L 7 R 1855/20

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7.
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 17 R 2337/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 R 1855/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgericht Stuttgart vom 15. April 2020 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch der Klägerin auf Rente wegen Erwerbsminderung streitig.

Die 1969 geborene Klägerin war zuletzt als Pflegedienstleiterin versicherungspflichtig beschäftigt. Ab 2012 war sie arbeitsunfähig bzw. arbeitslos.

Nachdem die Beklagte einen Antrag der Klägerin auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung mit Bescheid vom 13. August 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. November 2013 abgelehnt hatte, verpflichtete sich die Beklagte im dagegen geführten Klageverfahren, der Klägerin eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme zu gewähren.

Am 29. Dezember 2016 beantragte die Klägerin bei der Beklagten erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Vom 12. April 2017 bis 10. Mai 2017 führte die Klägerin eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme in der Z.-Klinik in St. B durch, aus der sie arbeitsfähig mit einem Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und für die Tätigkeit als Pflegedienstleiterin entlassen wurde.

Den Rentenantrag lehnte die Beklagte nach Auswertung der medizinischen Unterlagen mit Bescheid vom 24. Mai 2017 ab, weil die Klägerin die medizinischen Voraussetzungen nicht erfülle.

Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs machte die Klägerin geltend, dass nicht sämtliche gesundheitlichen Beeinträchtigungen berücksichtigt worden seien. Soweit der ärztliche Entlassbericht der Ziegelfeldklinik vom 11. Mai 2017 Grundlage des Ablehnungsbescheids sei, werde dieser nicht anerkannt, weil er in verschiedenen Teilen unrichtig bzw. unvollständig sei. Zudem sei eine psychosomatische Rehabilitationsmaßnahme abzuwarten, um ihren Gesundheitszustand beurteilen zu können.

Die Beklagte ließ die Klägerin daraufhin zunächst durch die Fachärztin für Chirurgie Dr. S. begutachten. Im chirurgisch-orthopädischen Gutachten vom 11. Oktober 2017 stellte die Gutachterin folgende Diagnose:

  1. Bewegungs- und Funktionseinschränkung im Bereich der Halswirbelsäule bei degenerativen Veränderungen und Bandscheibenvorfall ohne sensomotorisches Defizit,
  2. Vorwölbung im Bereich der Lendenwirbelsäule ohne Spinalkanalstenose, ohne Bewegungseinschränkung, ohne sensomotorisches Defizit,
  3. Schulterbeweglichkeitsstörung rechts bei Z.n. OP mit leichter Bewegungs- und Funktionseinschränkung bei nachgewiesener Verschleißerscheinung, Z.n. Rotatorenmanschettenoperation,
  4. anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Anteilen,
  5. Anpassungsstörung.

Als weitere Diagnosen teilte sie eine Schwerhörigkeit mit Hörgeräten beidseits versorgt, MRT-befundlich Varusgonarthrose rechts, Kniegelenksverschleiß ohne Bewegungs- und Funktionseinschränkung sowie eine diskrete Bewegungseinschränkung rechte Hüfte bei beginnendem Verschleiß mit. Die Klägerin könne noch leichte bis mittelschwere Wechseltätigkeiten unter qualitativen Einschränkungen sechs- und mehrstündig ausüben. Die letzte ausgeübte Tätigkeit entspreche diesem Leistungsprofil. Ständige Armvorhaltetätigkeiten und Überkopftätigkeiten sowie Heben und Bewegen von Lasten über 15 Kilogramm sollten nicht abverlangt werden. Die Gehstrecke sei nicht eingeschränkt.

