L 9 U 555/18

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 3 U 2936/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 555/18
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

 Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 6. Oktober 2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.  

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung eines Arbeitsunfalles im Wege des Zugunstenverfahrens streitig, insbesondere, die Frage, ob der Kläger als Fußballspieler des V (im Folgenden: V) am 17.09.1997 einen in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Unfall erlitt.

Der 1980 geborene Kläger wechselte unmittelbar vor diesem Unfall zum 01.07.1997 (ablösefrei) vom V1 zum V und war dort zunächst in der A-Jugend, später, ab 1999 und bis 2005 als Profispieler eingesetzt. Bereits zuvor, ab der Saison 1996/97, gehörte er der Juniorennationalmannschaft des Deutschen Fußballbundes (DFB) an. Von September 1996 bis Februar 1999 absolvierte er zudem eine Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Volksbank in E, wo er bis zur Ableistung des Wehrdienstes in einer Sportfördergruppe von März 1999 bis Dezember 1999 und bis zum Beginn der Tätigkeit beim V als Profi (im Dezember 1999) als Bankkaufmann/EDV-Administrator beschäftigt war.

Die Beklagte lehnte die Gewährung von Entschädigungsleistungen anlässlich des streitigen Ereignisses vom 17.09.1997 bereits mit Bescheid vom 31.07.2006 und Widerspruchsbescheid vom 16.08.2007 mit der Begründung ab, das Verdrehtrauma des linken Kniegelenkes mit Außenmeniskusriss am 17.09.1997, das der 1980 geborene Kläger während eines Lehrganges der Fußball-Juniorennationalmannschaft auf Abstellung des V erlitten habe, sei kein Arbeitsunfall im Sinne des Gesetzes. Vom V sei bestätigt worden, dass es zum Unfallzeitpunkt noch keine vertraglichen Regelungen gegeben habe, der Kläger kein Arbeitsentgelt bezogen und lediglich Aufwandsentschädigungen (Fahrtkosten) erhalten habe. Bei den gezahlten Aufwandsentschädigungen habe es sich nicht um Arbeitsentgelt bzw. Arbeitseinkommen gehandelt, weswegen eine wirtschaftliche Abhängigkeit des Klägers nicht vorgelegen habe. Dieser Verwaltungsakt ist bestandskräftig, nachdem Rechtsmittel hiergegen nicht eingelegt wurden.

Zeitlich nach dem hier streitigen Knieverdrehtrauma mit Außenmeniskusteilresektion ist nach den von der Beklagten beigezogenen Akten im Jahr 1999 erneut eine Außenmeniskusteilresektion durchgeführt worden. Ferner erlitt der Kläger am 15.03.2004 ein weiteres Knieverdrehtrauma beim Fußballspiel. Unter dem 27.07.2007 (Bericht der berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T) wurde zudem über einen rezidivierenden Kniegelenkerguss links bei dritt- bis viertgradigem Knorpelschaden am lateralen Femurkondylus und zweit- bis drittgradigem Knorpelschaden im femoropatellaren Gelenklager berichtet. Die Gewährung einer Rente wegen des Versicherungsfalles vom 15.03.2004 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14.12.2005 ab und führte zur Begründung aus, der Kläger habe zwar als Profifußballer und damit als Beschäftigter dem Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterlegen, Unfallfolge sei aber lediglich eine ohne wesentliche Folgen ausgeheilte Zerrung des linken Kniegelenkes; die operativ versorgten degenerativen Meniskus- und Knorpelschäden am linken Kniegelenk seien hingegen nicht Folgen dieses Unfalles. Mit Bescheid vom 20.02.2006 lehnte die Beklagte zudem die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung ab und führte hier zur Begründung aus, dass der nicht in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherte Unfall 1997, in dessen Folge der linke Außenmeniskus operativ entfernt worden sei, ursächlich für die bestehenden Beschwerden am linken Kniegelenk sei.

Im Zusammenhang mit dem Versicherungsfall vom 15.03.2004 (Az: 070304200001800585) findet sich zudem der Aktenvermerk der Sachbearbeiterin M.R. der Beklagten vom 11.07.2006 über ein Telefonat mit Frau L, Gehaltsbuchhaltung des V, die angab, dass der Kläger damals noch keinen Vertrag gehabt habe und ihm auch kein Entgelt gezahlt worden sei. Er habe lediglich Aufwandsentschädigungen für die Fahrten von G nach S1 erhalten. Vom DFB sei die Einladung zum Lehrgang für Jugendnationalspieler ausgesprochen worden. Einem vom Kläger unter dem 08.11.2005 ausgefüllten Fragebogen in der auszugsweise einbezogenen Akte zur Klärung einer Berufskrankheit (Az: -SWK) lässt sich u. a. entnehmen, dass der Kläger nach eigenen Angaben von 1997 bis 1999 beim V als „Jugendfußballer“ vier Mal wöchentlich Training bei einem Spiel/Woche hatte. Auf die Frage, ob Entgelt oder Aufwandsentschädigung gezahlt worden seien, gab der Kläger in der vorgesehenen Spalte an: „Fahrtkosten, Aufwandsentschädigung“ und für die Zeit ab 1999 („Profifußballer“) „Gehalt“.

Mit Schreiben vom 11.08.2014 machten die Bevollmächtigten des Klägers geltend, der Kläger habe bereits seit dem 01.07.1997 als Beschäftigter des V zum versicherten Personenkreis gehört.

Auf Anfrage der Beklagten bestätigte die beim V u. a. für die Gehaltsbuchhaltung zuständige Frau H-M unter dem 05.11.2014, dass der Kläger seit 1997/1998 beim V Fußball gespielt habe und mit ihm ein Spielervertrag abgeschlossen gewesen sei, der aber nicht mehr vorliege. Der Kläger habe ein Nettogehalt von 580 DM pro Monat erhalten, Gehaltsabrechnungen lägen nicht mehr vor. Es werde als Nachweis eine Kopie des Jahreslohnkontos für das Jahr 1997 übersandt.

