Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 7. Juni 2018 aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 25. Februar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 2016 wird geändert.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ab dem 8. Oktober 2020 Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 50 vom Hundert der Vollrente zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt 1/2 der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren. Im Übrigen sind keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung einer weiteren Unfallfolge sowie um die Bewilligung einer höheren Verletztenrente.
Der im Jahre 1968 geborene Kläger, ein gelernter Fleischer und Koch, war nach einer 1993 erfolgreich abgeschlossenen Umschulung bis 1999 als Groß- und Außenhandelskaufmann tätig. Zuletzt war er im April 2000 in einer Großbäckerei in der Arbeitsvorbereitung beschäftigt. Seitdem war er arbeitslos. Seit dem 1. Januar 2008 bezieht der Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Am 7. November 2000 stürzte der Kläger bei Aufräumarbeiten auf der Hausbaustelle seiner Schwester von einer Leiter. An den genauen Unfallhergang konnte er sich aufgrund seiner kurzzeitigen Bewusstlosigkeit nach dem Sturz und einer hiermit verbundenen retrograden Amnesie nicht erinnern. Der Unfallchirurg Dr. I. vom J. K., in dem der Kläger unmittelbar nach dem Unfall stationär behandelt wurde, diagnostizierte als Verletzungsfolgen eine Gehirnerschütterung, eine Brustkorbprellung rechts mit Rippenbrüchen sowie eine ausgeprägte Schulterprellung rechts mit geschlossener, mäßig dislozierter Fraktur der Clavicula (Schlüsselbein), die mit einem Rucksackverband versorgt wurde. Radiologische Kontrollen am 13. und 18. November 2000 zeigten eine gute Stellung der Clavicula. Die Sonographie ergab keinen Hinweis auf eine Rotatorenmanschettenruptur. Wegen ausgeprägter Schmerzen im Bereich der rechten Schulter erfolgte eine Schmerztherapie. Am 24. November 2000 wurde der Kläger aus der stationären in die ambulante Behandlung entlassen (Berichte des Dr. I. vom 7. Dezember 2000 und vom 30. November 2001).
Die Beklagte gewährte dem Kläger bis zum 14. April 2002 Verletztengeld (Bescheid vom 8. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2002). Die hiergegen u. a. auf die Gewährung von Verletztengeld über den 14. April 2002 hinaus gerichtete Klage hat das Sozialgericht (SG) Osnabrück mit Urteil vom 25. Februar 2010 (Verfahren S 8 U 200/02) abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen mit Urteil vom 19. Januar 2012 (Verfahren L 14/3 U 119/10) zurückgewiesen. Das LSG hat in seiner Entscheidung u.a. ausgeführt, dass die Klage bereits unzulässig sei, soweit der Kläger mit seiner Berufung auch die Gewährung einer Verletztenrente sowie die Feststellung von Unfallfolgen geltend gemacht habe. Insoweit fehle es bereits an entsprechenden Ausgangsentscheidungen der Beklagten mit Verwaltungsaktsqualität, das auch insoweit erforderliche Vorverfahren sei nicht durchgeführt worden. Der Kläger hat diese Entscheidung nicht angefochten.
