S 17 SO 36/21 SDE

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Sozialhilfe
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 17 SO 36/21 SDE
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 SO 119/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.


Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Berechnung des Zuschusses und die sich daraus ergebende Zuschusshöhe nach dem Sozialdienstleister-Einsatzgesetz (SodEG) streitig.

Die Klägerin ist Leistungserbringer im Bereich der Eingliederungshilfe, insbesondere in Form von Teilhabeassistenz für Kinder und Jugendliche mit geistiger oder somatischer Behinderung oder Mehrfachbehinderung in der Schule. Zwischen ihr und dem Beklagten besteht eine entsprechende Leistungs- und Vergütungsvereinbarung gemäß § 125 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX).

Am 26. August 2020 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten Leistungen nach dem SodEG ab Juni 2020 „Eingliederungshilfe nach SGB VIII und SGB IX“, da die Weiterfinanzierung der sozialen Dienstleister bzw. Leistungsträger im Zuständigkeitsbereich des Beklagten zum Mai beendet worden sei und am 20. August 2020 mitgeteilt worden sei, dass ab Juni 2020 nur noch die tatsächlich erbrachten Stunden fakturiert werden dürften. Die Klägerin sei daher gezwungen, einen Antrag auf Leistungen nach dem SozEG zu stellen. Dabei ging sie im Monat Juni 2020 von einer Berechnungsbasis von 24.424,03 € aus. Abzüglich der tatsächlich erbrachten Leistungen von 19.574,93 € verbleibe eine Differenz von 4.849,09 €. Hiervon 75 % SodEG: 3.636,82 €. Für Juli ergab sich bei gleicher Berechnungsbasis und tatsächlich erbrachten Leistungen von 3.286,86 € eine Differenz von 21.137,17 €. Hiervon 75 % SodEG: 15.852,87 €.

Mit Bescheid vom 12. November 2020 bewilligte der Beklagte im Leistungsbereich SGB IX für den Monat Juni 2020 einen Zuschuss von 4.408,00 € und für Juli 2020 von 17.650,91 €. Hinsichtlich der Berechnung verwies der Beklagte auf die Anlagen „Berechnung des monatlichen SodEG-Zuschusses“. 
Für den Monat Juni 2020 ergab sich danach als Berechnung:
Addition aller Zahlungen im maßgeblichen Bemessungszeitraum (März 2019 – Februar 2020): 326.282,46 €;
geteilt durch die Anzahl der maßgeblichen Monate (12 Monate) = Monatsdurchschnitt: 27.190,20 €;
davon 75 % (Obergrenze der monatlichen SodEG-Zuschüsse) = monatlicher SodEG-Anspruch: 20.392,65 €
abzüglich vorrangige Mittel im Sinne des § 4 SodEG:
tatsächlich erfolgte Zahlungen (aus Rechtsverhältnissen nach § 2 Satz 2 SodEG): 15.984,65 €;
Differenz SodEG-Anspruch abzgl. vorrangige Mittel i.S.d. § 4 SodEG: 4.408,00 €

Für Juli 2020 ergab sich als Berechnung:
Addition aller Zahlungen im maßgeblichen Bemessungszeitraum (März 2019 – Februar 2020): 326,282,46 €;
Geteilt durch die Anzahl der maßgeblichen Monate (12 Monate) = Monatsdurchschnitt: 27.190,20 €;
Davon 75 % (Obergrenze der monatliche SodEG-Zuschüsse) = SodEG-Anspruch: 20.392,65 €;
Abzgl. Vorrangige Mittel i.S.d. § 4 SodEG:
Tatsächlich erfolgte Zahlungen (aus Rechtsverhältnissen nach § 2 Satz 2 SodEG): 2.741,74 €;
Differenz SodEG-Anspruch abzgl. Vorrangige Mittel i.S.de. § 4 SodEG: 17.650,91 €.

Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein, mit dem sie unter anderem gegen die Art der Ermittlung des Zuschusses wandte. Der Beklagte berechne von dem ermittelten Monatsdurchschnitt die Zuschusshöhe mit 75 %. Gleichzeitig würden die vorrangigen Mittel jedoch zu 100 % (also in voller Höhe) genommen werden und dies vom 75 %igen Zuschuss abgezogen werden. Aus ihrer Sicht müssten die vorrangigen Mittel von 100 % des Monatsdurchschnitts abgezogen werden. Dies ergebe sich aus § 3 SodEG. Dort werde die 100-Prozent-Betrachtung zugrunde gelegt und die Kürzung der Zuschusshöhe auf pauschal maximal 75 Prozent erfolge gerade, weil man Zuflüsse im Sinne des § 4 SodEG in Höhe von 25 Prozent als summa summarum sicher unterstelle. Erst dann, wenn die Zuflüsse nach § 4 zu den Zuflüssen nach § 3 addiert den Monatsdurchschnitt gemäß § 3 überstiegen, könne entsprechend gekürzt und die Erstattung gefordert werden. Seien aber 75 Prozent des Monatsdurchschnitts als Zuschuss gewährt worden und überstiegen die Zuflüsse 25 Prozent des Monatsdurchschnitts nicht, entstehe keine Erstattungsforderung des öffentlichen Leistungsträgers.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 2021 wies der Beklagte den Widerspruch hinsichtlich der Leistungen nach dem SodEG für Juni und Juli 2020 betreffend Leistungen nach dem SGB IX als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus:
„Als sozialer Dienstleister sind Sie verpflichtet, gegenüber dem zuschussgewährenden Leistungsträger (Abt. Jugendamt) den Zufluss vorrangiger Mittel nach § 4 Satz 1 und 2 SodEG anzuzeigen. Im § 4 SodEG ist dann ausdrücklich der Hinweis enthalten, dass es sich bei vorrangigen Mitteln, wozu auch die tatsächlichen Zahlungen von Rechnungen gehören (§ 4 Satz 1 SodEG) um tatsächlich zugeflossene Mittel handelt (sog. bereite Mittel). § 4 Satz 2 SodEG macht deutlich, dass Ansprüche und Forderungen (wozu auch fakturierte Rechnungen zählen), die nicht zu tatsächlichen monatlichen Geldzuflüssen führen, keine bereiten Mittel sind.
Mit diesen Formulierungen wird deutlich, dass das gesamte SodEG im Rahmen des Sicherstellungsauftrages und der administrativen und finanzwirtschaftlichen Abwicklung ausschließlich die Liquiditätssichtweise betrachtet.
Als Widerspruchsführerin geben Sie weiterhin an, dass sich ihr Widerspruch auf die Art der Ermittlung der Position des „monatlich unter Vorbehalt zu gewährenden Zuschusses nach SodEG“ bezieht. Aus Ihrer Sicht müssten die vorrangigen Mittel zu 100 % vom Monatsdurchschnitt abgezogen werden und davon 75 % für den SodEG-Anspruch ermittelt werden.
Im § 3 SodEG wird ausdrücklich die Berechnung des maximalen SodEG-Anspruchs hergeleitet. Dort heißt es: „Für die Berechnung der Zuschusshöhe wird ein Monatsdurchschnitt der im Monatszeitraum März 2019 bis Februar 2020 geleisteten Zahlungen (…) … ermittelt.“
Weiterhin heißt es dort: „Der monatliche Zuschuss beträgt höchstens 75 % des Monatsdurchschnitts.“ Also erst nach dieser maximal möglichen Zuschussgewährung werden die tatsächlich zugeflossenen Mittel abgezogen, um den monatlichen unter Vorbehalt zu gewährenden Zuschuss nach SodEG zu ermitteln.“

Am 22. Februar 2021 hat die Klägerin Klage bei dem Sozialgericht Darmstadt erhoben.

Bereits zuvor bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 15. Februar 2021 für den Leistungsbereich SGB IX für August 2020 einen Zuschuss von 16.925,29 € und lehnte für September 2020 bis Dezember 2020 einen Zuschuss ab. Auch hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein, der bis zum Abschluss des Klageverfahrens ruht.