Des Weiteren erstattete die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie K. das psychiatrische Zusatzgutachten vom 3. November 2017. Sie diagnostizierte eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Anteilen sowie eine Anpassungsstörung. Die Leistungsfähigkeit der Klägerin sei auf Dauer nicht beeinträchtigt, sowohl für die letzte Tätigkeit als leitende Kraft im Pflegedienst als auch für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für sechs Stunden und mehr. Es bestünden qualitative Einschränkungen. Es sollten keine Wechselschicht, keine Nachtschicht sowie keine Arbeiten unter Stress durchgeführt werden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 3. April 2018 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Am 4. Mai 2018 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie auf Funktionseinschränkungen im Bereich der Halswirbelsäule und Lendenwirbelsäule mit sensomotorischem Defizit, eine eingeschränkte Schulterbeweglichkeit, eine posttraumatische Belastungsstörung mit einer somatoformen Schmerzstörung und weitere Erkrankungen (beispielsweise nächtliches Wasserlassen, Tinnitus, Schwerhörigkeit, Karpaltunnelsyndrom) verwiesen.

Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Der Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde und Allergologie Dr. R. hat unter dem 14. Juli 2018 berichtet, die Klägerin einmalig, am 30. Mai 2017 behandelt zu haben. Bei der Klägerin liege eine beidseitige Schwerhörigkeit vor. Eine Vollzeittätigkeit ohne besondere Anforderungen an das Hörvermögen sei sechs Stunden und mehr möglich. Die Fachärztin für Psychiatrie Dr. D.  hat mit Schreiben vom 12. Juli 2018 mitgeteilt, sie habe eine depressive Anpassungsstörung, Verdacht auf somatoforme Schmerzstörung, Verdacht auf posttraumatische Belastungsstörung und eine Schlafapnoe diagnostiziert. Eine abschließende Leistungsbeurteilung sei ihr aufgrund der quartalsmäßigen Vorstellungstermine nicht möglich. Der psychologische Psychotherapeut Dr. S. hat unter dem 24. Juli 2018 ausgeführt, die Klägerin habe sich vom 15. Februar 2017 bis 12. Oktober 2017 für zehn verhaltenstherapeutische Sitzungen vorgestellt. Er habe zunächst eine mittelgradige depressive Episode festgestellt, die aber im Verlauf der Therapie abgeklungen sei. Seiner Ansicht nach bestehe dauerhaft eine ausgeprägte kombinierte Persönlichkeitsstörung mit emotional-instabilen und abhängigen Anteilen. Eine Leistungseinschätzung in Stunden sei für die Klägerin nicht adäquat. Es stelle sich vielmehr die Frage, ob die Klägerin aufgrund ihrer Verhaltensauffälligkeiten geeignet sei, als Pflegedienstleiterin oder in einem anderen verantwortungsvollen Beruf zu arbeiten. Der Facharzt für Neurochirurgie Dr. R. hat im Schreiben vom 24. Oktober 2018 angegeben, die von ihm erhobenen Befunde und Diagnosen stimmten im Wesentlichen mit denen aus dem Verwaltungsgutachten überein. Die Klägerin sei in der Lage, sechs Stunden oder mehr überwiegend leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung auszuüben. Die Fachärztin für Allgemeinärztin Dr. M. hat am 7. Dezember 2018 mitgeteilt, die von ihr erhobenen Diagnosen stimmten im Wesentlichen mit den Diagnosen der Verwaltungsgutachten überein. Die depressive Störung im Sinne einer posttraumatischen Belastungsstörung und das chronische Schmerzsyndrom mit somatischen und psychischen Anteilen seien die führenden Diagnosen. Sie gehe davon aus, dass bei weiterer psychotherapeutischer Begleitung eine Arbeitsbelastung im Sinne einer stressfreien, vorwiegend sitzenden Bürotätigkeit in oder in der Nähe ihres beruflichen Erfahrungsfeldes drei bis vier Stunden täglich vorstellbar sei.

