Die Verkürzung der Ausschlussfrist auf zwei Jahre für eine Honorarberichtigung gilt nur für die Honorarbescheide, die erst nach deren Inkrafttreten am 11.05.2019 wirksam wurden. Für die Geltung der zweijährigen Ausschlussfrist ist nicht auf den Zeitpunkt des Honorarrückforderungsbescheids abzustellen, sondern auf den Zeitpunkt der zu berichtigenden Honorarbescheide. Für die Konkretisierung des intertemporalen Rechts ist diesbezüglich nicht auf Art. 169 Abs. 2 und Art. 231 § 6 Abs. 2 und 3 EGBGB abzustellen (entgegen SG Dresden, Beschl. v. - S 25 KA 18/20 ER - juris Rdnr. 26 f.).
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 24.305,28 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Rückforderung aus einer Plausibilitätsprüfung bezüglich der fünf Quartale III/17 bis III/18 in Höhe von 24.305,28 € und hierbei insb. um die Frage, ob einer Rückforderung die sog. Ausschlussfrist entgegensteht.
Der Kläger ist Facharzt für Chirurgie zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.
In den streitbefangenen Quartalen III/17 bis III/18 setzte die Beklagte durch Honorarbescheid das Honorar des Klägers wie folgt fest:
Quartal | III/17 | IV/17 | I/18 | II/18 | III/18 |
Honorarbescheid v. | 19.10.2018 03.01.2018 |
04.12.2018 06.04.2018 |
09.07.2018 | 10.10.2018 | 07.01.2019 |
Gesamthonorar netto in € | 88.826,52 85.733,78 |
87.804,42 85.270,60 |
91.251,33 | 102.145,00 | 84.106,97 |
Bruttohonorar PK + EK gesamt in € | 90.344,05 87.152,83 |
89.389,49 86.779,99 |
92.470,90 | 103.938,01 | 86.202,37 |
Fallzahl gesamt PK + EK | 1.350 | 1.317 | 1.374 | 1.666 | 1.408 |
Die Beklagte führte für die Quartale III/17 bis IV/19 eine Plausibilitäts- und Abrechnungsprüfung hinsichtlich der dermato-chirurgischen Eingriffe der Kategorie A 2 nach der Nr. 31102 EBM i. V. m. der OPS-Verschlüsselung 5-640.3 durch. Sie übersandte dem Kläger unter Datum vom 05.02.2021 u. a. eine Patientenliste.
Der Kläger übersandte mit Schreiben vom 20.02.2021 seine Fotodokumentation und legte seine Standardvorgehensweise dar, letzteres auch bereits mit Schreiben vom 12.02.2021.
Die Beklagte hob aufgrund der Plausibilitätsprüfung mit Bescheid vom 29.06.2021 die Honorarabrechnung der Praxis des Klägers für die Quartale III/17 bis IV/19 mit Ausnahme des Quartals IV/18 auf und setzte die unter Prüfungsvorbehalt gezahlte Vergütung neu fest. Hieraus errechnete sie eine von ihr festgesetzte Honorarrückforderung in Höhe von insgesamt 47.408,66 €. Im Einzelnen nahm sie folgende Berichtigungen vor, wobei sie für das Quartal IV/18 wegen Verfristung von der Honorarberichtigung absah:
Quartal | Kürzungsbetrag in € netto |
III/17 | 4.304,06 |
IV/17 | 5.823,14 |
I/18 | 4.557,24 |
II/18 | 4.810,42 |
III/18 | 4.810,42 |
IV/18 | 5.316,78 |
I/19 | 6.076,32 |
II/19 | 7.342,22 |
III/19 | 5.569,96 |
IV/19 | 4.114,88 |
Gesamt | 52.725,44 |
Zur Begründung führte sie aus, sie habe 109 Fälle (58 aus III/17 und 54 aus III/19) überprüft. Es bestünden erhebliche Bedenken, dass in allen Fällen die medizinische Indikation zur Durchführung eines solchen Eingriffs bestanden habe, die zu einer Abrechnung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung berechtige. Das treffe insb. auf die Behandlung von Patienten unter zwei Jahren zu, da eine Phimose-Behandlung für diesen Personenkreis nicht bzw. nur in seltenen Fällen angezeigt sei. Für den denkbaren Eingriff bei Patienten über zwei Jahren bestünden aufgrund der Vielzahl der abgerechneten Eingriffe Zweifel an der Rechtmäßigkeit. Es würden deshalb alle nach Nr. 31102, 31503 und 31609 bei den Patienten unter zwei Jahren abgerechneten Phimose-Behandlungen abgesetzt werden.
