Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 12.12.2018 aufgehoben, soweit die Beklagte darin verurteilt wurde, den Betrag von 388.863,69 Euro zu erstatten und den Erstattungsbetrag mit 4 v.H. vom 01.11.2016 bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Erstattung zu verzinsen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens sind von der Klägerin zu 1/5 und von der Beklagten zu 4/5 zu tragen. Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.
Der Streitwert wird auf 388.863,69 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten nach einer Betriebsprüfung um eine Nachforderung in Höhe von 388.863,69 Euro einschließlich Umlagen und Säumniszuschlägen für die Zeit vom 01.01.2010 bis 30.06.2014. Die Klägerin macht daneben auch die Erstattung und Verzinsung des bereits gezahlten Betrages geltend.
Die Klägerin betreibt ein Maklerunternehmen für Immobilien mit Hauptsitz in H und Stadtteilbüros in verschiedenen Städten. Die Klägerin arbeitet hierbei mit Handelsvertretern zusammen, die als Vermittlungsvertreter der Klägerin Kunden zum Abschluss eines Maklervertrages zuführen sollen. Hierzu gehörten auch di Beigeladenen Ziff. 1 bis 6. Die hier Beigeladenen Ziff. 1, 2 und 4 waren u.a. in dem gesamten hier streitbefangenen Zeitraum ab 01.01.2010 bis 30.06.2014 für die Klägerin als Handelsvertreter tätig. Die Beigeladenen Ziff. 1 und 2 wurden zusätzlich als „Verkaufsleiter“ in H bezeichnet. Die übrigen Beigeladenen wurden für H1 (Beigeladener Ziff. 3), S (Beigeladene Ziff. 4), H2 (Beigeladene Ziff. 5, nach ihrer Aussage zunächst als „Verkaufsleiterin“) und W (Beigeladener Ziff. 5) als „Stadtbüroleiter“ geführt. Der Beigeladene Ziff. 3 war auf diese Weise zumindest ab dem 01.06.2011 tätig, die Beigeladene Ziff. 5 zumindest ab dem 01.09.2011 bis August 2013 und der Beigeladene Ziff. 6 ab 01.01.2012.
Die Beigeladenen stellten der Klägerin die vereinbarten Provisionsanteile an den von ihnen vermittelten Maklergeschäften abzüglich einer monatlichen Anzeigenpauschale zuzüglich Umsatzsteuer in Rechnung. Die Beigeladenen Ziff. 1 und 2 berechneten dazu eine Umsatzbeteiligung („SAP“) in Höhe von 0,1% aus den jeweiligen Gruppenumsätzen. Der Beigeladene Ziff. 3 berechnete neben der Provision ab dem 01.06.2011 eine „Garantie Provision“ in Höhe von jeweils monatlich 750 € (ab 01.01.2013 500 €) und ab 1.09.2011 zusätzlich eine „SAP“ von 0,1%. Die Beigeladene Ziff. 4 stellte neben der Provision eine „Garantie Provision“ in Höhe von 500 € in Rechnung. Die Beigeladene Ziff. 5 stellte ab 01.09.2011 ebenfalls eine „SAP“ und ab 01.03.2012 eine „Garantie Provision“ in Höhe von 1.500 € bzw. später 750 € und zuletzt bis August 2012 500 € in Rechnung. Der Beigeladene Ziff. 6 berechnete ab 01.01.2012 neben der „SAP“ eine „Garantie Provision“ in Höhe von 500 €.
In Folge eines Hinweises eines Bürgermeisteramts vom 15.11.2012 auf eine auffällige Gewerbeanmeldung durch eine andere Handelsvertreterin für die Klägerin leitete das Hauptzollamt (HZA) H Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Schwarzarbeit ein (EV 1597/13 und 1336/14), die zu einem Ermittlungsverfahren gegen die Geschäftsführer E und M der Komplementärin der Klägerin (G mbH) wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt (Staatsanwaltschaft Heilbronn, Az. 57 Js 30844/13) führten.
Die Klägerin schloss zumindest mit den Beigeladenen Ziff. 1, 2 und 4 ab dem 01.01.2014 schriftliche Handelsvertreterverträge.
Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens beim HZA wurden der Beigeladene Ziff. 1 (Vernehmung vom 24.11.2015), der Beigeladene Ziff. 2 (Vernehmung vom 17.11.2015), der Beigeladene Ziff. 3 (Vernehmung vom 28.07.2015), die Beigeladene Ziff. 4 (Vernehmung vom 03.11.2015), die Beigeladene Ziff. 5 (Vernehmung von 18.06.2015) und der Beigeladene Ziff. 6 (Vernehmung vom 20.10.2015) vernommen. Daneben wurden u.a. auch vier weitere als Handelsvertreter für die Klägerin tätige Personen vernommen (Frau M1, Vernehmung vom 16.10.2014, Herr B, Vernehmung vom 12.06.2015, Herr M2, Vernehmung vom 12.10.2015, Herr E1, Vernehmung vom 21.10.2014).
Mit Schreiben vom 26.04.2016 kündigte die Beklagte der Klägerin die Durchführung einer Betriebsprüfung auf Grundlage der Mitteilungen des HZA über unzutreffende sozialversicherungsrechtliche Beurteilungen bzw. fehlerhafte Beitragsabrechnungen an.
Mit Schreiben vom 03.05.2016 hörte die Beklagte die Klägerin sodann zu der beabsichtigten Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen, Umlagen und Säumniszuschlägen für den Zeitraum 01.01.2010 bis 30.06.2014 an, da die versicherungsrechtliche Beurteilung für die Beigeladenen Ziff. 1 bis 6 nach Auswertung der Ermittlungen des Hauptzollamtes nicht ordnungsgemäß erfolgt sei und daher keine Beiträge zur Sozialversicherung entrichtet worden seien. Die Beigeladenen seien innerhalb des Prüfzeitraums entweder als Stadtbüroleiter oder als Verkaufsleiter beschäftigt gewesen. Mit ihnen seien Handelsvertreterverträge abgeschlossen worden. Die Beigeladenen hätten jedoch anders als selbständige Handelsvertreter ihre Tätigkeit im Wesentlichen nicht frei gestalten und ihre Arbeitszeit bestimmen können. Sie seien daher als abhängig beschäftigte „unechte Handelsvertreter“ nach § 84 Abs. 2 HGB anzusehen. Die Aufgabe der Stadtbüroleiter bzw. Verkaufsleiter bestehe aus den im „Führungskräftehandbuch“ der Klägerin genannten Tätigkeiten und hier unter anderen darin, als Vorgesetzte Unterprodukte von Gruppenmitgliedern zu kontrollieren. Es habe eine Weisungsgebundenheit bestanden. Das Handbuch habe verbindlichen Charakter im Sinne einer Arbeits- bzw. Handlungsanweisung, die entweder zur Kenntnis genommen worden sei oder auch nicht. Ob die Nichteinhaltung dieser arbeitsrechtlichen Vorgaben sanktioniert worden sei, könne hier nicht nachvollzogen werden und spiele auch keine Rolle, da die Anweisung per se existent sei. Die Einzelheiten der Handelsvertretertätigkeit würden ferner durch „Allgemeine G-Richtlinien“, „G Niederlassungsleiter-/Verkaufsleiterrichtlinien“, „G Verwaltungsrichtlinien“ und „Chefanweisungen“, Regelung zur EDV, „interne Mitteilungen“, „Merkblätter“, „Ausbildungspläne“ sowie Vorgaben zur Arbeitsorganisation, zum Telefonieren, Trainingsmaßnahmen und Checklisten zur Selbstanalyse geregelt. Es gebe zwar keine offizielle Vorgabe zu Arbeitszeiten, aber eine faktische Anwesenheitspflicht zu den nach außen publizierten Büroöffnungszeiten. Auch habe eine Eingliederung in den Betrieb der Klägerin bestanden. Die Stadtbüro- bzw. Verkaufsleiter hätten die Infrastruktur und die Betriebsmittel der Klägerin genutzt. Die Zeugin M1 habe ausgesagt, dass die Grundschulung als Immobilienmakler eine Pflicht gewesen sei und sie weitere Schulungen habe besuchen sollen. Sie sei mit dem Beigeladenen Ziff. 2 auf Termine mitgegangen und habe Berichte schreiben müssen, die sie bei ihm habe abgeben müssen. Sie sollte „Vollzeit“ arbeiten, habe inhaltlich teilweise nur vom Büro der Klägerin aus arbeiten können und habe einen festen Bürotag gehabt. Sie habe die meisten der angesprochenen Richtlinien gekannt. Jeder Makler habe diese auf seinem Schreibtisch stehen gehabt. Es habe auch einen Samstagsdienstplan gegeben. Der danach Diensthabende habe den Telefondienst für alle Makler habe machen müssen. Das Auftreten nach außen sei unter dem Namen der Klägerin erfolgt und sei detailliert vorgegeben gewesen.
