Bei der Beurteilung, ob vorhandenes Vermögen Leistungen nach dem SGB II ausschließt, darf der Wert einer Immobilie nach Aktenlage geschätzt werden, wenn der Eigentümer bei der Wertermittlung nicht mitwirkt.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 29. April 2019 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d :
Streitig ist zuletzt ein Anspruch der Klägerin auf SGB II-Leistungen für die Zeit vom 1.10.2016 bis 30.9.2018, insbesondere ob die Klägerin über verwertbares, den Freibetrag übersteigendes Immobilienvermögen verfügt.
Die 1954 geborene Klägerin, die seit 1.8.2020 Altersrente bezieht, ist Alleineigentümerin eines freistehenden Einfamilienhauses in der Gemarkung G, Markt P, A Straße. In der Zeit von 1990 bis 2003 war die Klägerin Geschäftsführerin einer GmbH. Rentenanwartschaften wurden in der Zeit von April 1991 bis September 2003 nicht erworben. Die Wohnfläche des im Jahr 2002 gebauten und von der Klägerin allein bewohnten Hauses beträgt mindestens 160 qm, das dazugehörige Grundstück ist 625 qm groß. Im Jahr 2004 wurde im Grundbuch zu Gunsten der Schwester der Klägerin eine Grundschuld in Höhe von 300.000 € eingetragen zur Sicherung sämtlicher gegenwärtiger und zukünftiger Ansprüche aus der Gewährung von Darlehen. Die Grundschuld wird mit 3 vH jährlich verzinst, fällig jeweils im Januar des Folgejahres. Im Jahr 2013 ließ der Beklagte ein Gutachten zum Verkehrswert des Hausgrundstücks der Klägerin durch den Gutachterausschuss des Landkreises erstellen. Das zum Stichtag 2.10.2013 erstellte Gutachten ermittelte einen Verkehrswert in Höhe von ca. 250.000 € (mit Nebengebäude und Außenanlage).
Mit Senatsurteil vom 15.11.2018 (L 7 AS 144/17; S 11 AS 181/16) wurde die Berufung der Klägerin auf der Grundlage des vom Sozialgericht eingeholten Verkehrswertgutachtens vom 13.10.2016 (Wert zum Stichtag 1.10.2013 260.000 €, zum 1.8.2014, 1.8.2015 und 1.2.2016 jeweils 270.000 €) betreffend die u.a. streitigen Zeiträume ab Oktober 2013 bis Oktober 2014 und von September 2015 bis August 2016 als unbegründet zurückgewiesen, da die Klägerin über verwertbares, nicht geschütztes Vermögen verfüge, das den Freibetrag bei weitem übersteige.
Mit Schreiben vom 27.10.2016 beantragte die Klägerin beim Beklagten erneut SGB II-Leistungen. Laut Aufstellung der Klägerin über die Höhe der von ihrer Schwester gewährten Kredite zur Finanzierung des Hauses beliefen sich die Verbindlichkeiten der Klägerin zum 1.1.2017 auf insgesamt 193.339,37 € (Darlehen für das Haus: 91.576,24 €, Darlehen zur Vorfinanzierung von Leistungen nach dem SGB II: 101,763,13 €). Die monatlichen Zinsen für den Hauskredit wurden dabei für das Jahr 2016 mit 363,40 € angegeben.
Mit Bescheid vom 25.1.2017 lehnte der Beklagte den Antrag ab, da die Klägerin über verwertbares Vermögen in Höhe von 76.660,63 € verfüge, das den Vermögensfreibetrag in Höhe von 9.900 € übersteige, und daher nicht hilfebedürftig im Sinne des SGB II sei. Der hiergegen gerichtete Widerspruch vom 22.2.2017 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 23.3.2017 als unbegründet zurückgewiesen.