Hiergegen legte der Kläger am 21.07.2021 Widerspruch ein. Er trug vor, der Widerspruch richte sich gegen die Rückforderung für die Quartale III/17 bis III/18. Es sei Verjährung eingetreten. SG Dresden (S 25 KA 18/20 ER) habe entschieden, dass die neue Zwei-Jahres-Frist nach § 106d Abs. 5 Satz 3 SGB V ab dem Inkrafttreten der Neuregelung zum 11.05.2019 auch für „Altfälle“, deren Prüfverfahren schon vor dem 11.05.2019 eingeleitet worden sei, gelte.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2021, zugestellt am 18.12.2021, den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte die Beklagte aus, die durch das TSVG verkürzte zweijährige Ausschlussfrist finde erst auf die nach Erlass des TSVG ergangenen Honorarbescheide Anwendung (BSG, Urt. v. 15.05.2019 - B 6 KA 63/17 R -). Der Honorarbescheid für das Quartal III/18 sei im Februar 2019, der Honorarbescheid für das Quartal III/17 im Februar 2018 erlassen worden. Die Honorarbescheide für die Quartal II/18 bis IV/17 lägen entsprechend innerhalb dieses Zeitraums. Mithin würden für die Honorarrückforderungen für die Quartale III/17 bis III/18 noch die vierjährige Ausschlussfrist gelten. Die zweijährige Ausschlussfrist gelte erst für die Honorarbescheide ab dem Quartal IV/18.
Hiergegen hat der Kläger am 05.01.2022 die Klage erhoben. Er ist weiterhin der Auffassung, für die noch strittigen Quartale sei eine Honorarrückforderung wegen Geltung der zweijährigen Ausschlussfrist ausgeschlossen. Maßgeblich sei das Recht, das zum Zeitpunkt der Honorarrückforderung gegolten habe. Die Regelung des Art. 169 EGBGB u. a. gelte auch hier. Der Gesetzgeber habe zum Schutze des Bürgers gegenüber einer Behörde den Ausschluss sogleich geordnet, der Bürger sei damit der Pflicht entbunden, sich auf den Ablauf der Frist berufen zu müssen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 29.06.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2021 bzgl. der Quartale III/17 bis III/18 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist weiterhin der Auffassung, für die noch strittigen Quartale gelte die vierjährige Ausschlussfrist. Die verkürzte zweijährige Ausschlussfrist gelte erst für Honorarbescheide, die nach dem Inkrafttreten des TSVG erlassen worden seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid nach § 105 SGG entscheiden. Die Sache hat keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art, und der Sachverhalt ist geklärt. Die Kammer hat die Beteiligten hierzu mit Verfügung vom 09.03.2022 angehört.
Die Klage ist zulässig, denn sie ist insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Honorarrückforderungsbescheid vom 29.06.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2021 bzgl. der Quartale III/17 bis III/18 ist rechtmäßig und war nicht aufzuheben. Die Klage war daher abzuweisen.