Die Beklagte führte weiter aus, dass kein unternehmerisches Risiko mit eigenständigen Gewinn- und Verlustchancen bestanden habe. Die Stadtbüro- bzw. Verkaufsleiter hätten kein erwähnenswertes Risiko für den Verlust von Kapital getragen. Ihnen seien die wesentlichen Arbeitsmaterialien gestellt worden. Sie hätten ein monatliches Fixum für ihre Tätigkeit als Führungskräfte sowie Provision erhalten und hätten im Wesentlichen ihre Arbeitskraft eingesetzt. Hinsichtlich der Preisgestaltung habe ihnen keine unternehmerische Freiheit zugestanden. Die Arbeitsleistung sei persönlich zu erbringen gewesen. Die allenfalls gering zu gewichtenden weiteren Abgrenzungsmerkmale änderten hier nichts. Die Gewerbeanmeldung der Beigeladenen Ziff. 1 bis 6 sei nur ordnungsrechtlich von Bedeutung. Die Veranlagung beim Finanzamt und die dortige steuerrechtliche Einschätzung entfalteten keine Bindungswirkung. Die Rechnungsstellung mit Umsatzsteuerausweis ergebe sich nur als Rechtsfolge aus der selbständigen Tätigkeit und sage über diesen Status nichts aus. Die vertraglichen Vereinbarungen und der daraus abzusehende Wille der Beteiligten seien nur dann von Bedeutung, wenn gleich viel für die Selbständigkeit wie für eine abhängige Beschäftigung spreche. Die Beigeladenen Ziff. 1 bis 6 seien nach alledem abhängig beschäftigt gewesen. Im Hinblick auf eine möglicherweise getrennte Betrachtung der Tätigkeiten der Stadtbüro- und Verkaufsleiter einerseits und der Maklertätigkeit andererseits sei von einem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis auszugehen. Es bestehe Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung, der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die Beiträge seien hier ausgehend von den tatsächlichen Zuwendungen ohne Umsatzsteuer auf Bruttoarbeitsentgelte hochzurechnen. Die Beiträge seien auch nicht verjährt, da sie zumindest bedingt vorsätzlich vorenthalten worden seien. Daher seien auch Säumniszuschläge zu erheben. Für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag sei die Einzugsstelle zuständig. Da keine letzte Krankenkasse erkennbar sei, bestehe eine Zuständigkeit der AOK Baden-Württemberg.
Die Klägerin nahm hierzu mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 25.05.2016 Stellung. Der Bevollmächtigte legte hierzu ausführlich dar, weshalb die Beigeladenen Ziff. 1 bis 6 als selbständige Handelsvertreter anzusehen seien. Der Bevollmächtigte verwies ferner auf seine ausführliche Stellungnahme vom 27.05.2016 gegenüber der Staatsanwaltschaft.
Mit Bescheid vom 08.08.2016 stellte die Beklagte Nachforderungen zur Sozialversicherung und Umlagen U1, U2 und U I in Höhe von insgesamt 388.863,69 € einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von 116.632 € gemäß den dort als Anlagen beigefügten Berechnungsbögen fest. Zur Begründung wiederholte sie ihre Ausführungen aus dem Anhörungsschreiben. Im Hinblick auf das Vorbringen aus der Anhörung führte sie ergänzend aus, dass das von der Klägerin angeführte Anerkenntnis in einem Fall eines ihrer Handelsvertreter vor dem Sozialgericht München (Az. S 26 R 1638/13) erfolgt sei, weil es sich dort um einen „einfachen“ Handelsvertreter gehandelt habe, der nicht Verkaufsleiter oder Stadtbüroleiter gewesen sei. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin seien nicht nur die von der Beklagten beispielhaft zitierte Aussage von Frau M1, sondern auch die weiteren Aussagen sowie das umfangreiche Beweismaterial berücksichtigt worden. Soweit auf die Handelsvertreterverträge verwiesen werde, so wichen diese erheblich von der tatsächlichen Ausgestaltung ab. Soweit eine fehlende Anwesenheitspflicht der Beigeladenen Ziff. 1 bis 6, die Abdeckung der Büroöffnungszeiten durch angestelltes Personal der Klägerin und mobile Internetzugänge und Mobiltelefone der Beigeladenen angeführt würden, stehe dies im Widerspruch zu schriftlichen Anweisungen in der G-Richtlinie Nr. 03/91 vom 01.03.1991, der G-Richtlinie Nr. 11/97, in dem Führungskräfte-Handbuch („Montag ist Bürotag“) sowie weiteren Schreiben. Das Handbuch sei entgegen dem Vorbringen auch ausgegeben worden und sei bekannt gewesen. Dies ergebe sich aus einem Schreiben der Beigeladenen Ziff. 1 und 2 vom 16.05.2014. Die Tätigkeit als Handelsvertreter und Verkaufsleiter sei durch fachliche Vorgaben in den Richtlinien der Klägerin geregelt worden. Die Handelsvertreter seien nach außen hin nicht als solche erkennbar gewesen, sondern als angestellte Mitarbeiter der Klägerin. Der Auftritt unter dem „Corporate Design“ der Klägerin sei explizit geregelt worden. Dies ergebe sich aus der Handlungsanweisung vom 30.04.2011. Entgegen dem Vorbringen habe nach der G-Richtlinie 03/91 auch eine Pflicht zur Teilnahme an Schulungen bestanden. Auch habe entgegen dem Vortrag eine Pflicht zur Nutzung der Büroräume der Klägerin bestanden. Ein Unternehmerrisiko habe nicht bestanden, da dies den Einsatz eigenen Kapitals auch mit der Gefahr des Verlustes voraussetze. Dies sei bei der Nutzung von privatem Telefon, Pkw und PC nicht der Fall. Das an die Verkaufs- und Stadtbüroleiter gezahlte Fixum sei als Vergütung für deren Tätigkeit gezahlt worden. Einzelnen Stadtbüro- und Verkaufsleitern seien weitere Leistungen gewährt worden, so etwa Herrn B. Der Beigeladene Ziff. 3 habe ein Darlehen für die Anschaffung eines Pkw erhalten. Die Ausübung weiterer selbständiger Tätigkeiten wie etwa bei Herrn M2 oder bei dem Beigeladenen Ziff. 6 sei grundsätzlich ein Indiz für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit. Dass der Beigeladene Ziff. 6 seine Ehefrau geringfügig beschäftigt habe, spreche mangels versicherungspflichtiger Beschäftigung für eine abhängige Tätigkeit. Die Beigeladene Ziff. 4 habe entgegen dem Vortrag keine eigenen Arbeitnehmer beschäftigt. Soweit vorgetragen werde, dass es den Beigeladenen Ziff. 1 bis 6 möglich gewesen wäre, im Bedarfsfall eine Vertretung zu stellen, sei diese vertragliche Möglichkeit alleine noch kein Kriterium, wenn von ihr kein Gebrauch gemacht werde bzw. werden könnte. Die Handelsvertreter hätten die Aufgaben persönlich ausgeführt und hätten keine Hilfskräfte eingesetzt.
Die Klägerin legte, vertreten durch ihren Bevollmächtigten, am 08.09.2016 Widerspruch gegen den Bescheid ein und beantragte zugleich bereits die Erstattung des von ihr nach dem Bescheid zu zahlenden Betrages. Der Bevollmächtigte legte erneut ausführlich und umfangreich dar, dass die Beigeladenen Ziff. 1 bis 6 als selbständige Handelsvertreter tätig geworden seien. Die Beklagte habe auch keine eigenen Ermittlungen durchgeführt, sondern stütze sich im Wesentlichen auf die Aussage der Zeugin M1, die keinen Bezug zu den Aussagen der Beigeladenen habe. Auch habe das „Führungskräftehandbuch“, auf das sich die Beklagte stütze, keinen verbindlichen Charakter. Die Stadtbüro- und Verkaufsleiter seien ebenso selbständige Handelsvertreter wie die übrigen bei der Klägerin tätigen Handelsvertreter. Sie seien selbständige Unternehmer, die sich entschieden hätten, unter der Dachorganisation der Klägerin als Prinzipalin tätig zu werden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.04.2017 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung verwies sie auf die Begründung des Bescheides, da die Argumente bereits im Anhörungsverfahren vorgetragen worden seien. Nach den Gesamtumständen ergebe sich eine persönliche Abhängigkeit der Auftragnehmer. Handelsvertreter im Sinne des § 84 Abs. 1 HGB seien ausschließlich selbständige Gewerbetreibende (Unternehmer), die ihrem Auftraggeber, der ebenfalls Unternehmer sei, rechtlich gleichgeordnet gegenüberträten. Hierfür sei maßgebend, ob der Beauftragte nach den Abreden in dem zwischen dem Beauftragten und dem beauftragenden Unternehmer geschlossenen Vertrag und der gesamten tatsächlichen Ausgestaltung der Beziehungen eine im Rechtssinn persönlich selbständige Stellung als Unternehmer eines eigenen Gewerbes innehabe. Nach den Angaben der Auftragnehmer seien diese jedoch nicht der Klägerin rechtlich gleichgestellt gegenübergetreten. Die Klägerin verkenne, dass nach § 84 Abs. 2 HGB derjenige, der ständig damit betraut sei, für einen Unternehmergeschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen, ohne selbständig im Sinne des Abs. 1 zu sein, als Angestellter und damit als abhängig Beschäftigter gelte. Bei den Beigeladenen Ziff. 1 bis 6 habe es sich nicht um gewöhnliche Makler gehandelt, sondern um Stadtbüro- und Verkaufsleiter, die neben ihrer Tätigkeit als Immobilienmakler auch als Führungskräfte mit Verwaltungsaufgaben administrative Tätigkeiten von nicht nur untergeordneter