L 12 AS 18/22 NZB

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 41 AS 1325/20
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AS 18/22 NZB
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 07.12.2021 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe:

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen (SG) vom 07.12.2021 ist zulässig, aber unbegründet.

I. Das am 04.01.2022 beim LSG NRW eingegangene Schreiben der Klägerin vom 29.12.2021 ist dem Betreff des Schreibens („Antrag Berufung zuzulassen“) entsprechend als Nichtzulassungsbeschwerde auszulegen, gleichwohl die Klägerin sodann ausführt, sie lege Berufung ein und beantragt, das Urteil des SG aufzuheben. Meistbegünstigend ist bei der nicht anwaltlich vertretenen Klägerin davon auszugehen, dass sie, nach zutreffender Belehrung durch das SG, das zulässige Rechtsmittel einlegen wollte (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, vor § 143 Rn. 15a f.; zum Meistbegünstigungsprinzip: BSG Urteil vom 18.08.2005, B 7a/7 AL 66/04 R, Rn. 16, juris; Spellbrink in KassKomm, SGB I, 09/2021, § 2 Rn. 23; bei alleiniger Bezeichnung eines unstatthaften Rechtsmittels kommt hingegen i.d.R. auch bei nicht rechtskundig Vertretenen keine Umdeutung in Betracht: BSG Urteil vom 20.05.2003, B 1 KR 25/01 R, Rn. 18f., juris; BSG Beschluss vom 10.11.2011, B 8 SO 12/11 B, Rn. 7, juris sowie Senatsbeschluss vom 16.10.2017, L 12 AS 1045/17, Rn. 8, juris, nachgehend BSG Beschluss vom 28.12.2017, B 14 AS 94/17 BH, Rn. 4, juris). Statthaft ist vorliegend allein der Antrag auf Zulassung der Berufung (dazu II.). Der formulierte Berufungsantrag lässt sich entsprechend als „Fernziel“ nach der zuvor zitierten Zulassung der Berufung auffassen.

II. Die Beschwerde ist gemäß § 145 Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig. Nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 € nicht übersteigt und nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen sind (§ 144 Abs. 1 S. 2 SGG). Das ist hier der Fall, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 14,03 € beträgt und keine wiederkehrende oder laufende Leistung betroffen ist. Der Klageantrag der Klägerin richtete sich allein auf weitere Leistungen für Kosten der Unterkunft für den Monat Februar 2020 aufgrund in diesem Monat fälliger Grundbesitzabgaben i.H.v. 14,03 € für eine im Eigentum der Klägerin stehende Garage.

III. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Die Berufung ist nicht gemäß § 144 Abs. 2 SGG zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 144 Abs. 2 Nrn. 1-3 SGG erfüllt sind. Danach ist die Berufung nur zuzulassen, wenn

  1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
     
  2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG), des Bundessozialgerichts (BSG), des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht und auf dieser Abweichung beruht, oder

 

  1. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

 

Diese Voraussetzungen, mit denen der Gesetzgeber an § 160 Abs. 2 SGG, der die Zulassungsgründe für die Revision enthält, anknüpft (BT-Drs. 12/1217, S. 52), liegen nicht vor.

a) Eine grundsätzliche Bedeutung der Angelegenheit nach Nr. 1 der Vorschrift ist nicht zu erkennen. Eine solche wäre nur anzunehmen, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage abstrakter Natur aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern, wobei ein Individualinteresse nicht genügt (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 144 Rn. 28). Ist lediglich ein tatsächlicher, individueller Sachverhalt zu beurteilen, so fehlt es an einer grundsätzlichen Bedeutung (LSG NRW Beschluss vom 26.03.2010, L 6 B 110/09 AS NZB, Rn. 15, juris). Eine Rechtsfrage ist auch dann nicht klärungsbedürftig, wenn sie sich unmittelbar aus dem Gesetz beantworten lässt oder höchstrichterlich bereits entschieden ist (vgl. BSG Beschluss vom 15.05.1997, 9 BVg 6/97, Rn. 4, juris; LSG NRW Beschluss vom 07.10.2011, L 19 AS 937/11 NZB, Rn. 17, juris).

