Diese Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 05.12.2019 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Deckelung der Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung für den Zeitraum November 2018 bis Februar 2019 gemäß § 22 Abs. 1 S. 2 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) in der ab dem 01.08.2016 gültigen Fassung.
Die 1958 geborene Klägerin bewohnte vor dem streitigen Zeitraum eine Mietwohnung in der A-Straße 1 in U. Die Kosten der Unterkunft betrugen zuletzt monatlich 328,26 € (Nettomiete 220,68 €, Betriebskostenabschläge 107,58 €) zuzüglich Heizkostenabschlägen i.H.v. 65 € (insgesamt 393,26 €). Zum November 2018 zog die Klägerin in eine andere Mietwohnung desselben Stadtteils in der R-Straße 2, ebenfalls in U. Hierfür fielen Kosten in Höhe von monatlich 384,71 € (Grundmiete 269,71 €, Betriebskosten 115 €) und Heizkostenabschläge, erstmals zu zahlen im Dezember 2018, in Höhe von 60 € an (insgesamt 444,71 €).
Der Beklagte bewilligte der ab März 2017 (wieder) im SGB II-Leistungsbezug stehenden Klägerin für den Zeitraum von März 2018 bis Februar 2019 Arbeitslosengeld II unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten der Wohnung in der A-Straße (Bescheid vom 13.02.2018 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 17.04.2018 und 23.05.2018).
Einen Antrag der Klägerin aus dem Juli 2018 auf Erteilung einer Zusicherung zur Übernahme der Kosten der neuen Unterkunft in der R-Straße lehnte der Beklagte ab (Bescheid vom 23.07.2018; Widerspruchsbescheid vom 06.08.2018).
Nachdem die Klägerin im September 2018 den Mietvertrag für die neue Unterkunft übersandte, erließ der Beklagte unter dem 08.10.2018 (in der Fassung des Änderungsbescheides vom 24.11.2018) für den streitgegenständlichen Zeitraum, für den der Beklagte über kein „schlüssigen Konzept“ zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenzen für Kosten der Unterkunft und Heizung verfügt, einen Änderungsbescheid; die Höhe der bewilligten Leistungen, einschließlich der Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung, verblieb gleich.
Der hiergegen eingelegte Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 13.11.2018). Der Beklagte vertrat die Auffassung, nach § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II seien Kosten der Unterkunft und Heizung nur in bisheriger Höhe zu berücksichtigen.
Am 20.11.2018 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Gelsenkirchen (SG) erhoben. Der Umzug sei zur besseren Erreichbarkeit von Ärzten und Geschäften des täglichen Lebens erforderlich gewesen. Eine Deckelung auf die bisherigen Kosten sei nach der Rechtsprechung des BSG vom 29.04.2015 (B 14 AS 6/14 R) in Ermangelung eines schlüssigen Konzeptes ohnehin nicht zulässig. Die Kosten der neuen Unterkunft seien unter Zugrundelegung der Wohngeldtabelle bei einer Mietobergrenze von 386,10 € angemessen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, ihr in Abänderung des Bescheides vom 13.02.2018 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 08.10.2018, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.11.2018, einen Bedarf für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Kosten für den Zeitraum vom 01.11.2018 bis 28.02.2019 zu bewilligen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Bereits die vormals bewohnte Wohnung sei zentral gelegen und gut angebunden gewesen. Durch die Streichung des Wortes „angemessen“ in § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II komme es für dessen Anwendbarkeit nicht mehr darauf an, ob eine abstrakte Angemessenheitsgrenze ermittelt worden sei. Die Argumentation des BSG in der klägerseitig angeführten Entscheidung habe keine Grundlage mehr.
Mit Urteil vom 05.12.2019 hat das SG die Klage unter Zulassung der Berufung abgewiesen. Die Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung seien nach § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II zu deckeln. Der Umzug sei nicht erforderlich. Der Weg der Klägerin zu Geschäften mit Bedarfen des täglichen Lebens habe sich lediglich um wenige 100 m verringert. Bei, nach Angaben der Klägerin, jährlich ca. zehn Arztterminen, sei eine relativ bessere Erreichbarkeit nicht ausreichend.
Die fehlende Ermittlung von Angemessenheitsgrenzen durch den Beklagten führe zu keinem anderen Ergebnis. Die Entscheidung des BSG vom 29.04.2015 (B 14 AS 6/14 R) sei nach Entfallen des Begriffes der Angemessenheit aus § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II zum 01.08.2016 überholt.
Gegen das ihr am 13.01.2020 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 03.02.2020 Berufung eingelegt.
Sie ist der Ansicht, auch nach Änderung des Wortlautes des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II sei die Begrenzung der zu berücksichtigenden Kosten der Unterkunft auf die bisherigen ohne Vorliegen eines schlüssigen Konzeptes nicht rechtmäßig. Darüber hinaus deckele der Beklagte nicht nur die zu berücksichtigenden Kosten, sondern setze die Leistungen für die Grundmiete herab.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
den Beklagten zu verurteilen, ihr in Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 05.12.2019 und des Bescheides vom 13.02.2018 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 08.10.2018 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.11.2018 für den Zeitraum 01.11.2018 bis 28.02.2019 einen Bedarf für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Kosten zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Die Ausführungen des angefochtenen Urteils seien überzeugend und entsprächen der wohl herrschenden Literaturmeinung.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erteilt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitverhältnisses wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden, § 124 Abs. 2 SGG.
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
A.