Das SG hat den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie PD Dr. L. mit Erstattung eines psychiatrischen Gutachtens beauftragt. Im Gutachten vom 30. Juni 2019 hat der Gutachter die Diagnosen einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig leichte depressive Episode, und einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Anteilen gestellt und die Klägerin für in der Lage erachtet, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Zum psychopathologischen Befund hat er insbesondere eine erhaltene Auffassung sowie eine ungestörte Konzentration und Gedächtnis, einen gedrückten Affekt, eine leichte Anhedonie sowie einen nicht schwer gestörten Antrieb, aber Erschöpfung angegeben.  Die depressive Störung der Klägerin manifestiere sich vor allem in einer Affektstörung mit reduzierter affektiver Schwingungsfähigkeit und psychomotorischer Verlangsamung. Die chronische Schmerzstörung führe zu leichter Erschöpfung und Schonverhalten. Beides führe zu einer reduzierten Durchhaltefähigkeit, vor allem bei Arbeiten unter Zeitdruck oder mit anderen starken Stressoren. Auch führe die Affektstörung zu Einschränkungen in der Flexibilität und Umstellungsfähigkeit sowie der Selbstbehauptungs- und Gruppenfähigkeit. Einseitige körperliche Belastungen sollten vermieden werden. Dies habe den Hintergrund, dass eine Überforderung mit Verschlechterung der Schmerzstörung vermieden werden solle, da dies auch die Depression verschlechtern könne. Andererseits solle auch eine Unterstützung des Schonverhaltens der Klägerin vermieden werden. Tätigkeiten mit Absturzgefahr seien aufgrund der Schwindelsymptome der Klägerin nicht möglich. Dasselbe gelte für Akkordarbeit oder Arbeit unter starkem Zeitdruck.

Mit Gerichtsbescheid vom 15. April 2020 hat das SG die Klage abgewiesen. Die festgestellten Gesundheitsstörungen schränkten das berufliche Leistungsvermögen der Klägerin nur in qualitativer Hinsicht ein. So bedingten die orthopädischen Gesundheitsstörungen eine Minderbelastbarkeit des Halte- und Bewegungsapparates, weshalb für die Klägerin lediglich noch leichte Tätigkeiten in Wechselhaltung ohne häufiges Bücken, Überkopfarbeiten oder vornübergebeugtes Arbeiten in Betracht kämen. Ebenso seien Arbeiten in Kälte oder Zugluft, das Heben über zehn Kilogramm sowie häufiges Heben über fünf Kilogramm nicht möglich. Im Hinblick auf die psychische Situation seien darüber hinaus Arbeiten unter Zeitdruck oder mit anderen starken Stressoren sowie Tätigkeiten mit Absturzgefahr (aufgrund der Schwindelsymptome) nicht mehr leidensgerecht. Das Gericht stütze sich insoweit auf das Gutachten von PD Dr. L.. Im Rahmen des dargestellten Leistungsbildes wirkten sich die von ohrenärztlicher Seite bestehenden Gesundheitsstörungen nicht weiter nachteilig aus. Bei Beachtung dieser Einschränkungen führten die Gesundheitsstörungen nicht zu einer quantitativen Leistungsminderung. Vielmehr sei die Klägerin nach Überzeugung des Gerichts noch in der Lage, leichte, diesen Anforderungen Rechnung tragende Tätigkeiten sechs Stunden und mehr zu verrichten. Mit diesen Einschränkungen werde der körperlichen und psychischen Minderbelastbarkeit der Klägerin in vollem Umfang Rechnung getragen. Die Kammer stütze sich auch insoweit auf die Einschätzung des Gutachters PD Dr. L., der überzeugend herausgearbeitet habe, dass die verminderte psychische Belastbarkeit der Klägerin mit leichten körperlichen Tätigkeiten, die ihren psychischen Einschränkungen Rechnung trügen, durchaus vereinbar sei. Auch der behandelnde Neurochirurg Dr. R. habe diese Einschätzung auf seinem Fachgebiet geteilt, indem er ein sechsstündiges Leistungsvermögen bejaht habe. Aus den genannten qualitativen Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit ergäben sich weder schwere spezifische Leistungsbehinderungen noch stellten die qualitativen Leistungseinschränkungen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen dar. Auch habe die Kammer aufgrund der erhobenen Befunde eine Einschränkung der Wegefähigkeit nicht feststellen können.

Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigen am 4. Mai 2020 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 4. Juni 2020 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, die Beurteilung von Dr. S. sei nicht korrekt. Die letzte ausgeübte Tätigkeit entspreche nicht dem Leistungsprofil. Die Gehstrecke sei nicht immer gleich und im Wochenverlauf oft stark reduziert. Nach der Diagnostik von Frau Dr. K. liege u.a. eine posttraumatische Belastungsstörung vor. Die psychosomatischen Rehamaßnahmen seitens der Deutschen Rentenversicherung seien nicht durchgeführt worden. Auch die Einschätzung von Dr. R. sei nicht korrekt. Sie sei von ihm auch nicht nur einmal behandelt worden. Das Tragen eines Hörgeräts beseitige nicht die Schwerhörigkeit. Die Kommunikation sei zuweilen erheblich erschwert. Bei der Aussage von Dr. R. komme die Frage auf, ob im vorliegenden Fall nicht eine Patientenverwechslung in der Stellungnahme vorliege. Herr Dr. R. habe in der Vergangenheit als erster Arzt und in seiner ersten Stellungnahme eine erhebliche Belastungsstörung und Leistungsminderung festgestellt. Von der Hausärztin Dr. M. sei im Urteil nichts zu den Herzbeschwerden oder auch der Schlafapnoe zu lesen. Das Gutachten von PD Dr. L. berücksichtige die internistische Krankheitsgeschichte nicht. Die psychomotorische Verlangsamung sei Folge eines Arbeitsunfalls von 2009. Die Erschöpfungsphasen seien intermittierend sehr stark. Die HWS-Erkrankung mit der sich bereits entwickelnden Spinalkanalstenose wirke sich dominierend auf das Bewegungs-Konzentrationsverhalten, Kiefergelenk und Zahnreihen-Zahnverlust nach Unfallereignis, Schlaganfallsymptome, temporäre Sehstörungen, Herz-Kreislaufbeschwerden, Wassereinlagerungen am ganzen Körper sowie massive Erschöpfung aus. Es habe sich in der Folge eine Schlafapnoe entwickelt. Es bestehe in der Folge die Gefahr entstehender Herzinfarkte und Schlaganfälle. Die gesamten Umstände seien bei den vorliegenden Sachverständigengutachten nicht ausreichend bzw. überhaupt nicht berücksichtigt worden.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 15. April 2020 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24. Mai 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. April 2018 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Dezember 2016 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Der Senat hat erneut die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen befragt.

Der Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie Dr. B. hat unter dem 11. Februar 2021 mitgeteilt, dass er die Klägerin lediglich einmalig am 24. Juli 2017 untersucht und wegen der Frage eines Schlafapnoe-Syndroms an eine pulmologische Praxis überwiesen habe. Er hat den Bericht vom 24. Juli 2017 vorgelegt.

Die Fachärztin für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde E. hat mit Schreiben vom 12. Februar 2021 über zwei Vorstellungen der Klägerin, am 9. November 2017 und am 21. Dezember 2020, berichtet und ihre diesbezüglichen Arztbriefe sowie einen Bericht des Schlaflabors der Klinik für Neurologie, Neurophysiologie und Frührehabilitation, G. vom 26. Oktober 2018 vorgelegt.

Die Fachärztin für Psychiatrie, Psychotherapie Dr. D.  hat unter dem 11. Februar 2021 zehn Behandlungstermin vom 17. November 2016 bis 12. Dezember 2018 aufgeführt und insbesondere die im Jahr 2018 erhobenen Befunde und gestellten Diagnosen mitgeteilt.

Der Facharzt für Neurochirurgie Dr. R. hat im Schreiben vom 26. Februar 2021 eine letztmalige Vorstellung der Klägerin am 27. November 2018 angegeben. Im Jahr 2018 habe überwiegend das chronische Cerviko-Brachialgie-Syndrom mit Schmerzen in der rechten Hand im Vordergrund gestanden. Die Parästhesien hätten sich nach einer CTS-OP am 12. November 2018 etwas gebessert. Er hat unter anderem seinen Bericht vom 12. November 2018 sowie einen Auszug aus seiner Patientenakte vorgelegt.

