SOZIALGERICHT ALTENBURG
BESCHLUSS
In dem einstweiligen
Rechtsschutzverfahren
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………... - Antragstellerin -
Prozessbevollmächtigte: …………
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gegen
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………….. - Antragsgegner -
Prozessbevollmächtigter: …………
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hat die 4. Kammer des Sozialgerichts Altenburg ohne mündliche Verhandlung am 25. Januar 2022 durch den Richter am Sozialgericht Lampe als Vorsitzenden
b e s c h l o s s e n:
- Der Antrag der Antragstellerin vom 23. Dezember 2021 auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung im Sinne von § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hinsichtlich der Verpflichtung des Antragsgegners, der Antragstellerin die von der Antragstellerin begehrte Bescheinigung über die Einhaltung der Strukturmerkmale gemäß § 275d Abs. 2 Sozialgesetzbuch V (SGB V) hier bezogen auf den OPS 9-701 (Stationsäquivalente psychiatrische Behandlung bei Erwachsenen) in der Version des Operationen- und Prozedurenschlüssels Version 2021 (OPS 2021) gemäß § 301 Abs. 2 SGB V mit Wirkung ab dem 1. Januar 2022 zu erteilen, wird als unzulässig und als insgesamt unbegründet abgelehnt.
- Die Antragstellerin trägt die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners dem Grunde nach in voller Höhe.
- Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
Gründe
I
Die Antragstellerin begehrt von dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Feststellung, dass die Antragstellerin berechtigt ist, ab dem 1. Januar 2022 weiterhin Leistungen auf der Grundlage des OPS 9-701 (Stationsäquivalente psychiatrische Behandlung bei Erwachsenen) des Operationen- und Prozedurenschlüssels Version 2021 (OPS 2021) bei Patientinnen und Patienten gegenüber den jeweiligen Krankenkassen und sonstigen Kostenträgern abzurechnen sowie die Leistungen zu vereinbaren.
Dazu ist es nach § 275d Abs. 2 Sozialgesetzbuch V (SGB V) von Gesetzes wegen erforderlich, dass der Antragsgegner verpflichtet wird, der Antragstellerin die von der Antragstellerin begehrte Bescheinigung über die Einhaltung der Strukturmerkmale hier bezogen auf den OPS 9-701 in der Version des OPS Version 2021 mit Wirkung ab dem 1. Januar 2022 zu erteilen.
Die Antragstellerin ist nach § 275d Abs. 2 SGB V nur aufgrund einer solchen Bescheinigung über die Einhaltung der Strukturmerkmale hier bezogen auf den OPS 9-701 in der Version des OPS Version 2021 berechtigt, den OPS 9-701 in der Version des OPS Version 2021 zu kodieren bzw. abzurechnen.
Somit handelt es sich bei dem Antrag der Antragstellerin um einen Anfechtungs- und Verpflichtungsantrag im Rahmen einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG. Dieser Anfechtungs- und Verpflichtungsantrag im Rahmen einer einstweiligen Anordnung im Sinne von § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG ergibt sich auch daraus, dass der Antragsgegner unter dem Datum vom 10. Dezember 2021 einen Bescheid erlassen hat, der vom Antragsgegner mit einer Rechtsbehelfsbelehrung gemäß § 36 Sozialgesetzbuch X (SGB X) versehen worden ist.
Die Antragstellerin ist ein nach dem Thüringer Krankenhausplan zugelassenes Fachkrankenhaus für Neurologie und Psychiatrie.
