I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.786,89 € nebst Zinsen in Höhe von vier Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 7. Juli 2021 zu zahlen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 3.786,89 € festgesetzt.
T a t b e s t a n d :
Die Klägerin begehrt von der Beklagten weitere Kosten einer stationären Behandlung in Höhe von 3.786,89 €.
Die Klägerin betreibt ein zugelassenes Krankenhaus, in dem vom 07.10.2019 bis zum 09.10.2019 und vom 15.11.2019 bis zum 17.11.2019 der bei der Beklagten Versicherte Herr D. stationär behandelt wurde. Ausweislich des Entlassbriefs zum ersten stationären Aufenthalt vom 09.10.2019 wurde der Versicherte notfallmäßig stationär aufgenommen bei akuter Harnverhaltung und Makrohämaturie bei u.a. Zustand nach TUR-P ca. 2009, durchgeführt wurden eine Zystoskopie, Tamponadeentfernung, TUR-Koagulation, Spül-K-Einlage und Spül-K-Entfernung. Der Versicherte wurde in die ambulante urologische Anbindung zur Durchführung von Verlaufskontrollen entlassen. Der Entlassbrief enthält bereits die Empfehlung für eine Re-TUR-Prostata in ca. 4 bis 6 Wochen zur Entfernung festgestellter Regeneratknoten, hierfür könne ein Termin im Krankenhaus der Klägerin vereinbart werden. Mit Rechnung vom 24.10.2019 brachte die Klägerin den ersten stationären Aufenthalt des Versicherten vom 07.10.2019 bis 09.10.2019 bei der Beklagten zur Abrechnung unter Zugrundelegung der DRG M02B (= Transurethrale Prostataresektion oder bestimmte andere Operationen an der Prostata ohne äußerst schwere CC) mit einem Gesamtbetrag nach Abzug der Selbstbeteiligung in Höhe von 3.756,89 €.
Am 15.11.2019 erfolgte erneute stationäre Aufnahme des Versicherten zur geplanten TUR-Prostata. Den zweiten stationären Aufenthalt des Versicherten vom 15.11.2019 bis 17.11.2019 rechnete die Klägerin mit Rechnung vom 02.12.2019 unter Zugrundelegung ebenfalls der DRG M02B mit einem Gesamtbetrag nach Abzug der Selbstbeteiligung in Höhe von 3.756,89 € ab.
Die Beklagte glich die beiden Rechnungen zunächst vollständig aus, beauftragte jedoch den Medizinischen Dienst (MD) mit der Rechnungsprüfung bei Fragestellung zunächst nach der Notwendigkeit der vollstationären Krankenhausbehandlung sowie mit der weiteren Frage: "Handelt es sich bei den beiden Aufenthalten (7.10.-9.10.19 + 15.11.-17.11.19) um einen zusammenhängenden Behandlungsfall? Lag bei der Entlassung am 7.6.19 eine Indikation zur Fortführung des Behandlungsfalles vor? Hat der Patient, mit Zustimmung des behandelnden Krankenhausarztes, die Krankenhausbehandlung zeitlich befristet unterbrochen, obwohl die stationäre Behandlung noch nicht gänzlich abgeschlossen war?" Der MD bejahte zunächst die medizinische Notwendigkeit der vollstationären Krankenhausbehandlung für die gesamte Behandlungszeit und führte zur weiteren Frage der Beklagten aus, aus medizinischer Sicht handele es sich bei den beiden Behandlungsabschnitten um einen einheitlichen durchgehenden Behandlungsfall, die im Krankenhaus notwendige medizinische Behandlung sei noch nicht im erforderlichen Umfang durchgeführt und abgeschlossen gewesen, dies entspreche einer Beurlaubung im Sinne des § 1 Abs. 7 der Fallpauschalenvereinbarung (FPV). Hierauf führte die Beklagte am 06.07.2021 eine Verrechnung mit weiteren unstreitigen Vergütungsansprüchen der Klägerin aus anderweitigen aktuellen Behandlungsfällen in Höhe von 3.786,89 € durch.
Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 29.09.2021 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben, mit der sie die Zahlung des aufgerechneten Betrags geltend macht. Die Klägerin führt aus, die getrennte Abrechnung der beiden stationären Aufenthalte des Versicherten sei korrekt erfolgt. Eine Beurlaubung des Versicherten habe zu keinem Zeitpunkt stattgefunden, auch eine "fiktiv-wirtschaftliche Beurlaubung" im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei ausgeschlossen, soweit nunmehr in § 8 Abs. 5 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) geregelt sei, dass in anderen als den vertraglich oder gesetzlich bestimmten Fällen eine Fallzusammenführung insbesondere aus Gründen des Wirtschaftlichkeitsgebots nicht zulässig sei. Unabhängig davon würden auch die Voraussetzungen für die Anwendung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur "fiktiv-wirtschaftlichen Beurlaubung" hier nicht vorliegen, soweit in den der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zugrunde liegenden Behandlungsfällen die Behandlung jeweils nur für wenige Tage unterbrochen worden sei, hier jedoch zwischen den beiden Behandlungen des Versicherten ein Zeitraum von mehr als einem Monat gelegen habe.
Die Klägerin beantragt gemäß Schriftsatz vom 29.09.2021,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.786,89 € nebst Zinsen in Höhe von vier Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07.07.2021 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt gemäß Schriftsatz vom 19.10.2021,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat eingewandt, § 8 Abs. 5 Satz 3 KHEntgG sei hier nicht einschlägig. "Fallzusammenführung" bedeute, dass zwei oder mehr Krankenhausaufenthalte auf Abrechnungsebene als ein Fall zu bewerten seien und daher das Krankenhaus eine Zusammenfassung der Falldaten zu einem Fall mit entsprechender Neueinstufung in die Fallpauschale vorzunehmen habe gemäß § 8 Abs. 5 Satz 1 KHEntgG. Entsprechend seien hier die zwei aufeinanderfolgenden Krankenhausaufenthalte lediglich abrechnungstechnisch als einziger Fall abzurechnen. § 1 Abs. 7 Satz 4 FPV stelle klar, dass bei der Prüfung der Verweildauer dieses einen zusammengefassten Falls die Tage der Beurlaubung nicht zur Verweildauer hinzugerechnet werden dürften, es handle sich jedoch weiterhin um zwei zusammengefasste Aufenthalte. § 1 Abs. 7 Satz 5 FPV 2019 stelle insoweit einen eigenen Tatbestand der Fallzusammenführung dar, der nicht von § 8 Abs. 5 Satz 3 KHEntgG erfasst werde und auf einer vertraglichen Grundlage beruhe. Voraussetzung für die Beurlaubung seien nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 28.03.2017, Aktenzeichen B 1 KR 29/16) die Einwilligung der Ärzte des Krankenhauses in die Unterbrechung, die geplante Wiederaufnahme innerhalb eines überschaubaren Zeitraums und das Vorliegen einer noch nicht abgeschlossenen Krankenhausbehandlung. Bei Vorliegen der Voraussetzungen müsse das Krankenhaus den kostengünstigeren Weg wählen, nämlich die Behandlung innerhalb eines einzigen Behandlungszeitraums, gegebenenfalls mit einer zwischenzeitlichen Beurlaubung. Das Wirtschaftlichkeitsgebot im Rahmen der Fallzusammenführung wegen Beurlaubung finde auch weiterhin Anwendung, es sei in den §§ 2 Abs. 1, 12 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) ausdrücklich gesetzlich geregelt und könne durch § 8 Abs. 5 Satz 3 KHEntgG nicht ausgeschlossen werden. Die Beurlaubung des Patienten im vorliegenden Fall sei wirtschaftlicher als die Vergütung zweier getrennter stationärer Aufenthalte.