Am 25.10.2017 stellte die Klägerin erneut Antrag auf Bewilligung von SGB II-Leistungen ab dem 1.10.2017. Die Höhe der Darlehen bei ihrer Schwester bezifferte die Klägerin dabei zum 30.9.2017 auf insgesamt 205.034,04 € (Darlehen für das Haus 95.010,34 €, sonstige Darlehen 110.023,70 €). Die monatlichen Zinsen für das Hausdarlehen gab sie mit monatlich 381,57 € für 2017 an (bzw. mit 425,68 €, ab 1.1.2018 mit 400,65 €.
Mit Schreiben vom 4.12.2017 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass der durch das Sozialgericht Landshut beauftragte Architekt den Verkehrswert der Immobilie der Klägerin zum Bewertungsstichtag 1.2.2016 mit 270.000 € festgesetzt habe. Demgegenüber stünden dinglich gesicherte Verbindlichkeiten in Höhe von 205.034,04 €. Der Vermögensfreibetrag belaufe sich auf derzeit 10.200 €. Soweit der Klägerin eine sofortige Verwertung des Vermögens nicht möglich sei, könne der Beklagte die Leistungen als Darlehen erbringen. Der Klägerin werde gemäß § 24 Abs. 5 Satz 2 SGB II zur Auflage gemacht, dass sie bis spätestens 29.12.2017 eine Grundschuld zur dinglichen Sicherung in Höhe von 10.000 € zu Gunsten des Beklagten beim Notar eintragen lasse. Die Klägerin werde um Erledigung des Schreibens bis spätestens 29.12.2017 gebeten. Sollte die Grundschuld nicht eingetragen werden, müsse der Antrag vom 25.10.2017 abgelehnt werden. Eine darlehensweise Bewilligung sei ohne Eintragung einer Grundschuld ausgeschlossen.
Mit Schreiben vom 21.12.2017 legte die Klägerin gegen den "Bescheid vom 04.12.2017" Widerspruch ein. Zur Begründung verwies sie auf die Begründung an das Bay. Landessozialgericht im Rahmen des damals noch anhängigen Berufungsverfahrens.
Mit Bescheid vom 2.1.2018 lehnte der Beklagte den Antrag vom 25.10.2017 ab. Die Klägerin sei aufgrund ihres verwertbaren Vermögens nicht hilfebedürftig und habe keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II. Die Klägerin habe bezugnehmend auf das Schreiben vom 4.12.2017 die Möglichkeit der darlehensweisen Bewilligung von Leistungen nicht in Anspruch genommen.
Der gegen diesen Bescheid erhobene Widerspruch vom 30.1.2018 wurde erneut damit begründet, dass der Wert falsch ermittelt und das Haus nicht zu verwerten sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.3.2018 wurden die beiden Widersprüche als unbegründet zurückgewiesen. Es sei kein neuer Sachverhalt vorgetragen worden, der eine andere Entscheidung rechtfertigen könne. Die Klägerin verfüge über berücksichtigungsfähiges Vermögen in Form eines unangemessen großen Hausgrundstücks, welches ihre Hilfebedürftigkeit ausschließe.
Am 30.10.2018 beantragte die Klägerin erneut SGB II-Leistungen für die Zeit ab 1.10.2018. Zunächst wurden SGB II-Leistungen versagt. Mit Bescheid vom 18.3.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.7.2019 wurde der Antrag mangels Hilfebedürftigkeit abgelehnt (Klageverfahren am Sozialgericht anhängig unter S 11 AS 534/19).