Die Beteiligten streiten allein um die Anerkennung höherer Bedarfe für Unterkunft und Heizung. Die Klägerin hat den Streitgegenstand insoweit bereits im Klageverfahren zulässigerweise beschränkt (dazu BSG Urteile vom 04.06.2014, B 14 AS 42/13 R, Rn. 12 ff., juris; und vom 06.08.2014, B 4 AS 55/13 R, Rn. 12, juris; Piepenstock in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Auflage 2020, § 22 Rn. 26).
Gegenstand des Berufungs- wie auch des vorangegangenen Klageverfahrens ist der Änderungsbescheid vom 08.10.2018 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 24.11.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.11.2018 (§ 95 SGG). Der streitige Zeitraum erstreckt sich damit auf die Zeit vom 01.11.2018 bis zum 28.02.2019.
B.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist kraft Zulassung durch das SG statthaft (§ 144 Abs. 3 SGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 Abs. 1 SGG).
C.
Die Berufung ist aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
I. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage statthaft (§§ 54 Abs. 1, 4, 56 SGG). Insbesondere enthält der angefochtene Änderungsbescheid vom 08.10.2018 (in der Fassung des Änderungsbescheides vom 24.11.2018) eine Regelung und damit den für die Statthaftigkeit des Anfechtungsteiles erforderlichen Verwaltungsakt (§ 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz <SGB X>). Gleichwohl die Höhe der vorangegangenen Leistungsbewilligung vom 13.02.2018 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 17.04.2018 und 23.05.2018 mit dem widersprochenen Änderungsbescheid vom 08.10.2018, einschließlich der Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung, nicht verändert worden ist und es insofern keines Änderungsbescheides bedurft hätte, liegt hierin nach dem insoweit maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont (entsprechend §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch <BGB>) nicht lediglich eine wiederholende Verfügung (vgl. hierzu BSG Urteil vom 19.10.2016, B 14 AS 53/15 R, Rn. 12, juris; Engelmann in Schütze, SGB X 9. Auflage 2020, § 31 Rn. 57 m.w.N.; Mutschler in KassKomm, SGB X, 09/2021, § 31 Rn. 16). Der Beklagte hat mit dem Änderungsbescheid vom 08.10.2021 nicht lediglich zum Ausdruck gebracht, an seiner Entscheidung festzuhalten, sondern zu erkennen gegeben, dass er den Umzug der Klägerin zum Anlass nimmt, seine Leistungsbewilligung i.S.e. Zweitbescheides zu ersetzen (vgl. Engelmann a.a.O. Rn. 56). Der Bescheid verfügt ausdrücklich eine Aufhebung des Ausgangsbescheides vom 13.02.2018 und bringt in seiner Begründung zum Ausdruck, dass der Umzug der Klägerin zum November 2018 aus Sicht des Beklagten einen Anlass zur Anwendung des § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB X darstellt. Ohne die damit angesprochene Neuregelung hätte es auch der folgenden Rechtsbehelfsbelehrung über einen Widerspruch nicht bedurft.
II. Die Klage ist auch im Übrigen zulässig, mit Ausnahme des Leistungsbegehrens für den Monat November 2018. Für letzteren fehlt es der Klägerin an der erforderlichen Klagebefugnis. Die Leistungsklage setzt analog § 54 Abs. 1 S. 2 SGG voraus, dass die Klägerin geltend machen kann, durch die Ablehnung der beanspruchten Leistung beschwert zu sein (vgl. BSG Urteil vom 16.08.2017, B 12 KR 19/16 R, Rn. 17, juris; BSG Urteil vom 11.05.1999, B 11 AL 45/98 R, Rn. 25, juris). Ein höherer Anspruch auf Leistungen der Kosten der Unterkunft und Heizung kommt im Monat November 2018 aber unter keinem Gesichtspunkt in Betracht. Da die Verpflichtung zur Entrichtung von Heizkostenabschlägen für die neue Unterkunft (die entgegen der Annahme der Klägerin nicht wie vormals 65 €, sondern 60 € betrugen; vgl. auch den Änderungsbescheid vom 24.11.2018 nach Vorlage der Vertragsbestätigung der Stadtwerke U vom 12.11.2018) erst im Dezember 2018 einsetzte, verblieb es im Vormonat bei Unterkunftskosten in Höhe von 384,71 €, während der Beklagte Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 393,26 € berücksichtigt hat. Anders als offenbar die Klägerseite annimmt, kommt es auf die Höhe der berücksichtigten Einzelparameter der Kosten der Unterkunft und Heizung nicht an, weil eine Aufspaltung innerhalb des Streitgegenstandes nicht möglich ist (BSG Urteil vom 16.05.2012, B 4 AS 109/11 R, Rn. 12, juris; BSG Urteil vom 23.08.2011, B 14 AS 165/10 R, Rn. 16, juris).
III. Soweit die Klage zulässig ist, ist sie aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG). Zutreffend hat der Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid weiterhin Kosten der Unterkunft und Heizung in der Gesamthöhe von 393,26 € berücksichtigt, wie sie für die bis einschließlich Oktober 2018 bewohnte Unterkunft der Klägerin entstanden sind. Einen Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung hat die Klägerin im streitigen Zeitraum nicht.
1. Die Klägerin erfüllt grundsätzlich die Voraussetzungen eines Leistungsanspruches. Als erwerbsfähige Leistungsberechtigte i.S.d. § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II hatte sie im streitigen Zeitraum das 15. Lebensjahr vollendet, nicht aber die Altersgrenze nach § 7a SGB II erreicht (§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB II), war erwerbsfähig (§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II), hilfebedürftig (§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB II) und hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB II). Insofern hat die Klägerin einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II (§ 19 Abs. 1 S. 1 SGB II). Die Leistungen umfassen, in Ermangelung im streitigen Zeitraum anzurechnenden Einkommens oder Vermögens (§§ 9 Abs. 1, 11, 12 Abs. 1 SGB II), den nach § 22 SGB II anzuerkennenden Bedarf für Unterkunft und Heizung vollständig (§ 19 Abs. 1 S. 3 SGB II).
2. Gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Während der Beklagte auf Grundlage dessen die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung für die von der Klägerin bis einschließlich Oktober 2018 bewohnte Unterkunft berücksichtigt hat, hat er die Übernahme der Kosten der Unterkunft und Heizung für die von der Klägerin zum streitigen Zeitraum bezogenen Wohnung zu Recht auf die Kosten der zuvor bewohnten beschränkt. Nach § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II in der ab 01.08.2016 gültigen Fassung des Neunten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch – Rechtsvereinfachung – vom 26.07.2016 (BGBl I 1824) wird nur der bisherige Bedarf anerkannt, wenn sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung erhöhen.
a) Für die neue Unterkunft fielen ab Dezember 2018 insgesamt um 51,45 € höhere Kosten der Unterkunft und Heizung an, ohne dass der Umzug erforderlich gewesen wäre.
aa) Die Prüfung der Erforderlichkeit eines Umzugs ist in zwei Schritten daran zu messen, ob der Auszug aus der bisherigen Wohnung notwendig oder aus sonstigen Gründen erforderlich ist.
Eine Beschränkung auf die bisherigen Kosten der Unterkunft und Heizung kommt von vornherein dann nicht in Betracht, wenn der Umzug in eine andere Wohnung notwendig in dem Sinne ist, dass die bisherige Wohnung den Unterkunftsbedarf des Hilfebedürftigen als Teil der verfassungsrechtlich garantierten Existenzsicherung nicht (mehr) zu decken vermag. Hierunter fallen etwa soziale oder gesundheitliche Gründe sowie Gesichtspunkte der Eingliederung in Arbeit, die einen Verbleib in der bisherigen Wohnung nicht zulassen (BSG Urteil vom 24.11.2011, B 14 AS 107/10 R, Rn. 15, juris; Luik in Eicher/Luik/Harich, SGB II, 5. Auflage 2021, § 22 Rn. 170, 173f.; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, 01/2021, § 22 Rn. 275; BT-Drs. 16/1410, S. 23).
Von einer Erforderlichkeit im weiteren Sinne ist auszugehen, wenn ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Grund für den Wohnungswechsel vorlag, von dem sich auch ein Nichthilfebedürftiger leiten lassen würde (BSG Urteil vom 24.11.2011, B 14 AS 107/10 R, Rn. 17, juris). Insoweit kommt es nicht darauf an, ob dem Hilfebedürftigen ein wichtiger Grund für den Umzug zur Seite stand (BSG Urteil vom 17.02.2016, B 4 AS 12/15 R, Rn. 15f., juris). In einem weiteren Schritt ist festzustellen, ob die Kosten gerade der von dem Hilfebedürftigen gewählten neuen Wohnung in Ansehung der Erforderlichkeit eines Umzugs angemessen sind (BSG Urteil vom 29.04.2015, B 14 AS 6/14 R, Rn. 21, juris). Die Überschreitung der Höhe der bisherigen Kosten muss in einem angemessenen Verhältnis zur Ursache des nicht zwingend erforderlichen Umzuges in eine neue Wohnung stehen. Auch unterhalb der abstrakten Angemessenheitsgrenze ist dabei allenfalls eine geringfügige Kostensteigerung akzeptabel (BSG Beschluss vom 14.08.2014, B 14 AS 46/14 B, Rn. 8, juris; Luik in Eicher/Luik/Harich, SGB II, 5. Auflage 2021, § 22 Rn. 167), da § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II im Grundsatz auferlegt, auf Gestaltungen, die als Verbesserung der Lebensumstände angesehen werden, zu verzichten und Wünsche zurückzustellen (Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, 01/2021, § 22 Rn. 274). Der Umzug in eine i.S.d. § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II abstrakt unangemessene Unterkunft kann unter keinen Umständen im weiteren Sinne erforderlich sein (LSG NRW Beschluss vom 23.06.2021, L 2 AS 504/21 B ER, Rn. 31, juris; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, 01/2021, § 22 Rn. 282; vgl. ferner BSG Urteil vom 06.08.2014, B 4 AS 37/13 R, Rn. 20, juris; LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 21.01.2019, L 1 AS 4370/18 ER-B, Rn. 24, juris; BT-Drs 18/8041 S. 39, 40).
bb) Vor diesem Hintergrund ist das SG zutreffend und mit der Berufung nicht beanstandet zu dem Ergebnis gelangt, dass der von der Klägerin zum November 2018 vollzogene Umzug nicht erforderlich war. Während Gründe für eine Notwendigkeit i.S.e. wichtigen, den Verbleib in der bisherigen Wohnung nicht zulassenden Grundes weder vorgetragen noch ersichtlich sind, begründen die Motive der Klägerin auch keine Erforderlichkeit im weiteren Sinne.
(1) Zwar erfolgte der Umzug in eine angemessene Unterkunft i.S.d. § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II. Zur Ermittlung der zunächst zu bestimmenden abstrakten Angemessenheitsgrenze ist insbesondere die Ermittlung der aufzuwendenden Nettokaltmiete für eine nach Größe und Wohnungsstandard angemessene Wohnung in dem maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum nach einem „schlüssigen Konzept“ unter Einbeziehung der angemessenen kalten Betriebskosten erforderlich. Diese Aufgabe obliegt dem kommunalen Träger (§ 6 Abs. 1 S. 1 SGB II; dazu zuletzt BSG Urteil vom 30.01.2019, B 14 AS 24/18 R, Rn. 24 ff., juris; BSG Urteil vom 17.09.2020, B 4 AS 11/20 R, Rn. 20, juris; sowie grundlegend BSG Urteil vom 22.09.2009, B 4 AS 18/09 R, Rn. 18 f., juris).
