§ 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI setzt auch in der entsprechenden Anwendung gemäß Art. 4 Abs. 2 BayLPflGG voraus, dass Geldleistungen für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten zu Unrecht erbracht worden sind. Der Verweis des Art. 4 Abs. 2 BayLPflGG auf § 118 Abs. 3 bis 4a SGB VI stellt eine Rechtsgrund- und keine bloße Rechtsfolgenverweisung dar. Deshalb kann die Vorschrift nicht auf solche Fälle entsprechend angewendet werden, in denen Landespflegegeld nach dem Tode des Berechtigten für ein noch zu Lebzeiten des Berechtigten abgeschlossenes Pflegegeldjahr rückwirkend ausbezahlt worden ist, nachdem der Anspruch durch den Tod des Berechtigten wegen Nichtvererblichkeit (Art. 2 Abs. 4 Satz 3 BayLPflGG) erloschen war.
I. Der Bescheid des Beklagten vom 30.08.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.10.2021 wird aufgehoben.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
T a t b e s t a n d :
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Erstattung von ausgezahltem Landespflegegeld nach dem Bayerischen Landespflegegeldgesetz (BayLPflGG) unter entsprechender Anwendung von § 118 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).
Die inzwischen verstorbene, 1927 geborene Leistungsberechtigte M4. bezog ab dem 02.09.2020 Leistungen der Pflegeversicherung entsprechend dem Pflegegrad 3 (Bescheid der Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten vom 13.10.2020).
Am 24.10.2020 beantragte die Leistungsberechtigte beim Landesamt für Pflege des Beklagten Landespflegegeld nach dem BayLPflGG.
Am 14.11.2020 verstarb die Leistungsberechtigte. Sie hinterließ ihren Sohn, den Kläger des vorliegenden Rechtsstreits, als einzigen Erben. Mit diesem hatte sie im Zeitpunkt ihres Todes weder in Haushaltsgemeinschaft gelebt, noch war dieser von ihr unterhalten worden.
Am 20.11.2020 erließ das Landesamt für Pflege einen an die Leistungsberechtigte adressierten Bescheid, mit dem dieser Landespflegegeld nach dem BayLPflGG ab dem Pflegegeldjahr 2019/2020 bewilligt wurde. Die Auszahlung werde einmal jährlich auf das angegebene Konto erfolgen. Dieser Bescheid gelangte dem Kläger bei der Durchsicht der Post seiner verstorbenen Mutter zur Kenntnis.
Der Betrag von 1000 € wurde ebenfalls am 20.11.2020 auf das Konto der verstorbenen Leistungsberechtigten bei der C. Bank überwiesen. Von dort überwies es der Kläger noch am selben Tag auf sein eigenes Konto, weil er das Konto seiner verstorbenen Mutter so schnell wie möglich auflösen wollte.
Mit Schreiben vom 01.04.2021 forderte das Landesamt für Pflege die C. Bank auf, das nach dem Versterben der Leistungsberechtigten ausbezahlte Landespflegegeld in Höhe von 1000 € zu erstatten.
Die C. Bank teilte darauf mit Schreiben vom 14.04.2021 mit, dass das Konto keine entsprechende Deckung mehr aufweise. Die Zahlung sei am 20.11.2020 auf dem Konto der Leistungsberechtigten eingegangen und taggleich per Überweisung an den Kläger als Zahlungsempfänger verfügt worden.
Am 30.08.2021 erließ der Beklagte, vertreten durch das Landesamt für Pflege, gegenüber dem Kläger einen auf Art. 4 Abs. 2 BayLPflGG in Verbindung mit ein § 118 Abs. 4 SGB VI gestützten Bescheid, wonach der Kläger das am 20.11.2020 ausbezahlte Landespflegegeld in Höhe von 1000 € zu erstatten habe.
Dagegen legte der Kläger am 07.09.2021 Widerspruch ein, den das Landesamt für Pflege mit Widerspruchsbescheid vom 20.10.2021 als unbegründet zurückwies.