Der Gesetzgeber hat mit Wirkung zum 1. Januar 2020 den neuen § 275d SGB V eingeführt. Dieser neu eingeführte § 275d SGB V bildet die gesetzliche Regelungsgrundlage für Prüfungen des Medizinischen Dienstes (MD) in Krankenhäusern und hier explizit die Prüfungen zur Einhaltung der sogenannten Strukturmerkmale, welche auf Grund des vom Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation (DIMDI) und Information herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS-Komplexbehandlungskodes) nach § 301 Abs. 2 SGB V festgelegt werden. Bis zu der Einführung dieser Regelung wurden die Strukturmerkmale der OPS-Komplexbehandlungskodes regelmäßig im Rahmen von Einzelfallprüfungen durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) bzw. jetzt den MD geprüft. Dies führte aus der Sicht des Gesetzgebers zu unnötigem Aufwand und auch zu fehlender Planbarkeit für die Krankenhäuser bezüglich der Abrechnungsbefugnis. Um diese Probleme zu vermeiden, sollte nunmehr die Einhaltung von Strukturmerkmalen krankenhausbezogen im Voraus und außerhalb der Einzelfallprüfungen geprüft werden, ob das betreffende Krankenhaus die strukturellen Voraussetzungen zur Abrechnung von OPS-Komplexbehandlungskodes erfüllt. Damit wurde für die Krankenhäuser wie für die Krankenkassen im Vorhinein Rechtsklarheit geschaffen, ob die Anforderungen für die Vereinbarung und Abrechnung der entsprechenden Leistungen erfüllt werden.
§ 275d Abs. 2 SGB V regelt: „Die Krankenhäuser erhalten vom Medizinischen Dienst in schriftlicher oder elektronischer Form das Gutachten und bei Einhaltung der Strukturmerkmale eine Bescheinigung über das Ergebnis der Prüfung, die auch Angaben darüber enthält, für welchen Zeitraum die Einhaltung der jeweiligen Strukturmerkmale als erfüllt angesehen wird.“
§ 275d Abs. 4 SGB V regelt weiter: „Krankenhäuser, die die strukturellen Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht erfüllen, dürfen die Leistungen ab dem Jahr 2022 nicht vereinbaren und nicht abrechnen. Soweit Krankenhäusern die Bescheinigung über die Einhaltung der Strukturmerkmale nach Absatz 2 aus von ihnen nicht zu vertretenden Gründen erst nach dem 31. Dezember 2021 vorliegt, können diese Krankenhäuser bis zum Abschluss einer Strukturprüfung bislang erbrachte Leistungen weiterhin vereinbaren und abrechnen.“
Der Gesetzgeber führt dann in der Gesetzesbegründung (Bundestagsdrucksache 19/13397, Seite 68/69) zu § 275d Abs. 4 SGB V aus: „Absatz 4 regelt, dass Krankenhäuser, die die strukturellen Voraussetzungen nicht erfüllen, Leistungen nicht vereinbaren und auch nicht abrechnen dürfen (siehe dazu die Änderung von § 8 Abs. 4 und § 11 Absatz 1 KHEntG sowie von§ 8 Abs. 3 und § 11 Abs. 1 Bundespflegesatzverordnung). Dies gilt jedoch erst ab dem 1. Januar 2021, also wenn die Bescheinigungen zur Erhaltung der Strukturmerkmale vorliegen. Damit sollen Schwierigkeiten in der Umstellungsphase vermieden werden, die aus der Erforderlichkeit von Schulungen für die Gutachterinnen und Gutachter sowie einem hohen Bedarf an der Durchführung dieser Strukturprüfungen in der Anfangszeit nach Genehmigung der entsprechenden Richtlinie resultieren können.“
Der Gesetzgeber führt dann in der Gesetzesbegründung (Bundestagsdrucksache 19/14871, Seite 107) zum Rechtsschutz gegen die Entscheidung des MD hinsichtlich der Erfüllung der Strukturmerkmale durch ein Krankenhaus aus: „…Sofern ein Krankenhaus gegen das Prüfergebnis des Medizinischen Dienstes klagt, kann es auf Grund der aufschiebenden Wirkung der Klage die entsprechenden Leistungen weiter vereinbaren und abrechnen; der Ausschluss nach § 275d Absatz 4 Satz 1 gilt insofern erst ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung, die die Nichterfüllung der Strukturvoraussetzungen ausweist.“
Der OPS 9-701 (Stationsäquivalente psychiatrische Behandlung bei Erwachsenen) in der Version des Operationen- und Prozedurenschlüssels Version 2021 (OPS 2021) verlangt für seine Kodierung bzw. seine Abrechenbarkeit die zwingende Erfüllung folgender Strukturmerkmale:
Mobiles multiprofessionelles Team mit Behandlungsleitung durch einen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Facharzt für Psychiatrie, Facharzt für Nervenheilkunde oder Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, bestehend aus ärztlichem Dienst, pflegerischem Dienst und mindestens einem Vertreter einer weiteren Berufsgruppe (z.B. Psychologen (Psychologischer Psychotherapeut, Diplom-Psychologe oder Master of Science in Psychologie) oder Spezialtherapeuten (z.B. Ergotherapeut, Physiotherapeut, Sozialarbeiter, Sozialpädagoge, Logopäde, Kreativtherapeut)).
