1. Das Rechtsschutzbedürfnis für eine vom Leistungsträger eingelegte Beschwerde gegen eine ihn verpflichtende Regelungsanordnung fehlt oder entfällt, wenn er durch einen (insofern) vorbehaltlosen Bewilligungsbescheid einen eigenständigen Rechtsgrund für die streitige Leistung schafft und also auch bei einem Erfolg im Beschwerdeverfahren zur Leistung verpflichtet bliebe.
2. § 67 Abs. 3 SGB II findet nicht nur auf Neu-, sondern auch auf Fortzahlungsanträge Anwendung. Zudem ist er mit Blick auf Wortlaut und Zweck der Regelung auch wegen der Aufwendungen für eine während des Leistungsbezugs neu angemietete Wohnung anwendbar, wenn ein Umzug während der durch die Corona-Pandemie geprägten Zeit und der dadurch eingeschränkten Möglichkeiten zur Suche und zur Besichtigung einer neuen Wohnung notwendig wird.
I. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Kassel vom 7. Dezember 2021 wird als unzulässig verworfen.
II. Der Antragsgegner hat den Antragstellern die zur Rechtsverfolgung notwendigen Kosten auch für das Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Den Antragstellern wird Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren ohne Pflicht zur Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt F., B-Stadt, zu den Bedingungen eines im Gerichtsbezirk ansässigen Rechtsanwalts bewilligt.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes um die Übernahme der Bedarfe für Unterkunft und Heizung in ihrer tatsächlichen Höhe bei der Bemessung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II).
Die 1980 geborene Antragstellerin zu 1., ihr 1973 geborener Ehemann und die Kinder beider, die Antragsteller 2. bis 5., geboren 2004, 2008, 2010 beziehungsweise 2016, leben in einem gemeinsamen Haushalt. Der Ehemann beziehungsweise Vater der Antragsteller erhält aufstockend zu einer durch Bescheid vom 29. März 2021 rückwirkend ab 1. Juni 2020 bewilligten Erwerbsminderungsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die wegen orthopädischer und psychiatrischer Krankheitsbilder gewährt wird, Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe – (SGB XII). Bei ihm und ebenso bei dem Antragsteller zu 5. ist ein Pflegegrad 2 nach § 15 Sozialgesetzbuch Elftes Buch – Soziale Pflegeversicherung – (SGB XI) festgestellt. Der Antragsteller zu 5. ist auf Grund einer Duchenne’schen Muskeldystrophie motorisch stark eingeschränkt. In dem zur Beurteilung der Pflegebedürftigkeit durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Hessen unter dem 15. Oktober 2020 von der Pflegefachkraft G. erstellten Gutachten wird namentlich das Treppensteigen als überwiegend unselbständig, das Fortbewegen innerhalb des Wohnbereichs und das Umsetzen als überwiegend selbständig sowie ein erheblicher Unterstützungsbedarf bei der Selbstversorgung, namentlich beim Waschen des vorderen Oberkörpers und des Intimbereichs, bei der Körperpflege im Bereich des Kopfes, beim Duschen und Baden und beim An- und Auskleiden sowie beim Benutzen einer Toilette, beschrieben. Die Versorgung mit einem Reha-Buggy erscheine aus medizinisch-pflegerischer Sicht sinnvoll. Wegen der Einzelheiten wird auf das Dokument mit der laufenden Nummer 232 der elektronisch geführten Leistungsakte des Antragsgegners (im Folgenden: eLA Nr.) Bezug genommen.
Die Antragsteller zu 1. und zu 2. sowie ihr Ehemann und Vater sind türkischer, die Antragsteller zu 3. bis 5 deutscher Staatsangehörigkeit. Der Ehemann beziehungsweise Vater der Antragsteller ist Inhaber einer Niederlassungserlaubnis.
Die Antragsteller – und bis zur Umsetzung der Rentenbewilligung auch ihr Ehemann beziehungsweise Vater – erhalten seit dem Jahr 2018 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende von dem Antragsgegner. Für den laufenden Bewilligungszeitraum vom 1. Mai 2021 bis 30. April 2022 bewilligte dieser den Antragstellern (und ihrem Ehemann und Vater) durch Bescheid vom 8. April 2021 (eLA Nr. 274), auf Grund der Rentenbewilligung geändert durch Bescheid vom 13. April 2021, Grundsicherungsleistungen in Höhe von insgesamt 1.295,03 Euro monatlich für Mai bis Dezember 2021, 1.319,16 Euro für Januar 2022, 1.309,04 Euro für Februar 2022, 1.313,36 Euro für März 2022 und 1.335,03 Euro für April 2022; auf eLA Nr. 278 wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
Die Familie wohnte seit dem Jahr 2009 in einer Wohnung im 4. Obergeschoss eines Mietshauses ohne Fahrstuhl; die Unterkunftsaufwendungen übernahm der Antragsgegner in voller Höhe. Allerdings suchte die Familie bereits seit längerem eine andere Wohnung, die den behinderungsbedingten Anforderungen, insbesondere des Antragstellers zu 5., der die Treppe hochgetragen werden musste, genügen sollte.
Im März 2021 baten die Antragsteller um Zustimmung des Antragsgegners zur Anmietung ihrer jetzigen Wohnung. Diese liegt im Erdgeschoss, ist 120 Quadratmeter groß und hat zwei Bäder. Ursprünglich sollte die Miete inklusive Nebenkostenvorauszahlung 1400,- Euro und die Heizkostenvorauszahlung 100,- betragen; auf eLA Nr. 267 f. wird Bezug genommen. Mit Schreiben vom 6. April 2021 lehnte der Antragsgegner vor diesem Hintergrund eine Zustimmung zum Umzug ab, da die anfallenden Aufwendungen unangemessen hoch seien.
Im Rahmen der weiteren Korrespondenz der Beteiligten signalisierte er allerdings seine Bereitschaft, im konkreten Fall die Grenzwerte für eine siebenköpfige Familie als angemessen zugrunde zu legen; die Antragsteller teilten mit, dass der Vermieter bereit sei, die verlangte Miete um 50,- Euro zu reduzieren, und sie die Differenz gegebenenfalls aus eigenen Mitteln tragen würden. Die Antragsteller mieteten die Wohnung sodann, ohne dass der Antragsgegner seine Zustimmung erklärt hätte, ab 1. Juli 2021 durch Mietvertrag vom 1. Mai 2021 an. Nach dem Mietvertrag fällt für die Wohnung monatlich eine Grundmiete von 1.100,- Euro an; hinzu kommt eine Nebenkostenvorauszahlung in Höhe von 250,- Euro; die Heizkosten seien unmittelbar mit dem Energieversorgungsunternehmen abzurechnen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Mietvertrag (eLA Nr. 299) sowie eine vom Vermieter ausgestellte Mietbescheinigung (eLA Nr. 329) Bezug genommen.