Unter dem 08.01.2015 wies die Beklagte die Bevollmächtigten des Klägers darauf hin, dass das Ereignis vom 17.09.1997 bereits mittels Bescheid vom 31.07.2006 und Widerspruchsbescheid vom 16.08.2007 geprüft worden sei. Aus der zwischenzeitlich beigezogenen Akte ergebe sich, dass der V schon 2006 mitgeteilt hatte, dass lediglich Fahrtkostenersatz gezahlt worden sei, aber kein Spielervertrag bestanden habe, aus dem sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt zu zahlen gewesen sei.

Mit Bescheid vom 07.05.2015 lehnte die Beklagte sodann die Rücknahme des Bescheides vom 31.07.2006 nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ab und führte aus, dass sich nach dem gesamten Sachverhalt keine Anhaltspunkte ergäben, dass die damalige Entscheidung unrichtig gewesen sei. Die Angaben des V ergäben keinen Nachweis für ein versichertes Beschäftigungsverhältnis. Weil aus dem Jahreslohnkonto kein Beschäftigungsverhältnis abgeleitet werden könne, habe zum Unfallzeitpunkt 17.09.2017 kein Versicherungsschutz bestanden.

Mit dem hiergegen am 08.06.2015 eingelegten Widerspruch machten die Bevollmächtigten des Klägers geltend, es habe seit 01.07.1997 ein Beschäftigungsverhältnis zum V bestanden und verwiesen insoweit auf die vom V unter dem 05.11.2014 (Frau H-M) gemachten Angaben, wonach ein Spielervertrag bestanden und der Kläger eine monatliche Zahlung von 580 DM erhalten habe. Das monatliche Entgelt sei als wirtschaftliche Gegenleistung für die fußballerische Tätigkeit gezahlt worden. Auf die Bezeichnung des Arbeitsentgeltes komme es nicht an. Unerheblich sei zudem, ob ein Vertrag vorgelegen habe. Ein Sportler sei selbst dann als Beschäftigter versichert, wenn er zwar kein Entgelt für seine Tätigkeit (nur Aufwandsentschädigung) erhalte, seine Einbindung in den Verein als Leistungssportler nach Weisung und Eingliederung aber deutlich über das von normalen Vereinsmitgliedern geschuldete Verhalten hinausgehe. Entscheidendes Kriterium zur Bestimmung eines Beschäftigungsverhältnisses sei vielmehr die persönliche Abhängigkeit des Klägers zum V. Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände ergebe sich das Vorliegen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses zum Zeitpunkt des Unfallereignisses. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.08.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie führte zur Begründung aus, dass Sport nur dann Arbeit sei, wenn er wie bei Berufssportlern zu Erwerbszwecken ausgeübt werde. Eine sportliche Teilzeittätigkeit diene typischerweise der sportlichen Ertüchtigung als Freizeithobby und werde nicht unter dem vordringlichen Gesichtspunkt des Gelderwerbs ausgeübt. Zahlungen als Kostenersatz für Fahrten zum Training und Spiel, die nicht im Rahmen einer Hauptbeschäftigung im Sport erfolgten, würden typischerweise erbracht, um pauschal einen nicht nachzuweisenden Aufwand abzudecken und um den Sportler im Rahmen seiner sportlichen Tätigkeit zu motivieren und an den Sportverein zu binden, ohne dass sich Sportler und Sportverein arbeitsvertraglich verpflichteten. Derartige Zahlungen seien keine wirtschaftliche Gegenleistung für einen arbeitsvertraglich geschuldeten Spieleinsatz. Es sei zudem nicht objektiviert worden, dass der Kläger 1999 (gemeint: 1997) bereits als Jugendspieler in der ersten Mannschaft gespielt habe, in dieser regelmäßig zum Einsatz gekommen sei und wie ein Stammspieler integriert gewesen sei. Es könne nicht davon gesprochen werden, dass der Kläger seine Persönlichkeitsrechte über das normale Maß eines Freizeitsportlers hinaus an den Verein per Vertrag abgetreten habe und ein vergleichbares Arbeitsverhältnis angenommen werden könne.

Mit der hiergegen am 24.09.2015 beim Sozialgericht Ulm (SG) eingegangenen Klage hat der Kläger unter Wiederholung und Vertiefung seines Vortrages an seinem Rechtsstandpunkt festgehalten. Zweck der Zahlungen sei gewesen, die fußballerische Tätigkeit des Klägers durch eine wirtschaftliche Gegenleistung zu vergüten. Dies ergebe sich bereits aus der Höhe des gezahlten Entgeltes. Die Spitzenverbände der Sozialversicherung seien sich einig, dass bei Zahlungen bis zu 175 € im Monat keine wirtschaftliche Gegenleistung erbracht und keine sozialversicherungsrechtliche relevante Beschäftigung ausgeübt werde. Im Umkehrschluss bedeute dies, dass Zahlungen von über 175 € im Monat sehr wohl als wirtschaftliche Gegenleistung anzusehen seien. Zum anderen sei es heute und auch damals schon üblich gewesen, dass A-Jugendspieler in der höchsten deutschen A-Jugend-Spielklasse eine wirtschaftliche Gegenleistung für die fußballerische Tätigkeit erhielten. Das von der Beklagten zitierte Urteil sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Vorliegend sei davon auszugehen, dass die fußballsportliche Tätigkeit wesentlich über eine reine mitgliedschaftliche Verpflichtung eines Vereinsmitglieds hinausgehe. Dafür spreche der erhebliche zeitliche und sachliche Aufwand des Klägers (tägliche Trainingseinheiten, Pflichtspiele, individuelles Krafttraining, Regenerationsmaßnahmen, Fahrtzeiten). Damit sei er im Schnitt auf einen Arbeitsaufwand von mindestens 15 Stunden pro Woche gekommen. Es erscheine völlig abwegig, die fußballerische Tätigkeit eines deutschen Junioren-Nationalspielers lediglich als intensive Freizeitbeschäftigung darzustellen. Es sei ferner davon auszugehen, dass zum Unfallzeitpunkt ein gültiger Vertrag mit dem Kläger bestanden habe, aus dem sich ebenfalls über rein mitgliedschaftliche Verpflichtungen hinausgehende Rechte und Pflichten ergeben hätten.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetretenen und hat darauf hingewiesen, dass ausweislich der vorliegenden Unterlagen keine Sozialabgaben abgeführt worden seien und der Kläger auch nicht als Minijobber geführt worden sei. Nach wie vor spreche gegen ein Beschäftigungsverhältnis, wenn keine Gehaltszahlung erfolgt sei (unter Verweis auf Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 23.04.2015 - B 2 U 5/14 -). Lege man allein die Fahrtkosten für eine Strecke von G nach S1 bei drei Trainingseinheiten und einem Spiel in der Woche zugrunde, errechneten sich unter Zugrundelegung einer Kilometerpauschale von damals 0,70 DM allein Fahrtkosten in Höhe von ca. 890 DM. Eine Weisungsgebundenheit sei nicht nachgewiesen und auch nicht ersichtlich. Insbesondere eine Abtretung der Persönlichkeitsrechte/Abtretung der Einnahmen aus der Verwertung der Persönlichkeitsrechte habe zum Unfallzeitpunkt nicht vorgelegen. Es gebe auch keine Hinweise auf die Vereinbarung einer Vertragsstrafe bei Verstößen gegen Vertragspflichten.

