Zum Anordnungsanspruch auf Behandlungspflege nach § 37 Abs. 2 S. 1 SGB V im einstweiligen Rechtsschutz bei divergierenden Gutachten gemäß § 106 Abs. 3 Nr. 5 SGG.
I. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
II. Notwendige außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
G r ü n d e :
I.
Streitig ist, ob der Antragsteller im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes einen Anspruch auf häusliche Krankenpflege gemäß § 37 Abs. 2 SGB V im vertragsärztlich
verordneten Umfang von 24 Stunden pro Tag an sieben Tagen der Woche vom 1.1.2022 bis 31.12.2022 hat.
Der 1961 geborene, bei der Antragsgegnerin seit dem 1.8.2016 familienversicherte Antragsteller leidet an Tetraparese und Tetraplegie (G 82.52 GR; nicht näher bezeichnet: chronische komplette Querschnittslähmung) und Diabetes mellitus (ICD-Code E 11.90 Typ 2: ohne Komplikationen: Nicht als entgleist bezeichnet).
Nach einer Myokarditis mit Herz-TX und intraoperativem Apoplex im Jahr 2015 ist der Antragsteller tetraplegisch. Es persistieren neurologische Defizite: Tetraparese, Aphasie, Dysphagie. Es besteht Schwerstpflegebedürftigkeit (Pflegegrad 5) gemäß SGB XI.
Nach initialer Klinikbehandlung erfolgte die pflegerische Versorgung zunächst in einer stationären Pflegeeinrichtung und ab September 2018 durch die Ehefrau und 24-Stunden Betreuungskräften zu Hause.
Nachdem aufgrund des Beschlusses vom 26.2.2021 (AZ: S 29 KR 104/21 ER) - gemäß der vorgelegten ärztlichen Verordnung vom 22.12.2020 - die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zur Gewährung von häuslicher Krankenpflege bis zum 31.3.2021 in Form von Behandlungspflege im Umfang von 21 Stunden 39 Minuten täglich an 7 Tagen der Woche verpflichtet wurde, schaltete diese am 19.3.2021 erneut den medizinischen Dienst (MD) mit aktuellen Befunden ein und bat um Beurteilung der Frage, ob sich aktuell neue Erkenntnisse für die beantragte Leistung des Antragstellers ergeben.
Mit Gutachten nach Aktenlage vom 22.3.2021 kam der MD zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzung für eine außerklinische Intensivpflege im beantragten Umfang nicht vorlägen.
Nach Vorlage einer Folgeverordnung vom 23.3.2021 (für den Zeitraum 1.4.2021 bis 31.12.2021) erhob der Antragsteller mit Schreiben vom 30.3.2021 einen erneuten Antrag im einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht München auf Gewährung von häuslicher Krankenpflege in Form der Behandlungspflege im vertragsärztlich verordneten Rahmen. Mit Beschluss vom 29.4.2021 wurde die Antragsgegnerin verpflichtet, einstweilen bis zum 31.12.2021 (Ende des Verordnungszeitraums), längstens jedoch bis zum Eintritt der Rechtskraft einer Entscheidung in der Hauptsache, dem Antragsteller entsprechend der Verordnung vom 23.3.2021 Leistungen der häuslichen Krankenpflege in Form von Behandlungspflege im Umfang von 21 Stunden 39 Minuten täglich an sieben Tagen der Woche zu gewähren. Im Übrigen wurde der Eilantrag abgelehnt.
Mit Beweisanordnung vom 22.7.2021 wurde in den drei Hauptsacheverfahren S 29 KR 144/21, S 29 KR 473/21 sowie S 29 KR 865/21 H1. zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. In seinem Gutachten vom 10.8.2021 kam H1. zum Ergebnis, dass die Verordnung der häuslichen Krankenpflege in Form der 24-stündigen speziellen Krankenbeobachtung bei Antragsteller im gesamten Zeitraum vom 12.5.2020 bis 9.8.2021 (Zeitpunkt der Begutachtung) und voraussichtlich auch bis zum 31.12.2021 keine Gesundheitsstörungen vorlägen, welche eine dauerhafte Überwachung des Pflegebedürftigen erforderlich machen würden.
Mit Antrag vom 1.10.2021 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers den Sachverständigen H1. wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen und gemäß § 412 Abs. 2 ZPO die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anzuordnen, welcher mit Beschluss vom 19.11.2021 zurückgewiesen wurde.