Mit Schreiben vom 27. März 2012, Eingang bei der Beklagten am 29. März 2012, hat der Kläger u.a. einen Antrag auf Gewährung einer Verletztenrente gestellt. Diesen Antrag hat die Beklagte mit Bescheid vom 23. April 2012 abgelehnt, weil die beim Kläger anzuerkennende Unfallfolge „knöchern ohne Funktionsstörung ausgeheilter Schlüsselbeinbruch rechts“ keine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um wenigstens 20 vom Hundert (v.H.) bedinge. Der hiergegen erhobene Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 27. September 2012). Auf die hiergegen erhobene Klage hat das SG Osnabrück (Verfahren S 8 U 199/12) das fachchirurgische Gutachten des Dr. L. vom 3. Februar 2014 eingeholt. Daraufhin hat die Beklagte mit Schreiben vom 21. Oktober 2014 ein Vergleichsangebot gemacht, indem sie dem Kläger unter Abänderung der angefochtenen Bescheide ab dem 1. Januar 2008 u.a. die Gewährung von Verletztenrente nach einer MdE um 30 v.H. wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 7. November 2000 angeboten hat. Zusätzlich zu der bereits mit Bescheid vom 23. April 2012 anerkannten Unfallfolge schlug sie vor, folgende Gesundheitsstörungen als Unfallfolgen anzuerkennen: „Posttraumatische Instabilität des rechten Schultergelenkes mit schmerzhafter Funktionseinschränkung nach schwerer Prellung der rechten Schulter mit Subluxation des Gelenkes, Schädigung der Schultergelenkpfanne (Labrum-Verletzung), Kapseldefekt sowie ausgeprägtem Knorpelschaden im Bereich des Oberarmkopfes der rechten Schulter mit sekundären knöchernen Veränderungen.“ Darüber hinaus erklärte sie sich bereit, nach Abschluss des laufenden Rechtsstreits zu prüfen, ob auch psychische Gesundheitsstörungen als Folgen des Arbeitsunfalls vom 7. November 2000 anzuerkennen und zu entschädigen seien. Der Kläger hat dieses Vergleichsangebot angenommen. Die Beklagte setzte den Vergleich mit Ausführungsbescheid vom 20. Januar 2015 im Hinblick auf die anerkannte Verletztenrente um.
Darüber hinaus leitete sie der mit dem Kläger getroffenen Übereinkunft entsprechend ein neues Verwaltungsverfahren zu der Frage ein, ob hinsichtlich des Arbeitsunfalls des Klägers vom 7. November 2000 auch Unfallfolgen auf nervenärztlichem Gebiet anzuerkennen und zu entschädigen sind. In diesem Zusammenhang zog sie von der Neurologin, Psychiaterin und Psychotherapeutin M. die Krankengeschichte des Klägers aus dem Zeitraum 9. Mai 2005 bis 13. März 2015 bei. Daneben zog sie von dem Psychologischen Psychotherapeuten N. eine Kopie der elektronischen Akte des Klägers über dessen seit 2005 laufende Langzeittherapie bei. Weiterhin zog sie die Entlassungsberichte der O. Klinik P. /Medizinisch-Psychosomatische Klinik vom 23. April 2008 und 28. Oktober 2005 bei. Darüber hinaus holte sie das Gutachten des Neurologen, Psychiaters und Facharztes für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Prof. Dr. Q. vom 3. November 2015 ein, wobei dem Gutachten diverse Arztbriefe der Nervenärztin M. aus dem Zeitraum 3. Juni 2005 bis 17. Juni 2015 beigefügt waren. Prof. Dr. Q. führt in seinem Gutachten zusammengefasst aus, dass der Kläger infolge des Arbeitsunfalls vom 7. November 2000 an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung mit psychischen und somatischen Anteilen leide, die eine MdE um 30 v.H. bedinge. Gemeinsam mit den bereits anerkannten Unfallfolgen bestehe seit dem 1. Januar 2008 eine Gesamt-MdE um 50 v.H. Die Beklagte holte daraufhin das Vorerkrankungsverzeichnis des Klägers bei seiner gesetzlichen Krankenversicherung vom 29. Dezember 2015 sowie die beratungsärztlichen Stellungnahmen des Facharztes für Nervenheilkunde, Physikalische und Rehabilitative Medizin Dr. Dr. R. vom 16. November 2015 und 30. Januar 2016 ein. Dieser Arzt ist in seinen Stellungnahmen der Auffassung, dass der Kläger infolge des Arbeitsunfalls vom 7. November 2000 an einem dysthymen Störungsbild leide, das eine MdE um 20 v.H. bedinge. Da gewisse Überschneidungen mit den auf unfallchirurgischem Fachgebiet bestehenden Unfallfolgen vorlägen, sei die Gesamt-MdE auf 40 v.H. einzuschätzen. Daraufhin bewilligte die Beklagte dem Kläger unter Abänderung ihres Ausführungsbescheides vom 20. Januar 2015 ab dem 1. Januar 2008 Verletztenrente nach einer MdE um 40 v.H. und anerkannte als zusätzliche Unfallfolge für den Kläger die Gesundheitsstörung „chronische Depression“ (Bescheid vom 25. Februar 2016).