Vorhandensein von Vertretern der folgenden Berufsgruppen:
Ärzte (Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Facharzt für Psychiatrie, Facharzt für Nervenheilkunde oder Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie)
Psychologen (Psychologischer Psychotherapeut, Diplom-Psychologe oder Master of Science in Psychologie)
Spezialtherapeuten (z.B. Ergotherapeuten, Physiotherapeuten, Sozialarbeiter, Logopäden, Kreativtherapeuten)
Pflegefachpersonen (z.B. Gesundheits- und Krankenpfleger, Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger, Altenpfleger, Heilerziehungspfleger)
Erreichbarkeit mindestens eines Mitglieds des Behandlungsteams werktags im Rahmen des üblichen Tagesdienstes (Rufbereitschaft). Darüber hinaus jederzeitige, 24 Stunden an 7 Tagen in der Woche, ärztliche Eingriffsmöglichkeit
Möglichkeit zur umgehenden vollstationären Aufnahme bei kurzfristiger Zustandsverschlechterung.
Der Antragsgegner stellte in seinem Gutachten über die Prüfung von OPS-Strukturmerkmalen im Krankenhaus vom 12. November 2021 gegenüber der Antragstellerin fest, dass die Strukturmerkmale des OPS 9-701 in der Version des OPS 2021 durch die Antragstellerin nicht erfüllt werden. Der Antragsgegner führte zur Begründung in seinem Gutachten über die Prüfung von OPS-Strukturmerkmalen im Krankenhaus vom 12. November 2021 aus, dass die Antragstellerin das Strukturmerkmal des OPS 9-701 in der Version des OPS 2021 „Erreichbarkeit mindestens eines Mitglieds des Behandlungsteams werktags im Rahmen des üblichen Tagesdienstes (Rufbereitschaft). Darüber hinaus jederzeitige, 24 Stunden an 7 Tagen in der Woche, ärztliche Eingriffsmöglichkeit“ nicht erfülle. Dazu führte der Antragsgegner in seinem Gutachten über die Prüfung von OPS-Strukturmerkmalen im Krankenhaus vom 12. November 2021 insbesondere aus: „…Kritisch ist dabei zu sehen, dass es für die Klinik nur einen gemeinsamen fachärztlichen Rufdienst für die Kinder- und Jugendpsychiatrie und die Erwachsenenpsychiatrie gibt. …“
Der Antragsgegner lehnte gegenüber der Klägerin mit Bescheid vom 10. Dezember 2021 die Erteilung einer Bescheinigung über die Einhaltung der Strukturmerkmale nach § 275d Abs. 2 SGB V hier bezogen auf den OPS 9-701 in der Version des OPS 2021 gemäß § 301 Abs. 2 SGB V ab. Der Antragsgegner begründete seine ablehnende Entscheidung mit dem Ergebnis des Gutachtens über die Prüfung von OPS-Strukturmerkmalen im Krankenhaus vom 12. November 2021.
Die Antragstellerin legte gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 10. Dezember 2021 mit Schreiben vom 23. Dezember 2021 Widerspruch ein.
Die Antragstellerin hat am 23. Dezember 2021 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht Altenburg gestellt. Die Antragstellerin ist der Ansicht, dass die Antragsgegnerin verpflichtet sei, der Antragstellerin die von der Antragstellerin begehrte Bescheinigung über die Einhaltung der Strukturmerkmale gemäß § 275d Abs. 2 SGB V hier bezogen auf den OPS 9-701 in der Version des OPS 2021 gemäß § 301 Abs. 2 SGB V zu erteilen.