Daraufhin hat der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers mit Schreiben vom 30.11.2021 Beschwerde gegen den Beschluss vom 19.11.2021 erhoben und gleichzeitig unter Vorlage einer Folgeverordnung der hausärztlichen Praxis L. (Blatt acht Gerichtsakte) vom 23.3.2021 für den Zeitraum vom 1.1.2022 bis 31.12.2022 einen Antrag im einstweiligen Rechtsschutz auf Gewährung von häuslicher Krankenpflege gemäß § 37 Abs. 2 SGB V gestellt. Zur unverzüglichen weiteren Versorgung des Antragstellers mit Leistung der häuslichen Krankenpflege hat er hilfsweise beantragt, als Zwischenregelung einen Hängebeschluss (Sicherung der Sicherungsmöglichkeit) zu erlassen.
Die Folgeverordnung vom 23.3.2021 umfasste folgende Maßnahmen der Behandlungspflege, die täglich auszuführen sind: Herrichten der Medikamentenbox, Medikamentengabe, das Anlegen und Ablegen der Beinorthese rechts und das Anlegen und Ablegen der Armprothese beidseits. Laut Verordnung sei für die Tetraplegie eine 24h-Pflege (Mobilisation 8-10 mal täglich, Nachtlagerung dreimal stündlich, spezielle Krankenbeobachtung laufend, Unterstützung bei Darm- und Blasenentleerung, Tag und Nacht, Hilfe beim täglichen Training am MotoMed und Stehständer) erforderlich. Zudem wurde die Notwendigkeit der Grundpflege (dreimal täglich an sieben Tagen der Woche) sowie hauswirtschaftliche Versorgung (einmal täglich an sieben Tagen der Woche) angegeben.
Die Voraussetzungen gemäß § 37 Abs. 2 Satz eins SGB V in Verbindung mit der Anlage zu häuslichen Krankenpflege-Richtlinie nach § 92 Abs. 1 Satz zwei Nummer 6 und Abs. 7 SGB V seien erfüllt. Aus dem Gesundheitszustand des Antragstellers ergebe sich deutlich, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit sofortige pflegerische/ärztliche Interventionen bei lebensbedrohlichen Situationen täglich erforderlich seien und die genauen Zeitpunkte sowie das genaue Ausmaß nicht im Voraus bestimmt werden könne. Daher sei die permanente Anwesenheit der Pflegekraft über den gesamten Versorgungszeitraum medizinisch notwendig.
Dies ergebe sich zum einen aus den ärztlichen Attesten von L. vom 26.6.2020 und 26.8.2020 sowie aus dem fachinternistischen Gutachten von M1. vom 22.2.2021 (eingeholt durch das Gericht in den Verfahren S 29 KR 104/21 ER sowie S 29 KR 144/21).
Ein Anordnungsgrund liege ebenfalls vor, da dem Antragsteller schwere und unzumutbare Nachteile drohen. Der Antragsteller sei auf die Versorgung mit häuslicher Krankenpflege im vertragsärztlich verordneten Umfang zwingend angewiesen. Er könne die monatlichen Kosten der häuslichen Krankenpflege bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens auch nicht selbst bezahlen, sodass ein Abbruch der Pflege in der bisherigen Form drohe.
Schließlich sei die sozialmedizinische Stellungnahme des MD Bayern vom 22.3.2021 nach Aktenlage nicht geeignet, die Richtigkeit bzw. medizinische Notwendigkeit der verordneten häuslichen Krankenpflege in Zweifel zu ziehen, denn es handele sich nicht um ein medizinisches Gutachten im Sinne von § 275 Abs. 1 SGB V, dass sich durch eine wissenschaftlich-methodische Untersuchung und Bewertung ärztlicher Befunde auszeichnete, sondern um eine Stellungnahme, der angesichts ihres Inhalts im konkreten Fall keinerlei Glaubhaftmachungswert zukomme. Die dortigen Ausführungen beruhten -anders als die Verordnung häuslicher Krankenpflege der behandelnden Ärzte - nicht auf einer persönlichen Befragung und eingehenden Untersuchung des Antragstellers.
Schließlich könne nach Aussage des S. die Versorgung des Antragstellers mit häuslicher Krankenpflege über den 31.12.2021 hinaus nur dann erfolgen, wenn die Kostenübernahme bis zum 15.12.2021 geklärt sei, da die Dienstpläne am 15.12.2021 für die Zeit ab dem 1.1.2022 geschrieben würden und der ambulante Pflegedienst wirtschaftlich nicht in der Lage sei, weiter in Vorleistung zu gehen.
Der Antragsteller beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller ab dem 1.1.2022 bis zum 31.12.2022 häusliche Krankenpflege gemäß § 37 Abs. 2 SGB V im vertragsärztlich verordneten Umfang zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß, den Antrag abzulehnen.