Natur wahrgenommen hätten. Diese Führungsaufgaben führten dazu, dass die in § 84 Abs. 1 HGB vorausgesetzte im Wesentlichen freie Gestaltung der Tätigkeit und freie Bestimmung der Arbeitszeit nicht gegeben seien. Es bestehe eine fachliche und disziplinarische Unterstellung unter den jeweiligen Niederlassungsleiter bzw. Geschäftsführer und somit Weisungsgebundenheit. Zudem erfolge die Eingliederung in den Geschäftsbetrieb der Klägerin, da ihre Infrastruktur und Betriebsmittel genutzt würden. Auch sei kein bzw. allenfalls ein geringfügiges unternehmerisches Risiko bei einem monatlichen Fixum für die Führungsaufgaben und Provisionen für die vermittelten Objekte ohne nennenswerten Einsatz von verlustgefährdeten Kapital erkennbar. Die Stadtbüro- und Verkaufsleiter hätten keine bzw. nur geringe unternehmerische Freiheiten, da feste Vorgaben des Arbeitgebers im Hinblick auf Fixum und Provision bestünden und die Möglichkeit, einen Vertreter zu entsenden, nicht eingeräumt sei. Sofern im Hinblick auf die reine Maklertätigkeit durch Vermittlung von Immobilien eine selbständige Tätigkeit vorliegen sollte, trete diese in Relation zu den Führungsaufgaben hinter diese zurück. Eine Aufteilung der Tätigkeit sei aufgrund des einheitlichen Beschäftigungsverhältnisses beim gleichen Arbeitgeber nicht möglich. Daher handele es sich um eine nichtselbstständige Beschäftigung der Stadtbüro- und Verkaufsleiter. Hierfür sei nach pflichtgemäßem Ermessen im Wesentlichen auf die Ermittlungsergebnisse des Hauptzollamtes zurückgegriffen worden. Die Behauptung der Klägerin, dass sich die Ermittlungsergebnisse überwiegend auf die Zeugenaussage von Frau M1 stützten, sei hierdurch widerlegt. Diese Zeugin sei auch lediglich beispielhaft und nicht ausschließlich zitiert worden. Bei der Tätigkeit der Stadtbüro- und Verkaufsleiter sei der geschlossene Handelsvertretervertrag zu bewerten. Letztendlich komme es jedoch auf die tatsächlichen Verhältnisse an, nach denen das Führungskräftehandbuch existiere und ganz erhebliche Arbeitsanweisungen in Bezug auf die Tätigkeit dieser Personen enthalte. Die die von den Zeugen teilweise getätigte Aussage, dass das Handbuch zwar existiere, jedoch unbeachtlich gewesen sei, erscheine vor dem Hintergrund der ansonsten sehr restriktiven Ergebniskontrolle durch die Klägerin wenig glaubhaft. Es widerspräche auch der allgemeinen Lebenserfahrung, dass ein derart umfangreiches Kompendium an Vorgaben in Umlauf gebracht und anschließend nicht angewandt werde. Auch wenn derartige Anwendungsfälle nicht bekannt geworden seien, habe die Klägerin mit diesem Handbuch und den darüber hinaus in Umlauf gebrachten Handlungsanweisungen ein durch dessen Existenz bestehendes unumstrittenes arbeitsrechtliches internes Sanktionsrecht. Die Zeugenaussagen stünden zum Teil auch in eklatantem Widerspruch zu weiteren, nicht im Führungskräftehandbuch aufgeführten Vorgaben. Die Entscheidung des Sozialgerichts München beziehe sich auf einen nicht gleichgelagerten Sachverhalt, da der dort Beigeladene ein einfacher Handelsvertreter gewesen sei, der nicht dem Personenkreis der Verkaufs- bzw. Büroleiter zuzurechnen gewesen sei. Der angefochtene Bescheid sei daher nicht zu beanstanden. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin nach seinem Vortrag am 19.04.2017 zugestellt. Ein Postaufgabevermerk findet sich in der Verwaltungsakte nicht.
Die Klägerin hat, vertreten durch ihren Bevollmächtigten, am 15.05.2017 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. Der Bevollmächtigte hat neben der Aufhebung des Bescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides zugleich auch die Verurteilung der Beklagten zur Erstattung des gesamten streitigen Betrages sowie zu seiner Verzinsung beantragt. Zur Begründung hat der Bevollmächtigte sein bisheriges Vorbringen ausführlich vertieft und hat ein Anlagenkonvolut vorgelegt (K1-17) Die Beklagte habe neben den Ermittlungen des HZA keine eigene Betriebsprüfung in dem dafür vorgesehenen Verfahren durchgeführt, was bereits zur Rechtswidrigkeit des Bescheides führe. Die Beklagte stütze sich wesentlich auf die Aussage von Frau M1. Diese sei aber für die Klägerin nur erfolglos und daher kurz als Handelsvertreterin tätig geworden und sei ihr nicht wohlgesonnen. Die Aussage stehe auch nicht im konkreten Bezug zu den Beigeladenen Ziff. 1 bis 6. Für eine Selbständigkeit spreche hier die fehlende Vereinbarung von bestimmten Arbeitsstunden oder von Anwesenheitszeiten im Büro. Ein fachliches Weisungsrecht des Prinzipals und die zutreffende Bezeichnung als „Mitarbeiter“ stehe einer Selbständigkeit nicht entgegen. Auch die Bezeichnung „Stadtbüroleiter“ oder „Verkaufsleiter“ sei nicht mit einer rechtlichen Bewertung verbunden. Zudem seien die Handelsvertreter im Aushandeln der Provisionen frei gewesen. Ein Unternehmerrisiko könne nach der Rechtsprechung des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg auch bei Zahlung eines monatlichen Fixums von 1.750 € bestehen. Das von der Beklagten herangezogene Führungskräftehandbuch sei nach den vorgelegten Verträgen und nach den Aussagen der Handelsvertreter nicht verbindlich bzw. nicht Vertragsinhalt gewesen. Die Beklagte bestätige auch selbst, dass keine entsprechenden Anwendungsfälle ersichtlich seien, aus denen sich ein arbeitsrechtlicher Weisungscharakter ergebe. Das Handbuch sei in den 1980er Jahren von dem Gründer der Unternehmensgruppe der Klägerin als eine Art Motivationsleitfaden und gut gemeinte Anleitung für die Organe der Klägerin bzw. die Führungsebene geschrieben worden. Die sogenannten „Stadtbüroleiter“ und „Verkaufsleiter“ seien ebenso Handelsvertreter wie die übrigen für die Klägerin tätigen Handelsvertreter. Sie seien ebenso in der Gestaltung ihrer Tätigkeit und in ihrer Arbeitszeit im Wesentlichen frei und verfügten als erfolgreiche Unternehmer über erhebliche Provisionseinnahmen.
Die Beigeladenen Ziff. 1 bis 6 hätten durch ihre Bezeichnung eine Sonderstellung, die ihre Befähigung zur Beantwortung von etwaigen Fachfragen neuer Handelsvertreter unterstreichen solle. Es handele sich dabei um einen minimalen Aufwand. Weisungen oder Kontrollen der Klägerin gebe es hierzu nicht. Auch eine Weisungsbefugnis der Beigeladenen Ziff. 1 bis 6 gegenüber den anderen Handelsvertretern bestehe nicht. Den Stadtbüroleitern sei lediglich ein geringes Fixum von 500 € bzw. 750 € gezahlt worden. Die freie Tätigkeit als Handelsvertreter bleibe absolut prägend und gerade die entsprechenden Provisionen seien auch Grundlage des angefochtenen Bescheides. Einen Anwesenheitszwang gebe es nach den Aussagen nicht. Selbst dann, wenn eine Verpflichtung zur Teilnahme an einzelnen Terminen bestehe, wäre dies Ausdruck der Pflicht des Handelsvertreters zur Interessenwahrung gegenüber dem Auftraggeber. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) sei es sogar unschädlich für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit, wenn der selbständig Tätige regelmäßige und erhebliche Weisungen erhalte, was hier aber nicht einmal der Fall sei. Auch spreche das relativ hohe Honorar in Form der Provisionen für eine Selbständigkeit. Ausgehend von dem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis sei die Tätigkeit als Handelsvertreter prägend und nicht die untergeordnete „Leitertätigkeit“.
Der Bevollmächtigte ist sodann noch im Einzelnen und zum Teil unter Wiederholungen auf die in dem angefochtenen Bescheid gesondert angeführten Punkte aus der Anhörung sowie auf die aus der Anhörung übernommene Begründung des Bescheides eingegangen. Hierzu wird auf Bl. 43/86 bzw. 89/107 der SG-Akte Bezug genommen. Der Bevollmächtigte hat ferner noch auf ein in Auszügen übersandtes Urteil des Landgerichts Würzburg vom 09.05.2017 (24 O 59/16) hingewiesen, das den für die Klägerin tätig gewesenen und als „Vertriebsleiter“ bezeichneten Handelsvertreter B betreffe, dessen Aussagen von der Beklagten hier herangezogen worden seien. Das Landgericht habe trotz umfangreichen Vortrages des Handelsvertreters dazu, dass er in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt gewesen sei, eine selbständige Tätigkeit festgestellt. Der Bevollmächtigte hat noch ausgeführt, dass sich der Erstattungsanspruch gegenüber der Beklagten daraus ergebe, dass die Klägerin den streitigen Betrag wegen der fehlenden aufschiebenden Wirkung des Widerspruches bereits gezahlt habe. Jedenfalls habe die Beklagte für Rückerstattung durch die Einzugsstelle zu sorgen. Der Erstattungsanspruch sei mit dem Widerspruch am 07.09.2016 geltend gemacht worden und sei daher ab dem 01.11.2016 zu verzinsen.
