1. Ein Erbringer von Dialyseleistungen, der berechtigt wäre, die Genehmigung eines weiteren Dialyseversorgungsauftrags durch die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) an einen Konkurrenten anzufechten, hat ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, ob die Auffassung der KÄV zutrifft, nach der der Dialyseversorgungsauftrag des Konkurrenten bereits besteht.
2. Ein Erbringer von Dialyseleistungen hat kein berechtigtes Interesse an der Feststellung, ob die KÄV zur Entziehung eines Dialyseversorgungsauftrags gegenüber einem Konkurrenten wegen der Verletzung von Qualitätsvorgaben verpflichtet ist.
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 22. Juli 2020 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 7.
G r ü n d e :
I
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Streitig ist, ob in dem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) S1, dessen Trägerin die Beigeladene zu 1. ist, aufgrund der erteilten besonderen Versorgungsaufträge bis zu 100 Patienten oder aber bis zu 150 Dialysepatienten pro Jahr behandelt werden dürfen.
Die Klägerin ist Trägerin eines MVZ in N, das über drei Versorgungsaufträge nach Anlage 9.1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV‑Ä) zur kontinuierlichen Dialysebehandlung (im Folgenden: Dialyseversorgungsaufträge) für die Behandlung von bis zu 150 Patienten verfügt.
Bis zum 30.9.2011 betrieben die in einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) zusammengeschlossenen Fachärzte für Innere Medizin mit Schwerpunkt Nephrologie S2 und B eine 12,5 km (Luftlinie) vom Praxissitz der Klägerin entfernte Dialysepraxis in H. Zum 1.10.2011 verzichtete B auf seine Zulassung zugunsten des von der Beigeladen zu 1. betriebenen MVZ S1. Er erbrachte als angestellter Arzt weiterhin Dialyseleistungen. Weder die Infrastruktur noch die Räumlichkeiten änderten sich. Nach dem Eintritt des B waren in dem MVZ S1 drei Ärzte beschäftigt, davon zwei Ärzte im fachärztlichen Versorgungsbereich und eine Ärztin im hausärztlichen Versorgungsbereich.
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S2 war nach der Auflösung der mit B bestehenden BAG nicht mehr an dem Standort in H tätig; auf seinen Antrag genehmigte die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) die Verlegung seines Vertragsarztsitzes nach I und ordnete die sofortige Vollziehung an. Die gegen die sofortige Vollziehung eingelegten Rechtsbehelfe der Klägerin blieben erfolglos, sodass S2 zunächst in I Dialyseleistungen erbringen konnte. Im Hauptsacheverfahren war die Klägerin jedoch erfolgreich. In der Begründung des dazu ergangenen Urteils vom 15.3.2017 (B 6 KA 20/16 R) führte der Senat aus, dass die Mitnahme eines Dialyseversorgungsauftrags durch den aus einer BAG ausscheidenden Partner an den neuen Standort ausgeschlossen sei. Der Dialyseversorgungsauftrag verbleibe nach dem Statuswechsel des B vom Vertragsarzt zum Angestellten ‑ ungeteilt ‑ in der Dialysepraxis (Beigeladene zu 1. des vorliegenden Verfahrens), die nahtlos in denselben Räumlichkeiten und mit derselben Infrastruktur weitergeführt werde. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines neuen Dialyseversorgungsauftrags für die Praxis des S2 in I hätten nicht vorgelegen. Um zu vermeiden, dass die kontinuierliche Versorgung der Dialysepatienten gefährdet wird, entschied der Senat, dass die Aufhebung der Genehmigung für I erst mit Ablauf des 31.12.2017 wirksam wird.
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Auf Anfrage der Klägerin teilte die Beklagte dieser mit, dass die Beigeladene zu 1. als Folge des Urteils des Senats vom 15.3.2017 über drei Dialyseversorgungsaufträge zur kontinuierlichen Behandlung von bis zu 150 Patienten verfüge.
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Mit ihrer Klage hat die Klägerin geltend gemacht, dass die Beigeladene zu 1. spätestens ab 1.4.2012 nicht über drei, sondern nur über zwei Dialyseversorgungsaufträge verfüge und damit höchstens 100 Patienten kontinuierlich behandeln dürfe. Hilfsweise sei die Verpflichtung der Beklagten festzustellen, die Dialysekapazität der Beigeladenen zu 1. unverzüglich auf den Umfang von zwei Versorgungsaufträgen anzupassen. Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 22.7.2020 ‑ S 2 KA 46/17). Der Feststellungsantrag sei zulässig, aber nicht begründet. Die Beigeladene zu 1. verfüge über drei Dialyseversorgungsaufträge. Sie habe nicht wirksam auf einen Versorgungsauftrag verzichtet. Die jahrelange Nichtnutzung eines Dialyseversorgungsauftrags begründe keinen Verzicht. Auch eine anderweitige Erledigung des Dialyseversorgungsauftrags im Sinne des § 39 Abs 2 SGB X sei nicht eingetreten. Mit dem Urteil des BSG vom 15.3.2017 (B 6 KA 20/16 R ‑ juris RdNr 28, 30) sei geklärt, dass der Dialyseversorgungsauftrag mit der Auflösung der BAG nicht untergegangen, sondern auf die Beigeladene zu 1. übergegangen sei.
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Der Dialyseversorgungsauftrag sei auch nicht wegen der fehlenden Nachbesetzung nach § 5 Abs 7 Buchst c der Vereinbarung gemäß § 135 Abs 2 SGB V zur Ausführung und Abrechnung von Blutreinigungsverfahren (BlutreinigungsV) erloschen. Bei der Beigeladenen zu 1. sei schon kein Arzt im Sinne der Vorschrift ausgeschieden, der bisher zur Verfügung gestanden habe. Aus diesem Grund könne auch keine Verpflichtung der Beklagten zur Anpassung des Versorgungsauftrages festgestellt werden. Ferner sei nicht ersichtlich, dass die Voraussetzungen des § 48 SGB X vorliegen könnten.
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Mit der Sprungrevision rügt die Klägerin die Verletzung des § 5 Abs 7 BlutreinigungsV sowie der die Bedarfsplanung betreffenden Bestimmungen der Anlage 9.1 BMV‑Ä. Ergänzend rügt sie Verfahrensmängel in Gestalt einer Verletzung der aus § 103 SGG folgenden Pflicht des SG zur Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen.
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Entgegen der Annahme des SG habe die vormalige BAG im Jahr 2011 auf einen Dialyseversorgungsauftrag zugunsten der neuen Dialysepraxis des S2 in I verzichtet. Denn der vom SG in dem Parallelverfahren (Revisionsverfahren zum Az B 6 KA 14/20 R) angenommene Verzicht auf die Nebenbetriebsstätte beruhe auf dem aus Sicht der BAG notwendigen vorhergehenden Verzicht auf einen ihrer beiden Versorgungsaufträge. Die BAG hätte nicht auf die Nebenbetriebsstätte mit Schreiben vom 18.8.2011 verzichtet, wenn sie nicht schon zuvor ausdrücklich oder konkludent zugunsten der neuen Dialysepraxis von Herrn S2 auf einen Versorgungsauftrag verzichtet hätte. Die Auslegung der von den Partnern der BAG gegenüber der Beklagten abgegebenen Erklärungen dahin, dass darin kein Verzicht auf einen Versorgungsauftrag liege, sei nicht mit Denkgesetzen sowie allgemeinen Auslegungsgrundsätzen vereinbar. Es sei allen Beteiligten klar gewesen, dass die Verlagerung des Sitzes des S2 nach I nur um den Preis des Verzichts auf den Versorgungsauftrag am Ausgangsstandort in H erfolgen könne, da sich Versorgungsaufträge nicht vermehren ließen. Die Annahme des SG, dass bei der Beigeladenen zu 1. ein Versorgungsauftrag dauerhaft fortbestehen könne, für den dort seit Jahren kein entsprechend qualifizierter Arzt vorgehalten werde, sei mit § 5 Abs 7 Satz 5 BlutreinigungsV und den Regelungen zur Bedarfsplanung im Dialysebereich nach Anlage 9.1 BMV‑Ä unvereinbar.
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Die Klägerin beantragt, |
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das Urteil des SG für das Saarland vom 22.7.2020 aufzuheben und festzustellen, dass die Dialysepraxis der Beigeladenen zu 1. mit Vertragsarztsitz W, H über lediglich zwei besondere Versorgungsaufträge im Sinne der Anlage 9.1 BMV‑Ä verfügt, |
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hilfsweise festzustellen, |
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dass die Beklagte verpflichtet ist, die Zahl der besonderen Versorgungsaufträge der Dialysepraxis der Beigeladenen zu 1. mit Vertragsarztsitz W, H auf zwei besondere Versorgungsaufträge zu verringern. |
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Die Beklagte und die Beigeladene zu 1. beantragen, |
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die Revision zurückzuweisen. |
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Die Beklagte macht geltend, sie habe das Urteil des erkennenden Senats vom 15.3.2017 (B 6 KA 20/16 R) vollumfänglich und korrekt umgesetzt. Aus dem Urteil ergebe sich eindeutig, dass der Versorgungsauftrag in der Dialysepraxis verblieben und auf die Beigeladene zu 1. übergegangen sei. Auskünfte an Konkurrenten über Patientenzahlen würden nach datenschutzrechtlichen Vorgaben begrenzt.
