L 12 SB 340/21

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Schwerbehindertenrecht
Abteilung
12.
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 18 SB 3377/20
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 SB 340/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 16.12.2020 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger wehrt sich gegen die Zurückweisung seines Bevollmächtigten, eines Rentenberaters (künftig: Bevollmächtigter), in einem Widerspruchsverfahren.

Der 1979 geborene Kläger beantragte im Juli 2019 beim Landratsamt E1 die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB). Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 15.01.2020 ab.

Der Kläger erhob gegen diesen Bescheid, vertreten durch seinen Bevollmächtigten, am 28.01.2020 Widerspruch.

Mit an den Bevollmächtigten gerichteten Bescheid vom 13.05.2020 wies der Beklagte den Bevollmächtigten nach vorheriger Anhörung für das Verfahren des Klägers nach § 13 Abs. 5 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurück. Zur Begründung führte er aus, dass Bevollmächtigte und Beistände zurückzuweisen seien, wenn sie entgegen § 3 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) Rechtsdienstleistungen erbringen. Nach § 10 Absatz 1 S. 1 Nr. 2 RDG dürften registrierte Rentenberater unter anderem Rentenberatung auf dem Gebiet des sozialen Entschädigungsrechts und Schwerbehindertenrechts mit Bezug zu einer gesetzlichen Rente erbringen. Sie seien in Angelegenheiten des Schwerbehindertenrechts in Widerspruchsverfahren nur dann befugt aufzutreten, wenn ein konkreter Zusammenhang mit Rentenfragen bestehe. Ein Bezug zur Rente bestehe jedoch frühestens ab Vollendung des 60. Lebensjahres.

Mit Schreiben vom 13.05.2020 übermittelte der Beklagte dem Kläger eine Mehrfertigung dieses Bescheides.

Der Bevollmächtigte erhob gegen diesen Bescheid unter der Bezeichnung „in Sachen E (Z)./.LRA E1“ Widerspruch. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08.09.2020, gerichtet an den Bevollmächtigten, zurück.

Am 29.09.2020 hat der Bevollmächtigte im Namen des Klägers beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage gegen den Bescheid vom 13.05.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.08.2020 erhoben und eine Vollmacht des Klägers vom 07.10.2020 nachgereicht. 

Auf Hinweis des SG, dass die Klage des Klägers gegen die Zurückweisung des Bevollmächtigten bereits unzulässig sein dürfte, hat der Bevollmächtigte vorgetragen, dass es sich bei seiner Zurückweisung um einen Verwaltungsakt mit Drittwirkung handele. Es sei selbstverständlich, dass diese Zurückweisung unmittelbar auch gegen den Kläger wirke. Ein Zurückweisungsbescheid ergehe gegenüber einem Nichtbeteiligten des Verfahrens, denn der Bevollmächtigte sei nicht Beteiligter in diesem Verfahren. Da es ein Verwaltungsakt mit Drittwirkung sei, greife § 56a Sozialgerichtsgesetz (SGG) im vorliegendem Falle weder für den Kläger, noch für den Bevollmächtigten.

Mit Gerichtsbescheid vom 16.12.2020 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klage sei bereits unzulässig. Denn einer isolierten Klage gegen Verfahrenshandlungen des Beklagten stehe § 56a SGG entgegen. Hiernach könnten Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden.

Gegen den dem Bevollmächtigten am 24.12.2020 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser namens des Klägers am 20.01.2021 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und eine Vollmacht des Klägers vom 25.01.2021 nachgereicht. Der Kläger hat die Berufung trotz Erinnerung nicht begründet und auch keinen Antrag gestellt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 31.05.2021 und der Bevollmächtigte für den Kläger mit Schriftsatz vom 18.05.2021 einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die gemäß §§ 143 f. SGG statthafte und gem. § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG entscheidet, ist auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet.

Streitgegenständlich ist vorliegend der Gerichtsbescheid des SG vom 16.12.2020, mit dem die Anfechtungsklage des Klägers, gerichtet gegen die Zurückweisung des Bevollmächtigten mit Bescheid vom 13.05.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.09.2020, abgewiesen worden ist. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte oder eines abweichenden Antrags geht der Senat davon aus, dass der Kläger das im Widerspruchs- und Klageverfahren verfolgte Begehren, nämlich die Aufhebung der Zurückweisungsentscheidung des Beklagten, auch im Berufungsverfahren weiterverfolgt.

Zunächst ist festzuhalten, dass sowohl die Klage wie auch die Berufung ausschließlich im Namen des Klägers, dabei vertreten durch den Bevollmächtigten, erhoben bzw. eingelegt worden sind und nicht etwa (auch) im Namen des Bevollmächtigten in eigener Sache. Dies ergibt sich unmissverständlich aus dem Antrag im Klageverfahren sowie aus der hierzu vorgetragenen Begründung, aus der Vorlage von Prozessvollmachten des Klägers für den Bevollmächtigten sowohl im Klage- wie auch im Berufungsverfahren und auch aus der jeweiligen Bezeichnung der Rechtssache. So ist die Berufung mit „in dem Rechtsstreit Z, … Kläger und Berufungskläger“ bezeichnet. Dass die Klage- und Berufungserhebung im Namen des Klägers erfolgen sollte, wird im Übrigen vom Prozessbevollmächtigten auch nicht bestritten.