Die Beklagte ist der Klage unter Verweis auf den Bescheid und den Widerspruchsbescheid entgegengetreten, da die Klägerin ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren auch zum Gegenstand des Klageverfahrens gemacht habe. Soweit auf die hohe Vergütung als Kriterium für eine selbständige Tätigkeit abgestellt werde, sei hier nicht festzustellen, wie lange hierfür jeweils gearbeitet worden sei. Zudem sei ein erhebliches Fixum gezahlt worden. Soweit auf Rechtsprechung des BAG zu Arbeitsverhältnissen verwiesen werde, seien hier die Feststellung eines Beschäftigungsverhältnisses relevant, das damit nicht deckungsgleich sei; auch sei die Rechtsprechung des BSG zu beachten. Das Führungskräftehandbuch sei 2010 von dem Gründer neu aufgelegt worden. Die Beklagte könne sich nicht vorstellen, aus welchen Gründen dieses Werk nicht zur Anwendung habe kommen sollen. Die Arbeitsanweisungen könnten auch ohne konkrete Kenntnis nach Anlernen ausgeführt werden. Herr E2 habe eine jeden Montag stattfindende Besprechung angegeben. Zudem seien Samstagsdienste namentlich belegt. Auch sei die Teilnahme an Schulungen obligatorisch. Die Beigeladenen Ziff. 1 bis 6 seien der Klägerin nicht als rechtlich gleichgestellt und mit eigenem Unternehmerrisiko gegenübergetreten. Sie hätten lediglich ihre Arbeitskraft eingebracht und diese über festgelegte Provisionssätze vergütet erhalten.
Der Bevollmächtigte hat noch mit Schriftsätzen vom 25.09.2017 und 27.11.2017 Stellung genommen und sein Vorbringen darin wiederholt und vertieft. Die Beigeladenen Ziff. 1 bis 6 hätten die Beitragsbemessungsgrenzen ganz regelmäßig und überwiegend überschritten, was einen überdurchschnittlichen Verdienst darstelle.
Das SG hat mit Beschlüssen vom 06.12.2017 und 23.05.2018 die sechs betroffenen Auftragnehmer beigeladen und hat ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Der Beigeladene Ziff. 3 hat hierzu auf die bisherigen Ausführungen der Klägerin verwiesen (Bl. 168 SG). Die Beigeladenen Ziff. 1, 2, 4, 5 und 6 haben mitgeteilt, dass sie nichts hinzuzufügen hätten bzw. dass keine Fragen bestünden.
Die Klägerin hat mit Schriftsätzen vom 12.07.2016 ihr Vorbringen ergänzt und vertieft. Die Beklagte hat hierauf erwidert, dass auch das Auftreten für die Klägerin nach außen ein starkes Indiz für die abhängige Beschäftigung sei. Die Art und Weise der Arbeitsausführung möge im Großen und Ganzen selbstbestimmt gewesen sein. Die Arbeit sei aber kontrolliert und mit vorgegebenen Umsatzzielen verglichen und damit überwacht worden. Die Klägerin hat dem mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 26.11.2016 widersprochen.
Mit Urteil vom 12.12.2018 hat das SG den Bescheid vom 08.08.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.04.2017 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Betrag von 388.863,960 Euro zu erstatten und den Erstattungsbetrag mit 4 v.H. vom 01.11.2016 bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Erstattung zu verzinsen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Beigeladenen als selbständige Handelsvertreter für die Klägerin tätig geworden seien. Sie seien damit nicht abhängig beschäftigt gewesen, so dass keine Sozialversicherungspflicht bestanden habe. Die Beigeladenen seien nicht in wesentlichem Umfang weisungsgebunden und nicht in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert gewesen. Die Beigeladenen seien nicht in einem bestimmten zeitlichen Umfang zur Verrichtung ihrer Tätigkeit verpflichtet gewesen. Sie hätten auch keine Anwesenheitszeiten einzuhalten gehabt. Die Vereinbarungen in den jeweiligen Handelsvertreterverträgen, wonach die Tätigkeit örtlich und zeitlich frei gestaltet werden könne, entsprächen auch der tatsächlich gelebten Beziehung zwischen den Beteiligten. Eine Weisungsbefugnis der Klägerin in zeitlicher und örtlicher Hinsicht habe nicht vorgelegen. Der von der Beklagten angeführte „Bürotag“ am Montag oder der „Samstagsdienst“ habe keine zwingende Vorgabe der Klägerin dargestellt, sondern eine freiwillige, jederzeit abänderbare Vereinbarung der Handelsvertreter untereinander, um eine Abstimmung und einen Austausch unter ihnen zu ermöglichen. Die Samstagsdienste seien auch nicht allgemein üblich gewesen. In den vorgelegten Handelsvertreterverträgen seien auch weder feste Bürotage noch Samstagsdienste geregelt. Die Verträge enthielten auch die Regelung, dass sie inhaltlich vollständig seien und Nebenabreden nicht bestünden. Dies habe etwa der Beigeladene Ziff. 6 in seiner Vernehmung vor dem Hauptzollamt bestätigt, da danach kein Bürozwang bestanden habe und er an Schulungen nicht habe teilnehmen müssen. Für seine selbständige Tätigkeit spreche darüber hinaus, dass er seine Ehefrau als geringfügig Beschäftigte eingestellt habe. Der Beigeladene Ziff. 2 habe ausgesagt, dass er selbst nicht viel im Büro gewesen sei und er von seinem Büro mit PC zu Hause aus auf die Datenbank der Klägerin habe zugreifen können. Für ihn sei es vorteilhaft, aus Gründen der „Corporate Identity“ unter dem Logo und unter dem Dach der Firma G aufzutreten. Wenn er unter seinem eigenen Namen auftreten würde, würde sich an seiner Arbeitsweise nichts ändern. Der Beigeladene Ziff. 1 habe ausgeführt, dass er nicht für die Klägerin arbeite, sondern mit ihr zusammen. Er habe zu Hause ein Büro und könne arbeiten, wo er wolle. Er habe im Stadtbüro einen Schreibtisch und ein Telefon zur Verfügung. Für das Büro in H zahle er 120 Euro monatlich. Die Außendarstellung mit Briefpapier und Visitenkarten sei unter den Namen und dem Logo der Klägerin einfacher, als unter eigenem Namen aufzutreten. Die Beigeladenen hätten auch keine weitergehenden administrativen Tätigkeiten für die Klägerin oder Führungsaufgaben wahrzunehmen gehabt. Der Beigeladene Ziff. 3 habe ausgesagt, dass er auch als Stadtbüroleiter Verträge anderer Makler nicht habe auflösen können. Er nutze die Infrastruktur der Klägerin. Eine Angestellte müsse er aber bei Bedarf selbst bezahlen. Im Stadtbüro sitze eine Angestellte, die von der Klägerin bezahlt werde und von dort Anweisungen erhalte und der gegenüber er keine Weisungsbefugnis habe. Die Beigeladene Ziff. 5 habe ausgesagt, dass sie von zu Hause aus auf die Software der Klägerin habe zugreifen können.