Der Antragsgegner erteilte wegen des Umzugs am 16. Juni 2021 einen ersten Änderungsbescheid (eLA Nr. 335) für die Zeit ab 1. Juli 2021 und änderte diesen, nachdem die Antragsteller unter Vorlage einer entsprechenden Vermieterbescheinigung (eLA Nr. 341) mitgeteilt hatten, dass in der Nebenkostenvorauszahlung von monatlich 250,- Euro eine Pauschale für die Heizkosten in Höhe von 80,- Euro enthalten sei, durch Bescheid vom 5. Juli 2021 nochmals ab. Er bewilligte nunmehr Leistungen (nur noch) an die Antragsteller – nicht mehr (auch) zugunsten ihres Ehemannes und Vaters – in Höhe von monatlich insgesamt 1.675,15 Euro für Juli bis Dezember 2021, 1.699,28 Euro für Januar 2022, 1.689,15 Euro für Februar 2022, 1.693,48 Euro für März 2022 und 1.715,15 Euro für April 2022. Dabei berücksichtigte er einen monatlichen Unterkunftsbedarf der Antragsteller von 842,30 Euro und Heizkosten von 70,85 Euro. Er ging dabei, wie er in dem Bescheid vom 16. Juni 2021 erläuterte, von einem grundsätzlich notwendigen Umzug der Antragsteller aus, der jedoch ohne Zustimmung erfolgt sei. Aufgrund der Erkrankung des Antragstellers zu 5. und des Ehemannes beziehungsweise Vaters der Antragsteller könne bei der Bemessung der übernahmefähigen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung der Grenzwert für sieben Personen berücksichtigt werden, der kopfanteilig zu fünf Sechsteln zu übernehmen sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die beiden Bescheide (eLA Nr. 335 und Nr. 350) Bezug genommen.
Die Antragsteller legten durch ihren Prozessbevollmächtigten am 14. Juli 2021 Widerspruch (eLA Nr. 359) gegen den Bescheid vom 16. Juni 2021, geändert durch den Bescheid vom 5. Juli 2021, ein. Diesen – nicht begründeten – Widerspruch wies der Antragsgegner durch Widerspruchsbescheid vom 27. Oktober 2021 als unbegründet zurück, wobei der Widerspruchsbescheid (nur) den Ehemann beziehungsweise Vater der Antragsteller als Widerspruchsführer auswies. Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II würden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen seien. Vorliegend sei unstreitig, dass der Umzug erforderlich gewesen sei. Ungeschriebene Voraussetzung sei allerdings auch, dass die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung der künftigen Wohnung angemessen sein müssten. Hier entstünden „dem Widerspruchsführer“ monatlich Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 1.350,- Euro (Grundmiete: 1.100,- Euro; Nebenkosten: 165,- Euro, Heizkosten: 85,- Euro). Demgegenüber sei ein Betrag in Höhe von 1.010,76 Euro (Grundmiete inklusive Nebenkosten zuzüglich 85,- Euro Heizkosten) monatlich angemessen. Die Aufwendungen des Widerspruchsführers lägen deutlich über dem Grenzwert; sie seien mithin nicht angemessen. Auf eLA Nr. 376 wird Bezug genommen.
Die Antragsteller haben daraufhin am 29. Oktober 2021 Klage zum Sozialgericht Kassel erhoben, die dort unter dem Aktenzeichen S 1 AS 398/21 anhängig ist, und das Gericht gleichzeitig um einstweiligen Rechtsschutz ersucht.
Während des erstinstanzlichen Verfahrens hat der Antragsgegner die bewilligten Leistungen durch Bescheid vom 27. November 2021 wegen der gesetzlichen Erhöhung der Regelbedarfe ab 1. Januar 2022 nochmals abgeändert und die Leistungen nunmehr insgesamt für Januar 2022 auf 1.711,28 Euro, für Februar 2022 auf 1.701,15 Euro, für März 2022 auf 1.705,48 Euro und für April 2022 auf 1.727,15 Euro festgesetzt. Die Bedarfe für Unterkunft und Heizung sind unverändert geblieben. Auf eLA Nr. 389 wird verwiesen.
Zur Begründung ihres Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz haben die Antragsteller insbesondere geltend gemacht, das vom Antragsgegner verwendete Konzept zur Bestimmung der Höchstgrenze für die angemessenen Aufwendungen der Unterkunft sei nicht tragfähig. Weiter sei bei der Berechnung des Grenzwertes der Pflegegrad 2 (auch) ihres Ehemannes beziehungsweise Vaters zu berücksichtigen. Schließlich sei die Regelung des § 67 Abs. 3 SGB II anzuwenden. Sie hätten bisher die Unterdeckung bei den Aufwendungen für die Unterkunft aus den Leistungen für den Regelbedarf finanziert; das sei ihnen nicht mehr weiter möglich; auch im Hinblick auf die im Vorfeld des Umzugs erklärte Bereitschaft, die Differenz zwischen angemessenen und tatsächlichen Aufwendungen aus eigenen Mitteln aufzubringen, sei ihr Antrag nicht als mutwillig anzusehen.
Der Antragsgegner hat demgegenüber darauf verwiesen, dreieinhalb Monate nach der Anmietung der Wohnung und angesichts der Nichtbegründung des Widerspruchs fehle es an einem Rechtsschutzbedürfnis für ein Eilverfahren. Ein Anordnungsanspruch bestehe nicht: Das von ihm verwendete Konzept für die Bemessung angemessener Unterkunftsaufwendungen sei entgegen der Behauptungen der Antragsteller durchaus schlüssig. § 67 Abs. 3 SGB II gelte nur für Neuanträge. Schließlich sei ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht, da die Antragsteller im Sommer bereit gewesen seien, die Differenz zwischen den bewilligten Bedarfen für Unterkunft und Heizung und den tatsächlichen Mietkosten selbst aufzubringen. Weiter ergäben sich von den Antragstellern nicht ausreichend beantwortete Fragen aus den von ihnen vorgelegten Kontounterlagen, die Zweifel an ihrer Hilfebedürftigkeit weckten.
Das Sozialgericht hat den Antragsgegner durch Beschluss vom 7. Dezember 2021 verpflichtet, den Antragstellern für den Zeitraum vom 29. Oktober 2021 bis zum 30. April 2022 unter Berücksichtigung der für diesen Zeitraum bereits erbrachten Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung insgesamt fünf Sechstel ihrer tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung vorläufig zu gewähren. Im Übrigen hat es den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt.