Das SG hat Beweis erhoben zunächst durch eine an den V gerichtete schriftliche Befragung. Die Antwort, die den Aussteller nicht erkennen ließ, bestätigte eine fußballerische Tätigkeit des Klägers in der Zeit vom 01.07.1997 bis 30.06.2005 in der „A-Jugend, V II, Profis“ (ohne zeitliche Differenzierung) sowie das Bestehen eines gültigen Spielervertrages zum Zeitpunkt 17.09.1997 und monatliche Zahlungen von 580 DM ab dem 01.07.1997, die als „Entgelt für Fußball-Tätigkeit“ geleistet worden seien. In der vom SG veranlassten ergänzenden Stellungnahme ist dann angeben worden, dass die Stellungnahme von der seit 2014 in der Gehaltsbuchhaltung tätigen H-M erstellt worden sei, die 1997 noch nicht beschäftigt worden sei. Die Angaben beruhten auf dem Lohnkonto 1997, weitere Unterlagen, insbesondere ein Spielervertrag, lägen nicht vor.

Hierzu haben die Beteiligten Stellung genommen.

Im Termin der mündlichen Verhandlung am 06.10.2017 hat das SG den Direktor Rechnungswesen und Controlling des V, M.S., als Zeugen vernommen. Wegen des Inhalts der gemachten Aussagen wird auf die Niederschrift vom 06.10.2017 verwiesen.

Mit Urteil vom 06.10.2017 hat das SG die Klage abgewiesen und ausgeführt, die Beklagte habe zu Recht festgestellt, dass der Kläger am 17.09.1997 keinen Arbeitsunfall erlitten habe, weil er zu diesem Zeitpunkt nicht in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden habe. Gegenstand des Verfahrens sei lediglich die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung eines Arbeitsunfalles unter Abänderung der streitgegenständlichen Bescheide (kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. l SGG), nicht auch daneben die Gewährung von Entschädigungsleistungen im Rahmen des Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X, da diese Entscheidung vom Kläger nicht angegriffen worden sei. Unter Darlegung der maßgeblichen Rechtsgrundlagen (§§ 102 und 8 Abs. l Siebtes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VII]) und unter Berücksichtigung zitierter Rechtsprechung des BSG ist die Kammer zu dem Ergebnis gelangt, dass die am 07.09.1997 verrichtete Tätigkeit, die Teilnahme am Fußballtraining im Rahmen des Trainingslehrgangs der Junioren-Nationalmannschaft, nicht als eine Verrichtung angesehen werden könne, die auf die Erfüllung einer vom Kläger als Beschäftigter i. S. d. § 2 Abs. l Nr. l SGB VII obliegenden Pflicht gerichtet gewesen sei. Abzustellen sei auf die Einordnung der Rechtsbeziehungen des Klägers zu dem Verein V, weil die Teilnahme an dem Trainingslehrgang über die Mitgliedschaft des Klägers beim V erfolgt sei, was sich aus der Auskunft der Frau L vom 11.07.2006 ergebe und vom Kläger wie auch vom gehörten Zeugen S so bestätigt worden sei. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens könne nicht festgestellt werden, dass sich der Kläger bereits zum Unfallzeitpunkt in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zum V befunden habe. Ein Vertrag zwischen ihm und dem V, aus welchem sich Rechte und Pflichten ergeben könnten, die über die mitgliedschaftsrechtliche Bindung hinausgehen, liege nicht vor. Sowohl V als auch der Kläger verfügten über keine Unterlagen mehr. Der Kläger habe zwar vorgetragen, schon damals einen Vertrag mit dem V abgeschlossen zu haben, er habe aber weder den genauen Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch die vereinbarten gegenseitigen Vertragspflichten und -rechte benennen können. Von der damals beim V für die Gehaltsbuchhaltung zuständigen Frau L sei am 11.07.2006 angegeben worden, dass der Kläger zum Unfallzeitpunkt noch keinen Spielervertrag hatte. Demgegenüber habe die erst seit 2014 für die Gehaltsbuchhaltung zuständige Zeugin H-M angegeben, es habe 1997 bereits einen Spie-lervertrag gegeben. Nachdem der Mitarbeiterin Frau L seinerzeit offensichtlich noch alle Unterlagen zur Prüfung vorgelegen hätten und die erst seit 2014 beim V beschäftigte Zeugin H-M ihre Angaben allein aus dem Jahreslohnkonto 1997, das sie noch in der Spielerakte des Klägers fand, abgeleitet habe, erscheine die zeitnähere Auskunft von Frau L überzeugender. Jedenfalls hätten weder der Kläger noch die Zeugin H-M oder der Zeuge S Näheres zum Vertragsinhalt sagen können, sodass – selbst bei Annahme eines Vertragsschlusses – keine Vertragsabreden hätten festgestellt werden können, die über die mitgliedschaftsrechtliche Bindung hinausgingen. Dies gehe nach den Grundsätzen der Beweislast zu Lasten des Klägers. Unabhängig davon, ob und gegebenenfalls welche Vertragsabreden getroffen worden seien, sei auch nach den tatsächlichen Verhältnissen nicht von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen. Soweit der Kläger im Jahr 1997 Zahlungen in Höhe von monatlich 580 DM erhalten habe, könnten diese unter Berücksichtigung der Angaben von Frau  L, welche laut Telefonvermerk vom 11.07.2006 nach Prüfung aller Unterlagen gegenüber der Beklagten mitgeteilt hatte, dass der Kläger damals noch kein Entgelt, sondern lediglich eine Aufwandsentschä-digung erhalten habe, nicht als Arbeitsentgelt angesehen werden. Hiermit übereinstimmend habe der Kläger im Fragebogen vom 08.11.2005 selbst angegeben, dass er von 1997 bis 1999 als Ju-gendfußballspieler beim V lediglich Fahrtkosten und eine Aufwandsentschädigung erhalten habe und ihm erst ab 1999 als Profifußballer ein Gehalt gezahlt worden sei. Vor diesem Hintergrund seien die im Widerspruch hierzu stehenden Angaben der Zeugin H-M, welche sich allein auf das Jahreslohnkonto 1997 stützten, nicht überzeugend. Das Lohnkonto 1997 sei kein hinreichender Nachweis für eine Entgeltzahlung. Der Aufwandsentschädigung habe auch ein Aufwand jedenfalls in Form von Fahrtkosten gegenübergestanden, weil der Kläger in G gewohnt und damals – nach seinen Angaben im Fragebogen vom 08.11.2005 – fünf bis sieben Mal pro Woche zum Training nach S sowie einmal pro Woche zu einem Spiel habe fahren müssen. Dass der Kläger erst 17 Jahre gewesen sei und daher noch nicht selbst mit dem Auto habe fahren können, sei hierbei unerheblich. Weil sich der Kläger seinerzeit in einem regulären Ausbildungsverhältnis befunden und nach seinen Angaben jeweils acht Stunden gearbeitet habe, spreche auch die Höhe des Betrages nicht dafür, dass er die fußballerische Tätigkeit um des Entgelts willen ausgeübt habe. Zudem sei der sportlichen Betätigung eines Amateurs der Charakter einer Freizeitbetätigung noch nicht allein deshalb abzusprechen, weil er den Sport nebenbei noch als Mittel zum Gelderwerb nutze (mit Verweis auf BAG Urteil vom 10.05.1990 – 2 AZR 607/69 –). Ein im Vordergrund stehendes wirtschaftliches Interesse des Klägers und des V jedenfalls zum Zeitpunkt des Ereignisses vom 17.09.1997 sei zu verneinen. Es gebe vorliegend auch keine Anhaltspunkte für eine über die mitgliedschaftliche Einbindung hinausgehende Eingliederung in die Organisation des Vereins und keine Direktionsgewalt der Vereinsführung, der sich der Kläger unabhängig von seiner Vereinsmitgliedschaft rechtlich hätte unterordnen müssen. Das Erfordernis, am regelmäßigen Training und an Spielen sowie Vereinsveranstaltungen teilzunehmen sowie den Anweisungen des Trainers zu folgen, habe sich bereits aus dem Wunsch des Klägers ergeben, in einer hochrangigen Mannschaft eingesetzt zu werden und könne nicht als Ausdruck einer persönlichen Abhängigkeit im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses gewertet werden. Die Einbindung des Klägers in den vorgegebenen Trainings-/Spielplan erkläre sich zudem bereits aus der Eigenart und den organisatorischen Notwendigkeiten – nicht nur – des leistungsorientierten Mannschaftssports.