Zur Begründung der Klage führt die Klägerin unter anderem aus, dass bis einschließlich zum Monat Mai 2020 der Beklagte ein vollständige Weiterfinanzierung sichergestellte habe, aber die Leistungserbringer von Juni an auf das SodEG verwiesen habe. Sie habe daher mit Antrag vom 26. August 2020 für die Zeit vom 1. Juni 2020 bis 30. September 2020 Leistungen nach § 3 SodEG bei dem Beklagten in Höhe von, soweit hier maßgeblich, 75 % des nach § 3 SodEG maßgeblichen Zwölfmonatsdurchschnitts der maßgeblichen Einnahmen, mithin 75 Prozent von 24.424,03 Euro beantragt. Konsens bestehe zwischen den Beteiligten über das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 1 bis 3 SodEG. Den Kern der Auseinandersetzung bilde der Rechenweg für die Ermittlung des Leistungsanspruchs nach § 3 SodEG unter Berücksichtigung des den späteren Erstattungsanspruch betreffenden § 4 SodEG. Im Mittelpunkt der Betrachtungen sollte der zentrale Zweck des Gesetzes stehen, den der Gesetzgeber in § 2 Satz 1 SodEG verankert habe. Eine Bestandsicherung setzte betriebswirtschaftlich voraus, dass mindestens die laufenden Kosten der Leistungserbringer gedeckt werden. Im Gegenzug müssten sie sich bereit erklären, die Behörden bei der Pandemiebekämpfung mit ihren frei gewordenen Ressourcen zu unterstützen. Das SodEG sei so konstruiert, dass die Leistungsträger einen erheblichen Teil ihrer Einsparungen, die unvermeidlich zulasten der Leistungsberechtigten gehe, an die Leistungserbringer auszahlten, um diese in der Lage zu halten, die unterbrochenen oder eingeschränkten Maßnahmen im Interesse der Leistungsberechtigten jederzeit wieder aufnehmen zu können. Ein weiter Teil der Landkreise und kreisfreien Städte in Hessen habe erkannt, dass nur eine volle Durchfinanzierung der Leistungserbringer ihren Bestand wirksam sichern könne, auch und gerade zur Vermeidung der Kürzung der Einkommen der Beschäftigten auf das Niveau des Kurzarbeitergeldes von 60 bis 67 Prozent des Nettoeinkommens. Diese Gebietskörperschaften zahlten den Leistungserbringern 100 Prozent des sich nach § 3 Satz 2 SodEG ergebenden Betrages der monatlich durchschnittlichen Einnahmen im „Vor-Corona“-Jahreszeitraum und nicht nur die gesetzlich für den Regelfall vorgesehenen bis zu 75 Prozent. 