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch begehrte der Kläger die Bewilligung einer Verletztenrente nach einer MdE um 50 v.H. und stützte seine Auffassung auf das Gutachten des Prof. Dr. Q. und den Entlassungsbericht des S. K. vom 3. Mai 2016. Die Beklagte holte die Befundberichte der Nervenärztin M. vom 22. März 2016 und 12. Mai 2016 sowie des Allgemeinmediziners Dr. T. von Mai 2016 ein. Im Anschluss wies sie den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 15. Juni 2016 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 29. Juni 2016 Klage beim SG Osnabrück erhoben und sein bisheriges Vorbringen unter Vorlage des Entlassungsberichtes der O. Klinik P. vom 15. November 2016, der Stellungnahmen der Frau M. vom 7. September 2017 und vom 30. November 2017 sowie des Herrn N. vom 31. Juli 2017 bekräftigt.
Demgegenüber hat die Beklagte die angefochtenen Bescheide verteidigt.
Das SG Osnabrück hat das Gutachten der Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. U. von Januar 2017 nebst deren ergänzender Stellungnahme vom 15. Juni 2017 eingeholt. Diese Sachverständige ist in ihrem Gutachten der Auffassung, dass der Kläger infolge des Arbeitsunfalls vom 7. November 2000 an einer chronischen Schmerzstörung mit körperlichen und psychischen Faktoren leide, welche gemeinsam mit den auf unfallchirurgischem Fachgebiet anerkannten Unfallfolgen eine MdE um 40 v.H. bedinge. Mit Urteil vom 07. Juni 2018 hat das SG Osnabrück die Klage abgewiesen und seine Entscheidung im Wesentlichen auf das Gutachten der Dr. U. gestützt.
Hiergegen hat der Kläger am 2. Juli 2018 Berufung eingelegt und sein bisheriges Vorbringen unter Hinweis auf die Entlassungsberichte des Klinikums Osnabrück vom 26. Juli 2020 und des S. K. vom 3. Mai 2016 und 26. März 2020 bekräftigt. Entgegen der Auffassung des SG Osnabrück habe der Arbeitsunfall vom 7. November 2000 – wie Prof. Dr. Q. in seinem Gutachten vom 3. November 2015 überzeugend ausgeführt habe – eine somatoforme Schmerzstörung mit psychischen und somatischen Anteilen verursacht. Aufgrund dieser Gesundheitsstörung sei ihm darüber hinaus Verletztenrente nach einer MdE um 50 v.H. zu gewähren.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen sinngemäß,
- das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 7. Juni 2018 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. Februar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 2016 zu ändern,
- festzustellen, dass die Gesundheitsstörung „somatoforme Schmerzstörung mit psychischen und somatischen Anteilen“ Folge des Arbeitsunfalls vom 7. November 2000 ist,
- die Beklagte zu verurteilen,
ihm ab dem 1. Januar 2008 Verletztenrente in Höhe von 50 v. H. der Vollrente
zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung des SG Osnabrück für zutreffend.
Der Senat hat das Gutachten des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapie, Sozialmedizin und Rehabilitationswesen V. vom 17. Dezember 2020 nebst neuropsychologischen Zusatzgutachten der Diplom-Psychologin W. vom 25. August 2020 sowie die ergänzende Stellungnahme dieses Sachverständigen vom 22. März 2021 eingeholt. Dieser Nervenarzt ist der Auffassung, dass beim Kläger eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie eine depressive Störung unterschiedlichen Ausmaßes, derzeit mittelschwere depressive Episode, vorlägen. Beide Gesundheitsstörungen seien nicht auf den Arbeitsunfall des Klägers vom 7. November 2000 zurückzuführen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senates durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß der §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Prozessakten des SG Osnabrück zu den Verfahren S 8 U 200/02 und S 8 U 199/12, der Verwaltungsakten des Klägers bei seiner gesetzlichen Rentenversicherung, der Prozessakte und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, die der Entscheidungsfindung des Senats zugrunde gelegen haben.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte über die Berufung gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten zuvor mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben.