Sie hat angegeben, dass die vorgelegte Folgeverordnung vom 23.3.2021, welche durch den Pflegedienst "S." am 23.11.2021 unterschrieben worden sei, der Antragsgegnerin bisher nicht vorgelegen habe. Sie werde den MD nun schnellstmöglich mit einer Begutachtung beauftragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Gerichtsakten aus S 29 KR 104/21 ER, S 29 KR 470/21 ER, S 29 KR 144/21, S 29 KR 473/21 und S 29 KR 865/21 Bezug genommen.
II.
Der Eilantrag ist zulässig, aber unbegründet.
Der Antrag bleibt ohne Erfolg, da die Voraussetzungen nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht vorliegen. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund wurden vorliegend nicht glaubhaft gemacht.
1.
Das Sozialgericht München war zur Entscheidung in dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes als das Gericht der Hauptsache sachlich und örtlich zuständig (§ 86b Sozialgerichtsgesetz - SGG - in Verbindung mit §§ 8 und 57 SGG). Der Antragsteller ist antragsbefugt. In Bezug auf das Vorliegen des Rechtsschutzbedürfnisses dürfte angemerkt werden, dass der Antragsteller zuerst einen Antrag mit der Folgeverordnung für den Zeitraum vom 1.1.2022 bis 31.12.2022 beim Antragsgegner hätte stellen müssen. Ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf einstweilige Anordnung besteht idR nur, wenn sich der Antragsteller zuvor an die Verwaltung gewandt, dort einen Antrag auf die Leistung gestellt und die normale Bearbeitungszeit abgewartet hatte (ganz hM siehe MKLS/Keller, 13. Aufl. 2020, SGG § 86b Rn. 26b; ebenso zB LSG LSA 7.2.2018 - L 2 AS 316/17 B; LSG Bln-Bbg 9.4.2018 - L 23 AY 6/18 B ER; LSG BW 24.6.2019 - L 7 AS 1916/19 ER-B; Wündrich SGb 2009, 267 (268); Burkiczak in jurisPK-SGG Rn. 309; abw. Hölzer info also 2010, 99 (102)); dies ist verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BVerfG 14.3.2018 - 1 BvR 300/18 Rn. 10 ff. mAnm Harks jurisPR-SozR 12/2018 Anm. 3 u. Scheffczyk NZS 2018, 464). Ausnahmsweise kann aber bereits ohne förmlichen Antrag auf die Leistung ein Rechtsschutzbedürfnis bestehen, wenn die Sache sehr eilig ist und der Antragsteller aus besonderen Gründen mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen kann, bei der Verwaltung kein Gehör zu finden (MKLS/Keller, 13. Aufl. 2020, SGG § 86b Rn. 26b mit Verweis auf LSG NRW 17.9.2014 - L 12 AS 990/14 B ER; LSG BW 9.9.2015 - L 1 AS 3579/15 B). Zwar stellt sich schon die Frage, weshalb die Folgeverordnung (datiert vom 23.3.2021) erst am 23.11.2021 vom Pflegedienst gegengezeichnet wurde und nicht vorher ein Antrag bei der Antragsgegnerin eingegangen ist. Vorliegend ist aufgrund der bereits ergangenen Ablehnung der Antragsgegnerin bzgl. der vorhergehenden Zeiträume und der laufenden Hauptsachverfahren jedoch zugunsten des Antragstellers anzunehmen, dass er bei der Antragsgegnerin kein Gehör gefunden hätte. Nachdem die Folgeversorgung in Unsicherheit steht, geht das Gericht zugunsten des Antragstellers vom Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses aus.
2.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist Voraussetzung, dass ein dem Antragsteller zustehendes Recht oder rechtlich geschütztes Interesse vorliegen muss (Anordnungsanspruch), das ohne Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes vereitelt oder wesentlich erschwert würde, so dass dem Antragsteller schwere, unzumutbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Anordnungsgrund). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund müssen glaubhaft gemacht sein (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO)). Glaubhaftmachung liegt vor, wenn das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrunds überwiegend wahrscheinlich sind. Dabei dürfen sich die Gerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren (Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschl. v. 13. April 2010 - 1 BvR 216/07 - juris, Rn. 64; BVerfG, Beschl. v. 6. August 2014 - 1 BvR 1453/12 - juris, Rn. 9).