Rechtsgrundlage des angefochtenen Berichtigungsbescheids ist für die hier streitbefangenen Quartale § 106d Abs. 2 Satz 1 bis 4 SGB V in der hier anzuwendenden und ab dem 01.01.2017 geltenden Fassung des GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) v. 16.07.2015 (BGBl I 2015, 1211) (im Folgenden: SGB V), der weitgehend wortgleich § 106a SGB V a. F. ersetzt. Eine nach den Bestimmungen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung rechtmäßige (Teil-)Aufhebung des Honorarbescheids mit Wirkung für die Vergangenheit löst nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X, der Grundnorm des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs für den gesamten Bereich des Sozialrechts, eine entsprechende Rückzahlungsverpflichtung des Empfängers der Leistung aus (vgl. BSG, Urt. v. 14.12.2005 - B 6 KA 17/05 R - BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 22, zitiert nach juris Rdnr. 11 m.w.N.).
Die Beklagte war grundsätzlich zuständig für die sachlich-rechnerische Berichtigung.
Nach § 75 Abs. 1 SGB V haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die vertragszahnärztliche Versorgung sicher zu stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Nach § 75 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten zu überwachen. Zu den Pflichten der Vertragsärzte gehört u. a. auch eine ordnungsgemäße Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen. Die Kassenärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106d Abs. 2 Satz 1 SGB V).
Die Beklagte hat den Kläger durch das Anhörungsschreiben und Übersendung des Ausgangsbescheids ausreichend angehört (§ 24 SGB X).
Der angegriffene Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.
Die Beteiligten streiten nur noch um die Frage, welche Ausschlussfrist anzuwenden ist. Die Absetzung der Leistungen als solche wird von dem Kläger nicht angegriffen. Insofern verweist die Kammer auf die nicht zu beanstandenden Ausführungen in dem angegriffenen Bescheid.
Entgegen der Auffassung des Klägers gilt für die streitbefangenen Quartale die zweijährige und nicht die vierjährige Ausschlussfrist.
Verjährung bzw. Ausschluss einer Berichtigung wegen Zeitablaufs ist nicht eingetreten. Die Beklagte kann eine Berichtigung innerhalb von vier Jahren vornehmen (vgl. BSG, Urt. v. 19.08.2015 - B 6 KA 36/14 R - SozR 4-2500 § 106a Nr. 14, juris Rdnr. 23 m.w.N.; BSG, Urt. v. 15.11.1995 - 6 RKa 57/94 - SozR 3-5535 Nr. 119 Nr. 1, juris Rdnr. 10; BSG, Urt. v. 28.03.2007 - B 6 KA 22/06 R - BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 35, juris Rdnr. 16 m.w.N.). Der Honorarbescheid für das älteste Prüfquartal III/17 wurde im Februar 2018 versandt, die vierjährige Ausschlussfrist lief daher frühestens Ende Januar 2022 ab. Die Honorarbescheide für die übrigen streitbefangenen Quartale wurden danach versandt, so dass für sie ebf. die vierjährige Ausschlussfrist nicht abgelaufen war. Die zweijährige Ausschlussfrist kann nicht angewandt werden, weil alle Honorarbescheide bis Februar 2019 erlassen worden waren und damit von Inkrafttreten der zweijährigen Ausschlussfrist. Insofern verkennt der Kläger, dass für die Geltung der zweijährigen Ausschlussfrist nicht auf den Zeitpunkt des Honorarrückforderungsbescheids vom 29.06.2021 abzustellen ist, sondern auf den Zeitpunkt der zu berichtigenden Honorarbescheide.
Das Gesetz für schnellere Termine und bessere Versorgung (Terminservice- und Versorgungsgesetz - TSVG) v. 06.05.2019, BGBl. I, 646 (Art. 1 Nr. 59 Buchst. d) bringt durch den Ausschussbericht eine Verkürzung der Ausschlussfrist, die zunächst allein auf der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts beruhte, auf zwei Jahre (§ 106 Abs. 5 Satz 3 SGB V i. d. F. d. Art. 1 Nr. 59 Buchst. b TSVG). Der Gesetzgeber fügte in § 106 Abs. 5 SGB V den neuen Satz 3 ein: „Die Maßnahmen, die aus den Prüfungen nach den Absätzen 2 bis 4 folgen, müssen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides festgesetzt werden; § 45 Absatz 2 des Ersten Buches gilt entsprechend.“ Damit stellt bereits der Gesetzeswortlauf darauf ab, dass die zweijährige Frist „ab Erlass des Honorarbescheides“ zu laufen beginnt. Auf den Zeitpunkt des Rückforderungsbescheids kommt es nicht an.