Der Kläger sei darüber hinaus auch nicht im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz l SGB VII tätig geworden. Diese Voraussetzungen seien deshalb nicht erfüllt, weil die sportliche Tätigkeit des Klägers nach den zum Unfallzeitpunkt maßgeblichen Verhältnissen nicht als Verrichtung einer arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit angesehen werden könne und es gerade auch nicht dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des V entsprochen habe, einen 17jährigen A-Jugendspieler wie einen Berufsfußballspieler auftreten zu lassen.

Gegen das ihm am 16.01.2018 zugestellte Urteil haben die Bevollmächtigten des Klägers am 12.02.2018 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Unter Wie-derholung und Vertiefung ihres bisherigen Vortrages halten sie daran fest, dass es sich um einen in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Arbeitsunfall gehandelt habe. Sie weisen darauf hin, dass wesentliches Merkmal eines Beschäftigungsverhältnisses die persönliche Abhängigkeit gegenüber dem Arbeitgeber und kennzeichnend hierfür in erster Linie die persönliche Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation und Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers sei. Unerheblich seien die rechtliche Ausgestaltung des Beschäftigungsverhältnisses sowie die Bezeichnung durch die Beteiligten. Es sei insbesondere auch kein Vertrag erforderlich. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG schließe eine Vereinsmitgliedschaft auch nicht aus, dass zwischen Mitglied und seinem Verein zusätzlich ein Beschäftigungsverhältnis bestehe. Unter Berücksichtigung der näher ausgeführten Grundsätze habe ein Beschäftigungsverhältnis des Klägers zum V vorgelegen. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 06.10.2017 habe der Kläger zunächst glaubhaft versichert, dass zwischen ihm und dem V im Sommer 1997 ein Jugendspielervertrag geschlossen worden sei. Auch der Zeuge S, zum damaligen Zeitpunkt Leiter der Finanzbuchhaltung des V, habe in der mündlichen Verhandlung bestätigen können, dass in der A-Jugend bereits Verträge mit den Spielern geschlossen worden seien und jeder Spieler der A-Jugendmannschaft eine individuell vereinbarte Vergütung erhalten habe. Zudem habe der Zeuge Schmidt angegeben, dass für den Kläger die Pflicht bestanden habe, fünf- bis sechsmal in der Woche am Training sowie am Spielbetrieb teilzunehmen und den Weisungen des Trainers zu folgen. Der Zeuge S habe außerdem darauf hingewiesen, dass es hinsichtlich der Pflichten gegenüber dem Verein keine großen Unterschiede zwischen den Spielern im A-Jugendbereich und den Spielern im Amateur- oder Profibereich gegeben habe. Darüber hinaus stehe außer Frage, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum vom V monatliche Zahlungen in Höhe von 580 DM erhalten habe. Dass die monatlichen Zahlungen als Gegenleistungen für die fußballerische Tätigkeit erfolgt seien und nicht lediglich der Deckung eines nicht nachzuweisenden Aufwandes dienten, ergebe sich aus klä-gerischer Sicht eindeutig aus dem vom V vorgelegten Jahreslohnkonto. Diesem lasse sich entnehmen, dass der V dem Kläger im Jahr 1997 als Mitarbeiter für seine Arbeitszeit einen monatlichen Netto-Lohn in Höhe von 580 DM ausgezahlt habe. Es erscheine angesichts dessen, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Unfallereignisses eine monatliche Vergütung in Höhe von 580 DM erhalten habe, völlig fernliegend, die Sportausübung als bloße Ertüchtigung im Rahmen eines sportlichen Hobbys zu begreifen. Vielmehr habe es sich um eine Beschäftigung zumindest im Nebenerwerb gehandelt, weil für die Führung eines Jahreslohnkontos von Seiten des V ansonsten überhaupt keine Notwendigkeit bestanden hätte.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 6. Oktober 2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. Mai 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. August 2015 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 31. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. August 2007 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom 17. September 1997 als Arbeitsunfall anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist zur Begründung auf ihre Feststellungen in den angefochtenen Bescheiden sowie auf das angefochtene Urteil. Der Kläger hat eine – nicht unterschriebene – Stellungnahme der Frau L, eine E-Mail an den Kläger vom 15.10.2021 zu den Akten gereicht. Insoweit wird auf Blatt 56 f. der Senatsakten verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungs-gründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

