Arbeitsentgelt iS des § 14 SGB IV und damit iS des § 6 Abs 1 S 1 AAÜG stellen auch die in der DDR vom Betrieb an den Arbeitnehmer gezahlten zusätzlichen Belohnungen für Eisenbahner dar, da es sich um eine Gegenleistung des Betriebs für die vom Werktätigen erbrachte Arbeitsleistung in Form der erbrachten Betriebstreue und Pflichterfüllung handelte
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz - Arbeitsentgelt - zusätzliche Belohnungen für Eisenbahner
- Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 2. November 2021 abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, den Feststellungsbescheid vom 19. Februar 2004 in der Fassung der Feststellungsbescheide vom 13. November 2014 und vom 6. Mai 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2019 dahingehend abzuändern, dass zu Gunsten des Klägers weitere Arbeitsentgelte für die Jahre 1979 bis 1989 wegen zu berücksichtigender zusätzlicher Belohnungen für Eisenbahner im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betriebe wie folgt festzustellen sind:
Für das Jahr:
1979 |
823,21 Mark |
1980 |
858,43 Mark |
1981 |
903,27 Mark |
1982 |
951,76 Mark |
1983 |
929,58 Mark |
1984 |
612,72 Mark |
1985 |
474,77 Mark |
1986 |
472,71 Mark |
1987 |
456,71 Mark |
1988 |
883,01 Mark |
1989 |
1.268,02 Mark |
- Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
- Die Beklagte erstattet dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten des gesamten Rechtsstreits in Höhe von sieben Achteln.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten – im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens – über die Verpflichtung der Beklagten weitere Entgelte des Klägers für Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz für die Jahre 1979 bis 1989 (Zuflussjahre) in Form von zusätzlichen Belohnungen für Eisenbahner festzustellen.
Der 1949 geborene Kläger absolvierte in der Zeit von September 1968 bis August 1972 ein Hochschulstudium in der Fachstudienrichtung Informationselektronik im Verkehrswesen an der Hochschule für Verkehrswesen „ Z.... “ Y….. Aufgrund erfolgreichen Abschlusses dieses Studiums wurde ihm mit Zeugnis vom 27. Juni 1972 das Recht verliehen, die Berufsbezeichnung „Hochschulingenieur“ zu führen; mit Urkunde vom 15. Dezember 1972 wurde ihm der akademische Grad „Diplomingenieur“ zuerkannt. Er war vom 1. September 1972 bis 31. Dezember 1983 als SF-Posten-Leiter und Technologe bei der Deutschen Reichsbahn (DR) in der Signal- und Fernmeldemeisterei Y…. und vom 1. Januar 1984 bis 30. Juni 1990 (sowie darüber hinaus) als Technologe für schwierige Fernmeldetechnik bei der DR in der Reichsbahndirektion Y…. beschäftigt. Er erhielt keine Versorgungszusage und war zu Zeiten der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nicht in ein Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) einbezogen.
Am 12. Juni 2003 beantragte der Kläger die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften und legte im Laufe des Verfahrens eine Entgeltbescheinigung der Deutschen Bahn (DB) AG vom 13. Oktober 2003 (für die Beschäftigungszeiträume von September 1972 bis April 1974, von Oktober bis Dezember 1976, von Dezember 1977 bis Dezember 1983, für Dezember 1987 und von März 1988 bis Juni 1990) vor. Mit Bescheid vom 19. Februar 2004 stellte die Beklagte die Anwendbarkeit von § 1 AAÜG, die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 1. Dezember 1972 bis 30. Juni 1990 als „nachgewiesene Zeiten“ der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte, auf der Grundlage der Entgeltbescheinigung der DB AG vom 13. Oktober 2003 sowie auf der Grundlage fiktiver Jahresentgelte, fest. Die Feststellung des Beschäftigungszeitraums vom 1. September 1972 bis 30. November 1972 lehnte sie hingegen ab.
Mit Überprüfungsantrag vom 18. Juni 2014 begehrte der Kläger die Berücksichtigung von Prämien bei den festgestellten Arbeitsentgelten, die Berücksichtigung eines höheren Arbeitsentgeltes für das Jahr 1984 (13.813,92 Mark anstatt 13.808,00 Mark) sowie die Feststellung des Zeitraums der Beschäftigung ab 1. September 1972 als Zusatzversorgungszeitraum und legte hierzu (unter anderem) arbeitsvertragliche Unterlagen sowie Jahresendprämiennachweise für die Planjahre 1982 bis 1988 (mit Zufluss in den Jahren 1983 bis 1989) vor. Mit Bescheid vom 13. November 2014 stellte die Beklagte die Anwendbarkeit von § 1 AAÜG, die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 1. September 1972 bis 30. Juni 1990 als „nachgewiesene Zeiten“ der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte, auf der Grundlage der Entgeltbescheinigung der DB AG vom 13. Oktober 2003 sowie auf der Grundlage fiktiver Jahresentgelte, fest. Dabei stellte sie höhere Arbeitsentgelte für die Jahre 1983 bis 1989, unter Berücksichtigung der nachgewiesenen Jahresendprämien, fest. Die Feststellung eines höheren Grundarbeitsentgeltes für das Jahr 1984 lehnte sie hingegen ab. Den bisherigen Bescheid (vom 19. Februar 2004) hob sie, soweit er entgegenstand, auf. Den hiergegen vom Kläger am 26. November 2014 erhobenen Widerspruch, mit dem er weiterhin die Berücksichtigung eines höheren Grundarbeitsentgeltes für das Jahr 1984 (13.813,92 Mark anstatt 13.808,00 Mark) begehrte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 2015 mit der Begründung zurück, der Zufluss eines höherer Grundarbeitsverdienstes für das Jahr 1984 sei nicht nachgewiesen.