Zur Begründung hat das Sozialgericht insbesondere ausgeführt, der Antrag sei überwiegend begründet. Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) seien überwiegend glaubhaft gemacht.
Ein Anordnungsanspruch ergebe sich aus § 22 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 in Verbindung mit § 67 Abs. 3 SGB II. Nach § 22 Abs. 1 SGB II würden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen seien (Satz 1). Erhöhten sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, werde nur der bisherige Bedarf anerkannt (Satz 2). Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den auf Grund der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang überstiegen, seien sie als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten sei, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (Satz 3). Nach § 67 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 SGB II (Vereinfachtes Verfahren für den Zugang zu sozialer Sicherung aus Anlass der COVID-19-Pandemie) in den Fassungen vom 10. März 2021 und 22. November 2021 (gültig ab 1. April 2021 und 24. November 2021) sei für Bewilligungszeiträume, die in der Zeit vom 1. März 2020 bis 31. März 2022 begönnen, § 22 Abs. 1 SGB II mit der Maßgabe anzuwenden, dass die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung für die Dauer von sechs Monaten als angemessen gelten würden. Danach sei § 22 Absatz 1 Satz 3 SGB II mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum aus § 67 Abs. 3 Satz 1 SGB II nicht auf die in § 22 Absatz 1 Satz 3 SGB II genannte Frist anzurechnen sei.
Die Antragsteller seien nach § 7 SGB II dem Grunde nach jedenfalls bis zum Ablauf des laufenden Bewilligungszeitraums leistungsberechtigt. Die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung würden gemäß § 67 Abs. 3 Satz 1 SGB II als angemessen gelten. Die Vorschrift finde Anwendung, obwohl weder die Hilfebedürftigkeit der Antragsteller noch ihr Umzug direkt auf die Corona-Pandemie zurückzuführen seien. § 67 SGB II sei nicht auf diejenigen Leistungsbezieher beschränkt, die direkt von der Corona-Pandemie betroffen seien. Der Anwendungsbereich des § 67 Abs. 3 Satz 1 SGB II sei auch nicht auf Neuanträge begrenzt, sondern erfasse auch die in der Zeit nach dem 1. März 2020 beginnenden Weiterbewilligungszeiträume. Dies ergebe sich bereits aus § 67 Abs. 3 Satz 3 SGB II, der eine Sonderregelung nach bereits erfolgtem Kostensenkungsverfahren und damit für eine Fallkonstellation enthalte, die nur bei einer Weiterbewilligung von SGB II-Leistungen auftreten könne.
Gegen die vorläufige Anerkennung der tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung der Antragsteller spreche auch nicht, dass sie erst zum Juli 2021 umgezogen seien. Eine Begrenzung der Bedarfe nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II finde nicht statt. Die gesetzliche Fiktionswirkung des § 67 Abs. 3 Satz 1 SGB II gelte nach dem Wortlaut für § 22 Abs. 1 SGB II, ohne dass hinsichtlich der einzelnen Sätze des § 22 Abs. 1 SGB II unterschieden werde. Weder lasse sich dem Gesetzeswortlaut des § 67 Abs. 3 SGB II noch den Gesetzesmaterialien entnehmen, dass diese Sonderregelung nur für bereits seit längerem bewohnte Wohnungen gelten sollten. Gesetzeszweck des § 67 Abs. 3 SGB II sei, dass sich SGB II-Leistungsbezieher in der Zeit der Pandemie „nicht auch noch um ihren Wohnraum sorgen müssen“ (Gesetzesbegründung, BT-Drs. 19/18107, S. 25; zu dem Ganzen Bayerisches LSG, Beschluss vom 28. Juli 2021 – L 16 AS 311/21 B ER –, juris Rn. 37 f.).
Der Übernahme der tatsächlichen Kosten stehe auch nicht entgegen, dass der Antragsgegner die Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II ausdrücklich nicht erteilt habe. Die nach § 67 Abs. 3 Satz 1 SGB II vorübergehend, nämlich für die ersten sechs Monate eines zwischen dem 1. März 2020 und 31. März 2022 beginnenden Bewilligungszeitraums, als angemessen anzusehenden Kosten der Unterkunft und Heizung dürften im zeitlichen Anwendungsbereich des § 67 Abs. 3 SGB II auch der Entscheidung nach § 22 Abs. 4 SGB II zugrunde zu legen sein. Ansonsten würde im Rahmen des § 22 Abs. 4 SGB II der Wille des Gesetzgebers konterkariert, die Deckelung der Kosten der Unterkunft und Heizung auf die Angemessenheitsgrenze vorübergehend auszusetzen (Bayerisches LSG, Beschluss vom 28. Juli 2021 – L 16 AS 311/21 B ER –, juris Rn. 39). Die Rückausnahme nach § 67 Abs. 2 Satz 3 SGB II sei nicht einschlägig. Weder sei für die neue Wohnung ein Kostensenkungsverfahren durchgeführt worden noch sei ein solches für die alte Wohnung erkennbar.
Die auf die Antragsteller entfallenden tatsächlichen Kosten seien ab dem 29. Oktober 2021 bis zum Ablauf des Bewilligungszeitraums am 30. April 2022 zu übernehmen. § 67 Abs. 3 Satz 1 SGB II stelle für die ersten sechs Monate eine Angemessenheitsfiktion dar, mithin bis Ende Dezember 2021. Hiervon seien die Leistungen ab dem 29. Oktober 2021 zu übernehmen, da im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes Leistungen für die Vergangenheit grundsätzlich nicht geltend gemacht werden könnten. Über Dezember 2021 hinaus ergebe sich die Verpflichtung zur Übernahme der tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung aus § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II, da ein erneuter Umzug oder eine Kostensenkung innerhalb des übrigen Bewilligungszeitraums den Antragstellern nicht zuzumuten sei. Gemäß § 67 Abs. 3 SGB II sei der Zeitraum nach § 67 Abs. 3 Satz 1 SGB II nicht auf § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II anzurechnen. Danach seien die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung, soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang überstiegen, als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten sei, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.