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Die Beigeladene zu 1. schließt sich der Auffassung der Beklagten an. Zwischen allen Beteiligten sei unstreitig, dass B seine Praxis an das MVZ der Beigeladenen zu 1. verkauft habe. Der dieser Praxis zustehende Versorgungsauftrag für Dialysebehandlungen von bis zu 100 Patienten sei ungeteilt auf das MVZ übergegangen. Ein Verzicht auf diesen Versorgungsauftrag liege nicht vor, weil B und S2 gar nicht klar gewesen sei, dass dieser Versorgungsauftrag im ursprünglichen Umfang noch existiere. Davon hätten sie erst mit der Verkündung des Urteils am 15.3.2017 (B 6 KA 20/16 R) erfahren. Wenn der Versorgungsauftrag in der Praxis des B verblieben und dann auf das an diesem Standort betriebene MVZ übergegangen sei, dann sei er auch weiter existent. Es gebe keine Vorschrift in der Anlage 9.1 BMV‑Ä, nach der ein Versorgungsauftrag aufzuheben sei, wenn er nicht gelebt werde. Der Versorgungsauftrag sei auch nicht mit einer entsprechenden auflösenden Bedingung versehen gewesen.
II
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Die zulässige Sprungrevision (§ 161 SGG) der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Feststellungsklage zu Recht abgewiesen.
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A. Die Klage ist, soweit es um den Hauptantrag geht, als Feststellungsklage zulässig. Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 55 Abs 1 letzter Halbsatz SGG an der Feststellung, ob das von der Beigeladenen zu 1. betriebene MVZ S1 nur über zwei oder aber über einen dritten Versorgungsauftrag zur Erbringung von Dialyseleistungen im Sinne der Anlage 9.1 BMV‑Ä und damit die Berechtigung zur kontinuierlichen Behandlung nicht nur von bis zu 100, sondern von bis zu 150 Patienten pro Jahr verfügt.
1. Das berechtigte Interesse an der Feststellung setzt dem Rechtsgedanken des § 54 Abs 1 Satz 2 SGG folgend auch eine mögliche Betroffenheit in eigenen Rechten voraus (BSG Urteil vom 27.10.2009 ‑ B 1 KR 4/09 R ‑ BSGE 105, 1 = SozR 4‑2500 § 125 Nr 5, RdNr 14; BSG Urteil vom 18.12.2012 ‑ B 1 KR 34/12 R ‑ BSGE 112, 257 = SozR 4‑2500 § 137 Nr 2, RdNr 16).
Wie der Senat bereits in dem die Hauptbeteiligten des vorliegenden Verfahrens betreffenden Urteil vom 15.3.2017 (B 6 KA 20/16 R ‑ juris) im Einzelnen dargelegt hat, ist die Klägerin unter näher bezeichneten Voraussetzungen berechtigt, Bescheide anzufechten, mit denen die beklagte KÄV einem konkurrierenden Leistungserbringer die Genehmigung zur Übernahme eines Versorgungsauftrags für die Behandlung von Patienten mit Blutreinigungsverfahren (Dialyse) erteilt. Hintergrund ist der Umstand, dass die für die Zuerkennung von Versorgungsaufträgen im Bereich der Dialyse maßgebenden Bestimmungen in weiterem Umfang drittschützende Wirkung haben als in der allgemeinen ärztlichen Bedarfsplanung nach der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (Bedarfsplanungs-Richtlinie, im Folgenden: BedarfsplRL). Voraussetzung einer Anfechtungsberechtigung des Anbieters von Dialyseleistungen ist, dass sich faktisch der von ihm versorgte Patientenkreis mit dem Patientenkreis desjenigen, dessen Berechtigung angegriffen wird, in relevantem Umfang überschneidet (BSG Urteil vom 17.10.2007 ‑ B 6 KA 42/06 R ‑ BSGE 99, 145 = SozR 4‑2500 § 116 Nr 4, RdNr 24; BSG Urteil vom 17.6.2009 ‑ B 6 KA 25/08 R ‑ BSGE 103, 269 = SozR 4‑1500 § 54 Nr 16, RdNr 25 ff, 30; BSG Urteil vom 28.10.2009 ‑ B 6 KA 42/08 R ‑ BSGE 105, 10 = SozR 4‑5520 § 24 Nr 3, RdNr 21 ff). Bei zwei Dialysepraxen in einer Entfernung von weniger als 10 km kann nach der Rechtsprechung des Senats angesichts des hohen Spezialisierungsgrades ohne nähere Ermittlungen von einem real bestehenden Konkurrenzverhältnis ausgegangen werden (BSG Urteil vom 17.10.2012 ‑ B 6 KA 41/11 R ‑ SozR 4‑1500 § 54 Nr 31 RdNr 29 f; BSG Urteil vom 15.3.2017 ‑ B 6 KA 20/16 R ‑ RdNr 25; BSG Urteil vom 3.4.2019 ‑ B 6 KA 64/17 R ‑ SozR 4‑5540 Anl 9.1 Nr 14 RdNr 31). In dem vorangegangenen ‑ die Hauptbeteiligten des vorliegenden Verfahrens betreffenden ‑ Rechtsstreit (Urteil vom 15.3.2017 ‑ B 6 KA 20/16 R) hatte der Senat angesichts einer Entfernung von 8,86 km Luftlinie zwischen den betroffenen Dialysepraxen (Dialysepraxis der Klägerin und Dialysepraxis des S2 in I) ohne Weiteres ein solches Konkurrenzverhältnis angenommen. In der vorliegenden Konstellation beträgt die Entfernung zwischen dem von der Klägerin in N und dem von der Beigeladenen zu 1. in H betriebenen MVZ mit 12,5 km Luftlinie zwar etwas mehr als 10 km. Allerdings ist der Radius von 10 km nach § 6 Abs 1 Satz 6 der Anlage 9.1 BMV‑Ä, die ihre gesetzliche Grundlage in § 72 Abs 2 iVm § 82 Abs 2 SGB V findet (vgl BVerfG Kammerbeschluss vom 15.8.2018 ‑ 1 BvR 1780/17 ‑ juris), im Bereich der Versorgung mit Dialyseleistungen nur für Regionen maßgebend, die nach § 7 Abs 2 iVm Anlage 3.1 BedarfsplRL in der bis zum 31.12.2012 geltenden Fassung der Raumordnungskategorie 1, 5 oder dem Ruhrgebiet zugeordnet waren. Sowohl das von der Klägerin als auch das von der Beigeladenen zu 1. betriebene MVZ befinden sich in Planungsbereichen (N bzw S3), die nach der insoweit weiterhin maßgebenden Fassung der BedarfsplRL der Raumordnungskategorie 2 zugeordnet waren. Maßgebend ist daher nach § 6 Abs 1 Satz 6 Anlage 9.1 BMV‑Ä ein Radius von 20 km. Auch angesichts der guten Verkehrsverbindung zwischen den beiden Standorten (ca 18,5 km Fahrstrecke, die Hälfte davon Bundesautobahn) bedarf es hier keiner näheren Ermittlungen zur Frage des bestehenden Konkurrenzverhältnisses. Eine relevante Überschneidung der Patientenkreise wird im Übrigen von keinem der Beteiligten in Zweifel gezogen.
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Die Beklagte hat gegenüber der Beigeladenen zu 1. keinen Bescheid über die Erteilung eines dritten Versorgungsauftrags erteilt, den die Klägerin anzufechten berechtigt wäre, sondern gegenüber der Klägerin erklärt, dass die Beigeladene zu 1. als Folge des Urteils des Senats vom 15.3.2017 (B 6 KA 20/16 R) bereits über drei Versorgungsaufträge verfügen würde. Das hat zur Folge, dass die Klägerin eine Klärung der Frage, ob die Beklagte der Beigeladenen zu 1. diesen dritten Versorgungsauftrag zu Recht zugestehen möchte, nur im Wege der Feststellungsklage erreichen kann. Wie der Senat bereits in dem weiteren ‑ ebenfalls die (zuvor in der Ausübungsform einer BAG tätige) Klägerin betreffenden ‑ Urteil vom 15.3.2017 (B 6 KA 35/16 R ‑ BSGE 126, 1 = SozR 4‑5540 Anl 9.1 Nr 12, RdNr 35) dargelegt hat, darf allein der Umstand, dass ein Leistungserbringer ggf auf die Erhebung einer Feststellungklage zu verweisen ist, wenn die KÄV als Genehmigungsbehörde keinen Bescheid erlassen hat, die Effektivität des Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) nicht einschränken. Grundsätzlich wäre die Klägerin zur Anfechtung einer von der Beklagten erteilten Genehmigung zur Übernahme eines weiteren Versorgungsauftrages berechtigt. Dementsprechend kann ihr auch ein berechtigtes Interesse zur Klärung der Frage nicht abgesprochen werden, ob die Beklagte zu Recht davon ausgeht, dass die Beigeladene zu 1. infolge des Urteils des Senats vom 15.3.2017 (B 6 KA 20/16 R) bereits über drei Versorgungsaufträge verfügt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der ursprünglich von S2 wahrgenommene Dialyseversorgungsauftag bedarfsabhängig erteilt worden war; ausschlaggebend ist, dass der dritte Dialyseversorgungsauftrag ‑ wenn er nicht bereits existiert ‑ nur noch bedarfsabhängig erteilt werden dürfte und dass die Klägerin deshalb die Möglichkeit haben muss zu klären, ob die Beigeladene zu 1. über diesen dritten Dialyseversorgungsauftrag bereits verfügt (zu ähnlichen Fallkonstellationen, in denen die Anfechtungsberechtigung zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes einzuräumen ist vgl BSG Urteil vom 16.12.2015 ‑ B 6 KA 40/14 R ‑ SozR 4‑1500 § 54 Nr 39 RdNr 35; Sächsisches LSG Beschluss vom 19.7.2021 ‑ L 1 KA 10/19 B ER ‑ juris RdNr 27).
