Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 29. Mai 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. April 2018 verurteilt, der Klägerin für die am 22. August 2018 begonnene dreijährige Weiterbildung zur staatlich geprüften Atem-, Sprech- und Stimmlehrerin die Kosten in Höhe von 15489 € zu zahlen und ihr für diese Zeit ergänzende Leistungen in gesetzlichem Umfang zu gewähren.
Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Gestalt einer Weiterbildung zur Atem-, Sprech- und Stimmlehrerin.
Die 1971 geborene Klägerin stellte am 8. Februar 2017 bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Gestalt der bezeichneten Weiterbildung, nachdem sie im Zeitraum vom 28. Dezember 2016 bis zum 8. Februar 2017 vor allem wegen psychiatrischer Leiden Leistungen zur medizinischen Rehabilitation seitens der Beklagten in Anspruch genommen hatte (vgl. den Reha-Entlassungsbericht der Rosengarten Klinik Bad Kissingen vom 13. Februar 2017, Blatt 25 ff. der Verwaltungsakte).
Daraufhin bewilligte die Beklagte der Klägerin durch Bescheid vom 29. März 2017 Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben dem Grunde nach. Wegen der Einzelheiten des Bescheides wird verwiesen auf Blatt 33 der Verwaltungsakte.
Zur weiteren Klärung von Art und Umfang zu erbringender Leistungen führte die Beklagte zunächst ein Beratungsgespräch mit der Klägerin durch (vgl. wegen des Ergebnisses der Beratung Blatt 39 der Verwaltungsakte). Den gestellten Antrag lehnte sie sodann nach einer Kurz-Stellungnahme ihrer Beratungsärztin, wonach die neue Tätigkeit langfristig nicht leidensgerecht sei (Stellungnahme vom 19. Mai 2017, Blatt 41 der Verwaltungsakte), durch Bescheid vom 29. Mai 2017 ab. Wegen der Einzelheiten des Bescheides wird Bezug genommen auf Blatt 43 der Verwaltungsakte.
Den dagegen mit Schreiben vom 6. Juni 2017 eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin mit Schreiben vom 27. Juni 2017 unter Vorlage medizinischer und psychotherapeutischer Atteste sowie einer Aufnahmebescheinigung der Ausbildungsstätte. Im laufenden Widerspruchsverfahren absolvierte die Klägerin im Zeitraum vom 6. September bis zum 17. Oktober 2017 eine medizinisch-berufliche Rehabilitation im Zentrum für psychiatrische Rehabilitation in C-Stadt. Wegen des Verlaufes sowie des Ergebnisses der Rehabilitation wird Bezug genommen auf den Reha-Entlassungsbericht vom 9. November 2017 (vgl. Blatt 122 bis 137 der Verwaltungsakte).
In der Folge wies die Beklagte den eingelegten Widerspruch nach einer Kurz-Stellungnahme ihrer Beratungsärztin vom 9. Januar 2018 (Blatt 143 R der Verwaltungsakte) durch Widerspruchsbescheid vom 23. April 2018 zurück. Insbesondere seien Qualifizierungsmaßnahmen und Tätigkeiten im sozialen, therapeutischen sowie pflegerischen Bereich nicht leidensgerecht. Die Tätigkeit als Atem-, Sprech- und Stimmlehrerin sei gekennzeichnet durch hohe Verantwortung für Personen. Der tägliche Kontakt mit zum Beispiel kranken und verletzten Menschen erfordere eine hohe psychische Stabilität. Die bei der Klägerin vorliegende Gesundheitsstörung in Form einer rezidivierenden depressiven Störung stehe der dauerhaften Ausübung dieser Tätigkeit entgegen. Aus sozialmedizinischer Sicht seien die Aussichten für eine erfolgreiche Rehabilitation durch die begehrte Leistung nicht ausreichend, um einer Förderung zustimmen zu können. Zudem sollten Leistungen für die berufliche Weiterbildung in der Regel nur erbracht werden, wenn die Leistung bei ganztägigem Unterricht nicht länger als zwei Jahre dauere, es sei denn, dass das Teilhabeziel nur durch eine länger dauernde Leistung erreicht werden könne oder die Eingliederungsaussichten nur durch eine länger dauernde Leistung wesentlich verbessert würden. Es bestehe kein Grund zu der Annahme, dass das Teilhabeziel nur durch eine mehr als zweijährige Ausbildung erreichbar sei. Im Falle der Klägerin seien leidensgerechte Alternativen mit einer Dauer bis zu 24 Monaten vorhanden. Angesichts der eingeschränkten Umschulungsbereitschaft sei eine weitere Ermessensbetätigung im Zusammenhang mit weiteren beruflichen Alternativen und Vorschlägen nicht angezeigt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Widerspruchsbescheides wird Bezug genommen auf Blatt 167 bis 169 der Verwaltungsakte.