Die erhobene kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist zulässig. Mit dieser Anfech-tungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG begehrt der Kläger die Aufhebung der Bescheide, mit denen die Beklagte eine Rücknahme jenes Bescheides ablehnte, mit dem sie das Vorliegen eines Arbeitsunfalles ablehnte. Nach der Rechtsprechung des BSG kann der Versicherte an Stelle gerichtlicher Feststellung (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG, vgl. hierzu u. a. BSG, Urteil vom 07.09.2004 - B 2 U 46/03 R -, juris) auch die Verurteilung der Beklagten zur Anerkennung eines Versicherungsfalles – Arbeitsunfall oder Berufskrankheit, vgl. § 7 Abs. 1 SGB VII – als Element eines jeglichen Leistungsanspruchs im Wege der Verpflichtungsklage verlangen (Urteil vom 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R -, juris, mit weiteren Ausführungen zur Anspruchsgrundlage; speziell zur Anerkennung eines Arbeitsunfalles). Dem entsprechend begehrt der Kläger hier zulässigerweise zum einen die Aufhebung des den streitigen Arbeitsunfall bestandskräftig ablehnenden Bescheides vom 31.07.2006 (vgl. zur Zulässigkeit der Anfechtungsklage bezogen auf die Aufhebung des früheren, dem Klageanspruch entgegenstehenden (Ausgangs-)Bescheides unmittelbar durch das Gericht BSG, Urteil vom 05.09.2006 - B 2 U 24/05 R -, BSGE 97, 54-63, SozR 4-2700 § 8 Nr. 18, Rn. 9) und die Verpflichtung der Beklagten, den streitigen Arbeitsunfall anzuerkennen.

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Sozialleistungsträger verpflichtet, einen Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb So-zialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.

Ziel des § 44 SGB X ist es, die Konfliktsituation zwischen der Bindungswirkung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes und der materiellen Gerechtigkeit zu Gunsten letzterer aufzulösen. Ist ein Verwaltungsakt rechtswidrig, hat der betroffene Bürger einen einklagbaren Anspruch auf Rücknahme des Verwaltungsaktes unabhängig davon, ob der Verwaltungsakt durch ein rechtskräftiges Urteil bestätigt wurde (BSGE 51, 139, 141 = SozR 3900 § 40 Nr. 15; BSG SozR 2200 § 1268 Nr. 29). Entsprechend dem Umfang des Vorbringens des Versicherten muss die Behörde in eine erneute Prüfung eintreten und den Antragsteller bescheiden (BSGE 51, 139, 141 = SozR 3900 § 40 Nr. 15; BSG SozR 3-2600 § 243 Nr. 8 S. 27 f; BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 23 S. 119 f). Dabei führt § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X zwei Alternativen an, weswegen ein Verwaltungsakt zurückzunehmen sein kann: Das Recht kann unrichtig angewandt oder es kann von einem Sachverhalt ausgegangen worden sein, der sich als unrichtig erweist. Nur für die zweite Alternative kann es auf die Benennung neuer Tatsachen und Beweismittel ankommen. Bei der ersten Alternative handelt es sich um eine rein juristische Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung, zu der von Seiten des Klägers zwar Gesichtspunkte beigesteuert werden können, die aber letztlich umfassend von Amts wegen erfolgen muss (vgl. BSG, Urteil vom 05.09.2006 - B 2 U 24/05 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 18).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist nicht nachgewiesen, dass der Beklagte seiner Ent-scheidung einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt oder das Recht unrichtig angewandt hat. Im Falle der Nichterweislichkeit anspruchsbegründender Tatsachen gilt auch im sozialgerichtlichen Verfahren nach ständiger Rechtsprechung des BSG (grundlegend Urteil vom 24.10.1957 - 10 RV 945/55 - und Urteil vom 20.01.1977 - 8 RU 52/76 -, juris) der Grundsatz der objektiven Beweislast, insbesondere der Feststellungslast, wonach die Folgen der Nichterweislichkeit einer Tatsache von demjenigen Beteiligten zu tragen sind, der aus dieser Tatsache ein Recht herleiten will.