Durch die Rechtsprechung des BSG ist geklärt, dass im Falle fehlender Schlüssigkeit eines Konzeptes und der fehlenden Möglichkeit der Nachbesserung sowie im Falle des vollständigen Fehlens eines Konzeptes oder eines vollständigen Erkenntnisausfalls die Berücksichtigungsfähigkeit der tatsächlichen Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft durch die Werte nach Anlage 1 zu § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 10 % begrenzt wird. Dadurch wird den Gegebenheiten des örtlichen Wohnungsmarkts zumindest ansatzweise gemäß gesetzgeberischer Entscheidungen durch eine "Angemessenheitsobergrenze" Rechnung getragen, die die Finanzierung extrem hoher und per se unangemessener Mieten verhindert (BSG Urteil vom 30.01.2019, B 14 AS 10/18 R, Rn. 32, juris; BSG Urteil vom 17.12.2009, B 4 AS 50/09 R, Rn. 27, juris; BSG Urteil vom 20.08.2009, B 14 AS 65/08 R, Rn. 21, juris ; BSG Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 18/06 R, Rn. 17f., juris; Piepenstock in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Auflage 2020, § 22 Rn. 123 m.w.N.).
Der Beklagte verfügte im streitgegenständlichen Zeitraum über keine Ermittlung der abstrakt angemessenen Kosten der Unterkunft (und Heizung) im Rahmen eines schlüssigen Konzeptes. Vielmehr lag ein vollständiger Erkenntnisausfall vor. In der vom Beklagten überreichten, den streitgegenständlichen Zeitraum erfassenden Fünften Fachbereichsverfügung vom 29.10.2015 hatte der kommunale Träger explizit ausgeführt, die Erkenntnismöglichkeiten seien ausgeschöpft. Es lägen keine hinreichenden Daten vor, die zur Auswertung im Sinne eines schlüssigen Konzeptes geeignet wären. Es sei auch nicht ersichtlich, dass derartige Daten mittelfristig erhoben werden könnten. Vorhandene Daten ließen sich weder Wohnungsgrößen noch dem Wohnungsstandard zuordnen (zur Notwendigkeit: BSG Urteil vom 17.12.2009, B 4 AS 50/09 R, Rn. 23, juris). Für die Zeit ab Januar 2016 sei deshalb auf die Werte der Wohngeldtabelle zzgl. 10 % zurückzugreifen.
Dies führt bei dem Einpersonenhaushalt der Klägerin unter Zugrundelegung der Mietstufe 2 (vgl. Anlage zu § 1 Abs. 3 der auf Grundlage des § 38 Nr. 2 WoGG erlassenen Wohngeldverordnung <WoGV> in der vor dem 01.01.2020 gültigen Fassung) für das Stadtgebiet des kommunalen Trägers vorliegend zu grds. berücksichtigungsfähigen Kosten der Unterkunft i.H.v. 386,10 € (351 € nach Anlage 1 zu § 12 WoGG in der vor dem 01.01.2020 gültigen Fassung zzgl. 10%), während die Bruttokaltmiete der zum November 2018 bezogenen Wohnung 384,71 € betrug.
(2) Jedoch stellen die von der Klägerin dargelegten Vorteile keinen plausiblen Grund für den Umzug dar. Ohnedies bleibt zu berücksichtigen, dass die monatliche Steigerung der Gesamtkosten der Unterkunft und Heizung um immerhin 51,45 €, gleichbedeutend mit einer Kostensteigerung von 13 %, über eine Geringfügigkeit hinausgeht und im Verhältnis zu den klägerseitig dargelegten Vorteilen jedenfalls nicht angemessen ist.
Das Motiv der Klägerin lag ihrem Vortrag nach darin, insbesondere Geschäfte für Bedarfe des täglichen Lebens und ihre Ärzte leichter erreichen zu können. Jedoch haben sich die Wege der Klägerin zu entsprechenden Einkaufsgelegenheiten (Supermärkte, Drogeriemarkt etc.) – wie bereits das SG festgestellt hat – lediglich um wenige 100 m verringert. Solche befinden sich insbesondere auf der 1,7 km betragenden Wegstrecke zwischen der früher bewohnten und sodann bezogenen Wohnung (u.a. Norma, Netto und Edeka-Filiale, dm-Markt-Filiale, Bäcker), die innerhalb von 20 Minuten zu Fuß oder von 9 Minuten mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegbar ist. Die Distanz der Wohnung in der A-Straße zum Zentrum des Stadtteils E beträgt 1,1 km, die binnen 13 Minuten zu Fuß oder 8 Minuten mit öffentlichen Verkehrsmitteln überwindbar sind, während die Entfernung der bezogenen Wohnung in der R-Straße zum Zentrum 600 m beträgt und im Falle eines Fußweges zu einer Zeitersparnis von lediglich sechs Minuten führt. Die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel erbrächte sogar allein eine vierminutig schnellere Erreichbarkeit. Auch eine Verbesserung der Erreichbarkeit der Ärzte anlässlich ca. zehn jährlichen Arztterminen ist allenfalls marginal. Quartalsweise suchte die Klägerin ihren Hausarzt auf, zu dessen Praxis sich die jeweils mit dem öffentlichen Personennahverkehr angebundene Entfernung von 4,8 km auf 2,5 km verringerte, während sich die Distanz zum behandelnden Orthopäden, dem sich die Klägerin ca. zwei- bis dreimal jährlich vorstellte, nach dem Umzug um 200 m auf 1,2 km vergrößerte. Zahnarzt und Gynäkologin lagen bereits vor dem Umzug lediglich jeweils 1 km entfernt. (Quelle: googlemaps)
b) Der Beschränkung der Kosten der Unterkunft und Heizung auf den Betrag von 393,26 € steht nicht entgegen, dass der Beklagte für den streitgegenständlichen Zeitraum über kein schlüssiges Konzept zur Berechnung der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung verfügt, sondern sich an den Höchstbeträgen gemäß § 12 WoGG zuzüglich eines Sicherheitszuschlags i.H.v. 10% orientiert hat.