Mit Überprüfungsantrag vom 2. März 2015 begehrte der Kläger die Berücksichtigung von Jahresendprämien für die Zuflussjahre 1973 bis 1982 bei den festgestellten Arbeitsentgelten, entsprechend des (früheren) Schätzverfahrens des Sächsischen Landessozialgerichts. Den Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 8. April 2015 ab. Den hiergegen vom Kläger am 15. April 2015 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. Juni 2015 zurück. Hiergegen erhob der Kläger am 19. Juni 2015 (im Verfahren S 24 RS 898/15) Klage zum Sozialgericht Dresden und legte im Laufe des Klageverfahrens arbeitsvertragliche Unterlagen (unter anderem über den Zufluss einer Anerkennungsprämie in Höhe von 150,00 Mark gemäß betrieblichem Belobigungsschreiben vom 26. Mai 1976) vor. Für die Zuflussjahre 1973 und 1974 nahm der Kläger (wegen Überschreitens der Beitragsbemessungsgrenze) die Klage mit Schriftsatz vom 5. August 2015 zurück. Nach Anordnung des Ruhens des Verfahrens mit Beschluss vom 4. Januar 2016 und Fortführung des Verfahrens mit Verfügung vom 19. November 2018 (im Verfahren S 26 R 1626/18 ZV) änderte der Kläger mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2018 sein Klagebegehren, in dem er nunmehr die Berücksichtigung zusätzlicher Belohnungen für Eisenbahner bei den festgestellten Arbeitsentgelten begehrte. Nach einem gerichtlichen Hinweis (hinsichtlich der Unzulässigkeit der Klägeränderung) mit gerichtlichem Schreiben vom 19. November 2018 nahm der Kläger mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2018 seine Klage zurück.
Mit Überprüfungsantrag vom 11. Dezember 2018 (Eingang bei der Beklagten am 11. Dezember 2018) begehrte der Kläger die Berücksichtigung von zusätzlichen Belohnungen für Eisenbahner bei den festgestellten Arbeitsentgelten, unter Bezugnahme auf die diesbezügliche Rechtsprechung des Sächsischen Landessozialgerichts.
Mit Bescheid vom 6. Mai 2019 stellte die Beklagte (abermals) die Anwendbarkeit von § 1 AAÜG, die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 1. September 1972 bis 30. Juni 1990 als „nachgewiesene Zeiten“ der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte, auf der Grundlage der Entgeltbescheinigung der DB AG vom 13. Oktober 2003 sowie auf der Grundlage fiktiver Jahresentgelte, fest. Dabei stellte sie ein höheres Arbeitsentgelt für das Jahr 1976 (150,00 Mark), unter Berücksichtigung der nachgewiesenen Anerkennungsprämie, fest. Die Feststellung höherer Arbeitsentgelte, unter Berücksichtigung des Bezugs von zusätzlichen Belohnungen für Eisenbahner, lehnte sie hingegen ab. Den bisherigen Bescheid (vom 19. Februar 2004 in der Fassung des Bescheids vom 13. November 2014) hob sie, soweit er entgegenstand, auf.
Hiergegen erhob der Kläger am 24. Mai 2019 Widerspruch, mit dem er weiterhin die Feststellung von zusätzlichen Belohnungen für Eisenbahner (für die Jahre 1972 bis 1990) begehrte.
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens fragte die Beklagte daraufhin mit Schreiben vom 28. Mai 2019 bei der DB AG hinsichtlich des Vorliegens von Bezugsnachweisen von zusätzlichen Belohnungen für Eisenbahner für den Kläger an. Die DB AG teilte mit Schreiben vom 4. Juni 2019 mit, dass keinerlei Bezugsnachweise (mehr) vorliegen.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 2019 mit der Begründung zurück, weitere Entgelte in Form von zusätzlichen Belohnungen für Eisenbahner seien weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden. Unterlagen seien nicht vorhanden. Die Gewährung und die Höhe der zusätzlichen Belohnungen seien von einer Vielzahl von Bedingungen abhängig gewesen, die ohne Nachweis nicht mehr zweifelsfrei nachvollziehbar seien. Entscheidend für die Zuordnung des zutreffenden Prozentsatzes der zusätzlichen Belohnung sei unter anderem die Dauer einer nach bestimmten Kriterien für jeden Beschäftigten individuell zu ermittelnden ununterbrochenen Beschäftigung (nicht identisch mit dem Arbeitsrechtsverhältnis) gewesen. Die Berechnungsgrundlage der zusätzlichen Belohnung sei nicht identisch mit dem Arbeitsentgelt gewesen. Die Gewährung sei leistungsabhängig gewesen.
Hiergegen erhob der Kläger am 14. August 2019 Klage zum Sozialgericht Dresden und begehrte zunächst die Berücksichtigung von zusätzlichen Belohnungen für Eisenbahner für die Zuflussjahre 1973 bis 1989 im Rahmen der Glaubhaftmachung in bestimmten Höhen. Im Rahmen der am 2. November 2021 durchgeführten mündlichen Verhandlung nahm er seine Klage für die Zuflussjahre 1973 bis 1978 zurück.