Bereits am 21.4.2017 erhob die Klägerin gegen den Widerspruchsbescheid vom 23.3.2017 Klage zum Sozialgericht Landshut (S 16 AS 198/17), am 13.4.2018 auch gegen den Widerspruchsbescheid vom 12.3.2018 (S 16 AS 236/18). Der Verkehrswert sei in dem Gutachten, das durch das Sozialgericht Landshut in Auftrag gegeben wurde, nicht korrekt errechnet worden. Er sei aufgrund des Baupreisindex von ganz Bayern sowie dem Lebenshaltungskostenindex und dem Verbraucherpreisindex von ganz Deutschland berechnet worden. Es handele sich um Durchschnittspreise. In München lägen die Indexe wesentlich höher als in D und Umgebung. Daher würden der Verkehrswert und der Sachwert laut Gutachten den Wert ihres Hauses nicht wiedergeben. Bei der Wertminderung seien einige Gesichtspunkte nicht berücksichtigt worden, etwa, dass sich in der Umgebung Mastbetriebe befänden. Auch sei in dem Gutachten eine falsche Wohnfläche zugrunde gelegt worden, und der zu erzielende Verkaufspreis sei um die Verkaufskosten zu reduzieren und nicht nur um die Belastungen. Zudem sei es unwirtschaftlich, das Haus zu verwerten, und es liege eine besondere Härte vor. Das Haus diene der Altersvorsorge und sei daher geschützt. Auch sei das Haus aufgrund von § 12 Abs. 3 Nr. 5 SGB II nicht zu verwerten. Das vom Beklagten angebotene Darlehen sei der Höhe nach nicht berechnet worden, und die Bedingungen seien unvollständig. Ausdrücklich machte sie allein Zuschussleistungen geltend.
In der mündlichen Verhandlung wurden die Verfahren S 16 AS 236/18 und S 16 AS 198/17 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung durch Beschluss verbunden.
Mit Urteil vom 29.4.2019 wies das Sozialgericht die Klage als unbegründet ab. Die Klägerin sei im streitgegenständlichen Zeitraum nicht hilfebedürftig gewesen, da sie über verwertbares Vermögen verfüge, dessen Wert den Vermögensfreibetrag erheblich übersteige. Die Immobilie könne innerhalb eines angemessenen Zeitraums, nämlich innerhalb des Bewilligungszeitraums verwertet werden. Verwertungshindernisse bestünden nicht. Auf der Grundlage des Wertgutachtens vom 13.10.2016 aus dem Verfahren S 11 AS 181/16 sei der Wert 2013 mit 260.000 und 2016 mit 270.000 € ermittelt worden. Anhaltspunkte dafür, dass der Wert seither gesunken wäre, gebe es nicht. Die Grundschuld sei nach Angaben der Klägerin mit 245.113,11 € zum 30.9.2018 valutiert. Der Freibetrag betrage 10.200 €. Hieraus verbleibe ein den Freibetrag übersteigendes Vermögen von 14.686,89 €. Entgegen der Auffassung der Klägerin handle es sich nicht um zur Altersvorsorge gefördertes Vermögen. Der Rentenversicherungsträger habe die Klägerin nicht von der Versicherungspflicht befreit. Außerdem sei das Hausgrundstück unangemessen groß. Die Verwertung der Immobilie stelle keine besondere Härte dar. Die dinglich abgesicherten Schulden allein für das Haus beliefen sich zum 30.9.2017 auf 95.010,34 €, so dass eine Schuldentilgung für das Haus selbst noch im Rentenalter notwendig sei. Somit sei nicht ersichtlich, wie das Grundstück der Alterssicherung der Klägerin dienen könne. Auch sei noch ein längerer Leistungsbezug bis zum 1.8.2020 zu erwarten. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin seit mehreren Jahren trotz klageabweisender Urteile keinerlei Verkaufsbemühungen unternommen habe. Ein fiktiver Vermögensverbrauch komme nicht in Betracht.
Hiergegen legte die Klägerin am 28.6.2019 Berufung beim Bay. Landessozialgericht ein. Im Wesentlichen wiederholte sie ihre bisherige Begründung.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 26.7.2019 forderte das Gericht die Klägerin zum Nachweis u.a. der Darlehensverträge, Darlehenszahlungen, Tilgungsleistungen und Zinszahlungen incl. deren Berechnung auf. Die Klägerin verwies auf die Beklagtenakten, ohne auf die einzelnen Fragen näher einzugehen (Schreiben vom 30.9.2019).