Nach diesen Maßstäben kommt der Sache, entgegen der Ansicht der Klägerin, keine grundsätzliche Bedeutung zu.

aa) Die zur Beurteilung des Rechtsstreites erheblichen Rechtsfragen, unter welchen Voraussetzungen die Kosten einer im Eigentum eines Hilfebedürftigen stehenden Garage als Bedarf der Kosten der Unterkunft im Sinne des § 22 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) zu berücksichtigen sind, sind höchstrichterlich hinreichend geklärt.

Gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II sind Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anzuerkennen, soweit sie angemessen sind. Maßgeblich sind die im jeweiligen Monat fällig werdenden Kosten. Soweit solche Kosten in einer Summe fällig werden, wie vorliegend die Grundsteuer für die Garage, sind sie tatsächlicher, aktueller Bedarf im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit und nicht – wie demgegenüber hinsichtlich der Beurteilung der Angemessenheit –  auf längere Zeiträume zu verteilen (BSG Urteil vom 22.08.2013, B 14 AS 78/12 R, Rn. 21, juris; BSG Urteil vom 29.11.2012, B 14 AS 36/12 R, Rn. 14, juris; BSG Urteil vom 22.08.2012, B 14 AS 1/12 R, Rn. 16, juris; Lauterbach in Gagel, SGB II/SGB III, 08/2021, § 22 SGB II Rn. 22).

Die Berücksichtigungsfähigkeit von, wie vorliegend, mit der Nutzung von Eigentum verbundenen Kosten ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG an den Kosten zu messen, die für Mietwohnungen dem Grunde und der Höhe nach angemessen sind, d.h. die Frage der Angemessenheit der Unterkunftskosten ist für Mieter und Haus- respektive Wohnungseigentümer nach einheitlichen Kriterien zu beantworten. Daraus, dass Eigentümer von Wohnraum zum Teil andere Kosten für die Unterkunft als Mieter haben, folgt weder eine Privilegierung des selbstgenutzten Wohneigentums gegenüber Mietern noch ist eine Benachteiligung gerechtfertigt (vgl. dazu BSG Urteil vom 15.04.2008, B 14/7b AS 34/06 R, Rn. 35f., juris; BSG Urteil vom 04.06.2014, B 14 AS 42/13 R, Rn. 16, juris; Lauterbach in Gagel, SGB II/SGB III, 08/2021, § 22 SGB II Rn. 36; Piepenstock in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Auflage 2020, § 22 Rn. 60).