aa) Die Rechtsprechung des BSG zu § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II in der bis zum 31.07.2016 gültigen Fassung (a. F.), wonach die Anwendung der Norm ein schlüssiges Konzept des Trägers zur Ermittlung des angemessenen Bedarfs für die Unterkunft voraussetzt (vgl. hierzu BSG Urteile vom 29.04.2015, B 14 AS 6/14 R und vom 17.02.2016, B 4 AS 12/15 R, juris), ist auf die zum 01.08.2016 in Kraft getretene Fassung (n. F.) nicht mehr anwendbar (so auch LSG NRW Urteil vom 29.10.2020, L 7 AS 2052/18, Rn. 34ff., juris; Berlit in Münder/Geiger, SGB II, 7. Auflage 2021, § 22 Rn. 115; Luik in Eicher/Luik/Harich, SGB II, 5. Auflage 2021, § 22 Rn.162; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, 01/2021, § 22 Rn. 267f., 287; Lau in Oestreicher/Decker, SGB II/SGB XII, 06/2021, § 22 Rn. 94; a. A. weiterhin: LSG Mecklenburg-Vorpommern Beschluss vom 23.09.2020, L 8 AS 158/20 B ER , Rn. 34, juris; Lauterbach in Gagel, SGB II/SGB III, 08/2021, § 22 SGB II Rn. 85.; Piepenstock in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Auflage 2020, § 22 Rn. 208; Hohm, GK-SGB II, 09/2021, § 22 Rn. 218; Wieland in Estelmann, SGB II, 10/2017, § 22 Rn. 218, 221).
Normativer Anknüpfungspunkt des BSG für die Voraussetzung des Bestehens einer zutreffend ermittelten abstrakten Angemessenheitsgrenze war, dass der Wortlaut des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II die Erhöhung der „angemessenen“ Aufwendungen für Unterkunft und Heizung forderte. Hierin liege unter systematischen Gesichtspunkten eine Korrespondenz zum Angemessenheitsbegriff in § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II, nach dem Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt werden, soweit diese angemessen sind. Zur Ausfüllung dieses unbestimmten Rechtsbegriffes ist nach der Rechtsprechung des BSG der als abstrakt angemessen anzuerkennende Mietpreis im Rahmen eines schlüssigen Konzeptes zu ermitteln.
Das durch Wortlaut und Systematik begründete Verständnis hat das BSG durch die in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommende Zielsetzung bestätigt gesehen (BT-Drs. 16/1410, S. 23 vom 09.05.2006 zum Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende), nach der § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II verhindern wolle, dass Hilfebedürftige unter Ausschöpfung der durch den kommunalen Träger festgelegten Angemessenheitsgrenzen für Wohnraum in eine Wohnung mit höheren, gerade noch angemessenen Kosten zögen. Im Hinblick auf den Schutzzweck, eine missbräuchliche Leistungsinanspruchnahme durch Ausschöpfung der abstrakten Angemessenheitsgrenze zu verhindern und den Kommunen im Hinblick auf die Kostensteigerungen bei Leistungen nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II eine Steuerungsfunktion zu belassen, könne die auf den örtlichen Vergleichsraum beschränkte Norm nur dann Anwendung finden, wenn und soweit zutreffend ermittelte kommunale Angemessenheitsgrenzen bestünden. Vor der Ausschöpfung einer solchen Angemessenheitsgrenze durch nicht erforderliche Umzüge solle auch der örtliche Wohnungsmarkt geschützt werden.
bb) Der Entfall des gemeinsamen Rechtsbegriffes der Angemessenheit vollendet die Bemühungen des Gesetzgebers über verschiedene Modifikationen im Gebrauch des Begriffes seinen Willen mit dem normativen Gesetzessinn in Übereinstimmung zu bringen (zur Unterscheidung: Larenz/Canaris, Methodenlehre, 3. Auflage 1995, S. 137ff.). Während § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II bei Einführung zum August 2006 (hierzu BT-Drs 16/1410, S. 23) im Wesentlichen der bis Juli 2016 gültigen Fassung entsprach, hatte der Gesetzgeber zwischenzeitlich (in der Zeit von Januar 2009 bis einschließlich Dezember 2010) in den zweiten Halbsatz ein zweites „angemessen“ eingefügt. Die Änderungen erfolgten jeweils zur Präzisierung des gesetzgebenden Willens (vgl. BT-Drs. 16/10810, S. 49; BT-Drs. 17/3404, S. 98; BT-Drs. 18/801, S. 40).