Die Beklagte hat die sozialmedizinische Stellungnahme der Fachärztin für Orthopädie J. vom 7. April 2021 vorgelegt.

Die Berichterstatterin hat mit den Beteiligten am 2. Dezember 2021 einen Erörterungstermin durchgeführt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
 

Entscheidungsgründe

Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG), aber unbegründet.

Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist der Bescheid vom 24. Mai 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. April 2018 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit ab 1. Dezember 2016 abgelehnt hat. Dagegen hat sich die Klägerin statthaft mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 56 SGG) gewandt und die Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Dezember 2016 geltend gemacht. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat die Klägerin zu Recht nicht geltend gemacht, da sie nicht vor dem 2. Januar 1961 geboren ist und damit von vornherein nicht zum Kreis der Anspruchsberechtigten dieser Rente gehört (§ 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]).

Der Bescheid der Beklagten vom Bescheid vom 24. Mai 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. April 2018 stellt sich als rechtmäßig dar und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI (in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung gemäß Gesetz vom 20. April 2007 [BGBl. I, S. 554]) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind auch Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt (§ 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI). Versicherte haben nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn neben den oben genannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen eine teilweise Erwerbsminderung vorliegt. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Die Tatsachengerichte der Sozialgerichtsbarkeit haben von Amts wegen (§ 103 SGG) mit Hilfe (medizinischer) Sachverständiger (§ 106 Abs. 3 Nr. 5 SGG) zu ermitteln und festzustellen, a) Art, Ausprägung und voraussichtliche Dauer der Krankheit(en) oder Behinderung(en), an denen der Versicherte leidet, b) Art, Umfang und voraussichtliche Dauer der quantitativen und qualitativen Leistungseinschränkungen (Minderbelastbarkeiten, Funktionsstörungen und -einbußen) sowie den c) Ursachenzusammenhang („wegen“) zwischen a) und b) (z.B. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 9. Mai 2012 – B 5 R 68/11 R – juris Rdnr. 13).

Die Klägerin hat zwar die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren (§ 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 51 Abs. 1 SGB VI) erfüllt. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, wonach der Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung voraussetzt, dass Versicherte in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben, wäre jedoch nur dann erfüllt, wenn die Erwerbsminderung spätestens am 31. Januar 2017 eingetreten wäre. Allenfalls käme noch eine Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bis zum Eintritt des Leistungsfalls am 31. August 2017 in Betracht.

Der aktuelle Versicherungsverlauf der Klägerin vom 9. Februar 2022 weist 36 Monate mit versicherungspflichtigen Beitragszeiten in einem Fünf-Jahres-Zeitraum vor einem möglichen Leistungsfall zuletzt in der Zeit vom 31. Januar 2012 bis 30. Januar 2017 auf. In diesem Zeitraum hat die Klägerin von Januar 2012 bis Januar 2014 sowie von September 2014 bis Juli 2015 Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt.