2. Die Feststellungsklage ist, soweit es um den Hauptantrag geht, auch nicht deshalb unzulässig, weil es an der vorangegangenen Durchführung eines Verwaltungsverfahrens fehlt. Allerdings setzt auch die Feststellungsklage im Grundsatz voraus, dass ein Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren stattgefunden hat, in dem ein Verwaltungsakt zum streitigen Rechtsverhältnis beantragt wurde (vgl BSG Urteil vom 19.2.2014 ‑ B 6 KA 8/13 R ‑ SozR 4‑2500 § 85 Nr 80 RdNr 21 mwN; s auch Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 55 RdNr 3b; zu Ausnahmen von diesem Grundsatz vgl zB BSG Urteil vom 9.10.1984 ‑ 12 RK 18/83 ‑ BSGE 57, 184, 186 = SozR 2200 § 385 Nr 10 S 40 = juris RdNr 15; BSG Urteil vom 22.5.1985 ‑ 12 RK 30/84 ‑ BSGE 58, 150, 153 = SozR 1500 § 55 Nr 27 S 23 = juris RdNr 13 mwN). Hier besteht jedoch die Besonderheit, dass es hinsichtlich des Hauptantrags in erster Linie um die Umsetzung des Urteils des Senats vom 15.3.2017 (B 6 KA 20/16 R) geht, dem bereits ein Verwaltungsverfahren vorangegangen war. Zum Inhalt des rechtskräftigen Urteils hätte die Beklagte keine eigenständige Regelung mehr treffen können (zu einem Ausführungsbescheid vgl BSG Urteil vom 18.9.2003 ‑ B 9 V 82/02 B). Zudem hatte sich die Beklagte mit ihrer Erklärung aus dem Schreiben vom 26.10.2017, nach der das von der Beigeladenen zu 1. betriebene MVZ als Ergebnis des genannten Senatsurteils über drei Versorgungsverträge verfügt, bereits verbindlich festgelegt. Unter diesen Umständen kann die Zulässigkeit der Feststellungsklage, die in erster Linie die Rechtswirkungen des Urteils zum Gegenstand hat, nicht von der (erneuten) Durchführung eines Verwaltungsverfahrens abhängen, dessen Ergebnis von vornherein feststeht und dessen Durchführung unter den gegebenen Umständen eine reine Förmelei gewesen wäre. Daher kann hier nichts anderes als für Feststellungsklagen gelten, die die Frage zum Gegenstand haben, ob ein Verwaltungsverfahren durch einen Vergleich abgeschlossen worden ist. Auch in dieser Situation kann die Verwaltung zwar einen deklaratorischen Bescheid erlassen. Das ändert aber nichts daran, dass der Bürger die Möglichkeit hat, unmittelbar mit der Feststellungsklage geltend zu machen, dass das Verwaltungsverfahren nicht durch Vergleich beendet worden ist, wenn die Verwaltung keinen deklaratorischen Bescheid zur Frage der Beendigung des Verwaltungsverfahrens erteilt (vgl BSG Urteil vom 26.5.2021 ‑ B 6 KA 7/20 R ‑ juris RdNr 19 mwN, zur Veröffentlichung in SozR 4‑1300 § 56 Nr 2 vorgesehen).
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B. Die Klage ist jedoch bezogen auf den Hauptantrag nicht begründet. Die Beklagte geht zu Recht davon aus, dass das von der Beigeladenen zu 1. betriebene MVZ in H infolge des Urteils des Senats vom 15.3.2017 (B 6 KA 20/16 R) über drei besondere Versorgungsaufträge zur Erbringung von Dialyseleistungen nach Anlage 9.1 BMV‑Ä verfügt.
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1. Wie der Senat bereits in dem die Hauptbeteiligten des vorliegenden Verfahrens betreffenden Urteil vom 15.3.2017 (B 6 KA 20/16 R ‑ juris RdNr 28, 30) im Einzelnen ausgeführt hat, ist der von S2 wahrgenommene Dialyseversorgungsauftrag nach der Auflösung der mit B geführten BAG in H, W und der Verlegung des Vertragsarztsitzes des S2 nach I in der Dialysepraxis in H verblieben. Daran änderte sich ‑ wie der Senat ebenfalls bereits entscheiden hat ‑ auch durch den Wechsel des B vom Vertragsarzt zum angestellten Arzt im MVZ der Beigeladenen zu 1. nichts. Ausschlaggebend dafür war, dass B am bisherigen Standort mit derselben Infrastruktur und in denselben Räumlichkeiten weiterhin Dialyseleistungen erbrachte, die Versorgung mithin nahtlos weiterführte und sich nur der rechtliche Träger der Praxis änderte, nicht aber die Dialysepraxis im Sinne von § 4 Abs 1a Satz 1 Anlage 9.1 BMV‑Ä iVm § 1a Nr 18 BMV‑Ä. Dabei ist der Senat davon ausgegangen, dass sich der Status des Vertragsarztes zwar nicht automatisch in dem des angestellten Arztes fortsetzt, dass aber ein Statuswechsel, wie er hier bezogen auf die BAG eingetreten ist, die Übernahme der bisherigen Versorgungsaufträge voraussetzt, sodass diese auch dann in der Praxis verbleiben, wenn sich die Kooperationsform der dort tätigen Ärzte ändert.
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2. Der Annahme der Klägerin, dass sich einer der ursprünglich der Arztpraxis von B und S2 zugeordneten Versorgungsaufträge dadurch im Sinne des § 39 Abs 2 SGB X erledigt habe, weil die BAG auf diesen wirksam verzichtet habe, stehen bereits die Ausführungen im Urteil des Senats vom 15.3.2017 (B 6 KA 20/16 R ‑ juris RdNr 30) entgegen, wonach der Versorgungsauftrag nach dem Ausscheiden des S2 aus der BAG am bisherigen Standort der BAG verblieb.
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Im Übrigen ist die Auslegung individueller Erklärungen Aufgabe des Tatrichters und in der Revisionsinstanz nur begrenzt nachprüfbar (vgl BSG Urteil vom 27.9.1994 ‑ 10 RAr 1/93 ‑ BSGE 75, 92 = SozR 3‑4100 § 141b Nr 10 = juris RdNr 31; BSG Urteil vom 30.10.2014 ‑ B 5 R 8/14 R ‑ BSGE 117, 192 = SozR 4‑1500 § 163 Nr 7, RdNr 33; zu rechtsgeschäftlichen Vereinbarungen vgl BGH Urteil vom 16.11.1993 ‑ XI ZR 70/93 ‑ juris RdNr 11). Das Revisionsgericht darf die Ermittlung des rechtlich maßgeblichen Sinns (Auslegung) von Willenserklärungen durch ein Tatsachengericht nur daraufhin prüfen, ob dieses Gericht die revisiblen bundesrechtlichen Auslegungsgrundsätze (§§ 133, 157 BGB), anerkannte Auslegungsgrundsätze sowie allgemeine Erfahrungssätze beachtet und bei der Ermittlung des Bedeutungsgehalts nicht gegen Denkgesetze verstoßen hat (BSG Urteil vom 30.10.2014 ‑ B 5 R 8/14 R ‑ BSGE 117, 192 = SozR 4‑1500 § 163 Nr 7, RdNr 34). Dabei hat es die in den Urteilen der Tatsacheninstanzen getroffenen tatsächlichen Feststellungen zu beachten. Die Würdigung durch das SG, nach der im Zusammenhang mit der Verlegung des Vertragsarztsitzes des S2 hier kein ausdrücklicher oder konkludenter Verzicht auf den ursprünglich von ihm wahrgenommenen Dialyseversorgungsauftrag in H erklärt worden ist, steht im Einklang mit diesen bundesgesetzlichen Vorgaben und ist deshalb nicht zu beanstanden.
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Grundsätzlich unterliegt es keinem Zweifel, dass auch auf einen nach der Anlage 9.1 BMV‑Ä erteilten Dialyseversorgungsauftrag wirksam verzichtet werden kann (zur Wirkung des Verzichts auf eine vertragsärztliche Zulassung vgl zB BSG Urteil vom 14.12.2011 ‑ B 6 KA 13/11 R ‑ BSGE 110, 43 = SozR 4‑2500 § 103 Nr 9, RdNr 14; BSG Urteil vom 28.9.2016 ‑ B 6 KA 1/16 R ‑ SozR 4‑2500 § 95 Nr 30 RdNr 15; zur Unanwendbarkeit der auf Sozialleistungsansprüche bezogenen Regelung des § 46 SGB I vgl Schifferdecker in KassKomm, § 46 SGB I RdNr 4, 6 f, Stand Mai 2021). Der Verzicht ist eine empfangsbedürftige einseitige Willenserklärung, die darauf gerichtet ist, das Erlöschen eines Rechts ‑ hier der aus dem Dialyseversorgungsauftrag nach Anlage 9.1. BMV‑Ä folgenden Rechtsposition ‑ herbeizuführen (vgl Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl 2018, § 53 RdNr 33). Bezogen auf den Dialyseversorgungsauftrag, den S2 bis zur Auflösung der BAG mit B am Standort der BAG in H wahrgenommen hat, ist ein solcher Verzicht aber ‑ nach der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegung der abgegebenen Erklärungen durch das SG ‑ nicht erklärt worden.