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen nicht isoliert nebeneinander; es besteht vielmehr eine Wechselbeziehung der Art, dass die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt (Bayerisches Landessozialgericht, Beschl. v. 26.4.2021 - L 20 KR 45/21 B ER - juris, Rn. 30; LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 30.1.2017 - L 4 R 4622/16 ER-B; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 15.11.2013 - L 15 AS 365/13 B ER - juris, Rn. 18). Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund. In der Regel ist dann dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung stattzugeben, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann (LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 13.5.2020 - L 4 KR 1252/20 ER-B - juris, Rn. 19). Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, ist idR eine Entscheidung aufgrund einer Folgenabwägung möglich, wenn ansonsten mit schweren und unzumutbaren gesundheitlichen Nachteilen zu rechnen ist und der Betroffene nicht in der Lage ist, die Kosten der Behandlung vorläufig selbst zu tragen (MKLS/Keller, 13. Aufl. 2020, SGG § 86b Rn. 33a mit Verweis auf LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 22.3.2013 - L 9 KR 62/13 B ER). Die einstweilige Anordnung dient lediglich der Sicherung von Rechten des Antragstellers, nicht aber ihrer Befriedigung. Sie darf deshalb grundsätzlich nicht die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmen, weil sonst die Erfordernisse, die bei einem Hauptsacheverfahren zu beachten sind, umgangen würden. Wegen des Gebots der Gewährung effektiven Rechtsschutzes (vgl. Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG)) ist vom Grundsatz des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache aber eine Abweichung dann geboten, wenn ohne die begehrte Anordnung schwere und unzumutbare, später möglicherweise nicht wieder gut zu machende Nachteile entstünden, zu deren Beseitigung eine nachfolgende Entscheidung nicht mehr in der Lage wäre (vgl. BVerfG, (Kammer-)Beschlüsse vom 08.07.2020 - 1 BvR 932/20; vom 14.3.2019 - 1 BvR 169/19; vom 25.10.1988 - 2 BvR 745/88). Im Hinblick darauf, dass einstweilige Anordnungen den Zweck verfolgen, zu verhindern, dass Rechte des Betroffenen durch Zeitablauf vereitelt werden, ist eine Anordnung mit Rücksicht auf die eintretenden wesentlichen Nachteile nur dann erforderlich, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls für den Antragsteller unzumutbar ist, ihn auf eine Entscheidung in einem Hauptsachverfahren zu verweisen.
3.
a.)
Ein Anordnungsanspruch wurde vorliegend nicht glaubhaft gemacht und ist auch sonst nicht ersichtlich. Die Voraussetzungen eines Anspruchs auf häusliche Krankenpflege gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) liegen nicht vor. Danach erhalten Versicherte in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. Der krankenversicherungsrechtliche Anspruch auf häusliche Krankenpflege in Form der Behandlungssicherungspflege besteht neben dem Anspruch auf Leistungen bei häuslicher Pflege aus der sozialen Pflegeversicherung. Zur Behandlungssicherungspflege gehören alle Pflegemaßnahmen, die nur durch eine bestimmte Krankheit verursacht werden, speziell auf den Krankheitszustand des Versicherten ausgerichtet sind und dazu beitragen, die Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu verhindern oder zu lindern, wobei diese Maßnahmen typischerweise nicht von einem Arzt, sondern von Vertretern medizinischer Hilfsberufe oder auch von Laien erbracht werden (krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen). Die Hilfeleistungen umfassen Maßnahmen verschiedenster Art wie z. B. Injektionen, Verbandwechsel, Katheterisierung, Einläufe, Spülungen, Einreibungen, Dekubitusversorgung, Krisenintervention, Feststellung und Beobachtung des jeweiligen Krankenstandes und der Krankheitsentwicklung, die Sicherung notwendiger Arztbesuche, die Medikamentengabe sowie die Kontrolle der Wirkungen und Nebenwirkungen von Medikamenten (BSG, Urteil vom 10.11.2005 - B 3 KR 38/04 R, juris, m. w. N.; KassKomm/Nolte, 115. EL Juli 2021, SGB V
§ 37 Rn. 23b). Die ständige Beobachtung eines Patienten, um jederzeit medizinisch-pflegerisch eingreifen zu können, wenn es zu Verschlechterungen der Atmungsfunktion und zu Krampfanfällen kommt, ist eine behandlungspflegerische Maßnahme (BSG, Urteil vom 10.11.2005, a.a.O.). Sowohl die Kriseninterventionen, als auch die Beobachtung eines Versicherten - ggfs. "rund um die Uhr" - durch eine medizinische Fachkraft werden grundsätzlich von dem Anspruch auf Behandlungssicherungspflege erfasst, wenn die medizinische Fachkraft wegen der Gefahr von ggfs. lebensgefährdenden Komplikationen jederzeit einsatzbereit sein muss (vgl. BSG, Urteil vom 10.11.2005, a.a.O., Rn. 14ff. - juris).
Der Begriff der Behandlungspflege darf nicht auf die aus der Krankenbeobachtung resultierenden konkreten situationsangemessenen Einzelmaßnahmen, wie z.B.
Blutzuckermessungen und Medikamentengabe, reduziert werden.