Allenfalls kommt für die Monate Februar 2014 bis August 2014 die Berücksichtigung einer Anrechnungszeit wegen Arbeitsunfähigkeit in Betracht, weswegen der Fünf-Jahres-Zeitraum um sieben Monate bis zum 31. August 2017 zu verlängern sein könnte. Gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI sind Anrechnungszeiten Zeiten, in denen Versicherte wegen Krankheit arbeitsunfähig gewesen sind oder Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten haben. Der Begriff der „Arbeitsunfähigkeit“ im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung richtet sich nach dem entsprechenden Begriff in der gesetzlichen Krankenversicherung (so bereits BSG, Großer Senat vom 16. Dezember 1981 – BSGE 53, 22 = SozR 2200 § 1259 Nr. 59 zum Begriff der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit gemäß § 182 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Reichsversicherungsordnung [RVO] als Voraussetzung einer Ausfallzeit im Sinne des § 1259 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RVO). Diese Gesetzesauslegung ist auch unter dem seit 1. Januar 1989 geltenden Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) und dem ab 1. Januar 1992 in Kraft getretenen SGB VI beibehalten worden (vgl. BSG, Urteil vom 25. Februar 2004 – BSGE 92, 199 = SozR 4 2600 § 43 Nr. 2, Rdnr. 13 m.w.N.; BSG, Urteil vom 25. Februar 2010 – B 13 R 116/08 R – juris Rdnr. 14). In der gesetzlichen Krankenversicherung ist der Begriff der Arbeitsunfähigkeit nur im Rahmen des Anspruchs auf Krankengeld (§§ 44 ff. SGB V) relevant. Dort aber definiert sich seit Inkrafttreten des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) eine andauernde, auf derselben Krankheit beruhende Arbeitsunfähigkeit jedenfalls ab dem Beginn des dritten Jahres seit ihrem Beginn nicht mehr (eng) als Unfähigkeit zur Ausübung der bisherigen beruflichen Tätigkeit. Denn dann kann ein Anspruch auf Krankengeld nur bestehen, wenn der Versicherte „in der Zwischenzeit (also nach Aussteuerung aus dem Krankengeldbezug) mindestens sechs Monate nicht wegen dieser Krankheit arbeitsunfähig“ war (§ 48 Abs. 2 Nr. 1 SGB V). Da jedoch der Anspruch auf Krankengeld Arbeitsunfähigkeit voraussetzt, muss, damit der zitierten Vorschrift ein Sinn beigemessen werden kann, sich die Wendung „nicht […] arbeitsunfähig“, ohne dass sich der Gesundheitszustand gebessert hätte, auf die Unfähigkeit zur Ausübung nicht der letzten, sondern einer anderen (leichteren) Tätigkeit beziehen. Hieraus hat die Rechtsprechung – zunächst des für das allgemeine Leistungsrecht der Krankenversicherung zuständigen 1. Senats des BSG (BSG, Urteil vom 28. September 1993 – BSGE 73, 121, 124 = SozR 3-4100 § 158 Nr. 1 S. 3 f.; ferner BSG, Urteil vom 14. Februar 2001 – SozR 3-2500 § 44 Nr. 9 S. 27 f.) und im Anschluss daran des für das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung zuständigen 5. Senats (BSG, Urteil vom 25. Februar 2004 – BSGE 92, 199 = SozR 4-2600 § 43 Nr. 2, Rdnr. 16 ff.) – den Schluss gezogen, dass der krankenversicherungsrechtliche Berufsschutz für die ursprüngliche Beschäftigung mit dem Ablauf des ersten Dreijahreszeitraums endet (zu weiteren Einzelheiten des sog. Dreiphasenmodells BSG, Urteil vom 25. Februar 2010 – B 13 R 116/08 R – juris Rdnr. 15). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe könnte bei der Klägerin längstens bis zum 14. August 2015 Arbeitsunfähigkeit vorgelegen haben. Unterstellt, die Klägerin war spätestens seit 15. August 2012 (sechs Wochen vor Beginn des Krankengeldbezuges ab 26. September 2012, vgl. § 3 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz) über den Krankengeldbezug hinaus, obgleich sie nicht ausgesteuert wurde (vgl. § 48 Abs. 1 SGB V), auch während des Bezugs von Arbeitslosengeld und nach dessen Beendigung am 30. Januar 2014 durchgehend wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig erkrankt, weil sie ihre Tätigkeit als Pflegedienstleiterin nicht den Anforderungen ihres Arbeitsplatzes entsprechend ausüben konnte, ist der krankenversicherungsrechtliche Berufsschutz für die bei Beginn der Erkrankung ausgeübte Tätigkeit nach Beendigung des auf die Beschäftigung als Pflegedienstleiterin bezogenen Versicherungsverhältnisses in jedem Fall mit Ende des ersten Dreijahreszeitraums am 14. August 2015 entfallen (vgl. BSG, Urteil vom 25. Februar 2004 – B 5 RJ 30/02 R = BSGE 92, 199 = SozR 4-2600 § 43 Nr. 2). Ab diesem Zeitpunkt wäre Maßstab für das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit nicht mehr die zuletzt ausgeübte Tätigkeit, sondern eine leichte Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarkts. Allerdings hat die Klägerin vom 15. September 2014 bis 31. Juli 2015 wieder Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt und offenbar eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt, so dass für den Monat August 2015 keine Arbeitsunfähigkeit bezogen auf die Beschäftigung als Pflegedienstleiterin mehr angenommen werden kann. Eine Anrechnungszeit wegen Arbeitsunfähigkeit könnte somit allenfalls für die Zeit vom 31. Januar 2014 bis 14. September 2014 vorliegen, wobei die Monate Januar 2014 und September 2014 zugleich als Pflichtbeitragszeiten zu berücksichtigen sind (vgl. § 55 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 3 SGB VI), so dass diese beiden Monate nicht zugleich als Verlängerungstatbestand berücksichtigt werden können (vgl. § 43 Abs. 4 Satz 1 SGB VI). In einem um die Anrechnungszeit wegen Arbeitsunfähigkeit (sieben Monate) verlängerten Zeitraum von fünf Jahren (§ 43 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI) vom 31. Januar 2012 bis zum 30. August 2017 liegen 36 Monate mit Pflichtbeitragszeiten. Jedenfalls bei Eintritt des Leistungsfalls am 1. September 2017 oder zu einem späteren Zeitpunkt wären die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt. Denn im dann maßgeblichen Zeitraum vom 1. Februar 2012 bis zum 31. August 2017 liegen lediglich 35 Monate mit Pflichtbeitragszeiten (Februar 2012 bis Januar 2014 und September 2014 bis Juli 2015). Die Folgezeit ab Juli 2015 ist ausweislich des Versicherungsverlaufs vom 9. Februar 2022 auch nicht mit rentenrechtlichen Zeiten belegt, welche den Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 4 SGB VI verlängern könnten.