Dagegen hat der Kläger am 04.11.2021 Klage erhoben.
Der Kläger ist der Auffassung, dass der Tod der Leistungsberechtigten nicht zu einem Erlöschen des Anspruchs und zum Wegfall des Rechtsgrundes für die Auszahlung geführt habe. Eine gesetzliche Regelung, dass der entstandene Anspruch mit dem späteren Tod des Berechtigten erlösche, finde sich im Gesetz nicht. In Art. 2 Abs. 4 Satz 3 BayLPflGG sei lediglich geregelt, dass der Anspruch nicht abtretbar, nicht pfändbar nicht vererblich sei. Das sei zu unterscheiden vom Begriff des Erlöschens eines Anspruchs. Das Erlöschen von Sozialleistungsansprüchen sei in § 59 SGB I geregelt. Gemäß § 59 Satz 2 SGB I würden Ansprüche auf Geldleistungen nur erlöschen, wenn sie im Zeitpunkt des Todes des Berechtigten weder festgestellt seien noch ein Verwaltungsverfahren über sie anhängig sei. Im Zeitpunkt des Todes der Leistungsberechtigten sei jedoch ein Verwaltungsverfahren anhängig gewesen. Somit sei es nicht zu einem Erlöschen des Anspruchs gekommen. Der Rechtsgrund aus der früheren Bewilligung bestehe fort.
Weiter ist der Kläger der Auffassung, dass es jedenfalls einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes (Art. 3 Abs. 1 GG) sowie gegen das im Grundgesetz verankerte Rechtsstaatsprinzip bedeute, wenn der Anspruch auf Auszahlung von der Zufälligkeit abhänge, ob die Behörde den Betrag vor dem Versterben des Betroffenen bereits ausgezahlt habe oder nicht. Das Rechtsstaatsprinzip fordere eine Regelung, wie sie in § 59 Satz 2 SGB I getroffen wurde. Darin komme ein allgemeiner Rechtsgedanke zum Ausdruck, wie er beispielsweise auch für das frühere Schmerzensgeldrecht (das damals von der Nichtvererblichkeit des Schmerzensgeldes ausging) gegolten habe; mit Rechtshängigkeit sei der entstandene, damals nicht vererbliche Schmerzensgeldanspruch "geschützt" gewesen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 30.08.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.10.2021 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Auffassung, dass der Anspruch der Leistungsberechtigten mit deren Tode am 14.11.2020 wegen der in Art. 2 Abs. 4 Satz 3 BayLPflGG geregelten Nichtvererblichkeit erloschen und deshalb die Auszahlung des Landespflegegeldes am 20.11.2020 rechtswidrig erfolgt sei. Der Anspruch auf Erstattung dieses Betrages gegen den Kläger als Verfügenden und Empfänger ergebe sich aus Art. 4 Abs. 2 BayLPflGG in Verbindung mit § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Prozessakten sowie auf die beigezogene Akte des Beklagten, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Für die Entscheidung war das Sozialgericht München örtlich (§ 57 Sozialgerichtsgesetz - SGG) und sachlich (§ 8 SGG) zuständig.
Die Klage ist zulässig. Sie ist als Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 SGG statthaft. Die Klage wurde gemäß §§ 87, 90 und 92 SGG form- und fristgerecht erhoben.
Die Klage auch begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 30.08.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.10.2021 ist rechtswidrig.
