Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 29. März 2019 abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 27. November 2015 bis 31. August 2016 Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch in gesetzlicher Höhe zu zahlen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch des Klägers auf Leistungen der Hilfe zur Pflege sowie Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) für die Zeit vom 27. November 2015 bis 31. August 2016 streitig.
Bei dem am 2. August 1984 geborenen Kläger sind seit 10. November 2015 ein GdB von 100 sowie die Merkzeichen G und B festgestellt. Zuletzt bewohnte er bis 7. März 2015 eine Wohnung in B.. Sodann war er ohne festen Wohnsitz. Ab dem 30. Mai 2015 befand er sich in stationärer Behandlung in der A. am Universitätsklinikum B..
Das Jobcenter B. bewilligte dem Kläger zuletzt mit Bescheid vom 28. September 2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. Juni 2015 bis 29. November 2015. Einen Weiterbewilligungsantrag des Klägers vom 23. Oktober 2015 lehnte das Jobcenter mit Bescheid vom 25. Oktober 2015 ab, weil sich der Kläger seit 30. Mai 2015 in stationärer Behandlung im NCT B. befinde und ein Ende der stationären Behandlung nicht absehbar sei bzw. nach der vorliegenden Prognose diese länger als sechs Monate andauern werde, weswegen die Voraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosengeld II nicht vorlägen.
Am 28. Oktober 2015 beantragte der Kläger daraufhin bei der Beklagten die Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII. Bei der Deutschen Rentenversicherung Bund beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Am 19. November 2015 teilte die Betreuerin des Klägers der Beklagten mit, der Kläger solle am 26. November 2015 in eine Beatmungswohngemeinschaft in F. verlegt werden, wofür die Übernahme der Kosten beantragt werde. Sie legte einen Mietvertragsentwurf der CGmbH, D. vom 16. November 2015 (Bl. 101/117 VA HzP) über die (Unter-)Vermietung eines Ein-Zimmer-Apartments in F. ab 27. November 2015, einen Kostenvoranschlag der G. GmbH, F. vom 17. November 2015 (Bl. 123 VA HzP) sowie einen Pflegevertrag mit dem Pflegedienst G. GmbH F. vom 25. November 2015 (Bl. 133/139 VA HzP) vor. Gesellschafter der G. GmbH, F. war die H.GmbH & Co. KG, D., deren persönlich haftender Gesellschafter die M.GmbH, D. und Kommanditist die J.GmbH, D. war; Geschäftsführer der G. GmbH, F. war L. L.. Die Geschäftsanteile der CGmbH, D. hielt K. K., der zugleich Geschäftsführer war.
Die Beigeladene Ziff. 3 bewilligte mit Bescheiden vom 18. Dezember 2015 ab 26. November 2015 Pflegesachleistungen der Pflegestufe II bis zu einer Höhe von 1144 EUR monatlich (Bl. 143 VA HzP), wobei die Pflege durch einen zugelassenen Pflegedienst erfolgte, ergänzende Sachleistungen durch einen zugelassenen Pflegedienst von bis zu 154 EUR monatlich (Bl. 145 VA HzP) sowie zusätzliche Betreuungsleistungen bis zu 104 EUR monatlich (Bl 147 VA HzP).
Die Beigeladene Ziff. 2 bewilligte zudem mit Bescheid vom 21. Dezember 2015 (Bl. 345 VA HzP) Leistungen der häuslichen Krankenpflege durch einen Pflegedienst im Umfang von täglich 24 Stunden.
Nachdem die Beklagte den Antrag des Klägers an die Beigeladene Ziff. 1 weitergeleitet hatte, teilte diese der Beklagten unter dem 18. Dezember 2015 mit, der Pflegedienst G. GmbH habe in F. ein Haus insbesondere für Beatmungspatienten eingerichtet. Zu diesem Haus habe sie festgestellt, dass es sich um ein unter das Heimgesetz fallendes Pflegeheim handele. Aufgrund der Kostenträgerstruktur bestehe für dieses Haus jedoch kein stationärer Versorgungsvertrag mit den Pflegekassen. Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg habe mit Beschluss vom 10. Juli 2003 (Az. 12 S 1346/03) festgestellt, dass es sich bei dem Haus G. in F. um ein unter das Heimgesetz fallendes Pflegeheim handele. Der Kläger habe in F. keinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet. Die Beigeladene Ziff. 1 sei nicht zuständig. Sie sende die Antragsunterlagen zurück.
Unter dem 18. Januar 2016 sandte die Beklagte die Unterlagen erneut an die Beigeladene Ziff. 1. Bei der Unterkunft in F. handele es sich um keine stationäre Einrichtung, so dass nicht § 98 Abs. 2 SGB XII, sondern § 98 Abs. 1 SGB XII, wonach die Zuständigkeit der Beigeladenen Ziff. 1 gegeben sei, Anwendung finde.
Die Beigeladene Ziff. 1 sandte die Unterlagen unter dem 5. Februar 2016 wiederum an die Beklagte zurück.