Die Antragstellerin erfülle die Strukturmerkmale gemäß § 275d Abs. 2 SGB V hier bezogen auf den OPS 9-701 in der Version des OPS 2021. Dazu führt die Antragstellerin in ihrer Antragsschrift vom 23. Dezember 2021 aus: „…Entsprechend der Stellungnahme des K, welche dem Antragsgegner vorlag, erfolgte die kinder- und jugendpsychiatrische fachärztliche Absicherung entweder durch einen Facharzt, der im Dienst 1, Dienst 2 oder Dienst 3 tätig ist, oder ansonsten über die telefonische Bereitschaft durch den Chefarzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie, mit dem dies zuvor abgesprochen war. …Die Absicherung der fachärztlichen Expertise wird zudem ab Anfang 2022 durch eine im Wochenturnus wechselnde Rufbereitschaft ersetzt, die dann auch für die Stationsäquivalente Behandlung (StäB) zuständig ist.“ Zur weiteren Begründung wird auf die Schrift-sätze der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verwiesen.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß;
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu verpflichten, der Antragstellerin die von der Antragstellerin begehrte Bescheinigung über die Einhaltung der Strukturmerkmale gemäß § 275d Abs. 2 Sozialgesetzbuch V (SGB V) hier bezogen auf den OPS 9-701 (Stationsäquivalente psychiatrische Behandlung bei Erwachsenen) in der Version des Operationen- und Prozedurenschlüssels Version 2021 (OPS 2021) gemäß § 301 Abs. 2 SGB V mit Wirkung ab dem 1. Januar 2022 zu erteilen.
Der Antragsgegner beantragt;
den Antrag insgesamt abzulehnen.
Der Antragsgegner ist der Ansicht, dass der Antrag der Antragstellerin sowohl unzulässig wie auch unbegründet sei. Der Antragsgegner sei nicht verpflichtet, der Antragstellerin die von der Antragstellerin begehrte Bescheinigung über die Einhaltung der Strukturmerkmale gemäß § 275d Abs. 2 SGB V hier bezogen auf den OPS 9-701 in der Version des OPS 2021 gemäß § 301 Abs. 2 SGB V zu erteilen. Zur weiteren Begründung wird auf die Schriftsätze des Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners im einstweiligen Anordnungsverfahren verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte S 4 KR 1794/21 ER und die Verwaltungsakte des Antragsgegners, die dem Gericht beide bei seiner Entscheidung vorgelegen haben, verwiesen.
II
Der Antrag ist unzulässig und insgesamt unbegründet.
Die Antragstellerin hat gegen den Antragsgegner keinen Anspruch darauf, dass der Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung im Sinne von § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verpflichtet wird, der Antragstellerin die von der Antragstellerin begehrte Bescheinigung über die Einhaltung der Strukturmerkmale gemäß § 275d Abs. 2 Sozialgesetzbuch V (SGB V) hier bezogen auf den OPS 9-701 (Stationsäquivalente psychiatrische Behandlung bei Erwachsenen) in der Version des Operationen- und Prozedurenschlüssels Version 2021 (OPS 2021) gemäß § 301 Abs. 2 SGB V mit Wirkung ab dem 1. Januar 2022 zu erteilen.
Gemäß § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG – wie hier – nicht vorliegt und die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG; sogenannte Sicherungsanordnung).
Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG; sogenannte Regelungsanordnung).
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) voraus, dass die Antragstellerin glaubhaft macht, dass ihr ein materielles Recht zusteht, für das sie einstweiligen Rechtsschutz beantragen kann (Anordnungsanspruch) und dass wesentliche Nachteile drohen, die nach den Umständen des Einzelfalles unter Abwägung der widerstreitenden Interessen ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache als unzumutbar erscheinen lassen (Anordnungsgrund).
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt daher die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache (Anordnungsanspruch) sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung (Anordnungsgrund) (siehe dazu die Beschlüsse des Thüringer Landessozialgerichts [Thüringer LSG] vom 8. Januar 2021, Az.: L 9 AS 862/20 B ER und vom 30. Januar 2018, Az.: L 1 U 1245/17 B ER beide zitiert nach juris).
Bei der Antragstellerin liegt aus mehreren Gründen kein Anordnungsgrund vor, sodass der Antrag der Antragstellerin auf den begehrten Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO bereits als unzulässig abzulehnen ist.