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a) Mit Schreiben vom 23.3.2011 hat S2 erklärt, seine BAG mit B zu beenden. Ferner hat er die "Übernahme eines Versorgungsvertrags" für Dialyseleistungen für seinen neuen Standort in I beantragt. Dem kann keine Aussage zu der Frage entnommen werden, ob damit auf eine Nachbesetzung am bisherigen Standort in H verzichtet werden soll. Anders als für die Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes in einem überversorgten Planungsbereich, die nach § 103 Abs 4 SGB V das Ende der Zulassung durch den Verzicht auf die Zulassung oder einen anderen der genannten Beendigungsgründe (Tod, Entziehung) voraussetzt, gibt es keine gesetzliche Regelung, die die "Übernahme" eines Dialyseversorgungsauftrags von einem vorangegangenen "Verzicht" abhängig machen würde. Insofern hatte Herr S2 auch keinen sachlichen Grund, die beantragte "Übernahme" des Dialyseversorgungsvertrags mit einem Verzicht zu verbinden. Selbst das LSG war ‑ soweit ersichtlich ‑ in dem vorangegangenen Verfahren (Urteil vom 24.5.2016 ‑ L 3 KA 1/13), in dem es ‑ abweichend von der Rechtsprechung des erkennenden Senats ‑ angenommen hatte, dass der aus einer Dialysepraxis ausscheidende Arzt "seinen" Dialyseversorgungsauftrag an einen neuen Standort mitnehmen könne, nicht davon ausgegangen, dass die "Mitnahme" einen Verzicht des ausscheidenden Arztes voraussetzt. Damit übereinstimmend hat die Beigeladene zu 1. sinngemäß angegeben, dass sie schon deshalb keinen Anlass zur Erklärung eines Verzichts gehabt habe, weil sie bis zu der Entscheidung des Senats vom 15.3.2017 (B 6 KA 20/16 R) nicht gewusst habe, dass der ursprünglich von S2 wahrgenommene Dialyseversorgungsauftrag noch in H bestehe.
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Auch wenn die zuletzt genannte Angabe der Beigeladenen zu 1. nicht zutreffen würde und sie die Absicht gehabt hätte, mit der Verlegung des Vertragsarztsitzes des S2 nach I die Zahl der Versorgungsaufträge zu vermehren, bestünden keine Anhaltspunkte für eine Verzichtserklärung gegenüber der Beklagten. § 5 Abs 7 Buchst c Satz 6 BlutreinigungsV sieht ausdrücklich ein Nachbesetzungsrecht der Praxis vor, aus der ein Arzt ausscheidet. Dadurch und durch die nach § 7 Abs 1 Anlage 9.1 BMV‑Ä eröffnete Möglichkeit einer Arztpraxis mit nur einem Dialyseauftrag unabhängig von der Auslastung der in der Versorgungsregion bestehenden Praxen einen zweiten Dialyseversorgungsauftrag zu erhalten, würde die Möglichkeit zur Mitnahme eines Versorgungsauftrags zu einer dem Regelungskonzept der Anlage 9.1 BMV‑Ä widersprechenden Vermehrung der Dialyseversorgungsaufträge führen. Dies war ein wesentlicher Grund dafür, dass der erkennende Senat die Mitnahme von Dialyseversorgungsaufträgen als mit der Konzeption der Anlage 9.1 BMV‑Ä nicht vereinbar angesehen hat (vgl BSG Urteil vom 3.4.2019 ‑ B 6 KA 64/17 R ‑ SozR 4‑5540 Anl 9.1 Nr 14 RdNr 37; BSG Urteil vom 15.3.2017 ‑ B 6 KA 18/16 R ‑ SozR 4‑5540 Anl 9.1 Nr 11 RdNr 41 mwN).
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Die Unzulässigkeit einer "Mitnahme" von Dialyseversorgungsaufträgen ändert indes nichts daran, dass eine solche in Kombination mit einem fortbestehenden Nachbesetzungsrecht für den verbliebenen Praxispartner B die für die ehemaligen BAG-Partner günstigste Möglichkeit gewesen wäre. Gerade bei Erklärungen, die als Verzicht, Erlass oder in ähnlicher Weise rechtsvernichtend gewertet werden sollen, müssen das Gebot einer interessengerechten Auslegung beachtet werden und die der Erklärung zu Grunde liegenden Umstände besondere Bedeutung haben (BGH Urteil vom 10.5.2001 ‑ VII ZR 356/00 ‑ LM BGB § 397 Nr 15 = NJW 2001, 2325, 2326; BGH Urteil vom 15.1.2002 ‑ X ZR 91/00 ‑ NJW 2002, 1044, 1046). Dies gilt insbesondere dann, wenn ein (konkludent erklärter) Verzicht objektiv wirtschaftlich unvernünftig wäre, weil das Recht nicht neu erworben bzw eine erforderliche Genehmigung nach aktueller Sach- und Rechtslage nicht erneut erteilt werden könnte (OVG Koblenz Urteil vom 12.3.2013 ‑ 8 A 11152/12 ‑ NVwZ‑RR 2013, 672, 673 = juris RdNr 31). Ein Verzicht kann zwar ausnahmsweise auch durch schlüssiges Handeln erklärt werden, setzt dann aber ein unzweideutiges Verhalten voraus, das vom Erklärungsgegner als Aufgabe des Rechts verstanden werden kann (vgl BGH Urteil vom 20.5.1981 ‑ IVb ZR 570/80, FamRZ 1981, 763 = juris RdNr 7; BGH Urteil vom 16.11.1993 ‑ XI ZR 70/93 ‑ NJW 1994, 379 = juris RdNr 13). Der allein von S2 abgegebenen Erklärung zum beabsichtigten Ausscheiden aus der BAG, zur Verlegung des Praxissitzes nach I und zur beabsichtigten "Mitnahme" des Dialyseversorgungsauftrags hat das SG ohne Verstoß gegen die genannten Auslegungsgrundsätze und damit für den Senat bindend entnommen, dass dieser nicht zu Lasten des damaligen Praxispartners B auf die aus § 5 Abs 7 Buchst c Satz 6 BlutreinigungsV folgende Möglichkeit zur Nachbesetzung verzichtet hat. Unter diesen Umständen kann dahingestellt bleiben, ob S2 mit der allein von ihm unterschriebenen, aber unter Verwendung des Briefkopfes der BAG abgegebenen Erklärung überhaupt wirksam auf den Dialyseversorgungsauftrag hätte verzichten können (zur gemeinschaftlichen Vertretung der BAG bezogen auf die Anfechtung eines Dialyseversorgungsauftrags vgl BSG Urteil vom 3.4.2019 ‑ B 6 KA 64/17 R ‑ SozR 4‑5540 Anl 9.1 Nr 14 RdNr 41 ff). Jedenfalls steht die Berechtigung zum Verzicht nur dem Rechtsinhaber zu (vgl Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl 2018, § 53 RdNr 33). Wie der Senat bereits mit Urteil vom 15.3.2017 (B 6 KA 20/16 R ‑ juris RdNr 31 ff; vgl im Übrigen auch BSG Urteil vom 3.4.2019 ‑ B 6 KA 64/17 R ‑ SozR 4‑5540 Anl 9.1 Nr 14 RdNr 41 f) entschieden hat, ist das hier bezogen auf den streitbefangenen Dialyseversorgungsauftrag nicht S2 alleine gewesen, sondern die aus B und S2 bestehende BAG.
b) Revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden ist, dass das SG auch die gemeinsame Erklärung der B und S2 vom 18.8.2011 nicht als Verzicht bezogen auf einen Dialyseversorgungsauftrag angesehen hat. Mit dem Inhalt dieser Erklärung hat sich das SG in dem Verfahren zum Az S 2 KA 48/17 (Gegenstand des Urteils vom heutigen Tage zum Az B 6 KA 14/20 R) eingehend und mit dem Ergebnis befasst, dass mit diesem Schreiben ein Verzicht erklärt wird, der auf den Betrieb der Nebenbetriebsstätte durch die Arztpraxis mit Standort in H zu beziehen sei. Gegenstand des Schreibens vom 18.8.2011 waren allein die Nebenbetriebsstätten der BAG. B und S2 hatten zu diesem Zeitpunkt im Übrigen auch keinen Anlass mehr, gegenüber der Beklagten Erklärungen oder Anträge bezogen auf die "Mitnahme" eines Dialyseversorgungsauftrags durch S2 abzugeben, weil diesem die Genehmigung zur Übernahme eines Dialyseversorgungsauftrags nach Anlage 9.1 BMV‑Ä für die Behandlung von Patienten am neuen Praxissitz in I bereits mit Bescheid vom 31.5.2011 erteilt worden war. Bezogen auf die Nebenbetriebsstätte in N wird in dem Schreiben vom 18.8.2011 erklärt, dass die Einzelpraxis des S2 die Versorgung der Patienten ab dem 1.10.2011 übernehmen werde (vgl dazu im Einzelnen das Urteil des Senats vom heutigen Tage zum Az B 6 KA 14/20 R). Ein Verzicht auf einen Dialyseversorgungsauftrag bezogen auf den Sitz der Dialysepraxis in H kann diesem Schreiben bei Beachtung der og Auslegungsgrundsätze nicht entnommen werden.