Mit Bescheid vom 29. Februar 2016 (Bl. 391/395 VA HzP) lehnte die Beklagte den Antrag auf Hilfe zur Pflege nach §§ 61 ff. SGB XII wegen fehlender Zuständigkeit nach § 98 Abs. 1 SGB XII ab. Der Kläger habe einen Mietvertrag mit der CGmbH und einen ambulanten Pflegevertrag mit dem Pflegedienst G. GmbH abgeschlossen. Durch den Abschluss des Pflegevertrages mit dem Pflegedienst G. GmbH finde eine weitgehende und intensive Hilfeerbringung in seiner eigenen Häuslichkeit unter eigenverantwortlicher Organisation statt. Daher handele es sich bei seiner Unterkunft um keine stationäre Einrichtung im Sinne des SGB XII. Er halte sich somit tatsächlich in F. auf. Die örtliche Zuständigkeit für die Leistungserbringung nach § 98 Abs. 1 SGB XII ergebe sich somit für die Beklagte nicht. Unabhängig von der örtlichen Zuständigkeit bestehe kein Anspruch auf Hilfe zur Pflege, weil der zu tragende Kostenaufwand durch die vorrangigen Leistungen der Pflegekasse gedeckt sei. Die Ansprüche aus der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 37 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) und aus der Pflegeversicherung nach § 36 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) bestünden gleichberechtigt nebeneinander. Die noch dem „Drachenfliegerurteil“ zugrunde liegende Annahme, während der Erbringung der Hilfe bei der Grundpflege trete die Behandlungspflege im Regelfall in den Hintergrund, so dass es gerechtfertigt sei, den Kostenaufwand für diese Zeiten allein der sozialen Pflegeversicherung zuzurechnen, vertrete das Bundessozialgericht (BSG) nicht mehr. Aufgrund des Nachrangs der Sozialhilfe seien die vorrangigen Leistungen in der zustehenden Höhe geltend zu machen und vorrangig für den Hilfebedarf einzusetzen.
Mit Bescheid vom 2. März 2016 (Bl. 401 VA HzP) lehnte die Beklagte auch Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel SGB XII ab. Da es sich bei der Unterkunft des Klägers um keine stationäre Einrichtung im Sinne des SGB XII handele, richte sich die Zuständigkeit der Hilfegewährung nach § 98 Abs. 1 SGB XII, wonach der tatsächliche Aufenthalt maßgebend sei. Da sich der Kläger tatsächlich in F. aufhalte, sei zuständiger Träger die Beigeladene Ziff. 1. Eine örtliche Zuständigkeit der Beklagten sei damit nicht gegeben.
Gegen den Bescheid vom 29. Februar 2016 legte der Kläger am 4. April 2016, gegen den Bescheid vom 2. März 2016 am 21. März 2016 Widerspruch ein.
Die Deutsche Rentenversicherung Bund bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 18. April 2016 Rente wegen voller Erwerbsminderung mit einem Zahlbetrag von monatlich 139,95 EUR für die Zeit ab 1. Dezember 2015, befristet bis 31. Mai 2017 (Bl. 251/255 VA HLU). Die Rente wurde ab 1. Juni 2016 laufend monatlich gezahlt, für die Zeit vom 1. Dezember 2015 bis 31. Mai 2016 erfolgte 13. Mai 2016 eine Nachzahlung in Höhe von 840,63 EUR. Ab 1. Juli 2016 belief sich die Rente auf 145,87 EUR (Bl. 527 VA HzP).
Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Mai 2016 (Bl. 425/431 VA HzP) wies die Beklagte die Widersprüche zurück.
Zum 1. September 2016 wechselte der Kläger in eine vollstationäre Pflegeeinrichtung in B.. Ab September 2016 übernahm die Beklagte die ungedeckten Heimkosten und machte bei der Beigeladenen Ziff. 1 einen Erstattungsanspruch geltend.
Am 20. Juni 2016 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Hinsichtlich der Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt sei streitig, ob die seit dem 27. November 2015 durch den Kläger in F. in Anspruch genommenen Pflegeleistungen dessen Lebensmittelpunkt in F. begründet hätten. Gegebenenfalls bestünde ein Anspruch auf Leistungen gegenüber der Beigeladenen Ziff. 1. Soweit die Beklagte davon ausgehe, dass für die Erbringung der erforderlichen Leistungen zur Pflege die Pflegekasse zuständig sei, die Leistungen jedoch abgelehnt habe, komme ein Anspruch hilfsweise gegen diese in Betracht.
Mit Beschluss vom 25. Oktober 2016 hat das SG die Stadt F. (Beigeladene Ziff. 1), die Techniker Krankenkasse (Beigeladene Ziff. 2) sowie die Techniker Pflegekasse (Beigeladene Ziff. 3) zum Verfahren beigeladen.
Mit Gerichtsbescheid vom 29. März 2019 hat das SG die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 2. März 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2016 verurteilt, dem Kläger Leistungen nach dem SGB XII für die Zeit vom 27. November 2015 bis 31. August 2016 in gesetzlicher Höhe zu gewähren und hat die Klage im Übrigen abgewiesen. Bei der Wohngemeinschaft in F., in der der Kläger vom 27. November 2015 bis 31. August 2016 gelebt habe, handele es sich um eine stationäre Einrichtung, so dass sich die Zuständigkeit des Leistungsträgers nach § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII beurteile. Zwar handele es sich bei dem Vermieter der Wohngemeinschaftszimmer (CGmbH) und dem Pflegedienst (G. GmbH) um zwei Gesellschaften und nicht nur eine Gesellschaft als Einrichtungsträger. Dies führe aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falles aber nicht dazu, dass es sich um keine stationäre Einrichtung handele. Das SG verweise auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts (VG) Karlsruhe in seinem Urteil vom 14. Juni 2005 (Az. 11 K 2297/04) und des VGH Baden-Württemberg in seinem Beschluss vom 15. August 2006 (Az. 6 S 1462/05). Das SG berücksichtige außerdem, dass offenkundig zwischen dem Pflegedienst und dem Vermieter der Wohngemeinschaftszimmer Verflechtungen bestanden. Zudem beinhalte bereits die Internetseite des Pflegedienstes einen virtuellen Rundgang durch die Räumlichkeiten der Wohngemeinschaften. Das SG behandele vor diesem Hintergrund beide Gesellschaften in tatsächlicher Hinsicht als Einheit und gehe davon aus, dass beide gemeinsam mit der Wohngemeinschaft, in die der Kläger aufgenommen worden sei, eine stationäre Einrichtung zur Betreuung und Pflege von „technologieabhängigen Patienten“ betrieben. Weiter sei zu berücksichtigen, dass für die Wohngemeinschaft offenkundig ein Heimbeirat gebildet und eine Anzeige nach § 7 Heimgesetz (HeimG) erfolgt sei. Dies habe zur Konsequenz, dass die Beklagte auch nach der Aufnahme des Klägers in die Wohngemeinschaft weiterhin für den Hilfefall zuständig sei, was sich aus § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII ergebe. Der befristet voll erwerbsgeminderte Kläger gehöre auch grundsätzlich zum anspruchsberechtigten Personenkreis der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel SGB XII, die ihm im ausgesprochenen Umfang zu gewähren sei. Weiter sei davon auszugehen, dass kein ungedeckter Pflegebedarf (mehr) bestehe, so dass auch kein noch zu deckender Bedarf bzw. Anspruch auf Leistungen der Hilfe zur Pflege bestehe.