Die häusliche Krankenpflege lässt sich nicht in die jeweils gebotenen Pflegemaßnahmen, für die sie eintreten will, und in die Beobachtungszeit aufteilen, für die die Antragsgegnerin eine Leistungspflicht ablehnt. (LSG NRW, Beschluss vom 30.08.2007, Az. L 16 B 43/07 KR ER, juris). Zwar lässt es das BSG in der o. g. Entscheidung dahinstehen, unter welchen Umständen eine allgemeine Krankenbeobachtung eine Leistung der häuslichen Krankenpflege sein kann, wenn ärztliche oder pflegerische Maßnahmen zur Abwendung von Krankheitsverschlimmerungen eventuell erforderlich, aber konkret nicht voraussehbar sind. Ein nach Maßgabe des Gesetzesrechts in § 37 Abs. 2 SGB V bestehender Leistungsanspruch kann allerdings durch möglicherweise entgegenstehendes Richtlinienrecht nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. Bei den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 SGB V (hier: die HKP-Richtlinie) handelt es sich zwar um untergesetzliche Normen, die grundsätzlich auch innerhalb des Leistungsrechts zu beachten sind.
Sie verstoßen aber gegen höherrangiges Recht, soweit sie einen Ausschluss der im Einzelfall gebotenen Krankenbeobachtung aus dem Katalog der verordnungsfähigen Leistungen enthalten. Ebenso wenig wie der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) ermächtigt ist, den Begriff der Krankheit in § 27 Abs. 1 SGB V hinsichtlich seines Inhalts und seiner Grenzen zu bestimmen, ist er befugt, medizinisch notwendige Maßnahmen von der häuslichen Krankenpflege auszunehmen. Die HKP-Richtlinie bindet die Gerichte insoweit nicht (vgl. BSG, Urteil vom 10.11.2005, a.a.O., juris-Rn. 19).
Vorliegend sprechen überwiegende Anhaltspunkte dafür, dass jederzeitige pflegerische Interventionen beim Antragssteller nicht erforderlich sind. In Anwendung der vorstehenden Grundsätze erachtet es das Gericht daher als überwiegend wahrscheinlich, dass der Antragsteller gegen die Antragsgegnerin keinen Anspruch auf häusliche Krankenpflege hat.
Es kann zwar zum einen dahinstehen, ob die von dem Antragsteller beantragte häusliche Krankenpflege als allgemeine oder spezielle Krankenbeobachtung zu werten ist, da nach den obigen Ausführungen jedenfalls die Regelungen der HKP-Richtlinie dem Anspruch des Antragstellers nicht entgegengehalten werden können. Maßgebend ist vielmehr, ob die ständige Beobachtung der gesundheitlichen Situation des Antragstellers, durch eine medizinisch geschulte Person wegen der Gefahr von ggfs. lebensgefährdenden Komplikationen und die hierdurch erforderliche Möglichkeit der jederzeitigen Intervention erfolgen muss. Dass diese Voraussetzungen im Falle des Antragstellers mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht erfüllt sind, ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus dem Gutachten des MD Bayern v. 22.10.2020 und der sozialmedizinischen Stellungnahme vom 22.3.2021 sowie dem sozialmedizinischen Gutachten des H. vom 10.8.2021.
Das Gutachten des H. vom 10.8.2021 kann indes auch trotz der Beschwerde des Antragstellers gegen den ablehnenden Beschluss des Gerichts gegen die Befangenheit des Gutachters H. vom 19.11.2021 durch die erkennende Kammer herangezogen werden, da die Beschwerde des Antragstellers wegen § 172 Abs. 2 SGG bereits unzulässig ist (MKLS/Keller, 13. Aufl. 2020, SGG § 118 Rn. 12o).
Der Sachverständige H. gibt in seinem Gutachten vom 10.8.2021 dezidiert an, dass die von der Ehefrau des Klägers geschilderte Krampfbereitschaft und das Schreien des Antragstellers dann auftrete, wenn dieser Stress habe und wenn man ihm Schmerzen zufüge, so zum Beispiel in den Rollstuhl mehrfach fallen lässt. Dann finge der Antragsteller an zu brüllen und verkrampfe sich; hierbei besteht die Gefahr, dass er aus dem Rollstuhl herausrutsche. Die Dauer der Schrei- bzw. Krampfanfälle wurde durch die Ehefrau mit 1-3 Minuten angegeben. Das Schreien sei unartikuliert, eine Bewusstlosigkeit trete nicht auf. Sie befürchte allerdings, dass der Antragsteller sich hierbei verletzen könnte, wenn er die Arme und den Kopf wegstreckt. Die Pflegeperson würde dann beruhigend auf den Antragsteller einwirken. Er bekam seit Juni 2020 bisher ca. drei bis viermal das Medikament Tavor (Diazepam) bei derartigen Schreiattacken verabreicht. Die Frequenz des Schreiens und Verkrampfens könne nicht genau angegeben werden, geschätzt wird einmal pro Woche. Im Hinblick auf das Verschlucken des Antragstellers gibt die Ehefrau an, dass dies vor allem bei Flüssigkeitsaufnahme, gelegentlich aber auch bei fester Nahrung auftrete. Hinsichtlich der Frequenz des Verschluckens könnten keine dezidierten Angaben gemacht werden. Ein Absauggerät steht nicht zur Verfügung. Frau G1. berichtete, dass der Antragsteller eigentlich gut Abhusten könne, es liege jedoch eine Steifigkeit des Brustkorbs nach der Herztransplantation vor. Ein Verschlucken trete nach ihren Angaben nicht täglich auf, aber mehrmals pro Woche in unterschiedlicher Ausprägung. Die Pflegeperson beruhige ihn dann, klopfe am Rücken ab und nehme ihm das Getränk weg.