Der Senat ist jedoch nicht davon überzeugt, dass bei der Klägerin Gesundheitsstörungen vorliegen, die spätestens am 31. August 2017 ihr quantitatives Leistungsvermögen auf unter sechs Stunden täglich eingeschränkt haben. Vielmehr war die Klägerin noch in der Lage, jedenfalls leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten, sodass sie nicht erwerbsgemindert war. Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheides zutreffend dargelegt, dass nach den von der Beklagten eingeholten Gutachten von der Fachärztin für Chirurgie Dr. S. und der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie K. – die im Wege des Urkundenbeweises zu verwerten sind (vgl. BSG, Beschluss vom 14. November 2013 – B 9 SB 10/13 B – juris Rdnr. 6; BSG, Urteil vom 5. Februar 2008 – B 2 U 8/07 R – juris Rdnr. 51) –, dem vom SG bei PD Dr. L. eingeholten Gutachten und den Angaben der sachverständigen Zeugen die bei der Klägerin aufgrund ihrer Gesundheitsstörungen vorliegenden Beeinträchtigungen lediglich zu einer qualitativen Leistungseinschränkung, nicht jedoch zu einer zeitlichen Leistungseinschränkung auf weniger als sechs Stunden arbeitstäglich führen. Der Senat weist die Berufung insoweit aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).

Etwas anderes folgt nicht aus dem Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren und den Angaben der ergänzend befragten sachverständigen Zeugen:

Ob die von der Klägerin zuletzt ausgeübte Tätigkeit ihrem Leistungsprofil entspricht, ist für die Beurteilung des Vorliegens einer rentenberechtigenden Verminderung der Erwerbsfähigkeit nicht relevant, da es lediglich auf die Fähigkeit zur Verrichtung leichter Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ankommt. Der vom Gutachter PD Dr. L. und auch schon von der Sachverständigen K. aufgestellten Anforderung der Vermeidung von stressbelastenden Tätigkeiten bzw. Tätigkeiten unter Zeitdruck wird durch entsprechende qualitative Einschränkungen hinsichtlich entsprechender Tätigkeiten genüge getan. Eine zeitliche Leistungsminderung für Tätigkeiten ohne Zeitdruck oder sonstigen Stress resultiert daraus nicht.