Gegen den ihr am 8. April 2019 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 6. Mai 2019 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Es handele sich bei der Unterkunft des Klägers in F. um keine stationäre Einrichtung im Sinne des SGB XII, so dass § 98 Abs. 2 SGB XII keine Anwendung finde. Die Räumlichkeiten bestünden aus einem Zimmer, einer Küchenzeile, einem behindertengerechten Badezimmer und einem Regalsystem. Zusätzlich könne der Mieter vorhandene Gemeinschaftsräume nutzen. Jeder Mieter habe einen eigenen Briefkasten und ein Klingelschild. Vermieter des Apartments sei die CGmbH. Aus dem Mietvertrag gehe hervor, dass der Vermieter kein Heim im Sinne des Heimgesetzes betreibe und selbst weder Verpflegung noch weitergehende Betreuungsleistungen anbiete. Der Mieter könne mit Anbietern hauswirtschaftlicher, pflegerischer und betreuender Leistungen seiner Wahl Verträge abschließen und entsprechende Leistungen von diesen gegen gesonderte Bezahlung beziehen. Eine rechtliche Verflechtung werde daher explizit und bewusst zwischen der CGmbH und dem Pflegedienst G. GmbH ausgeschlossen. Der Kläger habe damit frei entscheiden können, bei welchem Dienst er sich erforderliche Leistungen für Pflege und Betreuung „einkaufe“. Der Abschluss des Mietvertrages für das Apartment habe nicht zwingend zum Abschluss eines Pflegevertrages mit dem Pflegedienst G. GmbH verpflichtet. Dies sei ein wesentlicher Unterschied zu der damaligen Urteilsbegründung des VGH Baden-Württemberg vom 10. Juli 2003 (Az. 12 S 1346/03). Zum damaligen Zeitpunkt habe der Abschluss eines Mietvertrages über ein Apartment das Bestehen einer Pflegevereinbarung mit der G. GmbH vorausgesetzt. Das Mietverhältnis habe geendet, sobald die mit der G. GmbH vereinbarten Pflegeleistungen nicht mehr erbracht worden sein. Es bestehe vorliegend keine räumliche Bindung des Pflegedienstes an die Einrichtung. Der Pflegedienst G. GmbH habe lediglich einen Pflegevertrag mit dem Kläger für die Sicherstellung der erforderlichen individuellen Pflege gehabt. Vermieter sei die CGmbH, welche den Wohnraum zur Verfügung gestellt habe. Soweit der Träger der Einrichtung nicht die uneingeschränkte rechtliche Verantwortung für die Unterkunft übernehme, sondern der Fortbestand der Wohnmöglichkeit vom Bestand des Mietverhältnisses zwischen Vermieter und Hilfebedürftigen abhänge, fehle es an einer Zuordnung zur Rechts- und Organisationssphäre des Einrichtungsträgers. Ferner handele es sich bei dem Pflegedienst G. GmbH um einen ambulanten Pflegedienst; mit den Pflegekassen bestünde ein ambulanter Versorgungsvertrag sowie eine ambulante Vergütungsvereinbarung nach § 89 SGB XI. Für die Leistungserbringung würden daher ausschließlich ambulante Pflegeleistungen nach dem SGB XI gewährt. Das Wohnen im Haus G. stelle sich als eine Form des betreuten Wohnens für Beatmungspatienten dar, deren Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit in der Lebens- und Haushaltsführung erhalten, gesichert und gestärkt werden sollten. Es könnten Wahlleistungen von sämtlichen Anbietern in Anspruch genommen werden. Der Pflegedienst G. GmbH sei für die erforderliche Pflege und Betreuung zwar 24 Stunden vor Ort. Dies resultiere aber aus dem umfangreichen Pflege- und Betreuungsbedarf sowie der Beratungspflicht der Mieter, welche teilweise 24 Stunden beatmungspflichtig seien und dadurch die ständige Anwesenheit einer Pflegefachkraft erforderlich sei. Aufgrund der Rund-um-die-Uhr-Versorgung hätten die Pflegekräfte unter der gleichen Anschrift ebenfalls ein Zimmer zum eigenen Aufenthalt, welches einem Assistenzzimmer bei ambulanten Rund-um-die-Uhr-Pflegefällen entspreche. Der Umstand, dass durch den Pflegedienst Rund-um-die-Uhr gleichzeitig mehrere Pflegebedürftige versorgt würden, rechtfertige nicht die Zuordnung als stationäre Einrichtung im Sinne des SGB XII. Vom Pflegedienst G. GmbH sei auch keine Verpflegung angeboten worden. Dies spreche gegen eine typische Vollversorgung wie bei einer Unterbringung in einer stationären Einrichtung. Es liege auch kein Fall nach § 98 Abs. 5 SGB XII vor. Beim Kläger habe vorwiegend die medizinische und pflegerische Versorgung im Vordergrund gestanden. Ausflüge und andere Freizeitaktivitäten hätten nicht stattgefunden. Eine Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sei aufgrund des Gesundheitszustandes des Klägers verneint worden. Damit habe keine Versorgung im Rahmen des ambulant betreuten Wohnens nach § 98 Abs. 5 SGB XII stattgefunden. Soweit das Gericht der Auffassung sei, dass es sich bei der Wohngemeinschaft leistungsrechtlich um eine stationäre Einrichtung handele, wäre die Frage der Leistungshöhe nach dem SGB XII zu klären. Eine Übernahme der tatsächlichen Kosten im Haus G. analog einer ambulanten Versorgung sei bei einer Leistungsgewährung in einer stationären Einrichtung nicht möglich.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 29. März 2019 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen, hilfsweise die Beigeladene Ziff. 1 zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 27. November 2015 bis 31. August 2016 Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel SGB XII zu zahlen.
Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.
Die Beigeladene Ziff. 1 trägt vor, die Wohnform des Klägers sei durch das landesrechtliche Gesetz für unterstützende Wohnformen, Teilhabe und Pflege (WTBG) erfasst. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 WTPG liege eine stationäre Einrichtung auch dann vor, wenn die Wohnraumüberlassung und die Erbringung von Pflege und sonstigen Unterstützungsleistungen Gegenstand getrennter Verträge und die Verträge strukturell voneinander abhängig sein. Eine strukturelle Abhängigkeit sei insbesondere dann gegeben, wenn die freie Wählbarkeit der Pflege- und sonstige Unterstützungsleistungen rechtlich und tatsächlich eingeschränkt sei. Vorliegend bestehe ein vom Gesetz unbenannter Fall der strukturellen Abhängigkeit. Vorliegend sei die „Kundenakquise“ durch eine Person erfolgt, die für beide Gesellschaften gehandelt habe. Wenn bereits die Akquise des Kunden durch eine für zwei Gesellschaften einheitlich handelnde Person erfolge, sei aus Sicht der Beigeladenen eine strukturelle Abhängigkeit der getrennten Verträge gegeben. Die reine rechtstheoretische Möglichkeit des Kunden, den Pflegedienstvertrag abzulehnen, führe nicht dazu, dass in der konkreten Lebenssachverhaltssituation des Kunden dieser völlig „autonom“ und unbeeinflusst einen Pflegedienst unter mehreren Marktteilnehmern auswähle. Die CGmbH habe somit durch den mit ihr verbundenen Pflegedienst G. GmbH für den Kläger das Setting eines „Heimes“ (stationäre Einrichtung nach § 3 WTTG) geschaffen und betrieben.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten und der Beigeladenen Ziff. 1 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß § 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Streitgegenstand des Klageverfahrens waren der Bescheid der Beklagten vom 29. Februar 2016 über die Ablehnung von Leistungen der Hilfe zur Pflege nach §§ 61 ff. SGB XII und der Bescheid vom 2. März 2016 über die Ablehnung von Leistungen der Hilfe zu Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel SGB XII, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2016 (§ 95 SGG). Der Bescheid vom 29. Februar 2016 bezüglich der vom Kläger bei der Beklagten beantragten Hilfe zur Pflege ist bestandskräftig geworden (§ 77 SGG). Insoweit hat das SG die Klage abgewiesen, wogegen der Kläger keine Berufung eingelegt hat.
Soweit das SG den Bescheid vom 2. März 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2016 abgeändert (bzw. aufgehoben) und die Beklagte verurteilt hat, dem Kläger Leistungen nach dem SGB XII zu gewähren, ist die Berufung der Beklagten im Ergebnis nur insoweit begründet, als die Beklagte nicht Heimkosten zu übernehmen, sondern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Dritten Kapitel SGB XII zu gewähren hat. Ausgehend von der Annahme des SG, dass es sich bei der vom Kläger im streitigen Zeitraum vom 27. November 2015 bis 31. August 2016 bewohnten Unterkunft um eine stationäre Einrichtung gehandelt hat, war eine Entscheidung über Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt losgelöst von einem Anspruch stationäre Leistungen schon gar nicht zulässig. Denn die in einer stationären Einrichtung erbrachten Leistungen für den Lebensunterhalt einschließlich der Hilfe zum Lebensunterhalt stellen lediglich einen Rechenposten im Rahmen der Erbringung der besonderen Sozialhilfeleistung dar (BSG, Urteil vom 23. August 2013 - B 8 SO 17/12 R – juris Rdnr. 18), sind also weder Gegenstand einer gesonderten Bewilligung noch handelt es sich insoweit um Geldleistungen, die neben der stationären Leistung erbracht werden (BSG, Urteil vom 13. Februar 2014 – B 8 SO 11/12 R – juris Rdnr. 26) m.w.N.). Handelte es sich bei der streitigen Unterkunft um eine stationäre Einrichtung, wäre das Begehren des Klägers auf die Übernahme der im streitigen Zeitraum anfallenden Heimkosten bzw. einen Schuldbeitritt des Beklagten zu seiner Verbindlichkeit gegenüber dem Einrichtungsträger gerichtet gewesen (vgl. BSG, Urteil vom 28. Oktober 2008 – B 8 SO 22/07 R – juris Rdnr. 22 ff.; BSG, Urteil vom 20. April 2016 – B 8 SO 20/14 R – juris Rdnr. 13).
Ein Anspruch auf Übernahme der Heimkosten hätte sich nach § 19 Abs. 3 SGB XII (in der ab 1. Januar 2011 geltenden Fassung vom 24. März 2011, BGBl. I 453) in Verbindung mit § 61 Abs. 1 Satz 1 SGB XII (in der ab 1. Juli 2008 geltenden Fassung vom 28. Mai 2008, BGBl. I, 874) bestimmt. Danach ist Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung im Sinne des § 61 Abs. 3 SGB XII a.F. für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen, Hilfe zur Pflege zu leisten, wobei Hilfe zur Pflege dabei unter anderem auch stationäre Pflege umfasst (§ 61 Abs. 2 Satz 1 SGB XII a.F.). Unabhängig davon, ob die Beklagte mit dem Bescheid vom 29. Februar 2016 überhaupt über die Gewährung einer stationären Leistung entschieden hat, kommt ein entsprechender Anspruch schon deshalb nicht in Betracht, weil es sich weder bei der dem Kläger von der CGmbH im streitigen Zeitraum überlassenen Unterkunft in F. nicht um eine stationäre Einrichtung handelt noch von der G. GmbH eine stationäre Leistung erbracht wurde.