Die gemäß §§ 143 f. SGG zulässige Berufung ist teilweise begründet. Das Urteil des SG Osnabrück vom 7. Juni 2018 war aufzuheben. Der Bescheid der Beklagten vom 25. Februar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 2016 ist teilweise rechtswidrig. Zwar kann der Senat nicht feststellen, dass die Gesundheitsstörung „somatoforme Schmerzstörung mit psychischen und somatischen Anteilen“ Folge des Arbeitsunfalls des Klägers vom 7. November 2000 ist. Allerdings hat der Kläger aufgrund der von der Beklagten anerkannten Unfallfolge „chronische Depression“ in einer Gesamteinschätzung mit dem für ihn auf unfallchirurgischem Gebiet anerkannten Unfallfolgen für die Zeit ab dem 8. Oktober 2020 einen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente nach § 56 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII) nach einer MdE um 50 v.H.
Der Antrag des Klägers war sachdienlich (§§ 153 Abs. 1, 106 Abs. 1 SGG) sinngemäß auch dahingehend auszulegen, dass er auf die Feststellung der Gesundheitsstörung „somatoforme Schmerzstörung mit psychischen und somatischen Anteilen“ als Unfallfolge gerichtet ist. Entgegen der vom SG Osnabrück in seinem angefochtenen Urteil vertretenen Auffassung kann insoweit nicht offengelassen werden, welche konkrete Diagnose für den Kläger aufgrund der bei ihm bestehenden psychischen Erkrankung zu stellen ist. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), der der Senat folgt, sind die Gesundheitsschäden im Bereich psychischer Störungen genau zu definieren. Denn je genauer und klarer die Gesundheitsstörungen bestimmt sind, um so einfacher sind ihre Ursachen zu erkennen und zu beurteilen (so BSG, Urteil vom 26. November 2019 – B 2 U 8/18 R -, Rz. 19-22, Juris m.w.N.). Unabhängig hiervon ist eine konkrete Leistungsgewährung (z. B. Heilbehandlung, Gewährung einer Verletztenrente aufgrund der anerkannten Unfallfolgen) davon abhängig, dass die Unfallfolgen genau bestimmt und festgestellt sind. Dies ist insbesondere dann von großer Bedeutung, wenn nicht alle bei dem betreffenden Versicherten auf nervenärztlichem Gebiet bestehenden Gesundheitsstörungen als Unfallfolge anerkannt werden. Der entsprechende Feststellungsantrag ist gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG zulässig, jedoch nicht begründet. Zwar liegt ein Arbeitsunfall nach den §§ 7, 8 Abs. 1 SGB VII am 7. November 2000 unstreitig vor. Neben den bereits mit Bescheid der Beklagten vom 25. Februar 2016 anerkannten Unfallfolge „chronische Depression“ sind auf nervenfachärztlichem Gebiet jedoch keine weiteren Gesundheitsstörungen als Unfallfolgen anzuerkennen.