Das Gericht ernannte die Architektin S von Amts wegen zur Sachverständigen und beauftragte sie mit der Einholung eines Verkehrswertgutachtens, das nach einer vorherigen Augenscheinseinnahme erstellt werden sollte. Auf die Versuche der Sachverständigen, einen Termin mit der Klägerin auszumachen, reagierte die Klägerin nicht. Daraufhin legte das Gericht von Amts wegen einen Termin für die Augenscheinseinnahme sowie einen Ersatztermin fest und ordnete ein Gutachten nach Aktenlage an, falls die Klägerin der Architektin keinen Zutritt zum Anwesen gewähren sollte. Zugleich wurde die Klägerin darauf hingewiesen, dass Nachteile, die sich aus einer Verkehrswertermittlung auf der Grundlage einer Schätzung nach Aktenlage ergeben, zu Lasten der Klägerin gehen (Beweisanordnung vom 3.6.2020 und Ergänzung vom 25.11.2020, der Klägerin am 12.12.2020 zugestellt, sowie Schreiben der Sachverständigen vom 16.11.2020).
Die Klägerin gewährte der Sachverständigen nachfolgend keinen Zutritt zum Anwesen, so dass diese ein Aktenlagegutachten erstellte und einen Verkehrswert (ohne Rundung) von 378.000 € zum 1.10.2016, 374.000 € zum 1.10.2017, 395.000 € zum 1.10.2018 und 405.000 € zum 1.10.2019 ermittelte. Die Immobilienveräußerung sei innerhalb von sechs Monaten möglich (Verkehrswertgutachten vom 4.5.2021).
Die Klägerin wandte hiergegen eine, dass der Sachwert und Verkehrswert nicht zutreffend ermittelt worden sei. Die Immobilie sei nicht innerhalb von sechs Monaten verwertbar. Umzugskosten seien nicht berücksichtigt. Die Wertsteigerung von 60 vH innerhalb 8 Monaten, die sich aus einem Vergleich der Gutachten ergebe, sei unrealistisch. Die Verwertung sei unwirtschaftlich und bedeute eine unzumutbare Härte.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 29.4.2019 sowie die Bescheide des Beklagten vom 25.1.2017, 4.12.2017 und 2.1.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.3.2017 und 12.3.2018 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, SGB II-Leistungen in gesetzlicher Höhe für die Zeit vom 1.10.2016 bis 30.9.2018 zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Die Klägerin habe stets das Angebot zur Gewährung von Darlehensleistungen gegen eine dingliche Absicherung abgelehnt.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akten des Sozialgerichts und des Beklagten Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin (§§ 143,144, 151 SGG) ist unbegründet.
Streitgegenständlich sind die Ablehnungsbescheide vom 25.1.2017 und 2.1.2018 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 23.3.2017 und 12.3.2018, mit denen SGB II-Leistungen in Form eines Zuschusses wegen fehlender Hilfebedürftigkeit infolge von Vermögen abgelehnt wurden. Der streitige Zeitraum ist auf die Zeit vom 1.10.2016 bis 30.9.2018 durch die nachfolgende Antragstellung für die Zeit ab 1.10.2018 begrenzt (vgl. BSG vom 28.10.2009, B 14 AS 62/08 R, Rn 17), welche Gegenstand des am Sozialgericht anhängigen Verfahrens S 11 AS 534/19 ist.
Das Schreiben vom 4.12.2017 enthält keine Regelung i.S.v. § 31 SGB X, sondern enthält ein Angebot zur darlehensweisen Leistungsgewährung unter bestimmtem Bedingungen und kündigt, sofern die Klägerin dieses Angebot nicht annimmt, eine Ablehnung des Leistungsantrages an. Insofern ist das Schreiben als Information zu werten bzw. als Anhörung zur beabsichtigten Ablehnung des Antrages auf Zuschussleistungen, enthält aber selbst keine Einzelfallregelung. Da es sich um keinen Verwaltungsakt handelt, ist eine hierauf gerichtete Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 und 4 SGG unzulässig, die Berufung mithin unbegründet.