Dagegen hat die Klägerin mit Schreiben vom 15. Mai 2018, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, Klage zum Sozialgericht Fulda erhoben. Sie trägt insbesondere vor, im Verwaltungsverfahren seien keine ausreichenden berufskundlichen und arbeitsmedizinischen Ermittlungen erfolgt. Auch sei der Reha-Bericht zu undifferenziert, und es seien falsche Schlüsse gezogen worden. Allein deshalb sei die Entscheidung fehlerhaft. Darüber hinaus sei jedoch auch die begehrte Ausbildung leidensgerecht. Bei Ausübung dieser Tätigkeit könne die Klägerin innerhalb eines klaren, von ihr selbst zu erstellenden Zeitplanes und in einem strukturierten Setting ohne weitere äußere Störfaktoren arbeiten. Auch sei durch die Tätigkeit das Entstehen orthopädischer oder psychiatrischer Leiden nicht zu erwarten.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 29. Mai 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. April 2018 zu verurteilen, der Klägerin für die am 22. August 2018 begonnene dreijährige Weiterbildung zur staatlich geprüften Atem-, Sprech- und Stimmlehrerin die Kosten in Höhe von insgesamt 15.489,-- € zu zahlen und ihr für diese Zeit ergänzende Leistungen in gesetzlicher Höhe zu gewähren,
hilfsweise,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 29. Mai 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. April 2018 zu verpflichten, den Antrag der Klägerin vom 8. Februar 2017 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verteidigt den angegriffenen Bescheid. Zwar kämen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben grundsätzlich in Betracht. Der Antrag auf die gewünschte Ausbildung habe jedoch abgelehnt werden müssen, da diese nach Auswertung der medizinischen Unterlagen durch den sozialmedizinischen Dienst als nicht leidensgerecht erachtet worden sei. Im Hinblick auf die bemängelte Ermessensbetätigung sei darauf hinzuweisen, dass eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegend nicht erkannt werden könne. Dies gelte auch deshalb, weil die Klägerin auf die begehrte Maßnahme fixiert gewesen sei. Auch insofern seien weitere Fachberatungen und Ermessensausübung seitens der Beklagten nicht zielführend gewesen. Ermessensfehler seien nicht ersichtlich. Insofern dürfe das Gericht sein Ermessen nicht an die Stelle des Verwaltungsermessens setzen.
Im laufenden Klageverfahren hat die Klägerin zunächst ärztliche Unterlagen zur Gerichtsakte überreicht. Des Weiteren hat sie die Anmeldebestätigung und den Ausbildungsvertrag zu der Maßnahme überreicht, nachdem sie am 22. August 2018 die auf drei Jahre angelegte Ausbildung begonnen hat. Wegen der Einzelheiten des Vertrages und der Zahlungsmodalitäten wird Bezug genommen auf Blatt 166 bis 173 der Gerichtsakte sowie die Angaben der Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung. Ergänzend hat Sie auf Nachfrage des Gerichts angegeben, dass sie aufgrund der Ablehnung der begehrten Leistungen seitens der Beklagten zur Durchführung der Weiterbildung die Gebühren und den aktuellen Lebensunterhalt durch einen elterlichen Kredit sowie einen Ausbildungsförderungskredit bestreitet. Außerdem erhält sie nach eigenen Angaben Wohngeld.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines psychiatrisch-psychosomatischen Sachverständigengutachtens. Der Sachverständige Dr. H., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Facharzt für Psychosomatische Medizin, gelangt in dem aufgrund ärztlicher Untersuchung vom 8. März 2019 erstellten Sachverständigengutachten zu folgenden Symptomdiagnosen:
- rezidivierende depressive Störung, 2001 und 2017, gegenwärtig remittiert [ICD-10: F 33.4], als nachvollziehbare Lebenskrisen zu verstehen,
- sonstige Reaktion auf schwere Belastung (einmalige sexuelle Belästigung des Vaters im 10. Lebensjahr, therapeutisch ausreichend aufgearbeitet) [ICD-10: F 43.8],
sowie der Strukturdiagnose einer altruistischen Bildung der Persönlichkeit mit histrionischen Zügen.