Nachgewiesene Gesundheitsstörungen sind als zusätzliche Folgen des Arbeitsunfalls anzuerkennen, wenn zwischen dem Unfallereignis und ihnen entweder direkt oder vermittelt durch den Gesundheitserstschaden ein Ursachenzusammenhang im Sinne von § 8 Abs. 1 SGB VII besteht (BSG, Urteil vom 09. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -, Juris). Während die geltend gemachte Unfallfolge im Sinne des sogenannten Vollbeweises feststehen, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit belegt sein muss, gilt für die Beurteilung des Kausalzusammenhangs zwischen dem Arbeitsunfall und ihr der Beweismaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit. Sie liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann. Die Feststellung des Ursachenzusammenhangs erfolgt nach der im Sozialrecht geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl. BSG, Urteil vom 17. Februar 2009 - B 2 U 18/07 R -, Juris Rz. 12). Danach ist nur diejenige Bedingung rechtlich erheblich, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Eintritt des geltend gemachten Gesundheitsschadens „wesentlich“ beigetragen hat. Nicht jede Gesundheitsstörung, die im naturwissenschaftlichen Sinne durch das Unfallereignis beeinflusst worden ist, ist auch rechtlich dessen Folge, sondern nur diejenige, die „wesentlich“ durch das Ereignis verursacht worden ist. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, ist aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Gesundheitsschadens abzuleiten. Gesichtspunkte für die Beurteilung der besonderen Beziehung der Ursache zum Erfolg sind z. B. die Art und das Ausmaß der Einwirkung, die konkurrierenden Ursachen, die gesamte Krankengeschichte und ergänzend der Schutzzweck der Norm. Die bloße Möglichkeit einer Verursachung genügt hingegen nicht (vgl. BSG, Urteil vom 2. April 2009 - B 2 U 29/07 R -, Juris Rz. 16). Dabei ist die Beurteilung der Kausalität im Ergebnis eine Frage der richterlichen Würdigung. Wesentlich verursacht sind die Gesundheitsstörungen, wenn der Unfall gegenüber sonstigen schädigungsfremden Faktoren wie z. B. Vorerkrankungen nach der medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung von überragender Bedeutung für die Entstehung der Gesundheitsstörung war oder zumindest von annähernd gleichwertiger Bedeutung (wesentliche Mitursache).
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben ist der Senat der Auffassung, dass bei dem Kläger keine weitere Unfallfolge anzuerkennen ist, weil die (neben der bereits als Unfallfolge anerkannten chronischen Depression) bei ihm auf nervenfachärztlichem Gebiet vorliegende Gesundheitsstörung „anhaltende somatoforme Schmerzstörung“ nicht mit der im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung notwendigen hinreichenden Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall vom 7. November 2000 zurückgeführt werden kann. Der Senat stützt seine Entscheidung auf das Gutachten des Nervenarztes Gerhardt vom17. Dezember 2020. Dieser Sachverständige hat nach umfangreicher ambulanter Untersuchung des Klägers und unter Berücksichtigung des von ihm im Vorfeld der Erstellung seines Gutachtens von der Dipl.-Psychologin W. angeforderten neuropsychologischen Gutachtens vom 25. August 2020 sowie der dem Senat vorliegenden Prozess- und Verwaltungsakten für den Senat überzeugend ausgeführt, dass bei dem Kläger eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie eine wiederkehrende depressive Störung unterschiedlichen Ausmaßes, derzeit mittelschwere depressive Episode, vorlägen. Anhand der vorliegenden Unterlagen – so dieser Arzt weiter – sei sehr klar herleitbar, dass beim Kläger eine zunehmende Funktionsstörung im Sinne einer Schultersteife erst im weiteren Verlauf hinzugetreten und noch im Oktober 2002 und damit knapp 2 Jahre nach dem Arbeitsunfall eher geringfügig gewesen sei. Dementsprechend sei