall nicht monatlich erfolgt (dazu BSG, Urteil vom 30. Juni 2016 – B 8 SO 3/15 R – juris Rn. 33). Nachdem dies zwischen den Beteiligten in der Berufung auch nicht mehr streitig ist, wird ergänzend auf die entsprechenden Entscheidungsgründe des Sozialgerichts verwiesen.
Die Vorschrift des § 11 Abs. 3 Satz 2 SGB II, eingefügt durch das „Neunte Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch ‒ Rechtsvereinfachung“ vom 26. Juli 2016, BGBl. I 1824, mit Wirkung vom 1. August 2016, die in Abkehr von der o.g. BSG-Rechtsprechung die Einordnung der Nachzahlung beim Arbeitslosengeld II als einmalige Einnahme mit der Pflicht zur Aufteilung anordnet, kann nicht analog angewendet werden. Die Bestimmung des zu berücksichtigen Einkommens nach dem SGB II und SGB XII weist so viele Unterschiede auf (vgl. die sehr unterschiedlich ausgestaltete Privilegierung von Erwerbseinkommen, die Unterschiede bei der untergesetzlichen Regelungstechnik, einerseits die Alg II-VO und andererseits die § 82 SGB XII-DVO), so dass kein einheitliches gesetzgeberisches Regelungskonzept auszumachen ist, nach dem sich die Regelungsbedürftigkeit einer Lücke oder die Wertungsgleichheit der Sachverhalte bestimmen ließe (zum hinreichenden Gleichlauf bei der Angemessenheitsgrenze für Kosten der Unterkunft und Heizung siehe die Senatsurteile vom heutigen Tage – L 4 SO 143/19 und L 4 SO 144/19). Einer analogen Anwendung steht insbesondere das Regelungskonzept von § 8 der Durchführungsverordnung zu § 82 SGB XII entgegen, die gerade von einer Betrachtung als Jahreseinkünfte die monatlich oder monatlich in unterschiedlicher Höhe erzielten Einkünfte ausklammert. Daher besteht keine Regelungslücke. Auch den Gesetzgebungsmaterialien (BT-Drs. 18/8041, S. 31) kann kein Gedanke entnommen werden, der bei Würdigung von § 8 Abs. 1 1. Var. § 82 SGB XII-DVO eine Analogie nahelegen könnte.
Nach den Feststellungen des Beklagten (Bl. 98 der Verwaltungsakte), der sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt, war im Oktober 2018 allein ein Zufluss von 2.374,54 € in Gestalt der Rentennachzahlung festzustellen. Dieses nach § 82 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 8 Abs. 1 1. Var. § 82 SGB XII-DVO allein im Zuflussmonat in voller Höhe zu berücksichtigende Einkommen unterlag der Einkommensgrenze nach § 85 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII (832 €) sowie nach § 85 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII für Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (312 €), mithin beträgt die Einkommensgrenze nach § 85 Abs. 1 SGB XII 1.144 €. Als Einkommen über der Einkommensgrenze verblieb 1.230,54 € (= 2.374,54 € - 1.144 €).
Dem ist die auf den Monat Oktober 2018 bewilligte Eingliederungshilfe gegenüber zu stellen. Die von den Beteiligten diskutierte Kontroverse stellt sich an dieser Stelle als Problem der Bestimmtheit des Bescheides oder als Auslegungsproblem dar. Der Bescheid regelt allein für das Jahr die Bewilligung von 147 FBS, ohne dass nach dem Wortlaut des Bescheides diese einem einzelnen Monat zuzuordnen wären. Für vergleichbare Zuordnungsprobleme bei § 93 SGB XII, nämlich der erforderlichen zeitlichen Deckungsgleichheit von Anspruch und Leistung, wird bei wiederkehrenden Eingliederungshilfeleistungen ein rein rechnerischer Rückgriff auf das Monatsprinzip vorgeschlagen (Conradis, in: Bieritz-Harder u.a. (Hrsg.), LPK-SGB XII, 12. Aufl. 2020, § 93 Rn. 29; dies erwägend Armbruster in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 93 SGB XII (Stand: 01.02.2020) Rn. 121). Jedenfalls überzeugt es, dass bei einer bedarfsabhängigen Leistung, die dem Monatsprinzip bei der Ermittlung des Bedarfes unterliegt, dann auch bei einer unklaren oder flexiblen Bewilligung zur Ermittlung des Anteils der Bewilligung rechnerisch auf das Monatsprinzip abzustellen ist.
Hiernach verbleiben im Unterschied zur Begründung des Sozialgerichts die folgenden zwei Betrachtungsweisen: Einerseits kann eine monatsweise Betrachtung erfolgen, die in den Blick nähme, wie viele FLS im Oktober 2018 tatsächlich erbracht worden sind und das Einkommen nur dieses Monats in Ansatz brächte. Bei dieser Betrachtung hat der Beklagte in seinem Widerspruchsbescheid zutreffend bei 970 festgestellten Fachleistungsminuten einen Aufwendungsersatz von 1.034,07€ (16,17 FLS ≈ 970 Minuten x 63,95 €) errechnet. Andererseits kommt die vom Beklagten nach Jahreszwölfteln vorgenommene Berechnung in Frage (147 FLS/12 x 63,95 € = 738,39 €).
Welcher Betrachtungsweise zu folgen ist, kann hier offen bleiben, da der Beklagte die für die Klägerin günstigere gewählt hat. Der Senat weist dabei darauf hin, dass hiermit keine Aussage darüber getroffen wurde, ob der Senat zu demselben Ergebnis kommen würde, wenn der Bewilligungsbescheid nicht bestandskräftig wäre.
Keinen Bedenken unterliegt im vorliegenden Fall die vom Beklagten gewählte Vorgehensweise, einen Einsatz des Einkommens oberhalb der Einkommensgrenze nach § 87 Abs. 1 SGB XII als angemessen zu fordern. Besondere Anhaltspunkte in der Art des Bedarfs, der Art oder Schwere der Behinderung oder der Pflegebedürftigkeit, der Dauer und Höhe der erforderlichen Aufwendungen sowie besonderer Belastungen der nachfragenden Person, die einen geringeren Anteil begründen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Nach Auffassung des Senats bestünde auch hier die Möglichkeit, konkrete Härten und Zufälligkeiten, die aus einer – in den Grenzen des Eingliederungshilferechts rechtmäßigen – flexiblen Leistungsbewilligung folgen, unter den Gesichtspunkten „Art des Bedarfs“ oder „Dauer und Höhe der erforderlichen Aufwendungen“ mit einem Abschlag zu berücksichtigen. Hierfür bestand indes bei der für die Klägerin günstigsten denkbaren Aufteilung auf Aufwendungsseite kein Anlass. Von vornherein keine Berücksichtigung können indes unterschiedliche Wertungen – wie die von der Klägerin angeführte finden –, die ihre Ursache allein in den gesetzlichen Regelungen der Frage haben, wie Rentennachzahlungen als Einkommen anzurechnen sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Revisionszulassungsgründe sind nicht ersichtlich. Allein der Umstand, dass mehrere Verfahren ruhen, führt nicht zur grundsätzlichen Bedeutung. Zudem ist nicht auszuschließen, dass im Falle der fehlenden Bestandskraft des Bewilligungsbescheides weitere Erwägungen anzustellen gewesen wären; für den Einzelfallcharakter spricht auch die Abhängigkeit der hiesigen Lösung von der individuellen Ausgestaltung des Bewilligungsbescheides.