Das SodEG sollte und solle sehr schnell umgesetzt werden, weshalb es mit Vereinfachungen arbeite. Dazu gehörte nicht nur die genannte Bildung des Einnahmendurchschnitts vor dem Ausdruck der Pandemie in Deutschland. Wesentlich sei vor allem die Annahme, dass den Leistungserbringern durch Zuflüsse wie das Kurzarbeitergeld, Entgelte für weiterhin erbrachte Leistungen und mögliche Einsparungen stets noch mindestens 25 Prozent ihrer monatlichen Durchschnittseinnahmen nach § 3 Satz 2 SodEG zur Verfügung stehen werden und es deshalb ausreichend sei, die Leistung auf maximal 75 Prozent der Durchschnittseinnahmen zu begrenzen. Dazu verweist die Klägerin auf die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/18107, S. 35). Aufgrund dieser Gesetzesbegründung würden sich die Leistungsträger berechtigt sehen, erwartbare Zuflüsse bereits bei der Berechnung der auszuzahlenden Leistung zu berücksichtigen. Sie legten also im ersten Schritt eine Zuschusshöhe fest. Dies seien nach ihr Kenntnis stets zwischen mindestens 75 und 100 Prozent des Monatsdurchschnitts und in der ständigen Praxis des Beklagten immer 75 Prozent. Hiervon zögen diese dann im zweiten Schritt den Betrag der für den jeweiligen Monat erwartbaren oder schon feststehenden Zuschüsse ab. Habe der Leistungserbringer, wie in ihrem Fall, noch teilweise seine vertraglichen Leistungen erbringen könne, werde also vom Leistungsbetrag die hierfür abgerechneten Beträge abgesetzt. Die Leistung werde folglich in dieser Praxis in der gleichen juristischen Sekunde in Höhe von 75 Prozent des Monatsdurchschnitts bewilligt und um den angenommenen späteren Erstattungsbetrag nach § 4 SodEG gekürzt. Gewähre § 3 Satz 5 SodEG den Leistungsträgern ein Rechtsfolgenermessen hinsichtlich der Bestimmung des vom Monatsdurchschnitt als Leistung gewährten Prozentsatzes, das hier auf 75 Prozent vorgenommen werde, finde sich im Gesetzeswortlaut entgegen der Begründung keinerlei Ansatzpunkt für ein Recht des Leistungsträgers zum Vorwegabzug von angenommenen Zuflüssen. Ganz im Gegenteil lasse § 4 Satz 4 SodEG die Geltendmachung des nachträglichen Erstattungsanspruchs frühestens drei Monate nach dem maßgeblichen Zeitraum der Zuschussgewährung zu. Das sei auch ganz im Interesse der schnellen, unbürokratischen Liquiditätsgewährung. Die auch von dem Beklagten vollzogene Verrechnung dürfte bereits deswegen rechtswidrig gewesen sein. Aber auch der Weg, wie die Verrechnung erfolge, sei rechtswidrig und führe zu einer unzulässigen Kürzung des Leistungsanspruchs: Die §§ 3, 4 regelten nach ihrem Wortlaut nicht, von welchem Betrag der Abzug nach § 4 erfolgen solle. Es heiße lediglich offen, der Anspruch des Leistungsträgers auf Erstattung bestehe, soweit Zuflüsse aus dem Katalog des § 4 Satz 1 oder 2 erfolgt seien. Die vom Gesetzgeber vorgesehene Bestandssicherung setzte voraus, dass auch die Einnahmen beständig sein müssten. Der Gesetzgeber hebe in der Begründung ausdrücklich hervor, dass eine Zuschussgewährung von 100 Prozent des Monatsdurchschnitts regelmäßig nicht erforderlich sei, weil insbesondere Kurzarbeitergeld fließen werde. Dies und andere Zuflüsse im Sinne des § 4 Satz 1 oder 2 unterstellend, werde die Obergrenze des Zuschusses auf 75 Prozent festgelegt. Eben diese Entscheidung bedeute aber denklogisch, dass die so benannten Zuflüsse nicht doppelt berücksichtigt werden dürften, einmal bei der Bemessung der Leistung durch den Gesetzgeber auf maximal 75 Prozent und anschließend, indem sie von eben diesen 75 Prozent noch einmal in vollem Umfang abgezogen werden. 

Die Begründung besage daher ganz in dieser Linie: „Damit wird sich die tatsächliche Zuschusshöhe im Regelfall in einem Bereich bewegen, der aufgrund von vorrangig zufließenden Mitteln im Bereich von 50 Prozent bis 75 Prozent des Monatsdurchschnitts liegt.“ Diese 75 Prozent lassen sich aber bei zugleich unterstellten, vorab abzusetzenden Zuflüssen im Sinne des § 4 Satz 1 SodEG denklogisch niemals erreichen, wenn sie von den 75 Prozent gewährtem Zuschuss abgezogen werden. Richtigerweise müssen sie von den 100 Prozent des Monatsdurchschnitts abgezogen werden. Betrügen die Zuflüsse 25 Prozent, verblieben demnach exakt die 75 Prozent, welche die Gesetzesbegründung trotz Zuflüssen als erreichbare Leistungsobergrenze benenne. Betrügen die Zuflüsse mehr als 25 Prozent, sinke das effektive Leistungsniveau auf unter 25 Prozent des Monatsdurchschnitts ab. Betrügen die Zuflüsse weniger als 25 Prozent, erreiche der Leistungserbringer die 100 Prozent des Monatsdurchschnitts nicht. Diese Folge habe der Gesetzgeber aber in Gestalt der nach oben begrenzten Maximalpauschale von 75 Prozent in Kauf genommen. Exakt diese Auffassung spiegele sich ausdrücklich in den ersten vom BMAS publizierten FAQ zum SodEG vom 30. März 2020 wieder, dort unter Ziffer V.3, Seite 17f. Es handele sich um eine Interpretation des zuständigen Ministeriums als Handlungsvorgabe für die ausführenden Behörden, während das Gesetz auf einem Faktionsentwurf beruhe. Im strengeren Sinne auslegungsrelevant könnten die FAQ daher nicht sein. Sie knüpften aber unmittelbar an den Gesetzeszweck, wie er auch in der Begründung klar zum Ausdruck komme, an. Sie schlössen daher den Doppelbezug von Zuflüssen, sei es Kurzarbeitergeld, seien es Entgelte für ausführende Leistungen, aus. § 4 solle lediglich sicherstellen, dass krasse Mitnahmeeffekte vermieden würden. Mehr als den Monatsdurchschnitt, also die angenommenen regulären Einnahmen, 100 Prozent, solle kein Leistungserbringer erhalten. Übersteige die Summe aus Zuflüssen und SodEG-Leistung für einen Monat 100 Prozent, entstehe ein Erstattungsanspruch, der nach der Begründung zu § 3 SodEG, nicht aber nach dem Gesetzeswortlaut, durch Vorwegabzug vermieden werden könne.