Demnach sprächen auch die Aussagen sämtlicher Beigeladener in Übereinstimmung mit den Angaben der Klägerin und den Vereinbarungen in den Handelsvertreterverträgen gegen eine Eingliederung in den Betrieb der Klägerin und gegen eine Weisungsbefugnis der Klägerin, die so stark ausgestaltet sei, dass die unternehmerische Freiheit der Handelsvertreter in ihrem Kerngehalt beeinträchtigt werde. Dies sei nach der – von dem SG ausführlich dargestellten – Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) und des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg die maßgebliche Abgrenzung des auch sozialversicherungsrechtlich selbständigen Handelsvertreters von einem abhängig beschäftigten Handlungsgehilfen. Die Beigeladenen hätten auch keinen Weisungen des Niederlassungsleiters bzw. Geschäftsführers unterstanden. Ein in der Stellenbeschreibung genanntes fachliches Weisungsrecht sei in den Handelsvertreterverträgen nicht zu finden und auch nicht anderweitig ersichtlich. Ein fachliches Weisungsrecht stehe im Übrigen einer Tätigkeit als selbständiger Handelsvertreter nicht entgegen, da § 84 Abs. 1 HGB nur eine im Wesentlichen freie Tätigkeit voraussetze. Auch das Führungskräftehandbuch sei keine verbindliche Anweisung an die Beigeladenen. Es stelle eher einen Motivationsleitfaden dar. Es sei auch nicht ersichtlich, dass es neben den Organen und Geschäftsführern der Klägerin auch für die Beigeladenen bestimmt gewesen sei. Die Beigeladenen hätten das Führungskräftehandbuch nicht gekannt (Beigeladene Ziff. 3, 4, 6) bzw. sie hätten sich nicht an die dortigen Anweisungen gehalten bzw. es nie angewendet (Beigeladene Ziff. 2 und 5). Es sei ebenso wie die von der Beklagten angeführten Richtlinien aus den 1990er-Jahren auch in den Handelsvetreterverträgen nicht erwähnt. Auch sei kein Mindestumsatz gefordert worden. Die von einigen Beigeladenen bezogene Pauschale in Höhe von 500 € bis maximal 750 € monatlich führe neben der im Wesentlichen erfolgsabhängigen Vergütung nicht zu einer abhängigen Beschäftigung. Die Beigeladenen Ziff. 1 bis 6 hätten ein Unternehmerrisiko getragen, da der Anspruch auf Provision und damit der Erfolg des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft ungewiss gewesen sei. Der Einsatz eigenen Kapitals bzw. eigener Betriebsmittel sei keine notwendige Voraussetzung für eine selbständige Tätigkeit, da anderenfalls betriebsmittelarme Tätigkeiten nie selbständig ausgeübt werden könnten. Arbeitsmittel seien nicht in nennenswertem Umfang von der Klägerin gestellt worden. Die Nutzung von Visitenkarten bzw. des Logos der Klägerin habe sich für die Beigeladenen als vorteilhaft dargestellt und sei nicht verpflichtend gewesen. Der Umstand, dass die Beigeladenen als Stadtbüroleiter oder Vertriebsleiter der Klägerin in Erscheinung getreten seien, sei für den sozialversicherungsrechtlichen Status unergiebig. Eine rechtliche Bewertung sei damit bereits nicht verbunden gewesen. Die Beigeladenen hätten keine Weisungsbefugnis gegenüber anderen Handelsvertretern oder Mitarbeitern der Klägerin gehabt. Die bloße Nutzung des von der Klägerin vorgehaltenen Systems bzw. der Logistik führe nicht zu einer arbeitnehmertypischen Eingliederung in eine von anderen vorgegebene Ordnung. Die Abwägung der Gesamtumstände führe nicht zum Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung. Der Betrag von 388.863,69 € sei von der Beklagten zu erstatten, da die Klägerin diesen Betrag aufgrund des rechtswidrigen Bescheides bereits gezahlt habe. Der Erstattungsanspruch sei mit der Aufhebung des Bescheides durch das Urteil rückwirkend auf den Zeitpunkt der Entrichtung der Beiträge entstanden und ab dem 01.11.2016 zu verzinsen.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 27.12.2018 zugestellte Urteil am 15.01.2019 Berufung zum LSG Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung führt sie aus, dass das SG die Position der Beigeladenen Ziff. 1 bis 6 als Verkaufsleiter bzw. Stadtbüroleiter unberücksichtigt gelassen habe. Es habe daher fehlerhaft nur auf die Abgrenzungskriterien für die Selbständigkeit von Handelsvertretern abgestellt. In die gleichlautenden Handelsvertreterverträge der Beigeladenen Ziff. 1 bis 6 sei die jeweilige Funktion nicht aufgenommen worden, so dass die Verträge nicht den tatsächlich gelebten Verhältnissen entsprächen. Die Beteiligung am Gruppenumsatz bei den Verkaufsleitern bzw. die monatliche Pauschale von 500 € stellten eine Vergütung für eine zusätzliche Tätigkeit im Interesse der Klägerin dar. Aus den Zeugenvernehmungen der Beigeladenen Ziff. 1 bis 6 und aus den Vernehmungen von Frau M1 und Herrn E1 ergebe sich ihre Eingliederung in die Betriebsabläufe der Klägerin, ebenso aus der Stellenbeschreibung der Verkaufs- und Stadtbüroleiter. Das Führungskräftehandbuch sei dabei entgegen dem SG auch für die Beigeladenen bestimmt gewesen. Es sei auch nicht entscheidend, dass die Beigeladenen die Verträge anderer Handelsvertreter nicht hätten kündigen können, da sie als Ausfluss ihrer Kontrollfunktion Empfehlungen zur Auflösung von Vertragsverhältnissen an die Entscheidungsträger der Klägerin herangetragen hätten. Die Beigeladenen seien wegen der verpflichtenden Meetings am Montag und der Erstellung des Samstags-Dienstplans von der Klägerin auch zeitlich verpflichtet gewesen. Zudem seien die Beigeladenen auf die Nutzung des Programms der Klägerin angewiesen gewesen. Das Urteil sei unabhängig davon rechtsfehlerhaft, soweit die Beklagte zur Erstattung und deren Verzinsung verurteilt worden sei.
Der Bevollmächtigte der Klägerin hat das angefochtene Urteil verteidigt und hat hierzu das bisherige Vorbringen wiederholt und vertieft. Er hat ferner darauf hingewiesen, dass die Beklagte die mit der Klägerin zusammenarbeitenden Handelsvertreter als selbständig Tätige ansehe. Er hat hierzu einen Statusfeststellungsbescheid der Beklagten vom 16.01.2020 vorgelegt.
Mit Beschluss vom 08.04.2019 hat der Senatsvorsitzende auf Antrag der Beklagten die Vollstreckung aus dem Urteil des SG bis zur Erledigung des Rechtsstreits in der Berufungsinstanz ausgesetzt. Die damalige Berichterstatterin hat den Beteiligten mit Verfügung vom 28.01.2021 einen Hinweis zu den wohl fehlenden Erfolgsaussichten der Berufung erteilt. Der jetzige Berichterstatter hat sich dem mit Verfügung vom 12.05.2021 mit Ausnahme der ausgeurteilten Verpflichtung zur Erstattung und Verzinsung angeschlossen.
Der Bevollmächtigte hat daraufhin noch den gegenüber der Beklagten geltend gemachten Erstattungs- und Verzinsungsanspruch weiter begründet, zugleich aber insoweit Vergleichsbereitschaft signalisiert. Die Beklagte hat zuletzt noch mitgeteilt, dass ihrerseits keine Vergleichsbereitschaft dahingehend bestehe, das Urteil lediglich hinsichtlich der Erstattung (und Verzinsung) aufzuheben. Sie verweist hierzu auf ihre Berufungsbegründung, wonach die Beigeladenen Ziff. 1 bis 6 durch ihre Tätigkeit als Verkaufs- bzw. Stadtbüroleiter nicht vorrangig als Handelsvertreter, sondern als im Rahmen der betrieblichen Organisation der Klägerin tätige Führungskräfte einzuordnen seien.
Mit Beschluss des Berichterstatters vom 25.06.2021 hat der Senat sodann noch die von der Beklagten mitgeteilten Fremdversicherungsträger beigeladen.
Die Beklagte beantragt (teilweise sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 12.12.2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt (teilweise sinngemäß),
die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 12.12.2018 zurückzuweisen.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Die Beteiligten haben sich sodann (z.T. erneut) mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsatz des klägerischen Bevollmächtigten vom 12.07.2021, Bl. 201 der Senatsakte; Schriftsatz der Beklagten vom 16.07.2021, Bl. 205 der Senatsakte; Schreiben des Beigeladenen Ziff. 1 vom 19.07.2021, Bl. 207 der Senatsakte; Schreiben des Beigeladenen Ziff. 2 vom 01.09.2021, Bl. 227 der Senatsakte; Schreiben des Beigeladenen Ziff. 3 vom 26.07.2021, Bl. 211 der Senatsakte; Schreiben der Beigeladenen Ziff. 4 vom 10.09.2021, Bl. 232 der Senatsakte; Schriftsatz des Bevollmächtigten der Beigeladenen Ziff. 5 vom 30.08.2021, Bl. 221 der Senatsakte; am 22.07.2021 bei Gericht eingegangenes Schreiben des Beigeladenen Ziff. 6, Bl. 208 der Senatsakte; Schriftsatz der Beigeladenen Ziff. 7 vom 31.08.2021, Bl. 224 der Senatsakte; Schriftsatz der Beigeladenen Ziff. 8 und 9 vom 30.08.2021, Bl. 226 der Senatsakte, Schriftsatz der Beigeladenen Ziff. 10 vom 06.09.2021, Bl. 229 der Senatsakte; Schriftsatz der Beigeladenen Ziff. 11 vom 06.09.2021, Bl. 231 der Senatsakte).
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens sowie des erstinstanzlichen Verfahrens und auf den Inhalt der beigezogenen vier Bände Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die nach § 151 SGG formgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis aller Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist gemäß §§ 143, 144 SGG auch im Übrigen zulässig. Die Berufung ist dabei so auszulegen, dass neben der Aufhebung des Urteils des SG vom 12.12.2018 nicht nur die Abweisung der Klage gegen den Bescheid vom 12.12.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.04.2017 begehrt wird, sondern auch die Abweisung der Leistungsklage auf eine zu verzinsende Erstattung. Diese Auslegung ergibt sich logisch aus dem formulierten Berufungsantrag und wird durch das übrige Vorbringen der Beklagten gestützt, die sich gerade auch gegen ihre Verurteilung zur Erstattung und Verzinsung wendet (§ 123 SGG).
Neben den bereits von dem SG beigeladenen Auftragnehmern wurden hier noch die beteiligten Fremdversicherungsträger beigeladen (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2015 – B 12 R 1/14 –, in juris, a.A. ohne nähere Begründung BSG, Urteil vom 05.12.2017 – B 12 R 10/15 R –, in juris). Der mit Wirkung ab 01.07.2020 eingefügte § 75 Abs. 2b SGG sieht allerdings u.a. in Verfahren gegen Entscheidungen nach § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV nur noch eine Beiladung der anderen Versicherungsträger auf deren Antrag vor. Das Gericht hat hier jedoch nach seinem Ermessen von der nach § 75 Abs. 2b Satz 5 SGG weiterhin möglichen Beiladung von Amts wegen Gebrauch gemacht.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet, soweit das SG den Bescheid vom 08.08.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.04.2017 aufgehoben hat. Denn der Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin daher in ihren Rechten. Das Urteil des SG ist insoweit nicht zu beanstanden. Die Beigeladenen Ziff. 1 bis 6 übten ihre Tätigkeit für die Klägerin in dem durch die Betriebsprüfung streitbefangenen Zeitraum ab dem 01.01.2010 bis 30.06.2014 jeweils im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit aus und waren daher nicht abhängig beschäftigt, was nach den jeweiligen Versicherungspflichttatbeständen gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 24 SGB III, § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und § 20 SGB XI Grundlage der geforderten Sozialversicherungsbeiträge und daneben auch Grundlage für die Umlagen U1 und U2 nach § 1 Abs. 1 und 2 des Aufwendungsausgleichsgesetzes (AAG) und der Umlage U I nach § 358 SGB III sowie der Säumniszuschläge ist.