davon auszugehen, dass die initialen organisch bedingten Unfallschäden eher gering gewesen seien. Darüber hinaus bestehe aufgrund der Vorbefunde und der aktuell erhobenen Befunde keinerlei Zweifel an einer in wesentlichen Teilen psychosomatischen Schmerzkrankheit sowie einer hinzukommenden depressiven Überlagerung. Die von ihm beim Kläger diagnostizierte Gesundheitsstörung „anhaltende somatoforme Schmerzstörung“ führt er mit einer für den Senat überzeugenden Begründung unter Berücksichtigung der aktuellen AWMF-Leitlinien aus dem Jahre 2019 zur Begutachtung von Kausalitätsfragen im Sozial-, Zivil- und Verwaltungsrecht und dort insbesondere des Kapitels 4.5.4 „Somatoforme und Konversionsstörung“ nicht wesentlich auf den Arbeitsunfall vom 7. November 2000 zurück. Bei – wie vorliegend – nicht hinreichend durch einen Körperschaden begründeten Schmerzen, so dieser Sachverständige in seiner Begründung weiter, bestehe insbesondere bei im Verlauf zunehmender generalisierter Symptomatik ein hoher Begründungsbedarf, warum eine derartige Symptomatik als Unfallfolge anzusehen sei, weil in diesem Fall im Verlauf regelmäßig psychosoziale Kontextfaktoren in den Vordergrund treten würden. Die Erkrankung des Klägers sei in die Gruppe der Konversionsstörungen einzuordnen. Diese hätten in der Regel eine multifaktorielle Genese und kämen für die Anerkennung als psychoreaktive Folgestörung nach einem einmaligen Schädigungsereignis im Allgemeinen nicht in Frage, wenn ihnen – wie vorliegend – keine posttraumatische Belastungsstörung und kein geeigneter Körperschaden vorausgehe. Der Senat hält die Einschätzung dieses Sachverständigen für überzeugend, denn sie stimmt mit der herrschenden unfallmedizinischen Meinung überein (vgl. allgemein zu den Grundlagen der Zusammenhangsbeurteilung bei psychischen Störungen Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl., S. 163 ff.).
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der von Prof. Dr. Q. und Dr. U. in ihren Gutachten getroffenen Einschätzung, soweit diese Ärzte die auch von ihnen diagnostizierte somatoforme Schmerzstörung auf den Arbeitsunfall des Klägers am 7. November 2000 zurückführen. Insoweit hat der Sachverständige V. für den Senat plausibel darauf hingewiesen, dass diesen Ärzten bei Erstellung ihrer Gutachten die mittlerweile sehr konkreten Leitlinien zur Begutachtung bei Kausalitätsfragen im Sozial-, Zivil- und Verwaltungsrecht von 2019 noch nicht zur Verfügung gestanden hätten.
Dem Kläger ist ab dem 8. Oktober 2020 (Zeitpunkt der ersten Untersuchung des Klägers bei Herrn V.) Verletztenrente nach einer MdE um 50 v.H. zu gewähren, weil die für ihn anerkannten Unfallfolgen ab diesem Zeitpunkt in der Gesamteinschätzung mit einer MdE um 50 v.H. zu bewerten sind.
Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Die Bemessung des Grades der MdE richtet sich nach dem Umfang der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens des Verletzten durch die Folgen des Arbeitsunfalls und nach dem Umfang der dem Verletzten dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Die Bemessung des Grades der MdE wird vom BSG in ständiger Rechtsprechung als Tatsachenfeststellung gewertet, die das Gericht nach § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft. Dies gilt für die Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ebenso wie für die auf der Grundlage medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen zu treffende Feststellung der ihm verbliebenen Erwerbsmöglichkeiten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Betroffenen durch den Versicherungsfall beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE geschätzt werden. Die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind deshalb bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (vgl. BSG, Urteil vom 5. September 2006 - B 2 U 25/05 R -, m. w. N., Juris).