Für die Zeit vom 1.10.2016 bis 30.9.2018 ist die Klägerin aufgrund des nicht geschützten, verwertbaren Immobilienvermögens nicht hilfebedürftig gemäß § 9 SGB II.
Der Vermögensfreibetrag beträgt nach § 12 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und 4 SGB II 10.050 € bzw. ab 17.11.2017 10.200 €.
Das Eigenheim ist nicht geschützt nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II, da es nicht angemessen groß ist. Das Eigenheim hat eine Wohnfläche von mindestens 160 qm. Diese Wohnfläche übersteigt bei weitem die Grenze von 90 qm für einen Zweipersonenhaushalt zuzüglich eines Aufschlags von 10% (vgl. BSG vom 30.8.2017, B 14 AS 30/16 R, Rn 18 und 19). Eine Nichtnutzung von Räumlichkeiten ist bei der Feststellung der Wohnfläche unbeachtlich (BSG vom 12.10.2016, B 4 AS 4/16 R, Rn 32). Auf die Größe des Grundstücks kommt es nicht mehr an.
§ 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II ist nicht erfüllt, da die Klägerin nicht durch die gesetzliche Rentenversicherung von der Versicherungspflicht befreit wurde nach §§ 6, 231, 231a SGB VI. Einen Befreiungsbescheid hat die Klägerin zu keinem Zeitpunkt vorgelegt und ist nicht aktenkundig. Allein der Umstand, dass das Eigenheim der Altersvorsorge dienen soll, reicht anders als im früheren Arbeitslosenhilferecht nicht aus (vgl. BSG vom 18.9.2014, B 14 AS 58/13 R, Rn 32).
§ 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II ist nicht erfüllt. Danach ist Vermögen nicht zu berücksichtigen, soweit seine Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde.
Die Verwertung des Eigenheims ist nicht offensichtlich unwirtschaftlich. Der Senat stützt sich dabei auf das überzeugende und in sich widerspruchsfreie Gutachten der Gerichtssachverständigen S vom 4.4.2021, die ein Architekturbüro im Landkreis unterhält. Sie hat unter umfassender Auswertung der Aktenlage den Verkehrswert zum Stichtag 1.10.2016 378.000 € und zum 1.10.2017 374.000 €, (zu den nichtstreitgegenständlichen Stichtagen 1.10.2018 394.000 € und zum 1.10.2019 405.000 €) zutreffend ermittelt. Konkrete Verwertungshindernisse, die gegen eine Verwertung innerhalb von sechs Monaten sprechen würden, sind nicht ersichtlich. Eine Tendenz zur Wertsteigerung ist festzustellen. Eine absolute Grenze für ein deutliches Missverhältnis zwischen Substanz- und Verkehrswert gibt es nicht. Gewisse Verluste, insbesondere im Hinblick auf veränderte Marktpreise sind hinzunehmen (vgl. BSG vom 18.9.2014, B 14 AS 58/13 R, Rn 27). Der Verkehrswert von 378.000 € weicht von den geschätzten Herstellungskosten von 384.000 € zum 1.10.2016 lediglich um 6.000 € ab. Das sind 1,56 vH. Zum 1.10.2017 weicht der Verkehrswert von 374.000 € vom geschätzten Sachwert von 398.000 € um 24.000 € ab, das sind 6 vH. Eine Abweichung von unter 10 vH sieht der Senat nicht als offensichtlich unwirtschaftlich an, zumal sich tendentiell eine weitere Verkehrswertsteigerung abzeichnet.
Es liegt auch keine unzumutbare Härte vor. Erforderlich für die Annahme einer besonderen Härte sind außergewöhnliche Umstände des Einzelfalls, die dem Betroffenen ein eindeutig größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte (vgl. BSG vom 12.10.2016, B 4 AS 4/16 R, Rn 39; BSG vom 30.8.2017, B 14 AS 30/16 R, Rn 29). Besondere Umstände sind vorliegend nicht ersichtlich. Insbesondere lassen sich entgegen der Auffassung der Klägerin mit der Immobilie keine Lücken in der Erwerbsbiographie schließen bzw. kompensieren. Maßgebend ist, dass die Immobilie bis zum Altersrentenbezug im Jahre 2020 nicht abbezahlt ist. Die dinglich abgesicherten Schulden allein für das Haus beliefen sich zum 30.9.2017 auf 95.010,34 € (Bl 46 Bekl). Mit der Rente von rund 770 € sind die Schulden auch dann nicht in absehbarer Zeit abzutragen.