Der Antragstellerin ist es nach dem Willen des Gesetzgebers zuzumuten, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten, da der von der Antragstellerin gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 10. Dezember 2021 eingelegte Widerspruch und gegebenenfalls eine Klage nach dem Willen des Gesetzesgebers in seiner Gesetzesbegründung (Bundestagsdrucksache 19/14871, Seite 107) eine aufschiebende Wirkung haben, sodass die Antragstellerin die entsprechenden Leistungen weiter vereinbaren und kodieren bzw. abrechnen kann. Somit tritt bei der Antragstellerin kein wirtschaftlicher Schaden ein, der durch eine Entscheidung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG verhindert werden muss.
Zwar führt der Gesetzgeber in seiner Gesetzesbegründung (Bundestagsdrucksache 19/14871, Seite 107) nur aus, dass eine Klage gegen das Prüfergebnis des Medizinischen Dienstes (MD), hier des Antragsgegners, aufschiebende Wirkung hat.
Es wäre jedoch widersprüchlich, wenn der Widerspruch gegen den Bescheid des MD (Antragsgegners), der das Prüfergebnis des MD (Antragsgegners) umsetzt, keine aufschiebende Wirkung entfaltet, eine Klage aber schon. Somit muss auch der Widerspruch gegen den Bescheid des MD (Antragsgegners), der das Prüfergebnis des MD (Antragsgegners) umsetzt, aufschiebende Wirkung haben.
Solange die Antragstellerin die ihr nach dem Willen des Gesetzgebers zumutbaren Möglichkeiten nicht ausgeschöpft hat, das von ihr angestrebte Ziel, nämlich die Erteilung einer Bescheinigung über die Einhaltung der Strukturmerkmale gemäß § 275d Abs. 2 SGB V hier bezogen auf den OPS 9-701 in der Version des OPS 2021 gemäß § 301 Abs. 2 SGB V mit Wirkung ab dem 1. Januar 2022, auch ohne die Einschaltung des Gerichts zu erreichen, fehlt es an der Notwendigkeit gerichtlichen Eingreifens (siehe dazu die Beschlüsse des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg [LSG Berlin-Brandenburg] vom 3. Februar 2016, Az.: L 15 SO 15/16 B ER und L 15 SO 14/16 B ER PKH sowie des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen [LSG Nordrhein-Westfalen] vom 24. September 2012, Az.: L 20 SO 301/12 B ER und L 20 SO 302/12 B und vom 20. April 2011, Az.: L 6 AS 227/11 B ER; alle zitiert nach juris).
Die Antragstellerin hat eine einfachere Möglichkeit als den einstweiligen Rechtsschutz nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG, um die Bescheinigung über die Einhaltung der Strukturmerkmale gemäß § 275d Abs. 2 SGB V hier bezogen auf den OPS 9-701 in der Version des OPS 2021 gemäß § 301 Abs. 2 SGB V mit Wirkung ab dem 1. Januar 2022 zu erlangen. Die Antragstellerin hat nämlich die Möglichkeit, die in dem Gutachten des Antragsgegners über die Prüfung von OPS-Strukturmerkmalen im Krankenhaus vom 12. November 2021 genannten Mängel und Defizite abzustellen und durch den Antragsgegner die Einhaltung der Strukturmerkmale gemäß § 275d Abs. 2 SGB V hier bezogen auf den OPS 9-701 in der Version des OPS 2021 gemäß § 301 Abs. 2 SGB V erneut begutachten zu lassen, um so die von der Antragstellerin begehrte Bescheinigung über die Einhaltung der Strukturmerkmale gemäß § 275d Abs. 2 SGB V hier bezogen auf den OPS 9-701 in der Version des OPS 2021 gemäß § 301 Abs. 2 SGB V zu bekommen.