Das SG hat in seinem ausführlich begründeten Urteil die für die Beurteilung abhängiger Beschäftigung maßgeblichen Kriterien nach § 7 Abs. 1 SGB IV und die hierzu ergangene Rechtsprechung des BSG ausgeführt. Es hat daneben auch die Kriterien bei der auch sozialversicherungsrechtlich bedeutenden Abgrenzung der selbständigen Tätigkeit eines Handelsvertreters nach § 84 Abs. 1 HGB von der als abhängige Beschäftigung zu qualifizierenden Tätigkeit nach §§ 84 Abs. 2, 59 HGB unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 29.01.1981 – 12 RK 63/79 –, in juris; BSG, Urteil vom 22.06.2005 – B 12 KR 28/03 R –, in juris) und in Anlehnung an die dem BSG folgende Rechtsprechung des LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 22.01.2016 – L 4 R 2796/15 –, in juris) ausführlich und zutreffend dargestellt. Diese Kriterien sind zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Der Senat verweist daher nach § 153 Abs. 2 SGG auf das Urteil des SG und sieht insoweit von einer eigenen Darstellung ab.
Nach diesen Maßstäben gelangt der Senat ebenso wie das SG unter Berücksichtigung der in die Abwägung einzustellenden Umstände des Einzelfalls zu der Überzeugung, dass die Beigeladenen Ziff. 1 bis 6 in ihrer Tätigkeit für die Klägerin in dem streitbefangenen Zeitraum nicht abhängig beschäftigt, sondern selbständig tätig waren.
Der Senat legt dabei für den hier streitbefangenen Zeitraum ein jeweils einheitliches Tätigkeitsverhältnis der Beigeladenen Ziff. 1 bis 6 gegenüber der Klägerin zu Grunde, bestehend aus der Tätigkeit als Handelsvertreter nach § 84 Abs. 1 HGB und der daneben ausgeübten Tätigkeit, die im Falle der Beigeladenen Ziff. 1 und 2 als Verkaufsleiter und im Falle der Beigeladenen Ziff. 3 bis 6 als Stadtbüroleiter umschrieben ist. Die entsprechenden Bezeichnungen ergeben sich aus dem vorgelegten Ausdruck des Internetauftritts der Klägerin.
Nach der Rechtsprechung des BSG sind Beschäftigungen bei demselben Arbeitgeber unabhängig von deren arbeitsvertraglicher Gestaltung sozialversicherungsrechtlich als einheitliche Beschäftigung zu werten, wenn eine selbstständige Tätigkeit mit einer abhängigen Beschäftigung derart verbunden ist, dass sie nur aufgrund der abhängigen Beschäftigung ausgeübt werden kann und insgesamt wie ein Teil der abhängigen Beschäftigung erscheint. Abhängig von der Art der Tätigkeit kann eine einheitliche Beschäftigung auch bereits dann bejaht werden, wenn aus der Beschäftigung gewonnene Kenntnisse und Erfahrungen für die Tätigkeit genutzt werden müssen und die Tätigkeit dem Arbeitgeber nützlich ist (BSG, Urteil vom 31.10.2012 – B 12 R 1/11 R –, in juris). Dies kann umgekehrt auch zur Beurteilung einer einheitlichen selbständigen Tätigkeit herangezogen werden. Zwischen der Tätigkeit als Handelsvertreter und der darauf aufbauenden Stellung bzw. Tätigkeit als Verkaufsleiter bzw. Stadtbüroleiter besteht eine derart enge Verbindung, dass eine einheitliche sozialversicherungsrechtliche Betrachtung vorzunehmen ist. Hiervon gehen im Übrigen auch die Klägerin und die Beklagte selbst aus. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob der zumindest mit der Beigeladenen Ziff. 4 geschlossene Beratervertrag der Klägerin, der u.a. die Betreuung und Schulung neuer Handelsvertreter umfassen sollte, eine andere Beurteilung rechtfertigen würde. Denn dieser Vertrag sollte erst ab dem 01.01.2015 gelten.
Der Senat legt seiner Entscheidung weiter zu Grunde, dass es sich bei der „reinen“ Tätigkeit der Beigeladenen Ziff. 1 bis 6 als Handelsvertreter um eine selbständige Tätigkeit handelte, da sie im Wesentlichen frei ihre Tätigkeit gestalten und ihre Arbeitszeit bestimmen konnten (§ 84 Abs. 1 Satz 2 HGB) und auch ein Unternehmerrisiko bestand (vgl. BSG, Urteil vom 29.01.1981 – a.a.O.; ebenso zur auch nach Auffassung der Beklagten selbständigen Tätigkeit eines Immobilienmaklers für ein Franchiseunternehmen Urteil des Senats vom 18.12.2020 – L 8 R 3780/19 – n.v.). Die Merkmale einer Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers als Anhaltspunkte für eine Beschäftigung nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind hingegen nicht so ausgeprägt, dass sie eine abhängige Beschäftigung rechtfertigen würden. Die hier bestehende wirtschaftliche Abhängigkeit ist nicht gleichbedeutend mit der von § 7 Abs. 1 SGB IV umschriebenen persönlichen Abhängigkeit (BSG, Urteil vom 04.06.2019 – B 12 R 11/18 R –, in juris).
Von dieser Bewertung geht offensichtlich auch die Beklagte aus, da sie in dem Anerkenntnis in dem Verfahren vor dem SG München wie auch in dem vorgelegten Bescheid vom 16.01.2020 jeweils Handelsvertreter (in der Begrifflichkeit der Beklagten „einfache“ Handelsvertreter) der Klägerin als selbständig tätig beurteilt hat. Die Beklagte hat im Rahmen der Betriebsprüfung bei der Klägerin offensichtlich nur die mit einer Zusatzfunktion bezeichneten Handelsvertreter – hier die Beigeladenen Ziff. 1 bis 6 – sozialversicherungsrechtlich abweichend beurteilt. Sie hat dabei etwa bei den Beigeladenen Ziff. 3 und 5 ausweislich der Rechnungen auch nur die Zeiträume beanstandet, in denen sie das Fixum bzw. eine Umsatzbeteiligung („SAP“) berechnet hatten. Es ist zudem auch nicht zu erkennen, dass etwa die Handelsvertreterin, deren Gewerbeanmeldung offenbar Ausgangspunkt des Verfahrens war, oder die von dem HZA vernommenen anderen Handelsvertreter M2, M1, E1 und B von der Beklagten als abhängig beschäftigt angesehen worden wären.
Diese Beurteilung ist auch bezogen auf die Tätigkeit der Beigeladenen Ziff. 1 bis 6 zutreffend. Ausgangspunkt sind dabei jedoch nicht alleine die Handelsvertreterverträge, da diese erst ab dem 01.01.2014 abgeschlossen wurden und daneben nur für die Beigeladenen Ziff. 1, 2 und 4 nachgewiesen sind. Der Senat verkennt insoweit auch nicht, dass zu diesem Zeitpunkt bereits das Ermittlungsverfahren wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt eingeleitet worden war, so dass die Verträge möglicherweise auch vor diesem Hintergrund zur rechtlichen Absicherung bzw. Klarstellung geschlossen wurden. Umgekehrt kann daraus jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass bis zu diesem Zeitpunkt ein Vertrag über eine abhängige Beschäftigung bestand. Vielmehr waren die Beigeladenen schon zuvor (auch) als Handelsvertreter mit der Vermittlung von Maklerverträgen für die Klägerin tätig (§ 84 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 HGB). Hierüber besteht auch kein Streit. Der Senat stützt sich insoweit auf die in der Verwaltungsakte enthaltenen Aussagen der Beigeladenen. Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass die Beigeladenen Ziff. 1 bis 6 nicht berechtigt waren, für die Klägerin in deren Namen Geschäfte abzuschließen, der Beurteilung als selbständige Handelsvertreter nicht entgegensteht, da § 84 Abs. 1 Satz 1 HGB dies nur als Variante neben der Vermittlung von Geschäften vorsieht.