Die dinglich mit der Grundschuld abgesicherten Verbindlichkeiten der Klägerin gegenüber ihrer Schwester belaufen sich nach den nicht überprüfbaren Angaben der Klägerin auf 193.339,37 € zum 1.1.2017, auf 205.034,04 € zum 30.9.2017 und auf 245.113,11 € zum 30.9.2018. Anders als die Klägerin meint, sind Darlehenszahlungen der Schwester nur punktuell aktenkundig und nicht ansatzweise in der von ihr behaupteten Höhe in den Akten festzustellen. Auch vereinzelte Barzahlungen sind nicht belegt. Die Klägerin hat auf die gerichtliche Aufforderung, die Darlehenszahlungen im Detail nachzuweisen, nicht reagiert und sich mit einem pauschalen Verweis auf die Beklagtenakten begnügt. Die Zinsberechnung erscheint somit überwiegend als fiktiv hochgerechnet. Ungeachtet dessen verbleibt nach Abzug der von der Klägerin behaupteten Verbindlichkeiten mindestens noch ein Vermögenswert von 128.886,89 €. Auch unter Berücksichtigung von weiteren Verwertungskosten entsprechend der gutachterlichen Einschätzung von rund 15.000 € übersteigt das Vermögen bei weitem den Vermögensfreibetrag von max. 10.200 €.
Konkrete Verwertungshindernisse sind nicht festzustellen. Der Senat stützt sich hierbei auf das Gutachten der Gerichtssachverständigen. Das konkrete Objekt kann entsprechend der Beurteilung der Gutachterin innerhalb von sechs Monaten verwertet werden.
Soweit die Klägerin pauschal Gegenteiliges behauptet, ist dies nicht nachvollziehbar. Die Klägerin hat bislang keinerlei tatsächliche Verwertungsbemühungen unternommen.
Soweit die Klägerin behauptet, eine Wertsteigerung von 60 % gegenüber dem früheren Gutachten zum Stichtag 1.2.2016 sei nicht eingetreten, übersieht diese, dass die Verkehrswertermittlung der Sachverständigen in diesem Verfahren allein auf einer Schätzung beruht und damit die Bewertungsgrundlagen wesentlich von denen des Gutachtens aus dem Jahr 2016 abweichen mit der Folge, dass die erzielten Ergebnisse von vornherein nicht miteinander verglichen werden können. Unabhängig davon verfügt die Klägerin auch unter Zugrundelegung der Verkehrswertermittlung des früheren Gutachters S1 um verwertbares Vermögen, das den Vermögensfreibetrag bei weitem übersteigt (vgl. L 7 AS 144/17). Eine Tendenz der Wertsteigerung ist offensichtlich.
Soweit die Klägerin schließlich einwendet, die Wertermittlung sei im Ergebnis falsch, wendet sie sich gegen die vorgenommene Schätzung nach Aktenlage. Die Klägerin hat selbst durch die Verhinderung einer Augenscheinseinnahme eine Bewertung insbesondere der Baumängel und etwaiger ungünstiger Faktoren der Umgebung auf der Grundlage der tatsächlichen Gegebenheiten unmöglich gemacht. Die Nichterweislichkeit eines niedrigeren Verkehrswerts und damit der Hilfebedürftigkeit geht nach den Grundsätzen der obj. Beweislast zu Lasten der Klägerin, die aus einem behaupteten Vermögen unterhalb des Vermögensfreibetrages zu ihren Gunsten einen Anspruch auf Zuschussleistungen nach dem SGB II ableitet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision i.S.v. § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.