Nach der Gesetzesbegründung soll die Verkürzung der Ausschlussfrist für Honorarbescheide, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes, also am 11.05.2019, erlassen werden, gelten (vgl. BT-Drs. 19/8351 S. 222 f. Zu Nummer 59 <§ 106d>, Zu Buchstabe b). Ausdrücklich geht die Gesetzesbegründung davon aus, dass eine Nachforderung oder Kürzung „zukünftig“ nur noch innerhalb von zwei Jahren möglich sein soll. Die Verkürzung der Ausschlussfrist gilt „für Honorarbescheide, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes erlassen werden“.
Das Gesetz und die Gesetzesbegründung folgt insoweit weitgehend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Für die Bestimmung des anzuwendenden Rechts ist zunächst die materielle Rechtslage maßgebend. Die rechtliche Beurteilung eines Anspruches auf Vergütung für Leistungen, die in der Vergangenheit erbracht worden sind, richtet sich deshalb grundsätzlich nach der Rechtslage in dem Zeitraum der Leistungserbringung. Nach den Grundsätzen des intertemporalen Rechts ist das Recht anzuwenden, das zum Zeitpunkt des zu beurteilenden Sachverhaltes gegolten hat, sofern nicht später in Kraft getretenes Recht, beispielsweise in Form von Übergangs- oder Überleitungsvorschriften, etwas anderes bestimmt (vgl. BSG, Urt. v. 24.10.2018 - B 6 KA 45/17 R - SozR 4-2500 § 135 Nr. 28, juris Rdnr. 20 m.w.N.). Soweit bei reinen Anfechtungsklagen auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung abgestellt wird (vgl. BSG, Urt. v. 17.09.1997 - 6 RKa 86/95 -, juris Rdnr. 18; im Anschluss hieran noch LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 16.10.2015 - L 24 KA 24/11 -, juris Rdnr. 44), dürfte dies bei Berichtigungen nicht mehr gelten (vgl. BSG, Urt. v. 22.10.2014 - B 6 KA 3/14 R - BSGE 117, 149 = SozR 4-2500 § 106 Nr. 48, juris Rdnr. 36 ff.; BSG, Urt. v. 28.10.2015 - B 6 KA 45/14 R - SozR 4-2500 § 106 Nr. 53, juris Rdnr. 23).
Das Gesetz weicht insofern vom Geltungszeitpunkt des Rechts zum Zeitpunkt der Leistungserbringung ab, als es bestimmt, dass die zweijährige Ausschlussfrist ab Erlass des Honorarbescheids gilt. Maßgeblich ist damit der Zeitpunkt der Bekanntgabe des Honorarbescheids. Liegt die Bekanntgabe vor Inkrafttreten der Neuregelung, also vor dem 11.05.2019, verbleibt es bei der vierjährigen Ausschlussfrist (vgl. Clemens in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 106d SGB V <Stand: 21.12.2021>, Rn. 103 ff.). Liegt die Bekanntgabe des Honorarbescheids nach dem 10.05.2019 gilt die zweijährigen Ausschlussfrist, unabhängig davon, ob die abgerechneten Leistungen bis zum 10.05.2019 erbracht worden sind. Somit gilt die verkürzte Ausschlussfrist - wie in der Gesetzesbegründung formuliert - für alle Honorarbescheide, die unter Geltung der Neuregelung wirksam wurden. Bezogen auf das Prüfquartal ordnet das Gesetz damit eine teilweise Rückwirkung an (vgl. Clemens in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 106d SGB V <Stand: 21.12.2021>, Rn. 106). Eine weitergehende Rückwirkung sieht das Gesetz nicht vor und ergibt sich auch nicht aus allgemeinen Regelungen.