Das Sozialgericht Dresden hat die Beklagte – nach Einholung einer schriftlichen Zeugenerklärung von X.... vom 20. September 2021 sowie nach Einvernahme dieses Zeugen im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 2. November 2021 – mit Urteil vom 2. November 2021, unter Abänderung des Bescheides vom 6. Mai 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2019 verpflichtet, den Feststellungsbescheid vom 19. Februar 2004 in der Fassung der Feststellungsbescheide vom 13. November 2014 und vom 6. Mai 2019 abzuändern und weitere Arbeitsentgelte für die Zuflussjahre 1979 bis 1989 wegen zu berücksichtigender zusätzlicher Belohnungen für Eisenbahner im Rahmen der nachgewiesenen Zusatzversorgungszeiten wie folgt festzustellen:
1979 |
823,26 Mark |
1980 |
858,43 Mark |
1981 |
903,27 Mark |
1982 |
951,76 Mark |
1983 |
929,58 Mark |
1984 |
916,64 Mark |
1985 |
941,42 Mark |
1986 |
948,32 Mark |
1987 |
1.011,71 Mark |
1988 |
1.081,41 Mark |
1989 |
1.268,24 Mark |
Für das Jahr:
Zur Begründung hat es ausgeführt: Entsprechend der (insoweit wortwörtlich zitierten) Rechtsprechung des Sächsischen Landessozialgerichts (unter anderem Verweis auf das Urteil vom 9. Oktober 2018 im Verfahren L 5 RS 800/17) stellten auch die in der DDR vom Betrieb an den Arbeitnehmer gezahlten zusätzlichen Belohnungen für Eisenbahner Arbeitsentgelt im Sinne des AAÜG dar, da es sich um eine Gegenleistung des Betriebs für die vom Werktätigen erbrachte Arbeitsleistung in Form der erbrachten Betriebstreue und Pflichterfüllung gehandelt habe. Den Bezug von zusätzlichen Belohnungen für Eisenbahner habe der Kläger für die streitgegenständlichen Jahre 1979 bis 1989 zwar nicht nachweisen, jedoch aufgrund der Umstände des Einzelfalles (Arbeitsverträge mit Verweis auf den Rahmenkollektivvertrag der DR, Jahresendprämiennachweise, Belobigung, Treuemedaille, Auszeichnung als Mitglied eines Kollektivs der sozialistischen Arbeit, Aussagen des Zeugen X....) glaubhaft machen können. Die Höhe der glaubhaft gemachten zusätzlichen Belohnungen sei berechenbar.
Gegen das ihr am 3. Dezember 2021 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 20. Dezember 2021 Berufung eingelegt, mit der sie die vollständige Abweisung der Klage weiterverfolgt. Zur Begründung trägt sie vor: Das Sozialgericht verletze mit seiner Entscheidung, dem Kläger für die Jahre 1979 bis 1989 (= Zuflussjahre) weitere Arbeitsverdienste in Gestalt von jährlichen zusätzlichen Belohnungen für Eisenbahner zuzusprechen, die Vorschriften der §§ 6 Abs. 1, 8 Abs. 1 AAÜG. Soweit das Sozialgericht zu dem Schluss gelange, der Kläger habe dem Grunde nach zusätzliche Belohnungen für Eisenbahner bezogen, habe es für seine Überzeugungsbildung fehlerhaft auf Erklärungen von in einem anderen Rechtsstreit vernommene Zeugen zurückgegriffen. Das Sozialgericht stütze seine Bewertung auf im Verfahren des Sächsischen Landessozialgerichts, Urteil vom 9. Oktober 2018, Az. L 5 RS 800/17, abgegebene Zeugenerklärungen, ohne dass es die Gerichtsakten dieses Verfahrens mit den dortigen Zeugenerklärungen zum Gegenstand des Verfahrens gemacht habe. Damit habe das Sozialgericht gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit aus §§ 128, 117 SGG verstoßen. Voraussetzung für die Gewährung der zusätzlichen Belohnung sei nicht allein die hervorragende Erfüllung der Arbeitsaufgaben, sondern die Bewertung der Arbeitsleistung gewesen. Die Höhe der zusätzlichen Belohnung sei nach den Arbeitsleistungen und dem "Verhalten" der Beschäftigten durch den Leiter der Dienststelle bzw. den Betriebsleiter im Einvernehmen mit der zuständigen gewerkschaftlichen Leitung festzusetzen gewesen. Für die Bewertung des "Verhaltens" und der "Arbeitsdisziplin" des Klägers fehle es an hinreichend konkreten Anknüpfungstatsachen. Dies hindere daran, eine für die etwaige Gewährung einer zusätzlichen Belohnung ausschlaggebende Entscheidung nachträglich retrospektiv zu treffen. Ein weiterer Umstand führe zur Unrichtigkeit des Urteils: Das Sozialgericht habe § 6 Abs. 6 AAÜG fälschlich auf die Zuflussjahre (Zeiträume) 1984 bis 1988 angewendet. Für diese Jahre sei ein Arbeitsverdienst nicht nachgewiesen. Die Beklagte habe den Jahresbruttoverdienst des Klägers für die genannten Kalenderjahre anhand vorliegender Arbeitsverträge fiktiv bestimmt. Da die in den Jahren 1984 bis 1988 festgestellten Entgeltdaten nicht durch Vollbeweis belegt seien, scheide eine darauf gestützte Glaubhaftmachung aus. Der Beklagten sei ferner nicht recht verständlich, woher die in Spalte 2 der vom Sozialgericht erstellten Berechnungstabelle aufgeführten Jahresarbeitsverdienste stammen. Aus dem Sozialversicherungsausweis des Klägers – wie vom Sozialgericht dargestellt – jedenfalls nicht. Aus den vorstehenden Gründen könne das angefochtene Urteil keinen Bestand haben.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 2. November 2021 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil im Ergebnis für zutreffend und führt ergänzend aus: Soweit die Beklagte auf den fehlenden Nachweis des Entgelts für die Jahre 1984 bis 1988 hinweise, sei es zutreffend, dass die Verdienstbescheinigung der DB AG vom 13. Oktober 2003 nur ein Entgelt für die Zeit vom 1. bis 31. Dezember 1987 bescheinige. Der Nachweis von Entgelten für diesen Zeitraum ergebe sich aber aus den Eintragungen im DDR-Sozialversicherungsausweis des Klägers. Allerdings würden sich hierdurch die Beträge für die zu berücksichtigende zusätzliche Belohnung in den betreffenden Jahren etwas mindern. Zu einer vergleichsweisen Erledigung des Rechtsstreits unter Zugrundelegung entsprechend reduzierter Beträge für den vorgenannten Zeitraum sei der Kläger bereit.