Wegen der übernommenen körperlichen Diagnosen wird verwiesen auf Seite 36 des Gutachtens (Blatt 132 der Gerichtsakte).
Es bestünden kein wesentlich qualitativer und auch kein quantitativer erwerbsmindernder Dauereinfluss im Zeitraum von mehr als 6 Monaten für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Wegen der zu berücksichtigenden qualitativen Leistungseinschränkungen wird verwiesen auf Seite 50 bis 52 des Gutachtens (Blatt 146 bis 148 der Gerichtsakte).
Bei der Klägerin bestehe keine geminderte oder gefährdete Erwerbsfähigkeit; nach Feststellung der körperlich-geistigen Leistungsfähigkeit, der Motivation und unter Berücksichtigung des Alters sei sie in der Lage, Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Allerdings sei die zuvor ausgeübte Tätigkeit als Krankenschwester nicht mehr leidensgerecht wegen der bewegungs- und belastungsabhängigen Schmerzen und Funktionsstörungen des Stütz- und Bewegungsapparates.
Nach Einschätzung des Sachverständigen ergebe sich keine Schwierigkeit, dass die Klägerin die Aufgaben und Tätigkeiten der angestrebten Umschulung im Einzelnen erledigen könne. Es bestünden keine Einschränkungen für den präventiven und pädagogischen Bereich. In diesem Zusammenhang könne die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung in keinster Weise aufrechterhalten werden.
Die Prognose zum Zeitpunkt der Untersuchung einschließlich der bis zum Zeitpunkt der Begutachtung gezeigten Leistungen der Durchhaltefähigkeit in der bisherigen Umschulung nach einem halben Jahr führten zu der Auffassung des Sachverständigen, dass die Klägerin über eine Eignung, insbesondere in der angestrebten Tätigkeit als Atem-, Sprech- und Stimmlehrerin verfüge.
Unter Berücksichtigung der Wechselwirkung und Summierung von Gesundheitsstörungen auf anderen Fachgebieten bestünden keine weitergehenden Leistungseinschränkungen. Körpermedizinische Summierungseffekte seien bei der Leistungsbeurteilung berücksichtigt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverständigengutachtens wird Bezug genommen auf Blatt 97 bis 154 der Gerichtsakte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insbesondere wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten, der erteilten gerichtlichen Hinweise sowie des Inhaltes der medizinischen Unterlagen, wird verwiesen auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten (1 Band), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid vom 29. Mai 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. April 2018 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung der Kosten für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form der am 22. August 2018 begonnenen dreijährigen Weiterbildung zur staatlich geprüften Atem-, Sprech- und Stimmlehrerin sowie Gewährung von ergänzenden Leistungen in gesetzlichem Umfang für diesen Zeitraum.
Rechtsgrundlage ist, soweit die Kosten durch Abschluss des Ausbildungsvertrages und teilweisen Absolvierung der streitgegenständlichen Maßnahme bereits angefallen sind und Erstattung begehrt wird, § 15 Abs. 1 Satz 4 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX, nachfolgend stets Zitierung der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung), vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Juli 2014, Az.: L 11 R 2652/13, Rn. 24 m. w. N.