Das Bundessozialgericht hat bereits darauf hingewiesen, dass die Verkürzung der Ausschlussfrist nicht für bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neuregelung erlassene Honorarbescheide gilt. Ausschlussfristen sind Teil des materiellen Rechts und keine Vorschriften, die die Ausgestaltung des Prüfverfahrens betreffen. Nur für letztere kommt bei Fehlen eines Übergangsrechts eine sofortige Geltung in Betracht. Eine Übergangsbestimmung, die die rückwirkende Geltung anordnet, enthält das TSVG nicht; im Gegenteil wird in der Begründung des Ausschusses für Gesundheit ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Verkürzung der Ausschlussfrist allein für Honorarbescheide gelte, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes erlassen werden (vgl. BSG, Urt. v. 15.05.2019 - B 6 KA 63/17 R - SozR 4-2500 § 106a Nr. 23, juris Rdnr. 34).
Die von der Klägerin zitierte Entscheidung des SG Dresden kommt für Prüfquartale der Quartale I bis IV/16, zu denen die Honorarbescheide zwischen Juli 2016 und April 2017 bekannt gegeben worden waren, während der Prüfbescheid vom 17.09.2019 erst nach Inkrafttreten der Neuregelung des TSVG erging, zu dem Ergebnis, die vierjährige Verjährungsfrist gelte fort (vgl. SG Dresden, Beschl. v. - S 25 KA 18/20 ER - juris Rdnr. 26 f.). Allerdings ist dem SG Dresden nicht in der Begründung zu folgen, als es für die Konkretisierung des intertemporalen Rechts auf Art. 169 Abs. 2 und Art. 231 § 6 Abs. 2 und 3 EGBGB abstellt. Diese Vorschriften gelten zum einen nur für zivilrechtliche Verjährungsfristen, nicht aber für Vertrauensschutzregelungen wie die zunächst vom Bundessozialgericht entwickelte und vom Gesetzgeber dann kodifizierte Ausschlussfrist.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts wird seit 1993 nicht mehr an der früheren Rechtsprechung festgehalten, wonach eine Verjährung eintreten kann. Das Bundessozialgericht hat zunächst für die Wirtschaftlichkeitsprüfung ausgeführt, das Recht des Prüfungsausschusses, den Honoraranspruch endgültig und entsprechend dem Prüfergebnis anders als im Honorarbescheid festzusetzen, sei nicht auf Tun oder Unterlassen des Kassenarztes gerichtet. Es sei jedenfalls kein Anspruch, sondern mit einem Gestaltungsrecht vergleichbar. Dies bedeute jedoch nicht, dass der dem Arzt erteilte Honorarbescheid zeitlich unbegrenzt geändert bzw. aufgehoben werden könne. Die Notwendigkeit einer zeitlichen Begrenzung des Prüfverfahrens ergebe sich aus dem rechtsstaatlichen Gebot der Rechtssicherheit (Art. 20 Abs. 3 GG). Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung enthalte das SGB V nicht. Im Bereich der Verjährungsfristen im Sozialrecht habe der Gesetzgeber aber deutlich gemacht, dass er eine Frist von vier Jahren im Regelfall als angemessen ansehe. Dies ergebe sich aus den Verjährungsregeln in den Büchern des SGB (§ 45 Abs. 1 SGB I, § 45 Abs. 4 SGB I a. F., § 25 Abs. 1 und § 27 Abs. 1 SGB IV sowie § 50 Abs. 4 und § 113 SGB X). Das Bundessozialgericht habe diese Frist auch auf Ansprüche im Kassenarztrecht angewandt, soweit durch Vereinbarungen der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Krankenkassen keine abweichenden Regelungen getroffen worden seien. Es erscheine sachgerecht, diese für die Verjährung einheitlich festgesetzte Frist im Sinne