Nach den vorstehenden Grundsätzen ist die Erwerbsfähigkeit des Klägers ab dem Tag der ersten Untersuchung bei dem Sachverständigen Gerhardt am 8. Oktober 2020 hinsichtlich der anerkannten Unfallfolge „chronische Depression“ um 30 v. H. gemindert, so dass ihm infolge der notwendigen Gesamteinschätzung mit den auf unfallversicherungsrechtlichem Fachgebiet mit einer Einzel-MdE um 30 v.H. anerkannten Unfallfolgen ab diesem Zeitpunkt eine Verletztenrente nach § 56 SGB VII in Höhe von 50 v. H. zu gewähren ist. Auch der Senat geht wie die Vorgutachterin Dr. U. und der Beratungsarzt Dr. Dr. R. davon aus, dass es hinsichtlich der Unfallfolgen auf unfallchirurgischem Fachgebiet und der anerkannten chronischen Depression gewisse Überschneidungen gibt, sodass er die Gesamt-MdE um 50 v.H. einschätzt. Auch im Hinblick auf die Einschätzung der MdE stützt der Senat seine Auffassung auf das Gutachten des Sachverständigen V. vom 17. Dezember 2020. Er hat in seinem Gutachten für den Senat plausibel ausgeführt, dass die für den Kläger festgestellte Unfallfolge „chronische Depression“ – der Sachverständige spricht selbst von einer depressiven Störung - aktuell mittelschwer ausgeprägt ist. Damit hat sich diese anerkannte Unfallfolge in ihrer Auswirkung gegenüber dem bereits von Dr. U. in ihrem Gutachten vom Januar 2017 als Dysthymie eingeordnetem depressiv-getöntem Stimmungsbild und dem sich auch von Prof. Dr. Heuft in seinem Gutachten vom 3. November 2015 als eher sekundär (neben der diagnostizierten somatoformen Schmerzstörung) aus den nach dem Arbeitsunfall des Klägers entstandenen psychischen und körperlichen Problemen und dem damit verbundenen Leidensdruck und der Funktionseinschränkungen benannten Dysthymia offensichtlich weiter verstärkt. So führt Prof. Dr. Q. in seinem Gutachten noch ausdrücklich aus, dass eine Dysthymia eine langandauernde depressive Verstimmung sei, die niemals oder nur selten ausgeprägt genug sei, um die Kriterien für eine rezidivierend leichte oder mittelgradige depressive Störung zu erfüllen. Zu dieser Entwicklung führt der Sachverständige Gerhardt in seinem Gutachten aus, dass belegbar ab Mai 2005 zu den bisherigen gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers eine depressive Störung hinzugetreten sei, welche die beim Kläger bestehende im Wesentlichen psychosomatische Schmerzkrankheit überlagert habe. Zwar gibt dieser Sachverständige an, dass die beim Kläger bestehende depressive Erkrankung – wie im Rahmen derartiger depressiver Störungen üblich – in ihrer Ausprägung und Schwere schwanke. Ordnet er die depressive Störung in seinem Gutachten jedoch als mittelschwer ein, kommt ihr hinsichtlich der Einschätzung der MdE gegenüber der vorher diagnostizierten Dysthymie ein höherer Einzelwert von mindestens 30 v.H. (vgl. hierzu Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl., S. 170) zu, der gemeinsam mit den auf unfallchirurgischem Fachgebiet anerkannten Unfallfolgen – wie oben ausgeführt – eine Gesamt-MdE um 50 v.H. ergibt.
Für die Zeit vor dem 8. Oktober 2020 kann allerdings vom Vorliegen einer Gesamt-MdE um 50 v. H. nicht ausgegangen werden, weil die beim Kläger als Unfallfolge festgestellte chronische Depression noch nicht nachweisbar mittelgradig ausgeprägt war, mithin lediglich eine Einzel-MdE um 20 v.H. – wie ebenfalls von Dr. Dr. R. und Dr. U. im Vorfeld angenommen – bedingte.
Eine andere Beurteilung ergibt sich im Hinblick auf die von dem Sachverständigen V. in seinem Gutachten eingeschätzten Verschlimmerung der beim Kläger bestehenden Depression auch nicht unter Berücksichtigung der Tatsache, dass dieser Sachverständige diese Gesundheitsstörung nicht auf den Arbeitsunfall des Klägers am 7. November 2000 zurückführt. Zwar hält auch der Senat diese Einschätzung des Sachverständigen für überzeugend. Allerdings ist insoweit zu berücksichtigen, dass die Beklagte diese Gesundheitsstörung in ihrem Bescheid vom 25. Februar 2016 ausdrücklich als Unfallfolge anerkannt hat und auch der Senat an diese Entscheidung gebunden ist. Denn gemäß § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 26. Oktober 2017 – B 2 U 6/16 R -, Juris)
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.