§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II greife nicht, da der Antragsgegner den Umzug selbst als grundsätzlich notwendig angesehen habe. Es liege auf der Hand, dass es den Antragstellern nicht länger zuzumuten gewesen sei, den Antragsteller zu 5. in den vierten Stock zu tragen, da dieser einen Rollstuhl brauche und ein Fahrstuhl nicht vorhanden gewesen sei. Der Antragsteller zu 5. sei inzwischen fast sechs Jahre alt. Ein Umzug oder eine Kostensenkung sei den Antragstellern derzeit nicht zuzumuten. Aus den Akten gehe hervor, dass die Antragsteller bereits seit längerem nach einer bedarfsgerechten Wohnung gesucht und schon in der Vergangenheit ein Angebot vorgelegt hätten, das jedoch wegen Unangemessenheit abgelehnt worden sei. Sie hätten sich auch Unterstützung bei der Wohnungssuche bei dem Verein H., Unterstütztes Wohnen, gesucht. Ein geeigneteres Mietangebot sei gleichwohl nicht gefunden worden. Auch eine Internetrecherche des Gerichts (immowelt am 7. Dezember 2021; Suche nach mindestens 3,5 Zimmern in A-Stadt) habe keine Angebote ergeben, die hinsichtlich der Kosten der Unterkunft und Heizung angemessen und gleichzeitig behindertengerecht (Kriterium: Fahrstuhl oder Erdgeschosswohnung) gewesen seien. Ein kurzfristiger Umzug in eine angemessene und bedarfsgerechte Wohnung erscheine dem Gericht vor diesem Hintergrund unrealistisch. Auch sei mit dem Vermieter bereits ein Mietnachlass ausgehandelt worden. Die Anspruchshöhe beschränke sich auf fünf Sechstel der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung, mithin insgesamt 1.125,- Euro monatlich, da der Ehemann beziehungsweise Vater der Antragsteller nicht nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch leistungsberechtigt sei.
Es liege auch ein Anordnungsgrund vor. Aus den vorgelegten Kontoauszügen ergebe sich, dass die Bedarfsgemeinschaft regelmäßig den Dispokredit des Kontos ausnutze, obwohl sie laufende Leistungen erhalte. Das Pflegegeld, das die Bedarfsgemeinschaft erhalte, rechne das Gericht nicht als Einkommen an, da es davon ausgehe, dass der Vater und der Antragsteller zu 5. durch die übrigen Bedarfsgemeinschaftsmitglieder, die zum privilegierten Kreis des § 33 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld – Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung – (Alg II-VO) gehörten, gepflegt würden. Ausgaben für einen Pflegedienst seien nicht zu erkennen und auch der Antragsgegner habe in seinen bisherigen Leistungsberechnungen das Pflegegeld nicht berücksichtigt. Das monatliche Einkommen der Bedarfsgemeinschaft abzüglich der tatsächliche Kosten für die angemietete Wohnung sowie des Bedarfs des täglichen Lebens führe zu einer Unterdeckung, die dazu führe, dass die Antragsteller entweder auf die Gefahr einer Kündigung hin Mietschulden anhäufen oder die Deckung des Regelbedarfs deutlich einschränken müssten. Auf einmalige Zuflüsse in der Vergangenheit komme es bei der Bewertung nicht an, da diese offensichtlich aufgebraucht seien.
Der Antragsgegner hat die erstinstanzliche Verpflichtung durch Bescheid vom 8. Dezember 2021 umgesetzt und den Antragstellern vorläufig Leistungen in Höhe von insgesamt 1.689,25 Euro für Oktober 2021, jeweils 1.887,- Euro für November und Dezember 2021, 1.923,13 Euro für Januar 2022, 1.913,- Euro für Februar 2022, 1.917,33 Euro für März 2022 und 1.939,- Euro für April 2022 bewilligt. Die vorangegangenen Bescheide vom 8. April 2021, 5. Juli 2021 und 27. November 2021 hat er insoweit aufgehoben. Im Rahmen der Begründung hat er folgenden Hinweis in den Bescheid aufgenommen: „Die Bewilligung ist lediglich vorläufig in Umsetzung des Beschlusses des Sozialgerichts Kassel vom 07. Dezember 2021 – Az. S 1 AS 98/21 ER – bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens.“ Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 135 ff. der Gerichtsakten (GA) verwiesen.
Anschließend hat der Antragsgegner am 17. Dezember 2021 unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens Beschwerde eingelegt.
Er beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Kassel vom 7. Dezember 2021 aufzuheben und den Antrag der Antragsteller auf einstweiligen Rechtsschutz abzulehnen.
Die Antragsteller beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigen die angegriffene Entscheidung. Der Vater beziehungsweise Ehemann der Antragsteller hat zu den Eingängen auf seinem Konto eine Versicherung an Eides statt vorgelegt und in dieser namentlich ausgeführt, er habe sich von seinem Bruder 4.000,- Euro geliehen, die er zurückzahlen müsse, sobald er finanziell dazu in der Lage sei. Von dem Geld habe er die Kaution für die neue Wohnung gezahlt. Den Restbetrag des Geldes habe er auf sein Konto eingezahlt und daraus Tickets für eine Reise der Familie im Sommer 2021 finanziert: Seine Eltern seien im Jahr 2020 dort verstorben, wegen der Corona-Situation habe die Familie jedoch erst im vergangenen Sommer in die Türkei reisen können. Hierfür habe er sich nochmals 1.000,- Euro in bar von einem Freund geliehen. Im Übrigen habe er für 4.000,- Euro sein altes Auto verkauft, für 3.000,- Euro ein neues erworben und den Differenzbetrag genutzt, um die Schulden bei seinem Freund zurückzuzahlen. Wegen der Einzelheiten wird auf GA Bl. 189 f. verwiesen.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der zu den Antragstellern geführten Verwaltungsakte des Antragsgegners Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Antragsgegners ist bereits nicht zulässig, zudem unbegründet. Die vom Sozialgericht erlassene einstweilige Anordnung ist nicht aufzuheben.
I. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist, nachdem nur der Antragsgegner Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 7. Dezember 2021 eingelegt hat, nur dessen Verpflichtung, im Wege der einstweiligen Anordnung höhere Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende in dem vom Sozialgericht tenorierten Umfang an die Antragsteller zu erbringen. Soweit das Sozialgericht den weitergehenden Antrag der Antragsteller abgelehnt hat, ist seine Entscheidung unangegriffen geblieben und vom Senat daher nicht zu überprüfen.
II. Die Beschwerde des Antragsgegners ist angesichts der Höhe der im Streit stehenden Leistungen statthaft (§ 173 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 143, § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt (vgl. zu den diesbezüglichen Vorgaben § 173 SGG). Es mangelt der Beschwerde jedoch an dem für jedes gerichtliche und damit auch für das Beschwerdeverfahren notwendigen Rechtsschutzbedürfnis.
Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt oder entfällt für eine vom Leistungsträger eingelegte Beschwerde, wenn er durch einen (insofern) vorbehaltlosen Bewilligungsbescheid einen eigenständigen Rechtsgrund für die streitige Leistung schafft und also auch bei einem Erfolg im Beschwerdeverfahren zur Leistung verpflichtet bliebe. Allerdings ergibt sich ein solcher Bescheid keineswegs in jedem Fall allein aus der Umsetzung einer erstinstanzlichen Verpflichtung: Das folgt schon daraus, dass ein vor dem Sozialgericht unterlegener Leistungsträger wegen der fehlenden aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde regelmäßig zur Umsetzung der sozialgerichtlichen Entscheidung verpflichtet ist, die allein in Umsetzung der Entscheidung erbrachten Leistungen aber sofort und ohne den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abwarten zu müssen zurückfordern kann, wenn er mit seiner Beschwerde Erfolg hat. Die Beschwerde des Leistungsträgers ist und bleibt daher zulässig, wenn die Umsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung entweder gänzlich ohne Erlass eines – in diesem Falle nicht zwingend notwendigen – Bescheides erfolgt oder aus einem dennoch erlassenen (Ausführungs )Bescheid hinreichend deutlich wird, dass er nur vorläufig in Umsetzung der Entscheidung ergeht und daher keinen eigenständigen Rechtsgrund für einen Anspruch auf die bewilligten Leistungen und deren auch nur vorläufiges Behaltendürfen schafft, der Betroffene die in Ausführung der gerichtlichen Entscheidung gewährte Leistung vielmehr (sofort) erstatten muss, wenn die umgesetzte Entscheidung wegfällt (vgl. in diesem Sinne – zutreffend – LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Mai 2008 – L 23 B 26/08 SO ER –, juris, Rn. 11).
Das ist vorliegend nicht oder jedenfalls nicht hinreichend deutlich geschehen: Der Antragsgegner hat sich nach Erlass des erstinstanzlichen Beschlusses entschieden, diesen nicht nur schlicht auszuführen, sondern einen Bescheid zu dessen Umsetzung zu erlassen. Der entsprechende Bescheid vom 8. Dezember 2021 ist zudem nicht (nur) als rein verfahrensrechtliche Entscheidung gehalten, sondern als Änderungsbescheid zu den früher ergangenen Leistungsbescheiden, die der Antragsgegner auf der Grundlage von § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) in Verbindung mit § 330 Abs. 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) und § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II abgeändert hat. Der Bescheid hat also einen Gehalt, der sich nicht auf die schlichte Umsetzung der einstweiligen Anordnung beschränkt, sondern materiell in das Regelungsgefüge der zuvor erteilten Bescheide eingreift. Er geht damit deutlich über eine reine Umsetzungsentscheidung hinaus; seine Bindungswirkung und Abänderbarkeit sind daher an den verwaltungsverfahrensrechtlichen Regelungen zu messen (vgl. zu Ausführungsbescheiden, die – wie hier – auf der Grundlage verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften ergangen waren, ebs. Hess. LSG, Beschluss vom 22. Februar 2016 – L 9 AS 66/16 B ER –, juris, Rn. 5 und Bayerisches LSG, Beschluss vom 11. April 2011 – L 16 AS 168/11 B ER –, juris, Rn. 18).
In einem derartigen Fall ist (zumindest) zu verlangen, dass ein Bescheid, wenn er nur einen vorläufigen, mit der einstweiligen Anordnung korrespondierenden Behaltensgrund schaffen soll, der mit einem Erfolg in einem nachfolgenden Beschwerdeverfahren wieder entfällt, dies entsprechend der sozialverfahrensrechtlichen Regelungen für eine nur vorläufige Entscheidung hinreichend klar zum Ausdruck bringen. Ob dies der Fall ist, ist hier wie allgemein bei vorläufigen Entscheidungen letztlich eine Frage der Auslegung; entscheidend ist mithin, wie der Bescheidempfänger diesen aus dem sogenannten objektiven Empfängerhorizont verstehen durfte (vgl. hierzu und zum Folgenden: BSG, Urteil vom 6. April 2011 – B 4 AS 119/10 R –, BSGE 108, 86, Rn. 18). Auf eine nicht ausreichend klar zum Ausdruck gebrachte Regelungsabsicht der Behörde kommt es nicht an. Die Regelung der Vorläufigkeit hat dabei als solche Verfügungscharakter. Es ist deshalb erforderlich, dass sich aus dem Verwaltungsakt eindeutig ergibt, dass die Verwaltung eine (nur) vorläufige Bewilligung erlassen hat. Die sogenannten typusprägenden Merkmale einer vorläufigen Entscheidung müssen unzweifelhaft erkennbar sein (vgl. BSG, Urteil vom 7. April 2016 – B 5 R 26/15 R –, SozR 4-2600 § 89 Nr. 3 und BSG, Urteil vom 1. Juli 2010 – B 11 AL 19/09 R –, BSGE 106, 244).
Im konkreten Fall hat der Antragsgegner im Bescheid vom 8. Dezember 2021 einen (nur) vorläufigen Charakter des Bescheides im Verfügungssatz nicht zum Ausdruck gebracht; (erst) im Rahmen der Begründung hat er formuliert: "Die Bewilligung ist lediglich vorläufig in Umsetzung des Beschlusses des Sozialgerichts Kassel vom 07. Dezember 2021 – Az. S 1 AS 98/21 ER – bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens." Das ist nach Auffassung des Senats nicht ausreichend, um dem Antragsgegner eine Rückforderung bereits nach Abschluss eines erfolgreichen Beschwerdeverfahrens zu eröffnen.
In einem nur vorläufigen Bescheid muss, wie bereits ausgeführt, hinreichend deutlich klargestellt werden, dass es sich um eine Entscheidung handelt, die vorläufigen Charakter hat und die endgültige Entscheidung nicht vorwegnimmt (vgl. nochmals BSG, Urteil vom 7. April 2016 – B 5 R 26/15 R –, SozR 4-2600 § 89 Nr. 3 und BSG, Urteil vom 1. Juli 2010 – B 11 AL 19/09 R –, BSGE 106, 244); der Begünstigte muss sich auf eine mögliche anderslautende endgültige Regelung und die damit gegebenenfalls verbundene Erstattungsforderung einrichten können. Dies und der Umstand, dass die Vorläufigkeit unmittelbar den Charakter einer entsprechenden Bewilligungsentscheidung prägt, führen dazu, dass in aller Regel die Vorläufigkeit Teil der durch den Bescheid getroffenen Regelung selbst sein muss. Auch allgemein ist bei der Auslegung eines Bescheides zunächst vom Wortlaut des Verfügungssatzes auszugehen (vgl. nur BSG, Urteil vom 2. März 2010 – B 5 R 104/07 R –, juris, Rn. 12). Allerdings kann zur Auslegung eines Bescheides auch die Begründung (oder sogar ein beigefügtes erläuterndes Schreiben; so BSG, Urteil vom 6. April 2011 – B 4 AS 119/10 R –, BSGE 108, 86, Rn. 19) herangezogen werden, wenn nur im Ergebnis die Vorläufigkeit hinreichend zweifelsfrei erkennbar ist. Daher erscheint es denkbar, die Kennzeichnung als vorläufig erst im Rahmen der Begründung als (zwar unglücklich, aber) ausreichend anzusehen, um nicht schon deswegen den vorläufigen Charakter zwingend zu verneinen.