Für die Klägerin ist hierzu mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 08.11.2021 noch vorgetragen worden, dass es nach Ansicht der Klägerin für die vom Bundessozialgericht entwickelte Rechtsfigur der Fallzusammenführung auf der Grundlage des wirtschaftlichen Alternativverhaltens an einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage fehle, unter Verweis auf hierzu ergangene erstinstanzliche Urteile. Gerade deshalb sei die Neuregelung in § 8 Abs. 5 Satz 3 KHEntgG erfolgt, wonach in anderen als den vertraglich oder gesetzlich bestimmten Fällen eine Fallzusammenführung aus Gründen des Wirtschaftlichkeitsgebots nicht zulässig sei. Hierzu werde in der Gesetzesbegründung gerade ausgeführt, dass durch die Ergänzung von § 8 Abs. 5 KHEntgG klargestellt werde, dass eine erweiternde Auslegung der Fallzusammenführungsvorschriften in der Fallpauschalenvereinbarung rechtlich unzulässig sei. Dies habe bereits der Dritte Senat am Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 28.11.2013 (Aktenzeichen B 3 KR 33/12 R) dargestellt. Außerdem hätten im vorliegenden Behandlungsfall die Voraussetzungen einer Beurlaubung nicht vorgelegen, da diese nur dann erfolgen könne, wenn stationäre Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit bestehe und der Versicherte zur Erledigung von dringenden, unaufschiebbaren persönlichen und privaten Angelegenheiten kurzzeitig entlassen werde. Die Klägerin beruft sich insoweit auf die Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts - BayLSG (Urteil vom 29.01.2019, Aktenzeichen L 5 KR 631/17). Dies sei hier nicht der Fall gewesen, der Versicherte sei nicht wegen dringender unaufschiebbarer privater oder persönlicher Angelegenheiten entlassen worden, sondern weil seine Behandlung abgeschlossen gewesen sei.
Wegen des weiteren Sachverhalts und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Patientenakte Bezug genommen.
Die Beteiligten haben jeweils mit Schriftsatz vom 17.11.2021 und vom 25.11.2021 einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt haben, § 128 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die zulässige Klage ist begründet, die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung des geltend gemachten Betrags.
Streitgegenständlich ist vorliegend der im Aufrechnungsweg geltend gemachte Erstattungsanspruch der Beklagten gegen eine nach Art und Höhe unstreitige Rechnung der Klägerin für einen weiteren Behandlungsfall. Entscheidend ist daher, ob die Beklagte berechtigt ist, gegen die spätere Forderung der Klägerin mit dem behaupteten Rückzahlungsanspruch aus dem Behandlungsfall des Versicherten D. aufzurechnen, weil die Klägerin im Hinblick auf die ursprünglichen Forderungen keinen Vergütungsanspruch gehabt habe.
Der im vorliegenden Fall entstandene und nicht im Streit stehende Vergütungsanspruch der Klägerin ist nicht durch Aufrechnung erloschen. Die Aufrechnung ist zwar grundsätzlich zulässig, sie richtet sich im Verhältnis zwischen Krankenhaus und Krankenkasse gemäß § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V nach den Vorschriften der §§ 387 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Danach setzt eine Aufrechnung die Gegenseitigkeit und Gleichartigkeit der Forderungen, die Erfüllbarkeit der Hauptforderung, die Fälligkeit der Gegenforderung und das Nichtbestehen eines Aufrechnungsverbotes voraus. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die rechtswirksame Aufrechnung scheidet bereits insoweit aus, als der Beklagten ein Rückzahlungsanspruch wegen der zunächst bezahlten Rechnungen für den Behandlungsfall D. nicht zustand. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Vergütung dieser Krankenhausbehandlungen in der jeweils geltend gemachten Höhe.
Rechtsgrundlage für den Vergütungsanspruch ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V in Verbindung mit der Pflegesatzvereinbarung. Danach hat die Klägerin Anspruch auf die Vergütung der abgerechneten stationären Krankenhausbehandlungen.