Bezüglich der Sturzgefahr wird dem gerichtlichen Sachverständigen bei seiner ambulanten Untersuchung vor Ort durch die Ehefrau des Antragstellers berichtet, dass beim Transfer manchmal die Gefahr bestehe, dass der Antragsteller sich nicht ausreichend mit den Beinen am Boden abstütze. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn eine weibliche Pflegerin den Transfer durchführe. Bei männlichen Pflegern trete die Gefahr weniger auf. Insbesondere bestehe Sturzgefahr dann, wenn mehrere kleine Tripelschritte gemacht werden müssten, um vom Rollstuhl ins Bett zu kommen.
Der derzeitig männliche Pfleger achte jedoch darauf, dass nur wenige Schritte gemacht werden und möglichst eine Drehung beim Transfer vom Rollstuhl auf Sofa oder den Toilettenstuhl ausreiche. Zur Anzahl tatsächlicher Stürze könne keine Angaben gemacht werden.
Nach eigener Untersuchung gibt der Sachverständige an, dass der Antragsteller den Aktivrollstuhl nicht aus eigener Kraft antreiben könne. Beim Transfer könne er aber beide Beine am Boden abstützen und so etwas mithelfen. Er müsse jedoch mit massiven persönlichem Einsatz gestützt werden das freie sitzen gelinge dem Antragsteller bei Rumpfinstabilität nicht. Das linke Bein im Kniegelenk könne er durch Strecken und bis über 90° aktiv beugen. Das Heben des Vorfußes links und das Senken gelingen dem Antragsteller, hierbei trete ein grobschläger Tremor im linken Bein auf (als Zeichen einer Spastik).
Das rechte Bein könne im Kniegelenk aktiv nur angedeutet gestreckt und gebeugt werden, der rechte Vorfuß könne nicht aktiv bewegt werden. Das Strecken in den
Hüftgelenken gelänge beim Stehen beidseits vollständig. Die linke Hand könne zum Mund geführt werden. Zudem könne die linke Hand gegen die Spastik und die Fehlstellung geschlossen werden und etwa hälftig geöffnet werden. Die rechte Hand zeige eine Beugekontrakture im Handgelenk und im Ellbogengelenk. Eine aktive Beweglichkeit der rechten Hand und des rechten Armes seien nicht möglich. Kognitive höhergradige Funktionsbeeinträchtigungen konnte der Gutachter nicht feststellen (Seite 16 des Gutachtens). Eine Stuhl- oder Harninkontinenz besteht nicht. Eine ulcera cruris liegt nicht vor. Gelegentlich trete ein Verschlucken auf.