einer zeitlichen Höchstgrenze als Ausschlussfrist auch auf das Verfahren zur endgültigen Festsetzung der kassenärztlichen Honorare zu übertragen (vgl. BSG, Urt. v. 16.06.1993 - 14a/6 RKa 37/91 - BSGE 72, 271 = SozR 3-2500 § 106 Nr. 19). Der 6. Senat des Bundessozialgerichts hat zunächst offen gelassen, ob die für den Bereich der Wirtschaftlichkeitsprüfung angenommene Ausschlussfrist auch auf die Aufhebung von Verwaltungsakten wegen rechnerischer oder gebührenordnungsmäßiger Richtigstellung anzuwenden sei (vgl. BSG, Urt. v. 10.05.1995 - 6/14a RKa 3/93 - DOK 1995, 506 = USK 95122, juris Rdnr. 18). Hierauf Bezug nehmend hat er sodann die für die vertragsärztliche Wirtschaftlichkeitsprüfung geltende vierjährige Ausschlussfrist auch auf die sachlich-rechnerischen Beanstandungen übertragen (vgl. BSG Urt. v. 15.11.1995 6 RKa 57/94 - SozR 3-5535 Nr. 119 Nr. 1, juris Rdnr. 10; BSG, Urt. v. 28.03.2007 - B 6 KA 22/06 R - BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 35, juris Rdnr. 16 m.w.N.). Dabei hat er stets betont, dass es sich um einen Fall des Vertrauensschutzes handelt. Aus Gründen des Vertrauensschutzes kann eine Honorarberichtigung nicht erfolgen, wenn die Frist von vier Jahren seit Erlass des Quartalshonorarbescheides bereits abgelaufen ist (vgl. BSG, Urt. v. 24.10.2018 - B 6 KA 34/17 R - BSGE 127, 33 = SozR 4-2500 § 106d Nr. 2, juris Rdnr. 28; BSG, Urt. v. 14.12.2005 - B 6 KA 17/05 R - BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 22, juris Rdnr. 14 m.w.N.).
Zum anderen ist das intertemporale Sozialrecht, wie bereits dargelegt, nach sozialrechtlichen Grundsätzen zu entwickeln. Dies lässt es nicht zu, auf die vom SG Dresden genannten zivilrechtlichen Vorschriften auszuweichen (§ 69 Abs. 1 SGB V). Ergänzend ist auszuführen, dass der zeitliche Anwendungsbereich einer Regelung sich nach den allgemeinen für das intertemporale Sozialrecht geltenden Grundsätzen bestimmt, wenn das Gesetz keine ausdrückliche Übergangsregelung enthält. Eine Neuregelung ist danach nur auf solche Sachverhalte anwendbar, die sich vollständig nach Inkrafttreten des neuen Rechts verwirklicht haben (vgl. BSG, Urt. v. 22.6.2010 - B 1 KR 29/09 R - SozR 4-2500 § 275 Nr. 4, juris Rdnr. 13 f.). Allgemein gilt im Sozialversicherungsrecht daher das Leistungsfall- bzw. Versicherungsfallprinzip. Es ist nur dann nicht anzuwenden, soweit später in Kraft gesetztes Recht ausdrücklich oder sinngemäß etwas anderes bestimmt (vgl. BSG, Urt. v. 04.09.2013 - B 10 EG 6/12 R - SozR 4-7837 § 2 Nr. 24, juris Rdnr. 38 m.w.N.). Ausdruck des Versicherungsfallprinzips ist z. B. § 75 Abs. 2 Satz 1 SGB VI, und es wird zwischen Stammrecht und Zahlungsanspruch unterschieden (vgl. LSG Hamburg, Urt. v. 05. 09.2012 - L 2 R 50/10 - juris Rdnr. 22). Die Grundsätze des intertemporalen Rechts gelten auch allgemein im Vertragsarztrecht. Für die rechtliche Beurteilung kommt es maßgeblich auf das jeweils geltende Recht an (vgl. BSG, Urt. v. 22.10.2014 - B 6 KA 8/14 R - SozR 4-2500 § 106 Nr. 49, juris Rdnr. 28 ff.).
Nach allem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der unterliegende Teil trägt die Verfahrenskosten.
In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG). Der wirtschaftliche Wert folgt aus dem Rückforderungsbetrag. Dies ergab den festgesetzten Wert.