Von der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Rechnungen der Klägerin vom 24.10.2019 und vom 02.12.2019 ist auszugehen. Eine Fallzusammenführung kommt zur Überzeugung des Gerichts nicht in Betracht. Hierzu finden sich in § 2 FPV in der maßgeblichen Fassung abschließende Regelungen: Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 FPV hat das Krankenhaus eine Zusammenfassung der Falldaten zu einem Fall und eine Neueinstufung in eine Fallpauschale vorzunehmen, wenn ein Patient innerhalb der oberen Grenzverweildauer wieder aufgenommen und für die Wiederaufnahme eine Einstufung in dieselbe Basis-DRG vorgenommen wird. Die Wiederaufnahme des Versicherten ist nicht innerhalb der oberen Grenzverweildauer bei DRG M02B (11 Tage) erfolgt. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 FPV ist eine Fallzusammenführung weiter vorzunehmen, wenn ein Patient innerhalb von 30 Kalendertagen ab der ersten Aufnahme wieder aufgenommen wird und innerhalb der gleichen Hauptdiagnosegruppe die abrechenbaren Fallpauschalen in unterschiedlichen Partitionen entsprechend der weiteren Regelung einzugruppieren sind. Die Wiederaufnahme des Versicherten ist auch nicht innerhalb von 30 Kalendertagen erfolgt. Gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 FPV ist eine Fallzusammenführung außerdem vorzunehmen, wenn die Wiederaufnahme wegen einer in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses fallenden Komplikation im Zusammenhang mit der ersten durchgeführten Leistung erfolgt. Auch hierfür ist im vorliegenden Fall nichts vorgetragen oder ersichtlich. Die Regelungen in der FPV zur Fallzusammenführung sind damit nicht einschlägig, eine erweiternde Auslegung kommt grundsätzlich nicht in Betracht, da die Abrechnungsvorschriften nach ständiger Rechtsprechung des BSG eng am Wortlaut auszulegen sind.
Tatsächlich ist im vorliegenden Fall auch keine Beurlaubung der Versicherten erfolgt. Für die sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnung ist aber nur entscheidend, ob eine Beurlaubung umgesetzt wurde, nicht, ob das Krankenhaus den Patienten beurlauben hätte müssen (so auch BSG, Urteil vom 28.03.2017, Aktenzeichen B 1 KR 23/16 R).
Zur Überzeugung des Gerichts ergibt sich auch nichts Anderes unter Beachtung der Rechtsprechung des BSG zum fiktiven wirtschaftlichen Alternativverhalten, wonach eine Rechnungskürzung dann in Betracht kommt, wenn das Krankenhaus bei wirtschaftlichem Alternativverhalten nur einen entsprechend niedrigeren Kostenanspruch gehabt hätte. Danach hat ein Krankenhaus auch bei der Vergütung der Krankenhausbehandlung durch Fallpauschalen einen Vergütungsanspruch gegen einen Träger der gesetzlichen Krankenversicherung nur für eine erforderliche, wirtschaftliche Krankenhausbehandlung. Das Wirtschaftlichkeitsgebot zwingt das Krankenhaus, bei der Behandlungsplanung die Möglichkeit wirtschaftlichen Alternativverhaltens zu prüfen und gegebenenfalls zu nutzen. Wählt das Krankenhaus einen unwirtschaftlichen Behandlungsweg, kann es allenfalls die Vergütung beanspruchen, die bei fiktivem wirtschaftlichen Alternativverhalten angefallen wäre (vgl. BSG, Urteil vom 19.11.2019, Aktenzeichen B 1 KR 6/19 R mit weiteren Nachweisen).