Die Beigeladenen Ziff. 1 bis 6 waren in ihrer Tätigkeit als Handelsvertreter selbständig, da sie im Wesentlichen frei ihre Tätigkeit gestalten und ihre Arbeitszeit bestimmen konnten, sie ein Unternehmerrisiko trugen und bei der gebotenen Gesamtbetrachtung kein Überwiegen einer Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation festgestellt werden kann. Der Senat verweist insoweit auf die ausführlichen Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils und die dortigen Feststellungen und sieht von einer eigenen Darstellung ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist auch im Hinblick auf die Berufungsbegründung, die hauptsächlich auf die besondere Funktion bzw. Stellung der Beigeladenen Ziff. 1 bis 6 als Verkaufsleiter bzw. Stadtbüroleiter abstellt, Folgendes auszuführen:
Nach der Rechtsprechung des BSG kann der selbständige Handelsvertreter bei der Gestaltung seiner Tätigkeit auch Weisungen des Unternehmers, für den er tätig ist, unterliegen. Er grenzt sich von dem abhängig beschäftigten Handlungsgehilfen gemäß § 59 HGB aber dadurch ab, dass das Weisungsrecht des Unternehmers nicht so stark ausgestaltet sein darf, dass die dadurch bewirkten Einschränkungen seiner unternehmerischen Freiheit diese in ihrem Kerngehalt beeinträchtigen (vgl. BSG, Urteil vom 29.01.1981 – a.a.O., ebenso LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.01.2016 – a.a.O.).
Der Senat stellt fest, dass die Klägerin Vorgaben bzw. Weisungen an die Handelsvertreter und damit auch an die Beigeladenen erteilt hatte. So hat etwa Herr E1 in seiner Aussage den Erhalt und die Geltung der Formulare und Richtlinien der Klägerin und die Verwendung des Maklerprogramms bestätigt. Diese Weisungen führten aber nicht dazu, dass der Kerngehalt der unternehmerischen Freiheit beeinträchtigt worden wäre. Denn die Handelsvertreter waren auch nach Auffassung der Beklagten im Großen und Ganzen in Art und Weise ihrer Tätigkeit frei. Dies gilt ebenso für den Ort der Tätigkeit, da die Beigeladenen nach ihren Aussagen insoweit weitgehend frei waren. Auch die etwa von Frau M1 und Herrn E1 in ihren Aussagen angegebenen Bürotage am Montag in H und die Samstagsdienste stehen dem nicht entgegen. In einer verbindlichen Teilnahme an Besprechungsterminen liegt zwar eine Beeinträchtigung der Freiheit zur Bestimmung der Lage der Arbeitszeit. Eine Anordnung, an einem bestimmten Wochentag an einer Besprechung teilzunehmen, stellt jedoch keinen so gravierenden Eingriff dar, dass er mit dem Status eines Selbständigen unvereinbar wäre (BAG, Urteil vom 09.06.2010 – 5 AZR 332/09 –, in juris). Auch Frau M1 hat im Übrigen ausgesagt, dass Termine, Objekte und Tagesablauf frei zu bestimmen gewesen seien. Eine verpflichtende Regelung der wesentlichen Arbeitszeit und des wesentlichen Arbeitsortes lässt sich hier daher nicht feststellen.
Entgegen dem Urteil des SG lässt sich aber eine Verpflichtung, das Corporate Design der Klägerin anzuwenden, feststellen. Dies ergibt sich aus dem bei der Klägerin sichergestellten Corporate Design Handbuch, an das sich die Adressaten „strikt“ halten sollten. Die im Vertrieb wichtige Einheitlichkeit der Präsentation wie etwa Werbung, Dekoration, einheitliche Geschäftsformulare und Visitenkarten kann jedoch auch von der Weisungsbefugnis des Unternehmers gegenüber dem beauftragten Handelsvertreter umfasst sein (Baumbach/Hopt, HGB 40. Aufl. 2021, § 84 Rn. 36). Zudem wurde das Auftreten unter dem Namen und Logo der Klägerin von den Beigeladenen gerade auch als nützlich wahrgenommen.
Daneben trugen die Beigeladenen Ziff. 1 bis 6 jedoch ein Unternehmerrisiko. Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss ist (BSG, Urteil vom 25.04.2012 – B 12 KR 24/10 R –, in juris). Ein solches Unternehmerrisiko lag hier vor, weil die Beigeladenen Ziff. 1 bis 6 das Risiko eingingen, Arbeitszeit zu investieren, ohne Aufträge für die Klägerin vermitteln zu können und daher keinen Provisionsanspruch generieren zu können. Der Einsatz von eigenem Kapital ist nach der Rechtsprechung des BSG insbesondere bei betriebsmittelarmen Tätigkeiten nicht für ein Unternehmerrisiko ausschlaggebend (vgl. BSG, Urteil vom 14.03.2018 – B 12 R 3/17 R –, juris Rn. 22). Der Fixbetrag der Vergütung von 500 € bzw. 750 € und im Falle der Beigeladenen Ziff. 5 kurzzeitig 1.500 € monatlich beseitigte dieses Risiko schon im Hinblick auf die von ihnen vereinbarte und zu tragende feste Anzeigenpauschale nicht. Im Übrigen wäre die Vereinbarung eines Provisionsfixums nicht unüblich und stünde der Annahme einer Tätigkeit als selbständiger Handelsvertreter nicht entgegen (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.01.2016 – L 4 R 2796/15 –, in juris). Umgekehrt zeigen die teils hohen Provisionen der Beigeladenen Ziff. 1 bis 6, dass mit dem Unternehmerrisiko auch die hierfür zugleich erforderlichen Chancen verbunden waren. Die Beigeladenen konnten den Einsatz ihrer Arbeitskraft in einer nach der Rechtsprechung des BSG für Arbeitnehmer untypischen Weise durch die Entscheidung über Art und Weise ihres Arbeitseinsatzes sehr weitreichend selbst steuern (vgl. BSG, Urteil vom 31.03.2015 – B 12 KR 17/13 R –, in juris).
Nach Auffassung des Senats ändert sich durch die von den Beigeladenen Ziff. 1 bis 6 übernommenen zusätzlichen Funktionen als Verkaufsleiter bzw. Stadtbüroleiter bei der gebotenen Gesamtbetrachtung nichts an der selbständigen Tätigkeit. Denn diese Funktionen bzw. Tätigkeiten haben die jeweils einheitlich zu beurteilende Tätigkeit der Beigeladenen Ziff. 1 bis 6 nicht geprägt.
Der Senat geht entgegen dem Urteil des SG dabei allerdings davon aus, dass die Beigeladenen Ziff. 1 bis 6 tatsächlich eine herausgehobene Stellung unter den Handelsvertretern der Klägerin innehatten und dass damit auch organisatorische Aufgaben im Interesse der Klägerin und in deren unternehmerischem Betrieb verbunden waren. Dies ergibt sich etwa aus den von der Beklagten in der Berufungsbegründung referierten Aussagen des Beigeladenen Ziff. 1 bis 6, aus denen sich im Wesentlichen übereinstimmend der Aufgabenbereich der Einarbeitung von neuen „Mitarbeitern“ bzw. die Funktion als Ansprechpartner für neue Handelsvertreter bzw. „Makler“ ergibt. Der Senat stützt sich zusätzlich auf die Aussage des Handelsvertreters E1. Dieser hat die besondere Funktion des Beigeladenen Ziff. 3 im Büro in H1 in seiner Aussage so beschrieben, dass dieser Ansprechpartner für Rückfragen sein sollte, wobei die Kollegen wegen seiner eigenen Erfahrung mehr zu ihm gekommen seien. Gespräche über Umsatzzahlen und den entsprechenden Druck hat Herr E1 bezogen auf den Geschäftsführer E berichtet. Ebenso hat er auch die Auswertung und Kontrolle der Umsatzzahlen durch Herrn E angegeben. Eine Funktion des als Stadtbüroleiters tätigen Beigeladenen Ziff. 3 als Vorgesetzter bzw. leitender Mitarbeiter kann dem nicht entnommen werden, zumal die „einfachen“ Handelsvertreter auch nach Auffassung der Beklagten selbständig tätig waren und es sich nicht um Arbeitnehmer der Klägerin handelte. Auch der Aussage der Beigeladenen Ziff. 4 kann entnommen werden, dass mit der Stellung als Stadtbüroleiterin keine Entscheidung über Verträge der einzelnen Makler und auch keine Kontrollfunktion und auch keine Vorgaben an andere Makler verbunden waren. Aus den Aussagen der Beigeladenen Ziff. 1, 2 und 6 ergeben sich keine wesentlich darüber hinausgehenden Tätigkeiten. Der Aussage der Beigeladenen Ziff. 5 lässt sich hingegen mit dem Kauf von Materialien für das Büro und der Mitwirkung an Einstellungsgesprächen durch den Geschäftsführer ein durchaus höheres Maß an Eingliederung entnehmen. Auch sprechen die von der Beklagten angeführten Stellenbeschreibungen für Verkaufsleiter und Stadtbüroleiter dafür, dass neben einer fachlichen Weisung auch eine disziplinarische Weisungsmöglichkeit durch die Geschäftsführung vorgesehen war. Soweit der bis 2011 ebenfalls auch als Verkaufsleiter tätig gewesene Herr B in seiner Aussage eine unüblich starke Kontrolle und Einbindung durch die Klägerin angegeben hat, ist zu beachten, dass er sich in dem Rechtsstreit vor dem LG mit seiner Auffassung, abhängig beschäftigt gewesen zu sein, nicht hat durchsetzen können.
Eine zusätzliche Eingliederung durch das Führungskräftehandbuch kann der Senat hingegen nicht feststellen. Denn unabhängig von der Frage, für wen das Handbuch gedacht sein sollte – wobei der Vortrag der Klägerin insoweit nicht recht überzeugt – war es den Beigeladenen Ziff. 1 bis 6 nach ihren Aussagen nicht bekannt bzw. inhaltlich nicht bekannt bzw. es wurde nicht berücksichtigt. Die gegenläufigen Überlegungen der Beklagten im Hinblick auf die vermeintliche Bedeutung des Handbuchs stellen im Ergebnis lediglich Vermutungen dar, für die sich hier keine greifbaren Belege finden lassen. Die Beklagte hat selbst auch keine Anwendungsfälle des Handbuches anführen können. Dem Handbuch lassen sich über allgemein gehaltene Ratschläge hinaus abgesehen davon auch keine eindeutigen Weisungen entnehmen.