Dies entspricht auch dem eindeutig und deutlich geäußerten Willen des Gesetzgebers in seiner Gesetzbegründung (Bundestagsdrucksache 19/13397, Seite 68): „…Sofern ein Krankenhaus die Strukturmerkmale nicht erfüllt und daher keine Bescheinigung erhält, kann das Krankenhaus aus dem vom MD übermittelten die Gründe hierfür entnehmen. Das Krankenhaus hat dann die Möglichkeit, Maßnahmen zur Einhaltung der Strukturmerkmale umzusetzen und anschließend die Einhaltung der Strukturmerkmale erneut vom MD begutachten zu lassen.“
Des Weitern würde bei einer Erteilung der Bescheinigung über die Einhaltung der Strukturmerkmale gemäß § 275d Abs. 2 SGB V hier bezogen auf den OPS 9-701 in der Version des OPS 2021 gemäß § 301 Abs. 2 SGB V mit Wirkung ab dem 1. Januar 2022 die Hauptsache unzulässig vorweggenommen, denn mit einer solchen Entscheidung würde im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG eine einer Statusentscheidung vergleichbare Entscheidung getroffen, die mit großer Wahrscheinlichkeit nicht vollständig rückabgewickelt werden kann. Mit der Erteilung der Bescheinigung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG über die Einhaltung der Strukturmerkmale gemäß § 275d Abs. 2 SGB V hier bezogen auf den OPS 9-701 in der Version des OPS 2021 gemäß § 301 Abs. 2 SGB V mit Wirkung ab dem 1. Januar 2022 würde ein Status der Antragstellerin festgestellt, der mit großer Wahrscheinlichkeit nicht vollständig rückabgewickelt werden kann.
Ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zielt darauf ab, vorläufige Regelungen herbeizuführen, während Statusentscheidungen stets endgültigen Charakter haben und damit die Hauptsache vorwegnehmen; zumindest die während der Dauer ihrer vorübergehenden Geltung erbrachten Leistungen können nachträglich nicht vollständig rückabgewickelt werden (siehe dazu den Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 25. Oktober 2013, Az.: L 7 KA 77/13 B ER; zitiert nach juris).
Nach summarischer Prüfung der vorliegenden Unterlagen besteht im Fall der Antragstellerin ebenfalls kein Anordnungsanspruch, da die Antragstellerin gegen den Antragsgegner keinen Anspruch darauf hat, dass der Antragstellerin vom Antragsgegner eine Bescheinigung über die Einhaltung der Strukturmerkmale gemäß § 275d Abs. 2 SGB V hier bezogen auf den OPS 9-701 in der Version des OPS 2021 gemäß § 301 Abs. 2 SGB V mit Wirkung ab dem 1. Januar 2022 erteilt wird.
Die Antragstellerin hat nach summarischer Prüfung des Sachverhalts nicht nachgewiesen, dass die Antragstellerin das Strukturmerkmal des OPS 9-701 in der Version des OPS 2021 „Erreichbarkeit mindestens eines Mitglieds des Behandlungsteams werktags im Rahmen des üblichen Tagesdienstes (Rufbereitschaft). Darüber hinaus jederzeitige, 24 Stunden an 7 Tagen in der Woche, ärztliche Eingriffsmöglichkeit“ tatsächlich erfüllt.
Die stationsäquivalente psychiatrische Behandlung bei Erwachsenen soll nach dem Wortlaut des § 115d Abs. 1 SGB V eine an sich notwendige vollstationäre Krankenhausbehandlung ersetzen, sodass für eine solche stationsäquivalente psychiatrische Behandlung bei Erwachsenen im Sinne von § 115d Abs. 1 SGB V die gleichen Qualitätsanforderungen, insbesondere hinsichtlich der Facharztqualifikation der behandelnden Ärztinnen und Ärzte, wie bei der vollstationären psychiatrischen Krankenhausbehandlung eines Erwachsenen gelten müssen. Der Facharztstandard repräsentiert den jeweiligen Stand der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse und der ärztlichen Erfahrung, der zur Erreichung des ärztlichen Behandlungsziels erforderlich ist und sich in der Erprobung bewährt hat (Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts [OLG Schleswig-Holstein] vom 22. April 2020, Az.: 4 U 114/17; zitiert nach juris).
Somit muss die Antragstellerin auch bei einer stationsäquivalenten psychiatrischen Behandlung bei Erwachsenen den Facharztstandard dahingehend gewährleisten, dass die behandelnden Ärztinnen und Ärzte jeweils Fachärztinnen und Fachärzte für Erwachsenenpsychiatrie sein müssen, denn nur so kann das ärztliche Behandlungsziel einer medizinisch ausreichenden psychiatrischen Behandlung von Erwachsenen erreicht werden.
Nach dem genauen Wortlaut des OPS 9-701 in der Version des OPS 2021 handelt es sich um die stationsäquivalente psychiatrische Behandlung bei Erwachsenen, sodass die Strukturmerkmale des OPS 9-701 in der Version des OPS 2021 hinsichtlich des Facharztstandards nur durch Fachärztinnen und Fachärzte für Erwachsenenpsychiatrie tatsächlich erfüllt werden können.