Aus § 13 Abs. 1 Satz 2 SGB XII ergibt sich eine Abgrenzung danach, ob die Leistung außerhalb einer Einrichtung (dann ambulant) oder in einer Einrichtung erbracht wird. Eine Einrichtung in diesem Sinne ist „ein in einer besonderen Organisationsform zusammengefasster Bestand von personellen und sächlichen Mitteln unter verantwortlicher Trägerschaft, der auf gewisse Dauer angelegt und für einen wechselnden Personenkreis zugeschnitten ist und der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach dem SGB XII zu deckenden Bedarfe oder der Erziehung dient“ (BSG, Urteil vom 13. Februar 2014 – B 8 SO 11/12 R) unter Weiterführung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zu § 97 des Bundessozialhilfegesetzes [BSHG]). Zurückzugreifen ist auch auf § 13 Abs. 1 Satz 2 SGB XII in der bis zum 6. Dezember 2006 geltenden Fassung (BSG, Urteil vom 23. August 2013 – B 8 SO 14/12 R). Danach sind stationäre Einrichtungen (jedenfalls) solche, in denen Leistungsberechtigte leben und die erforderlichen Hilfen erhalten. Eine konzeptionelle Verknüpfung zwischen der sozialhilferechtlichen Hilfe und der Unterbringung ist nicht erforderlich (im dort entschiedenen Fall ein Internat). Die Vorhaltung von Wohnraum durch den Träger der Einrichtung selbst ist ein wesentliches Merkmal einer Zuordnung zur „Rechts- und Organisationssphäre des Einrichtungsträgers“ (BSG, Urteil vom 13. Februar 2014 – B 8 SO 11/12 R – zur Frage einer Außenwohngruppe). Entscheidend ist, ob bei einer Gesamtbetrachtung der erbrachten Leistungen von einer Vollversorgung im Rahmen einer Einrichtungsgesamtheit auszugehen ist. Für eine stationäre Form spricht danach die bauliche Ausstattung wie ein Heim, Angebote der sozialen Betreuung oder Tagesstrukturierung oder sonstige Angebote, die ein Zusammenleben der Bewohner ermöglichen; des Weiteren das Anbieten einer Rundumversorgung und im Sinne einer Versorgungsgarantie – auch für den Fall einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes – die Gewähr für eine umfassende Versorgung der Bewohner unter Berücksichtigung ihrer individuellen Bedürfnisse (Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, § 98 Rdnr. 97e).
Nach diesen Kriterien befand sich der Kläger im streitigen Zeitraum nicht in einer stationären Einrichtung im Sinne des SGB XII. Weder die G. GmbH noch die CGmbH haben die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung des Klägers übernommen. Diese beiden Gesellschaften bilden auch nicht als „Einheit“ eine stationäre Einrichtung. Bei der CGmbH als Vermieterin des Wohnraums und der G. GmbH als Erbringerin der Pflege und Betreuung des Klägers handelt sich vielmehr um zwei rechtlich voneinander unabhängige Gesellschaften. Entgegen der Annahme des SG haben nicht beide ihren Sitz in D., sondern die G. GmbH hat ihren Sitz in F.. Auch ist nicht ersichtlich, dass die Gesellschafter und Geschäftsführer der Unternehmen personenidentisch wären. Eine Zusammenarbeit beider Gesellschaften macht diese nicht zu einer Einheit, selbst wenn einzelne (natürliche) Personen in mehreren der beteiligten Gesellschaften tätig werden. Daraus, dass das Mietvertragsangebot der Betreuerin des Klägers von einer Mitarbeiterin des Pflegedienstes zusammen mit einem Kostenvoranschlag für die Pflegeleistungen überlassen worden ist, folgt für die Qualifizierung der Unterkunft in F. als stationäre Einrichtung nichts. Der Pflegedienst, die G. GmbH, F., hat diesen Wohnraum nicht vorgehalten und keine rechtliche Verantwortung für die Unterkunft übernommen. Die G. GmbH war lediglich für die Erbringung der Pflegeleistungen verantwortlich. Der Wohnraum wurde dagegen von einer rechtlich selbständigen Gesellschaft, der CGmbH, D., gestellt. Mit der CGmbH, die den fraglichen Wohnraum ihrerseits von der Eigentümergemeinschaft in F. gemietet hat, bestand ein von dem Vertrag mit der G. GmbH völlig unabhängiger (Unter-)Mietvertrag. Der Individualwohnraum war vom Kläger selbst mit eigenen Möbeln/Pflegehilfsmitteln einzurichten. Eine Abhängigkeit des Bestandes des Mietvertrages von einem Vertrag über die Pflegeleistungen durch die G. GmbH bestand nach dem Mietvertrag vom 16. November 2015 nicht. Ebenso wenig war die CGmbH nach dem Vertrag zur Bereitstellung bzw. Organisation der Pflege verpflichtet. Nach der Präambel des Mietvertrages betreibt die Vermieterin kein Heim und bietet weder Verpflegung noch weitergehende Betreuungsleistungen an. Der Mieter kann nach seiner Wahl Verträge mit Anbietern hauswirtschaftlicher, pflegerischer und betreuender Leistungen abschließen und entsprechende Leistungen von diesen gegen gesonderte Bezahlung beziehen. Eine Verpflichtung, bei Abschluss des Mietvertrages einen Vertrag über die Pflege mit der G. GmbH abzuschließen, lässt sich dem Mietvertrag nicht entnehmen. Es stand dem Kläger danach offen, einen beliebigen Pflegedienst seiner Wahl zu beauftragen. Seine notwendige Pflege musste er selbst organisieren. Mit der G. GmbH schloss der Kläger einen Vertrag über die Erbringung von Leistungen der häuslichen Pflege und Betreuung ab, die „in der Häuslichkeit des Kunden“ zu erbringen waren. Die vom SG und der Beigeladenen Ziff. 1) zur Begründung des Vorliegens einer stationären Einrichtung in Bezug genommenen Entscheidungen des VG Karlsruhe und des VGH Baden-Württemberg sind vorliegend schon deshalb nicht relevant, weil die im streitigen Zeitraum bestehenden gesellschaftsrechtlichen Gegebenheiten zur Zeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen noch gar nicht gegeben waren. Insbesondere wurde die CGmbH erst im Jahr 2013 bzw. die Vorgängergesellschaft (CUG) im Jahr 2011 errichtet. Auch ist die heimrechtliche Beurteilung für die Beurteilung als Einrichtung im Sinnes des SGB XII nicht ausschlaggebend (vgl. Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider/Legros, SGB XII, 20. Auflage, § 98 Rdnr. 32). Für eine ambulante Leistung spricht auch das Fehlen von Verträgen nach §§ 75 ff. SGB XII über stationäre Leistungen und die Erbringung von Leistungen bei häuslicher Pflege in Form von Pflegesachleistungen nach § 36 SGB XI (die bei Pflege in einer stationären Pflegeeinrichtung nicht zulässig wären) einschließlich ergänzender Sachleistungen sowie zusätzlicher Betreuungsleistungen (§ 45b SGB XI a.F.) durch die Beigeladene Ziff. 3 sowie von Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 SGB V durch die Beigeladene Ziff. 2 (vgl. Bayrisches LSG, Urteil vom 20. Dezember 2016 – L 8 SO 241/14 – juris Rdnr. 59).