Ein entsprechender, vom Senat mit gerichtlichen Schreiben vom 15. Februar 2022 unterbreiteter Vergleichsvorschlag wurde von der Beklagten mit Schriftsatz vom 14. März 2022 mit der Begründung abgelehnt, nach den DDR-rechtlichen Regelungen sei der Zahlung einer zusätzlichen Belohnung für Eisenbahner Jahr für Jahr eine vom damaligen Arbeitgeber vorzunehmende Bewertung der Arbeitsleistung vorausgegangen, die insbesondere in Hinsicht auf das Verhalten nur nach sozialistischen Kriterien habe erfolgen können. Diese maßgebliche betriebliche Bewertung könne nicht durch ein gerichtliches Werturteil retrospektiv ersetzt werden.
Mit Schriftsätzen vom 22. Februar 2022 (Kläger) und vom 14. März 2022 (Beklagte) haben die Beteiligten jeweils ihr Einverständnis zur Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).
II.
Die statthafte und zulässige Berufung der Beklagten ist lediglich teilweise und nur insoweit begründet, als das Sozialgericht Dresden die festzustellenden zusätzlichen Belohnungen für Eisenbahner für die Jahre 1984 bis 1988 sowie die Jahre 1979 und 1989 (insoweit lediglich in Form von Rechenfehlern) zu hoch ausgeurteilt hat. Im Übrigen – und damit ganz überwiegend – ist die Berufung der Beklagten hingegen unbegründet, weil das Sozialgericht Dresden die Beklagte mit Urteil vom 2. November 2021 zu Recht verurteilt hat, die dem Kläger in den Jahren 1979 bis 1989 zugeflossenen zusätzlichen Belohnungen für Eisenbahner im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betriebe festzustellen. Insoweit schließt sich der Senat nach Überprüfung den Gründen im angefochtenen Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 2. November 2021 an und nimmt darauf zur Vermeidung von überflüssigen Wiederholungen zunächst vollständig Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist lediglich Folgendes auszuführen:
1.
Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 2. November 2021 entspricht der – den Beteiligten hinlänglich bekannten – ständigen Rechtsprechung des 5. Senats des Sächsischen Landessozialgerichts, der sich der 7. Senat des Sächsischen Landessozialgerichts vollinhaltlich anschließt. Auf die den Beteiligten bekannten und jeweils rechtskräftigen Entscheidungen des 5. Senats des Sächsischen Landessozialgerichts (LSG) wird lediglich der Vollständigkeit halber hingewiesen:
- Urteil vom 19. Juli 2016 im Verfahren L 5 RS 426/12 (JURIS-Dokument, RdNr. 78-100 - insoweit rechtskräftig, da nicht von der Revision im Verfahren B 5 RS 5/17 R erfasst),
- Urteil vom 27. März 2018 im Verfahren L 5 RS 255/16 (JURIS-Dokument, RdNr. 25-51 - rechtskräftig.),
- Urteil vom 9. Oktober 2018 im Verfahren L 5 RS 800/17 (JURIS-Dokument, RdNr. 23-55 - rechtskräftig).
Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 2. November 2021 entspricht dabei – im Gegensatz zu anderen erstinstanzlichen Entscheidungen – nicht nur im Abstrakten dieser ständigen Rechtsprechung des 5. Senats des Sächsischen Landessozialgerichts, sondern – wenngleich in den Urteilsgründen nur knapp erwähnt – auch im Konkreten. Jedenfalls die erforderlichen Ermittlungsanstrengungen hat das Sozialgericht Dresden geleistet. Denn der konkrete Einzelfall – und nur um diesen geht es jeweils – wurde vom Sozialgericht Dresden dabei – sowohl was die Ermittlungen als auch was deren Würdigung anbelangt – konkret in den Blick genommen.
2.
Soweit die Beklagte im konkreten Verfahren ausführt, die nach den DDR-rechtlichen Regelungen für den Bezug von zusätzlichen Belohnungen für Eisenbahner erforderliche betriebliche Leistungs- und Verhaltenseinschätzung eines Werktätigen könne nicht durch ein gerichtliches Werturteil retrospektiv ersetzt werden, führt dies zu keiner anderen Bewertung der maßgeblichen Sach- und Rechtslage. Denn dieser Einwand verkennt bereits im Kern, dass im konkreten Einzelfall kein Werturteil zu ersetzen, sondern nachvollziehend zu prüfen ist, ob hinreichende Indizien, also konkrete Anknüpfungstatsachen, dafür vorliegen, ob der Kläger den Bezug der geltend gemachten zusätzlichen Belohnungen für Eisenbahner glaubhaft gemacht hat. Dies setzt, unter Zugrundelegung der maßgeblichen DDR-rechtlichen Rechtsgrundlagen als (abstrakte) Anknüpfungstatsachen einerseits, die konkrete Bewertung der Umstände des konkreten Einzelfalles als (individuelle) Anknüpfungstatsachen andererseits voraus, der sich die Beklagte zu Unrecht verschließt.
Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG ist den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz (vgl. § 5 AAÜG) für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§ 256a Abs. 2 SGB VI) das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde zu legen. Die Norm definiert den Begriff des Arbeitsentgeltes zwar nicht selbst. Aus dem Wort „erzielt“, folgt aber im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, dass es sich um Entgelt oder Einkommen handeln muss, das dem Berechtigten während der Zugehörigkeitszeiten zum Versorgungssystem „aufgrund“ seiner Beschäftigung „zugeflossen“, ihm also tatsächlich gezahlt worden, ist (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 19). Dabei muss es sich um eine Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung handeln, wobei unerheblich ist, ob das erzielte Arbeitsentgelt in der DDR einer Beitrags- oder Steuerpflicht unterlag (BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 19). Die inhaltliche Bedeutung des Begriffs „Arbeitsentgelt“ im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG bestimmt sich nach dem bundesdeutschen Arbeitsentgeltbegriff nach § 14 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch - SGB IV - (BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 24; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 1/13 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 6 = JURIS-Dokument, RdNr. 15; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 3/14 R - JURIS-Dokument, RdNr. 16; BSG, Urteil vom 27. Juni 2019 - B 5 RS 2/18 R - JURIS-Dokument, RdNr. 29; BSG, Urteil vom 9. Dezember 2020 - B 5 RS 3/20 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 9. Dezember 2020 - B 5 RS 1/20 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23). Dabei ist ausschließlich die Rechtslage maßgeblich, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des AAÜG am 1. August 1991 bestand (BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 35; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 1/13 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 6 = JURIS-Dokument, RdNr. 15; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 3/14 R - JURIS-Dokument, RdNr. 16; BSG, Urteil vom 27. Juni 2019 - B 5 RS 2/18 R - JURIS-Dokument, RdNr. 31; BSG, Urteil vom 9. Dezember 2020 - B 5 RS 3/20 R - JURIS-Dokument, RdNr. 24; BSG, Urteil vom 9. Dezember 2020 - B 5 RS 1/20 R - JURIS-Dokument, RdNr. 24). Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Dabei ist es – dem Wortlaut des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV entsprechend – ausreichend, wenn ein mittelbarer (innerer, sachlicher) Zusammenhang mit der Beschäftigung besteht (vgl. BSG, Urteil vom 29. Januar 2004 - B 4 RA 19/03 R - SozR 4-8570 § 8 Nr. 1, RdNr. 18 = JURIS-Dokument, RdNr. 18), weil der Arbeitsentgeltbegriff grundsätzlich weit gefasst ist. Insofern stellen grundsätzlich alle direkten und indirekten Leistungen des Arbeitgebers eine Gegenleistung für die vom Beschäftigten zu erfüllende Arbeitspflicht dar und werden im Hinblick hierauf gewährt. Etwas Anderes gilt ausnahmsweise nur dann, wenn sich für die Einnahme eine andere Ursache nachweisen lässt. Leistungen, die aus einem ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse erbracht werden, sind keine Gegenleistungen für die Arbeitsleistung oder die Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers und daher kein Arbeitsentgelt. Dies gilt insbesondere für Vorteile, die sich lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen darstellen (dazu ausdrücklich: BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 1/13 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 6 = JURIS-Dokument, RdNr. 17; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 3/14 R - JURIS-Dokument, RdNr. 18; BSG, Urteil vom 27. Juni 2019 - B 5 RS 2/18 R - JURIS-Dokument, RdNr. 44; BSG, Urteil vom 9. Dezember 2020 - B 5 RS 3/20 R - JURIS-Dokument, RdNr. 39; BSG, Urteil vom 9. Dezember 2020 - B 5 RS 1/20 R - JURIS-Dokument, RdNr. 39; ebenso: Knospe in: Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB IV, § 14, RdNr. 27 [Stand: Februar 2016]).
Handelt es sich um Arbeitsentgelt, ist (in einem zweiten Schritt) weiter zu prüfen, ob die bundesrechtliche Qualifizierung als Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV wegen § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV in Verbindung mit § 1 der Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) ausgeschlossen ist (BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 33; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 1/13 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 6 = JURIS-Dokument, RdNr. 15; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 3/14 R - JURIS-Dokument, RdNr. 16). § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV ermächtigt die Bundesregierung, durch Rechtsverordnung zur Wahrung der im Gesetz genannten Ziele zu bestimmen, dass „einmalige Einnahmen oder laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse oder ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, und steuerfreie Einnahmen ganz oder teilweise nicht als Arbeitsentgelt gelten“. Auf der Grundlage dieser Ermächtigung ist die ArEV ergangen. Sie ist auf das Beitrittsgebiet zum 1. Januar 1991 übergeleitet worden (BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 34). § 1 ArEV regelt, dass „einmalige Einnahmen, laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind, soweit sie lohnsteuerfrei sind und sich aus § 3 ArEV (Ausnahme für Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit in der gesetzlichen Unfallversicherung) nichts Abweichendes ergibt“. Diese Regelung ist bei der Bestimmung des Arbeitsentgelts im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG zu beachten (BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 34; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 1/13 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 6 = JURIS-Dokument, RdNr. 15; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 3/14 R - JURIS-Dokument, RdNr. 16). Maßgeblich ist dabei ausschließlich die bundesrepublikanische Rechtslage des Steuerrechts im Zeitpunkt des Inkrafttretens des AAÜG am 1. August 1991 (BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 35 und RdNr. 39; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 1/13 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 6 = JURIS-Dokument, RdNr. 15; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 3/14 R - JURIS-Dokument, RdNr. 16).
Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV und damit im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG stellen auch die in der DDR vom Betrieb an den Arbeitnehmer gezahlten zusätzlichen Belohnungen für Eisenbahner dar (vgl. dazu bereits ausführlich: Sächsisches LSG, Urteil vom 9. Oktober 2018 - L 5 RS 800/17 - JURIS-Dokument, RdNr. 23-55; Sächsisches LSG, Urteil vom 27. März 2018 - L 5 RS 255/16 - JURIS-Dokument, RdNr. 25-51; Sächsisches LSG, Urteil vom 19. Juli 2016 - L 5 RS 426/16 - JURIS-Dokument, RdNr. 78-100 – insoweit auch rechtskräftig, da nicht von der Revision im Verfahren B 5 RS 5/17 R erfasst; so auch zutreffend, ohne Begründung: LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 28. Mai 2014 – L 7 R 227/10 - JURIS-Dokument, RdNr. 30), da es sich um eine Gegenleistung des Betriebs für die vom Werktätigen erbrachte Arbeitsleistung in Form der erbrachten „Berufstreue und Pflichterfüllung“ handelte, wobei es nicht darauf ankommt, dass dieser Verdienst nach DDR-Recht nur teilweise steuer- und nicht sozialversicherungspflichtig war.