Auch wenn zu den berücksichtigungsfähigen Kosten für Wohneigentum ohne Zweifel grds. Grundbesitzabgaben zählen (BSG Urteil vom 17.06.2010, B 14 AS 79/09 R, Rn. 12, juris; Piepenstock in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Auflage 2020, § 22 Rn. 60), unterliegt ihre Berücksichtigungsfähigkeit im Falle des Anfalles für eine Garage entsprechend den Kriterien, wie sie das BSG hinsichtlich der Übernahme von Mietkosten entwickelt hat. Jene sind im Falle einer „fehlenden Abtrennbarkeit“ übernahmefähig, soweit insgesamt die abstrakten Angemessenheitsgrenzen im Sinne des § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II nicht überschritten werden. Entscheidend ist i.S.e. „Alles-oder-nichts“, ob es dem Leistungsberechtigten möglich ist, seinen Wohnraumbedarf zu decken, ohne zugleich zur Zahlung von Kosten für die Garage/einen Stellplatz verpflichtet zu sein. Das ist dann nicht der Fall, wenn die Wohnung nicht ohne Garage/Stellplatz anmietbar ist und dieser auch nicht separat gekündigt werden kann (vgl. BSG Urteil vom 19.05.2021, B 14 AS 39/20 R, Rn. 13ff., juris; BSG Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 10/06 R, Rn. 28, juris; BSG Urteil vom 06.08.2014, B 4 AS 37/13 R, Rn. 21, juris; BSG Urteil vom 16.06.2015, B 4 AS 44/14 R, Rn. 35, juris). Übertragen auf die Situation des Wohnungs- oder Hauseigentümers ist danach unschwer ableitbar entscheidend, ob die Unterkunft ohne Garage/Stellplatz erwerbbar war oder separat veräußert werden kann. Die Übernahme der Kosten hängt im Rahmen der Angemessenheitsgrenzen dann nicht mehr davon ab, ob sich Hilfebedürftige bemüht haben, die Kosten zu senken. Hieraus ergibt sich, dass von Eigentümern keine Vermietung der Garage/des Stellplatzes als Maßnahme der Kostensenkung verlangt werden kann, weil die Obliegenheit der Leistungsberechtigten, Aufwendungen zu senken, an die Unangemessenheit der Kosten anknüpft (§ 22 Abs. 1 S. 3 SGB II; BSG Urteil vom 19.05.2021, B 14 AS 39/20 R, Rn. 20, juris). Bei einer Überschreitung der Angemessenheitsgrenzen bedarf es grds. einer Kostensenkungsaufforderung des Grundsicherungsträgers, bevor eine Berücksichtigung unterbleiben kann (BSG a.a.O. Rn. 19f., 22 juris).

bb) Ob diese Voraussetzungen hier vorlagen, ob also insbesondere durch die Vorlage des Auszuges aus einem einheitlichen notariellen Kaufvertrag für die Wohnung und die Garage eine fehlende Abtrennbarkeit hinreichend belegt ist, betrifft keine Rechtsfrage, sondern eine Tatsachenfrage des individuellen Sachverhaltes.

b) Auch der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG; zur inhaltlichen Parallelität zu § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG: Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 144 Rn. 30) ist nicht gegeben. Zwar weicht das SG von der Rechtsprechung des BSG ab (dazu aa), sein Urteil beruht aber auf dieser Divergenz nicht (dazu bb).

aa) (1) Die Zulassung der Berufung wegen Divergenz erfordert, dass das Sozialgericht seiner Entscheidung einen mit der Rechtsprechung der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG bezeichneten Gerichte nicht übereinstimmenden Rechtssatz zu Grunde legt, insoweit eine die Entscheidung tragende Rechtsansicht entwickelt und mit dieser im Ergebnis der abweichenden Rechtsprechung im Grundsätzlichen widerspricht (vgl. BVerfG Beschluss vom 02.01.1995, 1 BvR 320/94, Rn. 17, juris; BSG Beschluss vom 29.11.1989, 7 BAr 130/88, Rn. 2, juris; BSG Beschluss vom 07.10.2009, B 1 KR 15/09 B, Rn. 8, juris).

Es genügt zwar nicht, dass das anzufechtende Urteil nicht den Kriterien entspricht, die ein höherinstanzliches Gericht aufgestellt hat, etwa wenn das Sozialgericht einem aufgestellten Rechtssatz folgen will, diesen indes missversteht, ihn in seiner Tragweite verkennt oder sonst Vorgaben der obergerichtlichen Rechtsprechung im Einzelfall nicht übernimmt (BSG Beschluss vom 29.11.1989, 7 BAr 130/88, Rn. 7, juris; BSG  Beschluss vom 27.01.1999, B 4 RA 131/98 B, Rn. 10, juris). Erforderlich ist vielmehr, dass es die höherinstanzliche Rechtsprechung infrage stellt und ihr bewusst einen eigenen Rechtssatz entgegensetzt (BSG Beschluss vom 25.10.2019, B 9 SB 40/19 B, Rn. 8, juris; BSG Beschluss vom 24.07.2019, B 5 R 31/19 B, Rn. 51, juris; BSG Beschluss vom 16.02.2017, B 9 V 48/16 B, Rn. 23, juris; BSG Beschluss vom 04.08.2016, B 1 KR 29/16 B, Rn. 15, 17).