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3. Die Genehmigung des dritten Dialyseversorgungsauftrages für das von der Beigeladenen zu 1. betriebene MVZ in H hat sich bis zu dem insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des SG als letzter Tatsacheninstanz (vgl Keller in Meyer‑Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 55 RdNr 21 mwN) auch nicht durch Nichtnutzung oder fehlende Vorhaltung eines dritten Arztes im Sinne des § 39 Abs 2 SGB X erledigt.
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a) In der Rechtsprechung des Senats ist bereits geklärt, dass allein das Ausscheiden eines Arztes aus der Dialysepraxis nicht zum Erlöschen des Versorgungsauftrages führt (Urteil vom 17.10.2012 ‑ B 6 KA 41/11 R ‑ SozR 4‑1500 § 54 Nr 31 RdNr 24). Auch enthalten weder die BlutreinigungsV noch die Anlage 9.1 BMV‑Ä Regelungen zum Erlöschen eines Versorgungsauftrags. § 3 Abs 4 Satz 3 Anlage 9.1 BMV‑Ä verpflichtet Vertragsärzte, ermächtigte Einrichtungen und ermächtigte Krankenhausärzte, die Leistungen, die dem jeweiligen Versorgungsauftrag zugeordnet sind, vorzuhalten und bei entsprechender Indikationsstellung selbst durchzuführen, regelt aber nicht die Folgen einer Verletzung dieser Pflicht und sieht insbesondere nicht das Erlöschen des Versorgungauftrags kraft Gesetzes im Falle einer Pflichtverletzung vor. § 5 Abs 7 Buchst c Satz 7 und 8 BlutreinigungsV bestimmen, dass die Dialysepraxis innerhalb von sechs Monaten nach dem Ausscheiden eines Arztes, der die fachlichen Voraussetzungen nach § 4 BlutreinigungsV erfüllt, nachzuweisen hat, dass dieser durch einen entsprechenden Arzt ersetzt wurde. Wird der Nachweis nicht erbracht, "ist die Berechtigung zur Ausführung oder Abrechnung von Dialyseleistungen der Anzahl der verbliebenen Ärzte gemäß Nr. 1 und 2 anzupassen". Bereits der Wortlaut mit der Verwendung der Formulierung "ist … anzupassen" spricht dafür, dass ein Handeln der zuständigen Behörde vorausgesetzt wird. Zwar gibt es im Vertragsarztrecht auch Regelungen, die die Beendigung eines vertragsarztrechtlichen Status kraft Gesetzes vorsehen. So bestimmt § 95 Abs 7 SGB V die Voraussetzungen, unter denen eine vertragsärztliche Zulassung "endet". Dieses Ende der Zulassung tritt unabhängig vom Erlass eines entsprechenden Verwaltungsakts ein, wenn die definierten Voraussetzungen vorliegen (zur Vorgängerregelung in § 19 Abs 3 Ärzte‑ZV vgl BSG Urteil vom 13.5.2015 ‑ B 6 KA 25/14 R ‑ BSGE 119, 79 = SozR 4‑5520 § 19 Nr 3, RdNr 19 mwN). Dasselbe galt für Vertragsärzte nach § 95 Abs 7 Satz 2 SGB V idF des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) vom 21.12.1992 (BGBl I 2266) am Ende des Quartals, in dem sie ihr 68. Lebensjahr vollendeten (BSG Urteil vom 6.2.2008 ‑ B 6 KA 41/06 R ‑ BSGE 100, 43 = SozR 4‑2500 § 95 Nr 14, RdNr 26; BSG Beschluss vom 5.11.2003 ‑ B 6 KA 56/03 B ‑ juris RdNr 7). Auch hier war als Rechtsfolge geregelt, dass die Zulassung "endet". Im Unterschied dazu wird mit der Formulierung "ist zu entziehen" in § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V zum Ausdruck gebracht, dass die vertragsärztliche Zulassung bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen nicht kraft Gesetzes endet, sondern dass die Beendigung einen Umsetzungsakt in Gestalt eines Verwaltungsakts voraussetzt. Die in § 5 Abs 7 Buchst c Satz 8 BlutreinigungsV verwendete Formulierung entspricht im Wesentlichen der des § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V. Die Verwendung des Wortes "anzupassen" anstelle von "zu entziehen" trägt erkennbar dem Umstand Rechnung, dass einem Arzt oder auch einem MVZ grundsätzlich nur eine Zulassung zu erteilen ist, die nach § 95 Abs 6 Satz 1 und 2 SGB V im Regelfall vollständig zu entziehen ist, wenn ihre Voraussetzungen nicht mehr vorliegen, während es in § 5 Abs 7 Buchst c Satz 8 BlutreinigungsV nicht in erster Linie um die vollständige Entziehung, sondern um die Änderung (Anpassung) der Zahl der einer Dialysepraxis zugeordneten Versorgungsaufträge geht.
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Allerdings ist der Senat der Auffassung, dass § 5 Abs 7 Buchst c Satz 8 BlutreinigungsV ‑ anders als § 95 Abs 6 SGB V (vgl dazu BSG Beschluss vom 10.5.2000 ‑ B 6 KA 56/99 B ‑ juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 5.11.2003 ‑ B 6 KA 56/03 B ‑ juris RdNr 8 mwN) ‑ keine die Geltung der §§ 45 ff SGB X ausschließende Sonderregelung im Sinne des § 37 SGB I zu entnehmen ist. Dafür sprechen insbesondere systematische Erwägungen: Gegenstand der BlutreinigungsV sind Fragen der Qualitätssicherung (vgl BSG Urteil vom 3.8.2016 ‑ B 6 KA 20/15 R ‑ SozR 4‑5540 Anl 9.1 Nr 7 RdNr 34; vgl auch RdNr 40). Das Verfahren der Erteilung eines Dialyseversorgungsauftrags wird dort hingegen nicht und die Voraussetzungen für die Erteilung werden ‑ abgesehen von Übergangsregelungen ‑ nur geregelt, soweit es um Qualitätsanforderungen geht. Der daraus deutlich werdende begrenzte Regelungsgegenstand der Vereinbarung spricht dagegen, dass dort die Voraussetzungen für die Entziehung von Versorgungsaufträgen abschließend bestimmt sind. Die Aufhebung eines Dialyseversorgungsvertrags ist danach bei einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse unter den Voraussetzungen des § 48 SGB X rechtmäßig. Eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X tritt ein, wenn der nach § 5 Abs 7 Buchst c Satz 7 und 8 BlutreinigungsV erforderliche Nachweis nicht innerhalb von sechs Monaten nach Ausscheiden eines Arztes nach Nr 1 und 2 erbracht wird. Die Klägerin ist jedoch nicht berechtigt, die Umsetzung einer daraus folgenden Verpflichtung der Beklagten durchzusetzen (vgl dazu nachfolgend C.). Auch wenn die KÄV der Pflicht zur Entziehung eines Dialyseversorgungsauftrags nicht nachkommt, entfällt der Versorgungsauftrag nicht kraft Gesetzes (ebenso bereits zur Entziehung der Zulassung beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 95 Abs 6 SGB V: BSG Urteil vom 10.5.2000 ‑ B 6 KA 67/98 R ‑ BSGE 86, 121 = SozR 3‑5520 § 24 Nr 4, SozR 3‑5520 § 18 Nr 2 = juris RdNr 22; vgl auch BVerfG Beschluss vom 26.9.2016 ‑ 1 BvR 1326/15 ‑ SozR 4‑5520 § 19 Nr 4 RdNr 33 ff).
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b) Die Klägerin kann ferner nicht mit Erfolg geltend machen, dass für das Recht zur Nachbesetzung einer Arztstelle in einer Dialysepraxis nach § 5 Abs 7 Buchst c Satz 8 BlutreinigungsV nichts anderes gelten könne als für das Recht zur Nachbesetzung einer Angestelltenstelle in einem MVZ, das im Regelfall nach Ablauf eines halben Jahres erlischt.