Die gesetzmäßige Berechnung sehe nach ihrer Auffassung so aus, dass ausgehend von den tatsächlichen Zahlungen der monatliche Durchschnitt bei 27.190,20 Euro liege (wie von dem Beklagten ermittelt). 75 Prozent hiervon seien 20.392,65 Euro.
Im Juni seien vom Zwölfmonatsdurchschnitt von 27.190,20 Euro der Betrag von 15.984,65 Euro abzusetzen, so dass sich 11.205,55 Euro ergeben.
Im Juli seien von 27.190,20 Euro der Betrag von 2.741,74 Euro abzusetzen, so dass sich 24.448,46 Euro ergeben. 

Sei die Differenz zwischen Zwölfmonatsdurchschnitt und Zuflüssen größer als 75 Prozent des Zwölftmonatsdurchschnitts von 20.392,65 Euro, sei auch nach der Begründung zu § 3 SodEG kein Vorwegabzug statthaft. Sei sie kleiner, sei die Differenz als Leistung festzusetzen.

Für Juni seien daher 11.205,55 Euro als Zuschuss zu leisten, die 75-Prozent-Grenze komme nicht zum Tragen. Für den Juli seien 20.392,65 Euro als Zuschuss zu leisten, die 75-Prozent-Grenze deckele die Leistung. 

Die Klägerin beantragt schriftlich,

den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 12. November 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 2021 zu verpflichten, der Klägerin Leistungen nach § 3 SodEG für den Monat Juni 2020 in Höhe von 11.205,55 Euro und für den Monat Juli 2020 in Höhe von 20.392,65 Euro zu bewilligen,

hilfsweise, den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 12. November 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 2021 zu verpflichten, über den Anspruch der Klägerin auf Leistungen nach § 3 SodEG für die Monate Juni und Juli 2020 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt schriftlich,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt er aus, dass das SodEG die Träger der Eingliederungshilfe in den Fällen, in denen Leistungen nicht erbracht werden, daher verpflichte einen Betrag in gleicher oder niedrigerer Höhe an den sozialen Dienstleister zu zahlen. Der Sicherstellungsauftrag gelte nur, wenn soziale Dienstleister die verfügbaren Mittel nicht aus vorrangig verfügbaren Mitteln abgedeckt habe (z.B. Kurzarbeitergeld, Infektionsschutzgesetz, Zuschüsse von Bund und Länder). Eine vollständige Kompensation des Einnahmewegbuchs bzw. die vollständige Übernahme des Unternehmensrisikos bzw. eine Einnahmeausfallsicherung sei hierbei allerdings nicht vorgesehen. In der Begründung zu § 3 heiße es in der BT-Drs. 19/18107 daher auch, dass die Höhe des Zuschusses höchstens 75 Prozent des Monatsdurchschnitts betrage. Von einem feststehenden Mindestbetrag ist nicht die Rede. Die Zuschusshöhe solle im Rahmen einer summarischen Prüfung den tatsächlichen Zufluss anderer vorrangiger Mittel berücksichtigen. Er habe sich bei seiner Berechnung an der Verfahrensabsprache des BMAS mit der Bundesagentur für Arbeit, der Deutschen Rentenversicherung Bund, der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und den Bundesländern (vertreten durch das ASMK-Vorsitzland Baden-Württemberg) zur Umsetzung des SodEG orientiert.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid einverstanden erklärt. 