Auf das Bewusstsein des Sozialgerichts mit dem aufgestellten Rechtssatz von höhergerichtlicher Rechtsprechung abzuweichen, kommt es dabei aber nicht an (BSG Beschluss vom 16.12.1987, 6 BKa 30/87, Rn. 5, juris; BFH Urteil vom 27.11.1969, IV B 39/69, Rn. 7, juris; LSG NRW Beschluss vom 29.04.2021, L 19 AS 419/21 NZB, Rn. 27, juris; LSG NRW Beschluss vom 22.11.2018, L 19 AS 1478/18 NZB, Rn. 10, juris; LSG NRW Beschluss vom 12.04.2018, L 2 AS 9/18 NZB, Rn. 4, juris; Udsching in BeckOK, SozR, 12/2021, § 160 SGG Rn. 19; Hauck in Hennig, SGG, 08/2018, § 160 Rn. 135; Karmanski in BeckOGK, SGG, 11/2021, § 160 Rn. 52; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 160 Rn. 14a; Wehrhahn in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Auflage 2017, § 144 Rn. 35; Rudisile in Schoch/Schneider, VwGO, 07/2021, § 124 Rn. 44; a. A. Schreiber in Fichte/Jüttner, SGG, 3. Auflage 2020, § 144 Rn. 36).

Dafür spricht der Wortlaut des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG, der keine bewusste Abweichung fordert (BFH Urteil vom 27.11.1969, IV B 39/69, Rn. 7, juris, zu § 115 Abs. 2 Nr. 2 Finanzgerichtsordnung <FGO> in der bis zum 01.01.2001 gültigen Fassung, die §§ 144 Abs. 2 Nr. 2, 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG entsprach). Auch der Sinn und Zweck der Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung und damit der Rechtseinheit (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 160 Rn. 10a) streitet dafür, eine objektive Abweichung für ausreichend zu erachten. Entsprechend ist anerkannt, dass auch eine nachträgliche Abweichung von höhergerichtlicher Rechtsprechung, die erst innerhalb der Beschwerdefrist ergeht, zur Zulassungsnotwendigkeit eines Rechtsmittels führt; also in einer Konstellation, in der ein subjektives Element nicht vorliegen kann (BSG Beschluss vom 08.09.2015, B 1 KR 34/15 B, Rn. 4ff., juris; LSG Rheinland-Pfalz Beschluss vom 21.01.2019, L 5 KA 35/18 NZB, Rn. 17, juris; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 160 Rn. 14a).

(2) Vorliegend hat das SG die bereits dargelegten höchstrichterlichen Vorgaben zur Gleichbehandlung der Berücksichtigungsfähigkeit von Kosten der Unterkunft und Heizung bei Mietern und Wohneigentümern einerseits und die Rechtssätze zu den Voraussetzungen der Berücksichtigung von im Zusammenhang mit einer Mietwohnung stehenden Kosten für eine Garage andererseits (dazu a) nicht zur Anwendung gebracht. Der die Entscheidung (u.a.; vgl. bb) tragende Rechtssatz, dass Kosten für Stellplätze und Garagen grundsätzlich nicht unter die Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II fielen, da solche Einrichtungen nicht unmittelbar der Unterkunft von Menschen dienten, steht mit der aufgezeigten Rechtsprechung des BSG ebenso wenig in Einklang, wie der Verweis auf die Möglichkeit der Vermietung der Garage.

bb) Jedoch beruht das Urteil auf dieser Abweichung nicht i.S.d. § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG, für dessen Verständnis auch insoweit auf die Rechtsprechung und Literatur zu § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG zurückzugreifen ist (Littmann in Berchthold, SGG, 6. Auflage 2021, § 144 Rn. 17).