Die zusätzliche Funktion und Stellung der Beigeladenen Ziff. 1 bis 6 führt hier aber zu keinem abweichenden Ergebnis. Nach der Rechtsprechung des BSG üben Handelsvertreter ihre Tätigkeit in der Regel im Rahmen der Vertriebsorganisation des Unternehmers aus, so dass auch eine Bezeichnung als „Bezirksleiter“ des Unternehmens nicht zwingend zu einer Eingliederung in dessen Betrieb führt (BSG, Urteil vom 29.01.1981 – a.a.O. Rn. 32). Die Klägerin weist hier zu Recht darauf hin, dass die Stellung als „Verkaufsleiter“ bzw. „Stadtbüroleiter“ gegenüber der Tätigkeit als Handelsvertreter sowohl vom zeitlichen Umfang als auch vom finanziellen Ertrag her absolut untergeordnet war. Der Senat stellt allerdings fest, dass die zwischen den Beigeladenen Ziff. 1 bis 6 und der Klägerin als Fixum vereinbarte „Garantie Provision“ von 500 € (Beigeladene Ziff. 4 und 6) bzw. 750 € (Beigeladener Ziff. 3) bzw. 500 € und zeitweise 750 € bzw. 1.500 € (Beigeladene Ziff. 5) als Gegenleistung für die zusätzlich ausgeübte Tätigkeit gedacht war. Dasselbe gilt für die mit den Beigeladenen Ziff. 1 und 2 als Verkaufsleiter und daneben auch den anderen Beigeladenen Ziff. 3, 5 und 6 vereinbarte Umsatzbeteiligung aus dem jeweiligen Gruppenumsatz in Höhe von 0,1%. Der Zusammenhang ergibt sich für den Senat etwa aus der Aussage der Beigeladenen Ziff. 4, 5 und 6, wonach das Fixum für die Tätigkeit gezahlt wurde, wobei der Aufwand hierfür von der Beigeladenen Ziff. 4 aber als eher gering beschrieben wurde. Auch den Aussagen der Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 wie auch der Aussage von Herrn M2 ist ein Zusammenhang zwischen der zusätzlichen Tätigkeit und dem Fixum bzw. der Umsatzbeteiligung zu entnehmen. Zugleich bestätigt aber auch die – gerade im Vergleich zu den durchschnittlichen erfolgsabhängigen Provisionen – geringe Höhe der als Vergütung aufzufassenden jeweiligen Fixbeträge und der Umsatzbeteiligung, dass damit keine zeitlich umfangreiche Tätigkeit verbunden und vergütet sein sollte. Dies gilt aufgrund der teilweise sehr hohen von ihr abgerechneten Provisionen auch für die Beigeladene Ziff. 5 trotz ihrer zeitweise deutlich höheren Fixbeträge bei offensichtlich größerem Umfang bzw. wirtschaftlichem Wert der zusätzlichen Tätigkeit.
Die Beigeladenen Ziff. 1 bis 6 waren bei der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung in dem streitbefangenen Zeitraum nach alledem als selbständig tätige Handelsvertreter nach § 84 Abs. 1 HGB anzusehen, da die Merkmale für eine selbständige Tätigkeit überwiegen und der mit einer betrieblichen Eingliederung in der Arbeitsorganisation verbundene Teil der Tätigkeit von zeitlich und finanziell untergeordneter Bedeutung war.
Die Berufung ist jedoch begründet, soweit das SG die Beklagte verurteilt hat, den Betrag von 388.863,960 Euro zu erstatten und den Erstattungsbetrag mit 4 v.H. vom 01.11.2016 bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Erstattung zu verzinsen. Denn die damit neben der Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 08.08.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.04.2017 erhobene Leistungsklage ist unzulässig. Dies ergibt sich schon daraus, dass insoweit noch die Entscheidungen der Beklagten bzw. der beigeladenen Versicherungsträger über die Erstattung (§ 26 SGB IV, auch i.V.m. § 10 AAG) und deren Verzinsung (§ 27 SGB IV) abzuwarten sind. Denn diese Entscheidungen können infolge der von dem Senat beschlossenen Aussetzung der Vollziehung des Urteils des SG erst nach Abschluss des Berufungsverfahrens ergehen. Damit fehlt es an einer Entscheidung der betroffenen Versicherungsträger bzw. der Einzugsstelle über die jeweilige Erstattung durch Verwaltungsakt, die eine Sachentscheidungsvoraussetzung für eine bei einem Rechtsstreit um die Höhe einer Erstattung zu erhebende (unechte) Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG (vgl. etwa BSG, Urteil vom 30.10.2013 – B 12 AL 2/11 R –, in juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 05.07.2018 – L 5 KR 293/17 –, in juris Rn. 45) darstellt.
Abgesehen davon ist die Beklagte offensichtlich nicht für die Erstattung der gesamten Beiträge, Umlagen und Säumniszuschläge zuständig, da diese bereits nicht an sie, sondern auf den angefochtenen Grundlagenbescheid (vgl. zur Zweistufigkeit des Verfahrens bei einer Betriebsprüfung: BSG, Urteil vom 15.12.2016 – B 12 R 2/15 R –, juris) und dem dortigen Hinweis nach § 28h Abs. 1 Satz 1 SGB IV an die Einzugsstelle gezahlt wurden und ihr daher nicht zugeflossen sind. Soweit eine Erstattung von weitergeleiteten Rentenversicherungsbeiträge für die bei der Beklagten selbst gesetzlich rentenversicherten Beigeladenen Ziff. 4 und 5 in Betracht kommt, regelt sich die Zuständigkeit abweichend von §§ 126, 127 SGB VI nach § 211 SGB VI und der hierzu geschlossenen Vereinbarung „Gemeinsame Grundsätze für die Verrechnung und Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung aus einer Beschäftigung“ der Spitzenverbände der Krankenkassen, der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Bundesagentur für Arbeit vom 21.11.2006 (vgl. etwa LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.07.2017 – L 11 KR 3980/16 –, in juris Rn. 21). Zudem ist die Erstattung, worauf die Beklagte zu Recht hinweist, auch inhaltlich von den Einschränkungen des § 26 Abs. 2 SGB IV abhängig. Daneben können auch die Beigeladenen Ziff. 1 bis 6 ein Interesse daran haben, dass der jeweilige Erstattungsanspruch nicht geltend gemacht wird (vgl. Udsching in: Hauck/Noftz, SGB, § 26 SGB IV Rn. 14 m.w.N.). Soweit die Klägerin die Beklagte im Hinblick auf die Einwände der Beklagten für jedenfalls verpflichtet hält, für eine Rückerstattung durch die Einzugsstelle zu sorgen, vermag dies schon nicht die beantragte und von dem SG vorgenommene Verurteilung der Beklagten zur Erstattung und Verzinsung zu stützen. Der von der Klägerin angeführte Hinweis der Einzugsstelle darauf, dass ihr die nötigen Unterlagen für die Erstattung von der Beklagten übersandt würden, ändert daran nichts. Denn dem lässt sich – abgesehen davon, dass es sich nur um einen Telefonvermerk einer Mitarbeiterin des Bevollmächtigten handelt (Bl. 190 der Senatsakte) – bereits nicht die Ablehnung der Zuständigkeit für die Erstattung entnehmen. Zudem sind die Fremdversicherungsträger und die Einzugsstelle infolge der von dem Senat nachgeholten Beiladung bereits als Verfahrensbeteiligte selbst an das Urteil gebunden (§§ 141 Abs. 1 Nr. 1, 69 Nr. 3, 75 SGG).
Nach alledem war das Urteil des SG aufzuheben, soweit die Beklagte darin verurteilt wurde, den Betrag von 388.863,960 Euro zu erstatten und den Erstattungsbetrag mit 4 v.H. vom 01.11.2016 bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Erstattung zu verzinsen. Im Übrigen war die Berufung der Beklagten jedoch zurückzuweisen.
Die nach § 197a SGG i.V.m. § 161 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zu treffende Kostenentscheidung beruht auf dem entsprechend anzuwendenden § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Danach sind die Kosten, wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Nach dem Ausgang des Verfahrens bewertet der Senat das teilweise Unterliegen der Klägerin mit dem Anspruch auf Auszahlung des nach dem Bescheid bereits streitigen Betrages und dessen Verzinsung mit einem Fünftel der Kosten des Verfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten dabei selbst. Der Senat sieht keine Veranlassung, ihre Kosten aus Billigkeit den unterliegenden Beteiligten aufzuerlegen, weil die Beigeladenen keinen Antrag gestellt haben und daher kein Kostenrisiko eingegangen sind (§§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO in entsprechender Anwendung, vgl. MKLS/B. Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 197a Rn. 29).
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG sowie § 47 Abs. 1 und 2 und § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG. Soweit eine Streitwertfestsetzung durch das SG bislang nicht erfolgt ist, ist das Rechtsmittelgericht auch dazu befugt (BeckOK KostR/Jäckel, GKG § 63 Rn. 16a; BDZ/Dörndorfer, 5. Aufl. 2021, GKG § 63 Rn. 5).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).