Das kann letztlich offenbleiben, da der Antragsgegner jedenfalls einen zudem auf einen Erfolg im Beschwerdeverfahren bezogenen Vorläufigkeitsvorbehalt im Bescheid vom 8. Dezember 2021 nicht hinreichend deutlich gemacht hat. Zum einen hat er die typusprägenden Merkmale einer nur vorläufigen Entscheidung in dem Bescheid nicht ausreichend zum Ausdruck gebracht: Dazu genügt es nicht, die Bewilligung ohne nähere Erläuterung als vorläufig zu kennzeichnen. Vielmehr muss dem Betroffenen verdeutlicht werden, dass ihm mit einem entsprechenden Bescheid lediglich eine vorläufige Leistung eigener Art zuerkannt wird, die mit der endgültigen nicht identisch ist und zumindest in aller Regel noch durch deren Festsetzung ersetzt wird (vgl. so zum Vorschuss BSG, Urteil vom 9. Oktober 2013 – B 5 R 8/12 R –, BSGE 112, 74, Rn. 16), ohne dass eine Bindung an die vorläufige Bewilligung besteht, so dass diese keinen Vertrauensschutz begründen kann. Da es schon daran fehlt, kann offenbleiben, ob zudem zwingend ein – hier ebenfalls nicht vorhandener – Hinweis auf eine gegebenenfalls bestehende Erstattungspflicht hinzukommen muss (in diesem Sinne z.B. Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB II, § 41a Rn. 205; Grote-Siefert, in: jurisPK-SGB II, § 41a Rn. 37).
Zum anderen ist die im Bescheid enthaltene Formulierung zur (nur) vorläufigen Umsetzung des erstinstanzlichen Beschlusses allein auf den Abschluss des Hauptsacheverfahrens bezogen. Es liegt angesichts dessen schon allgemein nicht fern, dass auf dieser Grundlage eine Korrektur erst nach Abschluss des Hauptsacheverfahrens möglich ist (vgl. zu einer entspr. Formulierung auch LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 13. Januar 2014 – L 9 SO 20/13 B ER –, juris, Rn. 48 sowie LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16. März 2011 – L 5 AS 443/10 B ER –, juris, Rn. 33). Vorliegend kommt hinzu, dass der Antragsgegner den Bescheid vor Einlegung der Beschwerde erlassen hat. Bei dessen Auslegung aus dem Horizont der Antragsteller zum Zeitpunkt seines Zugangs war daher nicht erkennbar, dass (der Antragsgegner beabsichtigte, gegen die erstinstanzliche Entscheidung vorzugehen, und) der Umsetzungsbescheid daher, gegebenenfalls stillschweigend, auch unter einem entsprechenden Vorbehalt stand. Vielmehr lag es für die Antragsteller nahe, den Vorbehalt seinem Wortlaut entsprechend (allein) auf das bereits anhänge Hauptsacheverfahren zu beziehen.
Nach allem ist der Senat der Auffassung, dass der durch den Bescheid vom 8. Dezember 2021 vermittelte Behaltensgrund durch einen Erfolg des Antragsgegners im Beschwerdeverfahren nicht beseitigt würde. In der Konsequenz fehlt es an einem Rechtsschutzbedürfnis für dessen Beschwerde.
III. Die Beschwerde ist darüber hinaus unbegründet, wobei der Senat durch den grundsätzlichen Vorrang der Zulässigkeits- vor der Begründetheitsprüfung jedenfalls im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht gehindert ist, seine Entscheidung auch hierauf zu stützen, da Rechtsnachteile für die Beteiligten mit einem entsprechenden Vorgehen nicht verbunden sind (vgl. hierzu ausfl. erk. Senat, Beschluss vom 30. Juni 2020 – L 6 AS 327/20 B ER –, juris, Rn. 24).
1. Das Sozialgericht ist zunächst zu Recht von der Zulässigkeit des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz ausgegangen.
a) Die anwaltlich vertretenen Antragsteller haben zwar nicht ausdrücklich zur (gesetzlichen) Vertretung der minderjährigen Antragsteller zu 2. bis 5. vorgetragen. Der Senat ist dennoch überzeugt, dass sie im hiesigen Verfahren ausreichend vertreten sind und die Antragstellung auch in ihrem Namen wirksam erfolgt ist. Ihre Mutter, die Antragstellerin zu 1., ist selbst Verfahrensbeteiligte; der Senat hat keine Zweifel, dass sie insofern auch im Namen ihrer Kinder handelt. Auch der Vater der Antragsteller zu 2. bis 5. hat aktiv – durch die Vorlage einer Versicherung an Eides statt – zum Verfahren beigetragen; daraus lässt sich (zumindest) eine (konkludente) Genehmigung der Verfahrensführung für seine Kinder entnehmen.
b) Der Zulässigkeit steht weiter nicht entgegen, dass der Antragsgegner im Widerspruchsbescheid nur den Ehemann beziehungsweise Vater der Antragsteller als Widerspruchsführer bezeichnet hat. Das mag im Hauptsacheverfahren von Relevanz sein, da dort nach § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG der Abschluss des Vorverfahrens regelmäßig zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen gehört, die zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorliegen müssen. Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist dagegen unproblematisch schon vor der Erteilung des Widerspruchsbescheides zulässig, so dass im hiesigen Verfahren offenbleiben kann, ob sich dieser im Wege der Auslegung auch auf die hiesigen Antragsteller beziehen lässt.
c) Dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Rechtsschutz fehlte es nicht wegen der unterlassenen Begründung des Widerspruchs und des zeitlichen Abstands zwischen dem Umzug und der Antragstellung an einem Rechtsschutzbedürfnis.
Die fehlende Begründung eines Widerspruchs steht der unterlassenen Vorbefassung des Leistungsträgers, die das Rechtsschutzbedürfnis für ein (sogleich) gerichtliches Vorgehen regelmäßig in Frage stellt, nicht gleich. Das Fehlen der Begründung könnte daher zwar auf der Kostenebene berücksichtigt werden, wenn der Antragsgegner den Anspruch auf Grund der (erst) im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegebenen Begründung sogleich akzeptiert hätte, stellt aber das Rechtsschutzbedürfnis nicht in Frage; das gilt nur umso mehr, wenn der Leistungsträger dem Anspruch auch in Kenntnis der nunmehr vorgelegten Begründung entgegentritt.