Das SG hat ausführlich und zutreffend dargelegt, dass die Anerkennung als Arbeitsunfall nach dem hier einschlägigen § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII die Verrichtung einer versicherten Tätigkeit zum Zeitpunkt des Unfallereignisses voraussetzt und hier zunächst die gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII kraft Gesetzes bestehende Versicherung der Beschäftigten in Betracht kommt. Beschäftigung wird in § 7 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) definiert als nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Ob der Betroffene Arbeiter, Angestellter oder Auszubildender ist, ist bedeutungslos, entscheidend ist vielmehr, ob er Arbeitnehmer ist, d. h. ob er – im Gegensatz zu den jedenfalls in dieser Eigenschaft nicht nach Nr. 1 versicherten Selbstständigen – eine abhängige, weisungsgebundene Tätigkeit ausübt (Schmitt SGB VII/Schmitt, 4. Aufl. 2009, SGB VII § 2 Rn. 5). Hinsichtlich des in der Sozialversicherung maßgebenden abhängigen Beschäftigungsverhältnisses sind allein die tatsächlichen Beziehungen zwischen dem Beschäftigten und dem Arbeitgeber entscheidend. Es kommt nicht darauf an, wie das Arbeitsrecht im Einzelnen diese Beziehungen rechtlich wertet. So wird die Abgrenzung zur selbstständigen Arbeit von den tatsächlichen Verhältnissen hergezogen, wobei für die Abgrenzung eine Gesamtbetrachtung aller Umstände bzw. das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse – insbesondere welche Merkmale im Einzelfall überwiegen – maßgebend sind. Voraussetzung für ein Beschäftigungsverhältnis ist die persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber. Die persönliche Abhängigkeit äußert sich in erster Linie in der Eingliederung des Arbeitenden in eine fremde Arbeitsorganisation, d. h. in einen Betrieb, in eine Verwaltung oder den Haushalt des Arbeitgebers. Die Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation zeigt sich insbesondere daran, dass der Beschäftigte dem Direktions- und Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Weisungsgebundenheit eines Beschäftigten besteht in der Regel hinsichtlich Zeit, Ort, Art und Dauer der Arbeitsleistung. Weitere Abgrenzungskriterien sind sodann die Art der Vergütung, die steuerrechtliche Behandlung der Bezüge, das Vorhandensein oder Fehlen einer eigenen Betriebsstätte sowie insbesondere die wirtschaftliche und soziale Stellung des Dienstleistenden. Das Fehlen eines eigenen wirtschaftlichen Unternehmerrisikos spricht dabei für die Arbeitnehmertätigkeit. Unter Berücksichtigung dessen kann auch Sport Arbeit im Rechtssinne sein und eine Beschäftigung im Sinne des § 7 SGB IV begründen, wenn der Sporttreibende u. a. mit der Ausnutzung seiner sportlichen Fähigkeiten bei persönlicher Abhängigkeit primär wirtschaftliche Interessen verfolgt und damit gleichzeitig solche des Vereins befriedigt, wie dies für Lizenzfußballspieler angenommen wird. Aber auch sogenannte Vertragsamateure im Sinne des § 15 der Spielordnung des DFB sind danach Arbeitnehmer, wenn sie aufgrund der Vertragsgestaltung und -abwicklung ihre Leistungen in einer für ein Beschäftigungsverhältnis typischen persönlichen Abhängigkeit erbringen, die über die durch die Vereinsmitgliedschaft begründete Weisungsgebundenheit hinausgeht. Allein deren praktische Gleichstellung mit Amateuren soll schließlich eine gegenteilige Statusbeurteilung zur Folge haben, wobei Amateurfußballspieler nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (vgl. Urteil vom 23.10.1992 - VI R 59/91 -, BFHE 170, 48, juris) jedenfalls dann nicht in einem steuerpflichtigen Arbeitsverhältnis zu ihrem Verein stehen sollen, wenn die für den Trainings- und Spieleinsatz gezahlten Vergütungen die mit der Tätigkeit zusammenhängenden Aufwendungen nur unwesentlich übersteigen. Die ehrenamtliche Tätigkeit von Vereinsmitgliedern, wie z. B. Übungsleiter, Kassierer, Gerätewart, Betreuer und dergleichen stellt in diesem Zusammenhang dann kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis dar, wenn sie überwiegend durch ihren ideellen Charakter geprägt wird und die ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis bestimmenden o. a. Kriterien in den Hintergrund treten sowie die gewährte Vergütung als Aufwandsentschädigung zu qualifizieren ist. Eine Vergütung, die als steuerfreie Aufwandsentschädigung gilt, ist insoweit ein Indiz für eine nicht als Beschäftigungsverhältnis zu wertende Mitarbeit aufgrund der Vereinszugehörigkeit. Wird die Tätigkeit aber weitgehend durch den Verein bestimmt, insbesondere Zeit, Ort und Art der Tätigkeit (Trainingstage, -programm) festgelegt, eine gesonderte vertragliche Vereinbarung hierüber getroffen und werden vergleichbare Funktionen auch von Vereinsfremden in gleicher Weise wahrgenommen und die Vergütung bei Urlaub und Krankheit weitergezahlt, ist auch insoweit ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis anzunehmen (vgl. hierzu Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Kommentar, § 7 SGB IV, Rdnr. 20, 21). Das heißt, auch eine Vereinsmitgliedschaft schließt nicht aus, dass zwischen dem Mitglied und seinem Verein zusätzlich auch ein Beschäftigungsverhältnis und damit unter der weiteren Voraussetzung der Zahlung eines Entgelts Versicherungspflicht besteht. Dies ist allein dann nicht der Fall bei der Ausführung von Arbeiten, die im Rahmen der sich aus dem Vereinszweck ergebenden mitgliedschaftlichen Pflichten verrichtet werden. Das Mitglied kann aber zu seinem Verein in die besondere Beziehung eines Arbeitnehmers treten, wenn es sich zur Leistung über die Mitgliedschaft hinausgehender Arbeiten verpflichtet und - wie ausgeführt - das so begründete Vertragsverhältnis alle Merkmale eines Beschäftigungsverhältnisses aufweist (vgl. zu vorstehendem Seewald in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 7 SGB IV, Rn. 85).