Da gegenüber dem Kläger weder Kosten für die stationäre Pflege geltend gemacht wurden noch er stationäre Pflege erhalten hat, hat er keinen Anspruch auf Übernahme entsprechender Kosten bzw. einen Schuldbetritt des zuständigen Sozialhilfeträgers.
Der Kläger erfüllt für die Zeit vom 27. November 2015 bis 31. August 2026 jedoch die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt. Ein Anspruch des Klägers auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gemäß §§ 19 Abs. 2, 41 Abs. 1 und 3 SGB XII kommt nicht in Betracht, weil er im streitigen Zeitraum nicht dauerhaft voll erwerbsgemindert war. Ihm wurde aufgrund einer am 29. Mai 2015 eingetretenen Erwerbsminderung von der Deutschen Rentenversicherung Bund auch nur eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit gewährt. Für den Kläger besteht auch keine gegenüber den Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt vorrangige (vgl. § 21 Satz 1 SGB XII) Leistungsberechtigung nach dem SGB II. Da der Kläger im streitigen Zeitraum auf absehbare Zeit außerstande war, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 8 Abs. 1 SGB II), war er nicht erwerbsfähig und daher nicht leistungsberechtigt gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Gemäß §§ 19 Abs. 1, 27 Abs. 1 SGB XII ist Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Diese Voraussetzungen liegen bei dem Kläger dem Grunde nach im streitigen Zeitraum vom 27. November 2015 bis 31. August 2016 vor. Der Kläger konnte den gemäß § 27a Abs. 1 Satz 1 SGB XII für die Gewährleistung des Existenzminimums notwendigen Lebensunterhalt, der insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile, persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens sowie Unterkunft und Heizung umfasst, nicht vollständig aus dem nach §§ 82 ff. SGB XII zu berücksichtigenden und dem nach § 90 SGB XII einzusetzenden Vermögen decken. Der Bedarf des Klägers setzt sich jedenfalls aus dem Regelbedarf nach der Regelbedarfsstufe 1 gemäß der Anlage zu § 28 SGB XII (soweit dieser nicht bis 30. November 2015 vom Jobcenter gewährt wurde) und den Kosten der Unterkunft und Heizung, die die Kläger aufgrund des Mietvertrages vom 16. November 2015 gegenüber dem CGmbH schuldet (314 EUR monatlich). Über nach § 90 SGB XII einzusetzendes Vermögen und nach § 82 SGB XII bedarfsdeckendes Einkommen verfügt der Kläger nicht. Die nach § 82 Abs. 1 SGB XII ab Juni 2016 als Einkommen anzurechnende laufend gezahlte Rente wegen voller Erwerbsminderung sowie die nach § 82 Abs. 4 SGB XII ab Mai 2016 auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig zu verteilende Rentennachzahlung in Höhe von 840,63 EUR reicht für die Deckung des Bedarfs des Klägers nicht aus, so dass er hilfebedürftig und damit leistungsberechtigt ist.
Für die Erbringung der Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt ist auch die Beklagte örtlich zuständig.
Gemäß §§ 3 Abs. 1 und 2, 97 Abs. 1 SGB XII, §§ 1 Abs. 1, 2 Gesetz zur Ausführung des SGB XII in der ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung des Art. 122 des Verwaltungsstruktur-Reformgesetzes vom 1. Juli 2004 (AGSGB XII) sind als örtliche Träger der Sozialhilfe sowohl die Beklagte als auch die Beigeladene grundsätzlich sachlich zuständig.
Die örtliche Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers ergibt sich aus der Bestimmung des § 98 SGB XII, die im Zwölften Kapitel verortet ist. Nach § 98 Abs. 1 Satz 1 (in der ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das SGB vom 27. Dezember 2003 [BGBl. I S. 3022]) ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich sich die Leistungsberechtigten tatsächlich aufhalten. Sonderregelungen hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit bestehen u.a. für stationäre Leistungen (vgl. § 98 Abs. 2 SGB XII in der seit 1. Januar 2005 unverändert geltenden Fassung des Gesetzes vom 27. Dezember 2003 a.a.O.) und für Leistungen des ambulanten betreuten Wohnens (vgl. § 98 Abs. 5 SGB XII in der hier anzuwendenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des SGB XII und anderer Gesetze vom 2. Dezember 2006, BGBl. I S. 2670 [a.F.]).