Auch der zeitliche Abstand zwischen dem Umzug und dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz stellt das Rechtsschutzbedürfnis nicht in Frage. Eine Frist sieht das Gesetz nicht vor; für eine Verwirkung fehlt es am sogenannten Umstandsmoment.
Der Senat ist insofern im Ergebnis auch nicht der Auffassung, dass der von den Antragstellern angebrachte Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz treuwidrig und daher unzulässig ist, weil die Sozialarbeiterin, die im Sommer 2021 in ihrem Namen gegenüber dem Antragsgegner tätig geworden ist, erklärt hatte, die Antragsteller seien im Falle des Einverständnisses des Antragsgegners mit der Anmietung der Wohnung bereit, die Differenz zwischen einer an einem siebenköpfigen Haushalt bemessenen Obergrenze für die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung und den tatsächlichen Kosten aus eigenen Mitteln aufzubringen. Das folgt schon aus § 46 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil – (SGB I), aus dem sich ergibt, dass Leistungsberechtigte an Verzichtserklärungen oder vergleichbar nachteilige Erklärungen zu den ihnen zustehenden Leistungen für die Zukunft nicht gebunden sind. Es kann daher offenbleiben, ob überhaupt die Bedingungen, an die die entsprechende Zusage geknüpft war, von Seiten des Antragsgegners vollständig erfüllt worden sind.
d) Weitere Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz sind nicht ersichtlich.
2. Der Senat hält die erstinstanzliche Entscheidung über das vorläufige Leistungsbegehren der Antragsteller auch in der Sache für gerechtfertigt. Die Voraussetzungen für den Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in dem im Beschwerdeverfahren streitigen Umfang lagen und liegen vor. Der Senat nimmt insoweit zunächst auf die Ausführungen des Sozialgerichts Bezug.
a) Das Gericht kann eine entsprechende Anordnung erlassen, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Ein solcher Nachteil ist (nur) anzunehmen, wenn einerseits den Antragstellern gegenüber dem Antragsgegner – möglicherweise – ein materiell-rechtlicher Leistungsanspruch in der Hauptsache zusteht (Anordnungsanspruch) und es ihnen andererseits nicht zuzumuten ist, die Entscheidung über den Anspruch in der Hauptsache abzuwarten (Anordnungsgrund).
Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert neben-, sondern in einer Wechselbeziehung zueinander, nach der die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit beziehungsweise Schwere des drohenden Nachteils, dem Anordnungsgrund, zu verringern sind und umgekehrt (vgl. für die st. Rspr. des Hess. LSG: Beschluss vom 29. Juni 2005 – L 7 AS 1/05 ER –, info also 2005, 169; Beschluss vom 7. September 2012 – L 9 AS 410/12 B ER – sowie Beschluss vom 5. September 2018 – L 6 AS 216/18 B ER –; außerdem Keller, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG – Kommentar, 13. Aufl. 2020, § 86b Rn. 27 ff.): Wäre eine Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Wäre eine Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund, auch wenn auf diesen nicht gänzlich verzichtet werden kann. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- oder Rechtslage im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden, welchem Beteiligten ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache eher zuzumuten ist. Dabei sind grundrechtliche Belange der Antragsteller, soweit diese durch die Entscheidung berührt werden, umfassend in der Abwägung zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05 –, info also 2005, 166).
b) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Sozialgericht zunächst einen Anordnungsanspruch zu Recht bejaht.
aa) Die Leistungsberechtigung der Antragsteller dem Grunde nach hinsichtlich der streitigen laufenden Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (vgl. §§ 7 ff. SGB II) hat der Antragsgegner nicht – oder allenfalls hinsichtlich der Hilfebedürftigkeit, auf die im Rahmen der Ausführungen zum Anordnungsgrund noch einzugehen sein wird – in Frage gestellt. Der Senat sieht daher für weitere Ausführungen hierzu jedenfalls im hiesigen Rahmen keinen Anlass.
bb) Den Antragstellern stehen nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung die vom Sozialgericht vorläufig zugesprochenen weiteren Leistungen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung auch der Höhe nach zu.
(1.) Der Senat kann offenlassen, ob angesichts der besonderen Wohnbedürfnisse, die im konkreten Fall mit Rücksicht auf die Behinderung des Antragstellers zu 5. (und des Vaters beziehungsweise Ehemannes der Antragsteller) bestehen, die Aufwendungen für die aktuell bewohnte Wohnung schon mit Rücksicht auf die allgemeinen Regeln aus § 22 Abs. 1 SGB II als angemessen zu gelten haben.
Die Angemessenheit ist, wie sich aus § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II ergibt, an den Besonderheiten des Einzelfalles zu bemessen. Auf Grund der Rollstuhlpflichtigkeit des Antragstellers zu 1. dürfte insoweit zunächst ein höherer Raumbedarf folgen, den der Antragsgegner auch akzeptiert hat. Hinzu kommt allerdings, dass der Antragsteller zu 5. wohl, um seinen Geschwistern eine ungestörte Nachtruhe zu ermöglichen, ein eigenes Zimmer benötigt, nachdem in dem vom MDK erstellten Pflegegutachten berichtet wird, dass er nach ab und zu wach werde und Schmerzen habe. Dann müssten seine Beine massiert werden und er brauche Zuwendung. Zudem ist er ersichtlich auf Unterstützung gerade im Bereich der Körperpflege mit entsprechend erhöhtem Zeitbedarf angewiesen, so dass auch ein Bedarf der Familie nach einem zweiten Badezimmer plausibel erscheint. Schließlich muss die Wohnung entweder ebenerdig oder mit Aufzug erreichbar sein. Ob diese tatsächlichen Besonderheiten ausreichend abgedeckt sind, wenn man die Angemessenheitsgrenze statt an einer sechs- an einer siebenköpfigen Bedarfsgemeinschaft orientiert, erscheint zweifelhaft, wird aber letztlich erst im Hauptsacheverfahren abschließend zu klären sein.