Der Bescheid über die Erstattung von Landespflegegeld kann nicht auf Art. 4 Abs. 2 BayLPflGG in Verbindung mit § 118 Abs. 4 SGB VI gestützt werden. Art. 4 Abs. 2 BayLPflGG sieht vor, dass § 118 Abs. 3 bis 4a SGB VI entsprechend anzuwenden sind. Gemäß § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI sind, soweit Geldleistungen für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten zu Unrecht erbracht worden sind, sowohl die Personen, die die Geldleistungen unmittelbar in Empfang genommen haben oder an die der entsprechende Betrag durch Dauerauftrag, Lastschrifteinzug oder sonstiges bankübliches Zahlungsgeschäft auf ein Konto weitergeleitet wurde (Empfänger), als auch die Personen, die als Verfügungsberechtigte über den entsprechenden Betrag ein bankübliches Zahlungsgeschäft zu Lasten des Kontos vorgenommen oder zugelassen haben (Verfügende), dem Träger der Rentenversicherung zur Erstattung des entsprechenden Betrages verpflichtet. In der entsprechenden Anwendung gemäß Art. 4 Abs. 2 BayLPflGG ist die Vorschrift des § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI so zu lesen, dass die Erstattungspflicht nicht gegenüber dem Träger der Rentenversicherung, sondern gegenüber dem Freistaat Bayern besteht. Dagegen setzt § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI auch in der entsprechenden Anwendung gemäß Art. 4 Abs. 2 BayLPflGG voraus, dass Geldleistungen für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten zu Unrecht erbracht worden sind. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Es mag sein, dass das Landespflegegeld aufgrund des vorangegangenen Todes der Leistungsberechtigten und der Nichtvererblichkeit des Anspruchs zu Unrecht ausbezahlt worden war. Jedenfalls handelte es sich aber nicht um eine Geldleistung "für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten". Denn das der am 14.11.2020 verstorbenen Leistungsberechtigten am 20.11.2020 ausgezahlte Landespflegegeld bezog sich nicht auf die Zeit nach deren Tod, sondern auf das Pflegegeldjahr 2019/2020, sodass es sich um eine Geldleistung für die Zeit vor dem Tod der Berechtigten handelte. Diese Situation ist nicht vergleichbar mit der von § 118 Abs. 4 SGB VI in seiner direkten Anwendung erfassten Auszahlung von Rente für Zeiten nach dem Tode des Berechtigten.
Der Verweis des Art. 4 Abs. 2 BayLPflGG auf § 118 Abs. 3 bis 4a SGB VI stellt eine Rechtsgrund- und keine bloße Rechtsfolgenverweisung dar. Deshalb kann die Vorschrift nicht auf solche Fälle entsprechend angewendet werden, in denen Landespflegegeld nach dem Tode des Berechtigten für ein noch zu Lebzeiten des Berechtigten abgeschlossenes Pflegegeldjahr rückwirkend ausbezahlt worden ist, nachdem der Anspruch durch den Tod des Berechtigten wegen Nichtvererblichkeit (Art. 2 Abs. 4 Satz 3 BayLPflGG) erloschen war. Wäre eine bloße Rechtsfolgenverweisung beabsichtigt gewesen, hätte der Landesgesetzgeber in Art. 4 Abs. 2 BayLPflGG die Voraussetzungen, unter denen die Vorschrift entsprechend anwendbar sein soll, genau bezeichnen müssen, zumal es sich bei der Vorschrift des § 118 Abs. 3 bis 4a SGB VI um eine Eingriffsnorm handelt, die einschneidende Rückzahlungsverpflichtungen für weitreichende Personenkreise haben kann, die im Übrigen nicht von der Erbschaft profitieren (z.B. Vermieter oder sonstige Zahlungsempfänger). Dies gilt umso mehr, als andere Tatbestandsmerkmale des § 118 Abs. 4 SGB VI, wie die Unrechtmäßigkeit der Auszahlung, unstrittig auch in der entsprechenden Anwendung gelten sollen, so dass eine reine Rechtsfolgenverweisung ohnehin nicht in Betracht kommt, sondern die Auffassung des Beklagten darauf hinausliefe, nur die Geltung eines einzelnen Tatbestandsmerkmals in einem ihm vorteilhaften Sinne auszuschließen.