Durch die Streichung auch der zweiten (vgl. § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II in der bis zum 31.12.2010 gültigen Fassung) Verwendung des Wortes „angemessen“ entfällt der die Auslegung des BSG tragende wortlautbezogene Anknüpfungspunkt. Mit ihm vergeht die begrifflich-systematische Verbindung zu § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II und dem hierzu höchstrichterlich erkannten Erfordernis der Ermittlung abstrakter Angemessenheitsgrenzen durch ein schlüssiges Konzept (LSG NRW Urteil vom 29.10.2020, L 7 AS 2052/18, Rn. 36, juris; Berlit in Münder/Geiger, SGB II, 7. Auflage 2021, § 22 Rn. 115; vgl. auch die Stellungnahme des Deutschen Vereins vom 16.03.2016 zum Regierungsentwurf des Rechtsvereinfachungsgesetzes S. 6f, www.deutscher-verein.de, Stichwort: Empfehlungen/Stellungnahmen 2016).
(1) Abseits eines gemeinsamen Rechtsbegriffes der S. 1 und 2 des § 22 Abs. 1 SGB II wird vielmehr deren Gegenläufigkeit und Abgrenzung verdeutlicht. Während sich das Rechtsverständnis der Bedarfsbestimmung gerade im Rahmen des unbestimmten Begriffes der Angemessenheit zunehmend zu einer abstrakten Grenzziehung entwickelt hat, statuiert § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II eine konkret-individuelle Regelung, nach der i.S.e. Ausnahme nicht die abstrakt angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung zu berücksichtigen sind („individuelle Angemessenheitsgrenze“: BSG Urteil vom 24.11.2011, B 14 AS 107/10 R, Rn. 13, juris; BSG Urteil vom 17.02.2016, B 4 AS 12/15 R, Rn. 21, juris; Luik in Eicher/Luik/Harich, SGB II, 5. Auflage 2021, § 22 Rn. 162; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, 01/2021, § 22 Rn. 262; Lauterbach in Gagel, SGB II/SGB III, 08/2021, § 22 SGB II Rn. 83). Angesichts des Regel-Ausnahmeverhältnisses trägt der Verweis auf den systematischen Zusammenhang der ersten beiden Sätze des § 22 Abs. 1 SGB II allein die Begrenzung der Reichweite des Satzes 2 nicht mehr (a. A. LSG Mecklenburg-Vorpommern Beschluss vom 23.09.2020, L 8 AS 158/20 B ER, Rn. 34).
(2) Der Gesetzeszweck, den Kommunen eine Steuerungsfunktion zu belassen und eine Ausschöpfung der Angemessenheitsgrenzen im örtlichen Wohnungsmarkt zu verhindern, bleibt zwar durch den Entfall des Begriffes der Angemessenheit unberührt. Nachdem der Gesetzgeber das Ziel unter Verzicht auf die Verwendung des Begriffes der Angemessenheit im Gesetzestext verfolgt, kann indes dahinstehen, ob das Ziel vormals mit der Rechtsprechung des BSG für die Notwendigkeit des Vorliegens eines schlüssigen Konzeptes gesprochen bzw. sich jedenfalls in eine entsprechende Auslegung gefügt hat (kritisch: Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, 01/2021, § 22 Rn. 268). Denn jedenfalls nunmehr wird deutlich, dass der eigentliche Zweck der Regelung die Unterbindung einer Kostensteigerung schlechthin ist und dabei abstrakte Angemessenheitsgrenzen keine Bedeutung (mehr) haben (zum Teil wird darin die versteckte Absicht einer Korrektur der Rechtsprechung des BSG zu § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II a. F. erkannt: Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, 01/2021, § 22 Rn. 268, 287; Luik in Eicher/Luik/Harich, SGB II, 5. Auflage 2021, § 22 Rn. 162).
Nach der Begründung des unverändert verabschiedeten Gesetzentwurfes der Bundesregierung sollten mit der Änderung bestehende Unsicherheiten beseitigt werden, ob mangels anderslautender Regelung die (vollen) angemessenen Aufwendungen als Bedarf anzuerkennen seien, sofern eine leistungsberechtigte Person aus einer angemessenen in eine unangemessene Wohnung umziehe. Es werde klargestellt, dass der Bedarf auch dann nur in Höhe der bisherigen Aufwendungen anerkannt werde, wenn ein Umzug innerhalb eines Wohnungsmarktes ohne Zusicherung von einer angemessenen in eine unangemessene Wohnung erfolge (BT-Drs 18/8041, S. 39f.; BR-Drs. 66/16, S. 41).
Der Umstand, dass die Gesetzesbegründung die Unterscheidbarkeit der Angemessen- von einer Unangemessenheit voraussetzt und den Fall des Auszuges aus einer kostenangemessenen Wohnung fokussiert, führt zu keiner anderen Bewertung. Zum einen erscheint zwanglos erkennbar, dass § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II dort keine konkret-individuellen Grenzen ziehen muss und kann, wo bereits die abstrakt-generellen Grenzen des § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II überschritten sind. Einer Ausnahme bedarf es nur innerhalb der Regel. Zum anderen ist die angesichts der Streichung des Rechtsbegriffes aus dem Normtext als „untechnisch“ zu verstehende Verwendung des Begriffes der Angemessenheit in der Gesetzesbegründung nicht zwangsläufig mit dem Zitat der Rechtsfigur des „schlüssigen Konzeptes“ verbunden. Denn die normative Aufforderung an den Leistungsberechtigten zum Verbleib in angemessenen Wohnraum ist nicht denknotwendig an die schlüssige Ermittlung abstrakter Angemessenheitsgrenzen gebunden. Wie dargelegt (vgl. a, bb, 1), wird die Berücksichtigungsfähigkeit der tatsächlichen Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft auch im Falle nicht in rechtlich zulässiger Weise bestimmter abstrakter Angemessenheitsgrenzen beschränkt durch die Werte nach Anlage 1 zu § 12 WoGG zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 10 %.
