Der Scheinbeschluss des Sozialgerichts Ulm vom 30. Oktober 2020 wird aufgehoben.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
Gem. § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) findet gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist.
Grundsätzlich ist danach gegen Entscheidungen über Prozesskostenhilfe, die im Wege des Beschlusses ergehen, die Beschwerde an das Landessozialgericht statthaft. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass eine solche Entscheidung ergangen ist. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall.
Nach § 134 Abs. 1 SGG, der gem. § 142 Abs. 1 SGG für Beschlüsse entsprechend gilt, ist das Urteil bzw. der Beschluss vom Vorsitzenden zu unterschreiben. Werden die Akten - wie im zugrundeliegenden Verfahren beim Sozialgericht Ulm (SG) - nicht in Papierform, sondern in elektronischer Form geführt, ist für die Unterzeichnung die Regelung in § 65a Abs. 7 SGG zu beachten. Soweit danach eine handschriftliche Unterzeichnung durch den Richter oder den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgeschrieben ist, genügt dieser Form die Aufzeichnung als elektronisches Dokument, wenn die verantwortenden Personen am Ende des Dokuments ihren Namen hinzufügen und das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen. Diese Vorschrift gilt auch für Beschlüsse (Stäbler in jurisPK-SGG, Stand 14. Oktober 2020, § 65a Rdnr. 419).
Vorliegend ist der angefochtene Beschluss zwar mit einer qualifizierten elektronischen Signatur, jedoch nicht am Ende des Dokuments mit dem Namen des Richters versehen. Anders als bei Entscheidungen aufgrund mündlicher Verhandlung, die durch Verkündung existent werden, erlangen Beschlüsse ohne mündliche Verhandlung erst durch die Zustellung Wirksamkeit. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass ein Beschluss erlassen worden ist. Fehlt die einfache elektronische Signatur in Form des Namenszugs des Richters in der Entscheidung, wird sie auch nicht durch Anbringung einer qualifizierten elektronischen Signatur wirksam. Bei einem solchen Fehler liegt vielmehr schon kein wirksamer Beschluss, sondern nur ein Beschlussentwurf vor (Stäbler in jurisPK-ERV Bd. 3, 1. Aufl. 2020, § 134 SGG, Rdnr. 16). Entscheidungen im schriftlichen Verfahren werden erst mit der Unterschrift existent, bis dahin liegt lediglich ein Entwurf vor (Bundesverfassungsgericht <BVerfG>, Beschluss vom 17. Januar 1985 - 2 BvR 498/84 - juris Rdnr. 2).
Bei dem verlautbarten Beschluss handelt es sich somit um einen Scheinbeschluss, der mangels einfacher Signatur noch einen internen Vorgang ohne Außenwirkung darstellt (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13 Aufl. 2020, § 125 Rdnr. 5a).
Obwohl deshalb das Rechtsmittel der Beschwerde mangels anfechtbarer Entscheidung an sich nicht statthaft ist, kann ein solches zur Beseitigung des Anscheins einer Entscheidung zustehen. Eine klarstellende Entscheidung des Rechtsmittelgerichts hängt nicht vom Vorliegen der Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Rechtsmittelverfahrens ab. Auch eine Scheinentscheidung ist rechtsmittelfähig, wenn sie von der Geschäftsstelle zugestellt ist, weil es im Interesse der Parteien geboten ist, eine auf diese Weise in Erscheinung getretene „Entscheidung“ zu beseitigen, und zur Zulässigkeit eines Rechtsmittels der äußere Anschein einer Entscheidung genügt (BVerfG, a.a.O., juris Rdnr. 3). Das Rechtsmittel ist dann statthaft zur Beseitigung des Rechtscheins (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2015 - B 2 U 150/15 B - juris Rdnr. 8).
Eine Zurückverweisung an das SG ist nicht erforderlich. Da bisher nur ein Scheinbeschluss vorliegt, eine Entscheidung über den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe somit noch nicht ergangen ist, wird das SG noch über diesen Antrag zu entscheiden haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 Zivilprozessordnung.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).