Die vom Beklagten postulierte Absicht des Gesetzgebers, durch den Verweis auf § 118 Abs. 3 bis 4a SGB VI diese Vorschriften gerade für den Fall des nachträglichen Erlöschens des Anspruchs auf Landespflegegeld aufgrund dessen Nichtvererblichkeit für anwendbar zu erklären, finden sich in den Gesetzgebungsmaterialien keine Hinweise. In den im 2. Nachtragshaushaltsplan 2018 des Freistaats Bayern abgedruckten Erläuterungen zum 2. Nachtragshaushaltsgesetz 2018 vom 24.07.2018 (GVBl S. 613) heißt es zu § 4 (Bayerisches Landespflegegeldgesetz) und dort zu Art. 4 Abs. 2 BayLPflGG: "Abs. 2 stellt zudem klar, dass Landespflegegeld, das trotz Erlöschen des Anspruchs (Art. 3 Abs. 2 i.V.m. § 59 Satz 2 SGB I) oder Nichtvererblichkeit (Art. 2 Abs. 4 Satz 3) ausgezahlt wurde, zurückzuzahlen ist." Die hier dokumentierte Erwartung des Gesetzgebers wird bereits durch die allgemeinen Vorschriften zur Rücknahme und Aufhebung von Verwaltungsakten (§§ 45 und 48 SGB X) sowie zur Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen (§ 50 SGB X) - sämtlich anwendbar über die Verweisung in Art. 4 Abs. 2 BayLPflGG - erfüllt. Ein darüber hinausgehender Wille des Gesetzgebers, auch die spezielle Erstattungspflicht des Kreditinstituts sowie der Verfügenden und Empfänger nach § 118 Abs. 3 bis 4a SGB X auf diesen speziellen Fall für anwendbar zu erklären, geht aus der zitierten Stelle nicht hervor.
Eine Auslegung, wonach Art. 4 Abs. 2 BayLPflGG die entsprechende Anwendung des § 118 Abs. 3 bis 4a SGB VI auf die rückwirkende Auszahlung von Landespflegegeld für ein noch vollständig erlebtes Landespflegegeldjahr anordne, lässt sich auch nicht mit der Überlegung rechtfertigen, dass die entsprechende Anwendung des § 118 Abs. 3 bis 4a SGB VI sonst leerliefe. Denn diese Vorschrift ist selbstverständlich problemlos anwendbar auf Fälle, in denen aufgrund eines einmal als Dauerverwaltungsakt erlassenen Bewilligungsbescheides in künftigen Jahren Landespflegegeld für Zeiträume ausbezahlt wird, die nach dem Tode des Leistungsberechtigten liegen. Es mag sein, dass eine solche Auszahlung in künftigen Jahren unwahrscheinlich ist, weil das Landesamt für Pflege vor jeder jährlichen Auszahlung per Melderegisterauskunft prüft, ob der jeweilige Leistungsempfänger den 30.09. des jeweiligen Jahres noch erlebt hat - das ist jedoch eine Frage des Verwaltungsvollzugs und ändert nichts an der grundsätzlichen Möglichkeit, fehlerhaft für Zeiten nach dem Versterben ausgezahlte Leistungen unter Benutzung des "scharfen Schwerts" des § 118 Abs. 3 bis 4a SGB VI von Banken, Verfügenden und Empfängern dieser Verfügungen zurückzuholen.