In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass behinderungsbedingte zusätzliche Wohnbedarf regelmäßig nicht nach Kopfteilen aufzuteilen sind, sondern den individuellen Bedarf desjenigen Mitglieds (oder derjenigen Mitglieder) der Bedarfsgemeinschaft erhöhen, in dessen Person die bedarfserhöhenden Besonderheiten vorliegen (vgl. nur BSG, Urteil vom 22. August 2013 – B 14 AS 85/12 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr. 71, Rn. 23; Luik, in: Eicher/Luik/Harich, SGB II, 5. Aufl. 2021, § 22 Rn. 94). Im konkreten Fall hat das zur Folge, dass erhöhte Bedarfe aus der Person des Vaters beziehungsweise Ehemannes der Antragsteller von den hiesigen Antragstellern und erhöhte Bedarfe aus der Person des Antragstellers zu 5. nicht von den übrigen Antragstellern geltend gemacht werden können. Allerdings treten die in dessen Person behinderungsbedingt begründeten zusätzlichen Bedarfe (Rollstuhlgängigkeit mit entsprechendem Platzbedarf und Zugänglichkeit der Wohnung; – wohl – zweites Badezimmer und eigenes Zimmer) sehr viel deutlicher hervor als bei dem Vater beziehungsweise Ehemann der Antragsteller. Im Ergebnis dürfte daher die vom Sozialgericht ausgesprochene Verpflichtung des Antragsgegners (und nicht des Sozialhilfeträgers) zutreffend sein, allerdings mit der Maßgabe, dass eine gleichmäßige Aufteilung nach Kopfteilen wohl nicht tragfähig ist.
(2.) Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung dürfte das Sozialgericht jedenfalls zu Recht davon ausgegangen sein, dass für die Laufzeit der von ihm erlassenen einstweiligen Anordnung ein Anspruch auf die im Ergebnis vollständige Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen aus den Regelungen zum vereinfachten Verfahren für den Zugang zur sozialen Sicherung aus Anlass der COVID-19-Pandemie, konkret aus § 67 Abs. 3 SGB II, folgt (vgl. zu diesen Regelungen Bittner, NZS 2020, 332).
§ 67 Abs. 3 Satz 1 SGB II fingiert, insoweit § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II modifizierend, dass bei einem zwischen dem 1. März 2020 und dem 31. März 2022 beginnenden Bewilligungszeitraum die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung für die Dauer von sechs Monaten als angemessen gelten. Das gilt nach dem Wortlaut der Vorschrift ohne jede Beschränkung in der Höhe, also auch bei sehr hohen Aufwendungen (vgl. nochmals Bittner NZS 2020, 332, 333 sowie die bereits vom Sozialgericht zitierten Entscheidungen). Diese Angemessenheitsfiktion gilt nach § 67 Abs. 3 Satz 3 SGB II dann nicht, wenn die Leistungen für Unterkunft und/oder Heizung bereits während des vorangegangenen Bewilligungszeitraums auf das angemessene Maß abgesenkt waren – was vorliegend nicht der Fall ist. Gemäß § 67 Abs. 3 Satz 2 SGB II ist nach Ablauf des sechsmonatigen Fiktionszeitraums aus § 67 Abs. 3 Satz 1 SGB II die Regelung aus § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Fiktionszeitraum nicht auf die Frist zur Kostensenkung anzurechnen ist.
Wie das Sozialgericht zu Recht ausgeführt hat, verdeutlich die letztgenannte Regelung, dass § 67 Abs. 3 SGB II nicht nur auf Neu-, sondern auch auf Fortzahlungsanträge Anwendung findet. Zudem zeigt gerade der hiesige Fall, dass auch der Zweck der Regelung jedenfalls dann für ihre Anwendung spricht, wenn ein Umzug während der durch die Corona-Pandemie geprägten Zeit und der dadurch eingeschränkten Möglichkeiten zur Suche und zur Besichtigung einer neuen Wohnung notwendig wird: Wegen dieser Einschränkungen wird es vielfach schwieriger sein, eine nach regulären Maßstäben angemessene Wohnung zu finden, so dass die durch § 67 Abs. 3 SGB II bewirkte Erweiterung des Angemessenheitsmaßstabs in entsprechenden Fällen ebenfalls seine Rechtfertigung findet. Die sehr allgemeine gehaltene und vom Sozialgericht bereits zitierte Begründung zum Entwurf eines Gesetzes für den erleichterten Zugang zu sozialer Sicherung und zum Einsatz und zur Absicherung sozialer Dienstleister aufgrund des Coronavirus SARS-CoV-2 (Sozialschutz-Paket), wonach die „von den Auswirkungen der Pandemie Betroffenen […] sich nicht auch noch um ihren Wohnraum [sollen] sorgen müssen“ (BT-Drs. 19/18107 S. 25), spricht ohnehin für einen breiten Anwendungsbereich.
Jedenfalls für die Laufzeit der vom Sozialgericht erlassenen einstweiligen Anordnung hat der Antragsgegner daher auf der Grundlage von § 67 Abs. 3 Satz 1 und Satz 3 in Verbindung mit § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II die auf die hiesigen Antragsteller entfallenden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in ihrer tatsächlichen Höhe zu übernehmen. Der Senat kann dabei offenlassen, ob – wofür der Wortlaut sprechen könnte – die Sechs-Monats-Frist aus § 67 Abs. 3 Satz 1 SGB II immer mit Beginn eines Bewilligungszeitraums einsetzt, im konkreten Fall also mit 1. Mai 2021, oder ob für den Fristbeginn auf den Tag des Umzugs abzustellen ist, was sicherlich dem Zweck der Regelung eher entspricht. Vorliegend schließt sich nämlich wegen § 67 Abs. 3 Satz 2 SGB II an die Sechs-Monats-Frist aus dessen Satz 1 ungeschmälert noch die ebenfalls sechsmonatige Regelhöchstfrist aus § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II an. Ergänzend nimmt der Senat insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Erwägungen des Sozialgerichts Bezug.
cc) Angesichts der hohen Wahrscheinlichkeit, dass die Antragsteller (jedenfalls bis 30. April 2022) die Berücksichtigung der auf sie entfallenden tatsächlichen Aufwendungen verlangen können, sind an den Anordnungsgrund keine übermäßigen Anforderungen zu stellen.
Der Senat geht daher davon aus, dass die Antragsteller nicht auf die Inanspruchnahme des Pflegegeldes verwiesen werden können. Es spricht viel dafür, dass dieses nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 Alg II-VO letztlich nicht als Einkommen zu berücksichtigen ist. Das schließt zwar nicht von vornherein aus, dass es für den Anordnungsgrund Bedeutung gewinnt. Angesichts der erheblichen Erfolgsaussichten in der Hauptsache erschiene das dem Senat jedoch im vorliegenden Fall nicht als angemessen.
Auch steht der Anordnungsgrund nicht durch die Geldzuflüsse an den Vater beziehungsweise Ehemann der Antragsteller im letzten Sommer in Frage. Jedenfalls gemessen an der im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens möglichen und gebotenen Aufklärung des Sachverhalts steht dadurch die aktuelle Hilfebedürftigkeit der Antragsteller nicht in Frage (und damit weder Anordnungsanspruch noch Anordnungsgrund). Der Senat hält die diesbezüglichen Erläuterungen des Vaters beziehungsweise Ehemannes der Antragsteller für hinreichend plausibel, um sie zumindest der Entscheidung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zugrunde zu legen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.