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Nach der Rechtsprechung des Senats kann in gesperrten Planungsbereichen eine durch Ausscheiden des genehmigten angestellten Arztes freiwerdende Arztstelle grundsätzlich nur innerhalb einer Frist von sechs Monaten durch das MVZ nachbesetzt werden (Urteil vom 19.10.2011 ‑ B 6 KA 23/11 R ‑ BSGE 109, 182 = SozR 4‑2500 § 103 Nr 8, RdNr 25; ebenso BSG Beschluss vom 14.5.2014 ‑ B 6 KA 67/13 B ‑ juris, die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss wurde nicht zur Entscheidung angenommen: BVerfG 1. Senat 2. Kammer vom 20.8.2014 ‑ 1 BvR 1989/14). Diese Rechtsprechung ist aber bereits deshalb nicht auf die Frage zu übertragen, ob ein Dialyseversorgungsauftrag kraft Gesetzes entfällt, weil die Anstellungsgenehmigung nach § 32b Abs 2 Ärzte‑ZV hinsichtlich des anzustellenden Arztes streng personengebunden ist und dem antragstellenden Vertrags(zahn)arzt, der antragstellenden BAG oder dem MVZ nicht in der Weise pauschal erteilt werden kann, dass er berechtigt ist, einen beliebigen, von ihm selber auszuwählenden Arzt in seiner Praxis zu beschäftigen (BSG Urteil vom 20.9.1995 ‑ 6 RKa 37/94 ‑ SozR 3‑5525 § 32b Nr 1 = juris RdNr 30; vgl auch BSG Urteil vom 19.10.2011 ‑ B 6 KA 23/11 R ‑ BSGE 109, 182 = SozR 4‑2500 § 103 Nr 8, RdNr 14; BSG Urteil vom 15.5.2019 ‑ B 6 KA 5/18 R ‑ BSGE 128, 125 = SozR 4‑2500 § 103 Nr 27, RdNr 36 f; Ladurner, in Ärzte‑ZV, § 32b RdNr 29; Pawlita in Schlegel/Voelzke, jurisPK‑SGB V, 4. Aufl 2020, § 95 RdNr 1287, 1347). Mit der Genehmigung zur Übernahme eines Versorgungsauftrags wird zwar ebenfalls gegenüber der Dialysepraxis geregelt, durch welche Ärzte und an welchen Betriebsstätten der Versorgungsauftrag erteilt wird (§ 4 Abs 1a Satz 2 Anlage 9.1 BMV‑Ä). Der Dialyseversorgungsauftrag bleibt aber nach § 4 Abs 1a BMV‑Ä bei der Dialysepraxis, auch wenn diese in Form einer BAG betrieben wird und ein Arzt aus der BAG ausscheidet (vgl BSG Urteil vom 17.10.2012 ‑ B 6 KA 41/11 R ‑ SozR 4‑1500 § 54 Nr 31 RdNr 24; BSG Urteil vom 15.3.2017 ‑ B 6 KA 18/16 R ‑ SozR 4‑5540 Anl 9.1 Nr 11 RdNr 39; BSG Urteil vom 3.4.2019 ‑ B 6 KA 64/17 R ‑ SozR 4‑5540 Anl 9.1 Nr 14 RdNr 34, jeweils mwN). Insofern ist sie unabhängig von der Person des Arztes, der den Versorgungsauftrag erfüllt. Im Gegensatz dazu ist mit Erteilung einer Anstellungsgenehmigung die Zuerkennung eines auf die Arztpraxis bezogenen und unabhängig von der Person des Anzustellenden bestehenden Status nicht verbunden. Die daraus folgenden Unterschiede zeigen sich beim Ausscheiden eines angestellten Arztes aus einer Arztpraxis. Mit der Beendigung der Anstellung erledigt sich auch die erteilte Anstellungsgenehmigung nach § 39 Abs 2 SGB X auf sonstige Weise (ebenso: Kremer/Wittmann, Vertragsärztliche Zulassungsverfahren, 4. Aufl 2021, RdNr 1743; Ladurner, in Ärzte‑ZV, § 32b RdNr 43; T. Schmidt, ZMGR 2021, 10, 12; vgl auch BSG Urteil vom 28.9.2016 ‑ B 6 KA 40/15 R ‑ BSGE 122, 55 = SozR 4‑2500 § 103 Nr 22, RdNr 15; BSG Urteil vom 13.5.2020 ‑ B 6 KA 11/19 R ‑ SozR 4‑2500 § 103 Nr 30 RdNr 17). Der anstellende Vertragsarzt bzw das anstellende MVZ muss nach dem Ausscheiden des angestellten Arztes erneut eine Genehmigung beantragen, hat aber nach § 103 Abs 4a Satz 5, Abs 4b Satz 5 SGB V bei Stellung des Genehmigungsantrages innerhalb von sechs Monaten nach dem Ausscheiden auch in einem wegen Überversorgung gesperrten Planungsbereich grundsätzlich einen Anspruch auf erneute Erteilung der Anstellungsgenehmigung, sofern die weiteren Voraussetzungen einer Anstellungsgenehmigung erfüllt sind und keine Festlegungen nach § 101 Abs 1 Satz 8 SGB V entgegenstehen. Dagegen besteht der Versorgungsauftrag nach § 4 Abs 1b Anlage 9.1 BMV‑Ä wegen der Gebundenheit an die Praxis auch beim Ausscheiden eines Arztes aus einer BAG fort (BSG Urteil vom 17.10.2012 ‑ B 6 KA 41/11 R ‑ SozR 4‑1500 § 54 Nr 31 RdNr 24; BSG Urteil vom 3.4.2019 ‑ B 6 KA 64/17 R ‑ SozR 4‑5540 Anl 9.1 Nr 14 RdNr 34 mwN).
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Insofern ergibt sich im Bereich der vertragsarztrechtlichen Statusentscheidungen ein differenziertes Bild. Ein allgemeiner Grundsatz, nach dem die Rechtswirkungen einer durch Verwaltungsakt erteilten öffentlich-rechtlichen Genehmigung nach einer längeren Dauer der Nichtnutzung erlöschen würden, existiert jedenfalls im Bereich des Vertragsarztrechts nicht. Auf die in der Revisionsbegründung diskutierte Frage, ob der Rechtsprechung des BVerwG zu entnehmen ist, dass ein solcher Grundsatz möglicherweise bezogen auf bestimmte baurechtliche Fragen eingreift (zur Erledigung der Legalisierungswirkung einer Baugenehmigung nach einer bestimmten Dauer der Nichtnutzung nach dem sog Zeitmodell vgl BVerwG Urteil vom 18.5.1995 ‑ 4 C 20.94 ‑ BVerwGE 98, 235, 240, zuletzt jedoch ausdrücklich offengelassen für den Fall einer Nutzungsunterbrechung bei genehmigten Vorhaben: BVerwG Beschluss vom 5.5.2015 ‑ 4 BN 2.15 ‑ juris RdNr 18; BVerwG Beschluss vom 22.3.2021 ‑ 4 BN 35/20 ‑ BBB 2021, Nr 7‑8, 53 = juris RdNr 9), kommt es hier nicht an, weil diese Rechtsprechung angesichts der davon abweichenden Strukturen im Vertragsarztrecht ohnehin nicht unmittelbar übertragen werden kann. Im Übrigen können nach dem Zeitmodell des BVerwG auch noch nach mehr als zwei Jahren der Nichtnutzung Gründe dafür dargelegt werden, dass damit kein endgültiger Zustand herbeigeführt worden ist. Vorliegend wäre danach zu berücksichtigen, dass der von S2 wahrgenommene Versorgungsauftrag nach dessen Austritt aus der mit B bestehenden BAG weiter genutzt worden ist, nachdem die Beklagte den Sofortvollzug der S2 für I erteilten Genehmigung angeordnet hatte und die Klägerin in dem dagegen angestrengten Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes unterlegen war (Verfahren zu den Aktenzeichen S 2 KA 11/11 ER und L 3 KA 6/11 B ER). Aufgrund des Urteils des erkennenden Senats vom 15.3.2017 (B 6 KA 20/16 R ‑ RdNr 65) stand zwar fest, dass die Genehmigung der "Mitnahme" des Versorgungsauftrags durch S2 rechtswidrig war; diese konnte aber aufgrund der in dem Urteil (aaO, RdNr 65) enthaltenen Übergangsregelung auch noch bis zum 31.12.2017 vollzogen werden. Jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt gab es keine Grundlage für die Annahme, dass das von der Beigeladenen zu 1. betriebene MVZ in H den Versorgungsauftrag, der ihm nach dem Ergebnis des Verfahrens zum Az B 6 KA 20/16 R zuzuordnen ist, auch zukünftig nicht wahrnehmen werde.
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C. Soweit die Klägerin hilfsweise die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet sei, die Zahl der besonderen Versorgungsaufträge der Dialysepraxis der Beigeladenen zu 1. mit Vertragsarztsitz W, H auf zwei besondere Versorgungsaufträge zu verringern, ist die Feststellungsklage bereits unzulässig. Insoweit fehlt es an einer Verwaltungsentscheidung der Beklagten über einen entsprechenden Antrag der Klägerin.