Des Gerichts schließt sich den nachvollziehbaren und plausiblen Ausführungen des H. an. Gesundheitsstörungen, die eine dauerhafte Überwachung durch eine qualifizierte Pflegeperson erforderlich machen würden, liegen beim Antragsteller nicht vor. Lebensbedrohliche Situationen ergeben sich daraus nicht. Ein gelegentliches Verschlucken bei der Aufnahme von Flüssigkeit und fester Nahrung tritt vorhersehbar auf. Aspirationen mit Interventionsbedarf durch Absaugen sind bisher nicht erforderlich gewesen. Es ist kein Absauggerät vorhanden und ein solches auch nicht notwendig. Ein ständiger Speichelfluss aus dem Mund als Zeichen einer manifesten Schluckstörung und von der Nahrungsaufnahme unabhängiger Aspiration findet beim Antragsteller nach Angaben des Gutachters H., die die erkennende Kammer für nachvollziehbar und plausibel erachtet, nicht statt. Es besteht auch keine Ateminsuffizienz mit der Notwendigkeit einer Beatmung. Die notwendig werdenden Pflegetätigkeiten müssen nicht sofort und unmittelbar verrichtet werden, um das Leben des Antragstellers nicht zu gefährden. Der Antragsteller kann sich mit Lauten und einer Glocke gut bemerkbar machen; ist in der Lage, bedarfsweise und sinnvoll Hilfe anzufordern. Eine ständige Überwachung und Kontrolle des Pflegebedürftigen durch qualifiziertes Pflegepersonal ist nicht erforderlich, da alle Tätigkeiten im Tagesablauf (selbst die geschilderten besonderen Vorkommnisse für Schreianfälle und Verschlucken) von geschultem bzw. ungeschulte Pflegekräften erbracht werden können. Dies bestätigt sich auch dadurch, dass die Ehefrau des Klägers mithilfe von Pflegekräften aus dem Osten bis Mai 2020 selbst die Pflege des Antragstellers übernommen hat. Hilfestellung beim Abhusten durch Beklopfen des Rückens, das Verabreichen von Hustenbonbons, eine Transferhilfe mit einem Lift und das Beruhigen bei psychogenen Erregungszuständen können nach Ansicht des gerichtlichen Sachverständigen, dem sich das Gericht anschließt, durch reguläre Pflegekräfte erbracht werden. Eine unmittelbare Lebensgefahr kann beim Antragsteller nicht erkannt werden. Schließlich ist eine Beobachtung und Kontrolle der Vitalfunktionen wegen realistischer Erwartung von lebensbedrohlichen Situationen weder in der Vergangenheit, noch in der Zukunft (unter Zugrundelegung des derzeitigen Gesundheitszustands) erforderlich.
Die seitens der Ehefrau beschriebene Krampf- und Schreianfälligkeit des Antragstellers beruht vornehmlich auf psychische Aufregung und kann nach eigenen Angaben der Ehefrau des Antragstellers durch den Einsatz richtigen Pflegepersonals (männliche Pflegeperson) eingeschränkt bzw. minimiert werden.
Dies wird auch durch die sozialmedizinische Stellungnahme des MD vom 20.3.2021 bestätigt. Eine rezidivierende Bewusstlosigkeit des Antragstellers ist nicht aktenkundig (lediglich einmalige vasovagale Synkope im Jahr 2019). Er kann über die natürlichen Atemwege spontan atmen, eine Ventilationstherapie (Beatmung) oder zusätzliche Sauerstoffgabe ist nicht erforderlich. Kardiopulmonal ist der Antragsteller stabil, Notfälle sind daher nicht zu erwarten. Auch liegt eine höhergradige Dysphagie nicht vor.
Die Nahrungsaufnahme erfolgt vollständig oral, der Antragsteller kann die Nahrung, die Medikamente, Flüssigkeit und Speicher selbstständig ab schlucken. Die Versorgung mittels einer geblockten Trachealkanüle und einer PEG-Sonde ist nicht erforderlich.
Ein Pulsoximeter, ein Absauggerät, ein Sauerstoffkonzentrator oder ein Beatmungsbeutel werden nicht genutzt. Nach den nachvollziehbaren und plausiblen Ausführungen des Dr. H1. sowie des MD Bayern und unter Zugrundelegung der vorgelegten Pflegedokumentation ist das Gericht der Auffassung, dass der Patient selbst Abhusten kann und die Notwendigkeit einer manuellen oder mechanischen Hustenhilfe nicht erforderlich ist.
Die Diagnose Epilepsie wurde nicht gestellt. Diese ist auch im neurologischen Klinikbericht von Juli 2019 nicht aufgeführt. Das dort durchgeführte EEG zeigte keine Herdstörung und keine zerebrale Anfallsbereitschaft. Eine antiepileptische Therapie wird nicht durchgeführt. Auch wurden epileptische Krampfanfälle in der vorliegenden Pflegedokumentation nicht beschrieben, was auch im internistischen Gutachten des M1. vom 20.2.2021 bestätigt wird. Im Übrigen führt das Ergebnis des Gutachtens des M1. vom 20.2.2021 aus Sicht des Gerichts zu keinem anderen Ergebnis. Zum einen stellt der Gutachter M1.fest, dass bei seiner ambulanten Untersuchung am 20.2.2021 der Antragsteller normal artikulieren konnte. Er sei örtlich und zeitlich ausreichend orientiert gewesen. Die vegetative Problematik sei soweit unauffällig, der Antragsteller könne sich hinsichtlich des Stuhl- und Harndrang artikulieren und werde entsprechend pflegerisch versorgt der Schlaf sei zum Teil unruhig, gelegentlich könne er aber auch durchschlafen. M1. gibt auf Seite 7 seines Gutachtens selbst an, dass den vorliegenden Unterlagen keine Notfalldokumentation entnommen werden könne, entsprechende Krampfereignisse seien daher nicht eindeutig dokumentiert. Er gibt an, dass der Antragsteller nicht tracheotomiert und nicht beatmungspflichtig sei. Darüber hinaus bestünden aus seiner Sicht aber derart umfassende Beeinträchtigung der Körperfunktionen, dass der Kläger ganz sicher nicht alleingelassen werden könne. Welche konkreten Beeinträchtigungen der Körperfunktionen das seien, konnte dem Gutachten nicht entnommen werden. Vielmehr ist das Gericht der Auffassung, dass der Antragsteller höchst pflegebedürftig ist, was sich durch die Einstufung in Pflegegrad 5 auch widerspiegelt.