Die zusätzliche Belohnung für Eisenbahner stellt daher eine Einnahme aus der Beschäftigung des Klägers in Betrieben des Eisenbahnverkehrswesens dar:
Nach § 9 Abs. 1 der „Verordnung über die Pflichten und Rechte der Eisenbahner – Eisenbahner-Verordnung –“ vom 28. März 1973 (DDR-GBl. I Nr. 25 S. 217) erhielten Eisenbahner für ihre Berufstreue und Pflichterfüllung einmal jährlich eine zusätzliche Belohnung. Die zusätzliche Belohnung betrug, gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 der Eisenbahner-Verordnung, nach einer ununterbrochenen Dienstzeit von
- einem Jahr: zwei Prozent,
- zwei Jahren: vier Prozent,
- drei Jahren: acht Prozent
des Bruttoeinkommens der letzten zwölf Monate. Die zusätzliche Belohnung war mit fünf Prozent zu versteuern (§ 9 Abs. 2 Satz 2 der Eisenbahner-Verordnung), unterlag aber nicht der Beitragspflicht zur Sozialversicherung und gehörte nicht zum Durchschnittsverdienst (§ 9 Abs. 2 Satz 3 der Eisenbahner-Verordnung). Auch der „Rahmenkollektivvertrag für die Beschäftigten der Deutschen Reichsbahn“ (nachfolgend: RKV DR) in der Fassung des 43. Nachtrags vom 22. November 1978 verwies auf die vorgenannte Eisenbahner-Verordnung und bestimmte in
- § 34 Nr. 1 RKV DR, dass die zusätzliche Belohnung auf der Grundlage der Be-stimmungen der Eisenbahner-Verordnung gewährt wurde,
- § 34 Nr. 2 RKV DR, dass Voraussetzung für die Gewährung der zusätzlichen Belohnungen Berufstreue sowie pflichtbewusste Arbeit und eine mindestens einjährige Dienstzeit bei der Deutschen Reichsbahn waren,
- § 34 Nr. 5 RKV DR, dass die zusätzliche Belohnung für die letzten zwölf Monate vor dem Fälligkeitstag berechnet und am planmäßigen Lohnzahltag des Monats, in dem der Fälligkeitstag lag, gezahlt wurde.
Zur Berechnung der Dienstzeit verwies § 34 Nr. 3 RKV DR auf die detaillierten Bestimmungen des § 33 RKV DR. In diesen regelte beispielsweise § 33 Nr. 2 Buchstabe q) RKV DR, dass als Dienstzeiten bei der DR auch Studienzeiten im Direktstudium an Hoch- und Fachschulen der DDR und der sozialistischen Staaten galten, vorausgesetzt das Studium wurde erfolgreich abgeschlossen (§ 33 Nr. 2 Buchstabe q Satz 2 RKV DR) und die Arbeit bei der DR wurde unverzüglich nach Beendigung des Studiums aufgenommen (§ 33 Nr. 3 Satz 2 RKV DR). Nach § 34 Nr. 4 RKV DR begann die Beschäftigungsdauer für die Berechnung der zusätzlichen Belohnung bei Lehrlingen mit dem Beginn ihrer Ausbildung. Allerdings wurde während der Lehrzeit bzw. während eines Direktstudiums an Hoch- und Fachschulen keine zusätzliche Belohnung gezahlt. Jungarbeiter und Absolventen erhielten daher grundsätzlich die zusätzliche Belohnung erstmalig am Fälligkeitstag nach Beendigung der Berufsausbildung bzw. des Studiums. Diese kollektivvertragliche Regelung macht deutlich, dass der Fälligkeitstag der zusätzlichen Belohnung abhängig vom Beginn einer Ausbildung, deren Abschluss und dem tatsächlichen Erbringen von Arbeitsleistungen für jeden Beschäftigten der Deutschen Reichsbahn individuell festzustellen war, weil er von der Erfüllung verschiedener individueller Bedingungen abhängig war. Auf diesen individuell festzustellenden Fälligkeitstag stellte auch die Berechnung des jeweiligen Jahresarbeitseinkommens ab, denn nach § 34 Nr. 7 RKV DR waren der Berechnung des jeweiligen Jahresarbeitseinkommens die dem Fälligkeitstag vorausgegangenen zwölf Kalendermonate zugrunde zu legen. In § 34 Nr. 9 RKV DR war ausdrücklich festgelegt, welche Entgeltbestandteile zu dem hier maßgeblichen Jahresbruttoeinkommen gehörten und dass unter anderem für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit aus Krankheitsgründen für die Berechnung der zusätzlichen Belohnung der Durchschnittsverdienst entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen über die Berechnung des Durchschnittsverdienstes zugrunde zu legen war. Schließlich verwies § 34 Nr. 10 RKV DR – ähnlich wie die Bestimmungen zur Höhe der Jahresendprämie – darauf, dass die Höhe der zusätzlichen Belohnung nach den Arbeitsleistungen und dem Verhalten des Beschäftigten in den letzten zwölf Monaten vor dem Fälligkeitstermin durch den Leiter der Dienststelle im Einvernehmen mit der zuständigen gewerkschaftlichen Leitung festzulegen war. Gleiche Regelungen finden sich in dem zum 1. Januar 1990 in Kraft getretenen 53. Nachtrag zum RKV DR.
3.