Eine posttraumatische Belastungsstörung wurde von der Gutachterin K. ebenso wenig wie von PD Dr. L. diagnostiziert. Eine entsprechende Diagnose ist darüber hinaus auch nicht geeignet, eine verminderte Erwerbsfähigkeit zu begründen. Denn nicht Diagnosen sind für die Frage des Vorliegens einer rentenrechtlich relevanten Erwerbsminderung entscheidend, sondern alleine Funktionsbeeinträchtigungen anhand der festzustellenden objektiv-klinischen Befunde (Senatsurteil vom 17. März 2016 – L 7 R 1752/14 – n.v.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. September 2012 – L 13 R 6087/09 – juris Rdnr. 22). Aus diesem Grund ist aus der von der sachverständigen Zeugin Dr. D.  angegebenen Verdachtsdiagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung nichts herzuleiten. Schwerwiegende psychopathologische Befunde hat Dr. D.  nach ihren Angaben jedenfalls nicht erhoben, insbesondere hat sie keine mnestischen Defizite, keine schwere Antriebsstörung und eine erhaltene affektive Resonanzfähigkeit mitgeteilt.

Das Vorliegen einer Schwerhörigkeit beeinträchtigt zur Überzeugung des Senats ebenfalls nicht die Fähigkeit zur Verrichtung leichter Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne besondere Anforderungen an das Hörvermögen. Seit wann eine Schwerhörigkeit besteht, ob diese insbesondere auf einen Arbeitsunfall zurückzuführen ist, ist für die Frage des Vorliegens einer Erwerbsminderung ohne Bedeutung. Hinsichtlich eines von der Klägerin geklagten Schwindels war nach den Ausführungen des sachverständigen Zeugen Dr. R. eine kalorische Prüfung unauffällig, so dass der Schwindel nicht zu objektivieren war. Im Übrigen genügen wegen der Schwindelsymptomatik qualitative Einschränkungen hinsichtlich Tätigkeiten mit Absturzgefahr, die ausschließen sind, worauf auch der Gutachter PD Dr. L. hingewiesen hat.

Auf orthopädischem Fachgebiet hat der sachverständige Zeuge Dr. R. auch im Berufungsverfahren keine Befunde mitgeteilt, die gegen die Verrichtung leichter Tätigkeiten sprechen würden.

Schließlich bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass Gesundheitsstörungen auf internistischem Fachgebiet die Klägerin an der Verrichtung leichter Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden arbeitstäglich hindern würden. Nach dem Bericht des Kardiologen Dr. B. vom 27. Juli 2017 bestand lediglich ein unbedeutender Reflux an der Mitral- und Trikuspidalklappe. Bei einer Duplexuntersuchung der Carotiden stellten sich beidseits unauffällige Verhältnisse dar. Anhaltspunkte für eine beschleunigt ablaufende Atheromatose ergaben sich nicht. Eine Ergometrie war bis eine Minute mit 150 Watt möglich, ohne dass sich Hinweise auf eine Koronarinsuffizienz ergaben. Das Blutdruck- und Frequenzverhalten waren normal. Seitens des pulmologischen Fachgebiets besteht nach dem Bericht vom 21. Dezember 2020 der sachverständigen Zeugin E., bei der sich die Klägerin erstmals am 9. November 2017 vorgestellt hat, ein leichtgradiges obstruktives Schlafapnoesyndrom und ein unauffälliger funktioneller bronchopulmonaler Befund. Anhaltspunkte für Einschränkungen hinsichtlich der Verrichtung körperlich leichter Tätigkeiten, insbesondere bezogen auf den Zeitraum bis zum 31. August 2017, ergeben sich daraus nicht.

Weitere Ermittlungen des Senats von Amts wegen drängen sich danach nicht auf. Der Sachverhalt ist durch die vom SG und vom Senat durchgeführten Ermittlungen sowie die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen vollständig aufgeklärt, diese vermitteln dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 Zivilprozessordnung).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.  

Rechtskraft
Aus
Saved