Der Kläger hat sich im streitigen Zeitraum in F. und somit im Bereich der Beigeladenen Ziff. 1 tatsächlich aufgehalten, so dass diese nach § 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII örtlich zuständig wäre. Jedoch besteht eine örtliche Zuständigkeit der Beklagten zwar nicht nach der Sonderregelung des § 98 Abs. 2 SGB XII a.F., allerdings sind die Voraussetzungen von § 98 Abs. 5 SGB XII a.F. erfüllt.
Eine stationäre Leistung, für die gemäß § 98 Abs. 2 Satz 1 der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig wäre, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung gehabt haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatten, hat der Kläger, wie dargelegt, nicht erhalten. Das Angebot von ambulanten oder teilstationären Leistungen erfüllt demgegenüber den Begriff der stationären Leistungen im Sinne des § 98 Abs. 2 SGB XII nicht (vgl. BSG, Urteil vom 23. Juli 2015 – B 8 SO 7/14 R – juris Rdnr. 15).
Sofern die Unterkunft des Klägers überhaupt als teilstationäre Einrichtung eingestuft werden könnte (vgl. zu Zweifeln, ob es eine teilstationäre Form des betreuten Wohnens geben kann: BSG, Urteil vom 23. Juli 2015 – B 8 SO 7/14 R – SozR 4-3500 § 98 Nr. 3 Rdnr. 18), fände § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII weder unmittelbar noch analog Anwendung. § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII regelt nämlich nur die örtliche Zuständigkeit für vollstationäre Leistungen in einer Einrichtung (so auch: Söhngen in jurisPK SGB XII, 3. Auflage 2020, § 98 SGB XII Rdnr. 42; Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider/Legros, SGB XII, 20. Auflage 2020, § 98 SGB XII Rdnr. 30.1; Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: August 2019, § 98 Rdnr. 45). Der Begriff „stationäre Leistung“ umfasst nicht, gleichsam als Oberbegriff, vollstationäre und teilstationäre Leistungen. Dies macht die ausdrückliche Differenzierung in § 13 Abs. 1 Satz 1 SGB XII und § 75 Abs. 1 Satz 1 SGB XII deutlich, wonach terminologisch zwischen teilstationären und stationären Leistungen unterschieden wird (vgl. auch § 100 Abs. 1 Nr. 1 und 5 Bundessozialhilfegesetz [BSHG]). Die Zuständigkeit der Beklagten für teilstationäre Maßnahmen kann mangels Regelungslücke auch nicht auf eine analoge Anwendung des § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII gestützt werden. Eine Analogie, die Übertragung einer gesetzlichen Regelung auf einen Sachverhalt, der von der betreffenden Vorschrift nicht erfasst wird, ist nur geboten, wenn dieser Sachverhalt mit dem geregelten vergleichbar ist, nach dem Grundgedanken der Norm und dem mit ihr verfolgten Zweck dieselbe rechtliche Bewertung erfordert (BSG, Urteil vom 16. November 1999 – B 1 KR 16/98 R – SozR 3‑2500 § 38 Nr. 2 Rdnr. 15) und eine (unbewusste) planwidrige Regelungslücke vorliegt (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 3. April 1990 – 1 BvR 1186/89 – BVerfGE 82, 6-18, juris Rdnrn. 19ff. m.w.N.; BSG, Urteil vom 23. November 1995 – 1 RK 11/95 – SozR 3‑2500 § 38 Nr. 1 Rdnr. 16; BSG, Urteil vom 16. April 2002 – B 9 VG 1/01 R – SozR 3‑3800 § 1 Nr. 21 Rdnrn. 21f. m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Angesichts der bereits im BSHG angelegten (vgl. § 97 Abs. 2 BSHG) Unterscheidung (vgl. dazu: Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Urteil vom 14. März 1991 – 5 C 8/87 – BVerwGE 88, 86‑92, juris Rdnr. 10ff.; BVerwG, Urteil vom 16. Juli 1985 – 5 C 27/84 – juris) und der Änderungen, die § 98 Abs. 2 und 5 SGB XII seit seinem Inkrafttreten zum 1. Januar 2005 erfahren hat, ohne dass eine (neue) Regelung zu teilstationären Leistungen des betreuten Wohnens in das Gesetz aufgenommen worden ist, ist nicht von einer unbewussten Lücke auszugehen (BSG, Urteil vom 23. Juli 2015 – B 8 SO 7/14 R – SozR 4-3500 § 98 Nr. 3 Rdnrn. 15ff.).