Im Rahmen der Heizkosten, auf die es i.S.e. „erweiterten Produkttheorie“ bei dem erforderlichen Vergleich der Gesamtaufwendungen im Rahmen des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II unbestritten ebenfalls ankommt (BSG Urteil vom 29.04.2015, B 14 AS 6/14 R, Rn. 23, juris; LSG NRW Urteil vom 25.01.2018, L 19 AS 1706/17, Rn. 29, juris; Lauterbach in Gagel, SGB II/SGB III, 08/2021, § 22 SGB II, § 22 Rn. 83; Wieland in Estelmann, SGB II, 10/2017, § 22 Rn. 227; zum Begriff: Piepenstock in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Auflage 2020, § 22 Rn. 171), wird durch einen Rückgriff auf einen (kommunalen oder bundesweiten) Heizspiegel in vergleichbarer Weise verfahren (BSG Urteil vom 12.06.2013, B 14 AS 60/12 R, Rn. 22, juris; Piepenstock in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Auflage 2020, § 22 Rn. 172). Verlangte man hingegen – innerhalb einer abweichenden Auffassung kohärent (vgl. BSG Urteil vom 29.04.2015, B 14 AS 6/14 R, Rn. 24, juris; LSG NRW Urteil vom 25.01.2018, L 19 AS 1706/17, Rn. 30, juris) – auch die kaum mögliche Ermittlung abstrakt angemessener Heizkosten im Rahmen eines schlüssigen Konzeptes (vgl. BSG Urteil vom 02.07.2009, B 14 AS 33/08 R, Rn. 29, juris; Wieland in Estelmann, SGB II, 10/2017, § 22 Rn. 164), liefe § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II weitgehend leer.
(3) Zwar ist auch nach der Wortlautänderung zum August 2016 die Rechtsprechung des BSG unumstritten, nach der § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II nur innerhalb des Vergleichsraumes Anwendung findet (BSG Urteil vom 01.06.2010, B 4 AS 60/09 R, Rn. 18ff., juris; Wieland in Estelmann, SGB II, 10/2017, § 22 Rn. 218; Luik in Eicher/Luik/Harich, SGB II, 5. Auflage 2021, § 22 Rn. 161f.; Hohm, GK-SGB II, 09/2021, § 22 Rn. 219; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, 01/2021, § 22 Rn. 271). Hieraus ist jedoch nicht zu schließen, § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II setze damit dessen Bestimmung als Grundlage eines schlüssigen Konzeptes voraus (LSG NRW Urteil vom 29.10.2020, L 7 AS 2052/18, Rn. 39, juris).
Mit der Vorstellung des Gesetzgebers ist der insoweit räumlich relevante „Wohnungsmarkt“ mit dem „Zuständigkeitsbereich des kommunalen Trägers“ beschrieben (BT-Drs 18/8041, S. 40, auch zu § 22 Abs. 4 SGB II), der Ausgangspunkt der Vergleichsraumbildung im Rahmen der Ermittlung abstrakter Angemessenheitsgrenzen ist (vgl. § 22b Abs. 1 S. 4 SGB II; BSG Urteil vom 30.01.2019, B 14 AS 24/18 R, Rn. 23, juris; BSG Urteil vom 03.09.2020, B 14 AS 34/19 R, Rn. 18, juris; Luik in Eicher/Luik/Harich, SGB II, 5. Auflage 2021, § 22 Rn. 116).
Dies entspricht der auf den kommunalen Bereich bezogenen Steuerungszielsetzung (Wieland in Estelmann, SGB II, 10/2017, § 22 Rn. 218; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, 01/2021, § 22 Rn. 263) und fügt sich in einen Bedeutungszusammenhang zum Zustimmungserfordernis aus § 22 Abs. 4 SGB II ein, den der Gesetzgeber mit dem Rechtsvereinfachungsgesetz ebenfalls zum August 2016 geändert hat. Der Leistungsberechtigte hat hiernach vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft nicht mehr die Zustimmung des bisherigen, sondern des nach dem Umzug örtlich zuständigen Trägers einzuholen (S. 1). Die Voraussetzung der Erforderlichkeit des Umzuges für die Erteilung der Zustimmung ist entfallen (S. 2). Der Gesetzgeber begründet das damit, dass die fehlende Erforderlichkeit des Umzuges ohnehin nur innerhalb der Grenzen des kommunalen Trägers anspruchsbeschränkende Wirkung entfalte (BT-Drs 18/8041, S. 40).
(4) Zuletzt führt auch die seitens des BSG hergeleitete und hierin durch die Gesetzesänderung zum August 2016 nicht tangierte Notwendigkeit einer Dynamisierung der Kostendeckelung nicht zur Erforderlichkeit des Vorliegens eines schlüssigen Konzeptes zur Anwendung des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II (zur Dynamisierung: Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, 01/2021, § 22 Rn. 286 ff.; Hohm, GK-SGB II, 09/2021, § 22 Rn. 237; Luik in Eicher/Luik/Harich, SGB II, 5. Auflage 2021, § 22 Rn. 176).