Zur Überzeugung des Gerichts spricht jedoch viel dafür, dass mit Einführung der Regelung § 8 Abs. 5 Satz 3 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) die abrechnungsmäßige Zusammenfassung getrennter stationärer Aufenthalte zu einem abrechenbaren Behandlungsfall in anderen als den in der Fallpauschalenvereinbarung genannten Fällen unter Verweis auf wirtschaftliches Alternativverhalten, insbesondere auch unter Verweis auf eine mögliche Beurlaubung als wirtschaftliches Alternativverhalten ausgeschlossen ist. § 8 Abs. 5 KHEntgG in der hier maßgeblichen Fassung vom 11.12.2018 bestimmt:
Werden Patientinnen oder Patienten, für die eine Fallpauschale abrechenbar ist, wegen einer Komplikation im Zusammenhang mit der durchgeführten Leistung innerhalb der oberen Grenzverweildauer wieder aufgenommen, hat das Krankenhaus eine Zusammenfassung der Falldaten zu einem Fall und eine Neueinstufung in eine Fallpauschale vorzunehmen. Näheres oder Abweichendes regeln die Vertragsparteien nach § 17b Abs. 2 Satz 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes oder eine Rechtsverordnung nach § 17b Abs. 7 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes. In anderen als den vertraglich oder gesetzlich bestimmten Fällen ist eine Fallzusammenführung insbesondere aus Gründen des Wirtschaftlichkeitsgebots nicht zulässig.
In der Gesetzesbegründung (BT-Drs 19/5593, S. 125) wird hierzu ausgeführt: Die Ergänzung von § 8 Absatz 5 stellt klar, dass die von den Vertragsparteien auf Bundesebene in der Fallpauschalenvereinbarung (FPV) getroffenen Abrechnungsbestimmungen zur Fallzusammenführung als abschließende Konkretisierung der Zulässigkeit einer Fallzusammenführung aus Gründen des Wirtschaftlichkeitsgebots zu verstehen sind. Eine von den Regelungen der FPV abweichende oder darüber hinausgehende Argumentation zur Notwendigkeit einer Fallzusammenführung, die sich auf das Wirtschaftlichkeitsgebot stützt, ist damit nicht zulässig.
Insoweit überzeugt die Argumentation der Beklagten, wonach der Verweis auf die Beurlaubung - neben den in § 2 FPV geregelten Tatbeständen - einen eigenen Tatbestand der Möglichkeit der Fallzusammenführung darstelle, der vom Ausschluss nach § 8 Abs. 5 Satz 3 KHEntgG nicht erfasst werde, nicht. Denn tatsächlich ist im vorliegenden Fall keine Beurlaubung des Versicherten erfolgt, dieser wurde vielmehr am 09.10.2019 zunächst endgültig aus der stationären Behandlung entlassen. Für die sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnung ist aber nur entscheidend, ob eine Beurlaubung umgesetzt wurde, nicht, ob das Krankenhaus den Patienten beurlauben hätte müssen (so auch BSG, Urteil vom 28.03.2017, Aktenzeichen B 1 KR 23/16 R). Das BSG führt in den seitens der Beklagten zitierten Entscheidungen lediglich den Verweis auf eine mögliche Beurlaubung als fiktives rechtmäßiges Alternativverhalten an, das den Vergütungsanspruch unter Vorhalt des Wirtschaftlichkeitsgebots entsprechend begrenzen soll. Der Verweis auf ein fiktives wirtschaftliches Alternativverhalten soll nach der Gesetzesbegründung zu § 8 Abs. 5 KHEntgG durch die Neuregelung in Satz 3 der Vorschrift aber gerade ausgeschlossen sein.
Jedenfalls liegen aber auch die Voraussetzungen zur Verweisung der Klägerin auf die Beurlaubung des Versicherten als fiktives wirtschaftliches Alternativverhalten auch bei weiterer Anwendung der hierzu entwickelten Rechtsprechung des BSG nicht vor. Zur Beurlaubung bestimmt § 1 Abs. 7 Satz 4 FPV in der maßgeblichen Fassung, dass vollständige Tage der Beurlaubung nicht zur Verweildauer zählen, gemäß Satz 6 der Regelung liegt bei Fortsetzung der Krankenhausbehandlung nach einer Beurlaubung keine Wiederaufnahme im Sinne von § 2 FPV vor, so dass im Falle der Beurlaubung nur ein stationärer Aufenthalt abzurechnen wäre. Gemäß § 1 Abs. 7 Satz 5 FPV liegt eine Beurlaubung vor, wenn ein Patient mit Zustimmung des behandelnden Krankenhausarztes die Krankenhausbehandlung zeitlich befristet unterbricht, die stationäre Behandlung jedoch noch nicht abgeschlossen ist. Eine Beurlaubung setzt auch nach der Rechtsprechung des BSG nach Wortlaut und Regelungssystem zu § 1 Abs. 7 FPV eine bereits zum Zeitpunkt der Unterbrechung der Krankenhausbehandlung beabsichtigte Wiederaufnahme in das Krankenhaus voraus (vgl. BSG, Urteil vom 10.03.2015, Aktenzeichen B 1 KR 3/15 R). Hierfür ist zwar nicht erforderlich, dass zum Zeitpunkt der Unterbrechung der Krankenhausbehandlung bereits feststeht, dass der Patient nach der Unterbrechung wieder aufgenommen wird, ausreichend aber auch erforderlich ist vielmehr, dass das Krankenhaus bei Behandlungsunterbrechung die Indikation für die Wiederaufnahme stellt, um die Behandlung zeitnah fortzusetzen, und der Therapieplan insoweit eine Wiederaufnahme in überschaubarer Zeit vorsieht (vgl. BSG, Urteil vom 28.03.2017, Aktenzeichen B 1 KR 29/16 R). Den vom BSG hierzu entschiedenen Fällen lag jeweils eine Wiederaufnahme innerhalb weniger Tage zu Grunde.
Im hier vorliegenden Fall erfolgte die erste stationäre Aufnahme des Versicherten am 07.10.2019 notfallmäßig bei Harnverhalt. Die Behandlung des akuten Harnverhalts erfolgte mit Zystoskopie, Tamponadenentfernung, TUR-Koagulation, Spül-K-Einlage und -Entfernung und war bei Entlassung des Versicherten am 09.10.2019 abgeschlossen. Zwar wurde im Entlassbrief bereits die Wiedervorstellung zur Re-TUR-Prostata im Verlauf empfohlen, ein Therapieplan, der die Wiederaufnahme zur zeitnahen Fortsetzung der Behandlung vorsah, kann hier jedoch nicht erkannt werden. Die stationäre Aufnahme zur operativen Sanierung erfolgte am 15.11.2019, mithin mehr als 5 Wochen später und nicht zeitnah im Sinne der Rechtsprechung des BSG im Rahmen eines einheitlichen Therapieplans zur Fortsetzung der Behandlung des Versicherten nach notfallmäßiger Aufnahme vom 07.10.2019.
Die Rechnungskürzung unter Verweis auf eine mögliche Behandlung des Versicherten innerhalb eines Aufenthalts mit zwischenzeitlicher Beurlaubung als rechtmäßiges wirtschaftliches Alternativverhalten kommt daher zur Überzeugung des Gerichts nicht in Betracht.
Weitere Einwände gegen die Rechnungstellung der Klägerin für den Behandlungsfall D. hat die Beklagte nicht erhoben und sind auch nicht ersichtlich. Ausgehend von der zutreffenden Rechnungstellung bestand daher ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch der Beklagten nicht, die Aufrechnung ist zu Unrecht erfolgt, die Klägerin hat ab dem 07.07.2021 einen weiteren Vergütungsanspruch in der geltend gemachten Höhe. Der Zinsanspruch ergibt sich aus der für die Beteiligten geltenden Pflegesatzvereinbarung.
Der Klage war daher vollumfänglich stattzugeben.
Die Kostentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1, 155 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit dem Gerichtskostengesetz (GKG). Da der Klageantrag auf eine bezifferte Geldleistung gerichtet war, ist deren Höhe maßgeblich, § 52 Abs. 3 GKG.