Eine Erfüllung dieses Facharztstandards im Rahmen des OPS 9-701 in der Version des OPS 2021 durch andere Ärzte, zum Beispiel auch durch Fachärztinnen und Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie, kommt nicht in Betracht, da der Wortlaut des OPS 9-701 in der Version des OPS 2021 ausschließlich auf die stationsäquivalente psychiatrische Behandlung von Erwachsenen abstellt.
Somit muss die Antragstellerin zur Erfüllung des Strukturmerkmals des OPS 9-701 in der Version des OPS 2021 „Erreichbarkeit mindestens eines Mitglieds des Behandlungsteams werktags im Rahmen des üblichen Tagesdienstes (Rufbereitschaft). Darüber hinaus jederzeitige, 24 Stunden an 7 Tagen in der Woche, ärztliche Eingriffsmöglichkeit“ jederzeit gewährleisten, dass die medizinisch notwendige psychiatrische Behandlung der Erwachsenen durch Fachärztinnen und Fachärzte für Erwachsenenpsychiatrie erfolgt.
Bei der Strukturprüfung hat der Antragsgegner festgestellt, dass an mindestens 12 Tagen kein Facharztstandard in der Form eines Bereitschaftsdienstes oder Rufbereitschaft für den Fachbereich Psychiatrie und Psychotherapie gewährleistet war.
Dies gibt die Antragstellerin auch selbst zu, wenn sie in ihrer Antragsschrift vom 23. Dezember 2021 ausführt: „…Entsprechend der Stellungnahme des K, welche dem Antragsgegner vorlag, erfolgte die kinder- und jugendpsychiatrische fachärztliche Absicherung entweder durch einen Facharzt, der im Dienst 1, Dienst 2 oder Dienst 3 tätig ist, oder ansonsten über die telefonische Bereitschaft durch den Chefarzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie, mit dem dies zuvor abgesprochen war.“
Die Antragstellerin hat auch jetzt keine zweifelsfreien Nachweise darüber vorgelegt, dass das Strukturmerkmal des OPS 9-701 in der Version des OPS 2021 hinsichtlich des Facharztstandards durch den Einsatz von Fachärztinnen und Fachärzten für Erwachsenenpsychiatrie jederzeit erfüllt wird.
Der Hilfsantrag der Antragstellerin aus der Antragsschrift vom 23. Dezember 2021 ist ebenfalls unbegründet. Da die Antragstellerin keine zweifelsfreien Nachweise darüber vorgelegt hat, dass das Strukturmerkmal des OPS 9-701 in der Version des OPS 2021 hinsichtlich des Facharztstandards durch den Einsatz von Fachärztinnen und Fachärzten für Erwachsenenpsychiatrie jederzeit erfüllt wird, kommt im Wege einer einstweiligen Anordnung im Sinne von § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG die Erteilung einer vorläufigen Erlaubnis ab dem 1. Januar 2022 zur Kodierung bzw. zur Abrechnung des OPS 9-701 in der Version des OPS 2021 nicht in Betracht.
Der Antrag war daher insgesamt abzulehnen.
Da weder die Antragstellerin noch der Antragsgegner zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören, ist entsprechend § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG über die Kosten zu entscheiden. Entsprechend § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG sind Kosten die Gerichtskosten und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen (außergerichtliche Kosten). Die Antragstellerin hat die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners entsprechend § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zu tragen, da der Antrag insgesamt abgelehnt worden ist.
Da weder die die Antragstellerin noch der Antragsgegner zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören, ist hier entsprechend § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG eine Festsetzung des Streitwerts zur Berechnung der Gerichts- und außergerichtlichen Kosten notwendig. Der Streitwert war gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 GKG nach § 52 Abs. 2 GKG auf den Regelstreitwert in Höhe von 5.000,00 € festzusetzen, da der bisherige Sach- und Streitstand keine genügenden Anhaltspunkte für die Festsetzung eines Streitwerts ergibt.
Gegen diesen Beschluss ist von Gesetzes wegen nach §§ 86b Abs. 4, 172 Abs. 1, 173 SGG die Beschwerde zum Thüringer Landessozialgericht (Thüringer LSG) zulässig.