Nach dieser Regelung besteht die Erstattungspflicht auch, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder er eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Da hier eine unaufschiebbare Leistung nicht vorgelegen hat, kommt nach § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX eine Kostenerstattung lediglich dann in Betracht, wenn dem Kläger Kosten wegen einer zu Unrecht erfolgten Ablehnung entstanden sind. Dies ist vorliegend der Fall. Ein Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX i. V. m. § 33 SGB IX für eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben setzt einen entsprechenden Primärleistungsanspruch voraus. Dieser Primärleistungsanspruch ist gleichzeitig Rechtsgrundlage für die Verpflichtung der Beklagten zur Übernahme der bisher noch nicht angefallenen Kosten im weiteren Verlauf der Weiterbildung.
Voraussetzung für eine Kostenerstattung nach rechtswidriger Ablehnung der Leistung durch den Reha-Träger ist der notwendige Kausalzusammenhang zwischen der ablehnenden Entscheidung der Verwaltung und der Selbstbeschaffung. An einem solchen Zusammenhang fehlt es, wenn der Reha-Träger vor Beginn der Maßnahme mit dem Leistungsbegehren überhaupt nicht befasst wurde oder der Antragsteller die Entscheidung des Reha-Trägers in einem angemessenen Zeitraum nicht abgewartet hat, obwohl ihm dies möglich und zumutbar gewesen wäre (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Juli 2014, Az.: L 11 R 2652/13, Rn. 26). Vorliegend hat die Klägerin die Weiterbildung erst nach dem Abschluss des Widerspruchsverfahrens im laufenden Klageverfahren begonnen, so dass der erforderliche Kausalzusammenhang besteht.
Gemäß § 301 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sind für Leistungen zur Teilhabe bis zum Ende der Leistungen die Vorschriften weiter anzuwenden, die im Zeitpunkt der Antragstellung galten, hier zum Zeitpunkt der Antragstellung am 8. Februar 2017. Die Beklagte erbrachte gemäß § 16 SGB VI die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu diesem Zeitpunkt nach den §§ 33 ff. SGB IX.
Zur Teilhabe am Arbeitsleben wurden gemäß § 33 Abs. 1 SGB IX die erforderlichen Leistungen erbracht, um die Erwerbsfähigkeit behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern. Die Leistungen umfassten insbesondere auch berufliche Anpassung und Weiterbildung (§ 33 Abs. 3 Nr. 3 SGB IX) sowie berufliche Ausbildung, auch soweit die Leistungen in einem zeitlich nicht überwiegenden Abschnitt schulisch durchgeführt wurden (§ 33 Abs. 3 Nr. 4 SGB IX). Bei der Auswahl der Leistungen wurden gemäß § 33 Abs. 4 Satz 1 SGB IX Eignung, Neigung, bisherige Tätigkeit sowie Lage und Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt angemessen berücksichtigt.
Die Rentenversicherung erbringt gemäß § 9 Absatz 1 Satz 1 SGB VI Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie ergänzende Leistungen, um
1. den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und
2. dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern.
Die Leistungen nach Absatz 1 können gemäß § 9 Absatz 2 SGB VI erbracht werden, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind.
Vorliegend hat die Beklagte durch bestandskräftigen Bescheid vom 29. März 2017 anerkannt, dass die Klägerin dem Grunde nach die persönlichen (§ 10 SGB VI) und die versicherungsrechtlichen (§ 11 SGB VI) Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe erfüllt.
Der Träger der Rentenversicherung bestimmt sodann gemäß § 13 Abs. 1 SGB VI im Einzelfall unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung dieser Leistungen sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen.
Kommen insofern bei bestehendem Anspruch dem Grunde nach verschiedene Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Betracht, die gleichermaßen geeignet sind, die Teilhabe des Versicherten am Arbeitsleben zu sichern, hat der Reha-Träger grundsätzlich ein Auswahlermessen, welche Maßnahme er gewähren will (Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Oktober 2006, Az.: B 5 RJ 15/05 R, Rn. 34; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Juli 2014, Az.: L 11 R 2652/13, Rn. 30). Dieses Auswahlermessen muss gemäß § 39 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) pflichtgemäß ausgeübt werden, also insbesondere am Gesetzeszweck der dauerhaften beruflichen Eingliederung ausgerichtet werden (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Juli 2014, Az.: L 11 R 2652/13, Rn. 30).
In die Auswahlentscheidung können jedoch gemäß § 33 Abs. 4 Satz 1 SGB IX lediglich solche Maßnahmen einbezogen werden, für die der Betroffene eine uneingeschränkte Eignung besitzt.
Entgegen der Einschätzung der Beklagten ist die Klägerin für die Weiterbildung zur Atem-, Sprech- und Stimmlehrerin und die anschließende dauerhafte Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt uneingeschränkt geeignet in diesem Sinne.
Bezüglich des Merkmals der Eignung prüft der Rehabilitationsträger, ob der Betroffene über die notwendige körperliche und geistige Leistungsfähigkeit verfügt, die Rehabilitation mit Erfolg abzuschließen und im Anschluss daran die angestrebte Tätigkeit möglichst auf Dauer auszuüben, wobei alle Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind, die im Hinblick auf die für die konkrete Maßnahme und das angestrebte Ziel erforderliche Leistungsfähigkeit von Bedeutung sein können (vgl. dazu Juris- Praxiskommentar zu § 33 SGB IX [a. F.], Rn. 59). Das Bundessozialgericht misst der Eignung eine besondere Bedeutung bei der Auswahl der Leistung bei (Bundessozialgericht, Urteil vom 26. August 1992, Az.: 9b RAr 3/91; Juris-Praxiskommentar zu § 33 SGB IX [a. F.], Rn. 59 m. w. N.). Ob die objektive, persönliche Eignung des behinderten Menschen für eine Leistung zur Teilhabe vorliegt, ist eine prognostische Einzelbeurteilung, die der uneingeschränkten gerichtlichen Überprüfung unterliegt (Bundessozialgericht, Urteil vom 29. Juli 1993, Az.: 11/9b RAr 5/92 m. w. N; Juris-Praxiskommentar zu § 33 SGB IX [a. F.], Rn. 59). Eine Prognose ist nur dann positiv, wenn der Eintritt überwiegend wahrscheinlich ist, das heißt mehr Gründe dafür als dagegen sprechen. Die bloße Möglichkeit reicht grundsätzlich nicht aus. Dabei hat die Überprüfung der Prognose grundsätzlich auf Basis der zum Zeitpunkt der (letzten) Verwaltungsentscheidung bekannten Umstände zu erfolgen (so etwa Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 23. Januar 2013, Az.: L 19 R 694/09; Juris- Praxiskommentar zu § 33 SGB IX [a. F.], Rn. 46).
Nach diesen Maßgaben ist die negative Prognose der Beklagten fehlerhaft gewesen. Es bestehen - und bestanden auch bereits zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung - aus Sicht der Kammer nach Abschluss der erfolgten Ermittlungen von Amts wegen keine vernünftigen Zweifel am Bestehen der persönlichen Eignung der Klägerin. Dies folgt insbesondere aus der Einschätzung des gerichtlich beauftragten Sachverständigen Dr. H. Auch wenn sich der Sachverständige in seiner Beurteilung maßgeblich auf den Zeitpunkt seiner Begutachtung bezieht, so beanspruchen nach Überzeugung der Kammer diese Feststellungen auch für den Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung Geltung. Dies ergibt sich allein daraus, dass die Beklagte bzw. deren ärztliche Beraterin im Rahmen ihrer Beurteilung im Hinblick auf das psychiatrische Leidensbild der Klägerin von grundlegend falschen Voraussetzungen ausgegangen sind. So hat die ärztliche Beraterin der Beklagten mit ihrer Kurz-Stellungnahme vom 9. Januar 2018 lediglich ihre wenig fundierte Einschätzung vom 19. Mai 2017 bestätigt und sich dabei wesentlich auf die unzutreffende Beurteilung in dem Reha-Entlassungsbericht des Zentrums für psychiatrische Rehabilitation in C-Stadt nach stationärem Aufenthalt der Klägerin von 6. September bis zum 17. Oktober 2017 gestützt. Sie hat in diesem Zusammenhang trotz entgegenstehender Anhaltspunkte durch Atteste der behandelnden Fachärzte keine weiteren Ermittlungen von Amts wegen für erforderlich gehalten.
Der gerichtlich beauftragte Sachverständige Dr. H. hat dann allerdings zur Überzeugung der Kammer ausgeführt, dass die Klägerin zweifelsfrei die Aufgaben und Tätigkeiten der angestrebten Umschulung im Einzelnen erledigen kann. Nach der schlüssigen Einschätzung bestehen bei der Klägerin keinerlei Einschränkungen für den präventiven und pädagogischen Bereich. Dies folgt zunächst daraus, dass der Sachverständige die zwischenzeitlichen depressiven Störungen aus den Jahren 2001 nach Trennung vom Ehemann und 2017 nach zwischenzeitlichem Scheitern der beruflichen Zukunftsperspektiven zum Zeitpunkt der Begutachtung als remittiert und zudem als nachvollziehbare Lebenskrisen beurteilt hat. Insofern geht der Sachverständige davon aus, dass es wissenschaftlich nicht haltbar ist, aus diesen beiden biografisch nachvollziehbaren Selbstwertkrisen, die zudem therapeutisch aufgearbeitet worden sind, eine überdauernde rezidivierende depressive Störung abzuleiten. Daraus konnte mithin zum Zeitpunkt der Widerspruchserteilung keine überdauernde Einschränkung der Klägerin für Tätigkeiten im präventiven und pädagogischen Bereich mehr abgeleitet werden.
Die Eignung der Klägerin für solche Tätigkeiten ergibt sich insbesondere auch deshalb, weil nach Einschätzung des gerichtlichen Sachverständigen die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht aufrechterhalten werden konnte. Dazu führt der Sachverständige überzeugend aus, dass es für eine solche Diagnose an traumatischen Ereignissen gefehlt hat, die mit einer Gefahr für Leib und Leben einhergegangen sind und auch dementsprechende Symptome ausgelöst haben. Entsprechend hätte anstelle dieser Diagnose auch unter Berücksichtigung vorheriger Diagnosestellungen lediglich eine sonstige Reaktion auf schwere Belastung gemäß ICD-10: F 43.8 diagnostiziert werden dürfen. Dieses Ergebnis hat der Sachverständige testdiagnostisch untermauert.
Insgesamt bejaht daher der Sachverständige zu Recht die Eignung der Klägerin insbesondere auch für die angestrebte Tätigkeit als Atem-, Sprech- und Stimmlehrerin. Diese Beurteilung steht zudem in Einklang mit der Einschätzung der behandelnden Fachärzte Frau F. (Attest vom 7. August 2018, Blatt 43 der Gerichtsakte) und Dr. G. (ärztliche Bescheinigung vom 18. Mai 2017, Blatt 49 der Gerichtsakte), die das Begehren der Klägerin ebenso unterstützen wie die die Klägerin im Widerspruchsverfahren behandelnden Fachärzte und die Psychotherapeutin (vgl. die Bescheinigungen gemäß Blatt 53 ff. der Verwaltungsakte).
Zusammengefasst wäre daher aufgrund der bestehenden Eignung der Klägerin die streitgegenständliche Maßnahme in die seitens der Beklagten zu treffende Auswahlermessensentscheidung einzubeziehen gewesen. Dieses der Beklagte grundsätzlich zustehende Auswahlermessen ist jedoch in der vorliegend zu beurteilenden Konstellation (zwischenzeitlich) ausnahmsweise auf Null reduziert. Denn wenn ein Kläger eine geeignete Maßnahme begonnen hat, der eine auf fehlerhafter Amtsermittlung beruhende behördliche Ablehnung vorausging, verengt sich das Ermessen der Beklagten dadurch zur Überzeugung der Kammer auf die gewählte Maßnahme (so auch Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Juli 2014, Az.: L 11 R 2652/13, Rn. 33; Juris-Praxiskommentar zu § 33 SGB IX [a. F.], Rn. 98).
Ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass das Bundesverwaltungsgericht durch Urteil vom 18. Oktober 2012 (Az.: 5 C 21/11, Rn. 34) - im Anwendungsbereich des § 35a Achtes Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII) - entschieden hat, dass im Falle der rechtswidrigen Ablehnung des zuständigen Reha-Trägers an dessen Stelle sogar die Betroffenen selbst den sonst der Behörde zustehenden nur begrenzt gerichtlich überprüfbaren Einschätzungsspielraum für sich beanspruchen können, weil sie in dieser Situation „- obgleich ihnen der Sachverstand des Reha-Trägers fehlt - dazu gezwungen [sind], im Rahmen der Selbstbeschaffung […] eine eigene Entscheidung über die Geeignetheit und Erforderlichkeit einer Maßnahme zu treffen. […] Ist die Entscheidung der Berechtigten fachlich vertretbar, kann ihr etwa im Nachhinein nicht mit Erfolg entgegnet werden, das Jugendamt hätte eine andere Hilfe für geeignet gehalten“. Dieser Rechtsprechung ist nach Überzeugung der Kammer - auch für den Anwendungsbereich des SGB IX - zuzustimmen (zustimmend ebenfalls: Juris-Praxiskommentar zu § 33 SGB IX [a. F.], Rn. 99 sowie Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Juli 2014, Az.: L 11 R 2652/13, Rn. 33) und stützt vorliegend ebenso den Anspruch der Klägerin auf Übernahme der Kosten für die konkret gewählte Weiterbildungsmaßnahme.
Diesem Ergebnis steht auch nicht die Regelung des § 37 Abs. 2 SGB IX entgegen. Danach sollen Leistungen zur beruflichen Weiterbildung in der Regel bei ganztägigem Unterricht nicht länger als zwei Jahre dauern, es sei denn, dass das Teilhabeziel nur über eine länger dauernde Leistung erreicht werden kann oder die Eingliederungsaussichten nur durch eine länger dauernde Leistung wesentlich verbessert werden.
Zwar geht das Hessische Landessozialgericht davon aus, dass § 37 Abs. 2 SGB IX trotz der Formulierung als Sollvorschrift als ein striktes Verbot mit gesetzlichen Ausnahmeregelungen anzusehen ist. Eine länger als zwei Jahre dauernde Umschulung darf danach nicht gewährt bzw. gefördert werden, wenn der Versicherte durch eine Umschulung eingegliedert werden kann, welche die Dauer von zwei Jahren nicht übersteigt (Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 25. Oktober 2004, Aktenzeichen: L 12 RJ 1157/03, Rn. 36). Eine Überschreitung der zweijährigen Förderungsdauer kommt jedoch nach dieser Entscheidung dann in Betracht, wenn es für die Versicherten keine in kürzerer Zeit zu erreichende Maßnahme dauerhafter voller beruflicher Eingliederung gibt (Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 25. Oktober 2004, Aktenzeichen: L 12 RJ 1157/03, Rn. 36).
Da jedoch vorliegend, wie sich aus den vorherigen Erwägungen ergibt, aufgrund der festgestellten Ermessensreduzierung auf Null die vorliegend streitgegenständliche Weiterbildung die einzig für die Klägerin (noch) zutreffende Maßnahme ist, ergibt sich für die Kammer aus den Erwägungen in der zitierten Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts, denen die Kammer insofern folgt, dass dann mangels kürzerer Alternative auch die Überschreitung der zweijährigen Förderungsdauer angezeigt ist, um die Klägerin dauerhaft beruflich einzugliedern.
Zu zahlen sind der Kläger damit die Kosten gemäß Ausbildungsvertrag in Höhe von insgesamt 15489 €, die sich aus der Einmalzahlung in Höhe von 14.484 €, der Aufnahmegebühr in Höhe von 130 €, der Prüfungsgebühr in Höhe von 475 € sowie der Anschaffung von Lernmitteln in Höhe von 400 € zusammensetzen. Daneben hat die Klägerin nach § 20 SGB VI für die Dauer der Ausbildung Anspruch auf Zahlung von Übergangsgeld in gesetzlicher Höhe sowie gemäß § 28 SGB VI auf Gewährung ergänzender Leistungen in gesetzlichem Umfang.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.