Die danach vom Kläger erhobene Anfechtungsklage gegen den Zurückweisungsbescheid vom 13.05.2020, gerichtet an den Bevollmächtigten, ist unzulässig.

Gemäß § 13 Abs. 5 SGB X sind Bevollmächtigte und Beistände in einem Verwaltungsverfahren durch die Behörde zurückzuweisen, wenn sie entgegen § 3 RDG Rechtsdienstleistungen erbringen. Hierauf gestützt hat der Beklagte den Bevollmächtigten mit dem hier streitgegenständlichen Bescheid vom 13.05.2020 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 08.09.2020 zurückgewiesen. Die Zurückweisung stellt gegenüber dem Zurückgewiesenen einen selbständigen Verwaltungsakt dar, der von diesem mit dem entsprechenden Rechtsbehelf (Widerspruch, Klage) angefochten werden kann (Vogelgesang in Hauck/Noftz, SGB, 06/09, § 13 SGB X Rn. 44).

Der Vertretene kann die Zurückweisung dagegen nicht isoliert, also unabhängig von der Sachentscheidung, anfechten; denn der Bescheid über die Zurückweisung richtet sich unmittelbar an den Bevollmächtigten oder Beistand und kann damit nur von diesem selbst isoliert angefochten werden (Pitz in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl. [Stand: 13.08.2018], § 13 SGB X, Rn. 27; Vogelgesang, a.a.O.; Roller, von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 13 Rn. 17). Dies verdeutlicht auch die Regelung in § 13 Abs. 7 Satz 1 SGB X, wonach die Zurückweisung dem Vertretenen (lediglich) schriftlich mitzuteilen ist. Diese Mitteilung stellt nach dem Willen des Gesetzgebers gerade keinen isoliert anfechtbaren Verwaltungsakt dar (Pitz, a.a.O.; Vogelgesang, a.a.O.; Roller, a.a.O.). Damit ist die Anfechtungsklage des Klägers, gerichtet gegen den Bescheid über die Zurückweisung seines Prozessbevollmächtigten, von vornherein nicht statthaft.

Dieses Ergebnis, wie aber auch die Unzulässigkeit sonstiger in Betracht kommender Klagen, insbesondere einer (Fortsetzungs-)Feststellungsklage, wird durch § 56a SGG bestätigt.  Danach können Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden (Satz 1). Nach Satz 2 der Vorschrift gilt dies nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können oder gegen einen Nichtbeteiligten ergehen. Verfahrenshandlungen im Sinne der Vorschrift sind diejenigen behördlichen Maßnahmen, die Teil eines Verwaltungsverfahrens sind – wobei der Begriff weit, über § 8 SGB X hinaus, auszulegen ist – und keine Sachentscheidung darstellen, sondern diese vorbereiten (Axer in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl. [Stand: 15.07.2017], § 56a Rn. 8 f., auch zum Nachfolgenden). Erfasst werden somit vorbereitende Handlungen, die auf eine mit Rechtsbehelfen kontrollierbare, das konkrete Verfahren abschließende Sachentscheidung gerichtet sind und das Ziel verfolgen, diese Entscheidung zu fördern.

Keine Verfahrenshandlungen im Sinne des § 56a SGG sind dagegen Handlungen, die über das jeweilige Verwaltungsverfahren hinaus unmittelbare Rechtswirkungen zeitigen und eine eigenständige Entscheidung darstellen, selbst wenn sie als Zwischenschritte hin zu einer späteren Sachentscheidung erscheinen.

Danach gilt hier folgendes: Die Zurückweisung des Bevollmächtigten im Verwaltungsverfahren zeitigt für den Kläger keine, über das Verwaltungsverfahren hinausgehende, unmittelbare Rechtswirkung und stellt deshalb keine eigenständige Entscheidung im Sinne des § 56a Satz 2 SGG dar; die Zurückweisung ist auch nicht selbstständig vollstreckbar. Damit ist § 56a Satz 1 SGG vorliegend einschlägig. Die Zurückweisung ist deshalb für den Kläger zulässigerweise erst mit der Sach­entscheidung anfechtbar (Mutschler in Kasseler Kommentar, Werkstand: 113. EL März 2021, § 13 Rn. 26, m.w.N.; ebenso Pitz, a.a.O.; Vogelgesang, a.a.O., § 13 Rn. 45; Roller, a.a.O.).

Der Kläger kann somit zulässigerweise nicht im Wege einer isolierten Klage gegen die Zurückweisung seines Bevollmächtigten vorgehen, weshalb sein Berufungsbegehren ohne Erfolg bleibt.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Rechtskraft
Aus
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