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.


II.

Das Gericht konnte nach § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Gerichtsbescheid ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Der Sachverhalt ist geklärt und weist keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf. Zudem haben sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt.

Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Die Klägerin ist durch den Bescheid vom 12. November 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 2021 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG. Dieser Bescheid ist rechtmäßig. Der Beklagte hat die Höhe des Zuschusses nach § 3 SodEG zutreffend ermittelt. Für höhere Zahlung bietet das SodEG keine Rechtsgrundlage.

Bei der Klägerin handelt es sich um einen sozialen Dienstleister im Sinne des § 2 Satz 1 SodEG, der durch Maßnahmen zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten nach dem Fünften Abschnitt des Infektionsschutzgesetzes beeinträchtigt ist und in einem Rechtsverhältnis zu einem Leistungsträger nach Satz 1 zur Erfüllung von Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch – dem Beklagten – steht (vgl. § 2 Satz 2 SodEG). Die Klägerin hat eine Erklärung nach § 1 SodEG abgegeben.

Nach § 2 Satz 1 SodEG (idF vom 29.5.2020 – Sozialschutzpaket II) gewährleisten die Leistungsträger nach § 12 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch, mit Ausnahme der Leistungsträger nach dem Fünften und Elften Buch Sozialgesetzbuch, und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Leistungsträger) den Bestand der Einrichtungen, sozialen Dienste, Leistungserbringer und Maßnahmeträger, die als soziale Dienstleister im Aufgabenbereich des Sozialgesetzbuchs oder des Aufenthaltsgesetzes soziale Leistungen erbringen. Die Leistungsträger erfüllen den besonderen Sicherstellungsauftrag nach § 2 durch Auszahlung von monatlichen Zuschüssen an die einzelnen sozialen Dienstleister ab dem maßgeblichen Zeitpunkt nach § 2 Satz 2 (§ 3 Satz 1 SodEG). Für die Berechnung der Zuschusshöhe wird ein Zwölftel der im zurückliegenden Jahreszeitraum geleisteten Zahlungen in den in § 2 genannten Rechtsverhältnissen ermittelt (Monatsdurchschnitt) (§ 3 Satz 2 SodEG). Der monatliche Zuschuss beträgt höchstens 75 Prozent des Monatsdurchschnitts (§ 3 Satz 5 SodEG). In der Gesetzesbegründung heißt es dazu: „Die Höhe des Zuschusses beträgt höchstens 75 Prozent des Monatsdurchschnitts. Dabei wird davon ausgegangen, dass durch Kurzarbeitergeldzahlungen die Fixkosten der betroffenen sozialen Dienstleister bereits erheblich niedriger als vor der Corona-Krise sind. Auch variable Kosten, wie sie z.B. durch den Einkauf von Materialen Anfallen, werden bei wegbleibenden Klienten/Kursteilnehmern deutlich geringer ausfallen.“ (BT-Drs. 19/18107, S. 37 zu § 3) Der Gesetzgeber hat - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht die Annahme, dass den Leistungserbringern durch Zuflüsse weiterhin noch mindestens 25 % ihrer monatlichen Durchschnittseinnahmen zur Verfügung stünden und es deshalb ausreichend wäre, die Leistung auf maximal 75 % der Durchschnittseinnahmen zu begrenzen, mithin durch die Zuschüsse die Leistungserbringer weiterhin 100 % erreichen würden. Der Gesetzgeber geht nach der Gesetzesbegründung vielmehr davon aus, dass 75 % des Monatsdurchschnitts ausreichen, um die Kosten zu decken, weil durch Kurzarbeitergeldzahlungen die Fixkosten bereits niedriger sind und variable Kosten (z.B. Einkauf von Materialien) geringer ausfallen. Die Annahme der Klägerin zur 100 %-Finanzierung findet aus Sicht des Gerichts deshalb keine Stütze im Gesetz, weder im Wortlaut noch in der Gesetzesbegründung. Diese Annahme ist aber Ausgangpunkt für die weiteren Überlegungen der Klägerin zur doppelten Berücksichtigung bzw. zu den dargelegten Berechnungswegen, die aufgrund der - aus Sicht des Gerichts - nicht zutreffenden Ausgangsannahme somit obsolet sind.