(1) Beruhen bedeutet Entscheidungserheblichkeit der Gestalt, dass es für die Entscheidung des Rechtsstreits auf die Klärung der voneinander abweichenden Rechtssätze ankommt und die Entscheidung bei Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Beschwerdeführers in seinem Sinne hätte ausfallen müssen (BSG Beschluss vom 04.01.2022, B 1 KR 19/21 B, Rn. 12, juris m.w.N.). An der Entscheidungserheblichkeit mangelt es zum Beispiel, wenn die Entscheidung des Sozialgerichtes auf verschiedene Begründungen gestützt wird, die nicht alle von der divergierenden Rechtsfrage betroffen sind (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 160 Rn. 15f.; Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Auflage 2017, § 160 Rn. 140f.; Littmann in Berchthold, SGG, 6. Auflage 2021, § 144 Rn. 17). Für das „Beruhen“ reicht die Möglichkeit einer Abweichung nicht aus. Denn anders als bei einem Verfahrensmangel (§ 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG, § 160 Abs. 2 Nr. 3 SGG) ist gerade nicht hinreichend, dass das Urteil auf einer Divergenz „beruhen kann“. Insofern ist die Abweichung auf der Grundlage der Feststellungen der Vorinstanz zu beurteilen. Es genügt also nicht, dass sich die Abweichung erst aufgrund weiterer Feststellungen ergeben könnte (BSG Beschluss vom 19.01.1981, 7 BAr 69/80, Rn. 3, juris; Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Auflage 2017, § 160 Rn. 142; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 160 Rn. 15b). Insofern läge lediglich ein Fall der mangelhaften Rechtsanwendung vor, der für eine Zulassung der Berufung wegen Divergenz gerade nicht ausreicht (dazu b, aa).

(2) Das SG hat seine Entscheidung auf den ebenfalls auch allein tragenden weiteren Rechtssatz gestützt, dass berücksichtigungsfähige Kosten für die Unterkunft bei selbstgenutzten Hausgrundstücken auch solche (einmaligen) Aufwendungen seien, die als Lasten tatsächlich und untrennbar mit der Nutzung des Hausgrundstückes verbunden seien. Diese „Untrennbarkeit“ versteht das SG in vergleichbarer Weise, wie das BSG die „fehlende Abtrennbarkeit“ in Bezug auf Kosten für eine Garage (BSG Urteil vom 19.05.2021, B 14 AS 39/20 R, Rn. 16, juris; dazu a, aa), soweit es sie aufgrund der Möglichkeit verneint, dass die Garage verkauft werden könne. Dass es weiterer Aufklärung bedürfte, ob die Garage tatsächlich ohne die Wohnung veräußert werden könnte ist, wie dargelegt, unerheblich.

c) Schließlich ist auch ein relevanter Verfahrensmangel weder geltend gemacht (§ 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG; zur Geltendmachung: Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 144 Rn. 36), noch ersichtlich. Dabei ist wiederrum zu verdeutlichen, dass ein Fehler, der den Inhalt der Entscheidung beträfe, keinen Verfahrensmangel darstellte, da ein solcher dem materiellen Recht zuzurechnen wäre (BSG Beschluss vom 25.04.2001, B 11 AL 27/01 B, juris Rn. 2; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 144 Rn. 34a, Beispiele zu relevanten Verfahrensmängeln Rn. 34). Die Ermittlung des Sachverhalts betreffende Mängel des Verfahrens (§ 103 SGG) können nur dann einen für die Zulassungsentscheidung beachtlichen Verfahrensmangel bilden, wenn sich das Sozialgericht von seiner Rechtsauffassung her hätte gedrängt fühlen müssen, (weitere) Ermittlungen anzustellen (Wehrhahn in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Auflage 2017, SGG, § 144 Rn. 41).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das BSG anfechtbar, § 177 SGG.

Mit der Ablehnung der Beschwerde wird das Urteil des Sozialgerichts rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 S. 4 SGG).

 

Rechtskraft
Aus
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