Jedoch ist die Zuständigkeit der Beklagten durch die Vorschrift des § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII a.F. begründet. Nach dieser Vorschrift ist für die Leistungen nach dem SGB XII an Personen, die Leistungen nach dem Sechsten bis Achten Kapitel in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre. Vor Inkrafttreten dieses Buches begründete Zuständigkeiten – die hier ersichtlich nicht gegeben sind – bleiben unberührt (§ 98 Abs. 5 Satz 2 SGB XII). Der Begriff der (ambulant) betreuten Wohnmöglichkeiten wird im Gesetz nicht näher definiert; nach der Gesetzesbegründung zur ursprünglichen Normfassung orientiert er sich jedoch an § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX (BT-Drs. 15/1514, S. 67 zu § 93). Soweit das BSG im Hinblick darauf ausgeführt hat, der Art nach dürfe es sich bei der erforderlichen Betreuung u.a. nicht um eine solche pflegerischer Art handeln, sondern Hauptzielrichtung der Leistung (für die Annahme einer Eingliederungsleistung) müsse die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sein (BSG, Urteil vom 25. August 2011 – B 8 SO 7/10 R – BSGE 109, 56ff.), hat es diese Aussage modifiziert. Mit der zum 7. Dezember 2006 vorgenommenen Änderung im Wortlaut der Vorschrift (zuvor nur: „Leistungen an Personen, die Leistungen in Form ambulant betreuter Wohnmöglichkeit erhalten haben“), macht das Gesetz deutlich, dass sämtliche Leistungen der ambulanten Betreuung nach dem Sechsten bis Achten Kapitel – aber auch nur solche, also nicht etwa Leistungen der Altenhilfe – mit der Zielrichtung der Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich gleichgestellt sind (BSG, Urteil vom 30. Juni 2016 – B 8 SO 6/15 R – SozR 4-3500 § 98 Nr. 4, juris Rdnr. 13). Neben den Leistungen zur Teilhabe kann nach dem ausdrücklichen und unzweideutigen Willen des Gesetzgebers auch die Gewährung von ambulanten Leistungen der Hilfe zur Pflege einen Leistungsfall des „betreuten Wohnens“ im Sinne des § 98 Abs. 5 SGB XII darstellen, weil die Sicherung der Selbstbestimmung im eigenen Wohn- und Lebensbereich damit einhergeht. Unter Berücksichtigung dieses Wortlauts ist es systematisch ausgeschlossen, die Norm nur für Eingliederungshilfeleistungen des betreuten Wohnens anzuwenden. Der Gesetzgeber versteht vielmehr im Rahmen einer funktionsdifferenten Auslegung auch Leistungen der Hilfe zur Pflege normativ als ambulante Betreuung im Sinne des § 98 Abs. 5 SGB XII, hat dabei also ein weites Begriffsverständnis zugrunde gelegt; auf die für die Leistungsansprüche erforderliche Unterscheidung zwischen Eingliederungshilfe und Pflegehilfe kann es deshalb nicht ankommen, weil ansonsten § 98 Abs. 5 SGB XII für Leistungen der Hilfe zur Pflege (7. Kap des SGB XII) bedeutungslos wäre: Ihr Ziel ist immer die pflegerische Unterstützung, nicht die Eingliederung bzw. Teilhabe (BSG, Urteil vom 30. Juni 2016 – B 8 SO 6/15 R – SozR 4-3500 § 98 Nr. 4, juris Rdnr. 13). Die Zuständigkeitsregelung beruht auf dem gesetzgeberischen Ziel, Einrichtungsorte nur in bestimmten Fällen zu schützen, und ist insoweit einer Prüfung auf Sinnhaftigkeit nicht zugänglich. Diesem normativen Bestreben, die Verbreitung aller ambulanten Betreuungsformen, die der Verwirklichung eines selbstbestimmten Lebens in Würde dienen, zu unterstützen, liefe es jedenfalls zuwider, wollte man entgegen dem Gesetzeswortlaut eine Abgrenzung nur nach der Art der Leistung vornehmen (BSG, Urteil vom 30. Juni 2016 – B 8 SO 6/15 R – SozR 4-3500 § 98 Nr. 4, juris Rdnr. 14). Die Eingrenzung der von der Leistungsform des ambulant betreuten Wohnens umfassten Hilfen hat deshalb in erster Linie anhand des Zwecks der Hilfen zu erfolgen. Ziel des ambulant betreuten Wohnens ist die Förderung der Selbständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich (BSG, Urteil vom 25. August 2011 – B 8 SO 7/10 R – BSGE 109, 56ff., juris Rdnr. 15; BSG, Urteil vom 1. März 2018 – B 8 SO 22/16 R – juris Rdnr. 24). Insoweit ist es ausreichend, aber auch erforderlich, dass durch die geleistete Hilfe das selbständige Leben und Wohnen ermöglicht werden soll, indem z.B. einer Isolation bzw. Verwahrlosung, einer relevanten psychischen Beeinträchtigung oder einer stationären Unterbringung entgegengewirkt wird, damit der behinderte Mensch durch den Verbleib in der eigenen Wohnung einen Freiraum für die individuelle Gestaltung seiner Lebensführung erhält (BSG, Urteil vom 30. Juni 2016 – B 8 SO 7/15 R – juris Rdnr.19).
Soweit es nach dem Gesetzeswortlaut darauf ankommt, dass Eingliederungshilfe, Hilfe zur Pflege oder Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten tatsächlich geleistet wird, ist maßgebend, welche Leistungen mit welchem Ziel und in welchem zeitlichen Umfang tatsächlich erbracht worden sind. Unerheblich ist, wenn während dieser Zeit keine Leistungen der Sozialhilfe gewährt worden sind (BSG, Urteil vom 1. März 2018 – B 8 SO 22/16 R – SozR 4-3250 § 14 Nr. 28, juris Rdnr. 24; BSG, Urteil vom 23. August 2013 – B 8 SO 14/12 R – SozR 4-5910 § 97 Nr. 1).
Dass dem Kläger wurden während der Zeit des Aufenthalts in der Wohngemeinschaft in F. weder durch die Beklagte noch durch die Beigeladene Ziff. 1 Leistungen nach dem Sechsten bis Achten Kapitel SGB XII bewilligt worden sind und der Leistungen der Hilfe zur Pflege, mithin Leistungen nach dem Siebten Kapitel SGB XII, ablehnende Bescheid der Beklagten vom 29. Februar 2016 bestandkräftig geworden ist, ist danach für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit für die Leistungen der Sicherung des Lebensunterhalt nicht relevant. Dem Kläger wurden durch den Pflegedienst, der G. GmbH Pflege- und Betreuungsleistungen, mithin Leistungen der Hilfe zur Pflege erbracht. Der Kläger wurde im Rahmen der Pflegestufe 2 intensiv gepflegt. Insoweit stand zweifelsfrei die pflegerische Versorgung im Vordergrund, die wie die Eingliederungshilfe eine möglichst selbstständige und selbstbestimmte Lebensführung zum Ziel hat (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB XI); die Stärkung der häuslichen Pflege vor der stationären ist auch hier wesentlicher Gesichtspunkt (vgl. § 3 Satz 1 SGB XI; vgl. BSG, Urteil vom 30. Juni 2016 – B 8 SO 6/15 R – SozR 4-3500 § 98 Nr. 4, juris Rdnr. 14).
Damit war die Beklagte zur Gewährung von Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt zu verurteilen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Kosten der Beigeladenen, die keinen Antrag gestellt haben, sind nicht zu erstatten.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.