Insoweit stellt der Senat in Übereinstimmung mit den für zutreffend erachteten Ausführungen und Wertungen des SG, auf die ergänzend gemäß § 153 Abs. 2 SGG verwiesen wird, fest, dass der Kläger seit 01.07.1997 nach einem ablösefreien Wechsel zum V zunächst in der A-Jugend eingesetzt worden ist und an Trainingseinheiten der A-Jugend und auch den Spielen seiner Mannschaft teilgenommen hat. Den Umfang von Trainingseinheiten und Spielen umschrieb der Kläger im Rahmen der Ermittlungen in einem Berufskrankheitenverfahren 2005 mit wöchentlich viermaligem Training und einem Spiel. Darüber hinaus sind Abreden zwischen dem V und dem Kläger nicht bekannt. Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung zutreffend festgehalten, dass der Kläger zwar vorgetragen habe, schon damals einen Vertrag mit dem V abgeschlossen zu haben, er habe aber weder den genauen Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch die vereinbarten gegenseitigen Vertragspflichten und -rechte benennen können. Auch von Seiten des V konnten abgesehen von der Kopie aus dem Jahreslohnkonto für das Jahr 1997 keine weiteren Unterlagen, insbesondere kein Spielervertrag, auch kein Jugendspielervertrag, vorgelegt werden. Der vom SG gehörte Zeuge beschrieb die Verpflichtungen eines Jugendspielers mit der Teilnahme an fünf- bis sechs Trainingseinheiten sowie am Spielbetrieb. Dabei habe er den Weisungen des Trainers unterlegen. Dies deckt sich im Wesentlichen mit den vom Kläger schon 2005 gemachten Angaben, auch wenn die Trainingseinheiten jetzt umfangreicher dargestellt werden, was hier aber keiner entscheidenden Bedeutung zukommt. Ausdrücklich gab der Zeuge an, die einzelnen Verträge selbst nicht zu kennen und auch keinen Zugriff auf vergleichbare Verträge aus dieser Zeit zu haben. Solche sind nach seinen Angaben nicht auffindbar gewesen. Damit lassen sich keine Feststellungen dahingehend treffen, ob und in welcher Weise der Kläger über die Ausübung des Mannschaftssports und damit über seine mitgliedschaftlichen Verpflichtungen hinaus in den „Betrieb“ des V im Unfallzeitpunkt eingegliedert war. Fest steht insoweit lediglich, dass der Kläger ab 01.07.1997 weder als Profi noch als Vertragsamateur eingesetzt worden ist. Soweit der Zeuge S und Frau L von Jugendspielerverträgen sprechen, bestehen deswegen schon Zweifel, ob sich ein damals 17jähriger, der sich daneben in einer Ausbildung zum Bankkaufmann in Vollzeit befand, bereits in eine für ein Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit zu einem Sportverein begeben hat oder begeben wollte. Erforderlich ist hierfür jedenfalls eine vertragliche Vereinbarung, die schriftlich aber auch mündlich abgeschlossen sein kann. Zeitpunkt und Inhalt dieser Vereinbarung sind jedoch für die Beurteilung unabdingbar. Der Senat verkennt dabei nicht, dass die damalige Buchhalterin des V bezogen auf das Jahr 1997 von einer Einordnung der Jugendspieler der A-Jugend in den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (und nicht in den gemeinnützigen) gesprochen hat, dass es sich bei dem damals 17jährigen Kläger schon um einen Jugendnationalspieler gehandelt hat und auch ein beiderseitiges Interesse an einer Bindung zum Verein unterstellt werden kann. Ob diese Bindung über die allein schon durch die Vereinsmitgliedschaft begründete Weisungsgebundenheit (bezogen auf Training und Spiel) hinausgegangen ist, lässt sich ohne Kenntnis der konkreten vertraglichen Abreden jedoch nicht feststellen. Im Rahmen des hier zu prüfenden § 44 SGB X ist der Kläger beweisbelastet für die Frage, ob das Recht unrichtig angewendet wurde oder ob von einem Sachverhalt ausgegangen wurde, der sich als unrichtig erweist.

Dabei kann noch nicht einmal sicher festgestellt werden, dass es vertragliche Abreden im Sinne eines Jugendspielervertrages in der hier relevanten Zeit bis zum Eintritt des Knieverdrehtraumas am 17.09.1997 tatsächlich gegeben hat. Der Kläger behauptet dies zwar, kann aber nähere Umstände (abgesehen davon, dass ihm in diesem Zusammenhang ein Trikot mit seinem Namen überreicht wurde), insbesondere den konkreten Zeitpunkt der Unterzeichnung und dessen Inhalt nicht an- bzw. wiedergegeben. Nichts anderes ergibt sich aus den Angaben von Seiten des V. So wird auch in der vom Kläger vorgelegten Stellungnahme von Frau L nicht bestätigt, dass zum Zeitpunkt des Unfalles, 2½ Monate nach dem Wechsel vom V1 zum V, ein solcher Spielervertrag abgeschlossen war. Denn auch sie, die nach den Angaben des Klägers im Termin nicht an den Vertragsverhandlungen beteiligt war, konnte, wie bereits der vom SG vernommene Zeuge S, nur angeben, dass Jugendvereinbarungen „in der Regel“ abgeschlossen wurden. Die vom Zeugen S und von Frau L beschriebenen Ver-pflichtungen aufgrund eines solchen Spielervertrages mit der Pflicht zur Teilnahme an Training und Spielbetrieb bei einer Weisungsgebundenheit gegenüber dem Trainer, gehen nicht über das hinaus, was im Rahmen des Vereinszwecks eines Fußballvereins regelmäßig erwartet wird und vermag daher für sich genommen die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht zu rechtfertigen. Eine hierüber hinausgehende Eingliederung in den Betrieb eines Sportvereins hat das BSG in seiner Entscheidung vom 23.04.2015 (B 2 U 5/14 R, juris), die die Beklagte hier zu Recht anführt, dahingehend umrissen, dass die vertraglichen Abreden wenigstens zum Teil die folgenden Aspekte umfassen:

Verpflichtung, die sportliche Leistungsfähigkeit einzusetzen, zu erhalten und zu steigern, sowie am Training und an den Spielen teilzunehmen, selbst dann, wenn der eigene Einsatz nicht in Betracht kommt, Verpflichtung zur Teilnahme an Lehrgängen und an Reisen im In- und Ausland, Eingliederung in die Öffentlichkeitsarbeit, Pflicht zur Mitwirkung bei Veranstaltungen zur Öffentlichkeitsarbeit, Pflicht, eine gestellte Kleidung zu tragen, Untersagung einer anderweitigen Werbung, Übertragung der Verwertung der im Zusammenhang mit der Ausübung des Sports stehenden Persönlichkeitsrechte, Verpflichtung, jederzeit das Autogramm für Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit zu leisten bzw. verarbeiten zu lassen, Regelungen über aus der Öffentlichkeitsarbeit und Werbung generierte Einnahmen, Verpflichtung, den Urlaub grundsätzlich vor der Vorbereitungsphase auf die neue Saison zu nehmen, Verpflichtung, sich im Falle einer durch Ausübung des Sports eingetretenen Erkrankung oder Verletzung bei einem bestimmten Arzt unverzüglich vorzustellen sowie sich angeordneten sportmedizinischen und sporttherapeutischen Maßnahmen zu unterziehen und Regelungen zu Vertragsstrafen bei Verletzung von Vertragspflichten. Ferner hat das BSG in der angesprochenen Entscheidung klargestellt, dass im Bereich der sportlichen Betätigung und bei Tätigkeiten in Vereinen die Beschäftigung von rein mitgliedschaftlicher bzw. sportlicher Betätigung nicht danach abzugrenzen ist, ob ein Entgelt vereinbart ist und gezahlt wird. Die Entgeltzahlung kann daher lediglich ein Indiz für das Vorliegen einer Beschäftigung (BSG, Urteil vom 23.04.2015, a. a. O., Rn. 23) sein.