Die Ausführungen des BSG, im Falle rechtmäßig ermittelter abstrakter kommunaler Angemessenheitsgrenzen sei zu beachten, dass sich die zeitlich nachfolgende Anhebung dieser Angemessenheitsgrenzen auf die Deckelung auswirke, erfolgten noch im Zusammenhang mit der Darlegung des Verständnisses zu § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II a. F (BSG Urteil vom 17.02.2016, B 4 AS 12/15 R, Rn. 20ff., juris; BSG Urteil vom 29.04.2015, B 14 AS 6/14 R, Rn. 29, juris; Luik in Eicher/Luik/Harich, SGB II, 5. Auflage 2021, § 22 Rn. 176). Die Gründe für eine Dynamisierung haben zunächst keine Schnittmenge mit der Ermittlung abstrakt angemessener Unterkunftskosten über ein schlüssiges Konzept. Sie liegen letztlich allein in Gesichtspunkten der Gleichbehandlung mit von außen zuziehenden Leistungsberechtigten und Geringverdienern außerhalb des Leistungsbezuges, die eine maßvolle Beschränkung der Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II diktieren, während die Zielsetzungen der Norm unbeeinträchtigt bleiben (BSG Urteil vom 17.02.2016, B 4 AS 12/15 R, Rn. 22f.; BSG Urteil vom 29.04.2015, B 14 AS 6/14 R, Rn. 29, juris).
Die Rechtsprechung des BSG zur Dynamisierung stellt für sich genommen auch kein Argument für das generelle Erfordernis eines schlüssigen Konzepts im Rahmen des § 22 Abs. 1 S.2 SGB II dar. Die Dynamisierung steht auf der Rechtsfolgenseite und ist kein Tatbestandsmerkmal der Norm.
Die Erwägungen des BSG zur Umsetzung der Dynamisierung unter der alten Fassung des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II folgen zudem keiner rechtsdogmatischen Notwendigkeit, sondern zuvörderst (nachvollziehbaren) praktischen Erwägungen (BSG Urteil vom 17.02.2016, B 4 AS 12/15 R, Rn. 23f., juris). Sofern ohnehin Ermittlungen der Angemessenheit im Rahmen eines schlüssigen Konzeptes fortgeschrieben oder erneuert werden (mussten), drängt sich der Rückgriff als möglichst reale Abbildung der Dynamik auf dem Mietwohnungsmarkt auf. Abseits dessen verbleiben jedoch dem Rückgriff auf die Wohngeldtabelle bzw. einen Heizkostenspiegel mindestens vergleichbar tragfähige Möglichkeiten. Neben dem Rückgriff auf Entwicklungen in der Wohngeldtabelle bliebe die – im Rahmen schlüssiger Konzepte verbreitete – Fortschreibung über einen Verbraucherpreisindex denkbar (vgl. BSG Urteil vom 12.12.2017, B 4 AS 33/16 R, Rn. 20, juris; Urteil des Senates vom 10.03.2021, L 12 AS 809/18, Rn. 70, juris). Ebenso möglich erschiene, die Preisentwicklung der neuen Unterkunft (ebenso der Heizkosten; vgl. zur getrennten Dynamisierung: LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 23.07.2017, L 34 AS 2276/11, Rn. 34, juris) bis zum Erreichen der Angemessenheitsgrenzen über die gedeckelten Kosten prozentual abzubilden oder absolut zu berücksichtigen, während der Rückgriff auf die Entwicklung der Kosten der bisherigen Unterkunft nicht praktikabel ist (BSG Urteil vom 17.02.2016, B 4 AS 12/15 R, Rn. 24, juris). Denn der gesetzliche Appell zum Verbleib in der bisherigen kostenangemessenen Wohnung steht in keinem Zusammenhang mit dem Risiko einer Kostensteigerung, welches die alte wie die neue Unterkunft gleichermaßen betreffen kann. Hierin läge auch keine Abkoppelung von den Angemessenheitsgrenzen und der für alle Leistungsberechtigten geltenden abstrakten „Deckelung“ (vgl. BSG a.a.O.). Vielmehr folgte die Berücksichtigung individueller Kostensteigerungen, unter der Einschränkung des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II, wie bei allen Leistungsberechtigten – bis zur Angemessenheitsgrenze. Damit blieben die Beschränkungen der Gestaltungsmöglichkeit innerhalb der Zielsetzung des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II zudem geboten maßvoll.
c) Da ein Verlassen des Vergleichsraumes im dargelegten Sinne (vgl. b, bb, 3) bei der Klägerin, die sogar innerhalb des Zuständigkeitsbereiches des Beklagten nur 1,7 km innerhalb eines Stadtteiles umgezogen ist, nicht in Rede steht, ist § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II uneingeschränkt anzuwenden.
Dabei kann letztlich offen bleiben, welcher Weg der Dynamisierung (vgl. b, bb, 4) vorzugswürdig erschiene. Weder haben sich im streitigen Zeitraum die Werte der Wohngeldtabelle geändert, noch steht die Notwendigkeit der Erhöhung der individuellen Angemessenheitsgrenze aufgrund allgemeiner Preissteigerungen zur Diskussion. Der streitgegenständliche Zeitraum geht nicht über den Bewilligungszeitraum hinaus, innerhalb dessen der nicht erforderliche Umzug erfolgte. Entsprechend kann die Frage nach einer zeitlichen Begrenzung des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II offen bleiben (vgl. BSG Urteil vom 17.02.2016, B 4 AS 12/15 R, Rn. 24, juris; Berlit in Münder/Geiger, SGB II, 7. Auflage 2021, § 22 Rn. 117ff.; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, 01/2021, § 22 Rn. 286a m.w.N.). Auch eine Erhöhung der Kosten der Unterkunft und Heizung der neuen Wohnung hat nicht stattgefunden.
D.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 SGG.
E.
Der Senat hat die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage, ob § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II nach dessen Änderung zum August 2016 auch ohne Vorliegen eines schlüssigen Konzeptes Anwendung findet, zugelassen.