Im Übrigen ist zu den konkreten Einwendungen der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 2. November 2021 auf Folgendes hinzuweisen:
Soweit die Beklagte im Berufungsbegründungsschriftsatz vom 24. Januar 2022 rügt, das Sozialgericht habe gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme verstoßen, indem es für seine Überzeugungsbildung auf Erklärungen von in einem anderen Rechtsstreit vernommene Zeugen zurückgegriffen habe, trifft dieser Einwand zwar zu. Er vermag im Ergebnis jedoch nicht zu einer anderen Bewertung der maßgeblichen Sach- und Rechtslage zu führen, weil es dieses (unzulässigen) Rückgriffs zur Entscheidung des Verfahrens nicht bedarf. Im konkreten Fall hatte der vom Sozialgericht Dresden sowohl schriftlich befragte (Auskunft vom 20. September 2021) als auch in der mündlichen Verhandlung vom 2. November 2021 einvernommene Zeuge X.... zumindest bekundet, dass der Kläger – im (nach teilweiser Klagerücknahme nur noch) streitgegenständlichen Zuflusszeitraum von 1979 bis 1989 – die Voraussetzungen für den Bezug von zusätzlichen Belohnungen für Eisenbahner (keine Fehlzeiten, gute Zusammenarbeit, "keine Schwierigkeiten" im Betrieb gemacht) erfüllte. Aus den Arbeits- und Änderungsverträgen des Klägers vom 1. September 1972, vom 23. Januar 1984 und vom 1. Juli 1987 ergibt sich darüber hinaus, dass sich das Arbeitsverhältnis des Klägers nach den Bestimmungen des RKV DR richtete, sodass die Rechtsgrundlagen der zusätzlichen Belohnungen für Eisenbahner kraft Arbeitsvertrages in das konkrete Beschäftigungsverhältnis des Klägers zur DR inkorporiert worden waren.
Soweit die Beklagte im Berufungsbegründungsschriftsatz vom 24. Januar 2022 zudem ausführt, für die Bewertung des Verhaltens und der Arbeitsdisziplin des Klägers fehle es an hinreichend konkreten Anknüpfungstatsachen, trifft dies insoweit nicht zu, als für die lediglich erforderliche Glaubhaftmachung der Bezugsvoraussetzungen dem Grunde nach hinreichende Hinweistatsachen (konkrete Anknüpfungstatsachen) vorliegen. Zum einen wird insoweit nochmals auf die Auskünfte des Zeugen X.... hingewiesen, der bekundete, der Kläger habe sich keinerlei Fehlzeiten zuschulden kommen lassen, habe "eher mal ein paar Stunden mehr als welche zu wenig" gearbeitet und habe dem Betrieb sowie dem Zeugen (der ab 1984 der Abteilungsleiter des Klägers war) "keine Schwierigkeiten" bereitet. Zum anderen wird auf die schriftlichen Unterlagen des Klägers, die dieser bereits in verschiedenen Überprüfungsverfahren zu den Akten reichte, verwiesen. Aus diesen Unterlagen ergibt sich, dass der Kläger
- "für [seine] Leistungen und Einsatzbereitschaft auf der Grundlage der Erfüllung der [ihm] vorgegebenen Leistungskriterien" Jahresendprämien ausgezahlt erhielt (Jahresendprämienschreiben vom 22. März 1983, vom 12. März 1984, vom 18. März 1985, vom 17. März 1986, vom 19. März 1987, vom 14. März 1988 und vom 15. März 1989),
- "Dank für die fleißige und gewissenhafte Erledigung der übertragenen Aufgaben" ausgesprochen erhielt (Jahresendprämienschreiben vom 22. März 1983),
- "Dank für die fleißige und unermüdliche Realisierung der übertragenen Aufgaben" ausgesprochen erhielt (Jahresendprämienschrieben vom 12. März 1984),
- "Dank für die geleistete Arbeit" ausgesprochen erhielt (Jahresendprämienschreiben vom 18. März 1985, vom 17. März 1986, vom 19. März 1987, vom 14. März 1988 und vom 15. März 1989),
- sich "durch hohe Einsatzbereitschaft, gutes fachliches Wissen und Organisationstalent" auszeichnete und "gute Arbeit" leistete, für die ihm gedankt wurde, für die er gelobt wurde und für die er eine Anerkennungsprämie in Höhe von 150,00 Mark erhielt (Belobigungs- und Anerkennungsprämienschreiben vom 26. Mai 1976),
- "als Zeichen der Anerkennung für am 31. August 1978 vollendete 10 Jahre treue Arbeit bei der Deutschen Reichbahn ... die Medaille für treue Dienste in Bronze verliehen" erhielt (Anerkennungsurkunde vom 31. August 1978),
- als "Mitglied des Kollektivs Instandhaltungsbereich F 12 ... hervorragende Leistungen im sozialistischen Wettbewerb" erbrachte und "den Ehrentitel Kollektiv der sozialistischen Arbeit für das Jahr 1973" verliehen erhielt (Ehrentitelurkunde von 1973),
- wiederholt wegen seiner erfolgreichen Arbeit sowohl höherwertige und verantwortungsvollere Arbeitsaufgaben übertragen als auch Gehaltssteigerungen erhielt (Änderungsverträge vom 23. Januar 1984, vom 7. August 1986, vom 1. Juli 1987, vom 16. Juli 1987, vom 20. Juli 1987 und vom 26. Januar 1989).
4.