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1. Wie oben (A.2. RdNr 19) ausgeführt, setzt auch die Feststellungsklage grundsätzlich voraus, dass ein Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren durchgeführt worden ist, in dem ein Verwaltungsakt zum streitigen Rechtsverhältnis beantragt wurde. Anders als mit dem Hauptantrag begehrt die Klägerin mit dem Hilfsantrag auch nicht in erster Linie eine Klärung der Rechtswirkungen des Urteils des Senats vom 15.3.2017 (B 6 KA 20/16 R), sondern sie macht einen davon weitgehend unabhängigen Anspruch geltend. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin die Möglichkeit gehabt hätte, bei der Beklagten anstelle der Feststellung einer entsprechenden Verpflichtung unmittelbar die Herabsetzung der Zahl der Versorgungsaufträge der Beigeladenen zu 1. von drei auf zwei zu beantragen. Daher steht der Zulässigkeit des Hilfsantrags auch der im sozialgerichtlichen Verfahren geltende Grundsatz vom Vorrang der Gestaltungs‑ oder Leistungsklage entgegen. Nach diesem Grundsatz ist das nach § 55 Abs 1 SGG vorauszusetzende Interesse an der alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens des den Gegenstand des Prozesses bildenden Rechtsverhältnisses regelmäßig zu verneinen, wenn der Kläger seine Rechte mit einer Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann (BSG Urteil vom 25.3.2003 ‑ B 1 KR 29/02 R ‑ SozR 4‑1500 § 55 Nr 1 RdNr 14). Zwar gilt dieser Grundsatz bei Feststellungsklagen gegenüber juristischen Personen des öffentlichen Rechts nicht uneingeschränkt, insbesondere wenn diese der Gewährleistung umfassenden Rechtsschutzes nach Art 19 Abs 4 GG dient (vgl zB BSG Urteil vom 22.10.2014 ‑ B 6 KA 34/13 R ‑ BSGE 117, 129 = SozR 4‑2500 § 34 Nr 16; BSG Urteil vom 15.6.2016 ‑ B 6 KA 27/15 R ‑ BSGE 121, 206 = SozR 4‑2500 § 75 Nr 17, RdNr 15). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor, weil die Klägerin bei der Beklagten die Reduzierung der Dialyseversorgungsaufträge für das von der Beigeladenen zu 1. betriebene MVZ hätte beantragen können, um das Verwaltungsverfahren in Gang zu setzen. Die Erhebung einer Feststellungsklage anstelle einer Verpflichtungsklage darf jedenfalls nicht in erster Linie dem Ziel dienen, die aus § 54 Abs 1, § 78 Abs 1 Satz 1, Abs 3 SGG folgende Prozessvoraussetzung zu umgehen, nach der vor Klageerhebung das Verwaltungsverfahren durchzuführen ist.
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Die Unzulässigkeit der ohne ein vorangegangenes Verwaltungsverfahren erhobenen Feststellungsklage hängt nicht davon ab, ob ein Antrag des Klägers auf Reduzierung der Dialyseversorgungsaufträge des MVZ der Beigeladenen zu 1. Erfolg gehabt hätte; ausschlaggebend ist, dass effektiver Rechtsschutz durch die der Klägerin eröffnete Möglichkeit gewährleistet ist, gegen eine ablehnende Entscheidung im Verwaltungsverfahren nach Abschluss des Vorverfahrens mit der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage vorzugehen.
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2. Der Senat weist indes zur Vermeidung weiterer, denselben Sachverhalt betreffender Verfahren darauf hin, dass ein entsprechender Antrag der Klägerin keinen Erfolg haben würde.
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a) Als rechtliche Grundlage einer Reduzierung der Zahl der Dialyseversorgungsaufträge der Beigeladenen zu 1. kommt § 5 Abs 7 Buchst c Satz 7 und 8 BlutreinigungsV iVm § 48 SGB X in Betracht (vgl RdNr 31). Diese Regelungen entfalten keine drittschützende Wirkung. Die Klägerin kann daher nicht geltend machen, durch eine unterlassene Reduzierung der Zahl der Dialyseversorgungsaufträge des MVZ der Beigeladenen zu 1. in eigenen Rechten verletzt zu sein.
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Regelungsgegenstand der BlutreinigungsV sind allein Fragen der Qualitätssicherung (BSG Urteil vom 3.8.2016 ‑ B 6 KA 20/15 R ‑ SozR 4‑5540 Anl 9.1 Nr 7 RdNr 34). Eine über die Qualitätssicherung hinausgehende Zielrichtung auf einen Drittschutz zugunsten bereits dialysierender Vertragsärzte kann den Regelungen der BlutreinigungsV nicht entnommen werden (vgl dazu bereits BSG Urteil vom 7.2.2007 ‑ B 6 KA 8/06 R ‑ BSGE 98, 98 = SozR 4‑1500 § 54 Nr 10, RdNr 28; vgl zuletzt zur Leistungserbringung im Bereich von Laborleistungen: BSG Urteil vom 12.2.2020 ‑ B 6 KA 25/18 R ‑ BSGE 130, 39 = SozR 4‑2500 § 73b Nr 4, RdNr 48). Insofern gilt für die BlutreinigungsV nichts anderes als für andere Qualitätssicherungsvereinbarungen, etwa für die Ultraschalldiagnostik, Koloskopien, Mammographien sowie für Strahlendiagnostik und ‑therapie, ua (vgl BSG Urteil vom 7.2.2007 ‑ B 6 KA 8/06 R ‑ BSGE 98, 98 = SozR 4‑1500 § 54 Nr 10, RdNr 32; BSG Urteil vom 14.5.2014 ‑ B 6 KA 28/13 R ‑ SozR 4‑2500 § 135 Nr 22 RdNr 46). Gesetzliche Grundlage dieser Vereinbarungen ist § 135 Abs 2 SGB V, der den Partnern der Bundesmantelverträge die Möglichkeit eröffnet, für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen zu vereinbaren. Dementsprechend regelt die BlutreinigungsV aus Qualitätssicherungsgründen in § 5 Abs 7 Buchst c Satz 5 einen Arzt-Patienten-Schlüssel, bei dem die ausreichende ärztliche Behandlung und die notwendige Überwachung nichtärztlicher Leistungen sichergestellt ist. Aus der BlutreinigungsV ergibt sich damit, wann aus Qualitätssicherungsaspekten ein weiterer Arzt in der Dialysepraxis erforderlich ist.
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b) Die Klägerin könnte eine Anfechtungsberechtigung in der vorliegenden Konstellation auch nicht erfolgreich damit begründen, dass sie berechtigt wäre, gegen die unrechtmäßige Genehmigung eines dritten Dialyseversorgungsauftrags an die Beigeladene zu 1. vorzugehen und dass der unrechtmäßige Fortbestand eines Dialyseversorgungsauftrags sie in gleicher Weise in ihren subjektiven Rechten verletzten würde. Für die Erteilung eines weiteren Versorgungsauftrags genügt es nicht, dass dieser nach dem Arzt‑Patienten-Schlüssel aus der BlutreinigungsV erforderlich wäre. Vielmehr kommt es auf das Ergebnis einer Bedarfsprüfung an, die ihre rechtliche Grundlage nicht in der BlutreinigungsV, sondern in Anlage 9.1 BMV‑Ä findet (zu dem daraus folgenden Spannungsverhältnis zwischen den Vorgaben nach der BlutreinigungsV und nach Anlage 9.1 BMV‑Ä vgl BSG Urteil vom 3.8.2016 ‑ B 6 KA 20/15 R ‑ SozR 4‑5540 Anl 9.1 Nr 7 RdNr 33). Nach § 4 Abs 1 Satz 1 Anlage 9.1 BMV‑Ä bedarf die Übernahme eines besonderen Versorgungsauftrags nach § 3 Abs 3 Buchst a Anlage 9.1 BMV‑Ä für die in § 2 Abs 1 und 2 Anlage 9.1 BMV‑Ä definierten Patientengruppen der Genehmigung der KÄV. Diese setzt gemäß § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 Anlage 9.1 BMV‑Ä/EKV‑Ä voraus, dass eine kontinuierliche wirtschaftliche Versorgungsstruktur für die Dialysepraxis gewährleistet ist. Ob die Anforderungen an eine wirtschaftliche Versorgungstruktur im Sinne des § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 Anlage 9.1 BMV‑Ä/EKV‑Ä erfüllt sind, stellt die KÄV im Verfahren nach § 6 Anlage 9.1 BMV‑Ä/EKV‑Ä fest. Danach ist der Auslastungsgrad der im Umkreis der beabsichtigten Niederlassung bestehenden Dialysepraxen (Versorgungsregion) durch eine Arzt-Patienten-Relation zu bestimmen (vgl § 6 Abs 1 Anlage 9.1 BMV‑Ä). Die speziell für den Bereich der Dialyseversorgung geltenden Regelungen zur Bedarfsprüfung dienen neben der wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten auch dem Schutz konkurrierender Leistungserbringer. Die Bedarfsprüfung vermittelt den für die Annahme eines ggf verletzten subjektiven öffentlichen Rechts erforderlichen Drittschutz für diejenigen, die bei der Ermittlung des Bedarfs zu berücksichtigen sind (stRspr vgl zB BSG Urteil vom 17.8.2011 ‑ B 6 KA 27/10 R ‑ SozR 4‑1500 § 54 Nr 26 = juris RdNr 26; BSG Urteil vom 17.10.2012 ‑ B 6 KA 41/11 R ‑ SozR 4‑1500 § 54 Nr 31 RdNr 32; BSG Urteil vom 3.8.2016 ‑ B 6 KA 20/15 R ‑ SozR 4‑5540 Anl 9.1 Nr 7 RdNr 20; BSG Urteil vom 15.3.2017 ‑ B 6 KA 18/16 R ‑ SozR 4‑5540 Anl 9.1 Nr 11 RdNr 35).