Es kann offenbleiben, ob die Leistung im Sinne des § 118 Abs. 4 SGB V zu Unrecht erbracht worden ist. Jedenfalls kann sich der Kläger nicht auf die vom Sozialgericht München mit Urteil vom 05.05.2021 Az. S 59 P 138/20 LP (veröffentlicht bei Juris und KrV 2021, 169, Anm. von der Decken FD-SozVR 2021, 439442) entwickelte Ausnahme vom Grundsatz des Erlöschens der Ansprüche auf Landespflegegeld mit dem Tode des Berechtigten stützen. Nach jenem Urteil ist die Sonderrechtsnachfolge nach § 56 SGB I (der ebenfalls gemäß Art. 4 Abs. 2 BayLPflGG für entsprechend anwendbar erklärt wird) durch die Regelung über die Nichtvererblichkeit des Landespflegegeldes nicht ausgeschlossen. Die Entscheidung beruht auf der Überlegung, dass das BayLPflGG in Art. 2 Abs. 4 Satz nur die "Vererblichkeit" des Anspruchs auf Landespflegegeld ausgeschlossen hat, ohne die sozialrechtliche Sonderrechtsnachfolge zu erwähnen, während die Systematik der §§ 56 und 58 SGB I die Sonderrechtsnachfolge und Erbfolge nach BGB klar voneinander unterscheidet. Diese Rechtsprechung stellt einen Versuch dar, den von vielen Hinterbliebenen als unfassbare Ungerechtigkeit empfundenen Ausschluss der Vererblichkeit des für das bereits abgeschlossene Landespflegegeldjahr rückwirkend auszubezahlenden Pflegegeldes abzumildern, indem die Sonderrechtsnachfolger nach § 56 SGB I, die mit den Leistungsberechtigten im Zeitpunkt des Todes besonders eng und existenziell verbunden und damit in der Regel auch mit der Pflege belastet waren, vom Ausschluss der Nichtvererblichkeit ausgenommen werden. Der Kläger vermag jedoch von den Grundsätzen dieser Rechtsprechung nicht zu profitieren, weil er nicht zu den Sonderrechtsnachfolgern nach § 56 SGB I gehört, da er im Zeitpunkt des Todes seiner Mutter weder mit dieser in einem Haushalt lebte noch von ihr unterhalten wurde. Trotzdem ist es denkbar, dass es der Beklagten aufgrund der Bestandskraft (§ 77 SGG) des an die verstorbene Leistungsberechtigte adressierten, aber dem Kläger als Erben und Gesamtrechtsnachfolger zugegangenen Bewilligungsbescheides vom 20.11.2020 verwehrt ist, gegenüber dem Kläger das Nichtbestehen des Anspruchs auf Landespflegegeld geltend zu machen, solange dieser Verwaltungsakt nicht nach den Regeln des § 45 SGB X zurückgenommen ist. Diese Frage kann jedoch vorliegend offenbleiben, da die Anwendbarkeit des § 118 Abs. 4 SGB VI bereits aus anderen Gründen scheitert.
Dahinstehen kann deshalb ebenso die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob der Ausschluss der Vererblichkeit nach Art. 3 Abs. 4 Satz 3 SGB VI gegen Verfassungsrecht verstößt, insbesondere gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG). Die Nichtvererblichkeit bewirkt, dass der Fortbestand eines Anspruchs auf eine jährlich rückwirkend auszuzahlende Leistung auch nach deren Fälligkeit zum 01.10. eines Jahres weiter davon abhängt, ob die Behörde die Auszahlung noch rechtzeitig vor dem Tode des Berechtigten vornimmt oder nicht. Dem Kläger ist zuzugeben, dass dieses Ergebnis unter dem Blinkwinkel der allgemeinen Gerechtigkeit und der Rechtsschutzmöglichkeiten der Betroffenen zumindest problematisch erscheint. Dabei sorgt schon die Regelung des Art. 2 Abs. 1 Satz 2 BayLPflGG bei den Hinterbliebenen für Unverständnis, wenn ein Pflegebedürftiger vor dem 30.09. verstirbt, das letzte Pflegegeldjahr also nicht mehr ganz erlebt und damit den Anspruch hierfür von vornherein nicht erwirbt. Dass aber sogar ein durch Erleben des 30.09. für ein Pflegegeldjahr erworbener Anspruch in seinem Fortbestand noch davon abhängen soll, wie schnell das Landesamt die Leistung bewilligt und auszahlt, könnte schon die Grenzen dessen überschreiten, was die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung an Gestaltungsfreiheit dem Gesetzgeber zur Typisierung unter Inkaufnahme von Härten zugesteht. Dass das Landesamt seine ursprünglich nach Inkrafttreten des Gesetzes gepflegte Verwaltungspraxis, die Auszahlung des Landespflegegeldes bewusst bis zu dem Monat, in dem im Vorjahr der Antrag gestellt worden war, hinauszuzögern, inzwischen aufgegeben hat, ist zwar erfreulich, ändert aber an dem Problem als solchen nichts. Ebenso wenig helfen die Hinweise des Beklagten auf die angebliche "Höchstpersönlichkeit" des Anspruchs auf Landespflegegeld weiter, ganz davon abgesehen, dass sich der Begriff der Höchstpersönlichkeit ausdrücklich weder im Gesetz selbst noch in der Gesetzesbegründung findet, vielmehr die Gesetzesbegründung (vor "Zu Art. 1") als einen möglichen Zweck der Leistung auch die Freiheit des Leistungsberechtigten nennt, Angehörigen oder anderen, die ihn in seiner Alltagsgestaltung unterstützen, eine materielle Anerkennung ohne Rechtspflicht zukommen zu lassen. Diese materielle Anerkennung wird vereitelt, wenn ein Angehöriger, der über das gesamte Pflegegeldjahr hinweg den vor Auszahlung verstorbenen Leistungsberechtigten gepflegt hat, dieses Pflegegeld nicht mehr erhält oder sogar nach Auszahlung erstatten muss. Ganz davon abgesehen, dass die Regelung, wonach die Ansprüche nicht vererblich sind, streng genommen die weitere Frage aufwirft, warum nicht auch bei vor dem Tode des Berechtigten erfolgter Zahlung die Leistung zurückgefordert wird, obwohl eigentlich aufgrund der Nichtvererblichkeit der Rechtsgrund für die Leistung und damit für das Behaltendürfen in der Person des Rechtsnachfolgers entfallen ist.
Der Bescheid kann auch nicht im Wege der Umdeutung gemäß Art. 4 Abs. 2 BayLPflGG i.V.m. § 43 SGB X auf die Vorschrift des Art. 4 Abs. 2 BayLPflGG i.V.m. § 50 SGB X gestützt werden, wonach zu Unrecht erbrachte Leistungen zu erstatten sind und die zu erstattende Leistung durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen ist (§ 50 Abs. 3 Satz 1 SGB X). Denn egal ob man den Bewilligungsbescheid vom 20.11.2020 für wirksam hält oder nicht, ist die Rückforderung der Leistung - sei es bei Rückforderung nach § 50 Abs. 1 SGB X in direkter Anwendung des § 45 SGB X oder bei Rückforderung nach § 50 Abs. 2 SGB X in entsprechender Anwendung des § 45 SGB X gemäß dem Verweis in § 50 Abs. 2 Satz 2 SGB X - jedenfalls an die Voraussetzungen des § 45 SGB X geknüpft, die - da ein Ausschluss des Vertrauensschutzes nach § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X ersichtlich nicht in Betracht kommt - jedenfalls eine ordnungsmäßige Ermessensausübung voraussetzt. Eine Ermessensausübung ist jedoch weder in dem angefochtenen Verwaltungsakt vom 30.08.2021 noch in dem Widerspruchsbescheid vom 20.10.2021 enthalten, da der Beklagten von einer gebundenen Entscheidung nach § 118 Abs. 4 SGB V ausgegangen ist. Entsprechend bestimmt § 43 SGB X, dass eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden kann. Davon abgesehen, würde es sich um eine Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit handeln, die gemäß § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X im vorliegenden Fall ohnehin ausgeschlossen wäre. § 48 SGB X kann anstelle des § 45 SGB X nicht angewendet werden, weil der Tod der Klägerin, der den Anspruch zum Erlöschen brachte, zeitlich vor dem Zugang des Bewilligungsbescheides sowie der Auszahlung des Pflegegeldes lag.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der Rechtsstreit ist nach § 197a SGG kostenpflichtig. Der Kläger war nicht in der Eigenschaft als Sonderrechtsnachfolger nach § 56 SGB I beteiligt, sondern als Verfügender oder Empfänger im Sinne des § 118 Abs. 4 SGB VI, also jedenfalls nicht als Kostenprivilegierter im Sinne des § 183 SGG.