Soweit die Beklagte im Berufungsbegründungsschriftsatz vom 24. Januar 2022 allerdings rügt, das Sozialgericht habe für die Zuflussjahre 1984 bis 1988 § 6 Abs. 6 AAÜG unzutreffend angewandt, weil für diese Jahre der Arbeitsverdienst nicht nachgewiesen, sondern mit dem im Feststellungsbescheid vom 19. Februar 2004 bezeichneten Beträgen lediglich fiktiv bestimmt sei, trifft dieser Einwand jedoch zu. Nachgewiesen vom Kläger sind lediglich folgende Entgelte:
Planjahr |
Bruttoarbeitsentgelt |
Nachweisdokument |
1978 |
12.522,90 Mark |
Entgeltbescheinigung der DB AG vom 13. Oktober 2003 |
1979 |
12.261,98 Mark |
Entgeltbescheinigung der DB AG vom 13. Oktober 2003 |
1980 |
13.183,82 Mark |
Entgeltbescheinigung der DB AG vom 13. Oktober 2003 |
1981 |
13.731,74 Mark |
Entgeltbescheinigung der DB AG vom 13. Oktober 2003 |
1982 |
14.548,84 Mark |
Entgeltbescheinigung der DB AG vom 13. Oktober 2003 |
1983 |
13.641,32 Mark |
Entgeltbescheinigung der DB AG vom 13. Oktober 2003 |
1984 |
6.965,00 Mark |
Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung |
1985 |
7.200,00 Mark |
Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung |
1986 |
7.036,00 Mark |
Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung |
1987 |
6.758,00 Mark |
Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung |
1988 |
16.488,54 Mark |
Entgeltbescheinigung der DB AG vom 13. Oktober 2003 |
1989 |
20.285,97 Mark |
Entgeltbescheinigung der DB AG vom 13. Oktober 2003 |
Nur von diesen – nachgewiesenen – Bruttoentgelten kann daher bei der Berechnung der zusätzlichen Belohnungen für Eisenbahner des Klägers im Rahmen der Glaubhaftmachung nach § 6 Abs. 6 AAÜG ausgegangen werden. Daraus ergibt sich, ausgehend von dem durch die Treueurkunde vom 31. August 1978 verbürgten "Stichtag" für die Berechnung (1. September), folgendes glaubhaft gemachtes Entgelt (Rechenfehler des Sozialgerichts sind im Übrigen nachfolgend zwar berichtigt, führen teilweise aber mangels Berufung des Klägers nicht zur Abänderung des Urteils des Sozialgerichts):
Be-schäfti-gungs-jahr |
Jahresarbeits-verdienst (ohne zusätzliche Belohnung) |
Monat-sdurch-schnitts-verdienst |
Jahresarbeitsverdienst der zusätzlichen Belohnung (= [4 x Vorjahr] + [8 x aktuelles Jahr]) |
davon 8 Prozent
|
davon 5/6 |
1978 |
12.522,90 M |
1.043,38 M |
|
|
|
1979 |
12.261,98 M |
1.021,83 M |
(4.173,52 + 8.174,64 =) 12.348,16 M |
987,85 M |
823,21 M |
1980 |
13.183,82 M |
1.098,65 M |
(4.087,32 + 8.789,20 =) 12.876,52 M |
1.030,12 M |
858,43 M |
1981 |
13.731,74 M |
1.144,31 M |
(4.394,60 + 9.154,48 =) 13.549,08 M |
1.083,93 M |
903,27 M |
1982 |
14.548,84 M |
1.212,40 M |
(4.577,24 + 9.699,20 =) 14.276,44 M |
1.142,12 M |
951,77 M |
1983 |
13.641,32 M |
1.136,78 M |
(4.849,60 + 9.094,24 =) 13.943,84 M |
1.115,51 M |
929,59 M |
1984 |
6.965,00 M |
580,42 M |
(4.547,12 + 4.643,36 =) 9.190,48 M |
735,24 M |
612,72 M |
1985 |
7.200,00 M |
600,00 M |
(2.321,60 + 4.800,00 =) 7.121,60 M |
569,73 M |
474,77 M |
1986 |
7.036,00 M |
586,33 M |
(2.400,00 + 4.690,64 =) 7.090,64 M |
567,25 M |
472,71 M |
1987 |
6.758,00 M |
563,17 M |
(2.345,32 + 4.505,36 =) 6.850,68 M |
548,05 M |
456,71 M |
1988 |
16.488,54 M |
1.374,05 M |
(2.252,67 + 10.992,40 =) 13.245,07 M |
1.059,61 M |
883,01 M |
1989 |
20.285,97 M |
1.690,50 M |
(5.496,20 + 13.524,00 =) 19.020,20 M |
1.521,62 M |
1.268,02 M |
Die Gegenüberstellung der einerseits vom Sozialgericht Dresden mit Urteil vom 2. November 2021 ausgeurteilten und der andererseits zutreffenden Berechnungen ergibt demnach folgendes Bild:
Zuflussjahr |
Beträge gemäß SG |
zutreffende Beträge |
Ergebnis im Hinblick auf die Berufung der Beklagten |
1979 |
823,26 Mark |
823,21 Mark |
Erfolg in Höhe von 0,05 Mark |
1980 |
858,43 Mark |
858,43 Mark |
ohne Erfolg |
1981 |
903,27 Mark |
903,27 Mark |
ohne Erfolg |
1982 |
951,76 Mark |
951,77 Mark |
ohne Erfolg; keine Abänderung zugunsten des Klägers |
1983 |
929,58 Mark |
929,59 Mark |
ohne Erfolg; keine Abänderung zugunsten des Klägers |
1984 |
916,64 Mark |
612,72 Mark |
Erfolg in Höhe von 303,92 Mark |
1985 |
941,42 Mark |
474,77 Mark |
Erfolg in Höhe von 466,65 Mark |
1986 |
948,32 Mark |
472,71 Mark |
Erfolg in Höhe von 475,61 Mark |
1987 |
1.011,71 Mark |
456,71 Mark |
Erfolg in Höhe von 555,00 Mark |
1988 |
1.081,41 Mark |
883,01 Mark |
Erfolg in Höhe von 198,40 Mark |
1989 |
1.268,24 Mark |
1.268,02 Mark |
Erfolg in Höhe von 0,22 Mark |
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG. Sie berücksichtigt Anlass, Verlauf und Ergebnis des Verfahrens. Wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Kostengrundentscheidung war für alle Instanzen (einschließlich Widerspruchsverfahren) eine einheitliche Kostenquote zu bilden.
IV.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.