In Unkenntnis der konkreten Absprachen vermag deshalb auch die Zahlung von 580 DM monatlich den Nachweis einer unrichtigen Rechtsanwendung nicht zu begründen. Dabei kommt es nicht entscheidend auf die Bezeichnung der gewährten Leistung an. Denn der mit der Zahlung der 580 DM verfolgte maßgebliche Zweck (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 19.08.2003 - B 2 U 38/02 R -, juris, Rn. 15 m. w. N.) ist auch nach der Beweisaufnahme nicht abschließend geklärt. Insbesondere lässt sich nicht feststellen, dass die 580 DM tatsächlich als wirtschaftliche Gegenleistung für eine fußballerische Tätigkeit des Klägers gezahlt wurden. Auch insoweit konnte der im Termin vom Senat angehörte Kläger keine Angaben dazu machen, wie und weshalb gerade 580 DM gezahlt wurden. Auch die Angaben des V (Aktenvermerk über die Angaben der Frau L und Angaben der Zeugin H-M) bleiben widersprüchlich, wobei die bereits erwähnten Angaben des Klägers in 2005, es habe sich um eine Aufwandsentschädigung/Fahrtkosten gehandelt, den Aktenvermerk über die Angaben der Frau L und deren Einlassungen in der vom Kläger vorgelegten Stellungnahme bestätigen. Auch der vom SG gehörte Zeuge S machte nur allgemeine, nicht auf die tatsächliche Situation des Klägers bezogene Angaben und führte insoweit lediglich aus, dass mit den Spielern ab dem Zeitpunkt, ab dem diese Bezüge bekamen, also Entgelt erhielten, Verträge gemacht worden seien. Ferner führte er aus, dass jeder Spieler bei der A-Jugend eine Vergütung erhalten habe, gewisse Vergütungen seien auch schon ab der B-Jugend gewährt worden. Mit diesen Einlassungen ist der Zweck der gewährten Leistungen aber nicht konkret umrissen und die Angaben schließen insbesondere auch einen pauschalen Aufwen-dungsersatz als Zweck der gewährten Leistungen nicht aus. In diesem Zusammenhang ist zudem festzuhalten, dass der Zeuge S angegeben hat, die Verträge selbst nicht zu kennen; die Frage nach dem Zweck der Leistung damit also nicht geklärt ist. Frau L spricht in der vom Kläger vorgelegten Stellungnahme von einer Aufwandsentschädigung in Höhe von 580 DM und verneinte, dass der Kläger „Geringverdiener im Sinne des Gesetzes“ gewesen sei, auch wenn er von ihr – wohl im Rahmen der Führung des Lohnkontos – so behandelt worden sei. Damit ist die Wertung der Zeile 7 des Lohnkontos („Art KV/PV/Geringverdiener“ für alle Monate „0/0/N“) durch das SG von Frau L bestätigt und die im Lohnkonto verwendeten Begrifflichkeiten „Lohnkonto“ und „Mitarbeiter“ in Verbindung mit dem Namen des Klägers geklärt. Ausgehend hiervon liegt die Vereinbarung eines Entgeltes nicht näher als die Annahme eines pauschalierten Aufwendungsersatzes, wodurch zunächst ein pauschal nicht nachzuweisender Aufwand abgedeckt werden sollte, um den Kläger an den Sportverein zu binden, ohne sich arbeitsvertraglich zu verpflichten und ihn im Rahmen seiner fußballerischen Tätigkeit zu motivieren (vgl. BSG, Urteil vom 27.10.2009 - B 2 U 26/08 R -, Rn. 24, juris). Die Behauptung, dass die monatlich gezahlten 580 DM nicht nur lediglich der Deckung eines nicht nachzuweisenden Aufwandes gedient hätten, sondern als Gegenleistung für die fußballerische Tätigkeit, sieht der Senat durch nichts belegt. Insbesondere kommt es insoweit auch nicht darauf an, ob mit den 580 DM ein tatsächlicher Aufwand abgedeckt wurde oder nicht.

Soweit Frau L angegeben hat, dass „die alleine vom Arbeitgeber zu zahlenden Beiträge an die gesetzliche Unfallversicherung erhoben und im Rahmen der jährlichen, automatisch vom Lohn- und Gehaltsabrechnungsprogramm generierten Beitragsnachweisungen an die VBG abgeführt worden seien“, vermag dies den Versicherungsschutz des Klägers, der sich hier allein aus § 8 Abs. 1 i. V. m. § 2 SGB VII ergeben kann, nicht zu begründen. Entscheidend ist insoweit nicht, wie der V das Verhältnis beurteilt hat, sondern ob die genannten gesetzlichen Voraussetzungen einer versicherten Tätigkeit, die nicht von einer Beitragszahlung abhängt, im Zeitpunkt des Unfallereignisses erfüllt sind. Ein auf Seiten des V eventuell bestehender Irrtum über die Versicherungspflicht allein vermag eine Versicherung nicht zu begründen (BSG, Urteil vom 02.02.1999 - B 2 U 3/98 R -, BSGE 83, 270-279, SozR 3-2400 § 26 Nr. 11, Rn. 22).

Schließlich hat das SG zu Recht und aus zutreffenden Gründen einen Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII abgelehnt. Hierauf wird verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht, weil die Voraussetzungen dafür nach nicht vorliegen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG).

Rechtskraft
Aus
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