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Mit dem Hilfsantrag wendet sich die Klägerin jedoch nicht gegen die Erteilung eines weiteren Dialyseversorgungsauftrags an einen Konkurrenten und sie macht auch nicht geltend, dass der Bedarfsprüfung dienende Regelungen aus der Anlage 9.1. BMV‑Ä der Beklagten gebieten würden, der Beigeladenen zu 1. einen Versorgungsauftrag zu entziehen. Vielmehr macht sie geltend, dass die Beigeladene zu 1. im Zusammenhang mit der Verlegung des Praxissitzes des S2 von H nach I ihre aus § 5 Abs 7 Buchst c Satz 6 BlutreinigungsV folgende Obliegenheit verletzt habe, innerhalb von sechs Monaten nach dem Ausscheiden eines Arztes aus der Dialysepraxis nachzuweisen, dass dieser durch einen entsprechend qualifizierten anderen Arzt ersetzt wurde und dass die Beklagte deshalb die Berechtigung zur Ausführung und Abrechnung von Dialyseleistungen nach § 5 Abs 7 Buchst c Satz 8 BlutreinigungsV der Anzahl der verbliebenen Ärzte anzupassen hätte. Die für die Bedarfsermittlung speziell in der Dialyseversorgung geltenden drittschützenden Regelungen nach der Anlage 9.1 BMV‑Ä sind in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung. Da die BlutreinigungsV nicht die Bedarfsprüfung zum Gegenstand hat und da § 5 Abs 7 Buchst c Satz 7 BlutreinigungsV iVm § 48 SGB X dementsprechend eine Anpassung der Berechtigung zur Ausführung und Abrechnung von Dialyseleistungen ganz unabhängig von dem Versorgungsangebot anderer Dialysepraxen in der Versorgungsregion zum Inhalt hat, hat die Norm keinen drittschützenden Charakter. Sie vermittelt der Klägerin also keine Rechtsposition, die sie zur Durchsetzung der die Beklagte treffenden Rechtspflichten ermächtigt.
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c) Im Übrigen können bei der Entziehung eines Versorgungsauftrags nach Ausscheiden eines Arztes nach § 5 Abs 7 Buchst c Satz 7 BlutreinigungsV verfahrensrechtliche Fragen und Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes Bedeutung gewinnen, die ebenfalls keinen unmittelbaren Bezug zur Rechtssphäre der Klägerin aufweisen. So setzt § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen voraus. Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nur unter den Einschränkungen der §§ 45 Abs 2 bis 4 SGB X zurückgenommen werden. Den aus § 49 SGB X folgenden Einschränkungen des Anwendungsbereichs des § 45 Abs 1 bis 3, §§ 47, 48 SGB X kommt dabei in der vorliegenden Konstellation keine Bedeutung zu: Die Klägerin ist im Verfahren um die Reduzierung der Versorgungsaufträge der Beigeladenen zu 1. auf der Grundlage von § 5 Abs 7 Buchst c Satz 7 und 8 BlutreinigungsV nicht "Dritte" im Sinne des § 49 SGB X, weil diese Norm der BlutreinigungsV aus den og Gründen keine drittschützende Wirkung hat; die Klägerin kann insoweit keine Beeinträchtigung in subjektiven Rechten geltend machen (zur Maßgeblichkeit des materiellen Rechts bei der Auslegung der Wendung "von einem Dritten" im Sinne des § 49 SGB X vgl BSG Urteil vom 19.12.2001 ‑ B 11 AL 57/01 R ‑ BSGE 89, 119 = SozR 3‑3870 § 2 Nr 2, RdNr 18; Merten in Hauck/Noftz, SGB X Stand IV/2018, K § 49 RdNr 7).
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D. Soweit die Klägerin eine Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes bezogen auf die Zahl der von der Beigeladenen zu 1. behandelten Patienten rügt, kann die von ihr eingelegte Sprungrevision auf einen solchen nicht von Amts wegen zu berücksichtigenden Mangel des Verfahrens nach § 161 Abs 4 SGG nicht gestützt werden. Außerdem kommt es darauf für die Entscheidung nicht an; die Entscheidung erweist sich ‑ unabhängig davon, ob das SG unter Zugrundelegung seiner Rechtsauffassung weitere Ermittlungen zur Zahl der von der Beigeladenen zu 1. behandelten Patienten hätte anstellen müssen ‑ aus den oben dargelegten Gründen im Ergebnis als richtig (vgl § 170 Abs 1 Satz 2 SGG). Das SG hat die Frage offengelassen, ob der Versorgungsvertrag kraft Gesetzes erlischt, wenn die Nachbesetzung der Stelle eines Arztes, der die fachlichen Voraussetzungen gemäß § 4 BlutreinigungsV erfüllt, abweichend von § 5 Abs 7 Buchst c Satz 7 BlutreinigungsV nicht innerhalb von sechs Monaten nachgewiesen wird. Die Frage ist indes aus den og Gründen zu verneinen. Vielmehr ist eine Anpassung durch Bescheid erforderlich. Soweit die Klägerin eine Verpflichtung der Beklagten zur Reduzierung der Zahl der Versorgungsaufträge des MVZ der Beigeladenen zu 1. geltend macht, ist die Klage ‑ abweichend von der Auffassung der Vorinstanz ‑ bereits unzulässig.
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Im Übrigen ist die Anpassung der Zahl der Dialyseversorgungsaufträge nach § 5 Abs 7 Buchst c Satz 7 und 8 BlutreinigungsV nicht von der Zahl der behandelten Patienten abhängig, sodass es auch aus diesem Grunde nicht der von der Klägerin für erforderlich gehaltenen Ermittlungen des SG bedurfte. Zwar hat das SG in dem angefochtenen Urteil die Auffassung vertreten, dass eine Anpassung des Versorgungsauftrags nach § 5 Abs 7 Buchst c Satz 7 und 8 BlutreinigungsV nicht nur voraussetzen würde, dass ein Arzt aus der Dialysepraxis ausscheidet, sondern auch, dass eine bestimmte Patientenzahl überschritten worden ist. Dies leitet das SG aus der in § 5 Abs 7 Buchst c Satz 7 und 8 BlutreinigungsV enthaltenen Verweisung auf "Nr. 1 oder 2" ab. Dabei muss aber berücksichtigt werden, dass § 5 Abs 7 Buchst c Satz 7 und 8 BlutreinigungsV nicht auf den gesamten Satz 5 verweist, sondern auf den "Arzt nach Nr. 1 oder 2" (§ 5 Abs 7 Buchst c Satz 7 BlutreinigungsV) bzw auf die "Ärzte gemäß Nr. 1 und 2" (§ 5 Abs 7 Buchst c Satz 8 BlutreinigungsV). § 5 Abs 7 Buchst c Satz 5 Nr 1 und 2 BlutreinigungsV hat die Bemessung des Arzt‑Patienten‑Schlüssels der Arztpraxis zum Gegenstand. In diesem Zusammenhang wird in Nr 1 und 2 gefordert, dass der zu berücksichtigende Arzt "die fachlichen Voraussetzungen gemäß § 4 dieser Vereinbarung erfüllt". Mit der Wendung "Arzt nach Nr. 1 oder 2" wird in § 5 Abs 7 Buchst c Satz 7 und 8 BlutreinigungsV also der Arzt bezeichnet, der die fachlichen Voraussetzungen nach § 4 BlutreinigungsV erfüllt und der deshalb beim Arzt‑Patienten‑Schlüssel zu berücksichtigen ist. Dagegen wird die Anpassung der Zahl der Dialyseversorgungsaufträge nicht von der Zahl der behandelten Patienten abhängig gemacht. Für dieses Verständnis der Norm spricht neben dem Wortlaut auch der erkennbare Sinn der Regelung. Die Auslegung durch das SG hätte zur Folge, dass einer Dialyseeinrichtung die ihr einmal zuerkannten Dialyseversorgungsaufträge zeitlich unbegrenzt zu belassen wären, obwohl sie dauerhaft keine ausreichende Zahl fachlich qualifizierter Ärzte vorhält, um die Versorgungsaufträge erfüllen zu können. Voraussetzung wäre, dass sie die Zahl der behandelten Patienten der Zahl der entsprechend qualifizierten Ärzte "anpasst". Damit würde die Praxis aber ihre Verpflichtung aus § 3 Abs 4 Satz 3 Anlage 9.1 BMV‑Ä verletzen, die Leistungen vorzuhalten und bei entsprechender Indikationsstellung selbst durchzuführen, die dem jeweiligen Versorgungsauftrag zugeordnet sind. Im Ergebnis könnte ihr ein Versorgungsauftrag also gerade deshalb nicht entzogen werden, weil sie ihre Pflicht zur Erfüllung dieses Versorgungsauftrags dauerhaft verletzt. Damit würde die in der Anlage 9.1 BMV‑Ä geregelte Bedarfsplanung unterlaufen. Weil auch fortbestehende, aber tatsächlich nicht erfüllte Dialyseversorgungsaufträge grundsätzlich Sperrwirkung bezogen auf die Erteilung neuer Dialyseversorgungsaufträge entfalten (vgl dazu BSG Urteil vom 28.10.2015 ‑ B 6 KA 43/14 R ‑ SozR 4‑5540 § 6 Nr 2 RdNr 41 ff), könnte der Bedarf nicht mehr sichergestellt werden; anderen Dialysepraxen, die bereit und in der Lage wären, die benötigten Dialyseleistungen zu erbringen, könnte der erforderliche Versorgungsauftrag grundsätzlich nicht erteilt werden. Diese Folgen der Rechtsauffassung des SG wären mit den Zielen der Bedarfsplanung im Dialysebereich in keiner Weise zu vereinbaren.
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E. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), § 162 Abs 3 VwGO. Die Klägerin trägt die Kosten des von ihr ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels. Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 6. ist nicht veranlasst, weil sie keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO).