Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 15. Mai 2019 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die gemäß § 145 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Freiburg (SG) vom 15.05.2019 ist statthaft (§ 145 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Die Beschwerde hat jedoch keinen Erfolg, weil die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung nicht gegeben sind.
Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 € nicht übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG), es sei denn, die Berufung betrifft wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Bei einer Klage auf Gewährung einer Geldleistung bestimmt sich der Beschwerdewert i.S.v. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG nach dem Geldbetrag, den das erstinstanzliche Gericht versagt hat und der vom Beschwerdeführer weiterverfolgt wird. Maßgebend ist die Leistung, die im Streit ist.
Im Klageverfahren vor dem SG hat der Kläger sich gegen den Bescheid vom 01.03.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2018 gewandt. Mit diesem Bescheid hat die Beklagte dem Kläger für den Monat Oktober 2017 abschließend Kinderzuschlag in Höhe von 470 € (anstelle des bei vier Kindern höchstmöglichen Gesamtkinderzuschlags von 680 €) bewilligt. Die auf die Gewährung von Kinderzuschlag „in gesetzlicher Höhe“ gerichtete Klage hat das SG Freiburg mit Urteil vom 15.05.2019 abgewiesen.
Der Beschwerdewert errechnet sich aus der Differenz zwischen dem höchstmöglichen Kinderzuschlag und dem dem Kläger tatsächlich bewilligten Kinderzuschlag, beläuft sich mithin auf einen Betrag von 210 €, wodurch der Beschwerdewert 750 € nicht erreicht wird. Deswegen bedarf die Berufung der Zulassung.
Da das SG die Berufung im Urteil vom 15.05.2019 nicht zugelassen hat, bedarf es der Zulassung der Berufung durch Beschluss des Landessozialgerichts (§ 144 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Gemäß § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
- das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
- ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Keiner der genannten Berufungszulassungsgründe liegt vor.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn ihre Entscheidung über den Einzelfall hinaus dadurch an Bedeutung gewinnt, dass die Einheit und Entwicklung des Rechts gefördert wird oder dass für eine Anzahl ähnlich gelagerter Fälle die notwendige Klärung erfolgt. Die Streitsache muss mit anderen Worten eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwerfen, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl., § 144 Rn. 28 ff., § 160 Rn. 6 ff., jeweils m.w.N.). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann nicht mehr, wenn sie schon entschieden ist oder durch Auslegung des Gesetzes eindeutig beantwortet werden kann (Bundessozialgericht <BSG>, Beschluss vom 30.09.1992 - 11 BAr 47/92 -, juris). Eine Rechtsfrage kann trotz höchstrichterlicher Rechtsprechung weiter klärungsbedürftig bleiben oder wieder klärungsbedürftig werden, wenn der Entscheidung in nicht geringem Umfang widersprochen oder wesentlich neue Gesichtspunkte gegen die Auffassung des BSG vorgebracht werden (BSG, Urteil vom 19.10.2004 - B 11 AL 179/04 B -, juris). Zur Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage muss die abstrakte Klärungsfähigkeit, d.h. die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung, und die konkrete Klärungsfähigkeit, d.h. die Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage, hinzutreten (BSG, Urteil vom 14.06.1984 - 1 BJ 72/84; Beschluss vom 12.07.1985 - 7 BAr 114/84 -, juris). Die Frage, ob eine Rechtsache richtig oder unrichtig entschieden ist, verleiht ihr noch keine grundsätzliche Bedeutung (BSG, Beschluss vom 26.06.1975 - 12 BJ 12/75 - und Beschluss vom 25.10.2016 - B 3 KR 37/16 B -, jeweils juris). Hinsichtlich Tatsachenfragen kann über § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG eine Klärung nicht verlangt werden.
Derartige Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen sich vorliegend nicht. Soweit der Kläger der Frage, inwieweit „ein Leistungsausschluss im Rahmen des SGB II eine Leistung tangieren kann, die im BKGG geregelt ist“, grundsätzliche Bedeutung zumisst, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Dass die Feststellung, der Kinderzuschlag vermeide Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II, von den Familienkassen - jedenfalls nach der bis 31.12.2019 in Kraft gewesenen Fassung des § 6a BKGG - eine allein an den Vorschriften des SGB II ausgerichtete Bedürftigkeitsprüfung verlangt, ist durch die Rechtsprechung des BSG geklärt. Der Senat verweist insoweit auf seine Ausführungen in den Urteilen vom 16.11.2021 (L 9 BK 2971/17 und L 9 BK 3978/17). Damit ist auch im Bereich des Kinderzuschlagsrechts vollständig auf die Grundlagen des SGB II bzw. auf die insoweit entwickelte (höchstrichterliche) Rechtsprechung zurückzugreifen und der Bedarf der den Kinderzuschlag begehrenden Familie nach den gesetzlichen Voraussetzungen des SGB II zu ermitteln. Hieran hat das BSG in diversen Entscheidungen keinen Zweifel gelassen (BSG, Beschluss vom 05.03.2019 - B 4 KG 1/18 B -, juris Rn. 5; BSG, Urteile vom 14.03.2012 - B 14 KG 1/11 R -, juris Rn. 26, vom 09.03.2016 - B 14 KG 1/15 R -, juris Rn. 42 und vom 17.02.2015 - B 14 KG 1/14 R -, juris Rn. 12). Nicht geklärte Rechtsfragen stellen sich entgegen der Auffassung des Klägers insoweit nicht.
Darüber hinaus liegt auch eine Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG nicht vor. Eine Divergenz ist anzunehmen, wenn tragfähige abstrakte Rechtssätze, die einer Entscheidung des SG zu Grunde liegen, mit denjenigen eines der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte nicht übereinstimmen. Wer sich auf den Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG beruft, muss entscheidungstragende abstrakte Rechtssätze im Urteil des SG einerseits und in einer ober- oder höchstrichterlichen Entscheidung andererseits gegenüberstellen und begründen, weshalb diese miteinander unvereinbar sind (vgl. BSG, Beschlüsse vom 27.06.2005 - B 1 KR 43/04 B -, vom 18.07.2005 - B 1 KR 110/04 B - und vom 24.01.2007 - B 1 KR 155/06 B -, jeweils juris, m.w.N.). Erforderlich ist, dass das SG bewusst einen abweichenden Rechtssatz aufgestellt und nicht lediglich das Recht fehlerhaft angewandt hat (vgl. BSG, Beschluss vom 27.01.1999 - B 4 RA 131/98 B -, juris).
Eine solche Abweichung im Grundsätzlichen hat der Kläger weder dargetan noch ist sie sonst ersichtlich. Das SG hat vielmehr seiner Entscheidung die einschlägige Rechtsprechung des BSG zugrunde gelegt und sich ausdrücklich hieran orientiert. Das gilt sowohl hinsichtlich der Ermittlung des zu berücksichtigenden Einkommens des Klägers (einschließlich anzusetzender Absetzbeträge) als auch hinsichtlich der Frage der Berücksichtigung von Heizkosten, Instandhaltungskosten, Tilgungs- und Zinsbelastungen im Rahmen der Ermittlung der Kosten der Unterkunft und Heizung für Eigenheimbesitzer. Dass auch vom BSG ausnahmsweise ein Tilgungsanteil für berücksichtigungsfähig angesehen wird (BSG, Urteil vom 22.08.2012 - B 14 AS 1/12 R -, juris), hat das SG gesehen, den Ausnahmefall einer bei Beginn des Leistungsbezuges bereits weitestgehend abgeschlossenen Finanzierung jedoch ausdrücklich und zutreffend verneint. Eine Abweichung von höchstrichterlicher Rechtsprechung liegt damit gerade nicht vor. Auch der vom Kläger aufgeworfene Vergleich mit den Aufwendungen, die für Mieter zu berücksichtigen wären, hat für das BSG keine Rolle gespielt (vgl. insoweit die vom Senat in den Urteilen vom 16.11.2021 zitierte höchstrichterliche Rechtsprechung).
Auch liegt kein Verfahrensmangel im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG vor. Verfahrensverstöße in diesem Sinne sind nur solche, die das sozialgerichtliche Verfahren betreffen, und nicht die, die sich auf den sachlichen Inhalt des Urteils beziehen. Betroffen ist das prozessuale Vorgehen des Gerichts auf dem Weg zum Urteil (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a.a.O., § 144 Rn. 32).
Unter anderem kann ein Verstoß gegen die sog. Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) einen Verfahrensmangel begründen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a.a.O., § 144 Rn. 34). Ein solcher liegt etwa dann vor, wenn sich das Gericht aus seiner rechtlichen Sicht zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen.
Einen derartigen Verfahrensmangel vermag der Senat indes entgegen der Auffassung des Klägers nicht zu erkennen. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass das SG seiner Verpflichtung zur Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen nach § 103 SGG (Untersuchungsmaxime) nicht nachgekommen wäre. Mit seinem Vortrag, das SG habe sein Einkommen nicht ermittelt, rügt der Kläger keinen Mangel in der Sachaufklärung, sondern eine aus seiner Sicht inhaltliche Unrichtigkeit der Entscheidung des SG. Dies wird dadurch deutlich, dass er nicht etwa darlegt, welche Ermittlungen sich dem SG noch hätten aufdrängen müssen, sondern geltend macht, dass das SG im Rahmen der Ermittlung des zu berücksichtigenden Einkommens den in § 11 SGB II festgelegten Prozess nicht eingehalten habe, insbesondere weitere Abzugsposten hätte berücksichtigen müssen. Eine Beweisaufnahme hinsichtlich des Umfangs der Bebauung des vom Kläger und seiner Familie bewohnten Grundstücks war entbehrlich, da das SG insoweit die Angaben des Klägers hinsichtlich Grundstücksgröße und Bebauung zugrunde gelegt hat. Der nach Auffassung des Klägers noch zu ermitteln gewesene Veräußerungswert bzw. Marktwert der Immobilie hat für die Entscheidung des SG keine (für den Kläger nachteilige) Rolle gespielt.
Dass im Rahmen der Beweiswürdigung durch das SG die Grenzen freier Beweiswürdigung, etwa durch den Verstoß gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze (vgl. dazu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a.a.O., § 128 Rn. 10 m.w.N.) überschritten worden wären, ist für den Senat weder ersichtlich noch durch den Kläger nachvollziehbar vorgetragen worden. Der Umstand, dass er die angefochtene Entscheidung für sachlich, also materiell-rechtlich unrichtig hält, begründet gerade keinen Mangel des Verfahrens.
Dass das SG den Rechtsstreit nicht wie zunächst mit gerichtlicher Verfügung vom 14.01.2019 angekündigt, erörtert hat, sondern unmittelbar einen Termin zur mündlichen Verhandlung und Entscheidung angesetzt hat, begründet ebenfalls keinen Verfahrensmangel im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG. Die vom Kläger gerügte „prozessuale Willkür“ vermag der Senat nicht zu erkennen. Hintergrund für die Entscheidung des Vorsitzenden, nicht wie angekündigt einen Erörterungstermin, sondern unmittelbar die mündliche Verhandlung durchzuführen, dürfte auch der Schriftsatz des Klägers vom 28.01.2019, mit dem dieser Verzögerungsrüge erhoben hat, sowie dessen Ablehnung einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung mit Schriftsatz vom 09.02.2019 gewesen sein. Insbesondere liegt auch kein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG) vor. Der Anspruch auf rechtliches Gehör gebietet es, den an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligten die Möglichkeit einzuräumen, sich vor Erlass der Entscheidung zum Prozessstoff zu äußern und sich im Prozess mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten zu behaupten. Wird aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden, muss den Beteiligten unabhängig davon, ob sie die Möglichkeit zur schriftlichen Vorbereitung des Verfahrens genutzt haben, Gelegenheit gegeben werden, ihren Standpunkt in der Verhandlung darzulegen (BSG, Beschluss vom 07.07.2011 - B 14 AS 35/11 B -, juris Rn. 6). Dabei ist dem Anspruch auf rechtliches Gehör in der Regel dadurch genügt, dass das Gericht die mündliche Verhandlung anberaumt, der Beteiligte ordnungsgemäß geladen und die mündliche Verhandlung zu dem festgesetzten Zeitpunkt eröffnet wird. Diese Vorgaben wurden vom SG vorliegend eingehalten. Insbesondere hatte der Kläger Gelegenheit, seinen Rechtsstandpunkt in einer mündlichen Verhandlung ausführlich darzulegen, wie sich aus dem Protokoll über die knapp einstündige mündliche Verhandlung vor dem SG am 15.05.2019 ergibt.
Die Nichtzulassungsbeschwerde war somit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§§ 177, 178a Abs. 4 Satz 3 SGG).
Das Urteil des SG vom 15.05.2019 wird damit rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).