Zutreffend hat der Beklagte im Rahmen der Ermessenentscheidung, in welcher Höhe ein Zuschuss gezahlt wird, sich von dem Gesichtspunkt leiten lassen, die tatsächlich zufließenden bereiten Mittel, die als vorrangige Mittel im Sinne des § 4 Satz 1 Nr. 1 SodEG gelten, bereits bei der Bestimmung der Zuschusshöhe zu berücksichtigen. Dieser Gesichtspunkt findet sich bereits in der Gesetzesbegründung, wonach bei der Zuschusshöhe bereits tatsächliche Zuflüsse anderer vorrangiger Mittel berücksichtigt werden sollen: „Die Zuschusshöhe soll im Rahmen einer summarischen Prüfung den tatsächlichen Zufluss anderer vorrangiger Mittel berücksichtigen. Damit werden Überzahlungen vermieden, die in der Folge nach § 4 zu Erstattungsforderungen führen würden. Damit wird sich die tatsächliche Zuschusshöhe im Regelfall in einem Bereich bewegen, der aufgrund von vorrangig zufließenden Mitteln im Bereich von 50 Prozent bis 70 Prozent des Monatsdurchschnitts liegt.“ (BT-Drs. 19/18107, S. 37 zu § 3)
Dem folgt die Entscheidung des Beklagten: Dieser geht bei seiner Bewilligung zunächst von dem maximal nach dem SodEG möglichen Zuschuss von 75 % aus. Davon bringt er vorab die vorrangigen bereiten Mittel (hier: seine eigenen Zahlungen für erbrachte Leistungen an die Klägerin) in Abzug. Dies ist sachgerecht und folgt dem in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck gebrachten Überlegung, die Entstehung von Erstattungsansprüchen nach § 4 SodEG wenn möglich zu vermeiden. Nach § 4 Satz 1 Nr. 1 SodEG haben die Leistungsträger einen nachträglichen Erstattungsanspruch gegenüber sozialen Dienstleistern, soweit den sozialen Dienstleistern im Zeitraum der Zuschussgewährung vorrangige Mittel aus Rechtsverhältnissen nach § 2 Satz 2, die vorbehaltlich der hoheitlichen Entscheidungen im Sinne von § 2 Satz 3 weiterhin möglich sind, tatsächlich zugeflossen sind (bereite Mittel). Es handelt sich entgegen der Auffassung der Klägerin dabei auch nicht um die Aufrechnung oder Verrechnung mit einem Erstattungsanspruch nach § 4 SodEG. Denn dieser kann zum Zeitpunkt der Bewilligung des Zuschusses noch nicht entstanden sein. Nach § 4 Satz 4 SodEG entsteht der Erstattungsanspruch erst dann, wenn die Leistungsträger vollständige Kenntnis von den Tatsachen nach Satz 1 oder Satz 2 erlangen und frühestens drei Monate nach der letzten Zuschusszahlung. Im Zeitpunkt der Zuschusszahlung kann ein Erstattungsanspruch danach noch nicht entstanden sein, so dass eine Verrechnung oder Aufrechnung ausgeschlossen ist. Vielmehr übt der Beklagte lediglich das ihr zustehende Ermessen aus. Eine doppelte Berücksichtigung von bereiten Mitteln erfolgt damit nicht. Vielmehr zahlt die Beklagte nur den Betrag nicht an die Klägerin aus, den er andernfalls drei Monate später wieder nach § 4 SodEG zurückfordern müsste.

Eine höhere Zahlung von Zuschüssen kommt nach dem SodEG nicht in Betracht. Zwar sieht § 5 Satz 1, 2. Halbsatz SodEG vor, dass die Länder auch eine gegenüber § 3 Satz 5 nach oben abweichende Höchstgrenze für die Zuschusshöhe bestimmen können. Von dieser Möglichkeit hat das Land Hessen - soweit ersichtlich - aber bislang keinen Gebrauch gemacht. Zahlungen, die einzelne Kommunen über die 75 % des Zuschusses hinaus vornehmen, erfolgen danach auf freiwilliger Basis.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.
 

Rechtskraft
Aus
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