In der Gesamtschau der vorliegenden o.g. gutachterlichen Stellungnahmen und Gutachten sowie der Tatsache, dass der Antragsteller bis September 2018 mit den
bekannten gleichen Funktionsbeeinträchtigungen in einer herkömmlichen stationären Pflegeeinrichtung versorgt werden konnte und auch eine intensivmedizinische Betreuung auch während des Krankenhausaufenthaltes im Juli 2019 nicht erforderlich war, ist das Gericht der Auffassung, dass ein Anordnungsanspruch vorliegend nicht besteht.
Eine wesentliche Änderung der pflegerelevanten Verhältnisse bzw. der Gesundheitsstörungen des Antragstellers seit dem Begutachtungszeitpunkt durch den gerichtlichen Sachverständigen am 10.8.2021 wurde nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich.
b.)
Schließlich wurde das Vorliegen eines Anordnungsgrundes ebenfalls nicht glaubhaft gemacht und ist auch sonst nicht ersichtlich. Zwar wurde vorgetragen, dass der Antragsteller auf die Versorgung mit häuslicher Krankenpflege im vertragsärztlich verordneten Umfang zwingend angewiesen sei und er die monatlichen Kosten bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens auch nicht selbst bezahlen könne, sodass ein Abbruch der Pflege in der bisherigen Form drohe. Dieser Vortrag wurde durch den anwaltlich vertretenen Antragsteller jedoch weder durch die Vorlage von Kontoauszügen oder anderen Bankauskünften des Antragstellers noch durch eine eidesstattliche Versicherung der Ehefrau des Antragstellers o.ä. glaubhaft gemacht. Die im Verfahren S 29 KR 104/21 ER als Anlage AS 5 vorgebrachte Bestätigung der Ehefrau des Antragstellers, dass eine Kostenschuld von über 150.000 € bestehe und ihr Teilzeit-Einkommen zur Deckung nicht ausreiche sowie die Ausschöpfung der Rücklagen des Antragstellers (Wertpapiere, Bausparvertrag, Renten- und Lebensversicherungen) vom 1.2.2021 reicht nicht zur Glaubhaftmachung der Eilbedürftigkeit im vorliegenden Eilverfahren aus, da zum einen in der Zwischenzeit die Abwicklung der Eventfirma des Antragstellers vollzogen worden sein müsste und auch im Übrigen sich die finanzielle Situation des Antragstellers in zehn Monaten geändert haben kann. Die Unfähigkeit des Antragstellers die Pflegekosten selbst zu tragen - zumindest bis zur Entscheidung in der Hauptsache - wurden im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht glaubhaft gemacht.
4.
Im Übrigen war der Antrag im Umfang von 141 Minuten pro Tag auch deshalb abzulehnen, da der Antragsteller pflegebedürftig nach Pflegegrad 5 ist. Gemäß Ziffer 6 der Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes zur Kostenabgrenzung zwischen Kranken- und Pflegeversicherung bei Pflegebedürftigen, die einen besonders hohen Bedarf an behandlungspflegerischen Leis-tungen haben (Kostenabgrenzung-Richtlinien) nach § 17 Abs. 1b SGB XI vom 16.12.2016, sind die dort genannten pauschalen Minutenwerte bei gleichzeitiger Erbringung von medi-zinischer Behandlungspflege nach § 37 Abs. 2 SGB V und körperbezogenen Pflegemaß-nahmen im Sinne von § 36 SGB XI durch dieselbe Pflegekraft vom Zeitaufwand, den die gesetzliche Krankenversicherung zu tragen hat, in Abzug zu bringen (KassKomm/Nolte, 115. EL Juli 2021, SGB V § 37 Rn. 23n). Für den Pflegegrad 5 werden pauschal 141 Minuten angesetzt, die von der Pflegeversicherung zu tragen sind. Somit war dem Antragsteller Behandlungspflege im Umfang von 21 Stunden und 39 Minuten täglich an 7 Tagen die Woche zuzusprechen.
5.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.